VdK-Zeitung September 2022
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Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
76. Jahrgang<br />
<strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
THEMEN<br />
Hintergrund<br />
Leben mit Geflüchteten<br />
aus der Ukraine Seite 3<br />
Politik<br />
Millionärin will höhere<br />
Steuern zahlen Seite 4<br />
Gesundheit<br />
Das lange Leiden nach<br />
einer Corona-InfektionSeite 7<br />
<strong>VdK</strong> TV<br />
Der <strong>VdK</strong> klagt für Rentner<br />
und Rentnerinnen Seite 12<br />
Verbraucher<br />
Handeln wider<br />
besseren Wissens Seite 21<br />
Das Pflegegeld deckt die Kosten schon lange nicht mehr, beklagen <strong>VdK</strong>-Mitglieder, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen.<br />
Foto: Peter Himsel<br />
Aus dem<br />
Landesverband<br />
<strong>VdK</strong>ler radeln mit bei<br />
der „Tour de Pflege“ Seite 13<br />
Nächstenpflege geht weiterhin leer aus<br />
<strong>VdK</strong> führt vor Gericht ein erstes Verfahren zur ausgebliebenen Erhöhung des Pflegegelds<br />
SEITE 5<br />
So hilft der <strong>VdK</strong><br />
Foto: imago/blickwinkel<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglied Helmut Gröger ist<br />
querschnittsgelähmt. Wegen<br />
seines schweren Dekubitus benötigt<br />
er ein spezielles Niederflurbett,<br />
um selbstständig in den<br />
Rollstuhl überzusetzen. Die Krankenkasse<br />
lehnt dieses ab. Doch<br />
der <strong>VdK</strong> Niedersachsen-Bremen<br />
setzt das Bett schließlich durch.<br />
Das Pflegegeld hat – auch wegen<br />
der hohen Inflationsrate – enorm<br />
an Kaufkraft verloren. Eigentlich<br />
wollte die Bundesregierung es<br />
<strong>2022</strong> endlich erhöhen. Doch bislang<br />
gibt es dafür keine Anzeichen.<br />
Der Sozialverband <strong>VdK</strong> hat deshalb<br />
einige Musterstreitverfahren<br />
auf den Weg gebracht.<br />
Es ist als Anerkennung gedacht:<br />
Pflegebedürftige sollen das Pflegegeld<br />
an jene Menschen weitergeben,<br />
die sie zu Hause im Alltag<br />
unterstützen, für sie kochen, putzen,<br />
einkaufen. Meist sind das<br />
Angehörige. Doch inzwischen ist<br />
diese Anerkennung immer weniger<br />
wert. Seit fünf Jahren schrumpft<br />
die Kaufkraft des Pflegegelds, inzwischen<br />
rasend schnell, denn die<br />
Inflationsrate ist so hoch wie seit<br />
40 Jahren nicht.<br />
Anders als vom Gesetzgeber vorgesehen,<br />
wurde es seit 2017 nicht<br />
mehr angehoben. Ende 2020 hätte<br />
das Pflegegeld um fünf Prozent<br />
erhöht werden sollen. Doch stattdessen<br />
steckte die damalige Regierung<br />
die dafür vorgesehenen<br />
1,8 Milliarden Euro in eine Pflegereform,<br />
mit der 2021 die Eigenanteile<br />
in der stationären Pflege bezuschusst<br />
wurden.<br />
Die Ampel-Koalition versprach<br />
zwar im Koalitionsvertrag, das<br />
Pflegegeld in diesem Jahr endlich<br />
zu erhöhen. „Doch bislang deutet<br />
nichts darauf hin, dass sie das auch<br />
tun wird“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele. „Das Pflegegeld<br />
und damit die Nächstenpflege gehen<br />
weiterhin leer aus.“ Umso<br />
wichtiger sei es, dass der <strong>VdK</strong> dagegen<br />
juristisch vorgeht.<br />
Schon im vergangenen Jahr hatte<br />
Bentele angekündigt, gegen die<br />
einkassierte Erhöhung des Pflegegeldes<br />
zu klagen. Seitdem hat der<br />
<strong>VdK</strong> für pflegebedürftige Mitglieder<br />
aus mehreren Bundesländern<br />
neun Musterstreitverfahren gestartet<br />
und Pflegegeldbescheide<br />
durch die Pflegekasse neu prüfen<br />
lassen. In diesem Juli ging nun das<br />
erste dieser Verfahren vor Gericht.<br />
Unter dem Aktenzeichen S 3 P<br />
123/22 wird es vor dem Sozialgericht<br />
Koblenz geführt.<br />
Der <strong>VdK</strong> klagt in diesem Fall für<br />
eine 81-Jährige mit dem Pflegegrad<br />
3, die 545 Euro Pflegegeld im<br />
Monat erhält. Weil Pflegeleistungen<br />
und -produkte seit Monaten<br />
kontinuierlich teurer geworden<br />
sind, kann die Frau vom Pflegegeld<br />
immer weniger Hilfen bezahlen<br />
und ist im Alltag unterversorgt.<br />
Der <strong>VdK</strong> sieht darin einen klaren<br />
Fall von Ungleichbehandlung<br />
der Nächstenpflege gegenüber der<br />
stationären Pflege, die durch die<br />
Pflegereform von 2021 bezuschusst<br />
wurde. „Wird das Pflegegeld<br />
nicht endlich erhöht, werden<br />
wir bis vors Bundesverfassungsgericht<br />
ziehen“, kündigt Bentele<br />
an. Schließlich werde der Großteil<br />
der Pflegebedürftigen in Deutschland<br />
zu Hause versorgt – vor allem<br />
von den nächsten Angehörigen.<br />
„Die Nächstenpflege ist damit der<br />
wichtigste Pfeiler in der Pflege.“<br />
Dass die Politik diese Menschen<br />
derart miss achte und geringschätze,<br />
sei „ein Skandal“, sagt Bentele.<br />
Auch aus diesem Grund hat der<br />
<strong>VdK</strong> im Mai eine Kampagne für<br />
die Nächstenpflege gestartet, die<br />
noch bis nächstes Jahr andauern<br />
wird. In vielen Landesverbänden<br />
fanden im Sommer hierzu Aktionen<br />
statt. Der Bundesverband<br />
wird nun im <strong>September</strong> ein Symposium<br />
zum Thema „Armut durch<br />
Pflege – Existenzsicherung pflegender<br />
Angehöriger“ veranstalten,<br />
bei dem es auch um das Pflegegeld<br />
gehen wird. Heike Vowinkel<br />
Mehr zur Nächstenpflege Seite 6<br />
Deutschland braucht einen Sozialgipfel<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong> schreibt mit anderen Organisationen Brief an den Bundeskanzler<br />
Ein breites Bündnis des <strong>VdK</strong> mit dem Sozialverband<br />
SoVD, dem Deutschen Mieterbund<br />
und der Tafel Deutschland fordert Olaf<br />
Scholz auf, einen Sozialgipfel einzuberufen.<br />
Wegen der steigenden Preise für Energie<br />
und Lebensmittel und der Folgen der Corona-Pandemie<br />
und des Ukraine-Krieges<br />
haben viele Menschen in Deutschland<br />
Angst vor der Zukunft. Sie wissen nich*t,<br />
wie sie die höheren Rechnungen für Strom,<br />
Gas und Öl bezahlen und durch Herbst<br />
und Winter kommen sollen. Die Bundesregierung<br />
hat zwar weitere Ent lastungen<br />
angekündigt. Anfang Juli hat sie zudem bei<br />
einer „Konzertierten Aktion“ mit Arbeitgebern<br />
und Gewerkschaften gesprochen.<br />
Im <strong>September</strong> sollen diese Gespräche fortgeführt<br />
werden. Doch mit den wirklich<br />
Betroffenen und ihren Vertretern wurde<br />
bislang nicht geredet. In dem Schreiben<br />
appellieren die vier Organisationen daher<br />
nun an Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir<br />
als Bündnis fordern Sie auf, so schnell wie<br />
möglich die Betroffenen zu beteiligen und<br />
einen Sozialgipfel einzuberufen. <strong>VdK</strong>, So-<br />
VD, Tafel und Deutscher Mieterbund stehen<br />
dafür bereit!“<br />
Aus Sicht von <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena<br />
Bentele ist „jetzt die Zeit zu handeln!“. Sie<br />
fordert: „Angesichts steigender Preise und<br />
des nahenden Winters brauchen wir sofort<br />
Lösungen für das untere Drittel unserer<br />
Gesellschaft.“ Als drängendste Themen<br />
sehen der <strong>VdK</strong> und seine Partner eine 300-<br />
Euro-Energiepauschale für Rentnerinnen<br />
und Rentner, höhere, armutsfeste Regelsätze<br />
beim geplanten Bürgergeld und in der<br />
Grundsicherung, eine zügige Wohngeld-Reform<br />
mit einem dauerhaften Heizkostenzuschuss<br />
für alle einkommensschwachen<br />
Haushalte, ein Kündigungsmoratorium für<br />
Mieterinnen und Mieter sowie die Einführung<br />
der Kindergrundsicherung. vo<br />
Mehr zur Energiekrise Seite 2
2 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Politik<br />
Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel<br />
Die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise belasten viele Menschen<br />
Entlastung dringend gebraucht<br />
Die Zahl älterer Menschen, die verarmen, wächst<br />
Die hohe Inflation und die steigenden<br />
Strom- und Energiepreise bereiten<br />
immer mehr Menschen Sorge.<br />
Nicht alle werden von der Bundesregierung<br />
entlastet. Einige, wie etwa<br />
Rentnerinnen und Rentner, aber<br />
auch Alleinerziehende, kommen<br />
kaum noch über die Runden.<br />
Wenn <strong>VdK</strong>-Mitglied Delal Barzani*<br />
aus Neumarkt in Bayern einkaufen<br />
geht, muss sie jeden Cent<br />
umdrehen. Nach einer Krebserkrankung<br />
und einer schweren<br />
Operation konnte die Mutter zweier<br />
Söhne lange nicht mehr arbeiten.<br />
Die 44-Jährige bezieht derzeit<br />
Übergangsgeld, eine kleine Erziehungsrente<br />
und Kindergeld. Mehr<br />
Einkünfte hat die Alleinerziehende<br />
nicht. Auch wenn sie im Herbst<br />
wieder zu arbeiten beginnt, wird<br />
sie nur 300 Euro mehr haben.<br />
Die derzeit knapp 2000 Euro reichen<br />
gerade so für sie und die Kinder.<br />
„Wir müssen genau überlegen,<br />
was wir essen und trinken“, sagt die<br />
Kinderpflegerin. Weil alles immer<br />
teurer wird, hat sie noch mehr Sparmaßnahmen<br />
getroffen. Unter anderem<br />
kündigte sie ihren Fitnessstudio-Vertrag,<br />
fährt nur noch Auto,<br />
wenn es unbedingt sein muss, und<br />
der jüngere Sohn verzichtet auf sein<br />
Hobby. Vor einigen Jahren hatte sie<br />
ein kleines Häuschen gekauft, weil<br />
sie ihre Kinder versorgt wissen<br />
wollte, wenn der Krebs wiederkommen<br />
sollte. Das bezahlt sie nun ab.<br />
Für das Heizöl musste sie sich Geld<br />
von einer Freundin leihen, und<br />
wenn im Haus etwas kaputtgeht,<br />
Viele Menschen kommen aufgrund der hohen Preise kaum noch über die<br />
Runden. Auch manche Hausbesitzer gehören dazu.<br />
dauert es oft lange, bis sie es ersetzen<br />
kann.<br />
Keine Grundsicherung<br />
Auch Siglinde Schürmann-Ittenbach<br />
und ihr Mann kommen nur<br />
knapp über die Runden. Die Rentner<br />
waren viele Jahre selbstständig<br />
und leben in einem kleinen Häuschen<br />
in Oberfranken. Zusammen<br />
haben sie monatlich etwa 2100<br />
Euro zur Verfügung – das sind<br />
rund 300 Euro zu viel, um Grundsicherung<br />
beantragen zu können.<br />
„Mein Mann ist privat krankenund<br />
pflegeversichert, zwar zu einem<br />
günstigen Tarif, aber auch das<br />
kostet viel Geld“, erzählt die<br />
67-Jährige. Sie ist froh, dass sie<br />
beide wenigstens Wohn eigentum<br />
haben, „sonst wüsste ich nicht, wie<br />
wir durchkommen sollten“.<br />
Als sie im April Heizöl bestellen<br />
mussten, wurde ihnen Grundsicherung<br />
bewilligt, weil die Einkünfte<br />
in diesem Monat abzüglich<br />
der Ausgaben für das Öl deutlich<br />
unter dem Existenzminimum lagen.<br />
„Wir müssen sparen, wo es<br />
nur geht. Trotzdem bleibt nur wenig<br />
zum Leben übrig“, sagt das<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglied. Dass die private<br />
Altersvorsorge voll auf ihre Einkünfte<br />
angerechnet wird, empfindet<br />
sie als Strafe. Denn diese hatte<br />
sie eigentlich abgeschlossen, um<br />
im Alter gut versorgt zu sein.<br />
<br />
Annette Liebmann<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
Foto: imago images/allefarben-foto<br />
Zunehmend viele Menschen in<br />
Deutschland sind armutsgefährdet,<br />
wie ein Bericht des Paritätischen<br />
Gesamtverbands zeigt. Hohe Preise<br />
infolge der Energiekrise verschlimmern<br />
ihre Situation. Der <strong>VdK</strong> fordert<br />
für sie schnelle, gezielte Hilfe.<br />
13,8 Millionen Menschen zählen<br />
in Deutschland zu den Armutsgefährdeten,<br />
das sind 600 000 mehr als<br />
vor 2020. Die Armutsquote liegt bei<br />
16,6 Prozent und erreicht damit einen<br />
neuen Höchststand, so der Armutsbericht<br />
<strong>2022</strong> des Paritätischen<br />
Gesamtverbands. Auffällig ist ein<br />
hoher Anstieg bei Rentnerinnen und<br />
Rentnern, von denen inzwischen<br />
17,9 Prozent armutsgefährdet sind.<br />
Ihre Lage droht sich angesichts<br />
steigender Preise in vielen Bereichen<br />
weiter zu verschlechtern. Vor allem<br />
Energie wird teurer, die Kosten für<br />
Gas, Öl und Strom werden drastisch<br />
steigen, und infolge dessen werden<br />
sich auch viele Waren und Dienstleistungen<br />
verteuern.<br />
Der <strong>VdK</strong> fordert daher dringend<br />
weitere Entlastungen wie ein Wärme-Kontingent<br />
von 10 000 Kilowatt-Stunden<br />
pro Jahr und Haushalt<br />
zu einem fairen Preis. Erst was darüber<br />
liege, dürfe teurer sein. „Die<br />
300-Euro-Pauschale muss zudem<br />
jetzt endlich auch für Rentnerinnen<br />
und Rentner kommen“, sagt<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />
Das untere Einkommensdrittel müsse<br />
Anspruch auf Wohngeld erhalten,<br />
die Heizkosten müssten dauerhaft<br />
darin enthalten sein und jährlich<br />
entsprechend der Preissteigerungen<br />
angepasst werden. „Die Anträge<br />
müssen zudem einfacher werden,<br />
und wir brauchen eine Informationskampagne.<br />
Denn viele Berechtigte<br />
nutzen ihren Anspruch auf<br />
Wohngeld nicht“, sagt Bentele. vo<br />
Rentnerinnen und Rentner leiden unter steigenden Preisen.<br />
Foto: picture alliance/Maxim Usik<br />
KOMMENTAR<br />
Von Staub befreien<br />
Auf dem Sozialversicherungssystem<br />
liegt der Staub des späten<br />
19. Jahrhunderts, in dem unser<br />
Sozialstaat unter Bismarck seinen<br />
Anfang nahm. Zeit also, mal<br />
gründlich durchzufegen.<br />
Dieser Meinung ist nicht nur der<br />
<strong>VdK</strong>. Schützenhilfe kommt vom<br />
Präsidenten des Bundessozialgerichts,<br />
Rainer Schlegel. Er forderte<br />
beim 1. Bayerischen Sozialrechtstag<br />
in München, dass Beamtinnen<br />
und Beamte, Selbstständige,<br />
aber auch Berufsgruppen<br />
wie Ärztinnen und Ärzte in<br />
die gesetzliche Rentenversicherung<br />
einzahlen. Ein System, das<br />
vor allem gut verdienenden<br />
Menschen attraktive Versorgungsmöglichkeiten<br />
außerhalb<br />
der gesetzlichen Rente ermöglicht,<br />
sei „nicht mehr zeitgemäß“.<br />
Als oberster Richter am Bundessozialgericht<br />
sieht Schlegel täglich<br />
die Auswirkungen des Sozialrechts.<br />
Er sieht die Lücken, die<br />
das System für viele Menschen<br />
nicht schließt. Auch wir im <strong>VdK</strong><br />
kennen viele Rentnerinnen und<br />
Rentner, die nicht wissen, wie sie<br />
beispielsweise die derzeit hohen<br />
Energiekosten tragen sollen.<br />
Ich freue mich, dass die <strong>VdK</strong>-<br />
Idee einer „Rente für alle“ in<br />
höchsten Juristenkreisen diskutiert<br />
wird. Bis marcks Welt, in der<br />
Selbstständige oft vermögend,<br />
Hand werker streng ständisch<br />
und Beamte eine kleine Gruppe<br />
waren, ist Geschichte. Doch unser<br />
Rentensystem ist dort stehen<br />
geblieben.<br />
Verena Bentele<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Wir brauchen heute eine sichere<br />
gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen.<br />
Denn wenn trotz<br />
jahrzehntelanger Arbeit später<br />
ein Leben in Armut oder knapp<br />
darüber droht, höhlt das die<br />
Glaubwürdigkeit des Sozialstaats<br />
insgesamt aus.<br />
Dagegen ist die Rente mit 70,<br />
wie sie der Präsident des Arbeitgeberverbands<br />
Gesamtmetall,<br />
Stefan Wolf, aus der Mottenkiste<br />
ge kramt hat, lebensfremd. Viele<br />
schaffen es nicht einmal, bis 65<br />
zu arbeiten. Kürzungen treffen<br />
aber gerade Menschen mit niedrigen<br />
Rentenansprüchen sehr<br />
hart. Damit nicht genug: Diese<br />
Menschen sterben etwa fünf<br />
Jahre früher als solche mit hohen<br />
Ruhestandseinkommen.<br />
Die Zeit ist reif für eine „Rente für<br />
alle“. Das Solidarsystem an sich<br />
hat sich in den aktuellen Krisen<br />
sehr gut bewährt. Es muss dauerhaft<br />
gestärkt werden.<br />
Gesetzlich Versicherte zahlen mehr<br />
Höherer Zusatzbeitrag bedeutet Rentenkürzung<br />
Weil die Bundesregierung die<br />
Mehrausgaben der gesetzlichen<br />
Krankenkassen nicht allein über<br />
Steuern ausgleichen will, steigen<br />
ab 2023 die Beiträge.<br />
Der Beitragssatz vieler Kassen soll<br />
auf 16,2 Prozent steigen.<br />
Foto: picture alliance/Jens Kalaene<br />
Das Loch ist groß, so sehr, dass<br />
schon im März von einem „Beitrags-Tsunami“<br />
die Rede war, der<br />
notwendig sei, um es zu stopfen:<br />
Mindestens 17 Milliarden Euro<br />
werden den gesetzlichen Krankenkassen<br />
im kommenden Jahr fehlen.<br />
Gesundheitsminister Karl Lauterbach<br />
(SPD) will deshalb den<br />
Zuschuss aus Steuermitteln um<br />
zwei Milliarden Euro erhöhen und<br />
ein Bundesdarlehen von einer Milliarde<br />
Euro aufnehmen. Den Rest<br />
sollen die 57 Millionen gesetzlich<br />
versicherten Beitragszahler mit einem<br />
um 0,3 Prozent steigenden<br />
Zusatzbeitrag finanzieren. Zusammen<br />
mit dem allgemeinen Beitragssatz<br />
von derzeit 14,6 Prozent zahlen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
dann 16,2 Prozent vom Bruttolohn<br />
für die Krankenversicherung – so<br />
viel wie noch nie zuvor.<br />
Die höheren Beiträge treffen vor<br />
allem Gering- und Durchschnittsverdiener<br />
sowie Rentnerinnen und<br />
Rentner hart. Fällig wird der Zusatzbeitrag<br />
auch auf Betriebsrenten.<br />
Für Millionen ältere Menschen<br />
bedeutet das eine Kürzung der<br />
Nettorente ausgerechnet in einer<br />
Zeit hoher Preissteigerungen in<br />
vielen Bereichen. Als „unzumutbar“,<br />
kritisiert das <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele. „Das hohe Defizit<br />
war lange absehbar. Bevor wieder<br />
die Versicherten zur Kasse gebeten<br />
werden, sollten zunächst andere<br />
Maßnahmen ergriffen werden.“<br />
Zu diesen Maßnahmen gehört aus<br />
Sicht des <strong>VdK</strong> die Anhebung der<br />
Beitragsbemessungsgrenze, um höhere<br />
Einkommen stärker heranzuziehen.<br />
Auch der Steuerzuschuss<br />
sollte endlich die familienpolitischen<br />
Ausgaben wie die Familienversicherung<br />
oder das Mutterschaftsgeld<br />
abdecken. „Hier ist noch<br />
großes Potenzial, da Schätzungen<br />
von bis zu 57 Milliarden Euro im<br />
Jahr ausgehen“, sagt Bentele.<br />
Unterdessen warnte der AOK-<br />
Bundesverband, dass das Defizit<br />
noch größer ausfallen könnte als<br />
erwartet. In dem Fall müssten die<br />
Beiträge noch stärker steigen. vo<br />
Trauer um<br />
Karl-Heinz Fries<br />
Der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong><br />
Deutschland<br />
trauert um<br />
seinen früheren<br />
Vizepräsidenten<br />
Karl-<br />
Heinz Fries.<br />
Der ehe malige<br />
Landesvorsitzende<br />
von Nordrhein-Westfalen verstarb<br />
am 6. Juli mit 79 Jah ren.<br />
Von 2010 bis 2017 engagierte<br />
sich Fries als <strong>VdK</strong>-Vizepräsident.<br />
<strong>VdK</strong>-Ehrenpräsidentin Ulrike Mascher<br />
erinnert sich gerne an die<br />
Zusammenarbeit mit ihm: „Ich<br />
habe als damalige <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Karl-Heinz Fries als außerordentlich<br />
loyalen und zuverlässigen<br />
Menschen kennen- und schätzen<br />
gelernt. Er war geprägt vom unbedingten<br />
Willen zu helfen, ohne<br />
sich in den Vordergrund zu stellen.<br />
In den gemeinsamen Jahren im<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidium hat er die voranschreitende<br />
Modernisierung unseres<br />
Sozialverbands aktiv betrieben<br />
und ist dabei nah an der Basis geblieben.<br />
Seinen Rat habe ich immer<br />
sehr geschätzt.“<br />
Dem Kreisverband Siegen-Olpe-<br />
Wittgenstein und besonders dem<br />
Ortsverband seiner Heimat Burbach<br />
war Fries bis zu seinem Tod<br />
eng verbunden. Viele <strong>VdK</strong>-Mitglieder<br />
sind ihm dankbar für seine<br />
persönliche Hilfe. Der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> wird ihm stets ein ehrendes<br />
Andenken bewahren. bsc<br />
Foto: Peter Himsel<br />
2 RHPfalz<br />
Allgemein
Hintergrund<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
3<br />
Schutz vor Putins Bomben<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglieder öffnen Geflüchteten aus der Ukraine ihre Häuser und Herzen<br />
Rund 900 000 Ukrainerinnen und<br />
Ukrainer sind seit dem russischen<br />
Angriff nach Deutschland geflüchtet.<br />
Viele wurden von Bürgerinnen<br />
und Bürgern privat aufgenommen<br />
– auch von <strong>VdK</strong>-Mitgliedern. Wie<br />
ihr Alltag seitdem aussieht, erzählen<br />
sie in der <strong>VdK</strong>-ZEITUNG.<br />
Karin Pörtner-Kurz, 70, und<br />
Eckhard Kurz, 68, aus Heilberscheid<br />
im Westerwald: „Als der<br />
Krieg in der Ukraine ausbrach,<br />
beendeten wir die Suche nach einem<br />
Käufer für unser Haus, das wir<br />
vom Nachbarn geerbt hatten. Wir<br />
teilten der Stadt mit, dass wir für<br />
Geflüchtete Platz haben, und kurz<br />
darauf standen drei Familien mit<br />
neun Personen vor unserer Tür. Die<br />
Spendenbereitschaft im Ort war<br />
riesig. Schnell war die Speisekammer<br />
gefüllt und passende Kleidung<br />
gesammelt. Die Familien waren mit<br />
dem Wichtigsten versorgt.<br />
Herz-OP abgebrochen<br />
Eines Tages erzählte mir die<br />
36-jährige Ljubov, die mit ihren<br />
drei minderjährigen Kindern bei<br />
uns untergekommen war, dass ihr<br />
Mann noch in Lemberg sei. Es war<br />
unglaublich: Ihr Oleksandr wurde<br />
gerade am Herzen operiert, als die<br />
russische Armee die Stadt im Westen<br />
der Ukraine bombardierte. Die<br />
Ärzte mussten die Operation abbrechen.<br />
Der 53-Jährige blieb zurück,<br />
als die Familie floh.<br />
Ljubov fuhr Ende April<br />
mit einem Kleinbus<br />
nach Lemberg. Drei<br />
Tage später war sie<br />
mit ihrem kranken<br />
Ehemann<br />
wieder zurück<br />
bei uns. Oleksandr<br />
wird nun<br />
von meiner Hausärztin<br />
und einem<br />
Kardiologen<br />
medizinisch<br />
versorgt.<br />
Monika und Burghard Schönig mit<br />
Valentyna (links).<br />
Im Haus von Eckhard Kurz und Karin Pörtner-Kurz (Mitte) wohnen zwei<br />
Familien. Das Foto zeigt neben diesen Familien eine weitere, die bei<br />
Freunden der Familie Kurz untergekommen ist.<br />
Fotos: privat<br />
Die Zusammenarbeit mit den<br />
Behörden klappt gut: Von der Registrierung<br />
bis zur Erstausstattung<br />
mit Bargeld durch das Sozialamt<br />
verlief alles sehr unkompliziert.“<br />
Monika, 72, und Burghard<br />
Schönig, 71, aus Idar-Oberstein:<br />
„Valentyna kam mit zwei Plastiktaschen<br />
bei uns an, in die sie<br />
vor der Flucht Hals über<br />
Kopf ihre Habseligkeiten<br />
gepackt hatte.<br />
In einer waren<br />
selbst gestickte<br />
Heiligenbildchen<br />
mit goldenen Perlen.<br />
Das sind ihre<br />
kleinen Kunstschätze.<br />
Valentyna<br />
ist 69 Jahre alt und<br />
kommt aus<br />
Kiew. Seit Mitte<br />
März wohnt<br />
sie bei uns. Am Anfang hat sie oft<br />
geweint. Ich glaube, auch vor Erleichterung,<br />
dem Krieg entkommen<br />
zu sein. Valentynas Tochter<br />
und ihre zwei Enkelinnen wohnen<br />
drei Häuser weiter. Für sie ist das<br />
ein Glücksfall. Sie verbringen viel<br />
Zeit miteinander. Pfingsten haben<br />
wir alle zusammen Raclette gegessen.<br />
Unser Garten ist Valentynas<br />
Ein und Alles. An eine Rückkehr<br />
in die Ukraine denkt sie noch<br />
nicht. Stattdessen plant sie schon,<br />
welche Tomaten sie im Frühjahr<br />
setzt. Mit der Verständigung hapert<br />
es noch. Wenn jemand sie<br />
fragt, ob sie deutsch spricht, sagt<br />
sie nur: Ich liebe Monika.“<br />
Annette, 67, und Wilfried Böhm,<br />
67, aus Werther in Ostwestfalen:<br />
„In den Städten, in denen jetzt der<br />
Krieg tobt und die Bomben alles<br />
zerstören, haben die Menschen<br />
zuvor genauso gelebt wie wir. Sie<br />
haben sich so gekleidet wie wir und<br />
haben sich auf den Urlaub gefreut<br />
wie wir. Das wurde mir schlagartig<br />
bewusst, als Marina und Sofia mir<br />
Handy-Fotos zeigten von Familienfeiern<br />
und aus dem Urlaub in<br />
Ägypten. Die 19-jährigen Studentinnen<br />
lernten sich auf der Flucht<br />
kennen. Marina musste mit ihrer<br />
Familie schon einmal 2014 nach<br />
der russischen Besetzung des Donbass<br />
aus Luhansk nach Charkiw<br />
fliehen. Ihre Mutter und ihr Bruder<br />
fanden nun in Italien Schutz.<br />
Ruhe ist das Wichtigste<br />
Wir hatten der Stadt gemeldet,<br />
dass wir eine Wohnung zur Verfügung<br />
haben, und erhielten keine<br />
15 Minuten später einen Anruf.<br />
Nun wohnen Marina und Sofia bei<br />
uns in einer WG. Marina kann hier<br />
ihr BWL-Studium online fortsetzen<br />
und jobbt in einer Eisdiele.<br />
Sofia bereitete sich in Poltawa,<br />
einer Großstadt rund zwei Stunden<br />
entfernt von Charkiw, gerade<br />
auf das Medizinstudium vor, als<br />
der Krieg ausbrach. Sie<br />
arbeitet hier nun in einer<br />
Grundschule mit ukrainischen<br />
Kindern.<br />
D i e<br />
b e i d e n<br />
sind zurückhaltend.<br />
Ich<br />
w e i ß<br />
n i c h t ,<br />
was sie<br />
auf der<br />
F l u c h t<br />
erlebt haben.<br />
Aber hier kommen sie etwas<br />
zur Ruhe. Das ist das Wichtigste.“<br />
Elena, 45, und Horst Gunnesch,<br />
76, aus Wetter bei Marburg: „Meine<br />
Frau stammt aus der Ukraine.<br />
Ihre Schwester Switlana wohnte<br />
mit ihrer Familie in unmittelbarer<br />
Nähe von Charkiw. Unweit ihres<br />
Hauses schlugen auf einem Nachbargrundstück<br />
schon am 24. Februar<br />
nachts Raketen ein. Switlana<br />
und ihr Mann Roman packten das<br />
Nötigste in einen Koffer und fuhren<br />
unter Schock mit Yuliana (6), Olha<br />
(13) und Nikita (17) los. In zwei<br />
weiteren Autos machten sich auch<br />
Switlanas Bruder und der Cousin<br />
mit ihren Familien auf den Weg.<br />
Die Irrfahrt durch die Ukraine,<br />
Rumänien, Ungarn und Österreich<br />
dauerte insgesamt 19 Tage. Wir<br />
waren die ganze Zeit mit Switlana<br />
im Austausch. Als sie endlich mit<br />
ihrer Familie ankam, wohnten sie<br />
die ersten zwei Monate bei uns, ein<br />
Teil der Familie schlief bei unseren<br />
Nachbarn. Ich habe mich umgehört<br />
und erfahren, dass ein Freund<br />
eine Wohnung zur Verfügung<br />
stellt, die noch renoviert und eingerichtet<br />
werden musste. Die Hilfsbereitschaft<br />
von Verwandten,<br />
Freunden und Nachbarn war riesig:<br />
Küche, Waschmaschine, Esstisch,<br />
Geschirr – alles wurde gespendet.<br />
Mein Schwager Roman hat mittlerweile<br />
eine feste Anstellung<br />
bei einem Handwerksbetrieb,<br />
Nikita und Olha<br />
bereiten sich auf das<br />
neue Schuljahr<br />
vor. Unsere Ged<br />
a n k e n<br />
sind oft<br />
bei den<br />
Verwandten<br />
meiner<br />
Frau, die<br />
noch an<br />
der Grenze<br />
zu Rumänien<br />
aush<br />
a r r e n ,<br />
weil sowohl der Mann als auch der<br />
Sohn nicht ausreisen dürfen. Wir<br />
Sofia (links) und Marina zeigen die ukrainische<br />
Fahne. Sie wohnen bei Wilfried Böhm.<br />
unterstützen sie, so gut es geht mit<br />
Spenden.“ Jörg Ciszewski<br />
Informationen für Geflüchtete und<br />
Helfer unter<br />
www.vdk.de/deutschland/<br />
pages/84641/ukraine-hilfe<br />
Millionen Menschen verloren ihre Heimat<br />
Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung widmet sich der Zwangsmigration in Geschichte und Gegenwart<br />
Viele Deutsche fühlen sich bei den<br />
Bildern vom Krieg in der Ukraine an<br />
ihre eigene Flucht erinnert. Rund<br />
14 Millionen Deutsche mussten<br />
infolge des Zweiten Weltkriegs<br />
ihre Heimat verlassen. Das Dokumentationszentrum<br />
Flucht, Vertreibung,<br />
Versöhnung in Berlin beleuchtet<br />
die Ursachen von<br />
Zwangsmigration, widmet sich<br />
dem Schicksal nicht nur deutscher<br />
Betroffener und schlägt einen Bogen<br />
in die Gegenwart.<br />
Der Krieg tobte 1945 in Niederschlesien<br />
unerbittlich: Viele Deutsche<br />
ergriffen aus Angst vor der<br />
vorrückenden Roten Armee die<br />
Flucht in Richtung Westen. Darunter<br />
auch Margita Paetsch und<br />
ihre Tochter. Für den Fall, dass<br />
Astrid in den Kriegswirren verloren<br />
gehen sollte, ritzte die Mutter<br />
die Heimatadresse in die Innenseite<br />
des braunen Brustbeutels und<br />
legte ihn Astrid um den Hals: „Astrid<br />
Paetsch Fraustadt/Schl. Adolf<br />
Hitler Straße 3“. Der Lederbeutel<br />
ist heute in einer Glasvitrine der<br />
Ausstellung des Dokumentationszentrums<br />
Flucht, Vertreibung,<br />
Versöhnung in Berlin zu sehen.<br />
Ein weiteres Exponat ist die<br />
Armbinde von Hermine Sprinz,<br />
die sie bis zu ihrer Vertreibung aus<br />
der böhmischen Heimat im Sommer<br />
1946 tragen musste. Auf dem<br />
schmutzigen Stück Stoff steht der<br />
Buchstabe „N“ für „Niemec“, das<br />
im Tschechischen „Deutsch“ heißt.<br />
Deutsche flohen 1945 aus Ostpreußen vor der Roten Armee und kamen<br />
dabei durch vom Krieg zerstörte Ortschaften. Foto: picture alliance/akg-images<br />
Deutsche wurden so stigmatisiert<br />
und nach dem Krieg für die Gräueltaten<br />
der Nazis verantwortlich<br />
gemacht. Sie mussten von den<br />
Tschechoslowaken Demütigungen<br />
über sich ergehen lassen.<br />
Als die deutschen Truppen nach<br />
ihrem barbarischen Feldzug zurückgedrängt<br />
wurden, richtete sich<br />
der Zorn der einheimischen Bevölkerung<br />
auch in anderen Regionen<br />
oft gegen die Deutschen. Nur wenige<br />
entschieden sich, dennoch in<br />
ihrer alten Heimat zu bleiben.<br />
Viele wurden später vertrieben.<br />
Schwierige Integration<br />
Die Ausstellung zeichnet anhand<br />
historischer Karten nach, aus welchen<br />
Regionen Geflüchtete und<br />
Vertriebene kamen. Während die<br />
Deutschen Rumänien, Jugoslawien,<br />
Schlesien, Ostpreußen und Pommern<br />
verließen, drängte die Sowjetunion<br />
wiederum rund 1,7 Millionen<br />
Polen und Ukrainer aus Ostpolen,<br />
das sich Stalin einverleibt hatte.<br />
Diese Menschen wurden oft in den<br />
neuen polnischen Westgebieten wie<br />
Schlesien angesiedelt.<br />
Ein weiterer Bereich im Dokumentationszentrum<br />
widmet sich<br />
der Integration deutscher Flüchtlinge<br />
und Vertriebener in Nachkriegsdeutschland,<br />
die nicht ohne<br />
soziale Spannungen verlief. Damit<br />
wird die Gründungsphase der jungen<br />
Republik beleuchtet, in der<br />
sich auch der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
gründete. Der <strong>VdK</strong> trat für die<br />
Rechte Kriegsbeschädigter ein und<br />
leistete einen wichtigen sozialpolitischen<br />
Beitrag in jener Zeit.<br />
Wie aktuell das Thema Flucht<br />
und Vertreibung ist, macht die<br />
Ausstellung mit Hinweisen auf<br />
jüngste Flüchtlingsbewegungen<br />
innerhalb Afrikas sowie aus Syrien<br />
und der Ukraine deutlich. <br />
<br />
Jörg Ciszewski<br />
Info<br />
Das Dokumenta tionszentrum ist<br />
barrierefrei zugänglich und<br />
Dienstag bis Freitag von 10 bis 19<br />
Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.<br />
Dokumenta tionszentrum<br />
Flucht, Vertreibung,<br />
Versöhnung<br />
Stresemannstraße 90<br />
10963 Berlin<br />
• (0 30) 2 06 29 98-0<br />
www.flucht-vertreibungversoehnung.de<br />
3 RHPfalz<br />
Allgemein
4 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Politik<br />
„Arm wird durch unsere Forderungen niemand“<br />
Millionenerbin berichtet über ihr Engagement bei der Initiative taxmenow, die höhere Steuern für Superreiche fordert<br />
Stefanie Bremer gehört zu einer<br />
Gruppe von Millionenerbinnen und<br />
-erben, die sich für ein gerechteres<br />
Steuersystem einsetzen. Unter<br />
dem Namen taxmenow („Besteuere<br />
mich jetzt“) hat die Organisation<br />
bereits für viel Aufsehen gesorgt.<br />
Die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG sprach mit<br />
Stefanie Bremer über ihre Kritik am<br />
bestehenden System und ihre Forderungen.<br />
Sie kritisieren unser Steuersystem<br />
als ungerecht. Was sind Beispiele<br />
dafür?<br />
Im Erbschaftssteuergesetz gibt es<br />
die Regelung: Wenn jemand drei<br />
Wohnungen erbt, zahlt er darauf<br />
die volle Erbschaftssteuer. Wenn<br />
man dagegen 300 Wohnungen<br />
erbt, dann wertet das Finanzamt<br />
dies automatisch als Immobilienunternehmen,<br />
und stuft es als Betriebsvermögen<br />
ein, und das Erbe<br />
unterliegt nur zu einem Bruchteil<br />
der Erbschaftssteuer. Ein anderes<br />
Beispiel ist das Strafgeld für einen<br />
verurteilten VW-Manager, das der<br />
Konzern gezahlt hat und dies als<br />
Betriebsausgabe steuerlich geltend<br />
machen konnte.<br />
Warum gibt es solche Regeln, die<br />
Reiche steuerlich begünstigen?<br />
Es gibt in dem Bereich enorme<br />
Lobbyarbeit. Wir sind als Gesellschaft<br />
leider sehr auf finanziellen<br />
Gewinn aus. Gegenseitige Wertschätzung<br />
läuft über unsere finanzielle<br />
Situation. Das widerspricht<br />
komplett dem, was man unter<br />
Gemeinwohl versteht. Aber leider<br />
scheint im Moment kaum jemand<br />
in der Politik den Willen zu haben,<br />
das zu ändern.<br />
Von Seiten der Unternehmer, in<br />
Form der Arbeitgeberverbände,<br />
kommt ja immer wieder das Argument,<br />
höhere Steuern gefährdeten<br />
Arbeitsplätze.<br />
Das Problem ist, dass dieses Arbeitsplatzargument<br />
zieht, ob es<br />
stimmt oder nicht, gerade auch<br />
weil wir in einer Zeit von immer<br />
größerer Unsicherheit leben. Wir<br />
können uns nicht mehr sicher sein,<br />
dass wir den Job, den wir einmal<br />
mit 18 gelernt haben, ein Leben<br />
lang behalten. Wir haben Konflikte,<br />
den Klimawandel, Corona, und<br />
dann klammern wir uns an jedes<br />
bisschen Sicherheit. Und eine sichere<br />
Arbeitsstelle ist natürlich<br />
etwas, das uns Halt gibt. Und dann<br />
kommt uns das Argument mit dem<br />
Stellenabbau bedrohlich vor.<br />
Haben Sie ein Argument, das Sie<br />
dem entgegensetzen können?<br />
An die Unternehmen gerichtet<br />
sage ich: „Solange ihr Gewinne<br />
ausschütten könnt, könnt ihr damit<br />
auch Arbeitsplätze finanzieren.<br />
Bitte hinterfragt doch mal die<br />
Prämisse, dass ein Unternehmen<br />
seinen Eigentümern immer massiven<br />
Gewinn einbringen muss.“<br />
Kann es nicht auch ein Gewinn<br />
sein, in einer gesunden Gesellschaft<br />
zu leben, mit Produkten, die<br />
wir tatsächlich brauchen? Ich<br />
Unter dem Pseudonym Stefanie Bremer engagiert sich die 32-jährige<br />
Württembergerin für die Organisation taxmenow.<br />
würde mir aber auch einen Staat<br />
wünschen, der sich klar positioniert<br />
und sagt: „Wir können einerseits<br />
selbst Arbeitsplätze schaffen.<br />
Darüber hinaus können wir Rahmenbedingungen<br />
herstellen, damit<br />
privatwirtschaftliche Unternehmen<br />
Arbeitsplätze schaffen und<br />
erhalten. Wir dürfen uns nicht erpressbar<br />
machen durch große<br />
Unternehmen. Das tut uns als<br />
Gesellschaft nicht gut.“<br />
Was sagen Sie zum Argument, das<br />
sei eine Neiddebatte?<br />
Das ist ein Argument, das immer<br />
wieder gebracht wird, was natürlich<br />
schlechte Gefühle schürt.<br />
Damit werden alle diejenigen, die<br />
höhere Steuern für Vermögende<br />
Foto: Matthias Ziegler<br />
fordern, in eine schlechte Ecke<br />
geschoben, und damit verliert eine<br />
solche Forderung, ob sie richtig ist<br />
oder nicht, ihre Bedeutung. Ich<br />
persönlich habe noch keinen Menschen<br />
getroffen, der neidisch auf<br />
mich war. Ich habe aber viele Menschen<br />
getroffen, die sagen: „Ich<br />
brauche Hilfe für meinen Lebensunterhalt.<br />
Ich kann aus meiner<br />
eigenen Arbeit, mit meinem Fleiß,<br />
das nicht schaffen.“ Da lassen wir<br />
Menschen im System im Stich, und<br />
das kann nicht sein.<br />
Superreiche könnten doch auch<br />
freiwillig mehr Steuern zahlen?<br />
Freiwilligkeit funktioniert nicht.<br />
Auf das Schuldentilgungskonto<br />
des Bundes zahlt so gut wie niemand<br />
ein. Und ein Staat und seine<br />
Gesellschaft dürfen auch nicht<br />
vom Wohlwollen der Reichen abhängig<br />
sein.<br />
Auf Ihrer Webseite taxmenow.eu<br />
haben Sie eine Petition für eine<br />
höhere Besteuerung von Superreichen<br />
gestartet. Mehr als 80000<br />
Unterschriften haben Sie bereits.<br />
Wer wäre denn von Ihren Forderungen<br />
betroffen?<br />
Es geht um eine Minderheit von<br />
etwa 51 000 Haushalten. Falls der<br />
Staat ihnen bestimmte Steuerprivilegien<br />
streichen würde, brächte<br />
dies jährlich Steuermehreinnahmen<br />
von vorsichtig geschätzt etwa<br />
80 Milliarden Euro. Arm wird<br />
davon aber niemand.<br />
Interview: Sebastian Heise<br />
Grundsicherung muss Existenzminimum sichern<br />
Sozialverbände klagen gegen zu niedrige Anpassung der Regelsätze Anfang des Jahres<br />
Angesichts explodierender Preise<br />
klagen der Sozialverband <strong>VdK</strong> und<br />
der Sozialverband SoVD gegen die<br />
Fortschreibung der Regelsätze für<br />
sieben Millionen Menschen, die zum<br />
Beispiel Grund sicherung im Alter,<br />
bei Erwerbsminderung oder Hartz IV<br />
beziehen.<br />
Genau drei Euro hat Barbara<br />
Beeking seit Januar jeden Monat<br />
mehr auf dem Konto: 356,06 Euro<br />
Grundsicherung insgesamt. Ihre<br />
eigene Rente ist so klein, dass sie<br />
auf wenig mehr als 650 Euro im<br />
Monat kommt. „Was im Discounter<br />
nicht reduziert ist, wird nicht<br />
gekauft, Frisches ist nicht mehr<br />
drin“, sagt die 76-Jährige aus Kranenburg<br />
am Niederrhein. Zwei<br />
Söhne hat sie großgezogen, 20 Jahre<br />
lang die Eltern gepflegt und<br />
deshalb nur in Teilzeit als Verkäuferin<br />
arbeiten können.<br />
So wie Beeking geht es vielen,<br />
vor allem westdeutschen Rentnerinnen.<br />
Weil sie sich um die Familie<br />
gekümmert haben, sind sie im<br />
Alter auf Grundsicherung angewiesen.<br />
Doch die reicht aktuell<br />
kaum zum Leben.<br />
Verstoß gegen Verfassung<br />
Barbara Beeking ist Musterklägerin.<br />
Aus Sicht des <strong>VdK</strong> und des SoVD<br />
hat die Bundesregierung daher<br />
gegen ihren verfassungsmäßigen<br />
Auftrag verstoßen, das Existenzminimum<br />
zeitnah sicherzustellen,<br />
als sie Anfang des Jahres die Regelsätze<br />
um nur 0,76 Prozent erhöhte:<br />
drei Euro für Erwachsene,<br />
zwei für Kinder. Damals lag die<br />
Inflationsrate bei knapp fünf Prozent,<br />
inzwischen liegt sie bei 7,5.<br />
Zwar gab es einmalige Entlastungszahlungen<br />
und für Kinder<br />
in Grundsicherung zusätzlich<br />
20 Euro im Monat. „Doch die verpuffen<br />
angesichts der steigenden<br />
Foto: privat<br />
Kosten“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele.<br />
Beide Verbände wollen daher in<br />
Musterstreitverfahren bis vor das<br />
Bundesverfassungsgericht ziehen.<br />
Sie berufen sich auf frühere Urteile<br />
der Karlsruher Richter, in denen<br />
es sinngemäß heißt: Wird das<br />
Existenzminimum durch plötzlich<br />
auftretende, extreme Preissteigerungen<br />
unterschritten, darf der<br />
Gesetzgeber nicht auf die reguläre<br />
Anhebung der Sätze warten.<br />
Weil die Regelsätze nur alle vier<br />
Jahre neu berechnet werden, werden<br />
in der Zwischenzeit die Sätze<br />
jährlich anhand der aktuellen<br />
Lohn- und Preisentwicklung angepasst.<br />
Das soll sicherstellen, dass<br />
sie nicht an Kaufkraft verlieren.<br />
Grundlage für die Berechnung sind<br />
die Daten der zwölf Monate bis<br />
zum Sommer des Vorjahres. Der<br />
<strong>VdK</strong> kritisiert das schon lange, da<br />
so nicht garantiert ist, dass<br />
Preissteigerungen komplett und<br />
sofort ausgeglichen werden.<br />
Das Problem zeigt sich in diesem<br />
Jahr besonders deutlich: Weil die<br />
Mehrwertsteuer coronabedingt bis<br />
Ende 2020 reduziert war, hatten sich<br />
die Kosten für viele Waren bis zum<br />
Sommer vergangenen Jahres im Vergleich<br />
zum Vorjahreszeitraum kaum<br />
erhöht. Entsprechend niedrig fiel die<br />
Anpassung der Regelsätze aus. Seit<br />
dem Sommer 2021 stiegen die Preise<br />
kontinuierlich an – wegen der wiedereingeführten<br />
vollen Mehrwertsteuer,<br />
der andauernden Corona-<br />
Pandemie und ab Anfang <strong>2022</strong><br />
wegen des Kriegs in der Ukraine. In<br />
die Berechnungen für das Jahr <strong>2022</strong><br />
floss all das jedoch nicht mit ein.<br />
Das hält auch der Bundesarbeitsminister<br />
für problematisch. Nur einen<br />
Tag, nachdem die beiden Sozialverbände<br />
ihre Musterstreitverfahren<br />
angekündigt hatten, teilte Hubertus<br />
Heil (SPD) mit, die Regelsätze erhöhen<br />
und deren Berechnung verändern<br />
zu wollen. Allerdings wurde er<br />
dafür umgehend vom Koalitionspartner<br />
FDP kritisiert.<br />
Neues Bürgergeld<br />
Kurz darauf stellte er Pläne für ein<br />
neues Bürgergeld vor, das die<br />
Grundsicherung und Hartz IV ersetzen<br />
soll. Dieses sieht mehr Qualifizierung<br />
und Fortbildung für Erwerbssuchende<br />
vor. Außerdem sollen<br />
die strengen Regeln gelockert<br />
werden. Höhere Regelsätze seien<br />
geplant, was das konkret heißt, sagte<br />
Heil nicht. Bentele begrüßte die<br />
Pläne, betonte jedoch, dass höhere<br />
Sätze für Menschen in Grundsicherung<br />
„nicht dem Sparzwang derjenigen<br />
zum Opfer fallen dürfen, die<br />
die Schuldenbremse einhalten wollen“.<br />
Der <strong>VdK</strong> werde seine Verfahren<br />
daher weiterverfolgen, bis es<br />
eine angemessene Erhöhung gebe.<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglied Beeking freut<br />
das. Sie ist eine der Musterklägerinnen<br />
des <strong>VdK</strong>. Ihr Verfahren ist<br />
bereits am Sozialgericht Duisburg<br />
anhängig. Heike Vowinkel<br />
Mehr zum Bürgergeld unter:<br />
www.vdk.de/permalink/85343<br />
„Niemand muss<br />
im Winter frieren“<br />
Der Chef der Bundesnetzagentur,<br />
Klaus Müller, erklärt im Podcast<br />
von <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
die Gaspreisexplosion und wie<br />
Menschen mit geringen Einkommen<br />
jetzt geholfen werden kann.<br />
Dass seine Arbeit derart weitreichende<br />
sozialpolitische Folgen haben<br />
würde, hätte Klaus Müller nicht<br />
gedacht, als er im März dieses Jahres<br />
zum Präsidenten der Bundesnetzagentur<br />
ernannt wurde. Doch der<br />
Ukraine-Krieg lässt die Gaspreise<br />
explodieren, und Müller steht seitdem<br />
im Fokus der Öffentlichkeit. In<br />
einer akuten Gasmangellage entscheidet<br />
seine Behörde darüber, wer<br />
in Deutschland noch Gas bekommt.<br />
Im Podcast von <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele erklärt er, warum<br />
private Haushalte dann vor der Industrie<br />
mit Gas versorgt werden und<br />
niemand im Winter frieren muss. Er<br />
appelliert an alle, die können, Gas<br />
zu sparen. Angesichts der explodierenden<br />
Preise spricht Müller sich für<br />
weitere Entlastungsmaßnahmen für<br />
Geringverdiener aus und für eine<br />
Staffelung der Gaspreise im Winter<br />
2023/24. Denn auch der werde von<br />
Gasmangel geprägt sein, so Müller.<br />
Den Podcast finden Sie unter:<br />
www.vdk.de/permalink/85092<br />
4 RHPfalz<br />
Allgemein
So hilft der <strong>VdK</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
5<br />
Leichter in den Rollstuhl und zurück<br />
Der <strong>VdK</strong> Niedersachsen-Bremen setzt ein Niederflurbett für Helmut Gröger bei der Krankenkasse durch<br />
Helmut Gröger ist querschnittsgelähmt.<br />
Der Arzt verordnete ihm ein<br />
Niederflurbett, damit der 73-Jährige<br />
selbstständig in den Rollstuhl<br />
wechseln kann. Doch die Krankenkasse<br />
lehnte ab: Sie hatte eine<br />
falsche Diagnose zugrunde gelegt.<br />
Das Ehepaar hatte es sich so<br />
schön erträumt: Endlich wandern,<br />
wann immer ihnen danach ist. Als<br />
Helmut Gröger mit 67 Jahren in<br />
Rente ging, freuten seine Frau und<br />
er sich auf die vor ihnen liegende<br />
freie Zeit. Jahrzehntelang hatte der<br />
heutige Wolfenbütteler im Bergbau<br />
gearbeitet, viele weitere Jahre als<br />
Angestellter bei einem sozialen<br />
Dienstleister. Während all der Zeit<br />
war er von ernsthaften Krankheiten<br />
verschont geblieben. Doch nun<br />
erkrankte erst seine Frau an Krebs.<br />
Als sie wieder gesund war, wurde<br />
bei ihm mit 71 Jahren ein unheilbarer<br />
Tumor am Rücken diagnostiziert.<br />
Gröger ist heute querschnittsgelähmt.<br />
Er sitzt im Rollstuhl. Nach<br />
der ersten Operation vor anderthalb<br />
Jahren bildete sich ein Dekubitus<br />
am Steißbein. Die acht Zentimeter<br />
tiefe Wunde ist trotz zahlreicher<br />
Therapien bisher nicht<br />
ausgeheilt. Gut eine Stunde hält er<br />
es im Rollstuhl aus, danach muss<br />
er sich wegen starker Schmerzen<br />
wieder hinlegen.<br />
Ohne Hilfe aufstehen<br />
Im höhenverstellbaren Spezialbett kann sich Helmut Gröger eigenständig<br />
aufrichten, um in den Rollstuhl überzusetzen.<br />
Foto: Roman Stannarius<br />
Gröger ist ein positiver Mensch,<br />
auch in schwierigen Situationen.<br />
Aber vor allem jemand, dem seine<br />
Eigenständigkeit wichtig ist. Doch<br />
nun ging ohne seine Frau nichts<br />
mehr: „Der ständige Wechsel zwischen<br />
Bett und Rollstuhl war eine<br />
elende Prozedur“, erzählt Gröger<br />
am Telefon. Die Spezialmatratze<br />
ist wegen seines Dekubitus 18 Zentimeter<br />
dicker als eine herkömmliche.<br />
Ihr Innendruck wird elektronisch<br />
geregelt, um die Druckstelle<br />
optimal zu entlasten. Der Nachteil:<br />
Die Matratze erhöht das Bett.<br />
Sein Arzt verschrieb ihm deshalb<br />
ein Niederflurbett, dessen<br />
Liegefläche sich auf eine Höhe von<br />
20 bis 25 Zentimetern absenken<br />
lässt. Doch die Krankenkasse<br />
lehnte den Antrag auf das Bett ab<br />
– und zwar in der Rekordzeit von<br />
vier Tagen.<br />
Das überraschte nicht nur Gröger,<br />
sondern auch den <strong>VdK</strong> in<br />
Braunschweig, an den er sich daraufhin<br />
wandte. <strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsführer<br />
Roman Stannarius<br />
sah sich die Akte genauer an und<br />
stellte fest: Weil Niederflurbetten<br />
normalerweise für Demenzerkrankte<br />
eingesetzt werden, um<br />
mögliche Stürze in der Nacht abzumildern,<br />
hatte Grögers Krankenkasse<br />
automatisch angenommen,<br />
dass auch er dement sei. Statt<br />
des Spezialbettes schlugen sie ihm<br />
daher vor, für die Nacht einfach<br />
Gitter an sein vorhandenes Bett zu<br />
montieren.<br />
„Wie die darauf kamen, dass<br />
Herr Gröger dement ist, ist mir ein<br />
Rätsel“, so Roman Stannarius.<br />
Denn einen Eindruck vor Ort hatte<br />
sich niemand gemacht. Vor allem<br />
das hat Gröger geärgert. „Keiner<br />
schaut sich an, wie es mir geht,<br />
was ich kann und was nicht. Wie<br />
will die Kasse da eine sachgerechte<br />
Entscheidung treffen, die mir<br />
hilft?“<br />
Stannarius stellte in seinem Widerspruch<br />
an die Krankenkasse<br />
klar, worum es tatsächlich geht:<br />
nicht um Demenz, sondern um den<br />
Ausgleich der Höhendifferenz zwischen<br />
Rollstuhl und Bett, um<br />
selbstständig hin und her wechseln<br />
zu können. Das leuchtete auch der<br />
Krankenkasse ein, und sie bewilligte<br />
endlich das Spezialbett.<br />
Große Erleichterung<br />
Für Helmut Gröger und seine<br />
Frau bedeutet das Bett eine große<br />
Erleichterung. „Endlich muss meine<br />
Frau nicht mehr ständig in<br />
meiner Nähe sein, wenn ich mich<br />
hinlegen oder aufstehen will.“ Er<br />
sei sehr froh, dass sie beide Mitglied<br />
im <strong>VdK</strong> geworden seien.<br />
„Sonst hätte ich heute noch kein<br />
Niederflurbett.“<br />
Inzwischen hat Gröger eine neue<br />
Dekubitustherapie begonnen. Eine<br />
Art Pumpe säubert die Wunde. Er<br />
hofft, dass sie jetzt endlich heilt.<br />
Es ist die Voraussetzung dafür,<br />
dass er seine Physio- und Ergotherapie<br />
fortsetzen kann, um wieder<br />
mobiler zu werden.<br />
Mehr als 170 der insgesamt 222<br />
Harzer Wandernadeln haben seine<br />
Frau und er vor der Erkrankung<br />
erwandert. Wenn es Helmut Gröger<br />
wieder besser geht, wollen<br />
beide erneut losziehen. Ein Aktivund<br />
ein Elektrorollstuhl stehen<br />
bereit.<br />
Sabine Kohls<br />
Entgeltpunkte für pflegende Altersrentner<br />
<strong>VdK</strong> empfiehlt Flexirente und plant Musterstreitverfahren<br />
Foto: picture alliance/Zoonar/stockfotos-mg<br />
Wer bereits die volle Altersrente<br />
bezieht, wird bei der Pflege eines<br />
Familienangehörigen benachteiligt.<br />
Für die Pflege erhält man keine<br />
zusätzlichen Entgeltpunkte, die die<br />
Rente erhöhen. Die gibt es nur,<br />
wenn man noch nicht in Rente ist<br />
oder eine Flexi rente bezieht.<br />
Das Flexirentengesetz stammt<br />
aus dem Jahr 2016. Es soll nicht<br />
nur das flexible Arbeiten bis zur<br />
Regelaltersgrenze erleichtern, sondern<br />
auch das Weiterarbeiten nach<br />
der Rente attraktiver machen.<br />
„Jeder privat Pflegende, der in<br />
Vollrente geht, sollte von der Flexirente<br />
Gebrauch machen und eine<br />
Teilrente bis zu 99,99 Prozent beantragen.“<br />
Das empfiehlt Jörg Ungerer,<br />
Leiter der <strong>VdK</strong>-Bundesrechtsabteilung.<br />
„Die minimalen<br />
0,01 Prozent reichen aus, um Entgeltpunkte<br />
für die Pflegetätigkeit<br />
Entgeltpunkte für die private Pflege, und damit mehr Rente, können<br />
Altersrentnerinnen und -rentner über die Flexirente bekommen.<br />
ab Pflegegrad 2 zu bekommen.“<br />
Das könne sich rechnen, auch<br />
wenn man vorübergehend zwei bis<br />
drei Euro weniger Rente im Monat<br />
hat, so Ungerer. Hierzu berät der<br />
jeweilige Rentenversicherungsträger,<br />
beispielsweise die Deutsche<br />
Rentenversicherung oder Knappschaft.<br />
Dort wird auch der notwendige<br />
Antrag auf Flexirente<br />
gestellt.<br />
Bisher lag die Teilrentengrenze<br />
bei 99 Prozent. Nun hat das Bayerische<br />
Landessozialgericht (Az.: L 6<br />
R 199/19 vom 14. <strong>September</strong> 2019)<br />
verkündet, dass die Rentenversicherung<br />
auch eine Teilrente von<br />
99,99 Prozent zahlen muss. Dieses<br />
Urteil gilt aber nicht automatisch<br />
bundesweit. Lehnt ein Rentenversicherungsträger<br />
also den Antrag<br />
auf 99,99 Prozent ab, sollte man<br />
umgehend die Rechtsberatung des<br />
<strong>VdK</strong> aufsuchen. Der Verband wird<br />
dann ein Musterstreitverfahren<br />
führen. Wenn zwei unterschiedliche<br />
rechtliche Auffassungen vorliegen,<br />
kann der <strong>VdK</strong> das Bundessozialgericht<br />
in Kassel anrufen,<br />
damit dieses die Rechtseinheit<br />
herstellt, also gleiches Recht für<br />
alle schafft. Sabine Kohls<br />
5 RHPfalz<br />
Allgemein
6 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Pflege<br />
Mit Nächstenpflege ist wenig verdient<br />
Wer sich um Angehörige kümmert, hat im Arbeitsleben und im Ruhestand finanziell oft Einbußen<br />
Die Pflege von Angehörigen und<br />
die eigene Berufstätigkeit sind oft<br />
nur schwer miteinander vereinbar.<br />
Viele Pflegende scheiden deshalb<br />
aus dem Berufsleben aus. Einen<br />
Anspruch auf die Rückkehr in ihren<br />
alten Job haben sie nicht. Allerdings<br />
lassen sich in der Pflege<br />
auch Rentenansprüche erwerben.<br />
Zwei Jahre hat Karla Haubold<br />
ihre Mutter gepflegt. Um Zeit dafür<br />
zu haben, ging die damals 60-Jährige<br />
vorzeitig in den Ruhestand.<br />
„Ich war mit Leib und Seele Lehrerin<br />
und hätte meinen Beruf gern<br />
behalten“, betont das <strong>VdK</strong>- Mitglied<br />
aus Sachsen. Ihre Entscheidung<br />
bereut sie trotzdem nicht: „Ich<br />
würde wieder diesen Weg wählen,<br />
um meiner Mutter ihren letzten<br />
Weg im Leben zu erleichtern und<br />
würdevoll zu gestalten.“<br />
Doch es ärgert sie, dass sie nun<br />
bis an ihr Lebensende 11,8 Prozent<br />
weniger Rente bekommt. „200 bis<br />
300 Euro mehr zu haben, wäre<br />
schon gut gewesen“, sagt sie. Weil<br />
sie sich 24 Stunden um ihre Mutter<br />
kümmerte, konnte sie das Haus<br />
kaum mehr verlassen.<br />
Kein Einzelfall<br />
Haubold ist kein Einzelfall. Viele<br />
pflegende Angehörige sind finanziell,<br />
körperlich und oft auch seelisch<br />
sehr belastet. Sie bräuchten<br />
viel mehr Unterstützung, um zwischendrin<br />
neue Kraft zu tanken<br />
oder sich um sich selbst kümmern<br />
Wer noch im erwerbsfähigen Alter ist, muss sich oft zwischen Beruf und<br />
Pflege entscheiden. <br />
Foto: imago images/Shotshop<br />
zu können. Häufig wissen sie gar<br />
nicht, was ihnen zusteht, oder wie<br />
man mehr Unterstützung erhält.<br />
Obwohl es schon fast 20 Jahre her<br />
ist, dass Haubold ihre Mutter gepflegt<br />
hat, hat sich an der Situation<br />
für pflegende Angehörige nur wenig<br />
geändert: Tages- und Nachtpflege,<br />
Kurzzeitpflege sowie Entlastungsleistungen<br />
im Haushalt können oft<br />
nicht in Anspruch genommen werden.<br />
Das liegt nicht nur an der<br />
fehlenden Information für Pflegende,<br />
sondern auch daran, dass es in<br />
vielen Regionen keine passende<br />
professionelle Hilfe gibt. Daran<br />
ändert auch der gesetzliche Anspruch<br />
auf Unterstützung nichts.<br />
Nach wie vor stehen pflegende<br />
Angehörige vor der Frage, wie sie<br />
Berufstätigkeit und Pflege unter<br />
einen Hut bekommen sollen. Wer<br />
seinen Job aufgibt oder weniger<br />
arbeitet, hat Zeit zum Pflegen, aber<br />
deutlich weniger Geld. Wer hingegen<br />
weiter Vollzeit arbeitet, bekommt<br />
zwar Gehalt, hat allerdings<br />
wenig Zeit, zu pflegen. Die aktuellen<br />
Regelungen – Rechtsanspruch<br />
auf sechs Monate Freistellung von<br />
der Arbeit oder für zwei Jahre Teilzeitarbeit<br />
sowie Anspruch auf ein<br />
Darlehen – helfen hier kaum weiter.<br />
Wenig Rentenanspruch<br />
Nur wenige profitieren von der<br />
Möglichkeit, durch die Pflege ihre<br />
Rente aufzubessern. Wer beispielsweise<br />
mehr als 30 Stunden pro<br />
Woche arbeitet oder schon vollständig<br />
in Rente ist, geht leer aus.<br />
Außerdem bemisst sich die Höhe<br />
der Rentenpunkte am Pflegegrad<br />
und an den abgerufenen Pflegeleistungen.<br />
Die Faustformel lautet: Je<br />
mehr Pflegesachleistungen in Anspruch<br />
genommen werden, desto<br />
weniger Rentenpunkte gibt es.<br />
Der <strong>VdK</strong> fordert, die Rahmenbedingungen<br />
für pflegende Angehörige<br />
grundlegend zu verbessern.<br />
Sie brauchen mehr Hilfe im Haushalt,<br />
bei der Pflege und bei der<br />
Betreuung. Dazu gehören ausreichend<br />
Plätze in der Tages-, Nachtund<br />
Kurzzeitpflege, eine unabhängige<br />
Pflegeberatung, um Überlastungen<br />
rechtzeitig zu erkennen<br />
und zu verhindern, sowie ein<br />
Budget für sämtliche Unterstützungsleistungen,<br />
sodass passende<br />
Hilfen unbürokratisch und flexibel<br />
ausgewählt werden können.<br />
Damit die Pflege von Angehörigen<br />
nicht zum finanziellen Problem<br />
wird, fordert der <strong>VdK</strong> die<br />
bessere Vereinbarkeit von Pflege<br />
und Beruf. Dazu gehört auch ein<br />
unbefristetes Recht auf Rückkehr<br />
in die Vollzeitbeschäftigung. Außerdem<br />
sollte es, ähnlich wie das<br />
Elterngeld, eine eigene finanzielle<br />
Leistung für die Nächstenpflege<br />
geben.<br />
Auch in der Rente soll die Pflege<br />
besser anerkannt werden, fordert<br />
der <strong>VdK</strong>. So dürfen die Unterstützung<br />
durch Pflegedienste oder die<br />
Berufstätigkeit nicht mit einer<br />
Reduzierung der Rentenpunkte<br />
bestraft werden. Zudem müssen<br />
auch pflegende Angehörige, die<br />
bereits in Rente sind, zusätzliche<br />
Rentenpunkte bekommen.<br />
<br />
Annette Liebmann<br />
<strong>VdK</strong>-Veranstaltung<br />
Der <strong>VdK</strong> Deutschland veranstaltet<br />
am Dienstag, 27. <strong>September</strong>,<br />
von 17.30 bis 19 Uhr ein Symposium<br />
zum Thema „Armut durch<br />
Pflege“. Die Veranstaltung wird<br />
per Livestream übertragen:<br />
www.vdk.de/symposium<br />
Das Recht auf Auszeit<br />
So wird Verhinderungspflege beantragt<br />
Unseriöse Pflegeberatung<br />
Private Firma wirbt mit hohen Pflegeleistungen – und dem <strong>VdK</strong><br />
Auch pflegende Angehörige müsen<br />
sich mal erholen. Über die<br />
Verhinderungspflege können sie<br />
sich für mehrere Stunden und Tage<br />
zu Hause vertreten lassen.<br />
Verhinderungspflege ist für geplante<br />
Auszeiten vorgesehen, beispielsweise<br />
für eine Reha oder einen<br />
Urlaub, aber auch stundenweise<br />
etwa für einen Arzt- oder<br />
Friseurbesuch. Im Gegensatz zur<br />
Kurzzeitpflege findet die Verhinderungspflege<br />
zu Hause statt. Sie<br />
wird bei der Pflegekasse der oder<br />
des Pflegebedürftigen beantragt.<br />
Viele Pflegekassen stellen auf<br />
ihrer Webseite ein Antragsformular<br />
zum Herunterladen bereit. Wer<br />
keinen Computer hat, kann sich<br />
das Dokument auch zusenden lassen.<br />
Zu den Informationen, die für<br />
die Antragstellung benötigt werden,<br />
zählen unter anderem die<br />
Pflegeversicherungsnummer, die<br />
Dauer der Pflegebedürftigkeit,<br />
Verhinderungsgrund und -zeitraum<br />
sowie eventuell die Angaben<br />
zur Person, die während der eigenen<br />
Abwesenheit die Pflege hauptsächlich<br />
übernimmt. Der Antrag<br />
sollte möglichst frühzeitig eingereicht<br />
werden.<br />
Für die Abrechnung stellt der<br />
Pflegedienst oder die Ersatzpflegeperson<br />
eine Rechnung aus. Diese<br />
wird zusammen mit einem ausgefüllten<br />
Abrechnungsformular bei<br />
der Pflegekasse eingereicht. Ratsam<br />
ist es, sich von allen Dokumenten<br />
eine Kopie zu erstellen.<br />
Anspruch auf stundenweise Verhinderungspflege<br />
haben alle Pflegebedürftigen<br />
ab Pflegegrad 2, die<br />
Pflegegeld oder Kombinationsleistungen<br />
beziehen. Pro Kalenderjahr<br />
zahlt die Pflegekasse bis zu<br />
1612 Euro. Wird der Betrag nicht<br />
genutzt, verfällt er zum Jahresende.<br />
<br />
ali<br />
Die Pflege eines Angehörigen ist anstrengend. Deshalb ist es wichtig,<br />
sich auch mal Erholung zu gönnen. <br />
Foto: imago images/Shotshop<br />
Der Sozialverband <strong>VdK</strong> warnt vor<br />
der Pflegeberatung einer Firma,<br />
die verspricht, vermeintliche Ansprüche<br />
von Pflegebedürftigen bei<br />
den Pflegeleistungen durchzusetzen.<br />
Dem Schreiben ist ein Artikel<br />
von „Zeit Online“ über die aktuelle<br />
Pflegestudie des Sozialverbands<br />
<strong>VdK</strong> beigefügt.<br />
Ein <strong>VdK</strong>-Mitglied hatte den Sozialverband<br />
benachrichtigt, dass<br />
es von einem Schweizer Pflegeservice<br />
angeschrieben worden sei.<br />
Das Unternehmen wirbt damit, für<br />
Pflegebedürftige gegen eine Servicegebühr<br />
gesetzliche Ansprüche<br />
aus der Pflegekasse von bis zu<br />
6280 Euro durchzusetzen.<br />
Der Brief enthielt neben dem<br />
Anschreiben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
sowie eine<br />
Rechnung über 129 Euro für die<br />
angebliche Bestellung der Beratungsleistung.<br />
Das Mitglied bestreitet<br />
jedoch, mit der Firma telefoniert<br />
und dabei etwas bestellt zu<br />
haben. Außerdem liegt dem<br />
Schreiben ein Artikel von der „Zeit<br />
Online“ bei, in dem über die Ergebnisse<br />
der <strong>VdK</strong>- Pflegestudie berichtet<br />
wird.<br />
Keine <strong>VdK</strong>-Verbindung<br />
Der <strong>VdK</strong> weist darauf hin, dass<br />
es zwischen dem Sozialverband<br />
und dem Schweizer Pflegeservice<br />
keine Verbindung gibt. Der Artikel<br />
wurde ohne das Wissen des <strong>VdK</strong><br />
dem Schreiben beigelegt und sollte<br />
wohl offensichtlich das Vertrauen<br />
der potenziellen Kundinnen und<br />
Kunden wecken.<br />
Der <strong>VdK</strong> zweifelt zudem an, dass<br />
es sich um eine seriöse Pflegeberatung<br />
handelt. Die Beratung von<br />
Pflegebedürftigen und deren Angehörigen<br />
ist in Deutschland<br />
grundsätzlich kostenlos. Alle Menschen,<br />
die gesetzlich kranken- und<br />
pflegeversichert sind, haben Anspruch<br />
auf eine solche Pflegeberatung,<br />
die von den Kommunen und<br />
den Pflegekassen angeboten wird.<br />
Der <strong>VdK</strong> empfiehlt, diese Beratungsangebote<br />
wahrzunehmen.<br />
„Telefonabzocke“<br />
Auch die Verbraucherzentralen<br />
in Nordrhein-Westfalen und<br />
Baden- Württemberg warnen vor<br />
diesem Anbieter. Ihren Angaben<br />
zufolge ruft der Pflegeservice in<br />
den meisten Fällen ungefragt und<br />
gezielt bei älteren Menschen an,<br />
verwickelt sie in ein Gespräch<br />
über Pflege und schickt ihnen anschließend<br />
eine Rechnung zu.<br />
„Ein aktueller Fall von Telefonabzocke,<br />
der besonders verletzliche<br />
Menschen im Visier hat, die<br />
sich oft nicht wehren können“,<br />
schreibt die Verbraucherzentrale<br />
Baden- Württemberg.<br />
„Ältere Menschen hören oft<br />
schlecht, sind häufig einsam und<br />
freuen sich, wenn jemand mit ihnen<br />
reden will“, sagt Peter Grieble,<br />
Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale<br />
Baden-Württemberg.<br />
Immer wieder gebe es Unternehmen,<br />
die dies ausnutzen würden.<br />
„Unseriöse Firmen bieten am Telefon<br />
allerlei Dinge und Dienstleistungen<br />
an, die gut klingen, aber oft<br />
völlig unnütz sind“, erklärt er. Gut<br />
zu wissen: Am Telefon geschlossene<br />
Verträge sind auch ohne schriftliche<br />
Bestätigung gültig. Eine<br />
einfache Sprachaufzeichnung<br />
kann als Beweis dienen.<br />
Vertrag widerrufen<br />
Der Experte empfiehlt deshalb,<br />
den Vertrag auf jeden Fall schriftlich<br />
zu widerrufen – auch, wenn<br />
das Telefonat schon länger zurückliegt.<br />
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
des Pflegeservices<br />
wird eine Widerrufsfrist<br />
von 14 Tagen genannt. Der Widerruf<br />
sollte möglichst per Einschreiben<br />
erfolgen. Alternativ kann er<br />
auch per E-Mail erklärt werden.<br />
Wichtig ist, dass der Anbieter den<br />
Eingang bestätigt.<br />
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
des Schweizer<br />
Pflege services ist ein kleingedrucktes<br />
Muster-Widerrufsformular<br />
enthalten, das man für einen<br />
Widerruf ausfüllen kann. Die<br />
Verbraucherzentrale hat ebenfalls<br />
einen kostenlosen Musterbrief erstellt,<br />
um solchen Verträgen zu<br />
widersprechen. Dieser ist im Internet<br />
unter www.verbraucherzen<br />
trale-bawue.de unter dem Suchbegriff<br />
„Werbe anrufe“ zu finden. <br />
<br />
Annette Liebmann<br />
6 RHPfalz<br />
Allgemein
Gesundheit<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
7<br />
Das lange Leiden nach der Corona-Infektion<br />
<strong>VdK</strong> führt sozialrechtliche Musterstreitverfahren für Betroffene<br />
Post-Covid noch unerforscht<br />
Es fehlen erprobte Therapien und Reha-Plätze<br />
Mehr als 500 000 Deutsche sollen am Post-Covid-Syndrom leiden.<br />
Verliert jemand bei einem Arbeitsunfall<br />
den Daumen, dann ist der<br />
Fall für die Unfallversicherung eindeutig:<br />
Es liegt eine Minderung der<br />
Erwerbsfähigkeit (MdE) zwischen<br />
20 bis 30 Prozent vor. Ganz anders<br />
sieht es beim Post- Covid-Syndrom<br />
aus.<br />
Nach einer Corona-Infektion<br />
leiden einige Menschen noch<br />
Wochen später an diffusen Symptomen:<br />
Erschöpfungszustände,<br />
Atemnot, Wortfindungsstörungen<br />
oder Gliederschmerzen. Halten die<br />
Beschwerden länger als drei Monate<br />
nach der Infektion an, wird<br />
das als Post-Covid-Syndrom bezeichnet.<br />
Es ist ein Krankheitsbild, das<br />
noch nicht umfassend erforscht<br />
und entsprechend von Sozial- und<br />
Rentenversicherungen schwer einzuschätzen<br />
ist. Mehr als 500 000<br />
der über 29 Millionen Infizierten<br />
in Deutschland sollen darunter<br />
leiden. Angesichts der hohen Zahl<br />
ist Deutschland auf die Langzeitfolgen<br />
der Corona-Pandemie nicht<br />
gut vorbereitet. Betroffene kämpfen<br />
mit Kranken- und Unfallversicherungen.<br />
Mal werden Kosten für<br />
Heilverfahren nicht übernommen,<br />
mal weigern sich Versicherungen,<br />
die Ansteckung am Arbeitsplatz<br />
als Arbeitsunfall oder als Berufskrankheit<br />
anzuerkennen.<br />
Der <strong>VdK</strong> Deutschland will mit<br />
Musterstreitverfahren für mehr<br />
Klarheit im Umgang mit der Krankheit<br />
sorgen: etwa unter welchen<br />
Voraussetzungen eine Ansteckung<br />
während der Arbeitszeit als Berufskrankheit<br />
oder Arbeitsunfall anerkannt<br />
werden kann. Aber auch<br />
wann Betroffene eine Verletztenoder<br />
Erwerbsminderungsrente erhalten<br />
können.<br />
Rechtssicherheit fehlt<br />
Da sich Post-Covid auf unterschiedliche<br />
Organe auswirkt, müssen<br />
die medizinischen Begutachtungen<br />
von verschiedenen Fachgebieten<br />
durchgeführt werden. Das<br />
erschwert das Verfahren.<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
ist überzeugt, dass diese Musterstreitverfahren<br />
dringend notwendig<br />
sind: „Patientinnen und Patienten<br />
brauchen Rechtssicherheit.<br />
Es muss mehr dauerhafte Anerkennungen<br />
als Berufskrankheit oder<br />
Arbeitsunfall geben.“<br />
Die Statistiken der Unfallversicherungen<br />
zeigen, dass viele Patienten<br />
mit Post-Covid aus dem<br />
Arbeitsmarkt fallen. Wer in der<br />
Pflege arbeitet und sich dort infiziert<br />
hat, kann sich seine Erkrankung<br />
als Berufskrankheit anerkennen<br />
lassen. Bis Juli lagen den Berufsgenossenschaften<br />
hierzu rund<br />
330000 Anträge vor: Von 240 000<br />
entschiedenen Fällen wurden<br />
175 000 als Berufskrankheit anerkannt.<br />
Die Betroffenen können<br />
nun Verletztenrente beziehen. Wer<br />
sich im Büro oder im Kundenkontakt<br />
infiziert hat, hat es schwerer,<br />
die Langzeitfolgen als Arbeitsunfall<br />
anerkennen zu lassen. Bisher<br />
gelang dies nur 20 000 von 55 000<br />
Betroffenen.<br />
Einer der Gründe, warum es so<br />
schwierig ist, für die Erkrankung<br />
eine Rente zu erhalten, sind die<br />
fehlenden Erfahrungswerte. Bisher<br />
ist die aus Studien gewonnene Datenlage<br />
dünn. Noch gibt es keine<br />
sogenannten MdE-Tabellen, die<br />
die Schwere der Erkrankung festlegen<br />
und dabei helfen, die Minderung<br />
der Erwerbsfähigkeit zu bestimmen.<br />
Bei vielen Versicherten<br />
scheitert bislang eine Rentenzahlung<br />
daran. Der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> fordert eine verlässliche<br />
Grundlage für die Unfallversicherungsträger<br />
und Sozialgerichte:<br />
„Mittelfristig brauchen wir eine<br />
Verordnung, die das für alle Fälle<br />
einheitlich regelt“, sagt Bentele.<br />
<br />
Julia Frediani<br />
Foto: picture alliance/Bodo Schackow<br />
Bisher wissen Mediziner zu wenig<br />
über das sogenannte Post-Covid-Syndrom.<br />
Entsprechend groß<br />
sind die Herausforderungen für die<br />
Behandlung.<br />
Länger als eine Stunde kann sie<br />
sich nicht mehr konzentrieren,<br />
nach einfachen Hausarbeiten<br />
muss sie sich ausruhen, an längere<br />
Spaziergänge ist nicht zu denken:<br />
Seit Ruth Steffen* aus Dresden<br />
im Frühling an Corona erkrankte,<br />
hat sie das Gefühl, wie<br />
in einem Käfig zu leben.<br />
„Ich will, aber ich kann vieles<br />
nicht mehr.“ Es sei die schlimmste<br />
Zeit ihres Lebens, sagt die 43-jährige<br />
Mutter von zwei Söhnen im<br />
Teenager-Alter, auch weil es so<br />
schwer sei, passende Hilfe zu finden.<br />
Da in ihrer Region Mediziner<br />
fehlen, sucht sie seit März für ihre<br />
starken Lungenschmerzen vergeblich<br />
einen Facharzt. Dank ihrer<br />
Hausärztin hat sie immerhin Ende<br />
Juli endlich eine Zusage der Deutschen<br />
Rentenversicherung für eine<br />
Reha erhalten.<br />
Diffuses Krankheitsbild<br />
Ruth Steffens Symptome sind<br />
typisch für eine Post-Covid-Erkrankung,<br />
ebenso wie ihre langwierige<br />
Suche nach medizinischer<br />
Hilfe. Die Ursachen für dieses<br />
diffuse Krankheitsbild sind noch<br />
weitgehend unerforscht, deshalb<br />
gibt es nur wenige erprobte<br />
Behandlungs methoden. Expertinnen<br />
und Experten vermuten, das<br />
Virus könnte das Immunsystem<br />
oder die Durchblutung geschädigt<br />
haben.<br />
Im brandenburgischen Seehof<br />
gibt es eines der wenigen Reha-<br />
Zentren in Deutschland, die sich<br />
auf Post-Covid spezialisiert haben.<br />
Dort werden Therapieansätze<br />
aus verschiedenen Fachbereichen<br />
wie Lungenheilkunde,<br />
Kardiologie und Psychologie für<br />
die Behandlung von Post-Covid<br />
miteinander kombiniert. „Damit<br />
erzielen wir die besten Erfolge“,<br />
berichtete der ärztliche Direktor<br />
Professor Volker Köllner bei einem<br />
Werkstatt gespräch der Deutschen<br />
Rentenversicherung im<br />
Sommer. Dort wurden erste Studienergebnisse<br />
aus der bisherigen<br />
Reha-Praxis vorgestellt.<br />
Viele Patientinnen und Patienten<br />
von Professor Köhler zeigten<br />
sehr unterschiedliche Symptome:<br />
sie litten an Herz-, Lungen- und<br />
zugleich psychischen Erkrankungen.<br />
„Die lassen sich gar nicht nur<br />
einem Fachbereich zuordnen.“ In<br />
Seehof werden sie mit Lungenund<br />
Ausdauertraining behandelt.<br />
Außerdem gibt es psychotherapeutische<br />
Ange bote.<br />
Zu wenig Reha-Plätze<br />
Eine Schwachstelle im Reha-System<br />
in Deutschland sei, dass es nur<br />
eine begrenzte Anzahl an Plätzen<br />
gibt, sagt Köllner: Für eine Reha<br />
mit psychosomatischen Symptomen,<br />
wie sie viele Post-Covid-<br />
Erkrankte zeigen, sind es gerade<br />
einmal 150 000 verfügbare Plätze<br />
pro Jahr. Angesichts von bis<br />
600 000 aktuellen Fällen sind das<br />
viel zu wenig.<br />
Bedenklich ist zudem die mittelund<br />
langfristige Prognose für viele<br />
Post-Covid-Erkrankte: Einer Studie<br />
der Universitätsklinik Lübeck<br />
zufolge finden zwar über 80 Prozent<br />
der Post-Covid-Erkrankten<br />
kurzfristig wieder in den Arbeitsmarkt<br />
zurück. Allerdings reichen<br />
von ihnen 20 Prozent kurz nach<br />
dem Besuch der ersten Reha-Maßnahme<br />
einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente<br />
ein.<br />
Professorin Ruth Deck, Leiterin<br />
des Fachbereichs Rehabilitation<br />
der Universitätsklinik Lübeck,<br />
zieht daraus den Schluss, dass eine<br />
Reha allein für die meisten<br />
Post-Covid-Betroffenen nicht<br />
reicht: „Eine langfristige Nachsorge<br />
mit entsprechenden Ausdauerkursen<br />
und Psychotherapie ist<br />
elementar wichtig.“<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
<br />
juf<br />
Einfach verlängern<br />
Digitales Covid-Zertifikat in den Apps läuft ab<br />
Taucht in der Corona-Warn-App<br />
oder der CovPass-App die Meldung<br />
auf, dass das Covid-Zertifikat<br />
abläuft, ist in der Regel keine<br />
neue Impfung fällig, sondern nur<br />
ein neues Zertifikat. Dieses können<br />
Nutzerinnen und Nutzer der Apps<br />
einfach selbst erneuern.<br />
Die digitalen Zertifikate sind aus<br />
technischen Gründen 365 Tage<br />
gültig, so das Robert Koch-Institut<br />
auf seiner Webseite. Aus medizinischer<br />
Sicht hat das Ablaufen nichts<br />
mit dem Impf- und Genesenenstatus<br />
zu tun. Es geht beispielsweise<br />
um Fragen der IT-Sicherheit.<br />
28 Tage vor Ablauf der Frist erhalten<br />
die Nutzerinnen und Nutzer<br />
der Apps automatisch einen Hinweis,<br />
dass das Zertifikat aktualisiert<br />
werden muss. Sie haben dann<br />
90 Tage Zeit, um aktiv zu werden.<br />
Sonst wird der QR-Code ungültig<br />
und kann nicht mehr gelesen werden.<br />
Dann lassen sich Impfung oder<br />
Genesung nicht mehr nachweisen.<br />
Das digitale Covid-Zertifikat muss<br />
nach 365 Tagen erneuert werden.<br />
Alle, die das Zertifikat selbst<br />
verlängern möchten, brauchen<br />
mindestens die Version 2.23 der<br />
Corona-Warn-App und die Version<br />
1.26 der CovPass-App. Beide lassen<br />
sich in den App-Stores von Google<br />
und Apple herunterladen und auf<br />
dem Smartphone installieren.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel<br />
Ab diesen Versionen finden Nutzerinnen<br />
und Nutzer den Hinweis<br />
„Zertifikat erneuern“ in ihrer App.<br />
Nach einem Klick darauf müssen<br />
sie ihr Einverständnis für die Aktualisierung<br />
erteilen. Dann wird<br />
das Zertifikat automatisch ersetzt.<br />
Das abgelaufene Zertifikat wird in<br />
den Papierkorb verschoben und<br />
kann dort gelöscht werden.<br />
Praktische Karte<br />
Wer weder das Smartphone noch<br />
das komplette Impfheft vorzeigen<br />
möchte, kann sich in einer Apotheke<br />
auch einen Impfnachweis im<br />
Scheckkartenformat ausstellen<br />
lassen. Die Karte enthält einen QR-<br />
Code und gilt – wird sie zusammen<br />
mit dem Personalausweis vorgezeigt<br />
– überall in Europa als Impfnachweis.<br />
Die Kosten für die Karte<br />
liegen zwischen acht und 15<br />
Euro. Nach einer Auffrischungsimpfung<br />
ist ein neues Exemplar<br />
nötig.<br />
Kristin Enge<br />
7 RHPfalz<br />
Allgemein
8 RHPfalz<br />
Allgemein
Gesundheit<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
9<br />
Eine Volkskrankheit mit vielen Gesichtern<br />
Am 12. <strong>September</strong> ist Europäischer Kopfschmerz- und Migränetag – Deutsche Hirnstiftung bietet Expertentelefon an<br />
Bis zu zehn Millionen Menschen in<br />
Deutschland haben Migräne, der<br />
Leidensdruck ist teilweise enorm<br />
hoch. Doch weniger als die Hälfte<br />
der Betroffenen geht trotz Beschwerden<br />
zum Arzt, teilt die Deutsche<br />
Hirnstiftung mit. Es gibt wirksame<br />
Medikamente und viel, was<br />
man zudem selbst tun kann. Am<br />
12. <strong>September</strong> ist Europäischer<br />
Kopfschmerz- und Migränetag.<br />
Es pocht und hämmert, jedes<br />
Geräusch und Licht stresst. Übelkeit,<br />
mitunter Erbrechen und Sehstörungen<br />
sind weitere Symptome,<br />
wenn einen Migräne plagt. Doch<br />
was tun? „Meist behandeln Betroffene<br />
sich selbst mit rezeptfreien,<br />
bei Migräne kaum wirksamen<br />
Präparaten“, sagt Dr. Wolf-Oliver<br />
Krohn, Neurologe und Patientenberater<br />
der Deutschen Hirnstiftung.<br />
Gerade mal 40 Prozent der<br />
Betroffenen suchten überhaupt<br />
ärztliche Hilfe.<br />
„Das Ziel ist eine wirksame Behandlung<br />
mit möglichst wenig<br />
Tabletten“, betont der Experte. Wie<br />
äußert sich der Schmerz genau?<br />
Wie oft tritt er auf? Gibt es bestimmte<br />
Auslöser? Mit Fragen wie<br />
diesen grenze man neurologisch<br />
zunächst ein, ob es sich um eine<br />
Migräne oder eine andere Kopfschmerzart<br />
handele. Dann könne<br />
gezielt vorgegangen werden.<br />
„Zahlreiche Wirkstoffe und Verabreichungsformen<br />
ermöglichen<br />
heute eine individuelle Migränetherapie“,<br />
sagt Krohn. Durchge<br />
Wenn es im Kopf pocht und hämmert, ist guter Rat gefragt. Ein wirksames<br />
Medikament erspart oft tagelanges Leiden.<br />
setzt haben sich in der Akutbehandlung<br />
die sogenannten<br />
Triptane. Neben Tabletten gibt es<br />
sie als Nasensprays oder selbst<br />
anwendbare Spritzen. Krohn:<br />
„Diese können sehr hilfreich sein<br />
bei starker Übelkeit und Erbrechen,<br />
was bei Migräneanfällen<br />
nicht unüblich ist.“<br />
Die verschiedenen Triptane und<br />
Verabreichungen unterscheiden<br />
sich darin, wie schnell und wie<br />
lange sie wirken, erklärt der Arzt:<br />
„Schnell wirken etwa Eletriptan<br />
Tabletten, Zolmitriptan-Nasenspray<br />
oder Sumatriptan-Spritzen.<br />
Mittelschnell, dafür länger wirken<br />
Sumatriptan, Zolmitriptan und<br />
Almotriptan als Tabletten. Noch<br />
länger zum Beispiel Naratriptan<br />
oder Frovatriptan.“<br />
Effektiv behandeln<br />
Foto: picture alliance/Sergey Nivens/Shotshop<br />
Neben Migräne gibt es natürlich<br />
noch andere Arten von Kopfschmerz.<br />
Beim sogenannten Clusterkopfschmerz<br />
– dieser äußert<br />
sich in einseitigen, sehr schweren<br />
Kopfschmerzattacken – wirke Sauerstoff<br />
fast sofort schmerzlindernd.<br />
Man könne den Sauerstoff auch<br />
selbst zu Hause anwenden. Das<br />
müsse aber ärztlich verordnet werden.<br />
„Medikamente sollte man<br />
einnehmen, wenn der Kopfschmerz<br />
einen belastet und den<br />
Alltag einschränkt“, betont Krohn.<br />
„Für jede Kopfschmerzart gibt es<br />
eine eigene Therapie.“ Davon ist<br />
sein Kollege, Professor Dr. Christian<br />
Maihöfner, Chefarzt der Klinik<br />
für Neurologie am Klinikum<br />
Fürth, überzeugt. „Kopfschmerzen<br />
sind kein Schicksal, sondern heute<br />
sehr effektiv zu behandeln.“ In der<br />
Akuttherapie des zeitweise auftretenden<br />
Spannungskopfschmerzes<br />
wirkten zum Beispiel nachweislich<br />
die bekannten frei verkäuflichen<br />
Schmerzmittel wie etwa Acetylsalicylsäure,<br />
Paracetamol, Ibuprofen,<br />
Naproxen oder Metamizol.<br />
Spannungskopfschmerzen sind die<br />
häufigste Kopfschmerzart. Mehr<br />
als jeder zweite Erwachsene in<br />
Deutschland leidet mindestens<br />
einmal im Jahr daran. Bei stärkerer<br />
Migräne dagegen seien Schmerzmittel<br />
eher wenig wirksam.<br />
Betroffene können selbst einiges<br />
ohne Medikamente gegen Kopfschmerzen<br />
tun. Denn oft spielt<br />
Stress dabei eine Rolle. „Die persönlichen<br />
Auslöser von Kopfschmerzen<br />
zu kennen und zu reduzieren,<br />
ist manchmal wertvoller als<br />
das beste Medikament“, sagt Maihöfner.<br />
Betroffene sollten sich zum<br />
Beispiel fragen: Lasse ich ständig<br />
meine Mittagspause ausfallen?<br />
Trinke ich genug? Schlafe ich erholsam?<br />
Muss wirklich alles immer<br />
perfekt sein? Habe ich ausreichend<br />
Zeit für mich selbst? Aus den Antworten<br />
lassen sich zahlreiche Ansätze<br />
finden, um Kopfschmerzen zu<br />
reduzieren. Der Experte empfiehlt<br />
außerdem Entspannungstechniken,<br />
moderaten Ausdauersport und ausgewogene<br />
Ernährung. Maihöfner:<br />
„Bei Kopfschmerzen sind die Behandlung<br />
mit Medikamenten und<br />
Therapieverfahren ohne Medikamente<br />
gleichberechtigt. Zusammen<br />
können beide Wege bei den meisten<br />
Kopfschmerzbetroffenen eine rasche<br />
und dauerhafte Linderung<br />
bewirken.“ Neben Medikamenten<br />
helfe einigen Menschen ergänzend<br />
als Hausmittel auch Pfefferminzöl<br />
auf den Schläfen oder ein kühles<br />
Handtuch im Nacken.<br />
<br />
Petra J. Huschke<br />
Expertentelefon<br />
Die Deutsche Hirnstiftung bietet<br />
für Leserinnen und Leser der <strong>VdK</strong>-<br />
ZEITUNG am Montag, 12. <strong>September</strong>,<br />
in der Zeit von 15 bis<br />
17 Uhr ein Expertentelefon zu<br />
Fragen rund um Kopfschmerz<br />
und Migräne an. Professor<br />
Dr. Christian Maihöfner, Chefarzt<br />
der Klinik für Neurologie am Klinikum<br />
Fürth, und Dr. Wolf-Oliver<br />
Krohn, Neurologe und Patientenberater<br />
der Deutschen Hirnstiftung,<br />
geben Antworten. Interessierte<br />
melden sich bitte vorab<br />
unter der kostenfreien Telefonnummer<br />
(0 30) 5 31 43 79 36 an.<br />
Weitere Tipps zu Migräne und<br />
anderen Kopfschmerzarten finden<br />
Betroffene hier:<br />
https://hirnstiftung.link/<br />
kopfschmerzen<br />
Rechtzeitig impfen<br />
für die Grippesaison<br />
Die Erreger von Grippe und anderen<br />
Atemwegserkrankungen haben im<br />
Winter Hochsaison. Insbesondere<br />
Menschen ab 60 Jahren und chronisch<br />
Kranke sollten sich dagegen<br />
impfen lassen. Der ideale Zeitpunkt<br />
dafür ist im Herbst, bevor die<br />
Grippe saison beginnt. Der Körper<br />
benötigt zehn bis 14 Tage, um einen<br />
ausreichenden Schutz gegen eine<br />
Ansteckung aufzubauen.<br />
Eine Grippe ist nicht einfach<br />
eine Erkältung, sondern eine<br />
ernst zu nehmende Erkrankung.<br />
Pneumokokken können unter anderem<br />
eine Lungenentzündung<br />
verursachen. Das Robert Koch-<br />
Institut (RKI) empfiehlt Menschen<br />
über 60 Jahren, sich gegen Pneumokokken<br />
und einmal jährlich<br />
gegen Grippe impfen zu lassen.<br />
Beide werden durch Tröpfchen<br />
übertragen, beispielsweise beim<br />
Husten oder Niesen.<br />
Für über 60-Jährige wichtig sind<br />
außerdem eine Grundimmunisierung<br />
gegen das Herpes Zoster-<br />
Virus, das eine Gürtelrose auslösen<br />
kann. Außerdem sollte der Impfschutz<br />
gegen Tetanus und Diphterie<br />
regelmäßig aufgefrischt werden.<br />
Eine vierte Corona-Impfung<br />
kann für Ältere und Menschen mit<br />
einem geschwächten Immunsystem<br />
sinnvoll sein. Auch eine bereits<br />
erfolgte SARS-CoV-2-Infektion<br />
reicht nicht aus, um spätere Ansteckungen<br />
zu verhindern. Erst mehrmalige<br />
Impfungen bieten einen<br />
soliden Schutz vor einem schweren<br />
Krankheitsverlauf. <br />
ali<br />
Lebenswandel wirkt sich auf das Aussehen aus<br />
Die Alterung der Haut lässt sich verzögern, aber nicht aufhalten – Äußere Einflüsse sind steuerbar<br />
Ob die Haut schnell oder langsam<br />
altert, ist von vielen Faktoren abhängig.<br />
Die Gene spielen eine Rolle.<br />
Zum Teil hat man es aber auch<br />
selbst in der Hand. Wenig überraschend:<br />
Ein gesunder Lebenswandel<br />
wirkt sich positiv auf die Haut<br />
aus, ein schlechter negativ.<br />
Die Alterung eines Menschen<br />
lässt sich am besten an der Gesichtshaut<br />
ablesen. Diese beginnt<br />
mit zunehmenden Lebensjahren<br />
zu erschlaffen und Falten zu bilden.<br />
Zu den Ursachen gehören von<br />
innen wirkende Faktoren wie erblich<br />
vorbestimmte Veränderungen,<br />
krankhafte Alterungsprozesse<br />
oder innere Krankheiten. Darüber<br />
hi naus gibt es äußere Einflüsse<br />
wie Tabakkonsum, zu viel Sonnenbestrahlung<br />
oder ungesunde<br />
Ernährung, die negative Auswirkungen<br />
haben. Mit welchem Hauttyp<br />
man ausgestattet ist, spielt<br />
ebenfalls eine Rolle: je heller,<br />
desto empfind licher. Die Hautalterung<br />
ist das Ergebnis dieser<br />
inneren und äußeren Faktoren und<br />
davon abhängig, wie stark diese<br />
jeweils ausgeprägt sind.<br />
Gesund ernähren<br />
Immerhin: Der Einfluss von außen<br />
ist steuerbar. Wer auf Nikotin<br />
ganz und auf Alkohol weitgehend<br />
verzichtet, sich gesund und ausgewogen<br />
ernährt, ausreichend Wasser<br />
trinkt, regelmäßig Sport treibt und<br />
sich nur mit gutem Sonnenschutz<br />
und nicht zu lang den Sonnenstrahlen<br />
aussetzt, kann die Alterung der<br />
Haut durchaus verzögern.<br />
Wer Falten hat, kann die Haut<br />
kurzfristig mithilfe von glättenden<br />
Cremes regelmäßiger erscheinen<br />
lassen. Nach der Gesichtsreinigung<br />
am Abend verschwindet der<br />
Effekt allerdings wieder. Eine<br />
langfristige Wirkung lässt sich mit<br />
Anti Aging-Produkten erzielen.<br />
Diese besitzen oft Inhaltsstoffe,<br />
wie beispielsweise die Vitamine A,<br />
B3, B5 und C, die nachweislich<br />
wirksam gegen Haut alterung sind<br />
– sichtbar wird dieser Effekt in der<br />
Regel jedoch erst nach einigen<br />
Wochen oder Monaten.<br />
Tiefe Falten können dagegen<br />
selbst mit den besten Kosmetikprodukten<br />
nicht weggezaubert werden.<br />
Wer sie als zu störend empfindet,<br />
dem kann eine ästhetische<br />
Behandlung in einer Facharztpraxis<br />
weiterhelfen. Mirko Besch<br />
Manche Cremes lassen die Gesichtshaut<br />
glatter erscheinen.<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Knut Schulz<br />
9 RHPfalz<br />
Allgemein
10 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Generationen<br />
Problemlöser für die ältere Generation<br />
Von der Kommune bis zum Bund: Seniorenvertretungen können sich auf vielen Ebenen in die Politik einbringen<br />
Viele Ältere sind fit und möchten<br />
sich gesellschaftlich engagieren.<br />
Als Seniorenvertreterin oder -vertreter<br />
können sie etwas bewegen.<br />
So wie <strong>VdK</strong>-Mitglied Rudolf Schultz.<br />
Neulich wandte sich ein 80-Jähriger<br />
mit Gehbehinderung an die<br />
Seniorenvertretung. Der Fahrstuhl<br />
in seinem Hochhaus funktioniere<br />
schon seit Wochen nicht, berichtete<br />
der Mann. Er traue sich kaum<br />
noch aus dem Haus, die vielen<br />
Stufen könne er nicht bewältigen.<br />
Aber die Hausverwaltung ignoriere<br />
seine Beschwerden.<br />
Rudolf Schultz sprach mit dem<br />
Quartiersmanager, der das Rathaus<br />
darüber informierte: Am<br />
nächsten Tag lief der Aufzug wieder.<br />
„Manchmal geht es ganz<br />
schnell“, sagt Schultz. Der Mann<br />
mit dem weißen Haar, der Metallbrille<br />
und dem verschmitzten Lächeln<br />
kann viele ähnliche Geschichten<br />
erzählen. Nicht alle<br />
Probleme kann er so schnell lösen,<br />
aber er kümmert sich.<br />
Mitwirkung per Gesetz<br />
Rudolf Schultz lädt einmal im Monat als Seniorenvertreter in seine Sprechstunde<br />
in der Seniorenfreizeitstätte in Rudow ein.<br />
Foto: Jörg Ciszewski<br />
Rudolf Schultz, selbst schon 83<br />
Jahre, aber noch so aktiv, als wäre<br />
er viel jünger, ist Seniorenvertreter<br />
für den Bezirk Berlin-Neukölln.<br />
Menschen in dieser Funktion<br />
setzen sich für die Interessen Älterer<br />
in den Kommunen ein. Je nach<br />
Bundesland variieren Einfluss und<br />
Mitwirkungsrechte. Berlin ist neben<br />
Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Hamburg eines von<br />
vier Bundesländern, das Rechte<br />
und Aufgaben sogar in einem Gesetz<br />
festgelegt hat.<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglied Schultz ist seit<br />
2006 in der Seniorenvertretung.<br />
Im März wurde er als einer von<br />
17 für weitere fünf Jahre ins Amt<br />
gewählt. Abstimmen durften alle<br />
Bürgerinnen und Bürger, die am<br />
Wahltag 60 Jahre und älter waren.<br />
Für sie vermittelt er bei Problemen<br />
mit dem Bezirksamt oder<br />
anderen Behörden, Institutionen<br />
und Einrichtungen. Im Ausschuss<br />
für Wirtschaft und Arbeit hat<br />
Schultz Rederecht, in seiner vorherigen<br />
Amtszeit war er im Stadtentwicklungsausschuss.<br />
Er nutzt<br />
das Recht, um auf Missstände, wie<br />
nicht abgesenkte Bordsteinkanten,<br />
fehlende Straßenlaternen oder<br />
dreckige Gehwege, hinzuweisen.<br />
Einmal im Monat lädt Schultz<br />
zur Sprechstunde in die Freizeitstätte<br />
in Rudow, einem Ortsteil im<br />
Süden von Neukölln. Dann kommen<br />
ältere Menschen zu ihm in<br />
das helle, einstöckige Gebäude aus<br />
Holz und bitten um Hilfe bei Problemen<br />
mit Behörden, Vermietern<br />
oder beim Ausfüllen von Anträgen.<br />
Wie jenes Ehepaar, beide über 90,<br />
beide schwerbehindert, das nicht<br />
wusste, wie es einen Schwerbehindertenausweis<br />
beantragen kann.<br />
Schultz informierte den Pflegestützpunkt,<br />
dann besuchte der<br />
Medizinische Dienst die beiden zur<br />
Begutachtung. Inzwischen bekommen<br />
sie Pflegegeld, und die fast<br />
blinde Frau erhielt einen Schwerbehindertenausweis.<br />
Kooperation vor Ort<br />
Wichtig für den Erfolg der Seniorenvertretung<br />
ist die enge Zusammenarbeit<br />
mit Sozialverbänden,<br />
Pflegeeinrichtungen, der Kirche<br />
und der Verwaltung. Schultz’ Vorteil<br />
ist, dass er schon seit 49 Jahren<br />
mit seiner Frau im Bezirk in derselben<br />
Wohnung lebt. Dadurch kennt<br />
er nicht nur die Anlaufstellen vor<br />
Ort, sondern viele Menschen kennen<br />
auch ihn. „Deshalb werde ich<br />
bei Problemen oft angesprochen.“<br />
Doch längst nicht überall können<br />
Seniorenvertretungen derart<br />
erfolgreich wirken. Denn die Unterschiede<br />
sind teilweise von Kommune<br />
zu Kommune groß. Oft sind<br />
es Vereine, die die Wahlen durchführen.<br />
Auf der Ebene der Landkreise<br />
sind es Beiräte, für die man<br />
sich bewerben kann. Und auch die<br />
Rechte sowie die Satzungen kommunaler<br />
Vertretungen variieren.<br />
Die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Landesseniorenvertretungen<br />
(BAG LSV) kämpft daher für ein<br />
Bundesgesetz, in dem die Bildung<br />
von Seniorenvertretungen sowie<br />
deren Rechte verankert ist. Die alte<br />
Bundesregierung hatte so ein Altenhilfestrukturgesetz<br />
im Altenbericht<br />
bereits 2017 vorgeschlagen. Passiert<br />
ist seitdem allerdings nichts.<br />
Auf Bundesebene setzt sich die<br />
BAG LSV dafür ein, dass die Bedürfnisse<br />
älterer Menschen nicht<br />
vergessen werden. So hat sie beim<br />
Bundestag eine Petition eingereicht,<br />
mit der sie die Auszahlung<br />
der Energiepreispauschale auch<br />
für Rentnerinnen und Rentner<br />
fordert. Auch der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> fordert das und will wegen<br />
dieser Ungleichbehandlung ein<br />
Musterstreitverfahren starten.<br />
Wie sehr arme Rentnerinnen und<br />
Rentner aktuell unter den hohen<br />
Preisen für Strom, Gas und Lebensmittel<br />
ächzen, weiß Rudolf<br />
Schultz aus vielen Gesprächen. Es<br />
ist aber ein Problem, das er nicht<br />
für sie lösen kann. Da sei die große<br />
Politik gefragt, sagt er. <br />
<br />
Jörg Ciszewski<br />
Kontakt<br />
Wer sich für die Arbeit der Seniorenvertretungen<br />
interessiert,<br />
kann Kontakt zu seiner Landesseniorenvertretung<br />
aufnehmen:<br />
www.bag-lsv.de/Mitglieder.<br />
php<br />
Keine Bange vor dem Wasser<br />
Auch Erwachsene können noch schwimmen lernen – Profis helfen, Ängste aus der Kindheit abzubauen<br />
Ob Badesee oder Schwimmbad:<br />
Ins tiefe Wasser gehen sollten nur<br />
diejenigen, die schwimmen können.<br />
Doch viele Menschen können<br />
das nicht. Die Deutsche Lebens-<br />
Rettungs-Gesellschaft (DLRG)<br />
meldete 2017, dass fast die Hälfte<br />
der Deutschen nicht sicher<br />
schwimmen kann. In speziellen<br />
Kursen für Erwachsene können sie<br />
es jedoch lernen.<br />
Wer nicht sicher schwimmt, kann es auch im höheren Alter noch lernen.<br />
„Als sicherer Schwimmer gilt,<br />
wer die Anforderungen an das<br />
Deutsche Schwimmabzeichen<br />
Bronze, auch bekannt als Freischwimmer-Abzeichen,<br />
erfüllt“,<br />
sagt DLRG-Sprecher Martin Holzhause.<br />
Dazu gehören folgende<br />
Fähigkeiten: 15 Minuten ausdauernd<br />
schwimmen, währenddessen<br />
zwischen Bauch- und Rückenlage<br />
wechseln, und mindestens zwei<br />
Schwimm arten beherrschen. Außerdem<br />
muss man angstfrei ins<br />
tiefe Becken springen, tauchen und<br />
sich unter Wasser mit offenen Augen<br />
orientieren können. Ebenfalls<br />
sollten die wichtigsten Baderegeln<br />
bekannt sein.<br />
„Die Zahl derjenigen, die als<br />
Erwachsene noch schwimmen lernen,<br />
ist vergleichsweise gering“,<br />
weiß der Experte. So hätten vor der<br />
Pandemie nur etwa 7000 Erwachsene<br />
jährlich bei der DLRG ein<br />
Schwimm abzeichen abgelegt. Laut<br />
Martin Holzhause hat das vornehmlich<br />
psychologische Gründe:<br />
„Viele Menschen haben in der<br />
Kindheit Ängste vor dem Schwimmen<br />
entwickelt.“ Darüber hinaus<br />
schämen sie sich. „Als Erwachsener<br />
nach einem Schwimmkurs zu<br />
fragen, bedeutet, sich und anderen<br />
einzugestehen, Nichtschwimmer<br />
zu sein“, erklärt Holzhause. „Manche<br />
meiden das Wasser dann ihr<br />
Leben lang“, sagt er.<br />
Innere Hürden abbauen<br />
Martin Holzhause ermutigt Betroffene<br />
dazu, sich zu überwinden<br />
und Kontakt zu einem Schwimmverein<br />
aufzunehmen. Er empfiehlt,<br />
bei der Wahl des Schwimmkurses<br />
darauf zu achten, dass individuell<br />
auf ihre Situation eingegangen<br />
wird. „Gut ausgebildete Trainerinnen<br />
und Trainer helfen dabei, innere<br />
Hürden wie Angst und Scham<br />
durch methodisch sinnvolles Vorgehen<br />
abzubauen“, erklärt der Experte.<br />
„Wer schwimmen lernt, gewinnt<br />
an Lebensqualität“, ist er<br />
überzeugt. Zumal sich diese Sportart<br />
bis ins hohe Alter ausüben lässt.<br />
Dass Schwimmen auch für chronisch<br />
Kranke und Menschen mit<br />
Behinderung eine Wohltat ist,<br />
bestätigt Martin Hofmair. Er ist<br />
Vorsitzender des Rehabilitationsund<br />
Gesundheitssportvereins<br />
Moosburg in Oberbayern und<br />
Mitglied im Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband<br />
Bayern.<br />
Regelmäßig trainiert er Menschen,<br />
denen die Bewegung im<br />
Wasser aufgrund körperlicher<br />
Einschränkungen empfohlen wur-<br />
Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Mascha Brichta<br />
de. So zeigt er Schlaganfallpatientinnen<br />
und -patienten, die nach<br />
ärztlicher Verordnung Wassergymnastik<br />
betreiben sollen, Übungen<br />
im Becken.<br />
Soziale Kontakte<br />
Wer vor der Erkrankung regelmäßig<br />
geschwommen ist, wird nun<br />
mit Hürden konfrontiert: „Betroffene<br />
leiden häufig unter halbseitigen<br />
Lähmungen, die das Schwimmen<br />
erschweren“, erzählt der Ehrenamtliche.<br />
Er beobachtet, dass<br />
manche den Ehrgeiz haben, wieder<br />
wie zuvor schwimmen zu können,<br />
und dann enttäuscht sind, wenn<br />
das nicht klappt. Andere sind verunsichert<br />
oder sogar verängstigt<br />
und trauen sich anfangs kaum etwas<br />
zu. Der Übungsleiter erlebt<br />
immer wieder, wie sie von Mal zu<br />
Mal mehr Selbstvertrauen gewinnen<br />
und sich über kleine Fortschritte<br />
freuen.<br />
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
werden behutsam und<br />
spielerisch ans Wasser gewöhnt.<br />
„Aquagymnastik verbessert die<br />
Fein- und Grobmotorik, beugt Gelenkversteifungen<br />
vor und fördert<br />
die Konzentration. Außerdem wird<br />
die Psyche gestärkt“, zählt er auf.<br />
Doch für ihn steht bei einer Rehasportgruppe<br />
der Spaß an erster<br />
Stelle: „Die Stunde muss Freude<br />
machen. Der soziale Kontakt mit<br />
anderen ist dabei ganz wichtig“,<br />
stellt Martin Hofmair fest.<br />
<br />
Elisabeth Antritter<br />
Bevölkerungsschutz<br />
muss barrierfrei sein<br />
Auch mehr als ein Jahr nach der<br />
Flutkatastrophe im Ahrtal hat die<br />
Bundesregierung noch kein Konzept<br />
für einen barrierefreien Katas<br />
trophenschutz vorgelegt. So<br />
bleiben Menschen mit Behinderung<br />
in Krisensituationen weiterhin<br />
besonders gefährdet.<br />
Eigentlich müsste der Tod von<br />
zwölf Menschen mit Behinderung<br />
ein Weckruf gewesen sein: Sie waren<br />
durch die Flut im Ahrtal im<br />
Juli vergangenen Jahres in einem<br />
Lebenshilfe-Haus in Sinzig gestorben.<br />
Doch als Bundesinnenministerin<br />
Nancy Faeser zum Jahrestag<br />
der Katastrophe im Juli ihr Programm<br />
für einen Neustart im Bevölkerungsschutz<br />
vorstellte, fehlten<br />
Regelungen zum Schutz von<br />
Menschen mit Behinderung.<br />
Aus Sicht des <strong>VdK</strong> muss diese<br />
Lücke schnell geschlossen werden:<br />
„Wir brauchen ein Gesamtkonzept<br />
für eine barrierefreie Krisenkommunikation“,<br />
fordert Präsidentin<br />
Verena Bentele. So seien etwa Sirenen<br />
für Gehörlose keine ausreichende<br />
Warnung. Dringend notwendig<br />
seien behördliche Warnhinweise<br />
etwa in Gebärdensprache,<br />
Brailleschrift und Einfacher Sprache.<br />
„Und wer eine Hör-, Seh- oder<br />
andere Behinderung hat, muss<br />
Notdienste nutzen können, die der<br />
Notrufnummer 112 gleichwertig<br />
sind.“ Nur so könne verhindert<br />
werden, dass auch künftig Menschen<br />
mit einer Behinderung in<br />
Krisensituationen alleingelassen<br />
werden.<br />
cis<br />
10 RHPfalz<br />
Allgemein
Inklusion<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
11<br />
„Bin gespannt, was das Leben mit mir vorhat“<br />
Angie Berbuer hat durch einen Unfall beide Unterschenkel verloren – Nun verteilt sie Lebensmut auf den sozialen Medien<br />
Vor etwa drei Jahren verlor Angie<br />
Berbuer bei einem Autounfall beide<br />
Unterschenkel. Ihre Lebensfreude<br />
hat die 23-jährige Kölnerin aber<br />
behalten. Die Influencerin treibt<br />
viel Sport und ermutigt Menschen<br />
über die sozialen Medien, zu ihren<br />
Einschränkungen zu stehen.<br />
Sie haben den Unfall nur knapp<br />
überlebt, sind erst im Krankenhaus<br />
wieder aufgewacht. War es<br />
schwierig herauszufinden, wo Sie<br />
Unterstützung erhalten?<br />
Im Krankenhaus stand ich erst mal<br />
vor dem Nichts, war total überfordert.<br />
Mit der Situation an sich, aber<br />
auch mit den vielen Formularen,<br />
die ausgefüllt werden mussten. Das<br />
ist ein komplettes Labyrinth an<br />
Bürokratie. Wie wenn man in ein<br />
fremdes Land kommt und die Sprache<br />
nicht beherrscht. Ich finde, das<br />
muss vereinfacht werden.<br />
Wie könnte das gelingen?<br />
Es gibt ja durchaus einige Hilfsmöglichkeiten,<br />
die man als Betroffene<br />
nutzen kann. Nur wie finde<br />
ich diese? An wen wende ich mich<br />
in so einer Lage? Wer hilft mir? Es<br />
wäre gut, solche Informationen<br />
einfach und für alle verständlich<br />
zusammenzufassen.<br />
Was raten Sie jungen Menschen<br />
nach Ihrer Erfahrung?<br />
Es ist wichtig, sich finanziell abzusichern<br />
und für die Zukunft vorzusorgen.<br />
Man kann auch in jungen<br />
Jahren einen Unfall oder einen<br />
Schlaganfall haben. Alles kann sich<br />
von heute auf morgen ändern.<br />
Mehr als 150 000 Menschen folgen<br />
Ihnen auf Instagram, über 470 000<br />
auf TikTok. Wie ist es dazu gekommen,<br />
dass Sie auf diesen Plattformen<br />
über sich berichten?<br />
Ich habe mich kurz nach dem Unfall<br />
dazu entschieden, mein Leben<br />
auf Social Media zu teilen, damit<br />
ich nicht jedem immer wieder die<br />
gleiche Geschichte erzählen muss.<br />
Aber dass es so groß wird, habe ich<br />
nicht erwartet.<br />
Sie bekommen viel positiven Zuspruch<br />
von Ihren Followern, aber<br />
es gibt immer wieder auch negative,<br />
verletzende Kommentare. Wie<br />
gehen Sie damit um?<br />
Obwohl ich ein sensibler Mensch<br />
bin, kann ich mich mittlerweile<br />
sehr gut davon distanzieren. Ich bin<br />
offen für konstruktive Kritik und<br />
kann gut aus Fehlern lernen. Aber<br />
es gibt Menschen, die inhaltslosen<br />
Unfug schreiben. Hier versuche ich,<br />
wenn möglich, aufzuklären. Falls<br />
das nichts hilft, blockiere ich sie.<br />
Sport spielte schon immer eine<br />
wichtige Rolle in Ihrem Leben. Sie<br />
gehen regelmäßig ins Fitnessstudio.<br />
Wäre für Sie eine Karriere<br />
als Para-Sportlerin denkbar?<br />
Der Kraftsport hat mich nach dem<br />
Unfall so ein bisschen gerettet, weil<br />
ich durch ihn sowohl physisch als<br />
auch mental viel Kraft mitgebracht<br />
habe. Aktuell ist der Para-Sport<br />
Lebensfreude pur: Angie Berbuer teilt über die sozialen Medien ihre<br />
positive Einstellung mit anderen Menschen.<br />
Foto: Deborah Plath<br />
aber nicht mein Ziel, auch wenn ich<br />
die Voraussetzungen dafür habe.<br />
Ich denke, ich habe in anderen Bereichen<br />
ein größeres Potenzial.<br />
Dank zweier Prothesen können Sie<br />
wieder laufen. Sie nutzen zudem<br />
einen Rollstuhl. Auf welche Barrieren<br />
stoßen Sie unterwegs?<br />
Generell habe ich keine Probleme<br />
damit, andere Leute zu fragen, ob<br />
sie mir helfen können. Paris fand<br />
ich für Rollstuhlfahrer total ungeeignet.<br />
Auch in Köln gibt es viele<br />
Stufen. Das ist echt schade, weil<br />
man oft so große Umwege machen<br />
muss, wenn Rolltreppen oder Aufzüge<br />
fehlen.<br />
Wie ließe sich das verbessern?<br />
Barrierefreiheit ist wichtig und<br />
sollte weitergedacht werden als<br />
bisher. Die Städte müssten viel<br />
mehr mit Menschen mit Behinderung<br />
zusammenarbeiten.<br />
Sie haben vor Kurzem ein Buch<br />
veröffentlicht, in dem Sie Ihren<br />
Unfall und dessen Folgen beschreiben.<br />
Wie war das für Sie,<br />
wieder intensiv über die Geschehnisse<br />
nachzudenken?<br />
BUCH<br />
TIPP<br />
Mein Glück ist<br />
meine Entscheidung<br />
Angie Berbuer<br />
erzählt<br />
in diesem<br />
Buch von ihren<br />
Höhen<br />
und Tiefen,<br />
wie sie letztlich<br />
jedes<br />
Hindernis<br />
überwand<br />
und dabei ihrem Motto stets treu<br />
blieb: die Frau zu sein, die ihr<br />
Lächeln nie verliert.<br />
ISBN 978-2-49671-054-0<br />
Topicus-Verlag<br />
Es war wie eine Langzeittherapie.<br />
Manche Gespräche mit meiner<br />
Co-Autorin gingen leicht, teilweise<br />
war es aber schon emotional<br />
aufwühlend. Dann brauchte ich<br />
manchmal ein, zwei Tage Pause.<br />
Was planen Sie als Nächstes?<br />
Ich möchte Ende des Jahres nach<br />
Prag fahren, will aber auch bald<br />
mal wieder fliegen. Außerdem<br />
schreibe ich sicher irgendwann ein<br />
weiteres Buch. Aber gerade passiert<br />
so unfassbar viel. Ich bin gespannt,<br />
was das Leben mit mir vorhat.<br />
Interview: Mirko Besch<br />
Mit Begeisterung und Engagement dabei<br />
Mehr als 6000 Ehrenamtliche waren bei den European Championships im Einsatz, darunter auch Menschen mit Behinderung<br />
In der U-Bahn, an jeder Wettkampfstätte,<br />
fast überall in München<br />
waren sie zu sehen: die Freiwilligen,<br />
die bei den European<br />
Championships mithalfen. Mehr<br />
als 6000 Volunteers waren im Einsatz.<br />
Drei von ihnen hat die<br />
<strong>VdK</strong>-ZEITUNG getroffen.<br />
Günter Külzhammer unterhält<br />
sich gerne mit Menschen. Berührungsängste<br />
hat er offensichtlich<br />
nicht. Der 63-jährige Rentner, der<br />
in Münster lebt, engagiert sich als<br />
Volunteer bei den European<br />
Champion ships, dem größten<br />
Sportereignis in München seit den<br />
Olympischen Spielen vor 50 Jahren.<br />
An seinem Rollstuhl hängt<br />
eine kleine Fahne mit dem Logo<br />
der Veranstaltung und dem Wort<br />
„Info“. Mit anderen Freiwilligen<br />
steht er zwischen Olympiahalle<br />
und Olympia stadion und hilft den<br />
vielen Besucherinnen und Besuchern<br />
mit großer Leidenschaft.<br />
Dabei ergeben sich immer wieder<br />
Günter Külzhammer (rechts) im<br />
Gespräch mit Besuchern.<br />
Foto: Sebastian Heise<br />
Christoph Bischlager war bei der Leichtathletik eingeteilt und stellte auch<br />
Hürden auf dem Trainingsplatz neben dem Olympiastadion auf.<br />
interessante Gespräche, wie er<br />
berichtet. So zum Beispiel mit einer<br />
Frau mit Rollator, die erzählte,<br />
dass sie 1972 bei Olympia in München<br />
als Hostess gearbeitet und so<br />
auch die spätere schwedische Königin<br />
Silvia kennengelernt hat.<br />
„Ich bekomme bei diesen Ereignissen<br />
immer mehr zurück als ich<br />
geben darf“, sagt Günter Külzhammer,<br />
der bereits öfters Volunteer<br />
war. Ihm ist auch egal, welche<br />
Aufgabe er zugeteilt bekommt.<br />
„Das ist wie eine Lotterie, bei der<br />
du nur gewinnen kannst“, sagt er.<br />
Pia Wisskirchen ist im Organisationsteam<br />
der European Championships<br />
verantwortlich für die<br />
Volunteers. Diese Aufgabe macht<br />
der 31-jährigen Münchnerin große<br />
Freude. Die freiwilligen Helferinnen<br />
und Helfer im Alter zwischen<br />
18 und 88 Jahren seien mit „großer<br />
Motivation“ dabei, und es macht<br />
„richtig Spaß, dass alle so gut drauf<br />
sind“, sagt sie. Alle gäben ihr Bestes,<br />
egal, ob sie den Fahrdienst<br />
organisieren, Besucherinnen und<br />
Besuchern den Weg weisen, Absperrungen<br />
aufstellen, Turngeräte<br />
schleppen, den Sportlerinnen und<br />
Sportlern im Hotel helfen, sie zur<br />
Dopingkontrolle oder zur Siegerehrung<br />
begleiten.<br />
Christoph Bischlager freut sich,<br />
die besten Leichtathletinnen und<br />
Leichtathleten Europas im Olympiastadion<br />
und auf dem Trainingsplatz<br />
daneben zu unterstützen.<br />
Der 39-jährige Sportlehrer aus<br />
Foto: Sebastian Heise<br />
München ist gehörlos und hat sich<br />
bereits im Vorfeld für Inklusion bei<br />
den Europameisterschaften eingesetzt.<br />
So ist er in Videos zu den<br />
European Championships zu sehen,<br />
in denen er in Gebärdensprache<br />
Infos zur Veranstaltung gibt.<br />
Christoph Bischlager war selbst<br />
Zehnkampf-Weltmeister bei den<br />
Gehörlosen und tritt mittlerweile<br />
erfolgreich bei nationalen und internationalen<br />
Wettkämpfen für<br />
Menschen mit und ohne Behinderung<br />
im Kugelstoßen an.<br />
Die Organisatoren der European<br />
Championships haben von Anfang<br />
an auf Inklusion und Barrierefreiheit<br />
geachtet. So sind beispielsweise<br />
an sämtlichen Veranstaltungsorten<br />
Volunteers im Einsatz, die<br />
die Informationen der Sprecherinnen<br />
und Sprecher in Gebärdensprache<br />
übersetzen.<br />
Vor einem Jahr hatte der <strong>VdK</strong><br />
Bayern darüber berichtet, dass<br />
auch Menschen mit Behinderung<br />
Pia Wisskirchen organisierte den<br />
Einsatz der Volunteers.<br />
Foto: Munich <strong>2022</strong>/Florian Schöllhorn<br />
Sandra Färber engagierte sich zum<br />
ersten Mal als Volunteer.<br />
sich als freiwillige Helferinnen und<br />
Helfer bewerben können. Daraufhin<br />
haben sich einige gemeldet.<br />
Eine davon war die 30-jährige<br />
Sandra Färber. Seit 2013 ist sie<br />
Mitglied des Sozialverbands <strong>VdK</strong>,<br />
und nachdem sie den Bericht gelesen<br />
hatte, war sie gleich Feuer und<br />
Flamme. Die Münchnerin füllte<br />
das Online-Formular aus und wurde<br />
genommen.<br />
Zusammen mit Christoph Bischlager<br />
gehört sie zum großen<br />
Team der Volunteers, die sich bei<br />
der Leichtathletik engagieren. „Es<br />
macht viel Spaß“, sagt die Münchnerin,<br />
die Autismus hat. Da die<br />
Aufgaben für sie anstrengend sind,<br />
hat sie weniger Schichten als ihre<br />
Kolleginnen und Kollegen. Aber<br />
sie ist begeistert, als Leichtathletin<br />
den Großen ihres Sports so nahe<br />
zu sein. Sebastian Heise<br />
Foto: Sebastian Heise<br />
11 RHPfalz<br />
Allgemein
12 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> <strong>VdK</strong>-TV<br />
Aktuelle Filme auf <strong>VdK</strong>-TV<br />
<strong>VdK</strong>-TV<br />
Die Redaktion des Videoportals<br />
<strong>VdK</strong>-TV informiert Sie regelmäßig<br />
zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />
Themen. Folgende nebenstehende<br />
neue Filme sind unter<br />
www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />
<strong>VdK</strong>-TV AUF SPORT1<br />
Filme von <strong>VdK</strong>-TV sind auch frei<br />
empfangbar im Fernsehen zu<br />
sehen, und zwar in der Sendung<br />
MIT EINANDER bei Sport1.<br />
In der <strong>September</strong>- Ausgabe berichtet<br />
das Magazin über die<br />
rasant steigenden Energiepreise<br />
und die Inflation, durch die immer<br />
mehr Menschen in Existenznot<br />
geraten. Der Herbst kommt,<br />
und es droht eine tiefgreifende<br />
soziale Krise.<br />
3. Sept. Sendetermin ist der<br />
erste <strong>September</strong>-<br />
Samstag um 9.30 Uhr.<br />
6. Sept. Am Dienstag darauf<br />
wird die Sendung um<br />
15.30 Uhr wiederholt.<br />
Von der Energiepreispauschale, die eine Einmalzahlung von 300 Euro bedeutet, profitiert nicht jeder. So gehen<br />
Rentnerinnen und Rentner leer aus. Dagegen wehrt sich nun der <strong>VdK</strong> mit einem Musterstreitverfahren.<br />
Energiepreispauschale<br />
Mit der Energiepreispauschale in<br />
Höhe von 300 Euro will die Bundesregierung<br />
den Bürgerinnen und<br />
Bürgern einen Teil der gestiegenen<br />
Kosten für Gas und Strom erstatten.<br />
Doch ausgerechnet Rentnerinnen<br />
und Rentner wurden bei dieser<br />
Maßnahme vergessen. Denn um<br />
dieses Geld zu bekommen, muss<br />
man im laufenden Jahr eine steuerpflichtige<br />
Tätigkeit ausüben. Menschen<br />
im Ruhestand gehen demnach<br />
leer aus. Das ist ein Verstoß<br />
gegen das Gleichheitsgebot im<br />
Grundgesetz, kritisiert der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> Deutschland und wird<br />
deshalb im kommenden Jahr eine<br />
Musterklage einreichen. Wie ein<br />
solches Verfahren abläuft, zeigt<br />
dieser Film. Jörg Ungerer, Leiter der<br />
Bundesrechtsabteilung des <strong>VdK</strong>,<br />
erklärt, was der <strong>VdK</strong> plant und wie<br />
hoch er persönlich die Chancen<br />
einschätzt, dass Rentnerinnen und<br />
Rentner doch noch berücksichtigt<br />
werden.<br />
Neue Folge „Rat und Tat“<br />
In der zweiten Folge der neuen<br />
Ratgeberreihe „Rat und Tat“ erläutert<br />
Oliver Sonntag, stellvertretender<br />
Landesgeschäftsführer des<br />
<strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen, was zu tun<br />
ist, wenn man langfristig erkrankt<br />
und sich für diese Zeit finanziell<br />
absichern muss. In dieser Situation<br />
fühlen sich viele Betroffene überfordert.<br />
Denn um die eigenen Ansprüche<br />
geltend zu machen, muss man<br />
gleich mit mehreren Behörden und<br />
Organisationen in Verbindung treten:<br />
Krankenkasse, Medizinischer<br />
Dienst, Agentur für Arbeit und gegebenenfalls<br />
auch die Rentenversicherung.<br />
Dieses Video mit wertvollen<br />
Informationen soll aufklären<br />
und damit verhindern, dass eine<br />
Erkrankung zur Armutsfalle wird.<br />
<strong>VdK</strong>-Moderator Kai Steinecke fasst<br />
in einem zweiten Filmbeitrag alle<br />
Foto: picture alliance/ZB/Sascha Steinach<br />
wichtigen Fakten noch einmal kurz<br />
und leicht verständlich zusammen.<br />
#naechstenpflege<br />
Begleitend zur bundesweiten <strong>VdK</strong>-<br />
Pflegekampagne #naechstenpfle<br />
ge produziert <strong>VdK</strong>-TV kurze Animationsfilme,<br />
die wichtige Begriffe und<br />
Aspekte zum Thema häusliche<br />
Pflege erklären. Immer wieder wird<br />
von Betroffenen beklagt, wie kompliziert<br />
das System der Pflegeversicherung<br />
ist. Viele Leistungen werden<br />
zum Teil aufgrund von Unkenntnis<br />
gar nicht erst abgerufen. Die Ratgebervideos<br />
bieten eine digitale Ergänzung<br />
zu den beiden Pflegebroschüren<br />
des <strong>VdK</strong> „Pflege zu Hause.<br />
Was muss ich wissen?“ und „Ab<br />
wann ist man pflegebedürftig?“, die<br />
zum Start der Pflegekampagne in<br />
neuer Auflage erschienen sind.<br />
Sicheres Zuhause<br />
Digitale Hilfsmittel können die Bewältigung<br />
des Alltags für ältere<br />
Menschen spürbar erleichtern und<br />
mit dazu beitragen, die eigene<br />
Selbstständigkeit und Selbstbestimmung<br />
möglichst lange zu bewahren.<br />
In einer Musterwohnung des<br />
Kompetenzzentrums Pflege 4.0 in<br />
Berlin kann man besichtigen, wie<br />
sich dank moderner Technologie<br />
Unfallrisiken im Haushalt reduzieren<br />
lassen. So melden beispielsweise<br />
Sensoren, wenn die Herdplatte<br />
nicht abgeschaltet oder der Wasserhahn<br />
nicht zugedreht worden ist.<br />
Der Film stellt einige solcher Hilfsmittel<br />
vor.<br />
ant<br />
12 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 13<br />
LANDESVERBAND<br />
Sozialrechtstipp<br />
Pflegepauschbetrag<br />
schon ab Grad 2 Seite 14<br />
Sozialrichtertagung<br />
Wann zahlt die gesetzliche<br />
Krankenkasse?Seite 14<br />
Ehrenamt<br />
Neues aus den Orts- und<br />
Kreisverbänden Seite I<br />
IN MEMORIAM<br />
Norbert Lautwein<br />
Wir trauern um Norbert Lautwein,<br />
der im hohen Alter von 97 Jahren<br />
von uns gegangen ist. Lautwein<br />
war von 1982 bis 2014 Vorsitzender<br />
des Ortsverbands Tawern<br />
und bis 2010 Vorsitzender des<br />
Kreisverbands Trier-Saarburg,<br />
außerdem mehrere Jahre Mitglied<br />
im Landesverbandsausschuss.<br />
Er erhielt das Ehrenzeichen,<br />
die Goldene Ehrennadel<br />
und die Verdienstnadel des<br />
<strong>VdK</strong>-Landesverbands Rheinland-Pfalz.<br />
Außerdem wurde er<br />
zum Ehrenvorsitzenden seines<br />
Ortsverbands und des Kreisverbands<br />
ernannt. Für seine Tätigkeit<br />
als ehrenamtlicher <strong>VdK</strong>-Sozialrichter<br />
wurde er mit der Ehrennadel<br />
des Landes Rheinland-Pfalz<br />
ausgezeichnet. Darüber hinaus<br />
erhielt er für sein soziales Engagement<br />
gewichtige Ehrungen<br />
der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Radeln für die Pflege<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong> unterstützt das Bündnis „Pflegeaufstand“ und beteiligt sich an der „Tour de Pflege“<br />
Von Mainz nach Ahrweiler und zurück<br />
nach Koblenz – das war die<br />
fünftägige „Tour de Pflege“! Wer<br />
mitradelte, kritisierte öffentlichkeitswirksam<br />
die Missstände in der<br />
Pflege und im Gesundheitswesen.<br />
Die Aktion wurde organisiert vom<br />
„Bündnis Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz“<br />
in Zusammenarbeit mit<br />
ver.di. Der Sozialverband <strong>VdK</strong> unterstützt<br />
den Pflegeaufstand nach<br />
Kräften.<br />
Es war der perfekte Tag, um die<br />
„Tour de Pflege“ zu starten: „Die<br />
Sonne schien, es waren über 20<br />
Grad, und die Leute waren alle gut<br />
drauf“, berichtete <strong>VdK</strong>-Sozialrechtsexperte<br />
Moritz Ehl, der gemeinsam<br />
mit seiner Kollegin Claudia<br />
Landgraf den Radeltrupp auf<br />
den ersten Etappen begleitete.<br />
„Das ist eine tolle Aktion, die bessere<br />
Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte<br />
fordert. Dass wir uns als<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong> beteiligen, ist<br />
ein wichtiges Signal.“<br />
Die „Tour de Pflege“ ging über<br />
fünf Tage, von Mainz aus an Rhein<br />
und Mosel entlang durch die Eifel<br />
bis in den Norden von Rheinland-Pfalz.<br />
Unterwegs gab es etliche<br />
Etappenstopps bei verschiedenen<br />
Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.<br />
Dort stärkten sich die<br />
Radlerinnen und Radler, machten<br />
lautstark auf ihre Forderungen<br />
aufmerksam und diskutierten mit<br />
den Menschen vor Ort.<br />
„Die Corona-Pandemie hat ans<br />
Licht geholt, was seit Jahrzehnten<br />
falsch läuft“, erklärte OP-Pflegerin<br />
Daiana Neher von der Unimedizin<br />
Mainz. „Aufgrund der schlechten<br />
Bedingungen finden sich immer<br />
weniger qualifizierte Menschen,<br />
die in den Pflegeberufen arbeiten<br />
wollen. Wegen der Personalnot<br />
muss man allzu oft bei der Patientenversorgung<br />
Abstriche machen.<br />
Wir brauchen Gesetze, die eine<br />
gute Personalausstattung vorschreiben<br />
und eine anständige<br />
Bezahlung garantieren.“<br />
Dem stimmte <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />
Willi Jäger zu.<br />
„Durch die schlechten Arbeitsbedingungen<br />
wird das Pflegepersonal<br />
aus dem Beruf getrieben. Eine<br />
Umfrage der Pflegekammer hat<br />
gezeigt, dass 70 Prozent der Pflegekräfte<br />
schon einmal mit dem<br />
Gedanken gespielt haben, aus dem<br />
Beruf auszusteigen! Die Pflege<br />
steht vor dem Kollaps.<br />
Dieser Kollaps würde auch die<br />
häusliche Pflege betreffen, ergänzt<br />
<strong>VdK</strong>-Experte Moritz Ehl.<br />
„Denn Tagespflege, Nachtpflege<br />
und Kurzzeitpflege sind eine<br />
wichtige Entlastung für pflegende<br />
Angehörige; aber bereits jetzt gibt<br />
es zu wenig Plätze.“ Der Gesetzgeber<br />
müsse sich grundsätzlich<br />
stärker um die Vereinbarkeit von<br />
Familie, Pflege und Beruf kümmern.<br />
„Die bisherige Regelung mit<br />
sechs Monaten Freistellung oder<br />
zwei Jahren Teilzeitarbeit genügt<br />
bei Weitem nicht. Außerdem<br />
brauchen Angehörige das Recht,<br />
je derzeit in ihre Vollzeitstelle<br />
zurückzukehren.“ Auch sei es<br />
wichtig, Entlastungsangebote<br />
aus zubauen.<br />
Abschließend bekräftigte Willi<br />
Jäger, dass „Pflege“ eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe sei. Er<br />
kündigte an, dass der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> seine Kampagne<br />
„Nächstenpflege“ fortsetzen und<br />
das „Bündnis Pflegeaufstand“ weiter<br />
unterstützen werde. „Wie stark<br />
eine Gesellschaft ist, zeigt sich<br />
daran, wie sie mit den Schwächsten<br />
umgeht. Pflege muss menschenwürdig<br />
bleiben, egal ob zu<br />
Hause oder im Pflegeheim. Das<br />
geht nur mit den richtigen Rahmenbedingungen!“<br />
fin<br />
Von links: Moritz Ehl und Claudia Landgraf vom <strong>VdK</strong>-Landesverband ...<br />
... machten sich auf den Weg nach Ingelheim.<br />
Fotos: Ehl/Klemmer<br />
Die „Tour de Pflege“ startete mit einer Ansprache des medizinischen Vorstands Professor Dr. Pfeifer (links) auf dem Vorplatz der Unimedizin in Mainz.<br />
Solidarität mit dem Bündnis „Pflegeaufstand“, das für bessere Arbeitsbedingungen<br />
von Pflegekräften streitet.<br />
Moritz Ehl und Claudia Landgraf mit den gewerkschaftlich aktiven<br />
<strong>VdK</strong>-Mitgliedern Susie Teske-Keiser (links) und Susanne Pleines (rechts).<br />
13 RHPfalz<br />
Allgemein
14 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Perücke als Hilfsmittel?<br />
Vorträge und Fallbeispiele: Ehrenamtliche Sozialrichtertagung vermittelt juristisches Wissen<br />
Seit Bismarck sind die Deutschen<br />
stolz auf die gesetzliche Krankenversicherung<br />
(GKV). Doch wie in<br />
jedem System gibt es Ungerechtigkeiten,<br />
die vor Gericht ausgefochten<br />
werden. Deswegen trafen<br />
sich ehrenamtliche Sozialrichterinnen<br />
und Sozialrichter des Sozialverbands<br />
<strong>VdK</strong> zu einer Arbeitstagung<br />
in Mainz. Ziel war, juristisches<br />
Wissen aufzufrischen und an Fallbeispielen<br />
anzuwenden. Unterstützt<br />
wurden die Teilnehmenden<br />
von Professorin Dr. Petra Cormann,<br />
Präsidentin am Sozialgericht Trier,<br />
und Dr. Britta Wiegand, Richterin<br />
am Landessozialgericht Rheinland-Pfalz.<br />
Am Pult: Dr. Britta Wiegand erläuterte interessante Fallbeispiele aus der Sozialgerichtsbarkeit. Fotos: Klemmer Jürgen Abt verabschiedete sich.<br />
„Im 19. Jahrhundert waren nur<br />
zehn Prozent der Bevölkerung<br />
pflichtversichert; heute sind es<br />
rund 88 Prozent“, erläuterte<br />
<strong>VdK</strong>-Rechtsschutzstellenleiter Jürgen<br />
Abt zu Beginn der Sozialrichtertagung.<br />
„Damit bietet die GKV<br />
heute rund 73 Millionen Versicherten<br />
Schutz und eine umfassende<br />
medizinische Versorgung.“<br />
Doch trotz dieser Erfolgsgeschichte<br />
komme es immer wieder<br />
zu Streitfällen, über die ehrenamtliche<br />
Richterinnen und Richter<br />
mitentscheiden müssten. Dabei sei<br />
es wichtig, nicht „aus dem Bauch<br />
heraus zu urteilen, sondern juristisch<br />
sauber zu prüfen“. Wie eine<br />
juristische Prüfung abläuft, erklärte<br />
Dr. Britta Wiegand, Richterin<br />
am Landessozialgericht. „An Einzelbeispielen<br />
lässt sich gut zeigen,<br />
wie das Rechtssystem funktioniert.<br />
Krankheit und Therapie<br />
Besonders anschaulich ist die<br />
Klage eines 47-jährigen Mannes,<br />
der wegen vollständiger Haarlosigkeit<br />
seines Kopfes psychische<br />
Probleme bekam und von der<br />
Krankenkasse eine Perücke bezahlt<br />
bekommen wollte. Das Gericht<br />
entschied dagegen, wies allerdings<br />
darauf hin, dass dem<br />
Betroffenen unter Umständen eine<br />
psychotherapeutische Behandlung<br />
zusteht.“<br />
Ob die Perücke die psychischen<br />
Leiden vielleicht schneller und<br />
günstiger hätte lindern können als<br />
die Psychotherapie, sei von den<br />
Richtern nicht zu beurteilen gewesen.<br />
Aus juristischer Sicht sei entscheidend,<br />
dass an der Krankheit<br />
anzusetzen sei: „Die Perücke wäre<br />
als Hilfsmittel bezahlt worden,<br />
wenn die Glatze eine entstellende<br />
Wirkung gehabt hätte. Dies sei<br />
grundsätzlich etwa bei Frauen der<br />
Fall, nicht jedoch bei Männern.<br />
Die psychischen Probleme seien<br />
hingegen mit den diesbezüglich<br />
zur Verfügung stehenden Mitteln<br />
– etwa Psychotherapie – anzugehen.“<br />
Nach dem Vortrag setzten sich<br />
die ehrenamtlichen Sozialrichter<br />
in Arbeitsgruppen zusammen, um<br />
Fälle aus der Praxis zu besprechen.<br />
Die Ergebnisse wurden am<br />
nächsten Tag im Plenum vorgestellt<br />
und von Professorin Dr. Petra<br />
Cormann, Präsidentin am<br />
Sozialgericht Trier, kommentiert.<br />
Abschließend zog <strong>VdK</strong>-Landesrechtsschutzstellenleiter<br />
Jürgen<br />
Abt eine positive Bilanz – nicht<br />
nur für den Tag, sondern für die<br />
vergangenen Jahre. „Seit nahezu<br />
drei Jahrzehnten darf ich die<br />
<strong>VdK</strong>-Sozialrichtertagung vorbereiten<br />
und leiten. Da ich Ende <strong>September</strong><br />
in den Ruhestand trete,<br />
möchte ich mich heute bei Ihnen<br />
bedanken für die schöne Zeit und<br />
die guten Gespräche. Jeder Abschied<br />
ist ein Schlüsselmoment, in<br />
dem auch ein wenig Wehmut mitschwingt.<br />
Aber ich versuche, es<br />
mit Aristoteles zu halten: Wir<br />
können den Wind nicht ändern,<br />
aber die Segel anders setzen. Ich<br />
wünsche Ihnen alles Gute. Dankeschön.“<br />
Michael Finkenzeller<br />
SOZIALRECHTSTIPP<br />
Pflegepauschbetrag<br />
Erstmals schon ab Pflegegrad 2<br />
IN EIGENER SACHE<br />
„Hilfe zur Selbsthilfe“<br />
Ehrenamtskoordinatorin für den Landesverband<br />
Oft übernehmen Angehörige oder<br />
andere nahestehende Personen<br />
die Pflege eines Pflegebedürftigen.<br />
Haben diese Personen selbst<br />
zu versteuernde Einnahmen, können<br />
sie die Aufwendungen für die<br />
Pflege mit dem Pflegepauschbetrag<br />
von der Steuer absetzen –<br />
ohne, dass das Finanzamt Belege<br />
für die entstandenen Kosten sehen<br />
will. Der Sozialrechtstipp erklärt<br />
Ihnen, was Sie noch beachten<br />
müssen.<br />
Ab der Steuererklärung 2021<br />
können pflegende Angehörige den<br />
Pflegepauschbetrag das erste Mal<br />
für Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad<br />
2 und 3 beanspruchen. Dieser<br />
beträgt 600 Euro bei Pflegegrad 2<br />
und 1100 Euro bei Pflegegrad 3. Für<br />
Menschen, die Pflegegrad 4 oder 5<br />
oder einen Schwerbehindertenausweis<br />
mit dem Merkzeichen „H“ für<br />
hilflos oder „Bl“ für blind haben,<br />
beträgt der Pauschbetrag nunmehr<br />
1800 Euro pro Jahr.<br />
Das Finanzamt fordert dafür<br />
lediglich einen entsprechenden<br />
Nachweis der Pflegebedürftigkeit<br />
in Form einer Einstufung der<br />
Pflegekasse in einen der Pflegegrade<br />
2 bis 5, beziehungsweise einen<br />
Schwerbehindertenausweis<br />
mit dem Merkzeichen „H“ oder<br />
dem Merkzeichen „Bl“. Zwischen<br />
dem Pflegenden und dem Pflegebedürftigen<br />
muss eine enge Beziehung<br />
bestehen. Dazu zählen zum<br />
Beispiel Ehe- und Lebenspartner,<br />
Lebensgefährten, Kinder, Enkel,<br />
Geschwister, Tante oder Onkel,<br />
Für den Pauschbetrag muss zwischen<br />
der pflegebedürftigen und<br />
der pflegenden Person eine enge<br />
Beziehung bestehen. Foto: Freepik<br />
Schwager oder Schwägerin,<br />
Schwiegereltern, Stiefeltern, gute<br />
Freunde oder Nachbarn.<br />
Erhält der Pflegende eine Pflegevergütung,<br />
besteht kein Anspruch<br />
mehr auf den Pflegepauschbetrag.<br />
Wenn das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung<br />
aber nur ausschließlich<br />
zugunsten des oder der<br />
Pflegebedürftigen verwendet wird,<br />
zum Beispiel für die Anschaffung<br />
eines Spezialbetts, steht dem pflegenden<br />
Angehörigen der Pflegepauschbetrag<br />
zu. Das muss allerdings<br />
belegt werden.<br />
Die Pflege muss persönlich<br />
durchgeführt werden. Das ist auch<br />
dann der Fall, wenn der Pflegende<br />
von einer ambulanten Pflegekraft<br />
unterstützt wird. Dadurch wird<br />
der Pauschbetrag nicht gekürzt.<br />
Die Pflege muss entweder in der<br />
Wohnung der pflegebedürftigen<br />
Person erfolgen oder in der Wohnung<br />
der pflegenden Person. Im<br />
Einzelfall kann das Finanzamt die<br />
Pauschale auch bei einer Heimunterbringung<br />
anerkennen, etwa<br />
wenn die oder der Betroffene bereits<br />
vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit<br />
im Pflegeheim wohnte.<br />
Teilen sich zwei Pflegepersonen<br />
die Pflege, teilt das Finanzamt den<br />
Pauschbetrag unter diesen auf. Der<br />
Pflegepauschbetrag ist ein Jahresbetrag.<br />
Das heißt: Er wird auch<br />
dann in voller Höher gewährt,<br />
wenn die Pflege nur einen Teil des<br />
Jahres angedauert hat. Verändert<br />
sich der Pflegegrad im Laufe eines<br />
Kalenderjahres, können Sie den<br />
Pauschbetrag für den höchsten<br />
Pflegegrad ansetzen, der in dem<br />
Jahr festgestellt wurde.<br />
Pflegende Angehörige können<br />
Pflegeaufwendungen auch als außergewöhnliche<br />
Belastung geltend<br />
machen. Das lohnt sich, wenn die<br />
Ausgaben dafür allein oder zusammen<br />
mit anderen außergewöhnlichen<br />
Belastungen, wie die eigenen<br />
Krankheitskosten, die finanzielle<br />
Belastung übersteigen. Laut der<br />
Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz<br />
muss man dem Finanzamt<br />
dann aber alle Ausgaben für<br />
die Pflege nachweisen. Man muss<br />
also im Einzelfall entscheiden, was<br />
günstiger ist: der Pflegepauschbetrag<br />
oder die außergewöhnliche<br />
Belastung. Ida Schneider<br />
Koordination trifft Kommunikation: Melanie Würtz (links) bei der Einarbeitung<br />
mit <strong>VdK</strong>-Referentin Dominika Klemmer (rechts). Foto: Finkenzeller<br />
Melanie Würtz ist die Ehrenamtskoordinatorin<br />
des Sozialverbands<br />
<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz. Es ist<br />
eine neue Stelle, die der geschäftsführende<br />
Vorstand auf Initiative<br />
des Vorsitzenden Willi Jäger<br />
eingerichtet hat. Ziel ist, das<br />
Ehrenamt zu unterstützen, zu vernetzen<br />
und zu motivieren.<br />
„Wir haben eine starke ehrenamtliche<br />
Basis, stellen aber fest, dass es<br />
immer schwieriger wird, Nachfolgerinnen<br />
und Nachfolger für die Ortsverbandsvorstände<br />
zu finden“, erläutert<br />
Landesverbandsvorsitzender<br />
Willi Jäger. „Dieses Problem haben<br />
wir mit vielen Organisationen gemein.<br />
Wir befinden uns in einem<br />
Wettbewerb und müssen unser Ehrenamt<br />
attraktiver machen.“<br />
Melanie Würtz, die vorher bei der<br />
Stiftung Lesen das Ehrenamtsnetzwerk<br />
betreute, freut sich auf die<br />
neue Aufgabe: „Ich werde den Ehrenamtlichen<br />
am Telefon zur Verfügung<br />
stehen, den Ehrenamtsbereich<br />
im Intranet ‚<strong>VdK</strong>-intern‘ betreuen,<br />
Handreichungen und Broschüren<br />
entwickeln, Schulungen und Webinare<br />
anbieten sowie Impulse für<br />
Aktionen vor Ort geben. Die Ehrenamtskoordination<br />
steht unter dem<br />
Motto ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘.“ Doch<br />
zunächst will Frau Würtz den Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz<br />
kennenlernen. „Gern komme ich zu<br />
Kreisverbandstagen oder Ortsverbandskonferenzen,<br />
um mit den<br />
<strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>lern ins Gespräch<br />
zu kommen und meine Pläne<br />
vorzustellen.“<br />
Die neue Stelle „Ehrenamtskoordination“<br />
wird eigenständig arbeiten,<br />
gehört aber formal zur<br />
Ab teilung „Kommunikation“ im<br />
<strong>VdK</strong>-Landesverband. „Diese Entscheidung<br />
haben wir bewusst getroffen“,<br />
so <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />
Jäger. „Denn jede gute<br />
Ehrenamtsarbeit lebt von guter<br />
Kommunikation.“fin<br />
14 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
I<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Simmern<br />
Mit einer engagierten Mannschaft startet der Ortsverband Simmern in<br />
die neue Amtsperiode. Der aktuelle Vorstand besteht aus dem bisherigen<br />
und einstimmig wiedergewählten Vorsitzenden Otto-U. Härter (vorne<br />
rechts), seiner Stellvertreterin Ilse Löwenbrück, der Kassenverwalterin<br />
Ulrike Schmoll, ihrem Stellvertreter Volkmar Rösinger, der Schriftführerin<br />
Bärbel Härter sowie der Frauenbeauftragten Marita Hees und<br />
ihrer Stellvertreterin Else Tatsch. Als Beisitzer wurden Günter Hees,<br />
Wolfgang Wierschem, Lothar Hebel, Christel Ries und Heidi Stiehl-Wittner<br />
gewählt. Die Kassenrevision übernehmen Josef Hartig und Albert<br />
Wald mit ihren Stellvertretern Günter Hackländer und Alfred Kreer.<br />
Schönenberg-Kübelberg<br />
Im Ortsverband Schönenberg-Kübelberg, Kreisverband Kusel, wurden<br />
beim traditionellen Grillfest die Ehrungen der vergangenen Pandemiejahre<br />
nachgeholt und 38 Mitglieder für zehn, 20 und 30 <strong>VdK</strong>-Jahre<br />
ausgezeichnet. Das Foto zeigt Vorstandsmitglieder mit einigen der Jubilare.<br />
Gemeinsam trotzten die knapp 90 <strong>VdK</strong>ler den hohen Temperaturen<br />
von fast 35 Grad und hatten einen heiteren Nachmittag.<br />
Üdersdorf<br />
Burgen-Macken<br />
Im Ortsverband Burgen-Macken,<br />
Kreisverband Sankt Goar, wurde<br />
der Vorstand neu gewählt. Er<br />
setzt sich zusammen aus dem<br />
Vorsitzenden Gerhard Sturm,<br />
seinem Stellvertreter Hermann<br />
Knöppel, Kassenverwalter Peter<br />
Scheidweiler, der stellvertretenden<br />
Kassenverwalterin Irmina<br />
Mischker, Schriftführerin Marlene<br />
Börsch, der stellvertretenden<br />
Schriftführerin Beate Wickert,<br />
Beisitzer Martin Strauss und<br />
Sabine Berresheim sowie den<br />
Revisoren Ewald und Claudia<br />
Schmitt.<br />
Auch verabschiedete der Vorsitzende<br />
Gerhard Sturm (rechts) an<br />
diesem Tag den ehemaligen<br />
stellvertretenden Vorsitzenden<br />
Erich Endres (links) offiziell mit<br />
einem Gutschein und einem<br />
Weinpräsent. Neben Erich Endres<br />
wurde auch Rudi Gast (unten<br />
rechts) zum Ehrenmitglied des<br />
Ortsverbands ernannt.<br />
Neustadt (Wied)<br />
Neues Vorstandsteam<br />
Kreisverbandstag in Landau<br />
Neue und bekannte Gesichter: Das neue Vorstandsteam präsentiert sich.<br />
Am 18. Juni <strong>2022</strong> fand in Bornheim<br />
der ordentliche Kreisverbandstag<br />
des Kreisverbands Landau statt.<br />
Dabei wurde der bisherige Vorsitzende<br />
Manfred Campe als Vorsitzender<br />
bestätigt und das Vorstandsteam<br />
durch neue Mitglieder<br />
ergänzt.<br />
Bei der Vorstandswahl wurde<br />
Manfred Olbrich als stellvertretender<br />
Vorsitzender des Kreisverbands<br />
Landau wiedergewählt.<br />
Auch Norberth Hirth bleibt<br />
Schriftführer. Ursula Jung verwaltet<br />
erneut die Kreisverbandskasse.<br />
Als Beisitzerinnen und Beisitzer<br />
unterstützen Anita Hertlein,<br />
Hans-Peter Carius und Uta Boger<br />
die Arbeit des Kreisverbandsvorstands.<br />
In den kommenden vier<br />
Jahren bringen neue Ehrenamtliche<br />
frischen Wind ins Vorstandsteam:<br />
So wird Brigitte Henigin<br />
neue stellvertretende Vorstandsvorsitzende.<br />
Für die Belange der<br />
Frauen im <strong>VdK</strong> wird sich Christel<br />
Getto starkmachen. Arno Weber<br />
und Gisela Werling bringen als<br />
neue Beisitzer ihre Ideen in den<br />
Vorstand ein.<br />
Als Revisoren sind weiterhin<br />
Inge Scheurich, Theo Heintz und<br />
Peter Allspach tätig.<br />
Obere Grafschaft<br />
Der Ortsverband Üdersdorf, Kreisverband Wittlich-Daun, hat unter der<br />
Leitung der Kreisverbandsvorsitzenden Marita Horn (Vierte von rechts)<br />
einen neuen Vorstand gewählt. Dem neuen Vorstand gehören an (von<br />
links): Ortsverbandsvorsitzender Franz-Rudolf Bell, Kassenverwalter<br />
Willibert Wolf, Frauenbeauftragte Anna Schmitz, Schriftführerin Petra<br />
Thome, Revisor Michael Schneider, Beisitzerin Sylvia Schneider sowie<br />
Beisitzer Wolfgang Kretschmer. Nicht im Bild sind der stellvertretende<br />
Vorsitzende Hermann-Josef Klein sowie der Revisor Hans-Peter Michels.<br />
Heidenburg<br />
Das Highlight des Ortsverbandstags<br />
in Neustadt (Wied) war die<br />
Ehrung des Mitglieds Franz<br />
Etscheid (Zweiter von links). Seit<br />
70 Jahren ist er Mitglied im <strong>VdK</strong>.<br />
Die Würdigung nahm der Vorstand<br />
mit Unterstützung des<br />
Kreisvorsitzenden Hans-Werner<br />
Kaiser (rechts) unter großem<br />
Applaus vor.<br />
Bundenbach<br />
Im Ortsverband Obere Grafschaft, Kreisverband Ahrweiler, wurde der<br />
Vorstand neu gewählt. Das Bild zeigt in der vorderen Reihe von links:<br />
Die Revisorin Elke Friedrich, die stellvertretende Vorsitzende Ursula<br />
Steingrefer sowie die Beisitzerinnen Gabriele Joisten und Mathilde Noack.<br />
In der hinteren Reihe stehen von links der Ehrenvorsitzende Winfried<br />
Diedrich, Schriftführer Franz Josef Bertram, Ortsverbandsvorsitzender<br />
Engelbert Mohr, Kassenverwalter Bruno Zimmermann und Beisitzer<br />
Manfred Hörnig. Es fehlen die Frauenvertreterin Karin Weidenfeld,<br />
Beisitzer Jugend Lukas Wolber und Revisor Hans Georg Stockhorst.<br />
Alf<br />
In der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Heidenburg, Kreisverband<br />
Trier-Saarburg, wurde im Beisein des Kreisverbandsvorsitzenden<br />
Werner Faber der Vorstand wiedergewählt. Auf dem Bild sieht man<br />
von links: Beisitzer Ferdinand Gorges, Kassenverwalter Helmut Schander,<br />
Frauenbeauftragte Anita Schander, Schriftführerin Kornelia<br />
Schmitz, Vorsitzender Gerhard Kolz, Beisitzerin Hedwig Thomas,<br />
stellvertretender Vorsitzender Winfried Hartkorn sowie die Kassenprüfer<br />
H.-Bernhard Clüsserath und Manfred Becker.<br />
Im Ortsverband Bundenbach,<br />
Kreisverband Zweibrücken, wurde<br />
Liane Becker (Mitte) für zehn<br />
<strong>VdK</strong>-Jahre geehrt. Die Auszeichnung<br />
nahm der Vorsitzende<br />
Rainer Faust (rechts) mit seinem<br />
Stellvertreter Peter Lehberger<br />
(links) vor.<br />
Im Ortsverband Alf, Kreisverband Cochem-Zell, wurde eine Mitgliederversammlung<br />
durchgeführt. Dabei zeichnete der Vorsitzende Karl-<br />
Heinz Bömer (links) treue Mitglieder aus. Das Bild zeigt von links<br />
(Mitgliedsjahre in Klammern): Karl-Heinz Bömer, Martina Salker (20)<br />
sowie Sabine und Siegfried Schmitz (10). Weiterhin gingen für zehn<br />
<strong>VdK</strong>-Jahre Urkunde und Treuenadel an Marlies Heider, Jürgen Jungen,<br />
Sascha Kretschmann, Peter Salker, Stefan Salker und Ute Stein-Kanis.<br />
15 RHPfalz<br />
Allgemein
II <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Bitburg<br />
Diedesfeld<br />
Gut gelaunt trafen sich fast 50 <strong>VdK</strong>-Mitglieder und Gäste des Ortsverbands Bitburg, Kreisverband Bitburg-Prüm,<br />
zum ersten Tagesausflug nach zweijähriger Corona-Pause. Nach einem stärkenden Frühstück fuhr die Gruppe<br />
zum Laacher See, wo man die Abtei mit Gärtnerei, die Kunstschmiede sowie die Kirche besichtigte. Mittagspause<br />
war in Mülheim-Kärlich. Von dort fuhr der Bus durchs romantische Mittelrheintal, wo alle in Boppard<br />
aufs Schiff wechselten und die Loreley sowie die imposanten Rheinburgen bewunderten.<br />
Im Ortsverband Diedesfeld, Kreisverband Neustadt-Bad Dürkheim,<br />
wurde der Vorstand neu gewählt. Das Foto zeigt von links: Beisitzer Frank<br />
Naumann, Beisitzerin Esther Lechner, Frauenvertreterin Regina Groß,<br />
Beisitzer Joachim Zillmann, Schriftführerin Regina Ullrich, stellvertretender<br />
Vorsitzender Manuel Becker sowie Vorsitzender Dieter Cullmann.<br />
Ober- und Nieder-Hilbersheim<br />
Meudt<br />
Der Ortsverband Ober- und Nieder-Hilbersheim, Kreisverband Mainz-Bingen, hielt seine Jahresmitgliederversammlung<br />
ab. Vorsitzender Dieter Linck begrüßte den Beigeordneten der Ortsgemeinde Ober-Hilbersheim,<br />
Karl-Heinz Rheinfurth, und rund 20 Mitglieder. Turnusgemäß fand die Neuwahl des Vorstands statt. Alle<br />
bisherigen Vorstandsmitglieder erklärten sich bereit, wieder zu kandidieren und wurden einstimmig gewählt.<br />
Für zehn Jahre Mitgliedschaft wurde Melitta Herz geehrt. Willi Dix, Klaus Doll, Günther Neumann, Erwin<br />
Moller und Helmut Magin empfingen vom Vorsitzenden die Urkunde und Treuenadel für 20-jährige <strong>VdK</strong>-Mitgliedschaft.<br />
Eine besondere Ehrung erhielt Gerda Tix, die seit 40 Jahren dem <strong>VdK</strong> angehört und 16 Jahre<br />
lang ehrenamtlich aktiv war.<br />
Nach langer coronabedinger Pause unternahm der Ortsverband Meudt,<br />
Kreisverband Westerwald, einen gemeinschaftlichen Ausflug. Gut gelaunt<br />
startete der volle Bus vom Westerwald nach Trier. Hier erfolgte<br />
unter fachkundiger Leitung eine Stadtrundfahrt sowie ein anschließender<br />
Stadtrundgang zu den historischen Sehenswürdigkeiten der von<br />
den Römern gegründeten Stadt. Später ging es weiter zur Mosel nach<br />
Kienheim. Hier gab es ein gemütliches Beisammensein bei einem Winzer,<br />
wo man bei einem Buffet und Wein den Nachmittag verbrachte.<br />
Limburger Hof<br />
Heidenburg<br />
Im Ortsverband Limburger Hof, Kreisverband Ludwigshafen, wurde Uwe Bentz (Vierter von rechts) einstimmig<br />
zum Vorsitzenden wiedergewählt. Auf dem Bild sieht man von links: Revisor Christian Detzner,<br />
Schriftführerin Petra Heißler, Kassenverwalterin Gudrun Zieger, Beisitzer Wolfram Wenskus, Vorsitzender<br />
Uwe Bentz, stellvertretende Vorsitzende Dorothe Wenskus, Beisitzer Rolf Roth sowie Frauenvertreterin und<br />
Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit Sigrid Reimer.<br />
In der Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Heidenburg, Kreisverband<br />
Trier-Saarburg, wurden treue <strong>VdK</strong>ler ausgezeichnet. Der Kreisverbandsvorsitzende<br />
Werner Faber (links) verlieh Urkunden und Treuenadeln<br />
an die glücklichen Jubilare.<br />
Tiefenbach<br />
Rockenhausen<br />
Im Ortsverband Tiefenbach, Kreisverband Simmern, wurden die anwesenden Jubilare der Jahre 2020 bis <strong>2022</strong><br />
für ihre langjährige Mitgliedschaft durch die Vorsitzende Gisela Bast (rechts) und den Kreisverbandsvorsitzenden<br />
Ulrich Stilz (Zweiter von rechts) geehrt.<br />
In einer kleinen Feierstunde hat der Ortsverband Rockenhausen, Kreisverband<br />
Donnersberg, langjährige <strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>ler geehrt. Auf<br />
dem Foto sieht man von links (Jahreszahl in Klammern): Frauenbeauftragte<br />
Liane Echterbroch, Beisitzerin Marliese Steller, Marianne Köhler<br />
(10), Kassenverwalterin Birgit Theiss, Karin Wildanger (10), Beisitzerin<br />
Irmtraud Koppelt, Schriftführerin Hedwig Reindel, Judith Schreiber (20),<br />
Gunter Wolf (10) sowie die Vorsitzende Hedda Steitz.<br />
16 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 15<br />
Vorderpfalz (ehemals Ludwigshafen)<br />
Hütschenhausen<br />
Der Kreisverband Ludwigshafen hat sich zum 1. Juli <strong>2022</strong> in „Kreisverband Vorderpfalz“ umbenannt. Der<br />
Kreisverband erstreckt sich von Bobenheim-Roxheim, Frankenthal, Ludwigshafen, Speyer und Rhein-Pfalz-<br />
Kreis bis nach Germersheim-Sondernheim. Im Kreisverband Vorderpfalz sind rund 12 890 Mitglieder in<br />
19 Ortsverbänden mit 174 Ehrenamtlichen organisiert, wovon 90 weiblich sind und 84 männlich. Der Kreisverbandsvorsitzende<br />
ist Uwe Bentz. Hinzukommen sieben hauptamtliche Mitarbeitende für die Beratung.<br />
Der kleinen Feierstunde wohnten der Landesverbandsvorsitzende Willi Jäger sowie der Landesgeschäftsführer<br />
Rolf Burdack bei. Weitere Gäste kamen aus Mannheim, Frankenthal, Speyer und aus den Ortsverbänden.<br />
Im Ortsverband Hütschenhausen, Kreisverband Kaiserslautern, wurden<br />
<strong>VdK</strong>ler für ihre besonderen Verdienste geehrt. Auf dem Foto sieht<br />
man von links (Jahreszahl in Klammern): Hans Dietrich (10), Schriftführerin<br />
und Frauenvertreterin Christiane Wingert (Ehrenmedaille),<br />
Ortsverbandsvorsitzender Gottfried Bohn, Franz Wingert (Ehrenmedaille),<br />
Volker Jung (30), Boudewijn Cornelis Barendrecht (10) und<br />
Samuel Klatt (10).<br />
Neustadt<br />
Daun<br />
Im Ortsverband Neustadt/Wied hatte der Vorstand zum Ortsverbandstag eingeladen. Bei den Neuwahlen<br />
gab es keine Überraschungen, da alle bisherigen Vorstandsmitglieder wieder kandidierten und bei Enthaltung<br />
der Beteiligten einstimmig wiedergewählt wurden. Der Vorstand setzt sich folgendermaßen zusammen:<br />
Vorsitzender Manfred Salz, stellvertretende Vorsitzende Elisabeth Schücke, Kassenverwalter Jochen Scheel,<br />
Internetbeauftragter Leo Lob sowie die Beisitzerinnen und Beisitzer Michael Acker, Marlene Becker, Marlene<br />
Hecken, Hildegard Reufels, Gerti Weißenfels, Gisela Weißenfels und Walter Kick.<br />
Die Versammlung des rund 1000 Mitglieder zählenden Ortsverbands<br />
Daun, Kreisverband Wittlich-Daun, hat einen neuen Vorstand gewählt.<br />
In seinem Amt wurde Uli Diederichs als Vorsitzender bestätigt. Zu seinem<br />
neuen Stellvertreter wurde Manfred Simon gewählt, der neue Kassenverwalter<br />
ist Karl-Heinz Riemann und die neue Schriftführerin ist Roswitha<br />
Becker. Gleich zehn Mitglieder ließen sich ins Besitzeramt wählen.<br />
Daadener Land<br />
Osthofen<br />
Nach langer coronabedingter Abstinenz unternahm der Ortsverband Daadener Land, Kreisverband Altenkirchen,<br />
seinen angekündigten Ausflug in die Rhön. Aufgrund der langen Zeit seit dem letzten Ausflug<br />
hatten sich fast 80 Mitglieder und Partner angemeldet, weshalb die Gruppe mit zwei Reisebussen ihre Reise<br />
antrat. Erstes Ziel war die Bischofsstadt Fulda mit ihrer wunderschönen Altstadt. Hier gab es ausreichend<br />
Zeit für Frühstück, Shoppen und Besichtigungen. Im Anschluss gab es ein gemeinsames Mittagessen in einem<br />
Gasthof. Gut gestärkt reiste die Gruppe weiter nach Geisa zur Grenz-Gedenkstätte Point Alpha. Tief beeindruckt<br />
ging es zum gemeinsamen Abendessen mit musikalischer Unterhaltung.<br />
Im Ortsverband Osthofen, Kreisverband Worms, wurde der Vorstand<br />
neu gewählt. Auf dem Foto sieht man von links: Schriftführer Reinhard<br />
Teupe, stellvertretende Kassenverwalterin Carmen Schlüter, stellvertretender<br />
Vorsitzender Ulli Bauer, Beisitzer Otto Stridde, Kassenverwalter<br />
Ludwig May, Beisitzer Peter Ritscher, Beisitzerin Renate Lorenz,<br />
und Vorsitzender Günter Leidner. Es fehlen die Beisitzer Egon Strasser,<br />
Jürgen Dinger und Horst Seelig.<br />
Hoxel<br />
Hornbach<br />
Drei unterhaltsame Tage bot der Ausflug des Ortsverbands Hoxel/Hunsrück, Kreisverband Bernkastel-Zell.<br />
Die Route führte über Kirrwiller zum Schwarzwaldhotel nach Gengenbach. Nach dem traditionellen Frühstück<br />
ging es zum Royal Palace in Kirrwiller. Die dort präsentierte Revue-Show begeisterte alle Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer. Am zweiten Tag bot die Tour über die Schwarzwaldhochstraße viele Höhepunkte.<br />
Der Besuch der Alpirsbacher Klosterbräu und der Brennerei Hoflädele in Gengenbach waren willkommene<br />
Zwischenstopps. Auf der Rückfahrt rundete ein Aufenthalt in Baden-Baden das Programm ab.<br />
Im Ortsverband Hornbach, Kreisverband Zweibrücken, wurden langjährige<br />
Mitglieder geehrt. Auf dem Foto sieht man von links (Mitgliedsjahre<br />
in Klammern): Roland Kennel (10), Iris Wegmann (10), Gottlieb<br />
Sauer (20), Christel Biener (10), Helmut Gab (20), Inge Müller (30),<br />
stellvertretender Vorsitzender Reiner Hohn sowie die Vorsitzende Ehrentraud<br />
Netolitzky.<br />
17 RHPfalz<br />
Allgemein
16<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Eisenberg<br />
Ellenz-Poltersdorf<br />
Am „Tag der Vereine“ bildeten die Besucherinnen und Besucher beim<br />
Infostand des Ortsverbands Eisenberg, Kreisverband Donnersberg,<br />
teilweise Warteschlangen. Das lag zum einen am Glücksrad und dem<br />
Luftballonwettbewerb für die Kleinen, zum anderen an der Möglichkeit,<br />
sich umfangreich über die Leistungen des <strong>VdK</strong> zu informieren. Das Bild<br />
zeigt von links: Kreisverbandsvorsitzender Volker Langguth-Wasem,<br />
Stadtbürgermeister Peter Funck, Ortsverbandsvorsitzender Georg Grünewald,<br />
MdL Jaqueline Rauschkolb und Beisitzerin Dagmar Grünewald.<br />
Der Ortsverband Ellenz-Poltersdorf, Kreisverband Cochem-Zell, hat mit Lothar Fuhrmann einen neuen<br />
Vorstandsvorsitzenden. Seine Stellvertreter sind Jörg Fuhrmann und Karl-Heinz Schausten. Wiedergewählt<br />
wurden Kassenverwalter Dietmar Schausten, Schriftführerin Petra Anheier sowie die Beisitzer Anneliese<br />
Reuter und Roland Thönnes. Die Kassenprüfung übernehmen Elmar Lescher und Edgar Porten. Der scheidende<br />
Vorsitzende Roman Weber (rechts) wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Das Bild zeigt ihn mit<br />
treuen <strong>VdK</strong>lern (von links, Mitgliedsjahre in Klammern): Edgar Porten (10), Ernst Fuhrmann (10), Gertrud<br />
Uecker (10), Karl-Josef Andrae (10, hinten), Maria Hoffmann (10), Dietmar Schausten (20, hinten), Franz-Josef<br />
Porten (20), Rita Zenzen (10), Elmar Lescher (10, hinten), Herbert Conrad (20), Marlies Schausten (20), Cilli<br />
Konzen (30), Karl-Heinz Schausten (20, hinten), Cilli Freimuth (30) sowie Roman Weber (30).<br />
Argenthal<br />
Neustadt<br />
Bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbands Argenthal im Kreisverband<br />
Simmern ehrten der Kreisverbandsvorsitzende Ulrich Stilz<br />
(rechts) und der Ortsverbandsvorsitzende Dieter Knebel (links) langjährige<br />
Mitglieder. Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern):<br />
Dieter Knebel, Ellen Engelmann (10), Irene Theis (10), Hedwig<br />
Gehrmann (20), Klaus Sonnet (20) sowie Ulrich Stilz.<br />
Beim Ortsverbandstag des Ortsverbands Neustadt (Wied) standen neben den Neuwahlen in erster Linie die<br />
Ehrungen für langjährige Mitglieder auf der Tagesordnung. Das Bild zeigt die zahlreichen Jubilare, welche<br />
für zehn, 20, 25 und 30-jährige Mitgliedschaft mit Urkunde und Ehrennadel ausgezeichnet wurden. Die<br />
Ehrungen nahm der Kreisverbandsvorsitzende Hans-Werner Kaiser (Fünfter von links) vor.<br />
Bernkastel-Zell<br />
Osthofen<br />
Der Kreisverband Bernkastel-Zell lud seine Ortsverbandsvorstände zur<br />
Ortsverbandskonferenz. Die Vorsitzenden und Kassenverwalter erhielten<br />
dabei interessante Informationen über das Intranet „<strong>VdK</strong>-intern“<br />
und über die neue Grundrente. Das Bild zeigt von links: Kreisverbandskassenverwalter<br />
Franz-Josef Vogt, Landesverbandsreferentin der Abteilung<br />
Kommunikation, Martha Lubosz, Kreisverbandsvorsitzender<br />
Albert Görgen, seine Stellvertreter Antje Justen und Hans-Wilhelm<br />
Hövel sowie Kreisverbandsgeschäftsführer Markus Eiserlo.<br />
Ein Höhepunkt des Ortsverbandstags Osthofen, Kreisverband Worms, war die Ehrung von <strong>VdK</strong>-Mitgliedern<br />
für ihre langjährige Treue zum <strong>VdK</strong>. Fünf anwesende Jubilare nahmen ihre Urkunden und Ehrennadeln<br />
persönlich entgegen, was mit viel Beifall durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedacht wurde. Das<br />
Bild zeigt die Jubilare gemeinsam mit dem Kreisverbandsvorsitzenden Otto Stridde (Zweiter von rechts).<br />
Senheim<br />
Niedersimten-Obersimten<br />
Bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbands Senheim, Kreisverband<br />
Cochem-Zell, wurde der bisherige Vorstand, bis auf das Amt des Kassenverwalters,<br />
wiedergewählt. Neuer Kassenverwalter ist Peter Haase. Auch<br />
wurden treue <strong>VdK</strong>ler für ihre Mitgliedschaft geehrt. Das Bild zeigt von<br />
links (Mitgliedsjahre in Klammern): Renate Held-Brauer (20), Gerlinde<br />
Nebel (20), Vorsitzender Alfred Equit, Margarete Mentges (30), Hermann<br />
Fritzer (50) sowie der ehemalige Kassenverwalter Ludwig Binzen.<br />
Nach zweijähriger Zwangspause durch Corona fand wieder eine Mitgliederversammlung des Ortsverbands<br />
Niedersimten und Obersimten, Kreisverband Pirmasens, statt. Dabei ehrte der Vorstand <strong>VdK</strong>-Mitglieder für<br />
ihre langjährige Treue zum Verband mit Urkunde und Ehrennadel. Alle Geehrten fanden sich im Anschluss<br />
für ein Gruppenfoto zusammen. Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern): Ortsverbandsvorsitzender<br />
Klaus Eitel, Kreisverbandsvorsitzender Wolfram Stüger (20), Peter Hess (20), Margot Schindler für<br />
ihren Mann Michael Schindler (10), Wolfgang Peter (30), Gisela Kunz (20), Ilona Kettenring (10), Edwin<br />
Münch (20), Klaus Schwalbach (20), Karl Huber (10) und Kopp Roland (10).<br />
18 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> 17
18 RHPfalz<br />
Allgemein
Reise und Erholung <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
19<br />
19 RHPfalz<br />
Allgemein
20 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
Reise und Erholung<br />
20 RHPfalz<br />
Allgemein
Verbraucher<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
21<br />
Teil der Veränderung werden<br />
Ohnmacht angesichts der Klimakrise: Bürgerschaftliches Engagement hilft, sagt Klimapsychologin Janna Hoppmann<br />
Die Klimapsychologin Janna<br />
Hoppmann aus Berlin hat das<br />
Start-up-Unternehmen „Climate<br />
Mind“ gegründet und möchte<br />
Menschen sowie Organisationen<br />
zu klimafreundlicherem Handeln<br />
befähigen. Sie fordert eine sensiblere<br />
Berichterstattung in den Medien<br />
und viel mehr nachhaltige<br />
Produkte. Im Interview mit der<br />
<strong>VdK</strong>-ZEITUNG betont die Gründerin<br />
auch, dass diejenigen, die ohnehin<br />
schon wenig Geld haben, die<br />
kleinsten Klima sünder sind.<br />
Was ist eigentlich Klimapsychologie?<br />
Die Mehrheit wird davon noch<br />
nie gehört haben.<br />
Klimapsychologie als Forschungsdisziplin<br />
ist noch relativ jung. Sie<br />
untersucht das Erleben und Verhalten<br />
im Klimaschutz und während<br />
der Klima krise. Die Expertinnen<br />
und Experten beschäftigt beispielsweise<br />
die Frage, unter welchen<br />
Bedingungen Menschen bereit<br />
sind, sich für Umwelt- und Klimaschutz<br />
einzusetzen.<br />
Das Wissen um die Klimakrise ist bei der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger angekommen. Die meisten<br />
sorgen sich um die Umwelt. Damit möglichst viele Menschen aktiv werden, braucht es kluge Lösungen.<br />
Woran liegt es, dass oft eine Lücke<br />
zwischen dem Wissen um die ökologische<br />
Krise und klimafreundlichem<br />
Handeln klafft?<br />
Studienergebnisse zeigen: Eine<br />
große Mehrheit der Bevölkerung<br />
macht sich Sorgen wegen der Klimakrise.<br />
Aber es gibt psychologische<br />
Mechanismen, die uns davon<br />
abhalten, aktiv zu werden. Einer<br />
davon ist die Emotionsregulation.<br />
Kurz zur Erklärung: Auf erschreckende<br />
Nachrichten reagieren wir<br />
oft damit, dass wir die Aufmerksamkeit<br />
bewusst und unbewusst<br />
auf positive Ereignisse lenken.<br />
Denn es wäre nicht auszuhalten,<br />
alles Bedrohliche an uns heranzulassen.<br />
Indem wir möglichst viele<br />
angenehme Emotionen finden,<br />
geht es uns besser.<br />
Wie ließe sich dieser Selbstschutz-<br />
Mechanismus aushebeln?<br />
Um beim Beispiel der Medien zu<br />
bleiben: Nachrichtenmacher sind<br />
verantwortlich dafür, wie über<br />
Klimakatastrophen berichtet wird.<br />
Sind die Nachrichten größtenteils<br />
negativ, führt das, wie gesagt, dazu,<br />
dass sich viele Leserinnen und<br />
Leser machtlos fühlen und erstarren,<br />
anstatt zu handeln. Stellen<br />
Journalistinnen und Journalisten<br />
in ihren Berichten jedoch eine<br />
Balance aus angenehmen und unangenehmen<br />
Meldungen her und<br />
liefern außerdem Handlungstipps<br />
mit, kann das Menschen aus der<br />
Passivität herausholen.<br />
Plastikverpackungen vermeiden,<br />
auf regionale Lebensmittel achten<br />
– wer versucht, nachhaltig einzukaufen,<br />
merkt, wie mühsam und<br />
teuer das sein kann.<br />
Klimafreundlicher Konsum sollte<br />
sich eigentlich bequem umsetzen<br />
lassen und für jedermann erschwinglich<br />
sein. Es fehlen politische<br />
und wirtschaftliche Lösungen,<br />
damit sich jeder Mensch umweltbewusst<br />
verhalten kann. Wir brauchen<br />
viel mehr Produkte, die von<br />
vorne bis hinten nachhaltig sind.<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Eyecatcher.pro<br />
Expertinnen und Experten sagen,<br />
dass arme Menschen am wenigsten<br />
Verantwortung für die globalen<br />
Umweltpro bleme tragen. Wäre<br />
hier eine Umverteilung zwischen<br />
Arm und Reich nötig?<br />
Auf jeden Fall. Den größten ökologischen<br />
Fußabdruck haben Multimillionäre.<br />
Menschen mit wenig<br />
Einkommen dagegen haben nur<br />
geringe CO 2 -Emissionen. Klimaschutz<br />
sollte daher sozial gerecht<br />
sein. Es braucht finanzielle Entlastungen,<br />
um arme Menschen zu<br />
unterstützen. Sie sind meist auch<br />
gesundheitlich viel stärker gefährdet<br />
und leiden zum Beispiel am<br />
meisten unter der Hitze.<br />
Wie kann es gelingen, die ökologische<br />
Krise zu bewältigen?<br />
Nur gemeinsam ist es zu schaffen,<br />
Lösungen für die globalen Umweltprobleme<br />
zu entwickeln. Wir<br />
können natürlich trotzdem als<br />
Einzelpersonen versuchen, möglichst<br />
sparsam zu konsumieren.<br />
Noch nachhaltiger, aber auch zeitaufwendiger<br />
sind Verhaltensweisen,<br />
die wir als Bürgerinnen und<br />
Bürger gemeinsam wahrnehmen<br />
können: politisch aktiv werden,<br />
einen Verein gründen. Dadurch<br />
verändern wir gesellschaftliche<br />
Rahmenbedingungen und stärken<br />
den sozialen Zusammenhalt. Hierbei<br />
ist es wichtig, das Augenmerk<br />
auf Erfolgserlebnisse zu richten.<br />
Was haben wir mit unserem Engagement<br />
schon alles geschafft?<br />
Das motiviert Ehrenamtliche, um<br />
auch in Zukunft etwas mit anderen<br />
zu bewegen und Teil der Veränderung<br />
zu werden.<br />
Interview: Elisabeth Antritter<br />
Rechtzeitig zur Hauptuntersuchung<br />
Bei Verzug drohen Bußgelder und Mehrkosten<br />
Fahrstress für Menschen mit Behinderung<br />
9-Euro-Ticket hat Schwachstellen im Nah- und Regionalverkehr offengelegt<br />
Wer die Frist für die Haupt untersuchung<br />
seines Autos überzieht,<br />
dem droht ein Verwarnungsgeld.<br />
Fahrzeughalterinnen und -halter<br />
sollten daher einiges beachten.<br />
Bei einem neuen Pkw ist die<br />
Hauptuntersuchung (HU) zum<br />
ersten Mal nach drei Jahren fällig,<br />
danach alle zwei Jahre. Von vielen<br />
aufgrund des früheren Monopols<br />
des Technischen Überwachungsvereins<br />
noch als „TÜV“ bezeichnet,<br />
kann die HU inzwischen auch von<br />
anderen Prüforganisationen durchgeführt<br />
werden. Das Datum für die<br />
nächste Überprüfung lässt sich auf<br />
der Plakette am hinteren Nummernschild<br />
ablesen. Es ist aber<br />
auch in der Zulassungsbescheinigung<br />
Teil I (ehemaliger Fahrzeugschein)<br />
vermerkt.<br />
Dieser Termin darf grundsätzlich<br />
nicht überzogen werden. Wird er<br />
dennoch verpasst, handelt es sich<br />
um eine Ordnungswidrigkeit, die in<br />
der Regel mit einem Verwarnungsgeld<br />
geahndet wird. Ist die Frist um<br />
mehr als zwei Monate überschritten,<br />
werden 15 Euro fällig, bei vier<br />
bis acht Monaten 25 Euro. Ab acht<br />
Monaten Verzug müssen 60 Euro<br />
bezahlt werden, außerdem gibt es<br />
einen Punkt in Flensburg.<br />
Darüber hinaus kann eine versäumte<br />
Fahrzeugüberprüfung weitere<br />
finanzielle Folgen nach sich<br />
ziehen. Wurde die Hauptuntersuchung<br />
um mehr als zwei Monate<br />
überzogen, ist die jeweilige Prüforganisation<br />
verpflichtet, eine<br />
Frist versäumt: Das Auto des Halters<br />
oder der Halterin hätte im Juni <strong>2022</strong><br />
Hauptuntersuchung gehabt.<br />
Ergänzungs untersuchung durchzuführen,<br />
die etwa 20 Prozent<br />
teurer ist als die normale HU.<br />
Eine Rückdatierung erfolgt übrigens<br />
nicht mehr. Wer beispielsweise<br />
den Termin im Juni verpasst hat<br />
und sein Auto erst im <strong>September</strong><br />
überprüfen lässt, muss es erst volle<br />
zwei Jahre später – also im <strong>September</strong><br />
2024 – wieder zum Check<br />
vorfahren. Haben die Prüferinnen<br />
und Prüfer jedoch Mängel festgestellt,<br />
sind diese umgehend zu<br />
beseitigen. Die Nachuntersuchung<br />
muss dann innerhalb eines Monats<br />
erfolgen, andernfalls ist eine<br />
neue kostenpflichtige HU durchzuführen.<br />
Wird der Verzug zudem<br />
bei einer Verkehrskontrolle entdeckt,<br />
ist ein Verwarnungsgeld<br />
von 15 Euro fällig. mib<br />
Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Robert Guenther<br />
Das 9-Euro-Ticket war ein Verkaufsschlager,<br />
sorgte dadurch für<br />
volle Busse und Bahnen. Das stellte<br />
Menschen mit Behinderung vor<br />
große Probleme im Regional- und<br />
Nahverkehr.<br />
Seit dem Verkaufsstart im Mai<br />
wurde das 9-Euro-Ticket rund<br />
38 Millionen Mal verkauft. Damit<br />
nutzten 42 Prozent mehr Menschen<br />
Busse und Bahnen als im<br />
Juni des Vor-Corona-Jahres 2019.<br />
Die Verkehrsunternehmen und die<br />
Deutsche Bahn werteten das Ticket<br />
entsprechend als Erfolg. Doch<br />
den Preis für diesen zahlten vielerorts<br />
mobilitätseingeschränkte<br />
Menschen.<br />
Besonders zu Stoßzeiten am Wochenende<br />
und im Berufsverkehr<br />
waren die Züge so voll, dass viele<br />
keinen Sitzplatz fanden und oft<br />
nicht einmal mehr einen Stehplatz.<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglieder berichteten, dass<br />
die Mobilitätszentrale der Deutschen<br />
Bahn seit der Einführung<br />
des Tickets schlecht bis gar nicht<br />
mehr zu erreichen war. Normalerweise<br />
müssen sich Passagiere mit<br />
Rollstuhl, Rollator oder Gehhilfe<br />
bei diesem Service der Bahn anmelden,<br />
wenn sie Unterstützung,<br />
wie beispielsweise beim Ein- und<br />
Aussteigen über eine Rampe, benötigen.<br />
Die Anmeldefristen dauerten<br />
in dieser Zeit bis zu einer<br />
Woche und länger.<br />
„Das hat nichts mehr mit flexiblem<br />
und selbstbestimmtem Reisen<br />
zu tun. Für viele unserer Mitglieder<br />
bedeutet es einfach nur puren<br />
Stress“, kritisiert <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele. Die ohnehin<br />
schlechten Bedingungen im öffentlichen<br />
Nahverkehr für mobilitätseingeschränkte<br />
Menschen hätten<br />
sich durch das 9-Euro-Ticket weiter<br />
verschlechtert.<br />
Schon zur Einführung des Tickets<br />
hatte der <strong>VdK</strong> immer wieder<br />
gefordert, wegen der überfüllten<br />
Züge die Fahrtakte zu erhöhen<br />
und mehr Stell- und Sitzplätze für<br />
mobilitätseingeschränkte Menschen<br />
bereitzustellen. Vor allem<br />
würden zusätzliches Personal,<br />
aber auch bauliche Verbesserungen<br />
wie mehr Rampen und Aufzüge<br />
gebraucht. „Nun müssen zumindest<br />
für die Zukunft Lehren daraus<br />
gezogen werden“, forderte Bentele.<br />
Eine Verlängerung des 9-Euro-<br />
Tickets über den August hinaus<br />
wurde bisher vom Bundesverkehrsministerium<br />
abgelehnt, da<br />
dieses Angebot als Reaktion auf<br />
die hohen Energiepreise zeitlich<br />
befristet sei. Die Bundesländer<br />
haben signalisiert, dass sie sich an<br />
einer Anschlussfinanzierung der<br />
Folgeangebote beteiligen wollen.<br />
Eine abschließende Auswertung<br />
lag bis Redaktionsschluss noch<br />
nicht vor. Der <strong>VdK</strong> befürwortet<br />
eine Nachfolgelösung: sie muss<br />
zwingend günstig, unkompliziert<br />
und bundesweit einheitlich sein. <br />
<br />
Julia Frediani<br />
Bei solch hohem Passagieraufkommen ziehen mobilitätseingeschränkte<br />
Menschen häufig den Kürzeren.<br />
Foto: picture alliance/Daniel Kubirski<br />
21 RHPfalz<br />
Allgemein
22 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Verbraucher<br />
Die Stromspar-Checker kommen<br />
Wie die Energiesparberatung der Caritas Menschen mit kleinen Einkommen oder Renten hilft<br />
Die Preise steigen. Lebensmittel,<br />
Strom und Gas werden immer teurer.<br />
Gerade ärmere Menschen<br />
würden deshalb gerne ihren Energieverbrauch<br />
senken. Das Problem:<br />
Sie wissen oft nicht, wie.<br />
1539 Kilowattstunden Strom<br />
verbraucht Armin Schachmann im<br />
Jahr in seiner 48-Quadratmeter<br />
kleinen Berliner Wohnung. Dafür<br />
zahlt der 64-jährige Rentner monatlich<br />
einen Abschlag von rund<br />
40 Euro an seinen Stromanbieter.<br />
Das ist günstig. Doch er sorgt sich,<br />
dass der Preis steigt: „Ich weiß<br />
nicht, wie lange ich meine Rechnungen<br />
noch bezahlen kann.“<br />
Schon jetzt komme er mit seiner<br />
Rente von 684 Euro und zusätzlich<br />
296 Euro Grundsicherung im Alter<br />
gerade so über die Runden. Wenn<br />
Miete, Gas und Strom bezahlt<br />
sind, bleibt ihm nicht viel.<br />
Der bundesweite Stromspar-<br />
Check der Caritas will Menschen<br />
wie Armin Schachmann helfen.<br />
Wer im Monat weniger als 1330,16<br />
Euro zur Verfügung hat – also unter<br />
dem Pfändungsfreibetrag liegt –,<br />
kann seit 2008 das kostenlose Angebot<br />
nutzen. 390 000 Haushalte<br />
wurden seitdem beraten, 640 000<br />
Tonnen CO 2<br />
eingespart. Das reduziert<br />
Kosten und trägt außerdem<br />
zum Klimaschutz bei.<br />
Das Projekt wird vom Deutschen<br />
Caritasverband und dem Bundesverband<br />
der Energie- und Klimaschutzagenturen<br />
getragen und vom<br />
Bundesministerium für Wirtschaft<br />
Energie-Experte Uwe Schröder (links) von der Caritas erklärt Armin Schachmann, wo er Energie sparen kann.<br />
und Klimaschutz gefördert. Es<br />
richtet sich vor allem an Empfängerinnen<br />
und Empfänger von<br />
Grundsicherung, Wohngeld oder<br />
Arbeitslosengeld II sowie an Geringverdienende.<br />
Hausbesuch<br />
An einem Mittwochvormittag<br />
klingelt Uwe Schröder von der<br />
Caritas an Armin Schachmanns<br />
Wohnungstür. Der Energie-Experte<br />
prüft die Abrechnungen für<br />
Strom, Heizung und Wasser und<br />
misst, wie viel Energie Kühlschrank<br />
und Waschmaschine<br />
verbrauchen. Er checkt Lampen,<br />
Fernseher und PC. Wie oft und wie<br />
lange die Elektrogeräte laufen,<br />
will er wissen, und auch, wie Armin<br />
Schachmann seine Heizung<br />
einstellt. Dann kontrolliert er, wie<br />
viel Wasser in Küche und Bad aus<br />
dem Hahn fließt. Nebenbei gibt er<br />
zahlreiche praktische Tipps. „Viele<br />
Leute stellen ihren Kühlschrank<br />
zu kalt ein“, sagt er. Ideal seien<br />
sechs bis acht Grad Celsius. Jedes<br />
Grad weniger verbrauche bis zu<br />
zwölf Prozent mehr Energie.<br />
Großes Einsparpotenzial sieht<br />
Uwe Schröder beim Kühlschrank.<br />
Der ist alt und kühlt häufig nach.<br />
Das treibt den Stromverbrauch in<br />
die Höhe. Die Caritas bezuschusst<br />
den Kauf eines sparsamen Kühlgeräts<br />
mit 100 Euro. Einige Bundesländer<br />
fördern den Neukauf<br />
zusätzlich. Die Stromspar-Checker<br />
beraten auch dazu. Armin Schachmann<br />
hat sich im Internet bereits<br />
nach einem neuen Kühlschrank<br />
umgesehen. Mit dem Zuschuss<br />
kann er die finanzielle Belastung<br />
besser tragen.<br />
Weitere Gratis-Hilfen gibt es<br />
direkt vor Ort: Die Stromspar-<br />
Checker bauen etwa LEDs oder<br />
wassersparende Duschköpfe ein.<br />
Diese senken den Verbrauch von<br />
Foto: Kristin Enge<br />
Strom oder Wasser spürbar. Armin<br />
Schachmann nutzt bereits LED-<br />
Leuchtmittel, und ausschaltbare<br />
Steckerleisten hat er auch. Ein<br />
Thermometer nimmt er gern. So<br />
kann er besser im Blick behalten,<br />
ob im Kühlschrank die richtige<br />
Temperatur eingestellt ist.<br />
Nach dem Termin erhält der<br />
Rentner einen Bericht. Dafür ermittelt<br />
Uwe Schröder, wie sich der<br />
Jahresverbrauch zusammensetzt,<br />
welches die größten Stromschlucker<br />
sind und wo das höchste Einsparpotenzial<br />
liegt.<br />
Seit die Energiepreise so rasant<br />
steigen, ist der Stromspar-Check<br />
viel gefragt. Uwe Schröder geht<br />
davon aus, dass die Zahl der Nachfragen<br />
weiter steigen wird, wenn<br />
die Jahresabrechnungen in den<br />
Briefkästen liegen. Bis dahin hofft<br />
Armin Schachmann, seine Energiekosten<br />
so deutlich zu senken,<br />
dass er mit den hohen Preisen<br />
besser klarkommt. Kristin Enge<br />
Termine vor Ort<br />
Für den Stromspar-Check benötigen<br />
Interessierte einen Termin.<br />
Die Caritas listet die Standorte<br />
auf ihrer Webseite auf. Wer auf<br />
den Ort klickt, erhält die jeweiligen<br />
Kontaktdaten sowie Informationen<br />
zu den Sprechzeiten.<br />
• (0 30) 6 66 33 12 20<br />
www.stromspar-check.de/<br />
standorte/standorte-liste<br />
Treppenlift von der Steuer absetzen<br />
Mit Attest kann er als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden<br />
Das ganze Jahr ist Beeren-Zeit<br />
Das Obst sollte gründlich gewaschen werden<br />
Ein Treppenlift kann dazu beitragen,<br />
dass Menschen auch im Alter<br />
oder bei Mobilitätseinschränkungen<br />
länger zu Hause wohnen bleiben<br />
können. Doch die Geräte sind<br />
teuer. Unter bestimmten Voraussetzungen<br />
lassen sich die<br />
Kosten steuerlich absetzen.<br />
Einen Treppenlift kann man unter<br />
Umständen steuerlich absetzen.<br />
Es gibt viele unterschiedliche<br />
Treppenlifte: Sitzlifte, Hublifte<br />
speziell für Rollstuhlfahrer, Außenlifte<br />
sowie Lifte für gerade und<br />
für kurvige Treppen. Die Kosten<br />
liegen je nach Typ zwischen 4000<br />
und mehr als 10 000 Euro. Die<br />
Krankenkasse steuert nichts dazu<br />
bei, da Treppenlifte nicht als medizinische<br />
Hilfsmittel gelten. Stattdessen<br />
zählen sie zu den wohnumfeldverbessernden<br />
Maßnahmen.<br />
Wer einen Pflegegrad hat, kann<br />
von seiner Pflegekasse bis zu 4000<br />
Euro Zuschuss bekommen.<br />
Um den Lift von der Steuer absetzen<br />
zu können, muss zum einen<br />
ein ärztliches Attest vorliegen, in<br />
dem die medizinische Notwendigkeit<br />
des Geräts bescheinigt wird.<br />
Dieses sollte schon vor dem Kauf<br />
und Einbau ausgestellt worden<br />
sein. Zum anderen muss es sich bei<br />
dem Treppenlift um eine außergewöhnliche<br />
Belastung handeln.<br />
Darunter fallen bestimmte private<br />
Kosten beispielsweise in den Bereichen<br />
Gesundheit, Pflege oder<br />
Wohnen, die unbedingt notwendig<br />
sind und deutlich höher liegen als<br />
die Ausgaben anderer Steuerzahler<br />
mit gleichem Gehalt. Wie viel jemandem<br />
zuzumuten ist, hängt von<br />
dessen Einkommen und Familienstand<br />
ab. Meist liegen die Ausgaben<br />
für die Anschaffung und<br />
Installation eines Treppenlifts<br />
deutlich über der zumutbaren Eigenbelastung.<br />
Um diese Kosten geltend zu machen,<br />
gibt man seine Ausgaben für<br />
den Treppenlift in der jährlichen<br />
Steuererklärung an. Die Angaben<br />
sind in der Anlage „Außergewöhnliche<br />
Belastungen“ einzutragen.<br />
Absetzbar ist lediglich der Betrag,<br />
der den zumutbaren Eigenanteil<br />
übersteigt. Er wird von den Einkünften<br />
abgezogen.<br />
Bei Hilfsmitteln, für die es Zuschüsse<br />
gab oder die von der Kasse<br />
Foto: imago images/brennweiteffm<br />
erstattet wurden, gilt grundsätzlich<br />
nur der Eigenanteil als außergewöhnliche<br />
Belastung. Jedoch ist<br />
es möglich, auch die Kosten für<br />
Reparatur und Installation als<br />
haushaltsnahe Dienstleistung oder<br />
Handwerkerleistung einzureichen.<br />
Deshalb ist es ratsam, alle Belege<br />
und Rechnungen aufzubewahren,<br />
um sie dem Finanzamt als Nachweis<br />
vorlegen zu können.<br />
Statt als außergewöhnliche Belastung<br />
können Menschen mit<br />
Behinderung auch den jährlichen<br />
Behinderten-Pauschbetrag geltend<br />
machen. Je nach Grad der Behinderung<br />
(GdB) beträgt dieser zwischen<br />
384 und 2840 Euro, bei den<br />
Merkzeichen „H“ für „hilflos“ oder<br />
„Bl“ für „blind“ sogar 7400 Euro.<br />
Förderungsfähig<br />
Treppenlifte sind auch über die<br />
KfW-Förderbank förderungsfähig:<br />
über den Investitionszuschuss<br />
455-B und über die Kreditlinie 159.<br />
Sowohl Zuschuss als auch Kredit<br />
sollen den Abbau von Barrieren<br />
fördern und werden unabhängig<br />
von einem Pflegegrad gewährt.<br />
Wer will, kann dem Antrag ein<br />
ärztliches Attest beilegen.<br />
In Steuerangelegenheiten darf<br />
der Sozialverband <strong>VdK</strong> keine Beratung<br />
anbieten. Allerdings bestehen<br />
in vielen <strong>VdK</strong>-Landesverbänden<br />
Kooperationen mit Lohnsteuerhilfevereinen.<br />
Fragen Sie einfach<br />
in Ihrer <strong>VdK</strong>-Geschäftsstelle nach.<br />
<br />
Annette Liebmann<br />
Es gibt ganz viele Gründe, sich<br />
Beeren schmecken zu lassen. Sie<br />
sind reich an Vitaminen, Mineralien<br />
und Ballaststoffen, haben kaum<br />
Kalorien. Zudem lassen sie sich<br />
einfach verarbeiten. Das Bundesamt<br />
für Verbraucherschutz und<br />
Lebensmittelsicherheit (BVL) rät<br />
allerdings dringend dazu, Beeren<br />
vor dem Verzehr zu waschen und<br />
Tiefkühlbeeren zu erhitzen.<br />
Ob Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren,<br />
Heidelbeeren, Stachelbeeren,<br />
Johannisbeeren, Preiselbeeren:<br />
In Getränken, als Bowle oder auf<br />
Kuchen und Desserts werden sie<br />
gerade im Sommer und frühen<br />
Herbst gerne frisch verzehrt und<br />
auch das ganze Jahr über als Tiefkühlware<br />
gekauft.<br />
Um Genuss ohne Reue zu haben,<br />
empfiehlt das BVL, frische Beeren<br />
zu waschen. „Vor allem Erdbeeren<br />
können aufgrund ihres Kontakts<br />
zum Erdboden unterschiedlich<br />
stark mit Mikroorganismen belastet<br />
sein. Neben für den Menschen ungefährlichen<br />
Keimen können auch<br />
Zoonoseerreger auf die Erdbeeren<br />
gelangen“, so das Bundesamt. Zoonoseerreger<br />
sind Krankheitserreger,<br />
die vom Tier auf den Menschen<br />
übertragen werden und bei diesem<br />
Erkrankungen auslösen können.<br />
Das Waschen des Obstes sei zudem<br />
ratsam, um mögliche Rückstände<br />
von Pflanzenschutzmitteln zu vermindern.<br />
Da es über den Verzehr von tiefgekühlten<br />
Beeren nachweislich<br />
Bei dieser Auswahl ist sicher für jeden<br />
etwas dabei. Beeren sind reich<br />
an Vitaminen und Mineralien.<br />
bereits zu Infektionen bei Menschen,<br />
beispielsweise mit Hepatitis-A-Viren<br />
oder Noroviren, gekommen<br />
ist, rät das BVL, diese vor<br />
der Verwendung in Süßspeisen,<br />
Kuchen oder Getränken zu erhitzen,<br />
um möglicherweise vorhandene<br />
krankheitsauslösende Erreger<br />
zu entfernen.<br />
Das Bundesinstitut für Risikobewertung<br />
(BfR) warnt insbesondere<br />
empfindliche Verbrauchergruppen<br />
wie Kleinkinder, ältere und immungeschwächte<br />
Menschen sowie<br />
Schwangere. Sie sollten Tiefkühlbeeren<br />
in jedem Fall nur ausreichend<br />
erhitzt verzehren. pet<br />
Foto: picture alliance/Zoonar/Markus Mainka<br />
22 RHPfalz<br />
Allgemein
Verbraucher<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong><br />
23<br />
Digitale Hilfe für die Nächstenpflege<br />
Sensoren und Bewegungsmelder können Älteren das Leben alleine zu Hause erleichtern<br />
In einer Berliner Musterwohnung<br />
wird gezeigt, wie Pflegebedürftige<br />
mithilfe von künstlicher Intelligenz<br />
und digitalen Geräten länger eigenständig<br />
leben können.<br />
Wie von Geisterhand berührt,<br />
springt in der Küche eine Schranktür<br />
auf. Kein Mensch hat sie angefasst,<br />
nur eine Stimme hat gerufen:<br />
„Ziggy, öffne den Oberschrank<br />
links!“ Die Geisterhand entpuppt<br />
sich als ein kleines Gerät mit<br />
Sprachsteuerung und einem unscheinbaren<br />
Sensor, der im<br />
Schrank angebracht wurde.<br />
Gerufen hat Simon Blaschke,<br />
Alterswissenschaftler und Referent<br />
im Berliner Kompetenzzentrum<br />
Pflege 4.0. Die mit Geldern<br />
der Berliner Senatsverwaltung<br />
geförderte Initiative versteht sich<br />
als Vermittler für Fragen rund um<br />
die Digitalisierung der Pflege. Ihr<br />
Ziel: pflegende Ange hörige und<br />
Pflegebedürftige von den Chancen<br />
der Technik zu über zeugen und<br />
ihnen die Angst zu nehmen.<br />
Keine Zukunftsmusik<br />
Sensoren können unterschiedliche Aufgaben in der Nächstenpflege erleichtern.<br />
Das tun sie in einer Musterwohnung,<br />
die im Westen Berlins im<br />
15. Stock eines Hochhauses liegt.<br />
Durch diese Wohnung mit kleiner<br />
Küche, dem Schlaf- und Wohnbereich<br />
führen sie regelmäßig Interessierte.<br />
Auf den ersten Blick ist<br />
es ein Apartment wie jedes andere<br />
auch. Hier sind digitale Hilfsmittel<br />
versteckt, die Senioren helfen, sicher<br />
und selbstständig in ihren vier<br />
Wänden zu leben. Beispielsweise<br />
piept ein Sensor schrill, wenn der<br />
Herd nicht ausgemacht wurde.<br />
Bewegungseingeschränkte Menschen<br />
können die Wohnungstür<br />
öffnen lassen, ohne aufzustehen:<br />
Über ein intelligentes Türschloss,<br />
das mit einer Kamera verbunden<br />
ist, können sie sehen, wer davor<br />
steht und aus der Ferne dann öffnen.<br />
Mit einfachen Bewegungssensoren<br />
kann zum Beispiel ein Alarm<br />
ausgelöst werden, wenn die Hausoder<br />
Kühlschranktür offen steht.<br />
Die Sensoren können unkompliziert<br />
mit beidseitigem Klebeband<br />
an die Türen befestigt werden.<br />
Waagen oder Blutdruckmessgeräte,<br />
digital mit Praxen und Pflegediensten<br />
verbunden, sind keine<br />
ferne Zukunftsmusik mehr. „Digitale<br />
Hilfsmittel können das<br />
Leben für Pflegebedürftige zu<br />
Hause enorm erleichtern“, sagt<br />
Blaschke. In den vergangenen<br />
Jahren wurden der Einsatz digitaler<br />
Technologien und künstlicher<br />
Intelligenz weiter verbessert,<br />
sodass Heizung oder Lichter zu<br />
Hause per Knopfdruck steuerbar<br />
sind. „Smarthome“ nennt sich das<br />
Foto: Julia Frediani<br />
und ermöglicht soziale Teilhabe<br />
in der Pflege. Auch der <strong>VdK</strong> wirbt<br />
für den Einsatz digitaler Technik<br />
in der häuslichen Pflege. Der Landesverband<br />
Baden-Württemberg<br />
hat dafür in Radolfzell eigens<br />
Wohnberater.<br />
Blaschke vom Berliner Kompetenzzentrum<br />
4.0 ist es wichtig,<br />
dass „technische Hilfsmittel nicht<br />
mit dem Holzhammer eingeführt,<br />
sondern individuell angepasst und<br />
mit anderen Maßnahmen kombiniert<br />
werden“. Pflege oder Umbauten<br />
für bessere Barrierefreiheit<br />
könnten durch die digitalen Hilfsmittel<br />
nur ergänzt und nie ersetzt<br />
werden. Besonders hilfreich ist die<br />
Technik dabei, Notfälle zu erkennen.<br />
Stürze sind die Hauptunfallart<br />
von pflegebedürftigen Menschen<br />
in der Wohnung. Mit einem<br />
Infrarot-Sensor können die Zimmer<br />
auf Unfälle abgetastet werden.<br />
Alarm an Pflegedienst<br />
Eine künstliche Intelligenz erkennt,<br />
ob sich auf dem Boden ein<br />
gestürzter Mensch befindet. Der<br />
Sturz wird in Sekundenschnelle<br />
zum Beispiel an den Pflegedienst<br />
gemeldet. Wohnräume werden<br />
hierbei nicht gefilmt, Gesichter<br />
nicht erkannt. Die Verwendung<br />
dieses Sensors ist aus datenschutzrechtlicher<br />
Sicht unproblematisch.<br />
Interessierte können die Musterwohnung<br />
nach Anmeldung<br />
besuchen. Eine weitergehende<br />
Beratung findet in den jeweiligen<br />
Pflegestützpunkten statt. In Beratungen<br />
kann geklärt werden, welche<br />
Produkte in welcher Lebenssituation<br />
sinnvoll sind und ob<br />
Kosten durch die Pflegeversicherung<br />
übernommen werden.<br />
<br />
Julia Frediani<br />
Weitere Informationen finden Sie<br />
auf der Website<br />
www.lebenpflegedigital.de<br />
Zu dem Thema gibt es einen<br />
Film bei <strong>VdK</strong>-TV, siehe auch<br />
Seite 12.<br />
Schwierige Reise in die Vergangenheit<br />
In dem Film „Mittagsstunde“ kehrt ein Mann zurück in sein Heimatdorf, um die Eltern zu pflegen<br />
Wie ist es, aus dem Beruf auszusteigen,<br />
um nach Jahrzehnten ins<br />
Heimatdorf zurückzukehren und<br />
die Eltern zu pflegen? Der Film<br />
„Mittagsstunde“ lotet das komplizierte<br />
Verhältnis zwischen einem<br />
pflegenden Sohn und seinen Eltern<br />
aus. Der Film basiert auf dem<br />
gleichnamigen Roman von Dörte<br />
Hansen und kommt am 22. <strong>September</strong><br />
in die Kinos.<br />
Ingwer Feddersen, gespielt von<br />
Charly Hübner, verlässt als junger<br />
Mann den heimischen Gasthof der<br />
Eltern im nordfriesischen Brinkebüll,<br />
um in Kiel zu studieren. Die<br />
Jahre ziehen ins Land, Feddersen<br />
macht Karriere an der Universität<br />
und lebt mit Freunden in einer<br />
Wohngemeinschaft. Der Kontakt<br />
zu den Eltern in der Provinz ist<br />
weitgehend eingeschlafen.<br />
Eines Tages fasst der 47-Jährige<br />
den Entschluss, zwei Semester<br />
auszusetzen, um sich um „Mudder<br />
und Vadder zu kümmern“, wie er<br />
sagt. Gewissensbisse? Schuldgefühle?<br />
Midlife-Crisis? Auch seine<br />
Freunde wundern sich über Ingwers<br />
Entscheidung.<br />
Nichts so wie früher<br />
In Brinkebüll stellt er fest, dass<br />
sich das Dorf total verändert hat.<br />
Die Straßen zwischen den rot verklinkerten<br />
Häusern sind leer, auf<br />
den großen Feldern mit den<br />
schnurgeraden Rändern wächst<br />
nur noch Mais, und im Gasthof<br />
Wieder ausgebüxt: Ingwer Feddersen (Charly Hübner) findet seine demenzkranke<br />
Mutter Ella (Hildegard Schmahl).Foto: Majestic/Christine Schroeder<br />
wird Line-Dance geprobt und<br />
nicht mehr zu Schlagern geschwoft.<br />
Die Störche kommen<br />
schon lange nicht mehr. Das idyllische<br />
Dorf aus Ingwers Erinnerung,<br />
das den Zuschauerinnen und<br />
Zuschauern in Rückblenden immer<br />
wieder vorgeführt wird, gehört<br />
der Vergangenheit an.<br />
Als er sich bei seinen Eltern einquartiert,<br />
zeigt sein gehbehinderter<br />
Vater ihm die kalte Schulter,<br />
seine Mutter Ella erkennt ihn wegen<br />
ihrer fortschreitenden Demenz<br />
zunächst nicht. Jeder Blick des<br />
verbitterten Vaters lastet wie ein<br />
Vorwurf auf Ingwer, der sich fremd<br />
und unwillkommen fühlt.<br />
Doch in seiner stoischen Art<br />
wäscht Ingwer die Eltern, geht mit<br />
der Mutter zur Toilette und hilft im<br />
Haushalt. Als Ella mal wieder ausgebüxt<br />
ist, belohnt sie Ingwer mit<br />
einem Lächeln, als der sie auf der<br />
Treppe der alten Dorfschule aufliest.<br />
Langsam schmilzt das Eis.<br />
Für Vater Sönke rückt ein Ereignis<br />
immer stärker in den Vordergrund:<br />
Er fiebert dem 70. Hochzeitstag<br />
entgegen. Die Gnadenhochzeit<br />
soll das letzte große Fest<br />
im Gasthof Feddersen werden.<br />
Sönke setzt dabei auch auf Ingwers<br />
Unterstützung und sagt in seiner<br />
lakonischen Art: „Du kannst die<br />
Einladungen schreiben. Schreiben<br />
kannst du ja.“<br />
Für Ingwer entwickelt sich die<br />
Reise nach Brinkebüll auch zu einer<br />
Rückkehr in die eigene Vergangenheit,<br />
die ihm die Augen öffnet.<br />
Denn nach und nach kommt er<br />
einem großen Familiengeheimnis<br />
auf die Spur.<br />
Ohne Kitsch<br />
Der Film lotet auf leise und eindringliche<br />
Art und fernab von<br />
jeglichem Hollywood-Kitsch die<br />
Eltern-Kind-Beziehung in einer<br />
schwierigen Lebenssituation aus.<br />
Kann der Sohn nach vielen Jahren<br />
der Entfremdung plötzlich eine<br />
Beziehung zu seinen Eltern aufbauen,<br />
die so nah und intim ist wie<br />
niemals zuvor?<br />
Der ehemalige „Polizeiruf“-Kommissar<br />
Charly Hübner überzeugt<br />
dabei als mürrischer Melancholiker,<br />
der in der Mitte seines Lebens<br />
ein Verantwortungsgefühl für die<br />
kranken Eltern entwickelt. Trotz<br />
des schwierigen Verhältnisses zum<br />
Vater springt er über seinen Schatten<br />
und nimmt die Aufgabe an.<br />
Dass einige Szenen, die in Brinkebüll<br />
spielen, auf plattdeutsch<br />
gedreht wurden, macht die Figuren<br />
und auch den Film besonders authentisch.<br />
Für alle Zuschauer, die<br />
das nicht verstehen, werden Untertitel<br />
eingeblendet. Jörg Ciszewski<br />
Viele zahlen zu viel<br />
für das Internet<br />
Wer im Internet surft, ärgert sich<br />
oft über eine langsame Verbindung.<br />
Nicht selten ist die Geschwindigkeit<br />
geringer als vom<br />
Anbieter vertraglich zugesichert.<br />
Mit einer Mess-App der Bundesnetzagentur<br />
können Kunden prüfen,<br />
ob die Leistung stimmt.<br />
Mit der Breitbandmessung-App<br />
der Bundesnetzagentur können<br />
Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
seit Mitte Dezember 2021<br />
rechtssicher prüfen, ob ihre Verbindung<br />
zu langsam ist. Ist der<br />
Nachweis erbracht, können sie den<br />
Preis mindern. Die App ist kostenlos<br />
herunterzuladen: www.breit<br />
bandmessung.de/desktop-app.<br />
Für einen Anspruch auf Preisminderung<br />
ist es notwendig, insgesamt<br />
30 Mal die Übertragungsgeschwindigkeit<br />
an drei Kalendertagen innerhalb<br />
von 14 Tagen zu messen.<br />
Von Mitte Dezember 2021 bis<br />
Ende Juni <strong>2022</strong> haben rund 22000<br />
Kundinnen und Kunden mit der<br />
App der Bundesnetzagentur die<br />
Leistung überprüft. Fast in allen<br />
Fällen war das Internet langsamer<br />
als im Vertrag vereinbart, teilte die<br />
Bundesnetzagentur mit.<br />
Wie stark Nutzerinnen und Nutzer<br />
den Preis mindern können,<br />
müssen sie mit ihren Anbietern<br />
klären. Ein neuer Rechner der Verbraucherzentrale<br />
soll dabei helfen.<br />
Sie finden diesen Rechner, wenn<br />
Sie auf der Webseite www.ver<br />
braucherzentrale.de in der Suchfunktion<br />
den Begriff „Internetbandbreite“<br />
eingeben. cis<br />
23 RHPfalz<br />
Allgemein
24 <strong>Zeitung</strong> <strong>September</strong> <strong>2022</strong> Unterhaltung<br />
Der Smiley hat Geburtstag<br />
Vor 40 Jahren wurde das Strichgesicht erfunden<br />
Eine Welt ohne Smiley? Undenkbar.<br />
Am 19. <strong>September</strong> 1982 hat der<br />
US-amerikanische Informatik-Professor<br />
Scott Elliot Fahlman ihn für<br />
die Computerwelt erfunden – mit<br />
den drei Zeichen Doppelpunkt,<br />
Bindestrich und einfacher Klammer.<br />
Das Symbol :-) machte nicht<br />
ganz ernst gemeinte Nachrichten<br />
oder Späße im Uni-Netz kenntlich,<br />
eine revolutionäre Idee. Seitdem<br />
ist Fahlman weltberühmt.<br />
Vor 40 Jahren erschien das<br />
Strichgesicht, das der Professor<br />
laut eigenen Aussagen in nur zehn<br />
Minuten entworfen hat, und ist<br />
seitdem geblieben. Die Zeichenfolge<br />
ist sozusagen der Urtyp des<br />
Emoticons, ein Kunstwort aus<br />
Emotion (Gefühl) und Icon (Zeichen).<br />
Auf der Suche nach dem<br />
digitalen Lächeln hat Fahlman<br />
eine Welle losgetreten. In nur wenigen<br />
Monaten bahnte sich das<br />
lachende Gesicht den Weg durch<br />
die Uni-Netzwerke. James Morris<br />
etwa, ein Kollege Fahlmans und<br />
auch Informatik-Professor, war so<br />
begeistert, dass er eine Nachricht<br />
mit dem Betreff „Kommunikations-Durchbruch“<br />
verschickte.<br />
Drei Zeichen bringen den Humor<br />
in die digitale Welt. Der Siegeszug<br />
des Smileys ist nicht mehr<br />
zu stoppen. Kreative schaffen immer<br />
neue Gesichter. Jeder Mensch,<br />
egal welche Sprache er spricht,<br />
versteht sie. Doch die textbasierten<br />
Smileys haben mit den Emoticons<br />
Der Informatik-Professor Scott Elliot<br />
Fahlman hat mit einer Zeichenfolge<br />
das digitale Lächeln erschaffen.<br />
inzwischen eine große Konkurrenz<br />
bekommen, die noch deutlich<br />
mehr Ausdrucksmöglichkeiten<br />
bietet. Webdienste setzen vermehrt<br />
auf bunte, animierte Gesichter, um<br />
Gefühle auszudrücken.<br />
In E-Mails und SMS kann man<br />
lächeln, Tränen lachen, zwinkern,<br />
verliebt, zornig und verzweifelt<br />
sein, klatschen, schwitzen und<br />
frieren. Der elektronische Smiley<br />
ist bei der Kommunikation mit<br />
Freunden, Familie und in der Arbeit<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
Sogar die Sprachwissenschaft<br />
würdigt die Fähigkeit der Emoticons,<br />
Gefühle in elektronischen<br />
Botschaften unterzubringen. Smileys<br />
sind in der Regel auch barrierefrei,<br />
weil sie Blinden und Sehbehinderten<br />
vorgelesen werden. pet<br />
Foto: picture alliance/Associated Press/Gene J. Puskar<br />
24 RHPfalz<br />
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