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Hinz&Kunzt_354_August

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FOTO: PICTURE-ALLIANCE / DPA<br />

che Motive können sie sich einprägen.<br />

In einem Versuch lernten Tauben nach<br />

kurzer Zeit, den Stil Van Goghs von einem<br />

Picasso zu unterscheiden. In einem<br />

anderen Experiment wurden sie<br />

erfolgreich trainiert, Brustkrebs in Aufnahmen<br />

von Gewebeschnitten zu<br />

erkennen.<br />

„Wenn Sie einen Taubenschwarm<br />

füttern, können Sie im Bikini oder im<br />

Regenmantel kommen, die Tauben erkennen<br />

Sie nach dem dritten Mal wieder“,<br />

sagt Susanne Gentzsch von „Gandolfs<br />

Taubenfreunde“. Die 64-Jährige<br />

kümmert sich seit 18 Jahren um Stadttauben.<br />

Tierschützer:innen wie sie wollen<br />

nicht nur den Ruf der Tauben<br />

durch Aufklärung verbessern, sie haben<br />

auch politische Ziele: Das seit 2003 in<br />

der Stadt geltende Taubenfütterungsverbot<br />

wollen sie abschaffen. Stattdessen<br />

sollen Taubenschläge errichtet werden,<br />

idealerweise vier pro Bezirk.<br />

Solche Schläge, bekannt als Augsburger<br />

Modell, sind gewissermaßen Luxushotels<br />

für die Vögel: mit eigenem<br />

Brutplatz, gesundem Essen, frischem<br />

Wasser und medizinischer Versorgung.<br />

„Die Schläge<br />

sind das einzige<br />

tierschutzkonforme<br />

Konzept.“<br />

TIERSCHÜTZERIN ANDREA SCHOLL<br />

Damit gewinnen beide Seiten, meinen<br />

die Tierschützer:innen: Taube glücklich,<br />

Mensch auch. Andrea Scholl ist<br />

überzeugt: „Die Schläge sind das einzige<br />

tierschutzkonforme Konzept, das<br />

funktioniert.“<br />

Denn wenn die Tauben artgerechtes<br />

Futter bekommen, müssten sie nicht<br />

mehr in Fußgängerzonen und Bahnhöfen<br />

nach Essensresten suchen. „Sie<br />

scheiden dann auch nicht mehr den typischen<br />

Hungerkot aus“, sagt Denstone<br />

Rejinolds, der in einem neuen Taubenschlag<br />

in Bahrenfeld regelmäßig nach<br />

dem Rechten sieht: auf 450-Euro-Basis,<br />

36<br />

bezahlt vom Verein „Hamburger Tierhelfer“.<br />

Der sogenannte Hungerkot ist<br />

typisch für kranke, unterernährte Tauben,<br />

erklärt Rejinolds. Dass die Hinterlassenschaften<br />

der Vögel Gebäude zum<br />

Einsturz bringen könnten, sei aber<br />

„maßlos übertrieben“, ergänzt Susanne<br />

Gentzsch. Ein Gutachten der Universität<br />

Darmstadt habe an Granit, Nadelholz<br />

und Ziegel keine schädlichen Auswirkungen<br />

der Ausscheidungen<br />

festgestellt. Nur Stahlblech wies leichte<br />

Rostschäden auf nach sieben Monaten<br />

Einwirkung.<br />

„Wir haben 2019 auch eine Klage<br />

gegen ein großes Schädlingsbekämpfungsunternehmen<br />

gewonnen“, berichtet<br />

Tierschützerin Andrea Scholl. „Seitdem<br />

dürfen sie nicht mehr behaupten,<br />

Tauben seien Keimschleudern und<br />

Krank heits überträger.“<br />

Zur Abschreckung der Stadttauben<br />

erlaubt sind Spikes, Netze, Stromstöße<br />

und Laserstrahlen. Die Folge: viele verletzte<br />

und verendete Tiere. „Das wäre<br />

nicht so, wenn wir Taubenschläge hätten“,<br />

sagt Susanne Gentzsch. „Wir<br />

brauchen die Schläge auch deshalb, um

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