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Hinz&Kunzt_354_August

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<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>354</strong>/AUGUST 2022<br />

„Tanz schafft<br />

Zugehörigkeit“<br />

Die Hamburger Choreografin Yolanda Morales<br />

spricht darüber, wie Bewegung helfen kann,<br />

soziale Verhältnisse zu verstehen.<br />

INTERVIEW: ANNABEL TRAUTWEIN<br />

FOTOS: STEFFEN BARANIAK, DIANA SANCHEZ (S. 51)<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Wieso ist es Ihnen wichtig,<br />

Leute zu Ihren Proben dazuzuholen, die<br />

eigentlich keine Tänzer:innen sind?<br />

Yolanda Morales: Mein erstes Ziel war,<br />

eine neue Verbindung zu unserem Publikum<br />

zu schaffen. Das war auch meinem<br />

Team ein Anliegen: Dass nicht nur<br />

unsere Kollegen kommen, sondern<br />

auch Personen aus ganz anderen Bereichen,<br />

die vielleicht nicht so häufig ins<br />

Theater gehen. Man denkt oft, dass<br />

Tanz etwas sehr Komplexes ist. Der<br />

kreative Prozess ist auch komplex, und<br />

was am Ende auf der Bühne zu sehen<br />

ist, sieht auch so aus. Das Bewegungs-<br />

Vokabular, mit dem ich als Choreografin<br />

arbeite, ist aber sehr reduziert. Das<br />

macht vieles einfacher.<br />

Lassen sich die Menschen, die Sie<br />

erreichen wollen, darauf ein, wenn sie<br />

sonst kaum Bezug zum Tanz haben?<br />

Wir wecken Interesse auch über das<br />

Thema – bei unserer Produktion „Horses“<br />

war unser Thema das Pferd als<br />

Machtsymbol im Kontext der kolonialen<br />

Geschichte Mexikos. Das Interesse<br />

daran teilten die Leute, die zu unseren<br />

Workshops kamen, egal was für einen<br />

Beruf sie haben oder womit sie sonst ihre<br />

Zeit verbringen. Oft sind zwar auch<br />

Studierende von der Contemporary<br />

Dance School Hamburg dabei, aber es<br />

melden sich auch Leute, denen es erst<br />

mal nur um das Thema geht. Durch die<br />

Bewegung kommt eine verbindende<br />

Ebene hinzu.<br />

Wie haben Sie sich im Workshop<br />

dem Thema Pferd angenähert?<br />

Wir haben zum Beispiel gefragt, welche<br />

Denkmäler den Leuten einfallen – da<br />

gibt es viele mächtige weiße Männer zu<br />

Pferd – und ob sie die körperlich nachmachen<br />

können. Dabei hat sich gezeigt,<br />

wie wir diese Monumente wahrnehmen.<br />

Wie wir die Pferde verkörpert haben (Yolanda<br />

Morales winkelt die Arme an, ballt die<br />

50<br />

Fäuste vor ihrer Webcam) – das wirkte sehr<br />

statisch, jemand hat geschrieben: martialisch.<br />

Das passt, denn das Pferd ist eine<br />

Machtdemonstration, es steht für Krieg.<br />

Indem wir das, was wir im Kopf haben,<br />

in Bewegung übersetzen, lernen wir, genauer<br />

wahrzunehmen.<br />

Was ist denn das Thema in Ihrer<br />

aktuellen Produktion „The Falling<br />

Garden of Sand“?<br />

Es geht um soziale Grenzen und Tanzstile,<br />

die innerhalb dieser Grenzen entstehen.<br />

Mich interessiert, wie Tanz<br />

Identität schafft, sich transformiert und<br />

Grenzen überwindet. Gerade bin ich in<br />

Monterrey im Norden von Mexiko.<br />

Hier wird in einigen Stadtvierteln, die<br />

eher benachteiligt sind, eine verlangsamte<br />

Form der Cumbia Columbiana<br />

getanzt. Es wird ganz anders getanzt als<br />

in Kolumbien, aber die Menschen hier<br />

beziehen sich darauf. Sie nennen sich<br />

„kleine Kolumbianer“. Der Tanz schafft

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