Alnatura Magazin September 2022
Italien Spezial: A tavola in Apulien // Zu Besuch bei Olivenölproduzenten in Süditalien // Naturdrogerie: Gepflegtes Haar im Sommer
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ZU BESUCH BEI SABINO LEONE<br />
ZU BESUCH BEI SABINO LEONE<br />
Sabino Leone setzt auf reines, authentisches Olivenöl,<br />
das sorgfältige Arbeit, Leidenschaft und ein bisschen Eigensinn<br />
erfordert. Dabei blickt der Familienbetrieb auf eine lange Tradition<br />
zurück und nutzt die Kraft jahrhundertealter Olivenbäume.<br />
Mit dem Mut<br />
eines Löwen<br />
D<br />
ie Stadt Canosa di Puglia, an den Ausläufern<br />
der Hochebene Alta Murgia, liegt<br />
in der Flussebene des Ofanto. Sie erlebte<br />
ihre erste Blütezeit in der griechischen Antike.<br />
Zur Römerzeit wurde sie zur Haupt stadt Apuliens,<br />
bevor byzantinische, saraze nische und normannische<br />
Kulturen hier ihre Spuren hinter ließen.<br />
Vor den Toren der Stadt ist der Ölpro duzent Sabino<br />
Leone beheimatet.<br />
»Selbst Tante Lucia darf nicht eine einzige Olive<br />
bei ihrem Bruder pressen lassen«, erzählt Nino,<br />
der Sohn von Sabino Leone, lachend bei einem<br />
Spaziergang durch einen 200 Jahre alten Olivenhain.<br />
»Schon gar nicht die Nachbarn«, wirft der<br />
Vater mit seiner kräftigen, poltrigen Stimme ein.<br />
»Ich vertraue nur mir selbst! Ich weiß doch gar<br />
nicht, wie gut oder schlecht andere in ihren Olivenhainen<br />
arbeiten.« Sabino, sein Sohn Nino und<br />
Tochter Maddalena, die sich um die Verwaltung<br />
des Betriebes kümmert, sind sich einig: »Wir wollen<br />
ein reines, un ver fälschtes Lebens mittel produzieren.«<br />
Und der 63-jährige Sabino ergänzt:<br />
»Meine Kinder und Enkelkinder sollen gesunde<br />
Lebensmittel auf dem Teller haben.«<br />
Das italienische Wort »genuinità«, das er zur<br />
Beschreibung nutzt, hätte er besser nicht wählen<br />
können. Es steht für Echtheit, Ursprünglichkeit,<br />
Unverfälschtheit und Reinheit. Es dürfen sich keine<br />
Rückstände von Mineralölen in ihrem Olivenöl finden<br />
lassen. Sie haben dafür extra einen Entwicklungsplan<br />
aufgestellt: »Wir lassen zum Beispiel<br />
regelmäßig die Oliven auf Mineralölspuren kontrollieren,<br />
arbeiten mit Traktoren und Landwirtschafts<br />
maschinen der neuesten Generation«, erklärt<br />
Nino. Wenn Rohre Risse bekommen, werden<br />
sie nicht re pariert, sondern sofort aus getauscht,<br />
um kein Risiko einzugehen. »Gerade haben wir<br />
eine neue Flaschenabfüll anlage eingeweiht. Sie<br />
gründlich zu reinigen und regelmäßig zu warten,<br />
ist uns sehr wichtig«, betont er.<br />
Maddalena, Sabino und Nino<br />
Leone freuen sich über die<br />
gute Entwicklung der Oliven<br />
im »Hain der 200-Jährigen«.<br />
ÜBER SABINO LEONE<br />
• Sabino Leone bewirtschaftet<br />
300 Hektar landwirtschaftlich,<br />
davon sind<br />
180 Hektar Olivenhaine<br />
(32 Hektar Bio)<br />
• 2021 wurden etwa<br />
300 000 Liter Bio-Olivenöl<br />
hergestellt, vor allem aus<br />
den Olivensorten Coratina<br />
und Peranzana<br />
• Abfallverwertung: aus den<br />
Olivenkernen wird Kraftstoff<br />
gewonnen, Reste aus<br />
der Ölproduktion werden<br />
als organische Dünger genutzt,<br />
Olivenblätter gehen<br />
in die Tierfutter-Produktion<br />
• 20 feste Mitarbeitende<br />
und rund 15 Saisonkräfte<br />
IMPOSANTE BAUMRIESEN, STOLZE GESCHICHTE<br />
Der 28-Jährige kümmert sich im Familienbetrieb<br />
neben der Flaschenabfüllung und dem Verkauf<br />
um das Kleinod des Betriebes – den 85 Hektar<br />
großen Bio-Oliven hain mit den über 200 Jahre<br />
alten Baum riesen der Sorte Coratina. Dieser<br />
Hain ist eng mit der Geschichte von Familie<br />
Leone verbunden. Sabinos Urgroßvater hat<br />
auf diesem Flecken Erde nahe der geschichtsträchtigen<br />
Stadt Canosa di Puglia zu genau der<br />
Zeit Wurzeln geschlagen, als die Adelsfamilie<br />
Covelli auf der Masseria – so werden in diesem<br />
Teil von Apulien die Gutshöfe genannt – die<br />
Olivenbäume pflanzen ließ. Wie der Urgroßvater<br />
und Großvater kümmerte sich auch<br />
Sabinos Vater um die Verwaltung der Masseria.<br />
Als in den 1950er-Jahren die Industrialisierung<br />
an Tempo aufnahm und so eine Landflucht<br />
begann, pachtete er erstmals ein kleines Stück<br />
Land für 500 Liter Olivenöl und 500 Kilogramm<br />
Weizenmehl. Mit den Jahren kaufte die Familie<br />
kontinuierlich Ackerflächen, Weinstöcke und<br />
Olivenhaine dazu. Sabino selbst wurde 1960 im<br />
Gutshaus geboren und nach dem Schutzheiligen<br />
von Canosa benannt, dessen verwitterte Statue<br />
sich noch heute am Dachgiebel des Hauses<br />
findet. Bis in die 1970er-Jahre lebte die Familie<br />
Leone in der Masseria in beengten, dunklen<br />
Räumen ohne Strom und Heizung.<br />
WEIN ODER OLIVENÖL WAR DIE FRAGE<br />
Früh wurde Sabinos Liebe zum Olivenöl geweckt, er<br />
wuchs in den Familienbetrieb hinein. Als er ihn vor rund<br />
20 Jahren von seinem Vater übernahm, sorgte er sich<br />
jedoch ernsthaft um dessen Zukunft. Er fragte sich oft,<br />
wenn er spät am Abend von den Feldern zu seiner Frau<br />
Das native Olivenöl<br />
extra in Bio-Qualität<br />
von Sabino Leone<br />
erinnert mit seinem<br />
Duft an grüne Mandeln<br />
und Kräuter vom Feld.<br />
Es passt zu rotem<br />
Fleisch, Pasta und Reis,<br />
Salat und Eintopf.<br />
Vom Dachgiebel der<br />
alten Masseria schaut der<br />
Schutzheilige von Canosa<br />
auf den neuen Eigentümer<br />
hinunter: Sabino Leone.<br />
Der Landwirtschaftsbetrieb<br />
von Sabino<br />
Leone aus der Vogelperspektive.<br />
Maria und den beiden Kindern Maddalena und<br />
Nino heimkehrte, wohin die Reise gehen soll.<br />
»Mit Massenproduktion hätten wir nicht überlebt«,<br />
ist sich Sabino heute sicher. »Wir mussten<br />
eine eigene Marke, ein Qualitätsprodukt schaffen.«<br />
Wein oder Öl war die Frage. Doch gerade<br />
zur Zeit der Jahrtausendwende begann eine stille<br />
Revolution in der Olivenölproduktion, auf den<br />
Feldern wie auch in den Olivenmühlen. Eine neue<br />
Generation, Sabinos Generation, wollte etwas<br />
anders machen. Sie nahmen Agronomiefachleute,<br />
Universitäten und Ingenieurbüros mit ins<br />
Boot, um das Beste aus der Olive herauszuholen.<br />
Hier sah Sabino seine Chance und investierte in<br />
eine hochmoderne Ölmühle. Angst vor dem<br />
Risiko hatte er kaum. »Ich bin durch und durch<br />
Bauer, das habe ich einfach im Blut. Wenn man<br />
nur rechnet, kommt man nicht weit. Es braucht<br />
Leidenschaft, um einen Lebens traum zu er füllen.<br />
Das ist eine einfache Lebensregel, oder?«, fragt<br />
Sabino feststellend.<br />
Übrigens, einen weiteren Traum hat er sich<br />
gerade erfüllt. Er hat vor einigen Monaten<br />
das Gutshaus, in dem er geboren wurde, vom<br />
letzten Nachkommen der Adelsfamilie Covelli<br />
gekauft. Um es auf Vordermann zu bringen,<br />
braucht es wieder Mut, Durchhalte ver mögen<br />
und Leidenschaft. Daran mangelt es bei Familie<br />
Leone nicht. Die deutsche Übersetzung von<br />
»Leone« ist Löwe … KK<br />
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