BESTE JAHRE Landshut
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unterhaltsam & informativ<br />
Wo muss man auf Entschädigung wegen Verspätung<br />
bei Umsteigeflügen klagen?<br />
Bei einem einheitlich gebuchten mehrteiligen Flug ist grundsätzlich das Gericht am Abflugort zuständig<br />
für eine Klage auf Entschädigung wegen Verspätung. So lautet das Urteil des EuGH.<br />
Der Fall: Drei Fluggäste hatten bei<br />
Lufthansa einen Flug von Warschau über<br />
Frankfurt/Main auf die Malediven gebucht.<br />
Der erste Teilflug ab Warschau wurde von<br />
LOT Polish Airlines durchgeführt. Weil der<br />
Abflug sich verzögerte, erfolgte die Landung<br />
in Frankfurt mit Verspätung und die<br />
Fluggäste verpassten ihren von Lufthansa<br />
durchgeführten Anschlussflug nach Male.<br />
Die Malediven erreichten sie deswegen<br />
auf dem Ersatzflug mit einer Verspätung<br />
von mehr als vier Stunden. Die Flugpassagiere<br />
klagten auf Verspätungsentschädigung<br />
in Höhe von je € 600, berechnet für<br />
die Entfernung Warschau–Male. Die Klage<br />
reichten sie beim Amtsgericht Frankfurt/<br />
Main ein. Das wies die Klage als unzulässig<br />
ab. Das Gericht sei örtlich nicht zuständig.<br />
Die Flugreisenden gingen in die nächste<br />
Instanz. Das Landgericht Frankfurt/Main<br />
legte dem Europäischen Gerichtshof in<br />
diesem Zusammenhang die Frage vor,<br />
welches Gericht zuständig ist, wenn bei<br />
Flügen mit mehreren Umstiegen einer der<br />
Teilflüge Verspätung hat, sodass man den<br />
Anschluss verpasst.<br />
Das Urteil: Laut EuGH ist grundsätzlich<br />
das Gericht am Abflugort des verspäteten<br />
Flugzeugs für Entschädigungsklagen<br />
zuständig. Es gilt der sogenannte »Gerichtsstand<br />
des Erfüllungsortes«. Gerichte<br />
an Orten der Zwischenlandungen sind<br />
hingegen nur ausnahmsweise zuständig<br />
(z.B. aufgrund der Regelungen in den AGB<br />
der Airlines). Das ist hier nicht der Fall gewesen.<br />
Ohne entsprechende Regelung ist<br />
der »Erfüllungsort« daher der Abflugort<br />
des ersten Teilflugs. Denn dieser ist einer<br />
der Orte, an denen die Dienstleistungen,<br />
die Gegenstand eines Luftbeförderungsvertrags<br />
sind, hauptsächlich erbracht<br />
werden.<br />
→ EuGH, Urteil vom 3.2.2022, C-20/21<br />
Entschädigung wegen Verspätung<br />
an der Sicherheitskontrolle<br />
Wer einen Flug infolge überlanger Wartezeit vor der Sicherheitskontrolle verpasst, obwohl er sich an<br />
die Ankunftsempfehlungen des Flughafens gehalten hat, kann Entschädigung verlangen.<br />
Der Fall: Die Fluggäste hatten einen<br />
Flug ab Frankfurt/Main in die Dominikanische<br />
Republik gebucht. Der Flieger sollte<br />
um 11:50 Uhr starten. Die Passagiere waren<br />
bereits um 9:00 Uhr am Check-in auf dem<br />
Airport in Frankfurt. Damit waren sie deutlich<br />
früher vor Ort, als die vom Flughafenbetreiber<br />
für internationale Flüge ausgesprochene<br />
Empfehlung von zwei Stunden<br />
vor Abflug. Nach dem Check-in begaben<br />
sich die Reisenden zur Sicherheitskontrolle,<br />
die sie gegen 10:00 Uhr erreichten. Die<br />
Kontrolle zog sich aufgrund unzureichender<br />
Organisation vor Ort so lange hin, dass<br />
sie den Flugsteig erst nach Abschluss des<br />
Boardings um 11:30 Uhr erreichten und<br />
den Flug verpassten. Sie verlangten von<br />
der Bundesrepublik Deutschland als Organisatorin<br />
der Sicherheitskontrolle Ersatz<br />
der Kosten für Ersatztickets und eine zusätzliche<br />
Übernachtung am Flughafen.<br />
Das Urteil: Das Oberlandesgericht<br />
Frankfurt/Main gab den Flugreisenden<br />
recht. Die lange Wartezeit bei der Sicherheitskontrolle<br />
war ursächlich dafür, dass<br />
sie ihren Flug verpassten. Zwar mussten<br />
sich die Passagiere grundsätzlich auf eine<br />
Kontrolle einstellen, die auch eine erhebliche<br />
Zeit in Anspruch nehmen kann. Allerdings<br />
durften sie sich an den zeitlichen<br />
Empfehlungen des Flughafenbetreibers<br />
oder den Vorgaben der Fluggesellschaft<br />
orientieren. Da die gestrandeten Fluggäste<br />
sich daran gehalten hatten bzw. die Empfehlungen<br />
sogar »übererfüllten«, durften<br />
sie davon ausgehen, ihren Flug rechtzeitig<br />
zu erreichen.<br />
→ OLG Frankfurt/Main, Urteil vom<br />
27.1.2022, 1 U 220/20<br />
Quelle/FOTOS: Akademische Arbeitsgemeinschaft GmbH, pixbay, freepik