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Hinz&Kunzt_354_August

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WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

„Warum dürfen<br />

Männer nicht mal<br />

High Heels tragen?“<br />

Influencer, Arzt und Aktivist Aljosha Muttardi will, dass queere Menschen<br />

sich nicht mehr verstecken müssen. Ein Gespräch über Sichtbarkeit,<br />

Schwulen-Klischees und eine sensiblere Art, miteinander zu sprechen.<br />

INTERVIEW: SIMONE DECKNER<br />

FOTOS: IMKE LASS<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Das Doku-Format „Queer<br />

Eye“ läuft seit 2018 sehr erfolgreich<br />

beim Streaminganbieter Netflix. Darin<br />

kümmern sich fünf queere Menschen<br />

mit viel Herz um die kleinen und großen<br />

Probleme ihrer Mitmenschen. Dieses<br />

Jahr startete der deutsche Ableger, in<br />

dem Sie mitwirken. Die Reaktionen auf<br />

„Queer Eye Germany“ waren durchweg<br />

positiv. Hat Sie das überrascht?<br />

Aljosha Muttardi: Ich habe nicht damit<br />

gerechnet, dass das Feedback so positiv<br />

wird – erst recht nicht medial. Gerade<br />

bei den konservativen Zeitschriften<br />

dachte ich, die verreißen uns. Aber ich<br />

habe nichts Negatives gefunden. Deutsche<br />

Formate, die etwas nachzuahmen<br />

versuchen, sind ja oft cringe (peinlich,<br />

Red.). Das war auch meine größte Sorge.<br />

Aber „Queer Eye Germany“ ist<br />

wirklich superschön und authentisch<br />

geworden.<br />

Wie hat sich Ihr Leben seit der<br />

Ausstrahlung verändert?<br />

Ich bin ein arrogantes Arschloch geworden<br />

(lacht). Nein, es hat sich gar<br />

nicht so stark verändert, außer dass ich<br />

jetzt vielleicht ein bisschen öfter erkannt<br />

werde. Ich hatte schon davor eine große<br />

Plattform durch „Vegan ist ungesund“<br />

(YouTube-Kanal und Podcast über vegane<br />

Ernährung, Red.).<br />

Sie haben in Interviews gesagt,<br />

dass Sie beim Dreh das erste Mal<br />

in Ihrem Leben das Gefühl hatten,<br />

sich nicht verstellen zu müssen. Sie<br />

konnten sich ausprobieren, Make-up<br />

tragen, die Fingernägel lackieren – tatsächlich<br />

zum ersten Mal?<br />

Ja, durch die Dreharbeiten ist mir vieles<br />

bewusst geworden, was meine eigene<br />

Identität, mein Leben und meine Vergangenheit<br />

angeht. Ich habe ja vorher<br />

im Krankenhaus gearbeitet. Dort ist es<br />

sehr hetero-normativ, hierarchisch und<br />

männerdominiert. Die Strukturen sind<br />

auf Effizienz und Leistung ausgerichtet.<br />

Ich wäre dort nie mit Make-up rumgelaufen,<br />

ich wäre nicht mal auf die Idee<br />

gekommen. Auch bei den Dreharbeiten<br />

hat sich das langsam entwickelt. Es war<br />

ein bisschen wie auf dem Christopher<br />

Street Day. Dort sind die Verhältnisse ja<br />

auch umgekehrt. Man ist plötzlich nicht<br />

mehr in der Minderzahl, man kann<br />

machen, was man möchte. Dann werden<br />

einem auch die Machtverhältnisse<br />

klar, die sonst herrschen, wenn nicht<br />

CSD oder Pride ist.<br />

Am 6. <strong>August</strong> findet die diesjährige<br />

Hamburger Christopher-Street-Day-<br />

Parade statt, bei der es immer auch um<br />

Sichtbarkeit von queeren Menschen<br />

Aljosha Muttardi im<br />

Gespräch mit Hinz&<strong>Kunzt</strong>-<br />

Autorin Simone Deckner

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