Hinz&Kunzt_354_August
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Schwerpunkt<br />
Obdachlosigkeit<br />
abschaffen<br />
TEXT: LUKAS GILBERT<br />
FOTOS: KATJA TÄHJÄ, FARAWAY PHOTOS /<br />
ALAMY STOCK PHOTO (S. 20)<br />
V<br />
iljo ist erschöpft. Gerade erst<br />
ist der schlanke 40-Jährige, der<br />
sein grünes Basecap tief ins<br />
Gesicht gezogen trägt, von einem Ausflug<br />
auf eine der Inseln vor der Küste<br />
Helsinkis zurückgekommen. Sein Vermieter,<br />
die Blue Ribbon Foundation,<br />
betreibt dort ein Haus mit Sauna, Grillplatz<br />
und Booten. Viljo und die anderen<br />
Mieter:innen können die Angebote<br />
nutzen – und tun das vor allem während<br />
des lange herbeigesehnten finnischen<br />
Sommers. Jetzt macht es sich der<br />
Ex-Wohnungslose in seiner Zweizimmerwohnung<br />
gemütlich, in der eine<br />
US-amerikanische Sitcom über den<br />
Fernseher flimmert.<br />
Viljo ist einer von rund 1000<br />
ehemals Wohnungslosen, die ein Zuhause<br />
in einer der Wohnungen der Blue<br />
Ribbon Foundation in Helsinki gefunden<br />
haben. Seit 2007 bietet die Organisation<br />
Wohnungen für Menschen ohne<br />
Zuhause an und ist damit wichtiger Teil<br />
der finnischen Housing-First-Strategie.<br />
Die simple Idee dahinter: Wohnungslose<br />
brauchen als Erstes eine eigene Wohnung<br />
– weil Wohnen ein Menschenrecht<br />
ist, aber auch, weil sich viele<br />
Probleme erst in den eigenen vier Wänden<br />
lösen lassen. Hilfe beim Umgang<br />
mit Ämtern, vielleicht auch bei der Bewältigung<br />
von Suchterkrankungen: All<br />
das kommt nach dem Einzug. Wenn die<br />
Betroffenen das wollen.<br />
Das Prinzip stellt das lange auch in<br />
Finnland praktizierte Stufenmodell auf<br />
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