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VdK-Zeitung September 2022

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Sozialverband <strong>VdK</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

76. Jahrgang<br />

<strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

THEMEN<br />

Hintergrund<br />

Leben mit Geflüchteten<br />

aus der Ukraine Seite 3<br />

Politik<br />

Millionärin will höhere<br />

Steuern zahlen Seite 4<br />

Gesundheit<br />

Das lange Leiden nach<br />

einer Corona-InfektionSeite 7<br />

<strong>VdK</strong> TV<br />

Der <strong>VdK</strong> klagt für Rentner<br />

und Rentnerinnen Seite 12<br />

Verbraucher<br />

Handeln wider<br />

besseren Wissens Seite 21<br />

Das Pflegegeld deckt die Kosten schon lange nicht mehr, beklagen <strong>VdK</strong>-Mitglieder, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen.<br />

Foto: Peter Himsel<br />

Aus dem<br />

Landesverband<br />

<strong>VdK</strong>ler radeln mit bei<br />

der „Tour de Pflege“ Seite 13<br />

Nächstenpflege geht weiterhin leer aus<br />

<strong>VdK</strong> führt vor Gericht ein erstes Verfahren zur ausgebliebenen Erhöhung des Pflegegelds<br />

SEITE 5<br />

So hilft der <strong>VdK</strong><br />

Foto: imago/blickwinkel<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglied Helmut Gröger ist<br />

querschnittsgelähmt. Wegen<br />

seines schweren Dekubitus benötigt<br />

er ein spezielles Niederflurbett,<br />

um selbstständig in den<br />

Rollstuhl überzusetzen. Die Krankenkasse<br />

lehnt dieses ab. Doch<br />

der <strong>VdK</strong> Niedersachsen-Bremen<br />

setzt das Bett schließlich durch.<br />

Das Pflegegeld hat – auch wegen<br />

der hohen Inflationsrate – enorm<br />

an Kaufkraft verloren. Eigentlich<br />

wollte die Bundesregierung es<br />

<strong>2022</strong> endlich erhöhen. Doch bislang<br />

gibt es dafür keine Anzeichen.<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> hat deshalb<br />

einige Musterstreitverfahren<br />

auf den Weg gebracht.<br />

Es ist als Anerkennung gedacht:<br />

Pflegebedürftige sollen das Pflegegeld<br />

an jene Menschen weitergeben,<br />

die sie zu Hause im Alltag<br />

unterstützen, für sie kochen, putzen,<br />

einkaufen. Meist sind das<br />

Angehörige. Doch inzwischen ist<br />

diese Anerkennung immer weniger<br />

wert. Seit fünf Jahren schrumpft<br />

die Kaufkraft des Pflegegelds, inzwischen<br />

rasend schnell, denn die<br />

Inflationsrate ist so hoch wie seit<br />

40 Jahren nicht.<br />

Anders als vom Gesetzgeber vorgesehen,<br />

wurde es seit 2017 nicht<br />

mehr angehoben. Ende 2020 hätte<br />

das Pflegegeld um fünf Prozent<br />

erhöht werden sollen. Doch stattdessen<br />

steckte die damalige Regierung<br />

die dafür vorgesehenen<br />

1,8 Milliarden Euro in eine Pflegereform,<br />

mit der 2021 die Eigenanteile<br />

in der stationären Pflege bezuschusst<br />

wurden.<br />

Die Ampel-Koalition versprach<br />

zwar im Koalitionsvertrag, das<br />

Pflegegeld in diesem Jahr endlich<br />

zu erhöhen. „Doch bislang deutet<br />

nichts darauf hin, dass sie das auch<br />

tun wird“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele. „Das Pflegegeld<br />

und damit die Nächstenpflege gehen<br />

weiterhin leer aus.“ Umso<br />

wichtiger sei es, dass der <strong>VdK</strong> dagegen<br />

juristisch vorgeht.<br />

Schon im vergangenen Jahr hatte<br />

Bentele angekündigt, gegen die<br />

einkassierte Erhöhung des Pflegegeldes<br />

zu klagen. Seitdem hat der<br />

<strong>VdK</strong> für pflegebedürftige Mitglieder<br />

aus mehreren Bundesländern<br />

neun Musterstreitverfahren gestartet<br />

und Pflegegeldbescheide<br />

durch die Pflegekasse neu prüfen<br />

lassen. In diesem Juli ging nun das<br />

erste dieser Verfahren vor Gericht.<br />

Unter dem Aktenzeichen S 3 P<br />

123/22 wird es vor dem Sozialgericht<br />

Koblenz geführt.<br />

Der <strong>VdK</strong> klagt in diesem Fall für<br />

eine 81-Jährige mit dem Pflegegrad<br />

3, die 545 Euro Pflegegeld im<br />

Monat erhält. Weil Pflegeleistungen<br />

und -produkte seit Monaten<br />

kontinuierlich teurer geworden<br />

sind, kann die Frau vom Pflegegeld<br />

immer weniger Hilfen bezahlen<br />

und ist im Alltag unterversorgt.<br />

Der <strong>VdK</strong> sieht darin einen klaren<br />

Fall von Ungleichbehandlung<br />

der Nächstenpflege gegenüber der<br />

stationären Pflege, die durch die<br />

Pflegereform von 2021 bezuschusst<br />

wurde. „Wird das Pflegegeld<br />

nicht endlich erhöht, werden<br />

wir bis vors Bundesverfassungsgericht<br />

ziehen“, kündigt Bentele<br />

an. Schließlich werde der Großteil<br />

der Pflegebedürftigen in Deutschland<br />

zu Hause versorgt – vor allem<br />

von den nächsten Angehörigen.<br />

„Die Nächstenpflege ist damit der<br />

wichtigste Pfeiler in der Pflege.“<br />

Dass die Politik diese Menschen<br />

derart miss achte und geringschätze,<br />

sei „ein Skandal“, sagt Bentele.<br />

Auch aus diesem Grund hat der<br />

<strong>VdK</strong> im Mai eine Kampagne für<br />

die Nächstenpflege gestartet, die<br />

noch bis nächstes Jahr andauern<br />

wird. In vielen Landesverbänden<br />

fanden im Sommer hierzu Aktionen<br />

statt. Der Bundesverband<br />

wird nun im <strong>September</strong> ein Symposium<br />

zum Thema „Armut durch<br />

Pflege – Existenzsicherung pflegender<br />

Angehöriger“ veranstalten,<br />

bei dem es auch um das Pflegegeld<br />

gehen wird. Heike Vowinkel<br />

Mehr zur Nächstenpflege Seite 6<br />

Deutschland braucht einen Sozialgipfel<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong> schreibt mit anderen Organisationen Brief an den Bundeskanzler<br />

Ein breites Bündnis des <strong>VdK</strong> mit dem Sozialverband<br />

SoVD, dem Deutschen Mieterbund<br />

und der Tafel Deutschland fordert Olaf<br />

Scholz auf, einen Sozialgipfel einzuberufen.<br />

Wegen der steigenden Preise für Energie<br />

und Lebensmittel und der Folgen der Corona-Pandemie<br />

und des Ukraine-Krieges<br />

haben viele Menschen in Deutschland<br />

Angst vor der Zukunft. Sie wissen nich*t,<br />

wie sie die höheren Rechnungen für Strom,<br />

Gas und Öl bezahlen und durch Herbst<br />

und Winter kommen sollen. Die Bundesregierung<br />

hat zwar weitere Ent lastungen<br />

angekündigt. Anfang Juli hat sie zudem bei<br />

einer „Konzertierten Aktion“ mit Arbeitgebern<br />

und Gewerkschaften gesprochen.<br />

Im <strong>September</strong> sollen diese Gespräche fortgeführt<br />

werden. Doch mit den wirklich<br />

Betroffenen und ihren Vertretern wurde<br />

bislang nicht geredet. In dem Schreiben<br />

appellieren die vier Organisationen daher<br />

nun an Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir<br />

als Bündnis fordern Sie auf, so schnell wie<br />

möglich die Betroffenen zu beteiligen und<br />

einen Sozialgipfel einzuberufen. <strong>VdK</strong>, So-<br />

VD, Tafel und Deutscher Mieterbund stehen<br />

dafür bereit!“<br />

Aus Sicht von <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena<br />

Bentele ist „jetzt die Zeit zu handeln!“. Sie<br />

fordert: „Angesichts steigender Preise und<br />

des nahenden Winters brauchen wir sofort<br />

Lösungen für das untere Drittel unserer<br />

Gesellschaft.“ Als drängendste Themen<br />

sehen der <strong>VdK</strong> und seine Partner eine 300-<br />

Euro-Energiepauschale für Rentnerinnen<br />

und Rentner, höhere, armutsfeste Regelsätze<br />

beim geplanten Bürgergeld und in der<br />

Grundsicherung, eine zügige Wohngeld-Reform<br />

mit einem dauerhaften Heizkostenzuschuss<br />

für alle einkommensschwachen<br />

Haushalte, ein Kündigungsmoratorium für<br />

Mieterinnen und Mieter sowie die Einführung<br />

der Kindergrundsicherung. vo<br />

Mehr zur Energiekrise Seite 2


2 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Politik<br />

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel<br />

Die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise belasten viele Menschen<br />

Entlastung dringend gebraucht<br />

Die Zahl älterer Menschen, die verarmen, wächst<br />

Die hohe Inflation und die steigenden<br />

Strom- und Energiepreise bereiten<br />

immer mehr Menschen Sorge.<br />

Nicht alle werden von der Bundesregierung<br />

entlastet. Einige, wie etwa<br />

Rentnerinnen und Rentner, aber<br />

auch Alleinerziehende, kommen<br />

kaum noch über die Runden.<br />

Wenn <strong>VdK</strong>-Mitglied Delal Barzani*<br />

aus Neumarkt in Bayern einkaufen<br />

geht, muss sie jeden Cent<br />

umdrehen. Nach einer Krebserkrankung<br />

und einer schweren<br />

Operation konnte die Mutter zweier<br />

Söhne lange nicht mehr arbeiten.<br />

Die 44-Jährige bezieht derzeit<br />

Übergangsgeld, eine kleine Erziehungsrente<br />

und Kindergeld. Mehr<br />

Einkünfte hat die Alleinerziehende<br />

nicht. Auch wenn sie im Herbst<br />

wieder zu arbeiten beginnt, wird<br />

sie nur 300 Euro mehr haben.<br />

Die derzeit knapp 2000 Euro reichen<br />

gerade so für sie und die Kinder.<br />

„Wir müssen genau überlegen,<br />

was wir essen und trinken“, sagt die<br />

Kinderpflegerin. Weil alles immer<br />

teurer wird, hat sie noch mehr Sparmaßnahmen<br />

getroffen. Unter anderem<br />

kündigte sie ihren Fitnessstudio-Vertrag,<br />

fährt nur noch Auto,<br />

wenn es unbedingt sein muss, und<br />

der jüngere Sohn verzichtet auf sein<br />

Hobby. Vor einigen Jahren hatte sie<br />

ein kleines Häuschen gekauft, weil<br />

sie ihre Kinder versorgt wissen<br />

wollte, wenn der Krebs wiederkommen<br />

sollte. Das bezahlt sie nun ab.<br />

Für das Heizöl musste sie sich Geld<br />

von einer Freundin leihen, und<br />

wenn im Haus etwas kaputtgeht,<br />

Viele Menschen kommen aufgrund der hohen Preise kaum noch über die<br />

Runden. Auch manche Hausbesitzer gehören dazu.<br />

dauert es oft lange, bis sie es ersetzen<br />

kann.<br />

Keine Grundsicherung<br />

Auch Siglinde Schürmann-Ittenbach<br />

und ihr Mann kommen nur<br />

knapp über die Runden. Die Rentner<br />

waren viele Jahre selbstständig<br />

und leben in einem kleinen Häuschen<br />

in Oberfranken. Zusammen<br />

haben sie monatlich etwa 2100<br />

Euro zur Verfügung – das sind<br />

rund 300 Euro zu viel, um Grundsicherung<br />

beantragen zu können.<br />

„Mein Mann ist privat krankenund<br />

pflegeversichert, zwar zu einem<br />

günstigen Tarif, aber auch das<br />

kostet viel Geld“, erzählt die<br />

67-Jährige. Sie ist froh, dass sie<br />

beide wenigstens Wohn eigentum<br />

haben, „sonst wüsste ich nicht, wie<br />

wir durchkommen sollten“.<br />

Als sie im April Heizöl bestellen<br />

mussten, wurde ihnen Grundsicherung<br />

bewilligt, weil die Einkünfte<br />

in diesem Monat abzüglich<br />

der Ausgaben für das Öl deutlich<br />

unter dem Existenzminimum lagen.<br />

„Wir müssen sparen, wo es<br />

nur geht. Trotzdem bleibt nur wenig<br />

zum Leben übrig“, sagt das<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglied. Dass die private<br />

Altersvorsorge voll auf ihre Einkünfte<br />

angerechnet wird, empfindet<br />

sie als Strafe. Denn diese hatte<br />

sie eigentlich abgeschlossen, um<br />

im Alter gut versorgt zu sein.<br />

<br />

Annette Liebmann<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

Foto: imago images/allefarben-foto<br />

Zunehmend viele Menschen in<br />

Deutschland sind armutsgefährdet,<br />

wie ein Bericht des Paritätischen<br />

Gesamtverbands zeigt. Hohe Preise<br />

infolge der Energiekrise verschlimmern<br />

ihre Situation. Der <strong>VdK</strong> fordert<br />

für sie schnelle, gezielte Hilfe.<br />

13,8 Millionen Menschen zählen<br />

in Deutschland zu den Armutsgefährdeten,<br />

das sind 600 000 mehr als<br />

vor 2020. Die Armutsquote liegt bei<br />

16,6 Prozent und erreicht damit einen<br />

neuen Höchststand, so der Armutsbericht<br />

<strong>2022</strong> des Paritätischen<br />

Gesamtverbands. Auffällig ist ein<br />

hoher Anstieg bei Rentnerinnen und<br />

Rentnern, von denen inzwischen<br />

17,9 Prozent armutsgefährdet sind.<br />

Ihre Lage droht sich angesichts<br />

steigender Preise in vielen Bereichen<br />

weiter zu verschlechtern. Vor allem<br />

Energie wird teurer, die Kosten für<br />

Gas, Öl und Strom werden drastisch<br />

steigen, und infolge dessen werden<br />

sich auch viele Waren und Dienstleistungen<br />

verteuern.<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert daher dringend<br />

weitere Entlastungen wie ein Wärme-Kontingent<br />

von 10 000 Kilowatt-Stunden<br />

pro Jahr und Haushalt<br />

zu einem fairen Preis. Erst was darüber<br />

liege, dürfe teurer sein. „Die<br />

300-Euro-Pauschale muss zudem<br />

jetzt endlich auch für Rentnerinnen<br />

und Rentner kommen“, sagt<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />

Das untere Einkommensdrittel müsse<br />

Anspruch auf Wohngeld erhalten,<br />

die Heizkosten müssten dauerhaft<br />

darin enthalten sein und jährlich<br />

entsprechend der Preissteigerungen<br />

angepasst werden. „Die Anträge<br />

müssen zudem einfacher werden,<br />

und wir brauchen eine Informationskampagne.<br />

Denn viele Berechtigte<br />

nutzen ihren Anspruch auf<br />

Wohngeld nicht“, sagt Bentele. vo<br />

Rentnerinnen und Rentner leiden unter steigenden Preisen.<br />

Foto: picture alliance/Maxim Usik<br />

KOMMENTAR<br />

Von Staub befreien<br />

Auf dem Sozialversicherungssystem<br />

liegt der Staub des späten<br />

19. Jahrhunderts, in dem unser<br />

Sozialstaat unter Bismarck seinen<br />

Anfang nahm. Zeit also, mal<br />

gründlich durchzufegen.<br />

Dieser Meinung ist nicht nur der<br />

<strong>VdK</strong>. Schützenhilfe kommt vom<br />

Präsidenten des Bundessozialgerichts,<br />

Rainer Schlegel. Er forderte<br />

beim 1. Bayerischen Sozialrechtstag<br />

in München, dass Beamtinnen<br />

und Beamte, Selbstständige,<br />

aber auch Berufsgruppen<br />

wie Ärztinnen und Ärzte in<br />

die gesetzliche Rentenversicherung<br />

einzahlen. Ein System, das<br />

vor allem gut verdienenden<br />

Menschen attraktive Versorgungsmöglichkeiten<br />

außerhalb<br />

der gesetzlichen Rente ermöglicht,<br />

sei „nicht mehr zeitgemäß“.<br />

Als oberster Richter am Bundessozialgericht<br />

sieht Schlegel täglich<br />

die Auswirkungen des Sozialrechts.<br />

Er sieht die Lücken, die<br />

das System für viele Menschen<br />

nicht schließt. Auch wir im <strong>VdK</strong><br />

kennen viele Rentnerinnen und<br />

Rentner, die nicht wissen, wie sie<br />

beispielsweise die derzeit hohen<br />

Energiekosten tragen sollen.<br />

Ich freue mich, dass die <strong>VdK</strong>-<br />

Idee einer „Rente für alle“ in<br />

höchsten Juristenkreisen diskutiert<br />

wird. Bis marcks Welt, in der<br />

Selbstständige oft vermögend,<br />

Hand werker streng ständisch<br />

und Beamte eine kleine Gruppe<br />

waren, ist Geschichte. Doch unser<br />

Rentensystem ist dort stehen<br />

geblieben.<br />

Verena Bentele<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Wir brauchen heute eine sichere<br />

gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen.<br />

Denn wenn trotz<br />

jahrzehntelanger Arbeit später<br />

ein Leben in Armut oder knapp<br />

darüber droht, höhlt das die<br />

Glaubwürdigkeit des Sozialstaats<br />

insgesamt aus.<br />

Dagegen ist die Rente mit 70,<br />

wie sie der Präsident des Arbeitgeberverbands<br />

Gesamtmetall,<br />

Stefan Wolf, aus der Mottenkiste<br />

ge kramt hat, lebensfremd. Viele<br />

schaffen es nicht einmal, bis 65<br />

zu arbeiten. Kürzungen treffen<br />

aber gerade Menschen mit niedrigen<br />

Rentenansprüchen sehr<br />

hart. Damit nicht genug: Diese<br />

Menschen sterben etwa fünf<br />

Jahre früher als solche mit hohen<br />

Ruhestandseinkommen.<br />

Die Zeit ist reif für eine „Rente für<br />

alle“. Das Solidarsystem an sich<br />

hat sich in den aktuellen Krisen<br />

sehr gut bewährt. Es muss dauerhaft<br />

gestärkt werden.<br />

Gesetzlich Versicherte zahlen mehr<br />

Höherer Zusatzbeitrag bedeutet Rentenkürzung<br />

Weil die Bundesregierung die<br />

Mehrausgaben der gesetzlichen<br />

Krankenkassen nicht allein über<br />

Steuern ausgleichen will, steigen<br />

ab 2023 die Beiträge.<br />

Der Beitragssatz vieler Kassen soll<br />

auf 16,2 Prozent steigen.<br />

Foto: picture alliance/Jens Kalaene<br />

Das Loch ist groß, so sehr, dass<br />

schon im März von einem „Beitrags-Tsunami“<br />

die Rede war, der<br />

notwendig sei, um es zu stopfen:<br />

Mindestens 17 Milliarden Euro<br />

werden den gesetzlichen Krankenkassen<br />

im kommenden Jahr fehlen.<br />

Gesundheitsminister Karl Lauterbach<br />

(SPD) will deshalb den<br />

Zuschuss aus Steuermitteln um<br />

zwei Milliarden Euro erhöhen und<br />

ein Bundesdarlehen von einer Milliarde<br />

Euro aufnehmen. Den Rest<br />

sollen die 57 Millionen gesetzlich<br />

versicherten Beitragszahler mit einem<br />

um 0,3 Prozent steigenden<br />

Zusatzbeitrag finanzieren. Zusammen<br />

mit dem allgemeinen Beitragssatz<br />

von derzeit 14,6 Prozent zahlen<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

dann 16,2 Prozent vom Bruttolohn<br />

für die Krankenversicherung – so<br />

viel wie noch nie zuvor.<br />

Die höheren Beiträge treffen vor<br />

allem Gering- und Durchschnittsverdiener<br />

sowie Rentnerinnen und<br />

Rentner hart. Fällig wird der Zusatzbeitrag<br />

auch auf Betriebsrenten.<br />

Für Millionen ältere Menschen<br />

bedeutet das eine Kürzung der<br />

Nettorente ausgerechnet in einer<br />

Zeit hoher Preissteigerungen in<br />

vielen Bereichen. Als „unzumutbar“,<br />

kritisiert das <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele. „Das hohe Defizit<br />

war lange absehbar. Bevor wieder<br />

die Versicherten zur Kasse gebeten<br />

werden, sollten zunächst andere<br />

Maßnahmen ergriffen werden.“<br />

Zu diesen Maßnahmen gehört aus<br />

Sicht des <strong>VdK</strong> die Anhebung der<br />

Beitragsbemessungsgrenze, um höhere<br />

Einkommen stärker heranzuziehen.<br />

Auch der Steuerzuschuss<br />

sollte endlich die familienpolitischen<br />

Ausgaben wie die Familienversicherung<br />

oder das Mutterschaftsgeld<br />

abdecken. „Hier ist noch<br />

großes Potenzial, da Schätzungen<br />

von bis zu 57 Milliarden Euro im<br />

Jahr ausgehen“, sagt Bentele.<br />

Unterdessen warnte der AOK-<br />

Bundesverband, dass das Defizit<br />

noch größer ausfallen könnte als<br />

erwartet. In dem Fall müssten die<br />

Beiträge noch stärker steigen. vo<br />

Trauer um<br />

Karl-Heinz Fries<br />

Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong><br />

Deutschland<br />

trauert um<br />

seinen früheren<br />

Vizepräsidenten<br />

Karl-<br />

Heinz Fries.<br />

Der ehe malige<br />

Landesvorsitzende<br />

von Nordrhein-Westfalen verstarb<br />

am 6. Juli mit 79 Jah ren.<br />

Von 2010 bis 2017 engagierte<br />

sich Fries als <strong>VdK</strong>-Vizepräsident.<br />

<strong>VdK</strong>-Ehrenpräsidentin Ulrike Mascher<br />

erinnert sich gerne an die<br />

Zusammenarbeit mit ihm: „Ich<br />

habe als damalige <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Karl-Heinz Fries als außerordentlich<br />

loyalen und zuverlässigen<br />

Menschen kennen- und schätzen<br />

gelernt. Er war geprägt vom unbedingten<br />

Willen zu helfen, ohne<br />

sich in den Vordergrund zu stellen.<br />

In den gemeinsamen Jahren im<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidium hat er die voranschreitende<br />

Modernisierung unseres<br />

Sozialverbands aktiv betrieben<br />

und ist dabei nah an der Basis geblieben.<br />

Seinen Rat habe ich immer<br />

sehr geschätzt.“<br />

Dem Kreisverband Siegen-Olpe-<br />

Wittgenstein und besonders dem<br />

Ortsverband seiner Heimat Burbach<br />

war Fries bis zu seinem Tod<br />

eng verbunden. Viele <strong>VdK</strong>-Mitglieder<br />

sind ihm dankbar für seine<br />

persönliche Hilfe. Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> wird ihm stets ein ehrendes<br />

Andenken bewahren. bsc<br />

Foto: Peter Himsel<br />

2 RHPfalz<br />

Allgemein


Hintergrund<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

3<br />

Schutz vor Putins Bomben<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglieder öffnen Geflüchteten aus der Ukraine ihre Häuser und Herzen<br />

Rund 900 000 Ukrainerinnen und<br />

Ukrainer sind seit dem russischen<br />

Angriff nach Deutschland geflüchtet.<br />

Viele wurden von Bürgerinnen<br />

und Bürgern privat aufgenommen<br />

– auch von <strong>VdK</strong>-Mitgliedern. Wie<br />

ihr Alltag seitdem aussieht, erzählen<br />

sie in der <strong>VdK</strong>-ZEITUNG.<br />

Karin Pörtner-Kurz, 70, und<br />

Eckhard Kurz, 68, aus Heilberscheid<br />

im Westerwald: „Als der<br />

Krieg in der Ukraine ausbrach,<br />

beendeten wir die Suche nach einem<br />

Käufer für unser Haus, das wir<br />

vom Nachbarn geerbt hatten. Wir<br />

teilten der Stadt mit, dass wir für<br />

Geflüchtete Platz haben, und kurz<br />

darauf standen drei Familien mit<br />

neun Personen vor unserer Tür. Die<br />

Spendenbereitschaft im Ort war<br />

riesig. Schnell war die Speisekammer<br />

gefüllt und passende Kleidung<br />

gesammelt. Die Familien waren mit<br />

dem Wichtigsten versorgt.<br />

Herz-OP abgebrochen<br />

Eines Tages erzählte mir die<br />

36-jährige Ljubov, die mit ihren<br />

drei minderjährigen Kindern bei<br />

uns untergekommen war, dass ihr<br />

Mann noch in Lemberg sei. Es war<br />

unglaublich: Ihr Oleksandr wurde<br />

gerade am Herzen operiert, als die<br />

russische Armee die Stadt im Westen<br />

der Ukraine bombardierte. Die<br />

Ärzte mussten die Operation abbrechen.<br />

Der 53-Jährige blieb zurück,<br />

als die Familie floh.<br />

Ljubov fuhr Ende April<br />

mit einem Kleinbus<br />

nach Lemberg. Drei<br />

Tage später war sie<br />

mit ihrem kranken<br />

Ehemann<br />

wieder zurück<br />

bei uns. Oleksandr<br />

wird nun<br />

von meiner Hausärztin<br />

und einem<br />

Kardiologen<br />

medizinisch<br />

versorgt.<br />

Monika und Burghard Schönig mit<br />

Valentyna (links).<br />

Im Haus von Eckhard Kurz und Karin Pörtner-Kurz (Mitte) wohnen zwei<br />

Familien. Das Foto zeigt neben diesen Familien eine weitere, die bei<br />

Freunden der Familie Kurz untergekommen ist.<br />

Fotos: privat<br />

Die Zusammenarbeit mit den<br />

Behörden klappt gut: Von der Registrierung<br />

bis zur Erstausstattung<br />

mit Bargeld durch das Sozialamt<br />

verlief alles sehr unkompliziert.“<br />

Monika, 72, und Burghard<br />

Schönig, 71, aus Idar-Oberstein:<br />

„Valentyna kam mit zwei Plastiktaschen<br />

bei uns an, in die sie<br />

vor der Flucht Hals über<br />

Kopf ihre Habseligkeiten<br />

gepackt hatte.<br />

In einer waren<br />

selbst gestickte<br />

Heiligenbildchen<br />

mit goldenen Perlen.<br />

Das sind ihre<br />

kleinen Kunstschätze.<br />

Valentyna<br />

ist 69 Jahre alt und<br />

kommt aus<br />

Kiew. Seit Mitte<br />

März wohnt<br />

sie bei uns. Am Anfang hat sie oft<br />

geweint. Ich glaube, auch vor Erleichterung,<br />

dem Krieg entkommen<br />

zu sein. Valentynas Tochter<br />

und ihre zwei Enkelinnen wohnen<br />

drei Häuser weiter. Für sie ist das<br />

ein Glücksfall. Sie verbringen viel<br />

Zeit miteinander. Pfingsten haben<br />

wir alle zusammen Raclette gegessen.<br />

Unser Garten ist Valentynas<br />

Ein und Alles. An eine Rückkehr<br />

in die Ukraine denkt sie noch<br />

nicht. Stattdessen plant sie schon,<br />

welche Tomaten sie im Frühjahr<br />

setzt. Mit der Verständigung hapert<br />

es noch. Wenn jemand sie<br />

fragt, ob sie deutsch spricht, sagt<br />

sie nur: Ich liebe Monika.“<br />

Annette, 67, und Wilfried Böhm,<br />

67, aus Werther in Ostwestfalen:<br />

„In den Städten, in denen jetzt der<br />

Krieg tobt und die Bomben alles<br />

zerstören, haben die Menschen<br />

zuvor genauso gelebt wie wir. Sie<br />

haben sich so gekleidet wie wir und<br />

haben sich auf den Urlaub gefreut<br />

wie wir. Das wurde mir schlagartig<br />

bewusst, als Marina und Sofia mir<br />

Handy-Fotos zeigten von Familienfeiern<br />

und aus dem Urlaub in<br />

Ägypten. Die 19-jährigen Studentinnen<br />

lernten sich auf der Flucht<br />

kennen. Marina musste mit ihrer<br />

Familie schon einmal 2014 nach<br />

der russischen Besetzung des Donbass<br />

aus Luhansk nach Charkiw<br />

fliehen. Ihre Mutter und ihr Bruder<br />

fanden nun in Italien Schutz.<br />

Ruhe ist das Wichtigste<br />

Wir hatten der Stadt gemeldet,<br />

dass wir eine Wohnung zur Verfügung<br />

haben, und erhielten keine<br />

15 Minuten später einen Anruf.<br />

Nun wohnen Marina und Sofia bei<br />

uns in einer WG. Marina kann hier<br />

ihr BWL-Studium online fortsetzen<br />

und jobbt in einer Eisdiele.<br />

Sofia bereitete sich in Poltawa,<br />

einer Großstadt rund zwei Stunden<br />

entfernt von Charkiw, gerade<br />

auf das Medizinstudium vor, als<br />

der Krieg ausbrach. Sie<br />

arbeitet hier nun in einer<br />

Grundschule mit ukrainischen<br />

Kindern.<br />

D i e<br />

b e i d e n<br />

sind zurückhaltend.<br />

Ich<br />

w e i ß<br />

n i c h t ,<br />

was sie<br />

auf der<br />

F l u c h t<br />

erlebt haben.<br />

Aber hier kommen sie etwas<br />

zur Ruhe. Das ist das Wichtigste.“<br />

Elena, 45, und Horst Gunnesch,<br />

76, aus Wetter bei Marburg: „Meine<br />

Frau stammt aus der Ukraine.<br />

Ihre Schwester Switlana wohnte<br />

mit ihrer Familie in unmittelbarer<br />

Nähe von Charkiw. Unweit ihres<br />

Hauses schlugen auf einem Nachbargrundstück<br />

schon am 24. Februar<br />

nachts Raketen ein. Switlana<br />

und ihr Mann Roman packten das<br />

Nötigste in einen Koffer und fuhren<br />

unter Schock mit Yuliana (6), Olha<br />

(13) und Nikita (17) los. In zwei<br />

weiteren Autos machten sich auch<br />

Switlanas Bruder und der Cousin<br />

mit ihren Familien auf den Weg.<br />

Die Irrfahrt durch die Ukraine,<br />

Rumänien, Ungarn und Österreich<br />

dauerte insgesamt 19 Tage. Wir<br />

waren die ganze Zeit mit Switlana<br />

im Austausch. Als sie endlich mit<br />

ihrer Familie ankam, wohnten sie<br />

die ersten zwei Monate bei uns, ein<br />

Teil der Familie schlief bei unseren<br />

Nachbarn. Ich habe mich umgehört<br />

und erfahren, dass ein Freund<br />

eine Wohnung zur Verfügung<br />

stellt, die noch renoviert und eingerichtet<br />

werden musste. Die Hilfsbereitschaft<br />

von Verwandten,<br />

Freunden und Nachbarn war riesig:<br />

Küche, Waschmaschine, Esstisch,<br />

Geschirr – alles wurde gespendet.<br />

Mein Schwager Roman hat mittlerweile<br />

eine feste Anstellung<br />

bei einem Handwerksbetrieb,<br />

Nikita und Olha<br />

bereiten sich auf das<br />

neue Schuljahr<br />

vor. Unsere Ged<br />

a n k e n<br />

sind oft<br />

bei den<br />

Verwandten<br />

meiner<br />

Frau, die<br />

noch an<br />

der Grenze<br />

zu Rumänien<br />

aush<br />

a r r e n ,<br />

weil sowohl der Mann als auch der<br />

Sohn nicht ausreisen dürfen. Wir<br />

Sofia (links) und Marina zeigen die ukrainische<br />

Fahne. Sie wohnen bei Wilfried Böhm.<br />

unterstützen sie, so gut es geht mit<br />

Spenden.“ Jörg Ciszewski<br />

Informationen für Geflüchtete und<br />

Helfer unter<br />

www.vdk.de/deutschland/<br />

pages/84641/ukraine-hilfe<br />

Millionen Menschen verloren ihre Heimat<br />

Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung widmet sich der Zwangsmigration in Geschichte und Gegenwart<br />

Viele Deutsche fühlen sich bei den<br />

Bildern vom Krieg in der Ukraine an<br />

ihre eigene Flucht erinnert. Rund<br />

14 Millionen Deutsche mussten<br />

infolge des Zweiten Weltkriegs<br />

ihre Heimat verlassen. Das Dokumentationszentrum<br />

Flucht, Vertreibung,<br />

Versöhnung in Berlin beleuchtet<br />

die Ursachen von<br />

Zwangsmigration, widmet sich<br />

dem Schicksal nicht nur deutscher<br />

Betroffener und schlägt einen Bogen<br />

in die Gegenwart.<br />

Der Krieg tobte 1945 in Niederschlesien<br />

unerbittlich: Viele Deutsche<br />

ergriffen aus Angst vor der<br />

vorrückenden Roten Armee die<br />

Flucht in Richtung Westen. Darunter<br />

auch Margita Paetsch und<br />

ihre Tochter. Für den Fall, dass<br />

Astrid in den Kriegswirren verloren<br />

gehen sollte, ritzte die Mutter<br />

die Heimatadresse in die Innenseite<br />

des braunen Brustbeutels und<br />

legte ihn Astrid um den Hals: „Astrid<br />

Paetsch Fraustadt/Schl. Adolf<br />

Hitler Straße 3“. Der Lederbeutel<br />

ist heute in einer Glasvitrine der<br />

Ausstellung des Dokumentationszentrums<br />

Flucht, Vertreibung,<br />

Versöhnung in Berlin zu sehen.<br />

Ein weiteres Exponat ist die<br />

Armbinde von Hermine Sprinz,<br />

die sie bis zu ihrer Vertreibung aus<br />

der böhmischen Heimat im Sommer<br />

1946 tragen musste. Auf dem<br />

schmutzigen Stück Stoff steht der<br />

Buchstabe „N“ für „Niemec“, das<br />

im Tschechischen „Deutsch“ heißt.<br />

Deutsche flohen 1945 aus Ostpreußen vor der Roten Armee und kamen<br />

dabei durch vom Krieg zerstörte Ortschaften. Foto: picture alliance/akg-images<br />

Deutsche wurden so stigmatisiert<br />

und nach dem Krieg für die Gräueltaten<br />

der Nazis verantwortlich<br />

gemacht. Sie mussten von den<br />

Tschechoslowaken Demütigungen<br />

über sich ergehen lassen.<br />

Als die deutschen Truppen nach<br />

ihrem barbarischen Feldzug zurückgedrängt<br />

wurden, richtete sich<br />

der Zorn der einheimischen Bevölkerung<br />

auch in anderen Regionen<br />

oft gegen die Deutschen. Nur wenige<br />

entschieden sich, dennoch in<br />

ihrer alten Heimat zu bleiben.<br />

Viele wurden später vertrieben.<br />

Schwierige Integration<br />

Die Ausstellung zeichnet anhand<br />

historischer Karten nach, aus welchen<br />

Regionen Geflüchtete und<br />

Vertriebene kamen. Während die<br />

Deutschen Rumänien, Jugoslawien,<br />

Schlesien, Ostpreußen und Pommern<br />

verließen, drängte die Sowjetunion<br />

wiederum rund 1,7 Millionen<br />

Polen und Ukrainer aus Ostpolen,<br />

das sich Stalin einverleibt hatte.<br />

Diese Menschen wurden oft in den<br />

neuen polnischen Westgebieten wie<br />

Schlesien angesiedelt.<br />

Ein weiterer Bereich im Dokumentationszentrum<br />

widmet sich<br />

der Integration deutscher Flüchtlinge<br />

und Vertriebener in Nachkriegsdeutschland,<br />

die nicht ohne<br />

soziale Spannungen verlief. Damit<br />

wird die Gründungsphase der jungen<br />

Republik beleuchtet, in der<br />

sich auch der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />

gründete. Der <strong>VdK</strong> trat für die<br />

Rechte Kriegsbeschädigter ein und<br />

leistete einen wichtigen sozialpolitischen<br />

Beitrag in jener Zeit.<br />

Wie aktuell das Thema Flucht<br />

und Vertreibung ist, macht die<br />

Ausstellung mit Hinweisen auf<br />

jüngste Flüchtlingsbewegungen<br />

innerhalb Afrikas sowie aus Syrien<br />

und der Ukraine deutlich. <br />

<br />

Jörg Ciszewski<br />

Info<br />

Das Dokumenta tionszentrum ist<br />

barrierefrei zugänglich und<br />

Dienstag bis Freitag von 10 bis 19<br />

Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.<br />

Dokumenta tionszentrum<br />

Flucht, Vertreibung,<br />

Versöhnung<br />

Stresemannstraße 90<br />

10963 Berlin<br />

• (0 30) 2 06 29 98-0<br />

www.flucht-vertreibungversoehnung.de<br />

3 RHPfalz<br />

Allgemein


4 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Politik<br />

„Arm wird durch unsere Forderungen niemand“<br />

Millionenerbin berichtet über ihr Engagement bei der Initiative taxmenow, die höhere Steuern für Superreiche fordert<br />

Stefanie Bremer gehört zu einer<br />

Gruppe von Millionenerbinnen und<br />

-erben, die sich für ein gerechteres<br />

Steuersystem einsetzen. Unter<br />

dem Namen taxmenow („Besteuere<br />

mich jetzt“) hat die Organisation<br />

bereits für viel Aufsehen gesorgt.<br />

Die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG sprach mit<br />

Stefanie Bremer über ihre Kritik am<br />

bestehenden System und ihre Forderungen.<br />

Sie kritisieren unser Steuersystem<br />

als ungerecht. Was sind Beispiele<br />

dafür?<br />

Im Erbschaftssteuergesetz gibt es<br />

die Regelung: Wenn jemand drei<br />

Wohnungen erbt, zahlt er darauf<br />

die volle Erbschaftssteuer. Wenn<br />

man dagegen 300 Wohnungen<br />

erbt, dann wertet das Finanzamt<br />

dies automatisch als Immobilienunternehmen,<br />

und stuft es als Betriebsvermögen<br />

ein, und das Erbe<br />

unterliegt nur zu einem Bruchteil<br />

der Erbschaftssteuer. Ein anderes<br />

Beispiel ist das Strafgeld für einen<br />

verurteilten VW-Manager, das der<br />

Konzern gezahlt hat und dies als<br />

Betriebsausgabe steuerlich geltend<br />

machen konnte.<br />

Warum gibt es solche Regeln, die<br />

Reiche steuerlich begünstigen?<br />

Es gibt in dem Bereich enorme<br />

Lobbyarbeit. Wir sind als Gesellschaft<br />

leider sehr auf finanziellen<br />

Gewinn aus. Gegenseitige Wertschätzung<br />

läuft über unsere finanzielle<br />

Situation. Das widerspricht<br />

komplett dem, was man unter<br />

Gemeinwohl versteht. Aber leider<br />

scheint im Moment kaum jemand<br />

in der Politik den Willen zu haben,<br />

das zu ändern.<br />

Von Seiten der Unternehmer, in<br />

Form der Arbeitgeberverbände,<br />

kommt ja immer wieder das Argument,<br />

höhere Steuern gefährdeten<br />

Arbeitsplätze.<br />

Das Problem ist, dass dieses Arbeitsplatzargument<br />

zieht, ob es<br />

stimmt oder nicht, gerade auch<br />

weil wir in einer Zeit von immer<br />

größerer Unsicherheit leben. Wir<br />

können uns nicht mehr sicher sein,<br />

dass wir den Job, den wir einmal<br />

mit 18 gelernt haben, ein Leben<br />

lang behalten. Wir haben Konflikte,<br />

den Klimawandel, Corona, und<br />

dann klammern wir uns an jedes<br />

bisschen Sicherheit. Und eine sichere<br />

Arbeitsstelle ist natürlich<br />

etwas, das uns Halt gibt. Und dann<br />

kommt uns das Argument mit dem<br />

Stellenabbau bedrohlich vor.<br />

Haben Sie ein Argument, das Sie<br />

dem entgegensetzen können?<br />

An die Unternehmen gerichtet<br />

sage ich: „Solange ihr Gewinne<br />

ausschütten könnt, könnt ihr damit<br />

auch Arbeitsplätze finanzieren.<br />

Bitte hinterfragt doch mal die<br />

Prämisse, dass ein Unternehmen<br />

seinen Eigentümern immer massiven<br />

Gewinn einbringen muss.“<br />

Kann es nicht auch ein Gewinn<br />

sein, in einer gesunden Gesellschaft<br />

zu leben, mit Produkten, die<br />

wir tatsächlich brauchen? Ich<br />

Unter dem Pseudonym Stefanie Bremer engagiert sich die 32-jährige<br />

Württembergerin für die Organisation taxmenow.<br />

würde mir aber auch einen Staat<br />

wünschen, der sich klar positioniert<br />

und sagt: „Wir können einerseits<br />

selbst Arbeitsplätze schaffen.<br />

Darüber hinaus können wir Rahmenbedingungen<br />

herstellen, damit<br />

privatwirtschaftliche Unternehmen<br />

Arbeitsplätze schaffen und<br />

erhalten. Wir dürfen uns nicht erpressbar<br />

machen durch große<br />

Unternehmen. Das tut uns als<br />

Gesellschaft nicht gut.“<br />

Was sagen Sie zum Argument, das<br />

sei eine Neiddebatte?<br />

Das ist ein Argument, das immer<br />

wieder gebracht wird, was natürlich<br />

schlechte Gefühle schürt.<br />

Damit werden alle diejenigen, die<br />

höhere Steuern für Vermögende<br />

Foto: Matthias Ziegler<br />

fordern, in eine schlechte Ecke<br />

geschoben, und damit verliert eine<br />

solche Forderung, ob sie richtig ist<br />

oder nicht, ihre Bedeutung. Ich<br />

persönlich habe noch keinen Menschen<br />

getroffen, der neidisch auf<br />

mich war. Ich habe aber viele Menschen<br />

getroffen, die sagen: „Ich<br />

brauche Hilfe für meinen Lebensunterhalt.<br />

Ich kann aus meiner<br />

eigenen Arbeit, mit meinem Fleiß,<br />

das nicht schaffen.“ Da lassen wir<br />

Menschen im System im Stich, und<br />

das kann nicht sein.<br />

Superreiche könnten doch auch<br />

freiwillig mehr Steuern zahlen?<br />

Freiwilligkeit funktioniert nicht.<br />

Auf das Schuldentilgungskonto<br />

des Bundes zahlt so gut wie niemand<br />

ein. Und ein Staat und seine<br />

Gesellschaft dürfen auch nicht<br />

vom Wohlwollen der Reichen abhängig<br />

sein.<br />

Auf Ihrer Webseite taxmenow.eu<br />

haben Sie eine Petition für eine<br />

höhere Besteuerung von Superreichen<br />

gestartet. Mehr als 80000<br />

Unterschriften haben Sie bereits.<br />

Wer wäre denn von Ihren Forderungen<br />

betroffen?<br />

Es geht um eine Minderheit von<br />

etwa 51 000 Haushalten. Falls der<br />

Staat ihnen bestimmte Steuerprivilegien<br />

streichen würde, brächte<br />

dies jährlich Steuermehreinnahmen<br />

von vorsichtig geschätzt etwa<br />

80 Milliarden Euro. Arm wird<br />

davon aber niemand.<br />

Interview: Sebastian Heise<br />

Grundsicherung muss Existenzminimum sichern<br />

Sozialverbände klagen gegen zu niedrige Anpassung der Regelsätze Anfang des Jahres<br />

Angesichts explodierender Preise<br />

klagen der Sozialverband <strong>VdK</strong> und<br />

der Sozialverband SoVD gegen die<br />

Fortschreibung der Regelsätze für<br />

sieben Millionen Menschen, die zum<br />

Beispiel Grund sicherung im Alter,<br />

bei Erwerbsminderung oder Hartz IV<br />

beziehen.<br />

Genau drei Euro hat Barbara<br />

Beeking seit Januar jeden Monat<br />

mehr auf dem Konto: 356,06 Euro<br />

Grundsicherung insgesamt. Ihre<br />

eigene Rente ist so klein, dass sie<br />

auf wenig mehr als 650 Euro im<br />

Monat kommt. „Was im Discounter<br />

nicht reduziert ist, wird nicht<br />

gekauft, Frisches ist nicht mehr<br />

drin“, sagt die 76-Jährige aus Kranenburg<br />

am Niederrhein. Zwei<br />

Söhne hat sie großgezogen, 20 Jahre<br />

lang die Eltern gepflegt und<br />

deshalb nur in Teilzeit als Verkäuferin<br />

arbeiten können.<br />

So wie Beeking geht es vielen,<br />

vor allem westdeutschen Rentnerinnen.<br />

Weil sie sich um die Familie<br />

gekümmert haben, sind sie im<br />

Alter auf Grundsicherung angewiesen.<br />

Doch die reicht aktuell<br />

kaum zum Leben.<br />

Verstoß gegen Verfassung<br />

Barbara Beeking ist Musterklägerin.<br />

Aus Sicht des <strong>VdK</strong> und des SoVD<br />

hat die Bundesregierung daher<br />

gegen ihren verfassungsmäßigen<br />

Auftrag verstoßen, das Existenzminimum<br />

zeitnah sicherzustellen,<br />

als sie Anfang des Jahres die Regelsätze<br />

um nur 0,76 Prozent erhöhte:<br />

drei Euro für Erwachsene,<br />

zwei für Kinder. Damals lag die<br />

Inflationsrate bei knapp fünf Prozent,<br />

inzwischen liegt sie bei 7,5.<br />

Zwar gab es einmalige Entlastungszahlungen<br />

und für Kinder<br />

in Grundsicherung zusätzlich<br />

20 Euro im Monat. „Doch die verpuffen<br />

angesichts der steigenden<br />

Foto: privat<br />

Kosten“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele.<br />

Beide Verbände wollen daher in<br />

Musterstreitverfahren bis vor das<br />

Bundesverfassungsgericht ziehen.<br />

Sie berufen sich auf frühere Urteile<br />

der Karlsruher Richter, in denen<br />

es sinngemäß heißt: Wird das<br />

Existenzminimum durch plötzlich<br />

auftretende, extreme Preissteigerungen<br />

unterschritten, darf der<br />

Gesetzgeber nicht auf die reguläre<br />

Anhebung der Sätze warten.<br />

Weil die Regelsätze nur alle vier<br />

Jahre neu berechnet werden, werden<br />

in der Zwischenzeit die Sätze<br />

jährlich anhand der aktuellen<br />

Lohn- und Preisentwicklung angepasst.<br />

Das soll sicherstellen, dass<br />

sie nicht an Kaufkraft verlieren.<br />

Grundlage für die Berechnung sind<br />

die Daten der zwölf Monate bis<br />

zum Sommer des Vorjahres. Der<br />

<strong>VdK</strong> kritisiert das schon lange, da<br />

so nicht garantiert ist, dass<br />

Preissteigerungen komplett und<br />

sofort ausgeglichen werden.<br />

Das Problem zeigt sich in diesem<br />

Jahr besonders deutlich: Weil die<br />

Mehrwertsteuer coronabedingt bis<br />

Ende 2020 reduziert war, hatten sich<br />

die Kosten für viele Waren bis zum<br />

Sommer vergangenen Jahres im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum kaum<br />

erhöht. Entsprechend niedrig fiel die<br />

Anpassung der Regelsätze aus. Seit<br />

dem Sommer 2021 stiegen die Preise<br />

kontinuierlich an – wegen der wiedereingeführten<br />

vollen Mehrwertsteuer,<br />

der andauernden Corona-<br />

Pandemie und ab Anfang <strong>2022</strong><br />

wegen des Kriegs in der Ukraine. In<br />

die Berechnungen für das Jahr <strong>2022</strong><br />

floss all das jedoch nicht mit ein.<br />

Das hält auch der Bundesarbeitsminister<br />

für problematisch. Nur einen<br />

Tag, nachdem die beiden Sozialverbände<br />

ihre Musterstreitverfahren<br />

angekündigt hatten, teilte Hubertus<br />

Heil (SPD) mit, die Regelsätze erhöhen<br />

und deren Berechnung verändern<br />

zu wollen. Allerdings wurde er<br />

dafür umgehend vom Koalitionspartner<br />

FDP kritisiert.<br />

Neues Bürgergeld<br />

Kurz darauf stellte er Pläne für ein<br />

neues Bürgergeld vor, das die<br />

Grundsicherung und Hartz IV ersetzen<br />

soll. Dieses sieht mehr Qualifizierung<br />

und Fortbildung für Erwerbssuchende<br />

vor. Außerdem sollen<br />

die strengen Regeln gelockert<br />

werden. Höhere Regelsätze seien<br />

geplant, was das konkret heißt, sagte<br />

Heil nicht. Bentele begrüßte die<br />

Pläne, betonte jedoch, dass höhere<br />

Sätze für Menschen in Grundsicherung<br />

„nicht dem Sparzwang derjenigen<br />

zum Opfer fallen dürfen, die<br />

die Schuldenbremse einhalten wollen“.<br />

Der <strong>VdK</strong> werde seine Verfahren<br />

daher weiterverfolgen, bis es<br />

eine angemessene Erhöhung gebe.<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglied Beeking freut<br />

das. Sie ist eine der Musterklägerinnen<br />

des <strong>VdK</strong>. Ihr Verfahren ist<br />

bereits am Sozialgericht Duisburg<br />

anhängig. Heike Vowinkel<br />

Mehr zum Bürgergeld unter:<br />

www.vdk.de/permalink/85343<br />

„Niemand muss<br />

im Winter frieren“<br />

Der Chef der Bundesnetzagentur,<br />

Klaus Müller, erklärt im Podcast<br />

von <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

die Gaspreisexplosion und wie<br />

Menschen mit geringen Einkommen<br />

jetzt geholfen werden kann.<br />

Dass seine Arbeit derart weitreichende<br />

sozialpolitische Folgen haben<br />

würde, hätte Klaus Müller nicht<br />

gedacht, als er im März dieses Jahres<br />

zum Präsidenten der Bundesnetzagentur<br />

ernannt wurde. Doch der<br />

Ukraine-Krieg lässt die Gaspreise<br />

explodieren, und Müller steht seitdem<br />

im Fokus der Öffentlichkeit. In<br />

einer akuten Gasmangellage entscheidet<br />

seine Behörde darüber, wer<br />

in Deutschland noch Gas bekommt.<br />

Im Podcast von <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele erklärt er, warum<br />

private Haushalte dann vor der Industrie<br />

mit Gas versorgt werden und<br />

niemand im Winter frieren muss. Er<br />

appelliert an alle, die können, Gas<br />

zu sparen. Angesichts der explodierenden<br />

Preise spricht Müller sich für<br />

weitere Entlastungsmaßnahmen für<br />

Geringverdiener aus und für eine<br />

Staffelung der Gaspreise im Winter<br />

2023/24. Denn auch der werde von<br />

Gasmangel geprägt sein, so Müller.<br />

Den Podcast finden Sie unter:<br />

www.vdk.de/permalink/85092<br />

4 RHPfalz<br />

Allgemein


So hilft der <strong>VdK</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

5<br />

Leichter in den Rollstuhl und zurück<br />

Der <strong>VdK</strong> Niedersachsen-Bremen setzt ein Niederflurbett für Helmut Gröger bei der Krankenkasse durch<br />

Helmut Gröger ist querschnittsgelähmt.<br />

Der Arzt verordnete ihm ein<br />

Niederflurbett, damit der 73-Jährige<br />

selbstständig in den Rollstuhl<br />

wechseln kann. Doch die Krankenkasse<br />

lehnte ab: Sie hatte eine<br />

falsche Diagnose zugrunde gelegt.<br />

Das Ehepaar hatte es sich so<br />

schön erträumt: Endlich wandern,<br />

wann immer ihnen danach ist. Als<br />

Helmut Gröger mit 67 Jahren in<br />

Rente ging, freuten seine Frau und<br />

er sich auf die vor ihnen liegende<br />

freie Zeit. Jahrzehntelang hatte der<br />

heutige Wolfenbütteler im Bergbau<br />

gearbeitet, viele weitere Jahre als<br />

Angestellter bei einem sozialen<br />

Dienstleister. Während all der Zeit<br />

war er von ernsthaften Krankheiten<br />

verschont geblieben. Doch nun<br />

erkrankte erst seine Frau an Krebs.<br />

Als sie wieder gesund war, wurde<br />

bei ihm mit 71 Jahren ein unheilbarer<br />

Tumor am Rücken diagnostiziert.<br />

Gröger ist heute querschnittsgelähmt.<br />

Er sitzt im Rollstuhl. Nach<br />

der ersten Operation vor anderthalb<br />

Jahren bildete sich ein Dekubitus<br />

am Steißbein. Die acht Zentimeter<br />

tiefe Wunde ist trotz zahlreicher<br />

Therapien bisher nicht<br />

ausgeheilt. Gut eine Stunde hält er<br />

es im Rollstuhl aus, danach muss<br />

er sich wegen starker Schmerzen<br />

wieder hinlegen.<br />

Ohne Hilfe aufstehen<br />

Im höhenverstellbaren Spezialbett kann sich Helmut Gröger eigenständig<br />

aufrichten, um in den Rollstuhl überzusetzen.<br />

Foto: Roman Stannarius<br />

Gröger ist ein positiver Mensch,<br />

auch in schwierigen Situationen.<br />

Aber vor allem jemand, dem seine<br />

Eigenständigkeit wichtig ist. Doch<br />

nun ging ohne seine Frau nichts<br />

mehr: „Der ständige Wechsel zwischen<br />

Bett und Rollstuhl war eine<br />

elende Prozedur“, erzählt Gröger<br />

am Telefon. Die Spezialmatratze<br />

ist wegen seines Dekubitus 18 Zentimeter<br />

dicker als eine herkömmliche.<br />

Ihr Innendruck wird elektronisch<br />

geregelt, um die Druckstelle<br />

optimal zu entlasten. Der Nachteil:<br />

Die Matratze erhöht das Bett.<br />

Sein Arzt verschrieb ihm deshalb<br />

ein Niederflurbett, dessen<br />

Liegefläche sich auf eine Höhe von<br />

20 bis 25 Zentimetern absenken<br />

lässt. Doch die Krankenkasse<br />

lehnte den Antrag auf das Bett ab<br />

– und zwar in der Rekordzeit von<br />

vier Tagen.<br />

Das überraschte nicht nur Gröger,<br />

sondern auch den <strong>VdK</strong> in<br />

Braunschweig, an den er sich daraufhin<br />

wandte. <strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsführer<br />

Roman Stannarius<br />

sah sich die Akte genauer an und<br />

stellte fest: Weil Niederflurbetten<br />

normalerweise für Demenzerkrankte<br />

eingesetzt werden, um<br />

mögliche Stürze in der Nacht abzumildern,<br />

hatte Grögers Krankenkasse<br />

automatisch angenommen,<br />

dass auch er dement sei. Statt<br />

des Spezialbettes schlugen sie ihm<br />

daher vor, für die Nacht einfach<br />

Gitter an sein vorhandenes Bett zu<br />

montieren.<br />

„Wie die darauf kamen, dass<br />

Herr Gröger dement ist, ist mir ein<br />

Rätsel“, so Roman Stannarius.<br />

Denn einen Eindruck vor Ort hatte<br />

sich niemand gemacht. Vor allem<br />

das hat Gröger geärgert. „Keiner<br />

schaut sich an, wie es mir geht,<br />

was ich kann und was nicht. Wie<br />

will die Kasse da eine sachgerechte<br />

Entscheidung treffen, die mir<br />

hilft?“<br />

Stannarius stellte in seinem Widerspruch<br />

an die Krankenkasse<br />

klar, worum es tatsächlich geht:<br />

nicht um Demenz, sondern um den<br />

Ausgleich der Höhendifferenz zwischen<br />

Rollstuhl und Bett, um<br />

selbstständig hin und her wechseln<br />

zu können. Das leuchtete auch der<br />

Krankenkasse ein, und sie bewilligte<br />

endlich das Spezialbett.<br />

Große Erleichterung<br />

Für Helmut Gröger und seine<br />

Frau bedeutet das Bett eine große<br />

Erleichterung. „Endlich muss meine<br />

Frau nicht mehr ständig in<br />

meiner Nähe sein, wenn ich mich<br />

hinlegen oder aufstehen will.“ Er<br />

sei sehr froh, dass sie beide Mitglied<br />

im <strong>VdK</strong> geworden seien.<br />

„Sonst hätte ich heute noch kein<br />

Niederflurbett.“<br />

Inzwischen hat Gröger eine neue<br />

Dekubitustherapie begonnen. Eine<br />

Art Pumpe säubert die Wunde. Er<br />

hofft, dass sie jetzt endlich heilt.<br />

Es ist die Voraussetzung dafür,<br />

dass er seine Physio- und Ergotherapie<br />

fortsetzen kann, um wieder<br />

mobiler zu werden.<br />

Mehr als 170 der insgesamt 222<br />

Harzer Wandernadeln haben seine<br />

Frau und er vor der Erkrankung<br />

erwandert. Wenn es Helmut Gröger<br />

wieder besser geht, wollen<br />

beide erneut losziehen. Ein Aktivund<br />

ein Elektrorollstuhl stehen<br />

bereit.<br />

Sabine Kohls<br />

Entgeltpunkte für pflegende Altersrentner<br />

<strong>VdK</strong> empfiehlt Flexirente und plant Musterstreitverfahren<br />

Foto: picture alliance/Zoonar/stockfotos-mg<br />

Wer bereits die volle Altersrente<br />

bezieht, wird bei der Pflege eines<br />

Familienangehörigen benachteiligt.<br />

Für die Pflege erhält man keine<br />

zusätzlichen Entgeltpunkte, die die<br />

Rente erhöhen. Die gibt es nur,<br />

wenn man noch nicht in Rente ist<br />

oder eine Flexi rente bezieht.<br />

Das Flexirentengesetz stammt<br />

aus dem Jahr 2016. Es soll nicht<br />

nur das flexible Arbeiten bis zur<br />

Regelaltersgrenze erleichtern, sondern<br />

auch das Weiterarbeiten nach<br />

der Rente attraktiver machen.<br />

„Jeder privat Pflegende, der in<br />

Vollrente geht, sollte von der Flexirente<br />

Gebrauch machen und eine<br />

Teilrente bis zu 99,99 Prozent beantragen.“<br />

Das empfiehlt Jörg Ungerer,<br />

Leiter der <strong>VdK</strong>-Bundesrechtsabteilung.<br />

„Die minimalen<br />

0,01 Prozent reichen aus, um Entgeltpunkte<br />

für die Pflegetätigkeit<br />

Entgeltpunkte für die private Pflege, und damit mehr Rente, können<br />

Altersrentnerinnen und -rentner über die Flexirente bekommen.<br />

ab Pflegegrad 2 zu bekommen.“<br />

Das könne sich rechnen, auch<br />

wenn man vorübergehend zwei bis<br />

drei Euro weniger Rente im Monat<br />

hat, so Ungerer. Hierzu berät der<br />

jeweilige Rentenversicherungsträger,<br />

beispielsweise die Deutsche<br />

Rentenversicherung oder Knappschaft.<br />

Dort wird auch der notwendige<br />

Antrag auf Flexirente<br />

gestellt.<br />

Bisher lag die Teilrentengrenze<br />

bei 99 Prozent. Nun hat das Bayerische<br />

Landessozialgericht (Az.: L 6<br />

R 199/19 vom 14. <strong>September</strong> 2019)<br />

verkündet, dass die Rentenversicherung<br />

auch eine Teilrente von<br />

99,99 Prozent zahlen muss. Dieses<br />

Urteil gilt aber nicht automatisch<br />

bundesweit. Lehnt ein Rentenversicherungsträger<br />

also den Antrag<br />

auf 99,99 Prozent ab, sollte man<br />

umgehend die Rechtsberatung des<br />

<strong>VdK</strong> aufsuchen. Der Verband wird<br />

dann ein Musterstreitverfahren<br />

führen. Wenn zwei unterschiedliche<br />

rechtliche Auffassungen vorliegen,<br />

kann der <strong>VdK</strong> das Bundessozialgericht<br />

in Kassel anrufen,<br />

damit dieses die Rechtseinheit<br />

herstellt, also gleiches Recht für<br />

alle schafft. Sabine Kohls<br />

5 RHPfalz<br />

Allgemein


6 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Pflege<br />

Mit Nächstenpflege ist wenig verdient<br />

Wer sich um Angehörige kümmert, hat im Arbeitsleben und im Ruhestand finanziell oft Einbußen<br />

Die Pflege von Angehörigen und<br />

die eigene Berufstätigkeit sind oft<br />

nur schwer miteinander vereinbar.<br />

Viele Pflegende scheiden deshalb<br />

aus dem Berufsleben aus. Einen<br />

Anspruch auf die Rückkehr in ihren<br />

alten Job haben sie nicht. Allerdings<br />

lassen sich in der Pflege<br />

auch Rentenansprüche erwerben.<br />

Zwei Jahre hat Karla Haubold<br />

ihre Mutter gepflegt. Um Zeit dafür<br />

zu haben, ging die damals 60-Jährige<br />

vorzeitig in den Ruhestand.<br />

„Ich war mit Leib und Seele Lehrerin<br />

und hätte meinen Beruf gern<br />

behalten“, betont das <strong>VdK</strong>- Mitglied<br />

aus Sachsen. Ihre Entscheidung<br />

bereut sie trotzdem nicht: „Ich<br />

würde wieder diesen Weg wählen,<br />

um meiner Mutter ihren letzten<br />

Weg im Leben zu erleichtern und<br />

würdevoll zu gestalten.“<br />

Doch es ärgert sie, dass sie nun<br />

bis an ihr Lebensende 11,8 Prozent<br />

weniger Rente bekommt. „200 bis<br />

300 Euro mehr zu haben, wäre<br />

schon gut gewesen“, sagt sie. Weil<br />

sie sich 24 Stunden um ihre Mutter<br />

kümmerte, konnte sie das Haus<br />

kaum mehr verlassen.<br />

Kein Einzelfall<br />

Haubold ist kein Einzelfall. Viele<br />

pflegende Angehörige sind finanziell,<br />

körperlich und oft auch seelisch<br />

sehr belastet. Sie bräuchten<br />

viel mehr Unterstützung, um zwischendrin<br />

neue Kraft zu tanken<br />

oder sich um sich selbst kümmern<br />

Wer noch im erwerbsfähigen Alter ist, muss sich oft zwischen Beruf und<br />

Pflege entscheiden. <br />

Foto: imago images/Shotshop<br />

zu können. Häufig wissen sie gar<br />

nicht, was ihnen zusteht, oder wie<br />

man mehr Unterstützung erhält.<br />

Obwohl es schon fast 20 Jahre her<br />

ist, dass Haubold ihre Mutter gepflegt<br />

hat, hat sich an der Situation<br />

für pflegende Angehörige nur wenig<br />

geändert: Tages- und Nachtpflege,<br />

Kurzzeitpflege sowie Entlastungsleistungen<br />

im Haushalt können oft<br />

nicht in Anspruch genommen werden.<br />

Das liegt nicht nur an der<br />

fehlenden Information für Pflegende,<br />

sondern auch daran, dass es in<br />

vielen Regionen keine passende<br />

professionelle Hilfe gibt. Daran<br />

ändert auch der gesetzliche Anspruch<br />

auf Unterstützung nichts.<br />

Nach wie vor stehen pflegende<br />

Angehörige vor der Frage, wie sie<br />

Berufstätigkeit und Pflege unter<br />

einen Hut bekommen sollen. Wer<br />

seinen Job aufgibt oder weniger<br />

arbeitet, hat Zeit zum Pflegen, aber<br />

deutlich weniger Geld. Wer hingegen<br />

weiter Vollzeit arbeitet, bekommt<br />

zwar Gehalt, hat allerdings<br />

wenig Zeit, zu pflegen. Die aktuellen<br />

Regelungen – Rechtsanspruch<br />

auf sechs Monate Freistellung von<br />

der Arbeit oder für zwei Jahre Teilzeitarbeit<br />

sowie Anspruch auf ein<br />

Darlehen – helfen hier kaum weiter.<br />

Wenig Rentenanspruch<br />

Nur wenige profitieren von der<br />

Möglichkeit, durch die Pflege ihre<br />

Rente aufzubessern. Wer beispielsweise<br />

mehr als 30 Stunden pro<br />

Woche arbeitet oder schon vollständig<br />

in Rente ist, geht leer aus.<br />

Außerdem bemisst sich die Höhe<br />

der Rentenpunkte am Pflegegrad<br />

und an den abgerufenen Pflegeleistungen.<br />

Die Faustformel lautet: Je<br />

mehr Pflegesachleistungen in Anspruch<br />

genommen werden, desto<br />

weniger Rentenpunkte gibt es.<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert, die Rahmenbedingungen<br />

für pflegende Angehörige<br />

grundlegend zu verbessern.<br />

Sie brauchen mehr Hilfe im Haushalt,<br />

bei der Pflege und bei der<br />

Betreuung. Dazu gehören ausreichend<br />

Plätze in der Tages-, Nachtund<br />

Kurzzeitpflege, eine unabhängige<br />

Pflegeberatung, um Überlastungen<br />

rechtzeitig zu erkennen<br />

und zu verhindern, sowie ein<br />

Budget für sämtliche Unterstützungsleistungen,<br />

sodass passende<br />

Hilfen unbürokratisch und flexibel<br />

ausgewählt werden können.<br />

Damit die Pflege von Angehörigen<br />

nicht zum finanziellen Problem<br />

wird, fordert der <strong>VdK</strong> die<br />

bessere Vereinbarkeit von Pflege<br />

und Beruf. Dazu gehört auch ein<br />

unbefristetes Recht auf Rückkehr<br />

in die Vollzeitbeschäftigung. Außerdem<br />

sollte es, ähnlich wie das<br />

Elterngeld, eine eigene finanzielle<br />

Leistung für die Nächstenpflege<br />

geben.<br />

Auch in der Rente soll die Pflege<br />

besser anerkannt werden, fordert<br />

der <strong>VdK</strong>. So dürfen die Unterstützung<br />

durch Pflegedienste oder die<br />

Berufstätigkeit nicht mit einer<br />

Reduzierung der Rentenpunkte<br />

bestraft werden. Zudem müssen<br />

auch pflegende Angehörige, die<br />

bereits in Rente sind, zusätzliche<br />

Rentenpunkte bekommen.<br />

<br />

Annette Liebmann<br />

<strong>VdK</strong>-Veranstaltung<br />

Der <strong>VdK</strong> Deutschland veranstaltet<br />

am Dienstag, 27. <strong>September</strong>,<br />

von 17.30 bis 19 Uhr ein Symposium<br />

zum Thema „Armut durch<br />

Pflege“. Die Veranstaltung wird<br />

per Livestream übertragen:<br />

www.vdk.de/symposium<br />

Das Recht auf Auszeit<br />

So wird Verhinderungspflege beantragt<br />

Unseriöse Pflegeberatung<br />

Private Firma wirbt mit hohen Pflegeleistungen – und dem <strong>VdK</strong><br />

Auch pflegende Angehörige müsen<br />

sich mal erholen. Über die<br />

Verhinderungspflege können sie<br />

sich für mehrere Stunden und Tage<br />

zu Hause vertreten lassen.<br />

Verhinderungspflege ist für geplante<br />

Auszeiten vorgesehen, beispielsweise<br />

für eine Reha oder einen<br />

Urlaub, aber auch stundenweise<br />

etwa für einen Arzt- oder<br />

Friseurbesuch. Im Gegensatz zur<br />

Kurzzeitpflege findet die Verhinderungspflege<br />

zu Hause statt. Sie<br />

wird bei der Pflegekasse der oder<br />

des Pflegebedürftigen beantragt.<br />

Viele Pflegekassen stellen auf<br />

ihrer Webseite ein Antragsformular<br />

zum Herunterladen bereit. Wer<br />

keinen Computer hat, kann sich<br />

das Dokument auch zusenden lassen.<br />

Zu den Informationen, die für<br />

die Antragstellung benötigt werden,<br />

zählen unter anderem die<br />

Pflegeversicherungsnummer, die<br />

Dauer der Pflegebedürftigkeit,<br />

Verhinderungsgrund und -zeitraum<br />

sowie eventuell die Angaben<br />

zur Person, die während der eigenen<br />

Abwesenheit die Pflege hauptsächlich<br />

übernimmt. Der Antrag<br />

sollte möglichst frühzeitig eingereicht<br />

werden.<br />

Für die Abrechnung stellt der<br />

Pflegedienst oder die Ersatzpflegeperson<br />

eine Rechnung aus. Diese<br />

wird zusammen mit einem ausgefüllten<br />

Abrechnungsformular bei<br />

der Pflegekasse eingereicht. Ratsam<br />

ist es, sich von allen Dokumenten<br />

eine Kopie zu erstellen.<br />

Anspruch auf stundenweise Verhinderungspflege<br />

haben alle Pflegebedürftigen<br />

ab Pflegegrad 2, die<br />

Pflegegeld oder Kombinationsleistungen<br />

beziehen. Pro Kalenderjahr<br />

zahlt die Pflegekasse bis zu<br />

1612 Euro. Wird der Betrag nicht<br />

genutzt, verfällt er zum Jahresende.<br />

<br />

ali<br />

Die Pflege eines Angehörigen ist anstrengend. Deshalb ist es wichtig,<br />

sich auch mal Erholung zu gönnen. <br />

Foto: imago images/Shotshop<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> warnt vor<br />

der Pflegeberatung einer Firma,<br />

die verspricht, vermeintliche Ansprüche<br />

von Pflegebedürftigen bei<br />

den Pflegeleistungen durchzusetzen.<br />

Dem Schreiben ist ein Artikel<br />

von „Zeit Online“ über die aktuelle<br />

Pflegestudie des Sozialverbands<br />

<strong>VdK</strong> beigefügt.<br />

Ein <strong>VdK</strong>-Mitglied hatte den Sozialverband<br />

benachrichtigt, dass<br />

es von einem Schweizer Pflegeservice<br />

angeschrieben worden sei.<br />

Das Unternehmen wirbt damit, für<br />

Pflegebedürftige gegen eine Servicegebühr<br />

gesetzliche Ansprüche<br />

aus der Pflegekasse von bis zu<br />

6280 Euro durchzusetzen.<br />

Der Brief enthielt neben dem<br />

Anschreiben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

sowie eine<br />

Rechnung über 129 Euro für die<br />

angebliche Bestellung der Beratungsleistung.<br />

Das Mitglied bestreitet<br />

jedoch, mit der Firma telefoniert<br />

und dabei etwas bestellt zu<br />

haben. Außerdem liegt dem<br />

Schreiben ein Artikel von der „Zeit<br />

Online“ bei, in dem über die Ergebnisse<br />

der <strong>VdK</strong>- Pflegestudie berichtet<br />

wird.<br />

Keine <strong>VdK</strong>-Verbindung<br />

Der <strong>VdK</strong> weist darauf hin, dass<br />

es zwischen dem Sozialverband<br />

und dem Schweizer Pflegeservice<br />

keine Verbindung gibt. Der Artikel<br />

wurde ohne das Wissen des <strong>VdK</strong><br />

dem Schreiben beigelegt und sollte<br />

wohl offensichtlich das Vertrauen<br />

der potenziellen Kundinnen und<br />

Kunden wecken.<br />

Der <strong>VdK</strong> zweifelt zudem an, dass<br />

es sich um eine seriöse Pflegeberatung<br />

handelt. Die Beratung von<br />

Pflegebedürftigen und deren Angehörigen<br />

ist in Deutschland<br />

grundsätzlich kostenlos. Alle Menschen,<br />

die gesetzlich kranken- und<br />

pflegeversichert sind, haben Anspruch<br />

auf eine solche Pflegeberatung,<br />

die von den Kommunen und<br />

den Pflegekassen angeboten wird.<br />

Der <strong>VdK</strong> empfiehlt, diese Beratungsangebote<br />

wahrzunehmen.<br />

„Telefonabzocke“<br />

Auch die Verbraucherzentralen<br />

in Nordrhein-Westfalen und<br />

Baden- Württemberg warnen vor<br />

diesem Anbieter. Ihren Angaben<br />

zufolge ruft der Pflegeservice in<br />

den meisten Fällen ungefragt und<br />

gezielt bei älteren Menschen an,<br />

verwickelt sie in ein Gespräch<br />

über Pflege und schickt ihnen anschließend<br />

eine Rechnung zu.<br />

„Ein aktueller Fall von Telefonabzocke,<br />

der besonders verletzliche<br />

Menschen im Visier hat, die<br />

sich oft nicht wehren können“,<br />

schreibt die Verbraucherzentrale<br />

Baden- Württemberg.<br />

„Ältere Menschen hören oft<br />

schlecht, sind häufig einsam und<br />

freuen sich, wenn jemand mit ihnen<br />

reden will“, sagt Peter Grieble,<br />

Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale<br />

Baden-Württemberg.<br />

Immer wieder gebe es Unternehmen,<br />

die dies ausnutzen würden.<br />

„Unseriöse Firmen bieten am Telefon<br />

allerlei Dinge und Dienstleistungen<br />

an, die gut klingen, aber oft<br />

völlig unnütz sind“, erklärt er. Gut<br />

zu wissen: Am Telefon geschlossene<br />

Verträge sind auch ohne schriftliche<br />

Bestätigung gültig. Eine<br />

einfache Sprachaufzeichnung<br />

kann als Beweis dienen.<br />

Vertrag widerrufen<br />

Der Experte empfiehlt deshalb,<br />

den Vertrag auf jeden Fall schriftlich<br />

zu widerrufen – auch, wenn<br />

das Telefonat schon länger zurückliegt.<br />

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

des Pflegeservices<br />

wird eine Widerrufsfrist<br />

von 14 Tagen genannt. Der Widerruf<br />

sollte möglichst per Einschreiben<br />

erfolgen. Alternativ kann er<br />

auch per E-Mail erklärt werden.<br />

Wichtig ist, dass der Anbieter den<br />

Eingang bestätigt.<br />

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

des Schweizer<br />

Pflege services ist ein kleingedrucktes<br />

Muster-Widerrufsformular<br />

enthalten, das man für einen<br />

Widerruf ausfüllen kann. Die<br />

Verbraucherzentrale hat ebenfalls<br />

einen kostenlosen Musterbrief erstellt,<br />

um solchen Verträgen zu<br />

widersprechen. Dieser ist im Internet<br />

unter www.verbraucherzen<br />

trale-bawue.de unter dem Suchbegriff<br />

„Werbe anrufe“ zu finden. <br />

<br />

Annette Liebmann<br />

6 RHPfalz<br />

Allgemein


Gesundheit<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

7<br />

Das lange Leiden nach der Corona-Infektion<br />

<strong>VdK</strong> führt sozialrechtliche Musterstreitverfahren für Betroffene<br />

Post-Covid noch unerforscht<br />

Es fehlen erprobte Therapien und Reha-Plätze<br />

Mehr als 500 000 Deutsche sollen am Post-Covid-Syndrom leiden.<br />

Verliert jemand bei einem Arbeitsunfall<br />

den Daumen, dann ist der<br />

Fall für die Unfallversicherung eindeutig:<br />

Es liegt eine Minderung der<br />

Erwerbsfähigkeit (MdE) zwischen<br />

20 bis 30 Prozent vor. Ganz anders<br />

sieht es beim Post- Covid-Syndrom<br />

aus.<br />

Nach einer Corona-Infektion<br />

leiden einige Menschen noch<br />

Wochen später an diffusen Symptomen:<br />

Erschöpfungszustände,<br />

Atemnot, Wortfindungsstörungen<br />

oder Gliederschmerzen. Halten die<br />

Beschwerden länger als drei Monate<br />

nach der Infektion an, wird<br />

das als Post-Covid-Syndrom bezeichnet.<br />

Es ist ein Krankheitsbild, das<br />

noch nicht umfassend erforscht<br />

und entsprechend von Sozial- und<br />

Rentenversicherungen schwer einzuschätzen<br />

ist. Mehr als 500 000<br />

der über 29 Millionen Infizierten<br />

in Deutschland sollen darunter<br />

leiden. Angesichts der hohen Zahl<br />

ist Deutschland auf die Langzeitfolgen<br />

der Corona-Pandemie nicht<br />

gut vorbereitet. Betroffene kämpfen<br />

mit Kranken- und Unfallversicherungen.<br />

Mal werden Kosten für<br />

Heilverfahren nicht übernommen,<br />

mal weigern sich Versicherungen,<br />

die Ansteckung am Arbeitsplatz<br />

als Arbeitsunfall oder als Berufskrankheit<br />

anzuerkennen.<br />

Der <strong>VdK</strong> Deutschland will mit<br />

Musterstreitverfahren für mehr<br />

Klarheit im Umgang mit der Krankheit<br />

sorgen: etwa unter welchen<br />

Voraussetzungen eine Ansteckung<br />

während der Arbeitszeit als Berufskrankheit<br />

oder Arbeitsunfall anerkannt<br />

werden kann. Aber auch<br />

wann Betroffene eine Verletztenoder<br />

Erwerbsminderungsrente erhalten<br />

können.<br />

Rechtssicherheit fehlt<br />

Da sich Post-Covid auf unterschiedliche<br />

Organe auswirkt, müssen<br />

die medizinischen Begutachtungen<br />

von verschiedenen Fachgebieten<br />

durchgeführt werden. Das<br />

erschwert das Verfahren.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

ist überzeugt, dass diese Musterstreitverfahren<br />

dringend notwendig<br />

sind: „Patientinnen und Patienten<br />

brauchen Rechtssicherheit.<br />

Es muss mehr dauerhafte Anerkennungen<br />

als Berufskrankheit oder<br />

Arbeitsunfall geben.“<br />

Die Statistiken der Unfallversicherungen<br />

zeigen, dass viele Patienten<br />

mit Post-Covid aus dem<br />

Arbeitsmarkt fallen. Wer in der<br />

Pflege arbeitet und sich dort infiziert<br />

hat, kann sich seine Erkrankung<br />

als Berufskrankheit anerkennen<br />

lassen. Bis Juli lagen den Berufsgenossenschaften<br />

hierzu rund<br />

330000 Anträge vor: Von 240 000<br />

entschiedenen Fällen wurden<br />

175 000 als Berufskrankheit anerkannt.<br />

Die Betroffenen können<br />

nun Verletztenrente beziehen. Wer<br />

sich im Büro oder im Kundenkontakt<br />

infiziert hat, hat es schwerer,<br />

die Langzeitfolgen als Arbeitsunfall<br />

anerkennen zu lassen. Bisher<br />

gelang dies nur 20 000 von 55 000<br />

Betroffenen.<br />

Einer der Gründe, warum es so<br />

schwierig ist, für die Erkrankung<br />

eine Rente zu erhalten, sind die<br />

fehlenden Erfahrungswerte. Bisher<br />

ist die aus Studien gewonnene Datenlage<br />

dünn. Noch gibt es keine<br />

sogenannten MdE-Tabellen, die<br />

die Schwere der Erkrankung festlegen<br />

und dabei helfen, die Minderung<br />

der Erwerbsfähigkeit zu bestimmen.<br />

Bei vielen Versicherten<br />

scheitert bislang eine Rentenzahlung<br />

daran. Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> fordert eine verlässliche<br />

Grundlage für die Unfallversicherungsträger<br />

und Sozialgerichte:<br />

„Mittelfristig brauchen wir eine<br />

Verordnung, die das für alle Fälle<br />

einheitlich regelt“, sagt Bentele.<br />

<br />

Julia Frediani<br />

Foto: picture alliance/Bodo Schackow<br />

Bisher wissen Mediziner zu wenig<br />

über das sogenannte Post-Covid-Syndrom.<br />

Entsprechend groß<br />

sind die Herausforderungen für die<br />

Behandlung.<br />

Länger als eine Stunde kann sie<br />

sich nicht mehr konzentrieren,<br />

nach einfachen Hausarbeiten<br />

muss sie sich ausruhen, an längere<br />

Spaziergänge ist nicht zu denken:<br />

Seit Ruth Steffen* aus Dresden<br />

im Frühling an Corona erkrankte,<br />

hat sie das Gefühl, wie<br />

in einem Käfig zu leben.<br />

„Ich will, aber ich kann vieles<br />

nicht mehr.“ Es sei die schlimmste<br />

Zeit ihres Lebens, sagt die 43-jährige<br />

Mutter von zwei Söhnen im<br />

Teenager-Alter, auch weil es so<br />

schwer sei, passende Hilfe zu finden.<br />

Da in ihrer Region Mediziner<br />

fehlen, sucht sie seit März für ihre<br />

starken Lungenschmerzen vergeblich<br />

einen Facharzt. Dank ihrer<br />

Hausärztin hat sie immerhin Ende<br />

Juli endlich eine Zusage der Deutschen<br />

Rentenversicherung für eine<br />

Reha erhalten.<br />

Diffuses Krankheitsbild<br />

Ruth Steffens Symptome sind<br />

typisch für eine Post-Covid-Erkrankung,<br />

ebenso wie ihre langwierige<br />

Suche nach medizinischer<br />

Hilfe. Die Ursachen für dieses<br />

diffuse Krankheitsbild sind noch<br />

weitgehend unerforscht, deshalb<br />

gibt es nur wenige erprobte<br />

Behandlungs methoden. Expertinnen<br />

und Experten vermuten, das<br />

Virus könnte das Immunsystem<br />

oder die Durchblutung geschädigt<br />

haben.<br />

Im brandenburgischen Seehof<br />

gibt es eines der wenigen Reha-<br />

Zentren in Deutschland, die sich<br />

auf Post-Covid spezialisiert haben.<br />

Dort werden Therapieansätze<br />

aus verschiedenen Fachbereichen<br />

wie Lungenheilkunde,<br />

Kardiologie und Psychologie für<br />

die Behandlung von Post-Covid<br />

miteinander kombiniert. „Damit<br />

erzielen wir die besten Erfolge“,<br />

berichtete der ärztliche Direktor<br />

Professor Volker Köllner bei einem<br />

Werkstatt gespräch der Deutschen<br />

Rentenversicherung im<br />

Sommer. Dort wurden erste Studienergebnisse<br />

aus der bisherigen<br />

Reha-Praxis vorgestellt.<br />

Viele Patientinnen und Patienten<br />

von Professor Köhler zeigten<br />

sehr unterschiedliche Symptome:<br />

sie litten an Herz-, Lungen- und<br />

zugleich psychischen Erkrankungen.<br />

„Die lassen sich gar nicht nur<br />

einem Fachbereich zuordnen.“ In<br />

Seehof werden sie mit Lungenund<br />

Ausdauertraining behandelt.<br />

Außerdem gibt es psychotherapeutische<br />

Ange bote.<br />

Zu wenig Reha-Plätze<br />

Eine Schwachstelle im Reha-System<br />

in Deutschland sei, dass es nur<br />

eine begrenzte Anzahl an Plätzen<br />

gibt, sagt Köllner: Für eine Reha<br />

mit psychosomatischen Symptomen,<br />

wie sie viele Post-Covid-<br />

Erkrankte zeigen, sind es gerade<br />

einmal 150 000 verfügbare Plätze<br />

pro Jahr. Angesichts von bis<br />

600 000 aktuellen Fällen sind das<br />

viel zu wenig.<br />

Bedenklich ist zudem die mittelund<br />

langfristige Prognose für viele<br />

Post-Covid-Erkrankte: Einer Studie<br />

der Universitätsklinik Lübeck<br />

zufolge finden zwar über 80 Prozent<br />

der Post-Covid-Erkrankten<br />

kurzfristig wieder in den Arbeitsmarkt<br />

zurück. Allerdings reichen<br />

von ihnen 20 Prozent kurz nach<br />

dem Besuch der ersten Reha-Maßnahme<br />

einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente<br />

ein.<br />

Professorin Ruth Deck, Leiterin<br />

des Fachbereichs Rehabilitation<br />

der Universitätsklinik Lübeck,<br />

zieht daraus den Schluss, dass eine<br />

Reha allein für die meisten<br />

Post-Covid-Betroffenen nicht<br />

reicht: „Eine langfristige Nachsorge<br />

mit entsprechenden Ausdauerkursen<br />

und Psychotherapie ist<br />

elementar wichtig.“<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

<br />

juf<br />

Einfach verlängern<br />

Digitales Covid-Zertifikat in den Apps läuft ab<br />

Taucht in der Corona-Warn-App<br />

oder der CovPass-App die Meldung<br />

auf, dass das Covid-Zertifikat<br />

abläuft, ist in der Regel keine<br />

neue Impfung fällig, sondern nur<br />

ein neues Zertifikat. Dieses können<br />

Nutzerinnen und Nutzer der Apps<br />

einfach selbst erneuern.<br />

Die digitalen Zertifikate sind aus<br />

technischen Gründen 365 Tage<br />

gültig, so das Robert Koch-Institut<br />

auf seiner Webseite. Aus medizinischer<br />

Sicht hat das Ablaufen nichts<br />

mit dem Impf- und Genesenenstatus<br />

zu tun. Es geht beispielsweise<br />

um Fragen der IT-Sicherheit.<br />

28 Tage vor Ablauf der Frist erhalten<br />

die Nutzerinnen und Nutzer<br />

der Apps automatisch einen Hinweis,<br />

dass das Zertifikat aktualisiert<br />

werden muss. Sie haben dann<br />

90 Tage Zeit, um aktiv zu werden.<br />

Sonst wird der QR-Code ungültig<br />

und kann nicht mehr gelesen werden.<br />

Dann lassen sich Impfung oder<br />

Genesung nicht mehr nachweisen.<br />

Das digitale Covid-Zertifikat muss<br />

nach 365 Tagen erneuert werden.<br />

Alle, die das Zertifikat selbst<br />

verlängern möchten, brauchen<br />

mindestens die Version 2.23 der<br />

Corona-Warn-App und die Version<br />

1.26 der CovPass-App. Beide lassen<br />

sich in den App-Stores von Google<br />

und Apple herunterladen und auf<br />

dem Smartphone installieren.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel<br />

Ab diesen Versionen finden Nutzerinnen<br />

und Nutzer den Hinweis<br />

„Zertifikat erneuern“ in ihrer App.<br />

Nach einem Klick darauf müssen<br />

sie ihr Einverständnis für die Aktualisierung<br />

erteilen. Dann wird<br />

das Zertifikat automatisch ersetzt.<br />

Das abgelaufene Zertifikat wird in<br />

den Papierkorb verschoben und<br />

kann dort gelöscht werden.<br />

Praktische Karte<br />

Wer weder das Smartphone noch<br />

das komplette Impfheft vorzeigen<br />

möchte, kann sich in einer Apotheke<br />

auch einen Impfnachweis im<br />

Scheckkartenformat ausstellen<br />

lassen. Die Karte enthält einen QR-<br />

Code und gilt – wird sie zusammen<br />

mit dem Personalausweis vorgezeigt<br />

– überall in Europa als Impfnachweis.<br />

Die Kosten für die Karte<br />

liegen zwischen acht und 15<br />

Euro. Nach einer Auffrischungsimpfung<br />

ist ein neues Exemplar<br />

nötig.<br />

Kristin Enge<br />

7 RHPfalz<br />

Allgemein


8 RHPfalz<br />

Allgemein


Gesundheit<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

9<br />

Eine Volkskrankheit mit vielen Gesichtern<br />

Am 12. <strong>September</strong> ist Europäischer Kopfschmerz- und Migränetag – Deutsche Hirnstiftung bietet Expertentelefon an<br />

Bis zu zehn Millionen Menschen in<br />

Deutschland haben Migräne, der<br />

Leidensdruck ist teilweise enorm<br />

hoch. Doch weniger als die Hälfte<br />

der Betroffenen geht trotz Beschwerden<br />

zum Arzt, teilt die Deutsche<br />

Hirnstiftung mit. Es gibt wirksame<br />

Medikamente und viel, was<br />

man zudem selbst tun kann. Am<br />

12. <strong>September</strong> ist Europäischer<br />

Kopfschmerz- und Migränetag.<br />

Es pocht und hämmert, jedes<br />

Geräusch und Licht stresst. Übelkeit,<br />

mitunter Erbrechen und Sehstörungen<br />

sind weitere Symptome,<br />

wenn einen Migräne plagt. Doch<br />

was tun? „Meist behandeln Betroffene<br />

sich selbst mit rezeptfreien,<br />

bei Migräne kaum wirksamen<br />

Präparaten“, sagt Dr. Wolf-Oliver<br />

Krohn, Neurologe und Patientenberater<br />

der Deutschen Hirnstiftung.<br />

Gerade mal 40 Prozent der<br />

Betroffenen suchten überhaupt<br />

ärztliche Hilfe.<br />

„Das Ziel ist eine wirksame Behandlung<br />

mit möglichst wenig<br />

Tabletten“, betont der Experte. Wie<br />

äußert sich der Schmerz genau?<br />

Wie oft tritt er auf? Gibt es bestimmte<br />

Auslöser? Mit Fragen wie<br />

diesen grenze man neurologisch<br />

zunächst ein, ob es sich um eine<br />

Migräne oder eine andere Kopfschmerzart<br />

handele. Dann könne<br />

gezielt vorgegangen werden.<br />

„Zahlreiche Wirkstoffe und Verabreichungsformen<br />

ermöglichen<br />

heute eine individuelle Migränetherapie“,<br />

sagt Krohn. Durchge­<br />

Wenn es im Kopf pocht und hämmert, ist guter Rat gefragt. Ein wirksames<br />

Medikament erspart oft tagelanges Leiden.<br />

setzt haben sich in der Akutbehandlung<br />

die sogenannten<br />

Triptane. Neben Tabletten gibt es<br />

sie als Nasensprays oder selbst<br />

anwendbare Spritzen. Krohn:<br />

„Diese können sehr hilfreich sein<br />

bei starker Übelkeit und Erbrechen,<br />

was bei Migräneanfällen<br />

nicht unüblich ist.“<br />

Die verschiedenen Triptane und<br />

Verabreichungen unterscheiden<br />

sich darin, wie schnell und wie<br />

lange sie wirken, erklärt der Arzt:<br />

„Schnell wirken etwa Eletriptan­<br />

Tabletten, Zolmitriptan-Nasenspray<br />

oder Sumatriptan-Spritzen.<br />

Mittelschnell, dafür länger wirken<br />

Sumatriptan, Zolmitriptan und<br />

Almotriptan als Tabletten. Noch<br />

länger zum Beispiel Naratriptan<br />

oder Frovatriptan.“<br />

Effektiv behandeln<br />

Foto: picture alliance/Sergey Nivens/Shotshop<br />

Neben Migräne gibt es natürlich<br />

noch andere Arten von Kopfschmerz.<br />

Beim sogenannten Clusterkopfschmerz<br />

– dieser äußert<br />

sich in einseitigen, sehr schweren<br />

Kopfschmerzattacken – wirke Sauerstoff<br />

fast sofort schmerzlindernd.<br />

Man könne den Sauerstoff auch<br />

selbst zu Hause anwenden. Das<br />

müsse aber ärztlich verordnet werden.<br />

„Medikamente sollte man<br />

einnehmen, wenn der Kopfschmerz<br />

einen belastet und den<br />

Alltag einschränkt“, betont Krohn.<br />

„Für jede Kopfschmerzart gibt es<br />

eine eigene Therapie.“ Davon ist<br />

sein Kollege, Professor Dr. Christian<br />

Maihöfner, Chefarzt der Klinik<br />

für Neurologie am Klinikum<br />

Fürth, überzeugt. „Kopfschmerzen<br />

sind kein Schicksal, sondern heute<br />

sehr effektiv zu behandeln.“ In der<br />

Akuttherapie des zeitweise auftretenden<br />

Spannungskopfschmerzes<br />

wirkten zum Beispiel nachweislich<br />

die bekannten frei verkäuflichen<br />

Schmerzmittel wie etwa Acetylsalicylsäure,<br />

Paracetamol, Ibuprofen,<br />

Naproxen oder Metamizol.<br />

Spannungskopfschmerzen sind die<br />

häufigste Kopfschmerzart. Mehr<br />

als jeder zweite Erwachsene in<br />

Deutschland leidet mindestens<br />

einmal im Jahr daran. Bei stärkerer<br />

Migräne dagegen seien Schmerzmittel<br />

eher wenig wirksam.<br />

Betroffene können selbst einiges<br />

ohne Medikamente gegen Kopfschmerzen<br />

tun. Denn oft spielt<br />

Stress dabei eine Rolle. „Die persönlichen<br />

Auslöser von Kopfschmerzen<br />

zu kennen und zu reduzieren,<br />

ist manchmal wertvoller als<br />

das beste Medikament“, sagt Maihöfner.<br />

Betroffene sollten sich zum<br />

Beispiel fragen: Lasse ich ständig<br />

meine Mittagspause ausfallen?<br />

Trinke ich genug? Schlafe ich erholsam?<br />

Muss wirklich alles immer<br />

perfekt sein? Habe ich ausreichend<br />

Zeit für mich selbst? Aus den Antworten<br />

lassen sich zahlreiche Ansätze<br />

finden, um Kopfschmerzen zu<br />

reduzieren. Der Experte empfiehlt<br />

außerdem Entspannungstechniken,<br />

moderaten Ausdauersport und ausgewogene<br />

Ernährung. Maihöfner:<br />

„Bei Kopfschmerzen sind die Behandlung<br />

mit Medikamenten und<br />

Therapieverfahren ohne Medikamente<br />

gleichberechtigt. Zusammen<br />

können beide Wege bei den meisten<br />

Kopfschmerzbetroffenen eine rasche<br />

und dauerhafte Linderung<br />

bewirken.“ Neben Medikamenten<br />

helfe einigen Menschen ergänzend<br />

als Hausmittel auch Pfefferminzöl<br />

auf den Schläfen oder ein kühles<br />

Handtuch im Nacken.<br />

<br />

Petra J. Huschke<br />

Expertentelefon<br />

Die Deutsche Hirnstiftung bietet<br />

für Leserinnen und Leser der <strong>VdK</strong>-<br />

ZEITUNG am Montag, 12. <strong>September</strong>,<br />

in der Zeit von 15 bis<br />

17 Uhr ein Expertentelefon zu<br />

Fragen rund um Kopfschmerz<br />

und Migräne an. Professor<br />

Dr. Christian Maihöfner, Chefarzt<br />

der Klinik für Neurologie am Klinikum<br />

Fürth, und Dr. Wolf-Oliver<br />

Krohn, Neurologe und Patientenberater<br />

der Deutschen Hirnstiftung,<br />

geben Antworten. Interessierte<br />

melden sich bitte vorab<br />

unter der kostenfreien Telefonnummer<br />

(0 30) 5 31 43 79 36 an.<br />

Weitere Tipps zu Migräne und<br />

anderen Kopfschmerzarten finden<br />

Betroffene hier:<br />

https://hirnstiftung.link/<br />

kopfschmerzen<br />

Rechtzeitig impfen<br />

für die Grippesaison<br />

Die Erreger von Grippe und anderen<br />

Atemwegserkrankungen haben im<br />

Winter Hochsaison. Insbesondere<br />

Menschen ab 60 Jahren und chronisch<br />

Kranke sollten sich dagegen<br />

impfen lassen. Der ideale Zeitpunkt<br />

dafür ist im Herbst, bevor die<br />

Grippe saison beginnt. Der Körper<br />

benötigt zehn bis 14 Tage, um einen<br />

ausreichenden Schutz gegen eine<br />

Ansteckung aufzubauen.<br />

Eine Grippe ist nicht einfach<br />

eine Erkältung, sondern eine<br />

ernst zu nehmende Erkrankung.<br />

Pneumokokken können unter anderem<br />

eine Lungenentzündung<br />

verursachen. Das Robert Koch-<br />

Institut (RKI) empfiehlt Menschen<br />

über 60 Jahren, sich gegen Pneumokokken<br />

und einmal jährlich<br />

gegen Grippe impfen zu lassen.<br />

Beide werden durch Tröpfchen<br />

übertragen, beispielsweise beim<br />

Husten oder Niesen.<br />

Für über 60-Jährige wichtig sind<br />

außerdem eine Grundimmunisierung<br />

gegen das Herpes Zoster-<br />

Virus, das eine Gürtelrose auslösen<br />

kann. Außerdem sollte der Impfschutz<br />

gegen Tetanus und Diphterie<br />

regelmäßig aufgefrischt werden.<br />

Eine vierte Corona-Impfung<br />

kann für Ältere und Menschen mit<br />

einem geschwächten Immunsystem<br />

sinnvoll sein. Auch eine bereits<br />

erfolgte SARS-CoV-2-Infektion<br />

reicht nicht aus, um spätere Ansteckungen<br />

zu verhindern. Erst mehrmalige<br />

Impfungen bieten einen<br />

soliden Schutz vor einem schweren<br />

Krankheitsverlauf. <br />

ali<br />

Lebenswandel wirkt sich auf das Aussehen aus<br />

Die Alterung der Haut lässt sich verzögern, aber nicht aufhalten – Äußere Einflüsse sind steuerbar<br />

Ob die Haut schnell oder langsam<br />

altert, ist von vielen Faktoren abhängig.<br />

Die Gene spielen eine Rolle.<br />

Zum Teil hat man es aber auch<br />

selbst in der Hand. Wenig überraschend:<br />

Ein gesunder Lebenswandel<br />

wirkt sich positiv auf die Haut<br />

aus, ein schlechter negativ.<br />

Die Alterung eines Menschen<br />

lässt sich am besten an der Gesichtshaut<br />

ablesen. Diese beginnt<br />

mit zunehmenden Lebensjahren<br />

zu erschlaffen und Falten zu bilden.<br />

Zu den Ursachen gehören von<br />

innen wirkende Faktoren wie erblich<br />

vorbestimmte Veränderungen,<br />

krankhafte Alterungsprozesse<br />

oder innere Krankheiten. Darüber<br />

hi naus gibt es äußere Einflüsse<br />

wie Tabakkonsum, zu viel Sonnenbestrahlung<br />

oder ungesunde<br />

Ernährung, die negative Auswirkungen<br />

haben. Mit welchem Hauttyp<br />

man ausgestattet ist, spielt<br />

ebenfalls eine Rolle: je heller,<br />

desto empfind licher. Die Hautalterung<br />

ist das Ergebnis dieser<br />

inneren und äußeren Faktoren und<br />

davon abhängig, wie stark diese<br />

jeweils ausgeprägt sind.<br />

Gesund ernähren<br />

Immerhin: Der Einfluss von außen<br />

ist steuerbar. Wer auf Nikotin<br />

ganz und auf Alkohol weitgehend<br />

verzichtet, sich gesund und ausgewogen<br />

ernährt, ausreichend Wasser<br />

trinkt, regelmäßig Sport treibt und<br />

sich nur mit gutem Sonnenschutz<br />

und nicht zu lang den Sonnenstrahlen<br />

aussetzt, kann die Alterung der<br />

Haut durchaus verzögern.<br />

Wer Falten hat, kann die Haut<br />

kurzfristig mithilfe von glättenden<br />

Cremes regelmäßiger erscheinen<br />

lassen. Nach der Gesichtsreinigung<br />

am Abend verschwindet der<br />

Effekt allerdings wieder. Eine<br />

langfristige Wirkung lässt sich mit<br />

Anti­ Aging-Produkten erzielen.<br />

Diese besitzen oft Inhaltsstoffe,<br />

wie beispielsweise die Vitamine A,<br />

B3, B5 und C, die nachweislich<br />

wirksam gegen Haut alterung sind<br />

– sichtbar wird dieser Effekt in der<br />

Regel jedoch erst nach einigen<br />

Wochen oder Monaten.<br />

Tiefe Falten können dagegen<br />

selbst mit den besten Kosmetikprodukten<br />

nicht weggezaubert werden.<br />

Wer sie als zu störend empfindet,<br />

dem kann eine ästhetische<br />

Behandlung in einer Facharztpraxis<br />

weiterhelfen. Mirko Besch<br />

Manche Cremes lassen die Gesichtshaut<br />

glatter erscheinen.<br />

Foto: picture alliance/Westend61/Knut Schulz<br />

9 RHPfalz<br />

Allgemein


10 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Generationen<br />

Problemlöser für die ältere Generation<br />

Von der Kommune bis zum Bund: Seniorenvertretungen können sich auf vielen Ebenen in die Politik einbringen<br />

Viele Ältere sind fit und möchten<br />

sich gesellschaftlich engagieren.<br />

Als Seniorenvertreterin oder -vertreter<br />

können sie etwas bewegen.<br />

So wie <strong>VdK</strong>-Mitglied Rudolf Schultz.<br />

Neulich wandte sich ein 80-Jähriger<br />

mit Gehbehinderung an die<br />

Seniorenvertretung. Der Fahrstuhl<br />

in seinem Hochhaus funktioniere<br />

schon seit Wochen nicht, berichtete<br />

der Mann. Er traue sich kaum<br />

noch aus dem Haus, die vielen<br />

Stufen könne er nicht bewältigen.<br />

Aber die Hausverwaltung ignoriere<br />

seine Beschwerden.<br />

Rudolf Schultz sprach mit dem<br />

Quartiersmanager, der das Rathaus<br />

darüber informierte: Am<br />

nächsten Tag lief der Aufzug wieder.<br />

„Manchmal geht es ganz<br />

schnell“, sagt Schultz. Der Mann<br />

mit dem weißen Haar, der Metallbrille<br />

und dem verschmitzten Lächeln<br />

kann viele ähnliche Geschichten<br />

erzählen. Nicht alle<br />

Probleme kann er so schnell lösen,<br />

aber er kümmert sich.<br />

Mitwirkung per Gesetz<br />

Rudolf Schultz lädt einmal im Monat als Seniorenvertreter in seine Sprechstunde<br />

in der Seniorenfreizeitstätte in Rudow ein.<br />

Foto: Jörg Ciszewski<br />

Rudolf Schultz, selbst schon 83<br />

Jahre, aber noch so aktiv, als wäre<br />

er viel jünger, ist Seniorenvertreter<br />

für den Bezirk Berlin-Neukölln.<br />

Menschen in dieser Funktion<br />

setzen sich für die Interessen Älterer<br />

in den Kommunen ein. Je nach<br />

Bundesland variieren Einfluss und<br />

Mitwirkungsrechte. Berlin ist neben<br />

Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Hamburg eines von<br />

vier Bundesländern, das Rechte<br />

und Aufgaben sogar in einem Gesetz<br />

festgelegt hat.<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglied Schultz ist seit<br />

2006 in der Seniorenvertretung.<br />

Im März wurde er als einer von<br />

17 für weitere fünf Jahre ins Amt<br />

gewählt. Abstimmen durften alle<br />

Bürgerinnen und Bürger, die am<br />

Wahltag 60 Jahre und älter waren.<br />

Für sie vermittelt er bei Problemen<br />

mit dem Bezirksamt oder<br />

anderen Behörden, Institutionen<br />

und Einrichtungen. Im Ausschuss<br />

für Wirtschaft und Arbeit hat<br />

Schultz Rederecht, in seiner vorherigen<br />

Amtszeit war er im Stadtentwicklungsausschuss.<br />

Er nutzt<br />

das Recht, um auf Missstände, wie<br />

nicht abgesenkte Bordsteinkanten,<br />

fehlende Straßenlaternen oder<br />

dreckige Gehwege, hinzuweisen.<br />

Einmal im Monat lädt Schultz<br />

zur Sprechstunde in die Freizeitstätte<br />

in Rudow, einem Ortsteil im<br />

Süden von Neukölln. Dann kommen<br />

ältere Menschen zu ihm in<br />

das helle, einstöckige Gebäude aus<br />

Holz und bitten um Hilfe bei Problemen<br />

mit Behörden, Vermietern<br />

oder beim Ausfüllen von Anträgen.<br />

Wie jenes Ehepaar, beide über 90,<br />

beide schwerbehindert, das nicht<br />

wusste, wie es einen Schwerbehindertenausweis<br />

beantragen kann.<br />

Schultz informierte den Pflegestützpunkt,<br />

dann besuchte der<br />

Medizinische Dienst die beiden zur<br />

Begutachtung. Inzwischen bekommen<br />

sie Pflegegeld, und die fast<br />

blinde Frau erhielt einen Schwerbehindertenausweis.<br />

Kooperation vor Ort<br />

Wichtig für den Erfolg der Seniorenvertretung<br />

ist die enge Zusammenarbeit<br />

mit Sozialverbänden,<br />

Pflegeeinrichtungen, der Kirche<br />

und der Verwaltung. Schultz’ Vorteil<br />

ist, dass er schon seit 49 Jahren<br />

mit seiner Frau im Bezirk in derselben<br />

Wohnung lebt. Dadurch kennt<br />

er nicht nur die Anlaufstellen vor<br />

Ort, sondern viele Menschen kennen<br />

auch ihn. „Deshalb werde ich<br />

bei Problemen oft angesprochen.“<br />

Doch längst nicht überall können<br />

Seniorenvertretungen derart<br />

erfolgreich wirken. Denn die Unterschiede<br />

sind teilweise von Kommune<br />

zu Kommune groß. Oft sind<br />

es Vereine, die die Wahlen durchführen.<br />

Auf der Ebene der Landkreise<br />

sind es Beiräte, für die man<br />

sich bewerben kann. Und auch die<br />

Rechte sowie die Satzungen kommunaler<br />

Vertretungen variieren.<br />

Die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Landesseniorenvertretungen<br />

(BAG LSV) kämpft daher für ein<br />

Bundesgesetz, in dem die Bildung<br />

von Seniorenvertretungen sowie<br />

deren Rechte verankert ist. Die alte<br />

Bundesregierung hatte so ein Altenhilfestrukturgesetz<br />

im Altenbericht<br />

bereits 2017 vorgeschlagen. Passiert<br />

ist seitdem allerdings nichts.<br />

Auf Bundesebene setzt sich die<br />

BAG LSV dafür ein, dass die Bedürfnisse<br />

älterer Menschen nicht<br />

vergessen werden. So hat sie beim<br />

Bundestag eine Petition eingereicht,<br />

mit der sie die Auszahlung<br />

der Energiepreispauschale auch<br />

für Rentnerinnen und Rentner<br />

fordert. Auch der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> fordert das und will wegen<br />

dieser Ungleichbehandlung ein<br />

Musterstreitverfahren starten.<br />

Wie sehr arme Rentnerinnen und<br />

Rentner aktuell unter den hohen<br />

Preisen für Strom, Gas und Lebensmittel<br />

ächzen, weiß Rudolf<br />

Schultz aus vielen Gesprächen. Es<br />

ist aber ein Problem, das er nicht<br />

für sie lösen kann. Da sei die große<br />

Politik gefragt, sagt er. <br />

<br />

Jörg Ciszewski<br />

Kontakt<br />

Wer sich für die Arbeit der Seniorenvertretungen<br />

interessiert,<br />

kann Kontakt zu seiner Landesseniorenvertretung<br />

aufnehmen:<br />

www.bag-lsv.de/Mitglieder.<br />

php<br />

Keine Bange vor dem Wasser<br />

Auch Erwachsene können noch schwimmen lernen – Profis helfen, Ängste aus der Kindheit abzubauen<br />

Ob Badesee oder Schwimmbad:<br />

Ins tiefe Wasser gehen sollten nur<br />

diejenigen, die schwimmen können.<br />

Doch viele Menschen können<br />

das nicht. Die Deutsche Lebens-<br />

Rettungs-Gesellschaft (DLRG)<br />

meldete 2017, dass fast die Hälfte<br />

der Deutschen nicht sicher<br />

schwimmen kann. In speziellen<br />

Kursen für Erwachsene können sie<br />

es jedoch lernen.<br />

Wer nicht sicher schwimmt, kann es auch im höheren Alter noch lernen.<br />

„Als sicherer Schwimmer gilt,<br />

wer die Anforderungen an das<br />

Deutsche Schwimmabzeichen<br />

Bronze, auch bekannt als Freischwimmer-Abzeichen,<br />

erfüllt“,<br />

sagt DLRG-Sprecher Martin Holzhause.<br />

Dazu gehören folgende<br />

Fähigkeiten: 15 Minuten ausdauernd<br />

schwimmen, währenddessen<br />

zwischen Bauch- und Rückenlage<br />

wechseln, und mindestens zwei<br />

Schwimm arten beherrschen. Außerdem<br />

muss man angstfrei ins<br />

tiefe Becken springen, tauchen und<br />

sich unter Wasser mit offenen Augen<br />

orientieren können. Ebenfalls<br />

sollten die wichtigsten Baderegeln<br />

bekannt sein.<br />

„Die Zahl derjenigen, die als<br />

Erwachsene noch schwimmen lernen,<br />

ist vergleichsweise gering“,<br />

weiß der Experte. So hätten vor der<br />

Pandemie nur etwa 7000 Erwachsene<br />

jährlich bei der DLRG ein<br />

Schwimm abzeichen abgelegt. Laut<br />

Martin Holzhause hat das vornehmlich<br />

psychologische Gründe:<br />

„Viele Menschen haben in der<br />

Kindheit Ängste vor dem Schwimmen<br />

entwickelt.“ Darüber hinaus<br />

schämen sie sich. „Als Erwachsener<br />

nach einem Schwimmkurs zu<br />

fragen, bedeutet, sich und anderen<br />

einzugestehen, Nichtschwimmer<br />

zu sein“, erklärt Holzhause. „Manche<br />

meiden das Wasser dann ihr<br />

Leben lang“, sagt er.<br />

Innere Hürden abbauen<br />

Martin Holzhause ermutigt Betroffene<br />

dazu, sich zu überwinden<br />

und Kontakt zu einem Schwimmverein<br />

aufzunehmen. Er empfiehlt,<br />

bei der Wahl des Schwimmkurses<br />

darauf zu achten, dass individuell<br />

auf ihre Situation eingegangen<br />

wird. „Gut ausgebildete Trainerinnen<br />

und Trainer helfen dabei, innere<br />

Hürden wie Angst und Scham<br />

durch methodisch sinnvolles Vorgehen<br />

abzubauen“, erklärt der Experte.<br />

„Wer schwimmen lernt, gewinnt<br />

an Lebensqualität“, ist er<br />

überzeugt. Zumal sich diese Sportart<br />

bis ins hohe Alter ausüben lässt.<br />

Dass Schwimmen auch für chronisch<br />

Kranke und Menschen mit<br />

Behinderung eine Wohltat ist,<br />

bestätigt Martin Hofmair. Er ist<br />

Vorsitzender des Rehabilitationsund<br />

Gesundheitssportvereins<br />

Moosburg in Oberbayern und<br />

Mitglied im Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband<br />

Bayern.<br />

Regelmäßig trainiert er Menschen,<br />

denen die Bewegung im<br />

Wasser aufgrund körperlicher<br />

Einschränkungen empfohlen wur-<br />

Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Mascha Brichta<br />

de. So zeigt er Schlaganfallpatientinnen<br />

und -patienten, die nach<br />

ärztlicher Verordnung Wassergymnastik<br />

betreiben sollen, Übungen<br />

im Becken.<br />

Soziale Kontakte<br />

Wer vor der Erkrankung regelmäßig<br />

geschwommen ist, wird nun<br />

mit Hürden konfrontiert: „Betroffene<br />

leiden häufig unter halbseitigen<br />

Lähmungen, die das Schwimmen<br />

erschweren“, erzählt der Ehrenamtliche.<br />

Er beobachtet, dass<br />

manche den Ehrgeiz haben, wieder<br />

wie zuvor schwimmen zu können,<br />

und dann enttäuscht sind, wenn<br />

das nicht klappt. Andere sind verunsichert<br />

oder sogar verängstigt<br />

und trauen sich anfangs kaum etwas<br />

zu. Der Übungsleiter erlebt<br />

immer wieder, wie sie von Mal zu<br />

Mal mehr Selbstvertrauen gewinnen<br />

und sich über kleine Fortschritte<br />

freuen.<br />

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

werden behutsam und<br />

spielerisch ans Wasser gewöhnt.<br />

„Aquagymnastik verbessert die<br />

Fein- und Grobmotorik, beugt Gelenkversteifungen<br />

vor und fördert<br />

die Konzentration. Außerdem wird<br />

die Psyche gestärkt“, zählt er auf.<br />

Doch für ihn steht bei einer Rehasportgruppe<br />

der Spaß an erster<br />

Stelle: „Die Stunde muss Freude<br />

machen. Der soziale Kontakt mit<br />

anderen ist dabei ganz wichtig“,<br />

stellt Martin Hofmair fest.<br />

<br />

Elisabeth Antritter<br />

Bevölkerungsschutz<br />

muss barrierfrei sein<br />

Auch mehr als ein Jahr nach der<br />

Flutkatastrophe im Ahrtal hat die<br />

Bundesregierung noch kein Konzept<br />

für einen barrierefreien Katas<br />

trophenschutz vorgelegt. So<br />

bleiben Menschen mit Behinderung<br />

in Krisensituationen weiterhin<br />

besonders gefährdet.<br />

Eigentlich müsste der Tod von<br />

zwölf Menschen mit Behinderung<br />

ein Weckruf gewesen sein: Sie waren<br />

durch die Flut im Ahrtal im<br />

Juli vergangenen Jahres in einem<br />

Lebenshilfe-Haus in Sinzig gestorben.<br />

Doch als Bundesinnenministerin<br />

Nancy Faeser zum Jahrestag<br />

der Katastrophe im Juli ihr Programm<br />

für einen Neustart im Bevölkerungsschutz<br />

vorstellte, fehlten<br />

Regelungen zum Schutz von<br />

Menschen mit Behinderung.<br />

Aus Sicht des <strong>VdK</strong> muss diese<br />

Lücke schnell geschlossen werden:<br />

„Wir brauchen ein Gesamtkonzept<br />

für eine barrierefreie Krisenkommunikation“,<br />

fordert Präsidentin<br />

Verena Bentele. So seien etwa Sirenen<br />

für Gehörlose keine ausreichende<br />

Warnung. Dringend notwendig<br />

seien behördliche Warnhinweise<br />

etwa in Gebärdensprache,<br />

Brailleschrift und Einfacher Sprache.<br />

„Und wer eine Hör-, Seh- oder<br />

andere Behinderung hat, muss<br />

Notdienste nutzen können, die der<br />

Notrufnummer 112 gleichwertig<br />

sind.“ Nur so könne verhindert<br />

werden, dass auch künftig Menschen<br />

mit einer Behinderung in<br />

Krisensituationen alleingelassen<br />

werden.<br />

cis<br />

10 RHPfalz<br />

Allgemein


Inklusion<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

11<br />

„Bin gespannt, was das Leben mit mir vorhat“<br />

Angie Berbuer hat durch einen Unfall beide Unterschenkel verloren – Nun verteilt sie Lebensmut auf den sozialen Medien<br />

Vor etwa drei Jahren verlor Angie<br />

Berbuer bei einem Autounfall beide<br />

Unterschenkel. Ihre Lebensfreude<br />

hat die 23-jährige Kölnerin aber<br />

behalten. Die Influencerin treibt<br />

viel Sport und ermutigt Menschen<br />

über die sozialen Medien, zu ihren<br />

Einschränkungen zu stehen.<br />

Sie haben den Unfall nur knapp<br />

überlebt, sind erst im Krankenhaus<br />

wieder aufgewacht. War es<br />

schwierig herauszufinden, wo Sie<br />

Unterstützung erhalten?<br />

Im Krankenhaus stand ich erst mal<br />

vor dem Nichts, war total überfordert.<br />

Mit der Situation an sich, aber<br />

auch mit den vielen Formularen,<br />

die ausgefüllt werden mussten. Das<br />

ist ein komplettes Labyrinth an<br />

Bürokratie. Wie wenn man in ein<br />

fremdes Land kommt und die Sprache<br />

nicht beherrscht. Ich finde, das<br />

muss vereinfacht werden.<br />

Wie könnte das gelingen?<br />

Es gibt ja durchaus einige Hilfsmöglichkeiten,<br />

die man als Betroffene<br />

nutzen kann. Nur wie finde<br />

ich diese? An wen wende ich mich<br />

in so einer Lage? Wer hilft mir? Es<br />

wäre gut, solche Informationen<br />

einfach und für alle verständlich<br />

zusammenzufassen.<br />

Was raten Sie jungen Menschen<br />

nach Ihrer Erfahrung?<br />

Es ist wichtig, sich finanziell abzusichern<br />

und für die Zukunft vorzusorgen.<br />

Man kann auch in jungen<br />

Jahren einen Unfall oder einen<br />

Schlaganfall haben. Alles kann sich<br />

von heute auf morgen ändern.<br />

Mehr als 150 000 Menschen folgen<br />

Ihnen auf Instagram, über 470 000<br />

auf TikTok. Wie ist es dazu gekommen,<br />

dass Sie auf diesen Plattformen<br />

über sich berichten?<br />

Ich habe mich kurz nach dem Unfall<br />

dazu entschieden, mein Leben<br />

auf Social Media zu teilen, damit<br />

ich nicht jedem immer wieder die<br />

gleiche Geschichte erzählen muss.<br />

Aber dass es so groß wird, habe ich<br />

nicht erwartet.<br />

Sie bekommen viel positiven Zuspruch<br />

von Ihren Followern, aber<br />

es gibt immer wieder auch negative,<br />

verletzende Kommentare. Wie<br />

gehen Sie damit um?<br />

Obwohl ich ein sensibler Mensch<br />

bin, kann ich mich mittlerweile<br />

sehr gut davon distanzieren. Ich bin<br />

offen für konstruktive Kritik und<br />

kann gut aus Fehlern lernen. Aber<br />

es gibt Menschen, die inhaltslosen<br />

Unfug schreiben. Hier versuche ich,<br />

wenn möglich, aufzuklären. Falls<br />

das nichts hilft, blockiere ich sie.<br />

Sport spielte schon immer eine<br />

wichtige Rolle in Ihrem Leben. Sie<br />

gehen regelmäßig ins Fitnessstudio.<br />

Wäre für Sie eine Karriere<br />

als Para-Sportlerin denkbar?<br />

Der Kraftsport hat mich nach dem<br />

Unfall so ein bisschen gerettet, weil<br />

ich durch ihn sowohl physisch als<br />

auch mental viel Kraft mitgebracht<br />

habe. Aktuell ist der Para-Sport<br />

Lebensfreude pur: Angie Berbuer teilt über die sozialen Medien ihre<br />

positive Einstellung mit anderen Menschen.<br />

Foto: Deborah Plath<br />

aber nicht mein Ziel, auch wenn ich<br />

die Voraussetzungen dafür habe.<br />

Ich denke, ich habe in anderen Bereichen<br />

ein größeres Potenzial.<br />

Dank zweier Prothesen können Sie<br />

wieder laufen. Sie nutzen zudem<br />

einen Rollstuhl. Auf welche Barrieren<br />

stoßen Sie unterwegs?<br />

Generell habe ich keine Probleme<br />

damit, andere Leute zu fragen, ob<br />

sie mir helfen können. Paris fand<br />

ich für Rollstuhlfahrer total ungeeignet.<br />

Auch in Köln gibt es viele<br />

Stufen. Das ist echt schade, weil<br />

man oft so große Umwege machen<br />

muss, wenn Rolltreppen oder Aufzüge<br />

fehlen.<br />

Wie ließe sich das verbessern?<br />

Barrierefreiheit ist wichtig und<br />

sollte weitergedacht werden als<br />

bisher. Die Städte müssten viel<br />

mehr mit Menschen mit Behinderung<br />

zusammenarbeiten.<br />

Sie haben vor Kurzem ein Buch<br />

veröffentlicht, in dem Sie Ihren<br />

Unfall und dessen Folgen beschreiben.<br />

Wie war das für Sie,<br />

wieder intensiv über die Geschehnisse<br />

nachzudenken?<br />

BUCH<br />

TIPP<br />

Mein Glück ist<br />

meine Entscheidung<br />

Angie Berbuer<br />

erzählt<br />

in diesem<br />

Buch von ihren<br />

Höhen<br />

und Tiefen,<br />

wie sie letztlich<br />

jedes<br />

Hindernis<br />

überwand<br />

und dabei ihrem Motto stets treu<br />

blieb: die Frau zu sein, die ihr<br />

Lächeln nie verliert.<br />

ISBN 978-2-49671-054-0<br />

Topicus-Verlag<br />

Es war wie eine Langzeittherapie.<br />

Manche Gespräche mit meiner<br />

Co-Autorin gingen leicht, teilweise<br />

war es aber schon emotional<br />

aufwühlend. Dann brauchte ich<br />

manchmal ein, zwei Tage Pause.<br />

Was planen Sie als Nächstes?<br />

Ich möchte Ende des Jahres nach<br />

Prag fahren, will aber auch bald<br />

mal wieder fliegen. Außerdem<br />

schreibe ich sicher irgendwann ein<br />

weiteres Buch. Aber gerade passiert<br />

so unfassbar viel. Ich bin gespannt,<br />

was das Leben mit mir vorhat.<br />

Interview: Mirko Besch<br />

Mit Begeisterung und Engagement dabei<br />

Mehr als 6000 Ehrenamtliche waren bei den European Championships im Einsatz, darunter auch Menschen mit Behinderung<br />

In der U-Bahn, an jeder Wettkampfstätte,<br />

fast überall in München<br />

waren sie zu sehen: die Freiwilligen,<br />

die bei den European<br />

Championships mithalfen. Mehr<br />

als 6000 Volunteers waren im Einsatz.<br />

Drei von ihnen hat die<br />

<strong>VdK</strong>-ZEITUNG getroffen.<br />

Günter Külzhammer unterhält<br />

sich gerne mit Menschen. Berührungsängste<br />

hat er offensichtlich<br />

nicht. Der 63-jährige Rentner, der<br />

in Münster lebt, engagiert sich als<br />

Volunteer bei den European<br />

Champion ships, dem größten<br />

Sportereignis in München seit den<br />

Olympischen Spielen vor 50 Jahren.<br />

An seinem Rollstuhl hängt<br />

eine kleine Fahne mit dem Logo<br />

der Veranstaltung und dem Wort<br />

„Info“. Mit anderen Freiwilligen<br />

steht er zwischen Olympiahalle<br />

und Olympia stadion und hilft den<br />

vielen Besucherinnen und Besuchern<br />

mit großer Leidenschaft.<br />

Dabei ergeben sich immer wieder<br />

Günter Külzhammer (rechts) im<br />

Gespräch mit Besuchern.<br />

Foto: Sebastian Heise<br />

Christoph Bischlager war bei der Leichtathletik eingeteilt und stellte auch<br />

Hürden auf dem Trainingsplatz neben dem Olympiastadion auf.<br />

interessante Gespräche, wie er<br />

berichtet. So zum Beispiel mit einer<br />

Frau mit Rollator, die erzählte,<br />

dass sie 1972 bei Olympia in München<br />

als Hostess gearbeitet und so<br />

auch die spätere schwedische Königin<br />

Silvia kennengelernt hat.<br />

„Ich bekomme bei diesen Ereignissen<br />

immer mehr zurück als ich<br />

geben darf“, sagt Günter Külzhammer,<br />

der bereits öfters Volunteer<br />

war. Ihm ist auch egal, welche<br />

Aufgabe er zugeteilt bekommt.<br />

„Das ist wie eine Lotterie, bei der<br />

du nur gewinnen kannst“, sagt er.<br />

Pia Wisskirchen ist im Organisationsteam<br />

der European Championships<br />

verantwortlich für die<br />

Volunteers. Diese Aufgabe macht<br />

der 31-jährigen Münchnerin große<br />

Freude. Die freiwilligen Helferinnen<br />

und Helfer im Alter zwischen<br />

18 und 88 Jahren seien mit „großer<br />

Motivation“ dabei, und es macht<br />

„richtig Spaß, dass alle so gut drauf<br />

sind“, sagt sie. Alle gäben ihr Bestes,<br />

egal, ob sie den Fahrdienst<br />

organisieren, Besucherinnen und<br />

Besuchern den Weg weisen, Absperrungen<br />

aufstellen, Turngeräte<br />

schleppen, den Sportlerinnen und<br />

Sportlern im Hotel helfen, sie zur<br />

Dopingkontrolle oder zur Siegerehrung<br />

begleiten.<br />

Christoph Bischlager freut sich,<br />

die besten Leichtathletinnen und<br />

Leichtathleten Europas im Olympiastadion<br />

und auf dem Trainingsplatz<br />

daneben zu unterstützen.<br />

Der 39-jährige Sportlehrer aus<br />

Foto: Sebastian Heise<br />

München ist gehörlos und hat sich<br />

bereits im Vorfeld für Inklusion bei<br />

den Europameisterschaften eingesetzt.<br />

So ist er in Videos zu den<br />

European Championships zu sehen,<br />

in denen er in Gebärdensprache<br />

Infos zur Veranstaltung gibt.<br />

Christoph Bischlager war selbst<br />

Zehnkampf-Weltmeister bei den<br />

Gehörlosen und tritt mittlerweile<br />

erfolgreich bei nationalen und internationalen<br />

Wettkämpfen für<br />

Menschen mit und ohne Behinderung<br />

im Kugelstoßen an.<br />

Die Organisatoren der European<br />

Championships haben von Anfang<br />

an auf Inklusion und Barrierefreiheit<br />

geachtet. So sind beispielsweise<br />

an sämtlichen Veranstaltungsorten<br />

Volunteers im Einsatz, die<br />

die Informationen der Sprecherinnen<br />

und Sprecher in Gebärdensprache<br />

übersetzen.<br />

Vor einem Jahr hatte der <strong>VdK</strong><br />

Bayern darüber berichtet, dass<br />

auch Menschen mit Behinderung<br />

Pia Wisskirchen organisierte den<br />

Einsatz der Volunteers.<br />

Foto: Munich <strong>2022</strong>/Florian Schöllhorn<br />

Sandra Färber engagierte sich zum<br />

ersten Mal als Volunteer.<br />

sich als freiwillige Helferinnen und<br />

Helfer bewerben können. Daraufhin<br />

haben sich einige gemeldet.<br />

Eine davon war die 30-jährige<br />

Sandra Färber. Seit 2013 ist sie<br />

Mitglied des Sozialverbands <strong>VdK</strong>,<br />

und nachdem sie den Bericht gelesen<br />

hatte, war sie gleich Feuer und<br />

Flamme. Die Münchnerin füllte<br />

das Online-Formular aus und wurde<br />

genommen.<br />

Zusammen mit Christoph Bischlager<br />

gehört sie zum großen<br />

Team der Volunteers, die sich bei<br />

der Leichtathletik engagieren. „Es<br />

macht viel Spaß“, sagt die Münchnerin,<br />

die Autismus hat. Da die<br />

Aufgaben für sie anstrengend sind,<br />

hat sie weniger Schichten als ihre<br />

Kolleginnen und Kollegen. Aber<br />

sie ist begeistert, als Leichtathletin<br />

den Großen ihres Sports so nahe<br />

zu sein. Sebastian Heise<br />

Foto: Sebastian Heise<br />

11 RHPfalz<br />

Allgemein


12 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> <strong>VdK</strong>-TV<br />

Aktuelle Filme auf <strong>VdK</strong>-TV<br />

<strong>VdK</strong>-TV<br />

Die Redaktion des Videoportals<br />

<strong>VdK</strong>-TV informiert Sie regelmäßig<br />

zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />

Themen. Folgende nebenstehende<br />

neue Filme sind unter<br />

www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />

<strong>VdK</strong>-TV AUF SPORT1<br />

Filme von <strong>VdK</strong>-TV sind auch frei<br />

empfangbar im Fernsehen zu<br />

sehen, und zwar in der Sendung<br />

MIT EINANDER bei Sport1.<br />

In der <strong>September</strong>- Ausgabe berichtet<br />

das Magazin über die<br />

rasant steigenden Energiepreise<br />

und die Inflation, durch die immer<br />

mehr Menschen in Existenznot<br />

geraten. Der Herbst kommt,<br />

und es droht eine tiefgreifende<br />

soziale Krise.<br />

3. Sept. Sendetermin ist der<br />

erste <strong>September</strong>-<br />

Samstag um 9.30 Uhr.<br />

6. Sept. Am Dienstag darauf<br />

wird die Sendung um<br />

15.30 Uhr wiederholt.<br />

Von der Energiepreispauschale, die eine Einmalzahlung von 300 Euro bedeutet, profitiert nicht jeder. So gehen<br />

Rentnerinnen und Rentner leer aus. Dagegen wehrt sich nun der <strong>VdK</strong> mit einem Musterstreitverfahren.<br />

Energiepreispauschale<br />

Mit der Energiepreispauschale in<br />

Höhe von 300 Euro will die Bundesregierung<br />

den Bürgerinnen und<br />

Bürgern einen Teil der gestiegenen<br />

Kosten für Gas und Strom erstatten.<br />

Doch ausgerechnet Rentnerinnen<br />

und Rentner wurden bei dieser<br />

Maßnahme vergessen. Denn um<br />

dieses Geld zu bekommen, muss<br />

man im laufenden Jahr eine steuerpflichtige<br />

Tätigkeit ausüben. Menschen<br />

im Ruhestand gehen demnach<br />

leer aus. Das ist ein Verstoß<br />

gegen das Gleichheitsgebot im<br />

Grundgesetz, kritisiert der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> Deutschland und wird<br />

deshalb im kommenden Jahr eine<br />

Musterklage einreichen. Wie ein<br />

solches Verfahren abläuft, zeigt<br />

dieser Film. Jörg Ungerer, Leiter der<br />

Bundesrechtsabteilung des <strong>VdK</strong>,<br />

erklärt, was der <strong>VdK</strong> plant und wie<br />

hoch er persönlich die Chancen<br />

einschätzt, dass Rentnerinnen und<br />

Rentner doch noch berücksichtigt<br />

werden.<br />

Neue Folge „Rat und Tat“<br />

In der zweiten Folge der neuen<br />

Ratgeberreihe „Rat und Tat“ erläutert<br />

Oliver Sonntag, stellvertretender<br />

Landesgeschäftsführer des<br />

<strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen, was zu tun<br />

ist, wenn man langfristig erkrankt<br />

und sich für diese Zeit finanziell<br />

absichern muss. In dieser Situation<br />

fühlen sich viele Betroffene überfordert.<br />

Denn um die eigenen Ansprüche<br />

geltend zu machen, muss man<br />

gleich mit mehreren Behörden und<br />

Organisationen in Verbindung treten:<br />

Krankenkasse, Medizinischer<br />

Dienst, Agentur für Arbeit und gegebenenfalls<br />

auch die Rentenversicherung.<br />

Dieses Video mit wertvollen<br />

Informationen soll aufklären<br />

und damit verhindern, dass eine<br />

Erkrankung zur Armutsfalle wird.<br />

<strong>VdK</strong>-Moderator Kai Steinecke fasst<br />

in einem zweiten Filmbeitrag alle<br />

Foto: picture alliance/ZB/Sascha Steinach<br />

wichtigen Fakten noch einmal kurz<br />

und leicht verständlich zusammen.<br />

#naechstenpflege<br />

Begleitend zur bundesweiten <strong>VdK</strong>-<br />

Pflegekampagne #naechstenpfle<br />

ge produziert <strong>VdK</strong>-TV kurze Animationsfilme,<br />

die wichtige Begriffe und<br />

Aspekte zum Thema häusliche<br />

Pflege erklären. Immer wieder wird<br />

von Betroffenen beklagt, wie kompliziert<br />

das System der Pflegeversicherung<br />

ist. Viele Leistungen werden<br />

zum Teil aufgrund von Unkenntnis<br />

gar nicht erst abgerufen. Die Ratgebervideos<br />

bieten eine digitale Ergänzung<br />

zu den beiden Pflegebroschüren<br />

des <strong>VdK</strong> „Pflege zu Hause.<br />

Was muss ich wissen?“ und „Ab<br />

wann ist man pflegebedürftig?“, die<br />

zum Start der Pflegekampagne in<br />

neuer Auflage erschienen sind.<br />

Sicheres Zuhause<br />

Digitale Hilfsmittel können die Bewältigung<br />

des Alltags für ältere<br />

Menschen spürbar erleichtern und<br />

mit dazu beitragen, die eigene<br />

Selbstständigkeit und Selbstbestimmung<br />

möglichst lange zu bewahren.<br />

In einer Musterwohnung des<br />

Kompetenzzentrums Pflege 4.0 in<br />

Berlin kann man besichtigen, wie<br />

sich dank moderner Technologie<br />

Unfallrisiken im Haushalt reduzieren<br />

lassen. So melden beispielsweise<br />

Sensoren, wenn die Herdplatte<br />

nicht abgeschaltet oder der Wasserhahn<br />

nicht zugedreht worden ist.<br />

Der Film stellt einige solcher Hilfsmittel<br />

vor.<br />

ant<br />

12 RHPfalz<br />

Allgemein


Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 13<br />

LANDESVERBAND<br />

Sozialrechtstipp<br />

Pflegepauschbetrag<br />

schon ab Grad 2 Seite 14<br />

Sozialrichtertagung<br />

Wann zahlt die gesetzliche<br />

Krankenkasse?Seite 14<br />

Ehrenamt<br />

Neues aus den Orts- und<br />

Kreisverbänden Seite I<br />

IN MEMORIAM<br />

Norbert Lautwein<br />

Wir trauern um Norbert Lautwein,<br />

der im hohen Alter von 97 Jahren<br />

von uns gegangen ist. Lautwein<br />

war von 1982 bis 2014 Vorsitzender<br />

des Ortsverbands Tawern<br />

und bis 2010 Vorsitzender des<br />

Kreisverbands Trier-Saarburg,<br />

außerdem mehrere Jahre Mitglied<br />

im Landesverbandsausschuss.<br />

Er erhielt das Ehrenzeichen,<br />

die Goldene Ehrennadel<br />

und die Verdienstnadel des<br />

<strong>VdK</strong>-Landesverbands Rheinland-Pfalz.<br />

Außerdem wurde er<br />

zum Ehrenvorsitzenden seines<br />

Ortsverbands und des Kreisverbands<br />

ernannt. Für seine Tätigkeit<br />

als ehrenamtlicher <strong>VdK</strong>-Sozialrichter<br />

wurde er mit der Ehrennadel<br />

des Landes Rheinland-Pfalz<br />

ausgezeichnet. Darüber hinaus<br />

erhielt er für sein soziales Engagement<br />

gewichtige Ehrungen<br />

der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Radeln für die Pflege<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong> unterstützt das Bündnis „Pflegeaufstand“ und beteiligt sich an der „Tour de Pflege“<br />

Von Mainz nach Ahrweiler und zurück<br />

nach Koblenz – das war die<br />

fünftägige „Tour de Pflege“! Wer<br />

mitradelte, kritisierte öffentlichkeitswirksam<br />

die Missstände in der<br />

Pflege und im Gesundheitswesen.<br />

Die Aktion wurde organisiert vom<br />

„Bündnis Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz“<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

ver.di. Der Sozialverband <strong>VdK</strong> unterstützt<br />

den Pflegeaufstand nach<br />

Kräften.<br />

Es war der perfekte Tag, um die<br />

„Tour de Pflege“ zu starten: „Die<br />

Sonne schien, es waren über 20<br />

Grad, und die Leute waren alle gut<br />

drauf“, berichtete <strong>VdK</strong>-Sozialrechtsexperte<br />

Moritz Ehl, der gemeinsam<br />

mit seiner Kollegin Claudia<br />

Landgraf den Radeltrupp auf<br />

den ersten Etappen begleitete.<br />

„Das ist eine tolle Aktion, die bessere<br />

Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte<br />

fordert. Dass wir uns als<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong> beteiligen, ist<br />

ein wichtiges Signal.“<br />

Die „Tour de Pflege“ ging über<br />

fünf Tage, von Mainz aus an Rhein<br />

und Mosel entlang durch die Eifel<br />

bis in den Norden von Rheinland-Pfalz.<br />

Unterwegs gab es etliche<br />

Etappenstopps bei verschiedenen<br />

Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.<br />

Dort stärkten sich die<br />

Radlerinnen und Radler, machten<br />

lautstark auf ihre Forderungen<br />

aufmerksam und diskutierten mit<br />

den Menschen vor Ort.<br />

„Die Corona-Pandemie hat ans<br />

Licht geholt, was seit Jahrzehnten<br />

falsch läuft“, erklärte OP-Pflegerin<br />

Daiana Neher von der Unimedizin<br />

Mainz. „Aufgrund der schlechten<br />

Bedingungen finden sich immer<br />

weniger qualifizierte Menschen,<br />

die in den Pflegeberufen arbeiten<br />

wollen. Wegen der Personalnot<br />

muss man allzu oft bei der Patientenversorgung<br />

Abstriche machen.<br />

Wir brauchen Gesetze, die eine<br />

gute Personalausstattung vorschreiben<br />

und eine anständige<br />

Bezahlung garantieren.“<br />

Dem stimmte <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />

Willi Jäger zu.<br />

„Durch die schlechten Arbeitsbedingungen<br />

wird das Pflegepersonal<br />

aus dem Beruf getrieben. Eine<br />

Umfrage der Pflegekammer hat<br />

gezeigt, dass 70 Prozent der Pflegekräfte<br />

schon einmal mit dem<br />

Gedanken gespielt haben, aus dem<br />

Beruf auszusteigen! Die Pflege<br />

steht vor dem Kollaps.<br />

Dieser Kollaps würde auch die<br />

häusliche Pflege betreffen, ergänzt<br />

<strong>VdK</strong>-Experte Moritz Ehl.<br />

„Denn Tagespflege, Nachtpflege<br />

und Kurzzeitpflege sind eine<br />

wichtige Entlastung für pflegende<br />

Angehörige; aber bereits jetzt gibt<br />

es zu wenig Plätze.“ Der Gesetzgeber<br />

müsse sich grundsätzlich<br />

stärker um die Vereinbarkeit von<br />

Familie, Pflege und Beruf kümmern.<br />

„Die bisherige Regelung mit<br />

sechs Monaten Freistellung oder<br />

zwei Jahren Teilzeitarbeit genügt<br />

bei Weitem nicht. Außerdem<br />

brauchen Angehörige das Recht,<br />

je derzeit in ihre Vollzeitstelle<br />

zurückzukehren.“ Auch sei es<br />

wichtig, Entlastungsangebote<br />

aus zubauen.<br />

Abschließend bekräftigte Willi<br />

Jäger, dass „Pflege“ eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe sei. Er<br />

kündigte an, dass der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> seine Kampagne<br />

„Nächstenpflege“ fortsetzen und<br />

das „Bündnis Pflegeaufstand“ weiter<br />

unterstützen werde. „Wie stark<br />

eine Gesellschaft ist, zeigt sich<br />

daran, wie sie mit den Schwächsten<br />

umgeht. Pflege muss menschenwürdig<br />

bleiben, egal ob zu<br />

Hause oder im Pflegeheim. Das<br />

geht nur mit den richtigen Rahmenbedingungen!“<br />

fin<br />

Von links: Moritz Ehl und Claudia Landgraf vom <strong>VdK</strong>-Landesverband ...<br />

... machten sich auf den Weg nach Ingelheim.<br />

Fotos: Ehl/Klemmer<br />

Die „Tour de Pflege“ startete mit einer Ansprache des medizinischen Vorstands Professor Dr. Pfeifer (links) auf dem Vorplatz der Unimedizin in Mainz.<br />

Solidarität mit dem Bündnis „Pflegeaufstand“, das für bessere Arbeitsbedingungen<br />

von Pflegekräften streitet.<br />

Moritz Ehl und Claudia Landgraf mit den gewerkschaftlich aktiven<br />

<strong>VdK</strong>-Mitgliedern Susie Teske-Keiser (links) und Susanne Pleines (rechts).<br />

13 RHPfalz<br />

Allgemein


14 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

Perücke als Hilfsmittel?<br />

Vorträge und Fallbeispiele: Ehrenamtliche Sozialrichtertagung vermittelt juristisches Wissen<br />

Seit Bismarck sind die Deutschen<br />

stolz auf die gesetzliche Krankenversicherung<br />

(GKV). Doch wie in<br />

jedem System gibt es Ungerechtigkeiten,<br />

die vor Gericht ausgefochten<br />

werden. Deswegen trafen<br />

sich ehrenamtliche Sozialrichterinnen<br />

und Sozialrichter des Sozialverbands<br />

<strong>VdK</strong> zu einer Arbeitstagung<br />

in Mainz. Ziel war, juristisches<br />

Wissen aufzufrischen und an Fallbeispielen<br />

anzuwenden. Unterstützt<br />

wurden die Teilnehmenden<br />

von Professorin Dr. Petra Cormann,<br />

Präsidentin am Sozialgericht Trier,<br />

und Dr. Britta Wiegand, Richterin<br />

am Landessozialgericht Rheinland-Pfalz.<br />

Am Pult: Dr. Britta Wiegand erläuterte interessante Fallbeispiele aus der Sozialgerichtsbarkeit. Fotos: Klemmer Jürgen Abt verabschiedete sich.<br />

„Im 19. Jahrhundert waren nur<br />

zehn Prozent der Bevölkerung<br />

pflichtversichert; heute sind es<br />

rund 88 Prozent“, erläuterte<br />

<strong>VdK</strong>-Rechtsschutzstellenleiter Jürgen<br />

Abt zu Beginn der Sozialrichtertagung.<br />

„Damit bietet die GKV<br />

heute rund 73 Millionen Versicherten<br />

Schutz und eine umfassende<br />

medizinische Versorgung.“<br />

Doch trotz dieser Erfolgsgeschichte<br />

komme es immer wieder<br />

zu Streitfällen, über die ehrenamtliche<br />

Richterinnen und Richter<br />

mitentscheiden müssten. Dabei sei<br />

es wichtig, nicht „aus dem Bauch<br />

heraus zu urteilen, sondern juristisch<br />

sauber zu prüfen“. Wie eine<br />

juristische Prüfung abläuft, erklärte<br />

Dr. Britta Wiegand, Richterin<br />

am Landessozialgericht. „An Einzelbeispielen<br />

lässt sich gut zeigen,<br />

wie das Rechtssystem funktioniert.<br />

Krankheit und Therapie<br />

Besonders anschaulich ist die<br />

Klage eines 47-jährigen Mannes,<br />

der wegen vollständiger Haarlosigkeit<br />

seines Kopfes psychische<br />

Probleme bekam und von der<br />

Krankenkasse eine Perücke bezahlt<br />

bekommen wollte. Das Gericht<br />

entschied dagegen, wies allerdings<br />

darauf hin, dass dem<br />

Betroffenen unter Umständen eine<br />

psychotherapeutische Behandlung<br />

zusteht.“<br />

Ob die Perücke die psychischen<br />

Leiden vielleicht schneller und<br />

günstiger hätte lindern können als<br />

die Psychotherapie, sei von den<br />

Richtern nicht zu beurteilen gewesen.<br />

Aus juristischer Sicht sei entscheidend,<br />

dass an der Krankheit<br />

anzusetzen sei: „Die Perücke wäre<br />

als Hilfsmittel bezahlt worden,<br />

wenn die Glatze eine entstellende<br />

Wirkung gehabt hätte. Dies sei<br />

grundsätzlich etwa bei Frauen der<br />

Fall, nicht jedoch bei Männern.<br />

Die psychischen Probleme seien<br />

hingegen mit den diesbezüglich<br />

zur Verfügung stehenden Mitteln<br />

– etwa Psychotherapie – anzugehen.“<br />

Nach dem Vortrag setzten sich<br />

die ehrenamtlichen Sozialrichter<br />

in Arbeitsgruppen zusammen, um<br />

Fälle aus der Praxis zu besprechen.<br />

Die Ergebnisse wurden am<br />

nächsten Tag im Plenum vorgestellt<br />

und von Professorin Dr. Petra<br />

Cormann, Präsidentin am<br />

Sozialgericht Trier, kommentiert.<br />

Abschließend zog <strong>VdK</strong>-Landesrechtsschutzstellenleiter<br />

Jürgen<br />

Abt eine positive Bilanz – nicht<br />

nur für den Tag, sondern für die<br />

vergangenen Jahre. „Seit nahezu<br />

drei Jahrzehnten darf ich die<br />

<strong>VdK</strong>-Sozialrichtertagung vorbereiten<br />

und leiten. Da ich Ende <strong>September</strong><br />

in den Ruhestand trete,<br />

möchte ich mich heute bei Ihnen<br />

bedanken für die schöne Zeit und<br />

die guten Gespräche. Jeder Abschied<br />

ist ein Schlüsselmoment, in<br />

dem auch ein wenig Wehmut mitschwingt.<br />

Aber ich versuche, es<br />

mit Aristoteles zu halten: Wir<br />

können den Wind nicht ändern,<br />

aber die Segel anders setzen. Ich<br />

wünsche Ihnen alles Gute. Dankeschön.“<br />

Michael Finkenzeller<br />

SOZIALRECHTSTIPP<br />

Pflegepauschbetrag<br />

Erstmals schon ab Pflegegrad 2<br />

IN EIGENER SACHE<br />

„Hilfe zur Selbsthilfe“<br />

Ehrenamtskoordinatorin für den Landesverband<br />

Oft übernehmen Angehörige oder<br />

andere nahestehende Personen<br />

die Pflege eines Pflegebedürftigen.<br />

Haben diese Personen selbst<br />

zu versteuernde Einnahmen, können<br />

sie die Aufwendungen für die<br />

Pflege mit dem Pflegepauschbetrag<br />

von der Steuer absetzen –<br />

ohne, dass das Finanzamt Belege<br />

für die entstandenen Kosten sehen<br />

will. Der Sozialrechtstipp erklärt<br />

Ihnen, was Sie noch beachten<br />

müssen.<br />

Ab der Steuererklärung 2021<br />

können pflegende Angehörige den<br />

Pflegepauschbetrag das erste Mal<br />

für Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad<br />

2 und 3 beanspruchen. Dieser<br />

beträgt 600 Euro bei Pflegegrad 2<br />

und 1100 Euro bei Pflegegrad 3. Für<br />

Menschen, die Pflegegrad 4 oder 5<br />

oder einen Schwerbehindertenausweis<br />

mit dem Merkzeichen „H“ für<br />

hilflos oder „Bl“ für blind haben,<br />

beträgt der Pauschbetrag nunmehr<br />

1800 Euro pro Jahr.<br />

Das Finanzamt fordert dafür<br />

lediglich einen entsprechenden<br />

Nachweis der Pflegebedürftigkeit<br />

in Form einer Einstufung der<br />

Pflegekasse in einen der Pflegegrade<br />

2 bis 5, beziehungsweise einen<br />

Schwerbehindertenausweis<br />

mit dem Merkzeichen „H“ oder<br />

dem Merkzeichen „Bl“. Zwischen<br />

dem Pflegenden und dem Pflegebedürftigen<br />

muss eine enge Beziehung<br />

bestehen. Dazu zählen zum<br />

Beispiel Ehe- und Lebenspartner,<br />

Lebensgefährten, Kinder, Enkel,<br />

Geschwister, Tante oder Onkel,<br />

Für den Pauschbetrag muss zwischen<br />

der pflegebedürftigen und<br />

der pflegenden Person eine enge<br />

Beziehung bestehen. Foto: Freepik<br />

Schwager oder Schwägerin,<br />

Schwiegereltern, Stiefeltern, gute<br />

Freunde oder Nachbarn.<br />

Erhält der Pflegende eine Pflegevergütung,<br />

besteht kein Anspruch<br />

mehr auf den Pflegepauschbetrag.<br />

Wenn das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung<br />

aber nur ausschließlich<br />

zugunsten des oder der<br />

Pflegebedürftigen verwendet wird,<br />

zum Beispiel für die Anschaffung<br />

eines Spezialbetts, steht dem pflegenden<br />

Angehörigen der Pflegepauschbetrag<br />

zu. Das muss allerdings<br />

belegt werden.<br />

Die Pflege muss persönlich<br />

durchgeführt werden. Das ist auch<br />

dann der Fall, wenn der Pflegende<br />

von einer ambulanten Pflegekraft<br />

unterstützt wird. Dadurch wird<br />

der Pauschbetrag nicht gekürzt.<br />

Die Pflege muss entweder in der<br />

Wohnung der pflegebedürftigen<br />

Person erfolgen oder in der Wohnung<br />

der pflegenden Person. Im<br />

Einzelfall kann das Finanzamt die<br />

Pauschale auch bei einer Heimunterbringung<br />

anerkennen, etwa<br />

wenn die oder der Betroffene bereits<br />

vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit<br />

im Pflegeheim wohnte.<br />

Teilen sich zwei Pflegepersonen<br />

die Pflege, teilt das Finanzamt den<br />

Pauschbetrag unter diesen auf. Der<br />

Pflegepauschbetrag ist ein Jahresbetrag.<br />

Das heißt: Er wird auch<br />

dann in voller Höher gewährt,<br />

wenn die Pflege nur einen Teil des<br />

Jahres angedauert hat. Verändert<br />

sich der Pflegegrad im Laufe eines<br />

Kalenderjahres, können Sie den<br />

Pauschbetrag für den höchsten<br />

Pflegegrad ansetzen, der in dem<br />

Jahr festgestellt wurde.<br />

Pflegende Angehörige können<br />

Pflegeaufwendungen auch als außergewöhnliche<br />

Belastung geltend<br />

machen. Das lohnt sich, wenn die<br />

Ausgaben dafür allein oder zusammen<br />

mit anderen außergewöhnlichen<br />

Belastungen, wie die eigenen<br />

Krankheitskosten, die finanzielle<br />

Belastung übersteigen. Laut der<br />

Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz<br />

muss man dem Finanzamt<br />

dann aber alle Ausgaben für<br />

die Pflege nachweisen. Man muss<br />

also im Einzelfall entscheiden, was<br />

günstiger ist: der Pflegepauschbetrag<br />

oder die außergewöhnliche<br />

Belastung. Ida Schneider<br />

Koordination trifft Kommunikation: Melanie Würtz (links) bei der Einarbeitung<br />

mit <strong>VdK</strong>-Referentin Dominika Klemmer (rechts). Foto: Finkenzeller<br />

Melanie Würtz ist die Ehrenamtskoordinatorin<br />

des Sozialverbands<br />

<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz. Es ist<br />

eine neue Stelle, die der geschäftsführende<br />

Vorstand auf Initiative<br />

des Vorsitzenden Willi Jäger<br />

eingerichtet hat. Ziel ist, das<br />

Ehrenamt zu unterstützen, zu vernetzen<br />

und zu motivieren.<br />

„Wir haben eine starke ehrenamtliche<br />

Basis, stellen aber fest, dass es<br />

immer schwieriger wird, Nachfolgerinnen<br />

und Nachfolger für die Ortsverbandsvorstände<br />

zu finden“, erläutert<br />

Landesverbandsvorsitzender<br />

Willi Jäger. „Dieses Problem haben<br />

wir mit vielen Organisationen gemein.<br />

Wir befinden uns in einem<br />

Wettbewerb und müssen unser Ehrenamt<br />

attraktiver machen.“<br />

Melanie Würtz, die vorher bei der<br />

Stiftung Lesen das Ehrenamtsnetzwerk<br />

betreute, freut sich auf die<br />

neue Aufgabe: „Ich werde den Ehrenamtlichen<br />

am Telefon zur Verfügung<br />

stehen, den Ehrenamtsbereich<br />

im Intranet ‚<strong>VdK</strong>-intern‘ betreuen,<br />

Handreichungen und Broschüren<br />

entwickeln, Schulungen und Webinare<br />

anbieten sowie Impulse für<br />

Aktionen vor Ort geben. Die Ehrenamtskoordination<br />

steht unter dem<br />

Motto ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘.“ Doch<br />

zunächst will Frau Würtz den Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz<br />

kennenlernen. „Gern komme ich zu<br />

Kreisverbandstagen oder Ortsverbandskonferenzen,<br />

um mit den<br />

<strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>lern ins Gespräch<br />

zu kommen und meine Pläne<br />

vorzustellen.“<br />

Die neue Stelle „Ehrenamtskoordination“<br />

wird eigenständig arbeiten,<br />

gehört aber formal zur<br />

Ab teilung „Kommunikation“ im<br />

<strong>VdK</strong>-Landesverband. „Diese Entscheidung<br />

haben wir bewusst getroffen“,<br />

so <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />

Jäger. „Denn jede gute<br />

Ehrenamtsarbeit lebt von guter<br />

Kommunikation.“fin<br />

14 RHPfalz<br />

Allgemein


Rheinland-Pfalz<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

I<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Simmern<br />

Mit einer engagierten Mannschaft startet der Ortsverband Simmern in<br />

die neue Amtsperiode. Der aktuelle Vorstand besteht aus dem bisherigen<br />

und einstimmig wiedergewählten Vorsitzenden Otto-U. Härter (vorne<br />

rechts), seiner Stellvertreterin Ilse Löwenbrück, der Kassenverwalterin<br />

Ulrike Schmoll, ihrem Stellvertreter Volkmar Rösinger, der Schriftführerin<br />

Bärbel Härter sowie der Frauenbeauftragten Marita Hees und<br />

ihrer Stellvertreterin Else Tatsch. Als Beisitzer wurden Günter Hees,<br />

Wolfgang Wierschem, Lothar Hebel, Christel Ries und Heidi Stiehl-Wittner<br />

gewählt. Die Kassenrevision übernehmen Josef Hartig und Albert<br />

Wald mit ihren Stellvertretern Günter Hackländer und Alfred Kreer.<br />

Schönenberg-Kübelberg<br />

Im Ortsverband Schönenberg-Kübelberg, Kreisverband Kusel, wurden<br />

beim traditionellen Grillfest die Ehrungen der vergangenen Pandemiejahre<br />

nachgeholt und 38 Mitglieder für zehn, 20 und 30 <strong>VdK</strong>-Jahre<br />

ausgezeichnet. Das Foto zeigt Vorstandsmitglieder mit einigen der Jubilare.<br />

Gemeinsam trotzten die knapp 90 <strong>VdK</strong>ler den hohen Temperaturen<br />

von fast 35 Grad und hatten einen heiteren Nachmittag.<br />

Üdersdorf<br />

Burgen-Macken<br />

Im Ortsverband Burgen-Macken,<br />

Kreisverband Sankt Goar, wurde<br />

der Vorstand neu gewählt. Er<br />

setzt sich zusammen aus dem<br />

Vorsitzenden Gerhard Sturm,<br />

seinem Stellvertreter Hermann<br />

Knöppel, Kassenverwalter Peter<br />

Scheidweiler, der stellvertretenden<br />

Kassenverwalterin Irmina<br />

Mischker, Schriftführerin Marlene<br />

Börsch, der stellvertretenden<br />

Schriftführerin Beate Wickert,<br />

Beisitzer Martin Strauss und<br />

Sabine Berresheim sowie den<br />

Revisoren Ewald und Claudia<br />

Schmitt.<br />

Auch verabschiedete der Vorsitzende<br />

Gerhard Sturm (rechts) an<br />

diesem Tag den ehemaligen<br />

stellvertretenden Vorsitzenden<br />

Erich Endres (links) offiziell mit<br />

einem Gutschein und einem<br />

Weinpräsent. Neben Erich Endres<br />

wurde auch Rudi Gast (unten<br />

rechts) zum Ehrenmitglied des<br />

Ortsverbands ernannt.<br />

Neustadt (Wied)<br />

Neues Vorstandsteam<br />

Kreisverbandstag in Landau<br />

Neue und bekannte Gesichter: Das neue Vorstandsteam präsentiert sich.<br />

Am 18. Juni <strong>2022</strong> fand in Bornheim<br />

der ordentliche Kreisverbandstag<br />

des Kreisverbands Landau statt.<br />

Dabei wurde der bisherige Vorsitzende<br />

Manfred Campe als Vorsitzender<br />

bestätigt und das Vorstandsteam<br />

durch neue Mitglieder<br />

ergänzt.<br />

Bei der Vorstandswahl wurde<br />

Manfred Olbrich als stellvertretender<br />

Vorsitzender des Kreisverbands<br />

Landau wiedergewählt.<br />

Auch Norberth Hirth bleibt<br />

Schriftführer. Ursula Jung verwaltet<br />

erneut die Kreisverbandskasse.<br />

Als Beisitzerinnen und Beisitzer<br />

unterstützen Anita Hertlein,<br />

Hans-Peter Carius und Uta Boger<br />

die Arbeit des Kreisverbandsvorstands.<br />

In den kommenden vier<br />

Jahren bringen neue Ehrenamtliche<br />

frischen Wind ins Vorstandsteam:<br />

So wird Brigitte Henigin<br />

neue stellvertretende Vorstandsvorsitzende.<br />

Für die Belange der<br />

Frauen im <strong>VdK</strong> wird sich Christel<br />

Getto starkmachen. Arno Weber<br />

und Gisela Werling bringen als<br />

neue Beisitzer ihre Ideen in den<br />

Vorstand ein.<br />

Als Revisoren sind weiterhin<br />

Inge Scheurich, Theo Heintz und<br />

Peter Allspach tätig.<br />

Obere Grafschaft<br />

Der Ortsverband Üdersdorf, Kreisverband Wittlich-Daun, hat unter der<br />

Leitung der Kreisverbandsvorsitzenden Marita Horn (Vierte von rechts)<br />

einen neuen Vorstand gewählt. Dem neuen Vorstand gehören an (von<br />

links): Ortsverbandsvorsitzender Franz-Rudolf Bell, Kassenverwalter<br />

Willibert Wolf, Frauenbeauftragte Anna Schmitz, Schriftführerin Petra<br />

Thome, Revisor Michael Schneider, Beisitzerin Sylvia Schneider sowie<br />

Beisitzer Wolfgang Kretschmer. Nicht im Bild sind der stellvertretende<br />

Vorsitzende Hermann-Josef Klein sowie der Revisor Hans-Peter Michels.<br />

Heidenburg<br />

Das Highlight des Ortsverbandstags<br />

in Neustadt (Wied) war die<br />

Ehrung des Mitglieds Franz<br />

Etscheid (Zweiter von links). Seit<br />

70 Jahren ist er Mitglied im <strong>VdK</strong>.<br />

Die Würdigung nahm der Vorstand<br />

mit Unterstützung des<br />

Kreisvorsitzenden Hans-Werner<br />

Kaiser (rechts) unter großem<br />

Applaus vor.<br />

Bundenbach<br />

Im Ortsverband Obere Grafschaft, Kreisverband Ahrweiler, wurde der<br />

Vorstand neu gewählt. Das Bild zeigt in der vorderen Reihe von links:<br />

Die Revisorin Elke Friedrich, die stellvertretende Vorsitzende Ursula<br />

Steingrefer sowie die Beisitzerinnen Gabriele Joisten und Mathilde Noack.<br />

In der hinteren Reihe stehen von links der Ehrenvorsitzende Winfried<br />

Diedrich, Schriftführer Franz Josef Bertram, Ortsverbandsvorsitzender<br />

Engelbert Mohr, Kassenverwalter Bruno Zimmermann und Beisitzer<br />

Manfred Hörnig. Es fehlen die Frauenvertreterin Karin Weidenfeld,<br />

Beisitzer Jugend Lukas Wolber und Revisor Hans Georg Stockhorst.<br />

Alf<br />

In der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Heidenburg, Kreisverband<br />

Trier-Saarburg, wurde im Beisein des Kreisverbandsvorsitzenden<br />

Werner Faber der Vorstand wiedergewählt. Auf dem Bild sieht man<br />

von links: Beisitzer Ferdinand Gorges, Kassenverwalter Helmut Schander,<br />

Frauenbeauftragte Anita Schander, Schriftführerin Kornelia<br />

Schmitz, Vorsitzender Gerhard Kolz, Beisitzerin Hedwig Thomas,<br />

stellvertretender Vorsitzender Winfried Hartkorn sowie die Kassenprüfer<br />

H.-Bernhard Clüsserath und Manfred Becker.<br />

Im Ortsverband Bundenbach,<br />

Kreisverband Zweibrücken, wurde<br />

Liane Becker (Mitte) für zehn<br />

<strong>VdK</strong>-Jahre geehrt. Die Auszeichnung<br />

nahm der Vorsitzende<br />

Rainer Faust (rechts) mit seinem<br />

Stellvertreter Peter Lehberger<br />

(links) vor.<br />

Im Ortsverband Alf, Kreisverband Cochem-Zell, wurde eine Mitgliederversammlung<br />

durchgeführt. Dabei zeichnete der Vorsitzende Karl-<br />

Heinz Bömer (links) treue Mitglieder aus. Das Bild zeigt von links<br />

(Mitgliedsjahre in Klammern): Karl-Heinz Bömer, Martina Salker (20)<br />

sowie Sabine und Siegfried Schmitz (10). Weiterhin gingen für zehn<br />

<strong>VdK</strong>-Jahre Urkunde und Treuenadel an Marlies Heider, Jürgen Jungen,<br />

Sascha Kretschmann, Peter Salker, Stefan Salker und Ute Stein-Kanis.<br />

15 RHPfalz<br />

Allgemein


II <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

Bitburg<br />

Diedesfeld<br />

Gut gelaunt trafen sich fast 50 <strong>VdK</strong>-Mitglieder und Gäste des Ortsverbands Bitburg, Kreisverband Bitburg-Prüm,<br />

zum ersten Tagesausflug nach zweijähriger Corona-Pause. Nach einem stärkenden Frühstück fuhr die Gruppe<br />

zum Laacher See, wo man die Abtei mit Gärtnerei, die Kunstschmiede sowie die Kirche besichtigte. Mittagspause<br />

war in Mülheim-Kärlich. Von dort fuhr der Bus durchs romantische Mittelrheintal, wo alle in Boppard<br />

aufs Schiff wechselten und die Loreley sowie die imposanten Rheinburgen bewunderten.<br />

Im Ortsverband Diedesfeld, Kreisverband Neustadt-Bad Dürkheim,<br />

wurde der Vorstand neu gewählt. Das Foto zeigt von links: Beisitzer Frank<br />

Naumann, Beisitzerin Esther Lechner, Frauenvertreterin Regina Groß,<br />

Beisitzer Joachim Zillmann, Schriftführerin Regina Ullrich, stellvertretender<br />

Vorsitzender Manuel Becker sowie Vorsitzender Dieter Cullmann.<br />

Ober- und Nieder-Hilbersheim<br />

Meudt<br />

Der Ortsverband Ober- und Nieder-Hilbersheim, Kreisverband Mainz-Bingen, hielt seine Jahresmitgliederversammlung<br />

ab. Vorsitzender Dieter Linck begrüßte den Beigeordneten der Ortsgemeinde Ober-Hilbersheim,<br />

Karl-Heinz Rheinfurth, und rund 20 Mitglieder. Turnusgemäß fand die Neuwahl des Vorstands statt. Alle<br />

bisherigen Vorstandsmitglieder erklärten sich bereit, wieder zu kandidieren und wurden einstimmig gewählt.<br />

Für zehn Jahre Mitgliedschaft wurde Melitta Herz geehrt. Willi Dix, Klaus Doll, Günther Neumann, Erwin<br />

Moller und Helmut Magin empfingen vom Vorsitzenden die Urkunde und Treuenadel für 20-jährige <strong>VdK</strong>-Mitgliedschaft.<br />

Eine besondere Ehrung erhielt Gerda Tix, die seit 40 Jahren dem <strong>VdK</strong> angehört und 16 Jahre<br />

lang ehrenamtlich aktiv war.<br />

Nach langer coronabedinger Pause unternahm der Ortsverband Meudt,<br />

Kreisverband Westerwald, einen gemeinschaftlichen Ausflug. Gut gelaunt<br />

startete der volle Bus vom Westerwald nach Trier. Hier erfolgte<br />

unter fachkundiger Leitung eine Stadtrundfahrt sowie ein anschließender<br />

Stadtrundgang zu den historischen Sehenswürdigkeiten der von<br />

den Römern gegründeten Stadt. Später ging es weiter zur Mosel nach<br />

Kienheim. Hier gab es ein gemütliches Beisammensein bei einem Winzer,<br />

wo man bei einem Buffet und Wein den Nachmittag verbrachte.<br />

Limburger Hof<br />

Heidenburg<br />

Im Ortsverband Limburger Hof, Kreisverband Ludwigshafen, wurde Uwe Bentz (Vierter von rechts) einstimmig<br />

zum Vorsitzenden wiedergewählt. Auf dem Bild sieht man von links: Revisor Christian Detzner,<br />

Schriftführerin Petra Heißler, Kassenverwalterin Gudrun Zieger, Beisitzer Wolfram Wenskus, Vorsitzender<br />

Uwe Bentz, stellvertretende Vorsitzende Dorothe Wenskus, Beisitzer Rolf Roth sowie Frauenvertreterin und<br />

Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit Sigrid Reimer.<br />

In der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Heidenburg, Kreisverband<br />

Trier-Saarburg, wurden treue <strong>VdK</strong>ler ausgezeichnet. Der Kreisverbandsvorsitzende<br />

Werner Faber (links) verlieh Urkunden und Treuenadeln<br />

an die glücklichen Jubilare.<br />

Tiefenbach<br />

Rockenhausen<br />

Im Ortsverband Tiefenbach, Kreisverband Simmern, wurden die anwesenden Jubilare der Jahre 2020 bis <strong>2022</strong><br />

für ihre langjährige Mitgliedschaft durch die Vorsitzende Gisela Bast (rechts) und den Kreisverbandsvorsitzenden<br />

Ulrich Stilz (Zweiter von rechts) geehrt.<br />

In einer kleinen Feierstunde hat der Ortsverband Rockenhausen, Kreisverband<br />

Donnersberg, langjährige <strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>ler geehrt. Auf<br />

dem Foto sieht man von links (Jahreszahl in Klammern): Frauenbeauftragte<br />

Liane Echterbroch, Beisitzerin Marliese Steller, Marianne Köhler<br />

(10), Kassenverwalterin Birgit Theiss, Karin Wildanger (10), Beisitzerin<br />

Irmtraud Koppelt, Schriftführerin Hedwig Reindel, Judith Schreiber (20),<br />

Gunter Wolf (10) sowie die Vorsitzende Hedda Steitz.<br />

16 RHPfalz<br />

Allgemein


Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 15<br />

Vorderpfalz (ehemals Ludwigshafen)<br />

Hütschenhausen<br />

Der Kreisverband Ludwigshafen hat sich zum 1. Juli <strong>2022</strong> in „Kreisverband Vorderpfalz“ umbenannt. Der<br />

Kreisverband erstreckt sich von Bobenheim-Roxheim, Frankenthal, Ludwigshafen, Speyer und Rhein-Pfalz-<br />

Kreis bis nach Germersheim-Sondernheim. Im Kreisverband Vorderpfalz sind rund 12 890 Mitglieder in<br />

19 Ortsverbänden mit 174 Ehrenamtlichen organisiert, wovon 90 weiblich sind und 84 männlich. Der Kreisverbandsvorsitzende<br />

ist Uwe Bentz. Hinzukommen sieben hauptamtliche Mitarbeitende für die Beratung.<br />

Der kleinen Feierstunde wohnten der Landesverbandsvorsitzende Willi Jäger sowie der Landesgeschäftsführer<br />

Rolf Burdack bei. Weitere Gäste kamen aus Mannheim, Frankenthal, Speyer und aus den Ortsverbänden.<br />

Im Ortsverband Hütschenhausen, Kreisverband Kaiserslautern, wurden<br />

<strong>VdK</strong>ler für ihre besonderen Verdienste geehrt. Auf dem Foto sieht<br />

man von links (Jahreszahl in Klammern): Hans Dietrich (10), Schriftführerin<br />

und Frauenvertreterin Christiane Wingert (Ehrenmedaille),<br />

Ortsverbandsvorsitzender Gottfried Bohn, Franz Wingert (Ehrenmedaille),<br />

Volker Jung (30), Boudewijn Cornelis Barendrecht (10) und<br />

Samuel Klatt (10).<br />

Neustadt<br />

Daun<br />

Im Ortsverband Neustadt/Wied hatte der Vorstand zum Ortsverbandstag eingeladen. Bei den Neuwahlen<br />

gab es keine Überraschungen, da alle bisherigen Vorstandsmitglieder wieder kandidierten und bei Enthaltung<br />

der Beteiligten einstimmig wiedergewählt wurden. Der Vorstand setzt sich folgendermaßen zusammen:<br />

Vorsitzender Manfred Salz, stellvertretende Vorsitzende Elisabeth Schücke, Kassenverwalter Jochen Scheel,<br />

Internetbeauftragter Leo Lob sowie die Beisitzerinnen und Beisitzer Michael Acker, Marlene Becker, Marlene<br />

Hecken, Hildegard Reufels, Gerti Weißenfels, Gisela Weißenfels und Walter Kick.<br />

Die Versammlung des rund 1000 Mitglieder zählenden Ortsverbands<br />

Daun, Kreisverband Wittlich-Daun, hat einen neuen Vorstand gewählt.<br />

In seinem Amt wurde Uli Diederichs als Vorsitzender bestätigt. Zu seinem<br />

neuen Stellvertreter wurde Manfred Simon gewählt, der neue Kassenverwalter<br />

ist Karl-Heinz Riemann und die neue Schriftführerin ist Roswitha<br />

Becker. Gleich zehn Mitglieder ließen sich ins Besitzeramt wählen.<br />

Daadener Land<br />

Osthofen<br />

Nach langer coronabedingter Abstinenz unternahm der Ortsverband Daadener Land, Kreisverband Altenkirchen,<br />

seinen angekündigten Ausflug in die Rhön. Aufgrund der langen Zeit seit dem letzten Ausflug<br />

hatten sich fast 80 Mitglieder und Partner angemeldet, weshalb die Gruppe mit zwei Reisebussen ihre Reise<br />

antrat. Erstes Ziel war die Bischofsstadt Fulda mit ihrer wunderschönen Altstadt. Hier gab es ausreichend<br />

Zeit für Frühstück, Shoppen und Besichtigungen. Im Anschluss gab es ein gemeinsames Mittagessen in einem<br />

Gasthof. Gut gestärkt reiste die Gruppe weiter nach Geisa zur Grenz-Gedenkstätte Point Alpha. Tief beeindruckt<br />

ging es zum gemeinsamen Abendessen mit musikalischer Unterhaltung.<br />

Im Ortsverband Osthofen, Kreisverband Worms, wurde der Vorstand<br />

neu gewählt. Auf dem Foto sieht man von links: Schriftführer Reinhard<br />

Teupe, stellvertretende Kassenverwalterin Carmen Schlüter, stellvertretender<br />

Vorsitzender Ulli Bauer, Beisitzer Otto Stridde, Kassenverwalter<br />

Ludwig May, Beisitzer Peter Ritscher, Beisitzerin Renate Lorenz,<br />

und Vorsitzender Günter Leidner. Es fehlen die Beisitzer Egon Strasser,<br />

Jürgen Dinger und Horst Seelig.<br />

Hoxel<br />

Hornbach<br />

Drei unterhaltsame Tage bot der Ausflug des Ortsverbands Hoxel/Hunsrück, Kreisverband Bernkastel-Zell.<br />

Die Route führte über Kirrwiller zum Schwarzwaldhotel nach Gengenbach. Nach dem traditionellen Frühstück<br />

ging es zum Royal Palace in Kirrwiller. Die dort präsentierte Revue-Show begeisterte alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer. Am zweiten Tag bot die Tour über die Schwarzwaldhochstraße viele Höhepunkte.<br />

Der Besuch der Alpirsbacher Klosterbräu und der Brennerei Hoflädele in Gengenbach waren willkommene<br />

Zwischenstopps. Auf der Rückfahrt rundete ein Aufenthalt in Baden-Baden das Programm ab.<br />

Im Ortsverband Hornbach, Kreisverband Zweibrücken, wurden langjährige<br />

Mitglieder geehrt. Auf dem Foto sieht man von links (Mitgliedsjahre<br />

in Klammern): Roland Kennel (10), Iris Wegmann (10), Gottlieb<br />

Sauer (20), Christel Biener (10), Helmut Gab (20), Inge Müller (30),<br />

stellvertretender Vorsitzender Reiner Hohn sowie die Vorsitzende Ehrentraud<br />

Netolitzky.<br />

17 RHPfalz<br />

Allgemein


16<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

Eisenberg<br />

Ellenz-Poltersdorf<br />

Am „Tag der Vereine“ bildeten die Besucherinnen und Besucher beim<br />

Infostand des Ortsverbands Eisenberg, Kreisverband Donnersberg,<br />

teilweise Warteschlangen. Das lag zum einen am Glücksrad und dem<br />

Luftballonwettbewerb für die Kleinen, zum anderen an der Möglichkeit,<br />

sich umfangreich über die Leistungen des <strong>VdK</strong> zu informieren. Das Bild<br />

zeigt von links: Kreisverbandsvorsitzender Volker Langguth-Wasem,<br />

Stadtbürgermeister Peter Funck, Ortsverbandsvorsitzender Georg Grünewald,<br />

MdL Jaqueline Rauschkolb und Beisitzerin Dagmar Grünewald.<br />

Der Ortsverband Ellenz-Poltersdorf, Kreisverband Cochem-Zell, hat mit Lothar Fuhrmann einen neuen<br />

Vorstandsvorsitzenden. Seine Stellvertreter sind Jörg Fuhrmann und Karl-Heinz Schausten. Wiedergewählt<br />

wurden Kassenverwalter Dietmar Schausten, Schriftführerin Petra Anheier sowie die Beisitzer Anneliese<br />

Reuter und Roland Thönnes. Die Kassenprüfung übernehmen Elmar Lescher und Edgar Porten. Der scheidende<br />

Vorsitzende Roman Weber (rechts) wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Das Bild zeigt ihn mit<br />

treuen <strong>VdK</strong>lern (von links, Mitgliedsjahre in Klammern): Edgar Porten (10), Ernst Fuhrmann (10), Gertrud<br />

Uecker (10), Karl-Josef Andrae (10, hinten), Maria Hoffmann (10), Dietmar Schausten (20, hinten), Franz-Josef<br />

Porten (20), Rita Zenzen (10), Elmar Lescher (10, hinten), Herbert Conrad (20), Marlies Schausten (20), Cilli<br />

Konzen (30), Karl-Heinz Schausten (20, hinten), Cilli Freimuth (30) sowie Roman Weber (30).<br />

Argenthal<br />

Neustadt<br />

Bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbands Argenthal im Kreisverband<br />

Simmern ehrten der Kreisverbandsvorsitzende Ulrich Stilz<br />

(rechts) und der Ortsverbandsvorsitzende Dieter Knebel (links) langjährige<br />

Mitglieder. Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern):<br />

Dieter Knebel, Ellen Engelmann (10), Irene Theis (10), Hedwig<br />

Gehrmann (20), Klaus Sonnet (20) sowie Ulrich Stilz.<br />

Beim Ortsverbandstag des Ortsverbands Neustadt (Wied) standen neben den Neuwahlen in erster Linie die<br />

Ehrungen für langjährige Mitglieder auf der Tagesordnung. Das Bild zeigt die zahlreichen Jubilare, welche<br />

für zehn, 20, 25 und 30-jährige Mitgliedschaft mit Urkunde und Ehrennadel ausgezeichnet wurden. Die<br />

Ehrungen nahm der Kreisverbandsvorsitzende Hans-Werner Kaiser (Fünfter von links) vor.<br />

Bernkastel-Zell<br />

Osthofen<br />

Der Kreisverband Bernkastel-Zell lud seine Ortsverbandsvorstände zur<br />

Ortsverbandskonferenz. Die Vorsitzenden und Kassenverwalter erhielten<br />

dabei interessante Informationen über das Intranet „<strong>VdK</strong>-intern“<br />

und über die neue Grundrente. Das Bild zeigt von links: Kreisverbandskassenverwalter<br />

Franz-Josef Vogt, Landesverbandsreferentin der Abteilung<br />

Kommunikation, Martha Lubosz, Kreisverbandsvorsitzender<br />

Albert Görgen, seine Stellvertreter Antje Justen und Hans-Wilhelm<br />

Hövel sowie Kreisverbandsgeschäftsführer Markus Eiserlo.<br />

Ein Höhepunkt des Ortsverbandstags Osthofen, Kreisverband Worms, war die Ehrung von <strong>VdK</strong>-Mitgliedern<br />

für ihre langjährige Treue zum <strong>VdK</strong>. Fünf anwesende Jubilare nahmen ihre Urkunden und Ehrennadeln<br />

persönlich entgegen, was mit viel Beifall durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedacht wurde. Das<br />

Bild zeigt die Jubilare gemeinsam mit dem Kreisverbandsvorsitzenden Otto Stridde (Zweiter von rechts).<br />

Senheim<br />

Niedersimten-Obersimten<br />

Bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbands Senheim, Kreisverband<br />

Cochem-Zell, wurde der bisherige Vorstand, bis auf das Amt des Kassenverwalters,<br />

wiedergewählt. Neuer Kassenverwalter ist Peter Haase. Auch<br />

wurden treue <strong>VdK</strong>ler für ihre Mitgliedschaft geehrt. Das Bild zeigt von<br />

links (Mitgliedsjahre in Klammern): Renate Held-Brauer (20), Gerlinde<br />

Nebel (20), Vorsitzender Alfred Equit, Margarete Mentges (30), Hermann<br />

Fritzer (50) sowie der ehemalige Kassenverwalter Ludwig Binzen.<br />

Nach zweijähriger Zwangspause durch Corona fand wieder eine Mitgliederversammlung des Ortsverbands<br />

Niedersimten und Obersimten, Kreisverband Pirmasens, statt. Dabei ehrte der Vorstand <strong>VdK</strong>-Mitglieder für<br />

ihre langjährige Treue zum Verband mit Urkunde und Ehrennadel. Alle Geehrten fanden sich im Anschluss<br />

für ein Gruppenfoto zusammen. Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern): Ortsverbandsvorsitzender<br />

Klaus Eitel, Kreisverbandsvorsitzender Wolfram Stüger (20), Peter Hess (20), Margot Schindler für<br />

ihren Mann Michael Schindler (10), Wolfgang Peter (30), Gisela Kunz (20), Ilona Kettenring (10), Edwin<br />

Münch (20), Klaus Schwalbach (20), Karl Huber (10) und Kopp Roland (10).<br />

18 RHPfalz<br />

Allgemein


Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 17


18 RHPfalz<br />

Allgemein


Reise und Erholung <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

19<br />

19 RHPfalz<br />

Allgemein


20 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

Reise und Erholung<br />

20 RHPfalz<br />

Allgemein


Verbraucher<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

21<br />

Teil der Veränderung werden<br />

Ohnmacht angesichts der Klimakrise: Bürgerschaftliches Engagement hilft, sagt Klimapsychologin Janna Hoppmann<br />

Die Klimapsychologin Janna<br />

Hoppmann aus Berlin hat das<br />

Start-up-Unternehmen „Climate<br />

Mind“ gegründet und möchte<br />

Menschen sowie Organisationen<br />

zu klimafreundlicherem Handeln<br />

befähigen. Sie fordert eine sensiblere<br />

Berichterstattung in den Medien<br />

und viel mehr nachhaltige<br />

Produkte. Im Interview mit der<br />

<strong>VdK</strong>-ZEITUNG betont die Gründerin<br />

auch, dass diejenigen, die ohnehin<br />

schon wenig Geld haben, die<br />

kleinsten Klima sünder sind.<br />

Was ist eigentlich Klimapsychologie?<br />

Die Mehrheit wird davon noch<br />

nie gehört haben.<br />

Klimapsychologie als Forschungsdisziplin<br />

ist noch relativ jung. Sie<br />

untersucht das Erleben und Verhalten<br />

im Klimaschutz und während<br />

der Klima krise. Die Expertinnen<br />

und Experten beschäftigt beispielsweise<br />

die Frage, unter welchen<br />

Bedingungen Menschen bereit<br />

sind, sich für Umwelt- und Klimaschutz<br />

einzusetzen.<br />

Das Wissen um die Klimakrise ist bei der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger angekommen. Die meisten<br />

sorgen sich um die Umwelt. Damit möglichst viele Menschen aktiv werden, braucht es kluge Lösungen.<br />

Woran liegt es, dass oft eine Lücke<br />

zwischen dem Wissen um die ökologische<br />

Krise und klimafreundlichem<br />

Handeln klafft?<br />

Studienergebnisse zeigen: Eine<br />

große Mehrheit der Bevölkerung<br />

macht sich Sorgen wegen der Klimakrise.<br />

Aber es gibt psychologische<br />

Mechanismen, die uns davon<br />

abhalten, aktiv zu werden. Einer<br />

davon ist die Emotionsregulation.<br />

Kurz zur Erklärung: Auf erschreckende<br />

Nachrichten reagieren wir<br />

oft damit, dass wir die Aufmerksamkeit<br />

bewusst und unbewusst<br />

auf positive Ereignisse lenken.<br />

Denn es wäre nicht auszuhalten,<br />

alles Bedrohliche an uns heranzulassen.<br />

Indem wir möglichst viele<br />

angenehme Emotionen finden,<br />

geht es uns besser.<br />

Wie ließe sich dieser Selbstschutz-<br />

Mechanismus aushebeln?<br />

Um beim Beispiel der Medien zu<br />

bleiben: Nachrichtenmacher sind<br />

verantwortlich dafür, wie über<br />

Klimakatastrophen berichtet wird.<br />

Sind die Nachrichten größtenteils<br />

negativ, führt das, wie gesagt, dazu,<br />

dass sich viele Leserinnen und<br />

Leser machtlos fühlen und erstarren,<br />

anstatt zu handeln. Stellen<br />

Journalistinnen und Journalisten<br />

in ihren Berichten jedoch eine<br />

Balance aus angenehmen und unangenehmen<br />

Meldungen her und<br />

liefern außerdem Handlungstipps<br />

mit, kann das Menschen aus der<br />

Passivität herausholen.<br />

Plastikverpackungen vermeiden,<br />

auf regionale Lebensmittel achten<br />

– wer versucht, nachhaltig einzukaufen,<br />

merkt, wie mühsam und<br />

teuer das sein kann.<br />

Klimafreundlicher Konsum sollte<br />

sich eigentlich bequem umsetzen<br />

lassen und für jedermann erschwinglich<br />

sein. Es fehlen politische<br />

und wirtschaftliche Lösungen,<br />

damit sich jeder Mensch umweltbewusst<br />

verhalten kann. Wir brauchen<br />

viel mehr Produkte, die von<br />

vorne bis hinten nachhaltig sind.<br />

Foto: picture alliance/Westend61/Eyecatcher.pro<br />

Expertinnen und Experten sagen,<br />

dass arme Menschen am wenigsten<br />

Verantwortung für die globalen<br />

Umweltpro bleme tragen. Wäre<br />

hier eine Umverteilung zwischen<br />

Arm und Reich nötig?<br />

Auf jeden Fall. Den größten ökologischen<br />

Fußabdruck haben Multimillionäre.<br />

Menschen mit wenig<br />

Einkommen dagegen haben nur<br />

geringe CO 2 -Emissionen. Klimaschutz<br />

sollte daher sozial gerecht<br />

sein. Es braucht finanzielle Entlastungen,<br />

um arme Menschen zu<br />

unterstützen. Sie sind meist auch<br />

gesundheitlich viel stärker gefährdet<br />

und leiden zum Beispiel am<br />

meisten unter der Hitze.<br />

Wie kann es gelingen, die ökologische<br />

Krise zu bewältigen?<br />

Nur gemeinsam ist es zu schaffen,<br />

Lösungen für die globalen Umweltprobleme<br />

zu entwickeln. Wir<br />

können natürlich trotzdem als<br />

Einzelpersonen versuchen, möglichst<br />

sparsam zu konsumieren.<br />

Noch nachhaltiger, aber auch zeitaufwendiger<br />

sind Verhaltensweisen,<br />

die wir als Bürgerinnen und<br />

Bürger gemeinsam wahrnehmen<br />

können: politisch aktiv werden,<br />

einen Verein gründen. Dadurch<br />

verändern wir gesellschaftliche<br />

Rahmenbedingungen und stärken<br />

den sozialen Zusammenhalt. Hierbei<br />

ist es wichtig, das Augenmerk<br />

auf Erfolgserlebnisse zu richten.<br />

Was haben wir mit unserem Engagement<br />

schon alles geschafft?<br />

Das motiviert Ehrenamtliche, um<br />

auch in Zukunft etwas mit anderen<br />

zu bewegen und Teil der Veränderung<br />

zu werden.<br />

Interview: Elisabeth Antritter<br />

Rechtzeitig zur Hauptuntersuchung<br />

Bei Verzug drohen Bußgelder und Mehrkosten<br />

Fahrstress für Menschen mit Behinderung<br />

9-Euro-Ticket hat Schwachstellen im Nah- und Regionalverkehr offengelegt<br />

Wer die Frist für die Haupt untersuchung<br />

seines Autos überzieht,<br />

dem droht ein Verwarnungsgeld.<br />

Fahrzeughalterinnen und -halter<br />

sollten daher einiges beachten.<br />

Bei einem neuen Pkw ist die<br />

Hauptuntersuchung (HU) zum<br />

ersten Mal nach drei Jahren fällig,<br />

danach alle zwei Jahre. Von vielen<br />

aufgrund des früheren Monopols<br />

des Technischen Überwachungsvereins<br />

noch als „TÜV“ bezeichnet,<br />

kann die HU inzwischen auch von<br />

anderen Prüforganisationen durchgeführt<br />

werden. Das Datum für die<br />

nächste Überprüfung lässt sich auf<br />

der Plakette am hinteren Nummernschild<br />

ablesen. Es ist aber<br />

auch in der Zulassungsbescheinigung<br />

Teil I (ehemaliger Fahrzeugschein)<br />

vermerkt.<br />

Dieser Termin darf grundsätzlich<br />

nicht überzogen werden. Wird er<br />

dennoch verpasst, handelt es sich<br />

um eine Ordnungswidrigkeit, die in<br />

der Regel mit einem Verwarnungsgeld<br />

geahndet wird. Ist die Frist um<br />

mehr als zwei Monate überschritten,<br />

werden 15 Euro fällig, bei vier<br />

bis acht Monaten 25 Euro. Ab acht<br />

Monaten Verzug müssen 60 Euro<br />

bezahlt werden, außerdem gibt es<br />

einen Punkt in Flensburg.<br />

Darüber hinaus kann eine versäumte<br />

Fahrzeugüberprüfung weitere<br />

finanzielle Folgen nach sich<br />

ziehen. Wurde die Hauptuntersuchung<br />

um mehr als zwei Monate<br />

überzogen, ist die jeweilige Prüforganisation<br />

verpflichtet, eine<br />

Frist versäumt: Das Auto des Halters<br />

oder der Halterin hätte im Juni <strong>2022</strong><br />

Hauptuntersuchung gehabt.<br />

Ergänzungs untersuchung durchzuführen,<br />

die etwa 20 Prozent<br />

teurer ist als die normale HU.<br />

Eine Rückdatierung erfolgt übrigens<br />

nicht mehr. Wer beispielsweise<br />

den Termin im Juni verpasst hat<br />

und sein Auto erst im <strong>September</strong><br />

überprüfen lässt, muss es erst volle<br />

zwei Jahre später – also im <strong>September</strong><br />

2024 – wieder zum Check<br />

vorfahren. Haben die Prüferinnen<br />

und Prüfer jedoch Mängel festgestellt,<br />

sind diese umgehend zu<br />

beseitigen. Die Nachuntersuchung<br />

muss dann innerhalb eines Monats<br />

erfolgen, andernfalls ist eine<br />

neue kostenpflichtige HU durchzuführen.<br />

Wird der Verzug zudem<br />

bei einer Verkehrskontrolle entdeckt,<br />

ist ein Verwarnungsgeld<br />

von 15 Euro fällig. mib<br />

Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Robert Guenther<br />

Das 9-Euro-Ticket war ein Verkaufsschlager,<br />

sorgte dadurch für<br />

volle Busse und Bahnen. Das stellte<br />

Menschen mit Behinderung vor<br />

große Probleme im Regional- und<br />

Nahverkehr.<br />

Seit dem Verkaufsstart im Mai<br />

wurde das 9-Euro-Ticket rund<br />

38 Millionen Mal verkauft. Damit<br />

nutzten 42 Prozent mehr Menschen<br />

Busse und Bahnen als im<br />

Juni des Vor-Corona-Jahres 2019.<br />

Die Verkehrsunternehmen und die<br />

Deutsche Bahn werteten das Ticket<br />

entsprechend als Erfolg. Doch<br />

den Preis für diesen zahlten vielerorts<br />

mobilitätseingeschränkte<br />

Menschen.<br />

Besonders zu Stoßzeiten am Wochenende<br />

und im Berufsverkehr<br />

waren die Züge so voll, dass viele<br />

keinen Sitzplatz fanden und oft<br />

nicht einmal mehr einen Stehplatz.<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglieder berichteten, dass<br />

die Mobilitätszentrale der Deutschen<br />

Bahn seit der Einführung<br />

des Tickets schlecht bis gar nicht<br />

mehr zu erreichen war. Normalerweise<br />

müssen sich Passagiere mit<br />

Rollstuhl, Rollator oder Gehhilfe<br />

bei diesem Service der Bahn anmelden,<br />

wenn sie Unterstützung,<br />

wie beispielsweise beim Ein- und<br />

Aussteigen über eine Rampe, benötigen.<br />

Die Anmeldefristen dauerten<br />

in dieser Zeit bis zu einer<br />

Woche und länger.<br />

„Das hat nichts mehr mit flexiblem<br />

und selbstbestimmtem Reisen<br />

zu tun. Für viele unserer Mitglieder<br />

bedeutet es einfach nur puren<br />

Stress“, kritisiert <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele. Die ohnehin<br />

schlechten Bedingungen im öffentlichen<br />

Nahverkehr für mobilitätseingeschränkte<br />

Menschen hätten<br />

sich durch das 9-Euro-Ticket weiter<br />

verschlechtert.<br />

Schon zur Einführung des Tickets<br />

hatte der <strong>VdK</strong> immer wieder<br />

gefordert, wegen der überfüllten<br />

Züge die Fahrtakte zu erhöhen<br />

und mehr Stell- und Sitzplätze für<br />

mobilitätseingeschränkte Menschen<br />

bereitzustellen. Vor allem<br />

würden zusätzliches Personal,<br />

aber auch bauliche Verbesserungen<br />

wie mehr Rampen und Aufzüge<br />

gebraucht. „Nun müssen zumindest<br />

für die Zukunft Lehren daraus<br />

gezogen werden“, forderte Bentele.<br />

Eine Verlängerung des 9-Euro-<br />

Tickets über den August hinaus<br />

wurde bisher vom Bundesverkehrsministerium<br />

abgelehnt, da<br />

dieses Angebot als Reaktion auf<br />

die hohen Energiepreise zeitlich<br />

befristet sei. Die Bundesländer<br />

haben signalisiert, dass sie sich an<br />

einer Anschlussfinanzierung der<br />

Folgeangebote beteiligen wollen.<br />

Eine abschließende Auswertung<br />

lag bis Redaktionsschluss noch<br />

nicht vor. Der <strong>VdK</strong> befürwortet<br />

eine Nachfolgelösung: sie muss<br />

zwingend günstig, unkompliziert<br />

und bundesweit einheitlich sein. <br />

<br />

Julia Frediani<br />

Bei solch hohem Passagieraufkommen ziehen mobilitätseingeschränkte<br />

Menschen häufig den Kürzeren.<br />

Foto: picture alliance/Daniel Kubirski<br />

21 RHPfalz<br />

Allgemein


22 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Verbraucher<br />

Die Stromspar-Checker kommen<br />

Wie die Energiesparberatung der Caritas Menschen mit kleinen Einkommen oder Renten hilft<br />

Die Preise steigen. Lebensmittel,<br />

Strom und Gas werden immer teurer.<br />

Gerade ärmere Menschen<br />

würden deshalb gerne ihren Energieverbrauch<br />

senken. Das Problem:<br />

Sie wissen oft nicht, wie.<br />

1539 Kilowattstunden Strom<br />

verbraucht Armin Schachmann im<br />

Jahr in seiner 48-Quadratmeter<br />

kleinen Berliner Wohnung. Dafür<br />

zahlt der 64-jährige Rentner monatlich<br />

einen Abschlag von rund<br />

40 Euro an seinen Stromanbieter.<br />

Das ist günstig. Doch er sorgt sich,<br />

dass der Preis steigt: „Ich weiß<br />

nicht, wie lange ich meine Rechnungen<br />

noch bezahlen kann.“<br />

Schon jetzt komme er mit seiner<br />

Rente von 684 Euro und zusätzlich<br />

296 Euro Grundsicherung im Alter<br />

gerade so über die Runden. Wenn<br />

Miete, Gas und Strom bezahlt<br />

sind, bleibt ihm nicht viel.<br />

Der bundesweite Stromspar-<br />

Check der Caritas will Menschen<br />

wie Armin Schachmann helfen.<br />

Wer im Monat weniger als 1330,16<br />

Euro zur Verfügung hat – also unter<br />

dem Pfändungsfreibetrag liegt –,<br />

kann seit 2008 das kostenlose Angebot<br />

nutzen. 390 000 Haushalte<br />

wurden seitdem beraten, 640 000<br />

Tonnen CO 2<br />

eingespart. Das reduziert<br />

Kosten und trägt außerdem<br />

zum Klimaschutz bei.<br />

Das Projekt wird vom Deutschen<br />

Caritasverband und dem Bundesverband<br />

der Energie- und Klimaschutzagenturen<br />

getragen und vom<br />

Bundesministerium für Wirtschaft<br />

Energie-Experte Uwe Schröder (links) von der Caritas erklärt Armin Schachmann, wo er Energie sparen kann.<br />

und Klimaschutz gefördert. Es<br />

richtet sich vor allem an Empfängerinnen<br />

und Empfänger von<br />

Grundsicherung, Wohngeld oder<br />

Arbeitslosengeld II sowie an Geringverdienende.<br />

Hausbesuch<br />

An einem Mittwochvormittag<br />

klingelt Uwe Schröder von der<br />

Caritas an Armin Schachmanns<br />

Wohnungstür. Der Energie-Experte<br />

prüft die Abrechnungen für<br />

Strom, Heizung und Wasser und<br />

misst, wie viel Energie Kühlschrank<br />

und Waschmaschine<br />

verbrauchen. Er checkt Lampen,<br />

Fernseher und PC. Wie oft und wie<br />

lange die Elektrogeräte laufen,<br />

will er wissen, und auch, wie Armin<br />

Schachmann seine Heizung<br />

einstellt. Dann kontrolliert er, wie<br />

viel Wasser in Küche und Bad aus<br />

dem Hahn fließt. Nebenbei gibt er<br />

zahlreiche praktische Tipps. „Viele<br />

Leute stellen ihren Kühlschrank<br />

zu kalt ein“, sagt er. Ideal seien<br />

sechs bis acht Grad Celsius. Jedes<br />

Grad weniger verbrauche bis zu<br />

zwölf Prozent mehr Energie.<br />

Großes Einsparpotenzial sieht<br />

Uwe Schröder beim Kühlschrank.<br />

Der ist alt und kühlt häufig nach.<br />

Das treibt den Stromverbrauch in<br />

die Höhe. Die Caritas bezuschusst<br />

den Kauf eines sparsamen Kühlgeräts<br />

mit 100 Euro. Einige Bundesländer<br />

fördern den Neukauf<br />

zusätzlich. Die Stromspar-Checker<br />

beraten auch dazu. Armin Schachmann<br />

hat sich im Internet bereits<br />

nach einem neuen Kühlschrank<br />

umgesehen. Mit dem Zuschuss<br />

kann er die finanzielle Belastung<br />

besser tragen.<br />

Weitere Gratis-Hilfen gibt es<br />

direkt vor Ort: Die Stromspar-<br />

Checker bauen etwa LEDs oder<br />

wassersparende Duschköpfe ein.<br />

Diese senken den Verbrauch von<br />

Foto: Kristin Enge<br />

Strom oder Wasser spürbar. Armin<br />

Schachmann nutzt bereits LED-<br />

Leuchtmittel, und ausschaltbare<br />

Steckerleisten hat er auch. Ein<br />

Thermometer nimmt er gern. So<br />

kann er besser im Blick behalten,<br />

ob im Kühlschrank die richtige<br />

Temperatur eingestellt ist.<br />

Nach dem Termin erhält der<br />

Rentner einen Bericht. Dafür ermittelt<br />

Uwe Schröder, wie sich der<br />

Jahresverbrauch zusammensetzt,<br />

welches die größten Stromschlucker<br />

sind und wo das höchste Einsparpotenzial<br />

liegt.<br />

Seit die Energiepreise so rasant<br />

steigen, ist der Stromspar-Check<br />

viel gefragt. Uwe Schröder geht<br />

davon aus, dass die Zahl der Nachfragen<br />

weiter steigen wird, wenn<br />

die Jahresabrechnungen in den<br />

Briefkästen liegen. Bis dahin hofft<br />

Armin Schachmann, seine Energiekosten<br />

so deutlich zu senken,<br />

dass er mit den hohen Preisen<br />

besser klarkommt. Kristin Enge<br />

Termine vor Ort<br />

Für den Stromspar-Check benötigen<br />

Interessierte einen Termin.<br />

Die Caritas listet die Standorte<br />

auf ihrer Webseite auf. Wer auf<br />

den Ort klickt, erhält die jeweiligen<br />

Kontaktdaten sowie Informationen<br />

zu den Sprechzeiten.<br />

• (0 30) 6 66 33 12 20<br />

www.stromspar-check.de/<br />

standorte/standorte-liste<br />

Treppenlift von der Steuer absetzen<br />

Mit Attest kann er als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden<br />

Das ganze Jahr ist Beeren-Zeit<br />

Das Obst sollte gründlich gewaschen werden<br />

Ein Treppenlift kann dazu beitragen,<br />

dass Menschen auch im Alter<br />

oder bei Mobilitätseinschränkungen<br />

länger zu Hause wohnen bleiben<br />

können. Doch die Geräte sind<br />

teuer. Unter bestimmten Voraussetzungen<br />

lassen sich die<br />

Kosten steuerlich absetzen.<br />

Einen Treppenlift kann man unter<br />

Umständen steuerlich absetzen.<br />

Es gibt viele unterschiedliche<br />

Treppenlifte: Sitzlifte, Hublifte<br />

speziell für Rollstuhlfahrer, Außenlifte<br />

sowie Lifte für gerade und<br />

für kurvige Treppen. Die Kosten<br />

liegen je nach Typ zwischen 4000<br />

und mehr als 10 000 Euro. Die<br />

Krankenkasse steuert nichts dazu<br />

bei, da Treppenlifte nicht als medizinische<br />

Hilfsmittel gelten. Stattdessen<br />

zählen sie zu den wohnumfeldverbessernden<br />

Maßnahmen.<br />

Wer einen Pflegegrad hat, kann<br />

von seiner Pflegekasse bis zu 4000<br />

Euro Zuschuss bekommen.<br />

Um den Lift von der Steuer absetzen<br />

zu können, muss zum einen<br />

ein ärztliches Attest vorliegen, in<br />

dem die medizinische Notwendigkeit<br />

des Geräts bescheinigt wird.<br />

Dieses sollte schon vor dem Kauf<br />

und Einbau ausgestellt worden<br />

sein. Zum anderen muss es sich bei<br />

dem Treppenlift um eine außergewöhnliche<br />

Belastung handeln.<br />

Darunter fallen bestimmte private<br />

Kosten beispielsweise in den Bereichen<br />

Gesundheit, Pflege oder<br />

Wohnen, die unbedingt notwendig<br />

sind und deutlich höher liegen als<br />

die Ausgaben anderer Steuerzahler<br />

mit gleichem Gehalt. Wie viel jemandem<br />

zuzumuten ist, hängt von<br />

dessen Einkommen und Familienstand<br />

ab. Meist liegen die Ausgaben<br />

für die Anschaffung und<br />

Installation eines Treppenlifts<br />

deutlich über der zumutbaren Eigenbelastung.<br />

Um diese Kosten geltend zu machen,<br />

gibt man seine Ausgaben für<br />

den Treppenlift in der jährlichen<br />

Steuererklärung an. Die Angaben<br />

sind in der Anlage „Außergewöhnliche<br />

Belastungen“ einzutragen.<br />

Absetzbar ist lediglich der Betrag,<br />

der den zumutbaren Eigenanteil<br />

übersteigt. Er wird von den Einkünften<br />

abgezogen.<br />

Bei Hilfsmitteln, für die es Zuschüsse<br />

gab oder die von der Kasse<br />

Foto: imago images/brennweiteffm<br />

erstattet wurden, gilt grundsätzlich<br />

nur der Eigenanteil als außergewöhnliche<br />

Belastung. Jedoch ist<br />

es möglich, auch die Kosten für<br />

Reparatur und Installation als<br />

haushaltsnahe Dienstleistung oder<br />

Handwerkerleistung einzureichen.<br />

Deshalb ist es ratsam, alle Belege<br />

und Rechnungen aufzubewahren,<br />

um sie dem Finanzamt als Nachweis<br />

vorlegen zu können.<br />

Statt als außergewöhnliche Belastung<br />

können Menschen mit<br />

Behinderung auch den jährlichen<br />

Behinderten-Pauschbetrag geltend<br />

machen. Je nach Grad der Behinderung<br />

(GdB) beträgt dieser zwischen<br />

384 und 2840 Euro, bei den<br />

Merkzeichen „H“ für „hilflos“ oder<br />

„Bl“ für „blind“ sogar 7400 Euro.<br />

Förderungsfähig<br />

Treppenlifte sind auch über die<br />

KfW-Förderbank förderungsfähig:<br />

über den Investitionszuschuss<br />

455-B und über die Kreditlinie 159.<br />

Sowohl Zuschuss als auch Kredit<br />

sollen den Abbau von Barrieren<br />

fördern und werden unabhängig<br />

von einem Pflegegrad gewährt.<br />

Wer will, kann dem Antrag ein<br />

ärztliches Attest beilegen.<br />

In Steuerangelegenheiten darf<br />

der Sozialverband <strong>VdK</strong> keine Beratung<br />

anbieten. Allerdings bestehen<br />

in vielen <strong>VdK</strong>-Landesverbänden<br />

Kooperationen mit Lohnsteuerhilfevereinen.<br />

Fragen Sie einfach<br />

in Ihrer <strong>VdK</strong>-Geschäftsstelle nach.<br />

<br />

Annette Liebmann<br />

Es gibt ganz viele Gründe, sich<br />

Beeren schmecken zu lassen. Sie<br />

sind reich an Vitaminen, Mineralien<br />

und Ballaststoffen, haben kaum<br />

Kalorien. Zudem lassen sie sich<br />

einfach verarbeiten. Das Bundesamt<br />

für Verbraucherschutz und<br />

Lebensmittelsicherheit (BVL) rät<br />

allerdings dringend dazu, Beeren<br />

vor dem Verzehr zu waschen und<br />

Tiefkühlbeeren zu erhitzen.<br />

Ob Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren,<br />

Heidelbeeren, Stachelbeeren,<br />

Johannisbeeren, Preiselbeeren:<br />

In Getränken, als Bowle oder auf<br />

Kuchen und Desserts werden sie<br />

gerade im Sommer und frühen<br />

Herbst gerne frisch verzehrt und<br />

auch das ganze Jahr über als Tiefkühlware<br />

gekauft.<br />

Um Genuss ohne Reue zu haben,<br />

empfiehlt das BVL, frische Beeren<br />

zu waschen. „Vor allem Erdbeeren<br />

können aufgrund ihres Kontakts<br />

zum Erdboden unterschiedlich<br />

stark mit Mikroorganismen belastet<br />

sein. Neben für den Menschen ungefährlichen<br />

Keimen können auch<br />

Zoonoseerreger auf die Erdbeeren<br />

gelangen“, so das Bundesamt. Zoonoseerreger<br />

sind Krankheitserreger,<br />

die vom Tier auf den Menschen<br />

übertragen werden und bei diesem<br />

Erkrankungen auslösen können.<br />

Das Waschen des Obstes sei zudem<br />

ratsam, um mögliche Rückstände<br />

von Pflanzenschutzmitteln zu vermindern.<br />

Da es über den Verzehr von tiefgekühlten<br />

Beeren nachweislich<br />

Bei dieser Auswahl ist sicher für jeden<br />

etwas dabei. Beeren sind reich<br />

an Vitaminen und Mineralien.<br />

bereits zu Infektionen bei Menschen,<br />

beispielsweise mit Hepatitis-A-Viren<br />

oder Noroviren, gekommen<br />

ist, rät das BVL, diese vor<br />

der Verwendung in Süßspeisen,<br />

Kuchen oder Getränken zu erhitzen,<br />

um möglicherweise vorhandene<br />

krankheitsauslösende Erreger<br />

zu entfernen.<br />

Das Bundesinstitut für Risikobewertung<br />

(BfR) warnt insbesondere<br />

empfindliche Verbrauchergruppen<br />

wie Kleinkinder, ältere und immungeschwächte<br />

Menschen sowie<br />

Schwangere. Sie sollten Tiefkühlbeeren<br />

in jedem Fall nur ausreichend<br />

erhitzt verzehren. pet<br />

Foto: picture alliance/Zoonar/Markus Mainka<br />

22 RHPfalz<br />

Allgemein


Verbraucher<br />

<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />

23<br />

Digitale Hilfe für die Nächstenpflege<br />

Sensoren und Bewegungsmelder können Älteren das Leben alleine zu Hause erleichtern<br />

In einer Berliner Musterwohnung<br />

wird gezeigt, wie Pflegebedürftige<br />

mithilfe von künstlicher Intelligenz<br />

und digitalen Geräten länger eigenständig<br />

leben können.<br />

Wie von Geisterhand berührt,<br />

springt in der Küche eine Schranktür<br />

auf. Kein Mensch hat sie angefasst,<br />

nur eine Stimme hat gerufen:<br />

„Ziggy, öffne den Oberschrank<br />

links!“ Die Geisterhand entpuppt<br />

sich als ein kleines Gerät mit<br />

Sprachsteuerung und einem unscheinbaren<br />

Sensor, der im<br />

Schrank angebracht wurde.<br />

Gerufen hat Simon Blaschke,<br />

Alterswissenschaftler und Referent<br />

im Berliner Kompetenzzentrum<br />

Pflege 4.0. Die mit Geldern<br />

der Berliner Senatsverwaltung<br />

geförderte Initiative versteht sich<br />

als Vermittler für Fragen rund um<br />

die Digitalisierung der Pflege. Ihr<br />

Ziel: pflegende Ange hörige und<br />

Pflegebedürftige von den Chancen<br />

der Technik zu über zeugen und<br />

ihnen die Angst zu nehmen.<br />

Keine Zukunftsmusik<br />

Sensoren können unterschiedliche Aufgaben in der Nächstenpflege erleichtern.<br />

Das tun sie in einer Musterwohnung,<br />

die im Westen Berlins im<br />

15. Stock eines Hochhauses liegt.<br />

Durch diese Wohnung mit kleiner<br />

Küche, dem Schlaf- und Wohnbereich<br />

führen sie regelmäßig Interessierte.<br />

Auf den ersten Blick ist<br />

es ein Apartment wie jedes andere<br />

auch. Hier sind digitale Hilfsmittel<br />

versteckt, die Senioren helfen, sicher<br />

und selbstständig in ihren vier<br />

Wänden zu leben. Beispielsweise<br />

piept ein Sensor schrill, wenn der<br />

Herd nicht ausgemacht wurde.<br />

Bewegungseingeschränkte Menschen<br />

können die Wohnungstür<br />

öffnen lassen, ohne aufzustehen:<br />

Über ein intelligentes Türschloss,<br />

das mit einer Kamera verbunden<br />

ist, können sie sehen, wer davor<br />

steht und aus der Ferne dann öffnen.<br />

Mit einfachen Bewegungssensoren<br />

kann zum Beispiel ein Alarm<br />

ausgelöst werden, wenn die Hausoder<br />

Kühlschranktür offen steht.<br />

Die Sensoren können unkompliziert<br />

mit beidseitigem Klebeband<br />

an die Türen befestigt werden.<br />

Waagen oder Blutdruckmessgeräte,<br />

digital mit Praxen und Pflegediensten<br />

verbunden, sind keine<br />

ferne Zukunftsmusik mehr. „Digitale<br />

Hilfsmittel können das<br />

Leben für Pflegebedürftige zu<br />

Hause enorm erleichtern“, sagt<br />

Blaschke. In den vergangenen<br />

Jahren wurden der Einsatz digitaler<br />

Technologien und künstlicher<br />

Intelligenz weiter verbessert,<br />

sodass Heizung oder Lichter zu<br />

Hause per Knopfdruck steuerbar<br />

sind. „Smarthome“ nennt sich das<br />

Foto: Julia Frediani<br />

und ermöglicht soziale Teilhabe<br />

in der Pflege. Auch der <strong>VdK</strong> wirbt<br />

für den Einsatz digitaler Technik<br />

in der häuslichen Pflege. Der Landesverband<br />

Baden-Württemberg<br />

hat dafür in Radolfzell eigens<br />

Wohnberater.<br />

Blaschke vom Berliner Kompetenzzentrum<br />

4.0 ist es wichtig,<br />

dass „technische Hilfsmittel nicht<br />

mit dem Holzhammer eingeführt,<br />

sondern individuell angepasst und<br />

mit anderen Maßnahmen kombiniert<br />

werden“. Pflege oder Umbauten<br />

für bessere Barrierefreiheit<br />

könnten durch die digitalen Hilfsmittel<br />

nur ergänzt und nie ersetzt<br />

werden. Besonders hilfreich ist die<br />

Technik dabei, Notfälle zu erkennen.<br />

Stürze sind die Hauptunfallart<br />

von pflegebedürftigen Menschen<br />

in der Wohnung. Mit einem<br />

Infrarot-Sensor können die Zimmer<br />

auf Unfälle abgetastet werden.<br />

Alarm an Pflegedienst<br />

Eine künstliche Intelligenz erkennt,<br />

ob sich auf dem Boden ein<br />

gestürzter Mensch befindet. Der<br />

Sturz wird in Sekundenschnelle<br />

zum Beispiel an den Pflegedienst<br />

gemeldet. Wohnräume werden<br />

hierbei nicht gefilmt, Gesichter<br />

nicht erkannt. Die Verwendung<br />

dieses Sensors ist aus datenschutzrechtlicher<br />

Sicht unproblematisch.<br />

Interessierte können die Musterwohnung<br />

nach Anmeldung<br />

besuchen. Eine weitergehende<br />

Beratung findet in den jeweiligen<br />

Pflegestützpunkten statt. In Beratungen<br />

kann geklärt werden, welche<br />

Produkte in welcher Lebenssituation<br />

sinnvoll sind und ob<br />

Kosten durch die Pflegeversicherung<br />

übernommen werden.<br />

<br />

Julia Frediani<br />

Weitere Informationen finden Sie<br />

auf der Website<br />

www.lebenpflegedigital.de<br />

Zu dem Thema gibt es einen<br />

Film bei <strong>VdK</strong>-TV, siehe auch<br />

Seite 12.<br />

Schwierige Reise in die Vergangenheit<br />

In dem Film „Mittagsstunde“ kehrt ein Mann zurück in sein Heimatdorf, um die Eltern zu pflegen<br />

Wie ist es, aus dem Beruf auszusteigen,<br />

um nach Jahrzehnten ins<br />

Heimatdorf zurückzukehren und<br />

die Eltern zu pflegen? Der Film<br />

„Mittagsstunde“ lotet das komplizierte<br />

Verhältnis zwischen einem<br />

pflegenden Sohn und seinen Eltern<br />

aus. Der Film basiert auf dem<br />

gleichnamigen Roman von Dörte<br />

Hansen und kommt am 22. <strong>September</strong><br />

in die Kinos.<br />

Ingwer Feddersen, gespielt von<br />

Charly Hübner, verlässt als junger<br />

Mann den heimischen Gasthof der<br />

Eltern im nordfriesischen Brinkebüll,<br />

um in Kiel zu studieren. Die<br />

Jahre ziehen ins Land, Feddersen<br />

macht Karriere an der Universität<br />

und lebt mit Freunden in einer<br />

Wohngemeinschaft. Der Kontakt<br />

zu den Eltern in der Provinz ist<br />

weitgehend eingeschlafen.<br />

Eines Tages fasst der 47-Jährige<br />

den Entschluss, zwei Semester<br />

auszusetzen, um sich um „Mudder<br />

und Vadder zu kümmern“, wie er<br />

sagt. Gewissensbisse? Schuldgefühle?<br />

Midlife-Crisis? Auch seine<br />

Freunde wundern sich über Ingwers<br />

Entscheidung.<br />

Nichts so wie früher<br />

In Brinkebüll stellt er fest, dass<br />

sich das Dorf total verändert hat.<br />

Die Straßen zwischen den rot verklinkerten<br />

Häusern sind leer, auf<br />

den großen Feldern mit den<br />

schnurgeraden Rändern wächst<br />

nur noch Mais, und im Gasthof<br />

Wieder ausgebüxt: Ingwer Feddersen (Charly Hübner) findet seine demenzkranke<br />

Mutter Ella (Hildegard Schmahl).Foto: Majestic/Christine Schroeder<br />

wird Line-Dance geprobt und<br />

nicht mehr zu Schlagern geschwoft.<br />

Die Störche kommen<br />

schon lange nicht mehr. Das idyllische<br />

Dorf aus Ingwers Erinnerung,<br />

das den Zuschauerinnen und<br />

Zuschauern in Rückblenden immer<br />

wieder vorgeführt wird, gehört<br />

der Vergangenheit an.<br />

Als er sich bei seinen Eltern einquartiert,<br />

zeigt sein gehbehinderter<br />

Vater ihm die kalte Schulter,<br />

seine Mutter Ella erkennt ihn wegen<br />

ihrer fortschreitenden Demenz<br />

zunächst nicht. Jeder Blick des<br />

verbitterten Vaters lastet wie ein<br />

Vorwurf auf Ingwer, der sich fremd<br />

und unwillkommen fühlt.<br />

Doch in seiner stoischen Art<br />

wäscht Ingwer die Eltern, geht mit<br />

der Mutter zur Toilette und hilft im<br />

Haushalt. Als Ella mal wieder ausgebüxt<br />

ist, belohnt sie Ingwer mit<br />

einem Lächeln, als der sie auf der<br />

Treppe der alten Dorfschule aufliest.<br />

Langsam schmilzt das Eis.<br />

Für Vater Sönke rückt ein Ereignis<br />

immer stärker in den Vordergrund:<br />

Er fiebert dem 70. Hochzeitstag<br />

entgegen. Die Gnadenhochzeit<br />

soll das letzte große Fest<br />

im Gasthof Feddersen werden.<br />

Sönke setzt dabei auch auf Ingwers<br />

Unterstützung und sagt in seiner<br />

lakonischen Art: „Du kannst die<br />

Einladungen schreiben. Schreiben<br />

kannst du ja.“<br />

Für Ingwer entwickelt sich die<br />

Reise nach Brinkebüll auch zu einer<br />

Rückkehr in die eigene Vergangenheit,<br />

die ihm die Augen öffnet.<br />

Denn nach und nach kommt er<br />

einem großen Familiengeheimnis<br />

auf die Spur.<br />

Ohne Kitsch<br />

Der Film lotet auf leise und eindringliche<br />

Art und fernab von<br />

jeglichem Hollywood-Kitsch die<br />

Eltern-Kind-Beziehung in einer<br />

schwierigen Lebenssituation aus.<br />

Kann der Sohn nach vielen Jahren<br />

der Entfremdung plötzlich eine<br />

Beziehung zu seinen Eltern aufbauen,<br />

die so nah und intim ist wie<br />

niemals zuvor?<br />

Der ehemalige „Polizeiruf“-Kommissar<br />

Charly Hübner überzeugt<br />

dabei als mürrischer Melancholiker,<br />

der in der Mitte seines Lebens<br />

ein Verantwortungsgefühl für die<br />

kranken Eltern entwickelt. Trotz<br />

des schwierigen Verhältnisses zum<br />

Vater springt er über seinen Schatten<br />

und nimmt die Aufgabe an.<br />

Dass einige Szenen, die in Brinkebüll<br />

spielen, auf plattdeutsch<br />

gedreht wurden, macht die Figuren<br />

und auch den Film besonders authentisch.<br />

Für alle Zuschauer, die<br />

das nicht verstehen, werden Untertitel<br />

eingeblendet. Jörg Ciszewski<br />

Viele zahlen zu viel<br />

für das Internet<br />

Wer im Internet surft, ärgert sich<br />

oft über eine langsame Verbindung.<br />

Nicht selten ist die Geschwindigkeit<br />

geringer als vom<br />

Anbieter vertraglich zugesichert.<br />

Mit einer Mess-App der Bundesnetzagentur<br />

können Kunden prüfen,<br />

ob die Leistung stimmt.<br />

Mit der Breitbandmessung-App<br />

der Bundesnetzagentur können<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

seit Mitte Dezember 2021<br />

rechtssicher prüfen, ob ihre Verbindung<br />

zu langsam ist. Ist der<br />

Nachweis erbracht, können sie den<br />

Preis mindern. Die App ist kostenlos<br />

herunterzuladen: www.breit<br />

bandmessung.de/desktop-app.<br />

Für einen Anspruch auf Preisminderung<br />

ist es notwendig, insgesamt<br />

30 Mal die Übertragungsgeschwindigkeit<br />

an drei Kalendertagen innerhalb<br />

von 14 Tagen zu messen.<br />

Von Mitte Dezember 2021 bis<br />

Ende Juni <strong>2022</strong> haben rund 22000<br />

Kundinnen und Kunden mit der<br />

App der Bundesnetzagentur die<br />

Leistung überprüft. Fast in allen<br />

Fällen war das Internet langsamer<br />

als im Vertrag vereinbart, teilte die<br />

Bundesnetzagentur mit.<br />

Wie stark Nutzerinnen und Nutzer<br />

den Preis mindern können,<br />

müssen sie mit ihren Anbietern<br />

klären. Ein neuer Rechner der Verbraucherzentrale<br />

soll dabei helfen.<br />

Sie finden diesen Rechner, wenn<br />

Sie auf der Webseite www.ver<br />

braucherzentrale.de in der Suchfunktion<br />

den Begriff „Internetbandbreite“<br />

eingeben. cis<br />

23 RHPfalz<br />

Allgemein


24 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Unterhaltung<br />

Der Smiley hat Geburtstag<br />

Vor 40 Jahren wurde das Strichgesicht erfunden<br />

Eine Welt ohne Smiley? Undenkbar.<br />

Am 19. <strong>September</strong> 1982 hat der<br />

US-amerikanische Informatik-Professor<br />

Scott Elliot Fahlman ihn für<br />

die Computerwelt erfunden – mit<br />

den drei Zeichen Doppelpunkt,<br />

Bindestrich und einfacher Klammer.<br />

Das Symbol :-) machte nicht<br />

ganz ernst gemeinte Nachrichten<br />

oder Späße im Uni-Netz kenntlich,<br />

eine revolutionäre Idee. Seitdem<br />

ist Fahlman weltberühmt.<br />

Vor 40 Jahren erschien das<br />

Strichgesicht, das der Professor<br />

laut eigenen Aussagen in nur zehn<br />

Minuten entworfen hat, und ist<br />

seitdem geblieben. Die Zeichenfolge<br />

ist sozusagen der Urtyp des<br />

Emoticons, ein Kunstwort aus<br />

Emotion (Gefühl) und Icon (Zeichen).<br />

Auf der Suche nach dem<br />

digitalen Lächeln hat Fahlman<br />

eine Welle losgetreten. In nur wenigen<br />

Monaten bahnte sich das<br />

lachende Gesicht den Weg durch<br />

die Uni-Netzwerke. James Morris<br />

etwa, ein Kollege Fahlmans und<br />

auch Informatik-Professor, war so<br />

begeistert, dass er eine Nachricht<br />

mit dem Betreff „Kommunikations-Durchbruch“<br />

verschickte.<br />

Drei Zeichen bringen den Humor<br />

in die digitale Welt. Der Siegeszug<br />

des Smileys ist nicht mehr<br />

zu stoppen. Kreative schaffen immer<br />

neue Gesichter. Jeder Mensch,<br />

egal welche Sprache er spricht,<br />

versteht sie. Doch die textbasierten<br />

Smileys haben mit den Emoticons<br />

Der Informatik-Professor Scott Elliot<br />

Fahlman hat mit einer Zeichenfolge<br />

das digitale Lächeln erschaffen.<br />

inzwischen eine große Konkurrenz<br />

bekommen, die noch deutlich<br />

mehr Ausdrucksmöglichkeiten<br />

bietet. Webdienste setzen vermehrt<br />

auf bunte, animierte Gesichter, um<br />

Gefühle auszudrücken.<br />

In E-Mails und SMS kann man<br />

lächeln, Tränen lachen, zwinkern,<br />

verliebt, zornig und verzweifelt<br />

sein, klatschen, schwitzen und<br />

frieren. Der elektronische Smiley<br />

ist bei der Kommunikation mit<br />

Freunden, Familie und in der Arbeit<br />

nicht mehr wegzudenken.<br />

Sogar die Sprachwissenschaft<br />

würdigt die Fähigkeit der Emoticons,<br />

Gefühle in elektronischen<br />

Botschaften unterzubringen. Smileys<br />

sind in der Regel auch barrierefrei,<br />

weil sie Blinden und Sehbehinderten<br />

vorgelesen werden. pet<br />

Foto: picture alliance/Associated Press/Gene J. Puskar<br />

24 RHPfalz<br />

Allgemein

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