STUD.Jur. 1/2024

Ausgabe 1/<strong>2024</strong><br />

38. Jahrgang<br />

ISSN 0932-5360<br />

Herausgegeben von Prof. Dr. Tobias Gostomzyk<br />

DAS MAGAZIN FÜR JURA-<strong>STUD</strong>IERENDE<br />

Hinterher ist man<br />

immer schlauer<br />

Was sollte ich früh über<br />

das <strong>Jur</strong>astudium wissen?


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»Selbst wer es gewohnt ist, nach jedem Gesetzestext in den virtuellen Medien zu suchen, wird dankbar sein, jedenfalls<br />

als Backup eine Papierversion in Griffbereitschaft zu haben. ... Auch bei der Schnelligkeit des Zugriffs werden<br />

geübte Rechtsanwender:innen kaum Nachteile des Buches feststellen können – im Gegenteil: Wer mit Klebezetteln<br />

arbeitet und diese farbig oder schriftlich sinnvoll markiert, dürfte mit dem Buch sogar im Vorteil sein. Gerade bei<br />

Verweisungen oder wenn man gezwungen ist, zwischen Normen hin und her zu springen, wird man mit der Papierversion<br />

meist schneller unterwegs sein.«<br />

Prof. Dr. Dr. Peter Salje, Agrar- und Umweltrecht 2020, 488, zur Vorauflage<br />

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Inhalt<br />

Kerstin Liesem<br />

Der <strong>Jur</strong>astudierende – ein einsamer Wolf? S. 3<br />

Tom Karl Soller<br />

<strong>Jur</strong>isten als Spezialisten fürs Allgemeine S. 6<br />

Simon Haug<br />

Auf die Noten kommt es an, aber nicht nur S. 9<br />

Sarah Settele<br />

Highlights und Lowlights des <strong>Jur</strong>astudiums S. 12<br />

Thomas Kahn<br />

Do Your Own Research: Mit Eigeninitiative<br />

zur optimalen Lernstrategie S. 15<br />

Katharina Lutz<br />

Den eigenen Rhythmus finden S. 18<br />

Mario Mosbacher<br />

Die drei Phasen der Studienzeit S. 21<br />

Sophie Victoria Knebel<br />

Mach das, was für Dich gut ist S. 24<br />

Bernhard Etzkorn<br />

Orientierung auf dem Schienennetz<br />

des Rechts S. 27<br />

Wilfried Boms<br />

Sorgfalt bei der Planung und Offenheit<br />

für Unerwartetes S. 31<br />

Impressum<br />

Redaktion: Tobias Gostomzyk<br />

Redaktionsadresse:<br />

<strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. Redaktion<br />

Waldseestr. 3-5 | 76530 Baden-Baden<br />

E-Mail: studjur@nomos.de<br />

Herausgeber:<br />

Nomos Verlagsgesellschaft | Baden-Baden<br />

Prof. Dr. Tobias Gostomzyk, TU Dortmund<br />

Produktion & Druck: DESIGNWERK Ingrid Hornung<br />

Bildnachweise: © Die Hoffotografen GmbH, Michael Wolf,<br />

Roland Goseberg<br />

Titelbild: © Adobe Stock/contrastwerkstatt<br />

Anzeigenbetreuung:<br />

Verlag C.H.BECK oHG<br />

Dipl.-<strong>Jur</strong>. Thomas Hepp | Daniela Uphoff<br />

Wilhelmstr. 9<br />

80801 München<br />

www.beck.de<br />

<strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. als<br />

digitale Version<br />

E-Mail: thomas.hepp@beck.de | daniela.uphoff@beck.de<br />

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen<br />

sind urherrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht<br />

ausdrücklich durch das Urheberrechtsgesetz zuge lassen ist, bedarf der<br />

vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,<br />

Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilm ungen und die<br />

Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Namentlich<br />

gekennzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Herausgeber/<br />

Redaktion wiedergeben. Unverlangt eingesandte Manuskripte – für die<br />

keine Haftung übernommen wird – gelten als Veröffent lichungsvorschlag<br />

zu den Bedingungen des Verlages. Es werden nur unver öffentlichte Originalarbeiten<br />

angenommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht<br />

sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung einverstanden.<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

es gibt viele Filme, in denen Menschen in die Vergangenheit reisen<br />

können. Sei es für viele Jahre wie in „Zurück in die Zukunft“ oder nur für<br />

einen Tag wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Immer geht es um<br />

die Frage: Wenn sich die Zeit zurückdrehen ließe, was könnte und was<br />

würde ich ändern?<br />

Dieses Gedankenspiel lässt sich aufs <strong>Jur</strong>astudium übertragen: Hätte<br />

ich mein Studium mit dem heutigen Wissen anders begonnen? Was<br />

hätte ich also gerne früher gewusst? Sie selbst am Anfang oder in der<br />

Mitte Ihres Studiums können es natürlich kaum wissen – es sei denn,<br />

Sie haben Ihr Studium abgebrochen, sind am Ende des Studiums oder<br />

haben es sogar bereits abgeschlossen. Deswegen hat <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. für Sie<br />

bei erfahrenen <strong>Jur</strong>ist:innen nachgefragt, die auf ihre Studienzeit zurückblicken<br />

und heute in ganz unterschiedlichen Berufen arbeiten.<br />

Zehn Autor:innen haben sich bereit erklärt, über diese Fragen nachzudenken<br />

und für Sie aufzuschreiben, was sie Ihnen raten würden. Der 2015<br />

erschienene Longseller „Briefe an junge <strong>Jur</strong>isten“ gab für diese Art des<br />

literarischen Mentorings die Anregung. Offenbar besteht für solche<br />

Texte ein Bedarf.<br />

Von den hier nachzulesenden, facettenreichen Einsichten können Sie<br />

– wenn Sie wollen – bereits zu Beginn Ihres Studiums profitieren. Sie<br />

sind so individuell wie originell. Aber auch gerade dann, wenn verschiedene<br />

Autor:innen zu denselben Erkenntnissen kommen, dürften sie<br />

aussagekrätig sein. Folgende Beispiele:<br />

In einigen Beiträgen wird empfohlen, sich systematisch Grundlagenwissen<br />

anzueignen und dies ständig zu wiederholen; sich also nicht in<br />

Spezialfragen zu verzetteln. Auch sollten Sie früh herausfinden, welcher<br />

Lerntyp Sie sind und damit verbunden den Mut haben, beim Lernen<br />

und der Examensvorbereitung eigene Wege zu gehen. Am Schreiben<br />

von Klausuren – also dem Arbeiten am Fall – kommen Sie damit allerdings<br />

nicht vorbei. Es bleibt nichts anderes übrig, als dies immer wieder<br />

zu trainieren.<br />

Zu guter Letzt: Auch die Zeit im Studium ist Lebenszeit. Freizeit hat hier<br />

auch ihren Wert – selbst für das tägliche Lesen, Nachdenken und Schreiben.<br />

So nutzt es niemandem, wenn Ihnen die notwendige Frische fürs<br />

Lernen fehlt oder Sie gar ausgebrannt ins Examen starten. Auch das<br />

Klausuren schreiben ist eine Energieleistung ...<br />

Lesen Sie also, was die Autor:innen Ihnen für ein erfolgreiches <strong>Jur</strong>astudium<br />

empfehlen. Es lohnt sich – fürs Studium, fürs Examen und<br />

immer wieder auch fürs Leben!<br />

Ihr<br />

Tobias Gostomzyk, TU Dortmund<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong><br />

1


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Kerstin Liesem<br />

Der <strong>Jur</strong>astudierende – ein einsamer<br />

Wolf?<br />

Kerstin Liesem studierte an den Universitäten Würzburg und Lausanne. Heute ist sie <strong>Jur</strong>a-Professorin. Ihre Empfehlung:<br />

Profitieren Sie während Studium und Examensvorbereitung von den Erfahrungen und dem Know-how anderer!<br />

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<strong>Jur</strong>astudierende sehen alle gleich aus. Aber Vorsicht! Der<br />

Schein trügt. In Wirklichkeit sind sie Einzelkämpfer. Und<br />

als solche teilen sie nicht gerne, reißen gar Seiten aus Lehrbüchern<br />

und Kommentaren oder verstecken selbige vor<br />

ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern, um sich in der<br />

Klausur oder der Hausarbeit den entscheidenden Vorteil<br />

zu sichern.<br />

Dieses Klischee über angehende <strong>Jur</strong>istinnen und <strong>Jur</strong>isten<br />

hält sich hartnäckig. Der <strong>Jur</strong>a-Studierende als einsamer<br />

Wolf. Dabei gibt es den so Beschriebenen in der Natur<br />

überhaupt nicht, ist der Wolf doch ein Rudeltier, der in einer<br />

Gemeinschaft mit einer festen Rangordnung lebt. Und<br />

auch <strong>Jur</strong>a-Studierende müssen keine einsamen Wölfe sein.<br />

Im Examen notgedrungen schon, aber auf keinen Fall während<br />

des Studiums. Denn die Erfahrungen der anderen<br />

Studierenden, der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter und auch der Professorinnen und Professoren<br />

sind nicht nur bei der Examensvorbereitung Gold<br />

wert.<br />

Klausurenpraxis ist das A und O<br />

Worauf kommt es während des Studiums und im Examen<br />

an? Dass der Kandidat in einer vorgegebenen Zeit einen in<br />

der Regel völlig unbekannten Fall mit dem ihm zur Verfügung<br />

stehenden Handwerkszeug lösen kann. Oder anders<br />

ausgedrückt: Dass er oder sie Klausuren schreiben kann.<br />

Denn bereits von Beginn des Studiums an sind viele Klausuren<br />

zu bewältigen. Nur wer diese – neben den Hausarbeiten<br />

– besteht, wird überhaupt zum Examen zugelassen.<br />

Wie man gute Klausuren schreibt, das kann und das muss<br />

man üben. Zu beachten gibt es so Einiges: So reicht es beileibe<br />

nicht aus, nur den Stoff zu beherrschen. Nein, der Kandidat<br />

muss sein Wissen auch auf den dargebotenen Fall<br />

anwenden können. Er muss also im wahrsten Sinne des<br />

Wortes juris-prudent sein. Wichtig ist daneben auch die<br />

Klausurtaktik. Dazu gehören ein gutes Zeitmanagement<br />

und die Fähigkeit, die richtigen Schwerpunkte zu setzen.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 3


Zugegeben, in den Klausuren ist jeder ein Einzelkämpfer.<br />

Aber in der Vorbereitung muss das nicht sein. Schon längst<br />

haben die Universitäten erkannt, dass ihre Studierenden<br />

ihr Potenzial besser ausschöpfen können, wenn sie von<br />

den Tipps und Erfahrungen anderer profitieren können.<br />

Dementsprechend haben sie ihre Angebote erweitert und<br />

sollten dies auch noch weiter tun.<br />

So bietet etwa die <strong>Jur</strong>istische Fakultät der Universität Würzburg<br />

bereits für Studierende der ersten Semester ein Mentoring-Programm<br />

an. Dabei bekommt jeder interessierte<br />

Neuling einen Mentor aus einem höheren Semester an die<br />

Seite gestellt, der ihm hilft, die Klippen des Studienstarts<br />

und damit auch der ersten Klausuren zu umschiffen.<br />

Die <strong>Jur</strong>istische Fakultät der Universität Frankfurt an der<br />

Oder bietet für ausgewählte Klausuren – bereits ab dem<br />

ersten Semester – eine Klausuren-Werkstatt an. Das Prinzip<br />

dabei: Ein erfahrener <strong>Jur</strong>ist oder eine erfahrene <strong>Jur</strong>istin<br />

nimmt sich eine Stunde Zeit, um in einem persönlichen<br />

Gespräch mit dem Klausurverfasser zu besprechen, wo die<br />

Stärken, aber auch die Schwächen seiner individuellen<br />

Klausurbearbeitung gelegen haben, was gut gelungen ist<br />

und was noch besser werden muss. Dabei geht es nicht<br />

nur um das materielle Recht, sondern auch um die Klausurtaktik.<br />

Wenn es Richtung Zwischenprüfung geht, wird die Klausurpraxis<br />

immer wichtiger. Und auch hier bieten Universitäten<br />

Unterstützung an. So gibt es an der <strong>Jur</strong>istischen<br />

Fakultät der Universität Hannover ab dem dritten Semester<br />

ein so genanntes Klausurlabor, das von wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisiert und<br />

betreut wird. Nach einem persönlichen Feedbackgespräch<br />

wird der Studierende einer Kleingruppe zugeteilt und arbeitet<br />

darin an seinen individuellen Schwächen. Einmal<br />

im Monat schreiben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

eine Klausur. Diese wird anschließend in der Gruppe ausführlich<br />

besprochen. Besonderes Augenmerk liegt dabei<br />

neben dem Beherrschen des materiellen Rechts auf der<br />

Klausurtaktik.<br />

Die Universität Passau hat zur Verbesserung der Lehre<br />

eigens ein Institut für Rechtsdidaktik gegründet. Dieses<br />

bietet neben Probeklausuren und mündlichen Probeprüfungen<br />

auf Examensniveau Einzelcoachings an. Mit Professoren<br />

und Professorinnen oder wissenschaftlichen Mitarbeitern<br />

und Mitarbeiterinnen können Studierende über<br />

ihre Klausuren sprechen und ihre individuelle Herangehensweise<br />

an die Klausur verbessern.<br />

Das Rad nicht neu erfinden<br />

Im Vergleich zu der Zeit, als ich <strong>Jur</strong>a studiert habe, gibt es<br />

mittlerweile viel mehr universitäre Angebote mit dem Ziel,<br />

dass Studierende von der Erfahrung und dem Know-how<br />

anderer profitieren können.<br />

Deshalb mein Plädoyer an jeden angehenden <strong>Jur</strong>isten:<br />

Nutzen Sie diese Möglichkeiten. Denn: Nicht jeder muss<br />

das Rad neu erfinden. Das <strong>Jur</strong>a-Studium ist schließlich kein<br />

Pionierstudiengang, sondern ein Fach, das schon Generationen<br />

von Studierenden durchlebt und im schlimmsten<br />

Fall durchlitten haben. Erfahrungen gibt es also genug.<br />

Warum also nicht von der Erfahrung anderer profitieren?<br />

Zur Person<br />

Dr. Kerstin Liesem ist Professorin für Öffentliches Recht<br />

und Strafrecht an der Hessischen Hochschule für öffentliches<br />

Management und Sicherheit. Ihre Forschungsschwerpunkte<br />

liegen im Kommunikations- und Datenschutzrecht.<br />

Eine noch größere Rolle als in den ersten Semestern des<br />

Studiums spielt die Klausurpraxis in der Examensvorbereitung.<br />

Denn sie ist entscheidend für ein Ergebnis, mit dem<br />

der Kandidat persönlich zufrieden ist. Wer viele Klausuren<br />

geschrieben hat, kann meiner Erfahrung nach gut einschätzen,<br />

auf welchem Niveau er sich befindet.<br />

Aber was ist frustrierender als Klausuren zu schreiben und<br />

sich nicht wesentlich zu verbessern? Das haben auch die<br />

Universitäten erkannt. Deshalb bieten sie – flankierend zu<br />

ihren Examenskursen oder universitären Repetitorien –<br />

Klausurtrainings mit individuellen Besprechungen an.<br />

So etwa die <strong>Jur</strong>istische Fakultät der Universität Bonn. Dort<br />

hat sich die so genannte Klausurenklinik etabliert. Diese<br />

offeriert Examenskandidaten und -kandidatinnen persönliche<br />

Beratungsgespräche mit dem Ziel, dass diese ihre<br />

Klausurtechnik verbessern.<br />

4<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Die aktuellen Nomos-Gesetzestexte<br />

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32. Auflage <strong>2024</strong>, 937 S., brosch., 29,90 €<br />

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Heckmann | Huber | Thum<br />

Landesrecht<br />

Bayern<br />

Textsammlung<br />

18. Auflage<br />

Dirk Heckmann | Karl Huber |<br />

Leopold Thum<br />

Landesrecht Bayern<br />

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18. Auflage <strong>2024</strong>, 1.022 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-0768-4<br />

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Mayen | Seibert<br />

Landesrecht<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Textsammlung<br />

18. Auflage<br />

Thomas Mayen | Max-Jürgen Seibert<br />

Landesrecht Nordrhein-Westfalen<br />

Textsammlung<br />

18. Auflage <strong>2024</strong>, 1.068 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1047-9<br />

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Sodan | Kuhla<br />

Landesrecht<br />

Berlin<br />

Textsammlung<br />

19. Auflage<br />

Helge Sodan |<br />

Wolfgang Kuhla<br />

Landesrecht Berlin<br />

Textsammlung<br />

19. Auflage <strong>2024</strong>, 942 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1041-7<br />

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Hufen | Jutzi | Westenberger<br />

Landesrecht<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Textsammlung<br />

32. Auflage<br />

Friedhelm Hufen | Siegfried Jutzi |<br />

Norbert Westenberger<br />

Landesrecht Rheinland-Pfalz<br />

Textsammlung<br />

32. Auflage 2023, 1.092 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1048-6<br />

N OMO SG E SETZE<br />

von Brünneck | Härtel | Dombert<br />

Landesrecht<br />

Brandenburg<br />

Textsammlung<br />

27. Auflage<br />

Alexander von Brünneck | Ines Härtel |<br />

Matthias Dombert<br />

Landesrecht Brandenburg<br />

Textsammlung<br />

27. Auflage <strong>2024</strong>, 949 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1043-1<br />

N OMO SG E SETZE<br />

Freymann | Kröninger | Wendt<br />

Landesrecht<br />

Saarland<br />

Textsammlung<br />

29. Auflage<br />

Hans-Peter Freymann | Holger Kröninger |<br />

Rudolf Wendt<br />

Landesrecht Saarland<br />

Textsammlung<br />

29. Auflage 2023, 945 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1050-9<br />

N OMO SG E SETZE<br />

Lange | Sperlich | Schütte<br />

Landesrecht<br />

Bremen<br />

Textsammlung<br />

26. Auflage<br />

Pia Lange | Peter Sperlich | Peter Schütte<br />

Landesrecht Bremen<br />

Textsammlung<br />

26. Auflage <strong>2024</strong>, ca. 1.025 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1734-8<br />

N OMO SG E SETZE<br />

Musall | Faßbender | Kreuter<br />

Landesrecht<br />

Sachsen<br />

Textsammlung<br />

28. Auflage<br />

Peter Musall | Kurt Faßbender | Sven Kreuter<br />

Landesrecht Sachsen<br />

Textsammlung<br />

28. Auflage <strong>2024</strong>, 977 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1733-1<br />

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Hoffmann-Riem | Schwemer<br />

Landesrecht<br />

Hamburg<br />

Textsammlung<br />

33. Auflage<br />

Nomos<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem |<br />

Holger Schwemer<br />

Landesrecht Hamburg<br />

Textsammlung<br />

33. Auflage <strong>2024</strong>, 771 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1044-8<br />

N OMO SG E SETZE<br />

Kluth | Robra<br />

Landesrecht<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Textsammlung<br />

25. Auflage<br />

Winfried Kluth | Rainer Robra<br />

Landesrecht Sachsen-Anhalt<br />

Textsammlung<br />

25. Auflage <strong>2024</strong>, 883 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1735-5<br />

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von Zezschwitz<br />

Landesrecht<br />

Hessen<br />

Textsammlung<br />

33. Auflage<br />

Friedrich von Zezschwitz<br />

Landesrecht Hessen<br />

Textsammlung<br />

33. Auflage <strong>2024</strong>, 1.156 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1045-5<br />

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Brüning | Ewer | Thomsen<br />

Landesrecht<br />

Schleswig-Holstein<br />

Textsammlung<br />

30. Auflage<br />

Christoph Brüning | Wolfgang Ewer |<br />

Maren Thomsen<br />

Landesrecht Schleswig-Holstein<br />

Textsammlung<br />

30. Auflage <strong>2024</strong>, 1.136 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1049-3<br />

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Schlacke | Kronisch | Boden<br />

Landesrecht<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Textsammlung<br />

25. Auflage<br />

Sabine Schlacke | Joachim Kronisch |<br />

Christian Boden<br />

Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern<br />

Textsammlung<br />

25. Auflage 2023, 904 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-1042-4<br />

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Brenner | Schneider<br />

Landesrecht<br />

Thüringen<br />

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Michael Brenner | Udo Schneider<br />

Landesrecht Thüringen<br />

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Tom Karl Soller<br />

<strong>Jur</strong>isten als Spezialisten fürs Allgemeine<br />

Tom Karl Soller studierte <strong>Jur</strong>a an der Universität Leipzig und an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er arbeitete<br />

als Anwalt, bevor er Richter wurde. Rückblickend empfiehlt er, sich auf die Offenheit des <strong>Jur</strong>astudiums einzulassen<br />

– zumal die verschiedenen Rechtsbereiche ineinandergreifen. Für Spezialisierungen sei im Nachhinein noch Zeit.<br />

© Privat<br />

Wenn ich an die Zeit des Studiums zurückdenke, erinnere<br />

ich noch sehr genau, wie ich im Oktober 2002 – neugierig<br />

und aufgeregt – das erste Mal den großen Hörsaal in der<br />

Universitätsstraße in Leipzig betreten habe. Nunmehr, über<br />

20 Jahre später, habe ich möglicherweise schon einen verklärten<br />

Blick auf die einzelnen Aspekte dieser Zeit. Meine<br />

spontane Gesamtbewertung lässt sich mit „Gut, dass ich<br />

das nicht nochmal machen muss!“ zusammenfassen.<br />

In die Breite oder Spezialisieren?<br />

Im Studium, aber auch im privaten Umfeld wurde mir immer<br />

wieder die Frage gestellt, in welchem Bereich ich mich<br />

spezialisieren, ich später einmal tätig sein will. Dieser Aspekt<br />

wird im Studium schnell sehr konkret, weil zu entscheiden<br />

ist, in welchem Bereich man den Schwerpunkt<br />

ablegt, welcher nach den heutigen Prüfungsordnungen<br />

einen wesentlichen Bestandteil der Examensnote bildet.<br />

Die Frage, wie ich mich spezialisiere, hat mich bis zuletzt,<br />

auch noch im Referendariat, stets beschäftigt. In mir<br />

wuchs die – unnötige – Sorge, noch keinen Spezialbereich<br />

gefunden, meine Ausbildung noch nicht auf das richtige<br />

Gleis gesetzt zu haben. Ein Auge schielte schon während<br />

des Studiums, ohne dies wirklich fundiert begründen zu<br />

können, in Richtung Justiz. Ausrichten wollte ich mich darauf<br />

aber auch nicht, nicht zuletzt um mir andere Türen<br />

nicht zu verschließen.<br />

Im Nachhinein empfinde ich den Aspekt der Spezialisierung<br />

im Studium deutlich überbewertet. Das Studium ist<br />

aus meiner Sicht dafür da, sich das Grundhandwerkszeug<br />

anzueignen und möglichst viele Bereiche des Rechts kennen<br />

zu lernen. Ich habe das intuitiv gemacht, z.B. indem<br />

ich viele Vorlesungen und Seminare aus den verschiedenen<br />

Bereichen belegte, auch wenn ich nicht zu jeder<br />

Veranstaltung Klausuren geschrieben habe. Es ist ein Irrglaube,<br />

mit der Auswahl der Vorlesungen oder des Schwerpunktes<br />

sei ein fester Weg für die weitere berufliche Laufbahn<br />

vorgegeben. Dies erschließt sich, wenn man sich die<br />

Bedeutung der Abschlussnote bewusst macht. Aus meiner<br />

eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass ich in keinem<br />

einzigen Bewerbungsgespräch, auch nicht im Assessmentcenter<br />

beim OLG Hamm, nach der Spezialisierung im<br />

Studium gefragt wurde. Tatsächlich wollte ich mit meiner<br />

„Spezialisierung“ (damals noch Wahlfach: ZPO/Insolvenzrecht)<br />

lediglich eine weitere Facette antippen.<br />

In die Breite zu gehen heißt auch, sich über die verschiedenen<br />

Rechtsgebiete hinaus bereits im Studium die unterschiedlichen<br />

beruflichen Einsatzmöglichkeiten zu erschließen,<br />

z.B. bei den Pflichtpraktika. Diese habe ich in einem<br />

Notariat, bei der Staatsanwaltschaft und bei einem Abgeordneten<br />

des Sächsischen Landtags absolviert und fühlte<br />

mich damit gut aufgestellt. Es spricht auch überhaupt<br />

nichts dagegen, die Uni darüber hinaus für ein paar<br />

6<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Wochen hinter sich zu lassen und noch freiwillige Praktika<br />

zu machen. Hier gilt: Keine Angst vor den großen Namen,<br />

einfach initiativ bewerben. Ich persönlich habe nach den<br />

schriftlichen Examensprüfungen eine spannende Zeit im<br />

Bundesjustizministerium verbringen dürfen und damit ein<br />

weiteres mögliches Berufsfeld kennenlernen können.<br />

Auch aus der Motivation heraus, sich alles anzuschauen,<br />

habe ich mich nach dem Bestehen des Freiversuches für<br />

das Aufbaustudium Medizin-Ethik-Recht entschieden. Mir<br />

gefiel nicht nur der interdisziplinäre Ansatz dieses Studiengangs.<br />

Mehr noch interessierte mich das Querschnittsthema<br />

Medizinrecht, da es sämtliche Bereiche des Rechts<br />

(Zivil-, Straf-, Sozial-, Arbeits- und öffentliches Recht) abdeckt.<br />

Mir hat dieses Studium auch sehr geholfen, die erforderlichen<br />

Querverbindungen zwischen den einzelnen<br />

Rechtsgebieten herzustellen. Ich erinnere noch den einen<br />

oder anderen Aha-Moment, z.B. in der Vorlesung „Verfassungsrechtliche<br />

Grundlagen des Medizinrechts“ oder bei<br />

dem Thema der Haftung des Arztes bei Aufklärungsfehlern:<br />

Es ist alles miteinander verschränkt. Rückblickend hat<br />

diese „Spezialisierung im Querschnitt“ mein juristisches<br />

Verständnis wesentlich gefördert und dazu beigetragen,<br />

dass mit dem Verbesserungsversuch auch ein ordentlicher<br />

Notensprung gelang.<br />

Meiner Erfahrung nach lässt sich der berufliche Werdegang<br />

durch das Studium sowieso nicht festlegen. Während<br />

des Studiums war ich eher dem öffentlichen Recht zugeneigt<br />

und dachte mir „später bloß kein Zivilrecht“. Dies war<br />

kurz vor dem Examen noch nicht anders. Heute liebe ich<br />

es, Verträge auszulegen oder zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen<br />

durchzuprüfen und mit Leben auszufüllen. Ich<br />

hätte mir damals nicht vorstellen können, dass ich mich<br />

als Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit schon darauf<br />

freue, wieder in eine Zivilkammer wechseln zu dürfen.<br />

Viele meiner Mitstudenten haben während des Studiums<br />

oder unmittelbar danach den Schritt ins Ausland gewagt,<br />

sei es für ein Auslandssemester oder für einen LL.M. Ich<br />

habe mir immer gedacht, dass ich das später noch machen<br />

kann, und den Fokus eher daraufgelegt, schnell fertig zu<br />

werden. Durch das weitere Aufbaustudium/den Verbesserungsversuch<br />

wollte ich keine weitere Zeit verlieren und<br />

habe meine Ausbildung mit dem Referendariat unmittelbar<br />

fortgesetzt. Der Wunsch, doch noch ins Ausland zu<br />

gehen, stand dem Willen entgegen, endlich praktisch zu<br />

arbeiten. Aus heutiger Sicht bereue ich, mich um die Auslandserfahrung<br />

– die zu einer Ausbildung in der Breite<br />

dazugehört – gebracht zu haben.<br />

Welcher Lerntyp bin ich?<br />

<strong>Jur</strong>a zu studieren bedeutet auch, zu lernen. Aber wie lerne<br />

ich? Ich hatte das Glück, für die Schule nie wirklich etwas<br />

machen zu müssen. Das war im Studium anders. Die Anwesenheit<br />

in der Vorlesung alleine versetzte mich nicht<br />

mehr in die Lage, eine Prüfung zu bestehen. Dies lag nicht<br />

nur an der Neuheit des Stoffs, sondern auch an der Art der<br />

Klausuren. Anders als in der Schule musste das Erlernte<br />

auf einen vorgegebenen Sachverhalt übertragen und damit<br />

praktisch angewendet werden. Zudem bestand die<br />

Herausforderung, dies im Gutachtenstil zu formulieren<br />

und nach fest vorgegebenen Prüfungsreihenfolgen abzuarbeiten.<br />

Während des Studiums habe ich vieles ausprobiert:<br />

u.a. Karteikarten, Lerngruppen, Skripte, Lehrbücher.<br />

Erst im Referendariat habe ich entdeckt, wie ich – ganz<br />

persönlich – wirklich effektiv lerne. Ich würde mich als den<br />

übenden, mit sich selbst sprechenden „Wiederholer“ bezeichnen:<br />

So hat es mir im Referendariat sehr geholfen,<br />

fast jede Woche eine alte Examensklausur zu schreiben,<br />

die durch das Landgericht gestellt, kontrolliert und besprochen<br />

wurde. Das war anfangs eher frustrierend. Auf die<br />

Dauer hat es mich jedoch nach vorn gebracht, da z.B. deutlich<br />

wurde, dass letztlich immer wieder ähnliche Strukturen<br />

abverlangt wurden. Auch das richtige Formulieren fiel<br />

mir mit der Zeit leichter. Wäre ich mir dessen früher bewusst<br />

gewesen, hätte ich bei den Examensvorbereitungen<br />

im Studium einen viel größeren Fokus auf das Klausurenschreiben<br />

gelegt. Mit der Zeit habe ich auch entdeckt, dass<br />

ich gut lerne bzw. Sachen gut entwickeln kann, wenn ich<br />

Dinge laut denke. So fiel es mir leicht, z.B. beim Joggen<br />

zuvor Angesehenes im Kopf laut zu wiederholen.<br />

Das richtige Lernen und die damit verbundenen Stärken<br />

und Schwächen begleiten mich heute noch. Noch heute<br />

erschließe ich mir Unbekanntes besser anhand eines konkreten<br />

Falles, indem ich in den einschlägigen Datenbanken<br />

nach ähnlichen Fällen schaue. Ebenso denke ich für mich<br />

laut, z.B. habe ich mich im Selbstgespräch auf das Assessmentcenter<br />

vorbereitet, in dem ich mir mögliche Fragen<br />

selbst beantwortet habe. Auch eine Rede, die ich kürzlich<br />

im beruflichen Kontext halten musste, habe ich im Selbstgespräch,<br />

durch wiederholtes Durchgehen möglicher Sätze<br />

erarbeitet.<br />

Meine eingangs geschilderte Gesamtbewertung des Studiums<br />

erscheint mir auf den zweiten Blick doch abwandlungsbedürftig:<br />

„Gut, dass ich durchgehalten habe!“ Letztlich<br />

steht heute – nach einer Findungsphase inklusive<br />

eines mehrjährigen Ausfluges in die Anwaltschaft – die<br />

große Freude über die ausgeübte richterliche Tätigkeit.<br />

Zur Person<br />

Tom Karl Soller ist seit Januar 2017 Richter und im März 2020<br />

zum Richter am Landgericht in Dortmund ernannt worden.<br />

Das erste Staatsexamen legte er an der Universität Leipzig<br />

ab. Dem schloss sich ein Master-Aufbaustudium (Medizin-Ethik-Recht)<br />

an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

an. Sein Referendariat absolvierte er in Erfurt mit<br />

Wahlstation in Bonn. Vor dem Eintritt in den Richterdienst<br />

war er 6 Jahre u.a. in Berlin in verschiedenen im Bereich des<br />

Medizinrechts spezialisierten Kanzleien tätig.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 7


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Simon Haug<br />

Auf die Noten kommt es an,<br />

aber nicht nur<br />

Simon Haug studierte an den Universitäten Bayreuth, Lausanne und München. Heute ist er Leiter des Zentralbereichs Personal<br />

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er hat fünf Empfehlungen aufgeschrieben, von denen er sich rückblickend gewünscht<br />

hätte, sie zu Beginn des Studiums gekannt zu haben.<br />

© Michael Wolf<br />

Lernen zu lernen<br />

Ich habe leider die ersten Semester damit verloren, für die<br />

<strong>Jur</strong>a-Klausuren so zu lernen, wie ich auf Klausuren in der<br />

Schule gelernt habe. Erst ungefähr ein Jahr vor dem Staatsexamen<br />

habe ich mich damit beschäftigt, wie ich wirklich<br />

gut und nachhaltig lerne und wie es mir insbesondere<br />

gelingt, den Stoff in der Drucksituation Examen abzurufen.<br />

Ich musste also erst einmal lernen, für das <strong>Jur</strong>a-Studium<br />

zu lernen.<br />

Für mich war wichtig, Dinge wie Aufbauschemata, wichtige<br />

Definitionen, einleitende Formulierungen und auch<br />

Standardprobleme „im Schlaf“ zu beherrschen, um in der<br />

Klausur auf ein solch umfassendes Präsenzwissen zurückgreifen<br />

zu können, dass ich ausreichend Zeit für die Herausforderungen<br />

des Falles habe. Da ich ein eher auditiver<br />

Lerntyp bin, habe ich mir selbst die Formulierungen aufgenommen<br />

und, wenn ich Zeit hatte, selbst vorgespielt.<br />

Ich habe auch bewusst sehr viel Zeit in Wiederholungen<br />

investiert, meine Routine zu Beginn und Ende eines Lerntags<br />

waren kleine Tests, in denen ich nach einem bestimmten<br />

Ablauf das Gelernte des Vortags, der Vorwoche und<br />

des Vormonats wiederholt habe.<br />

Zum Lernen gehört auch das Thema Selbstfürsorge. Man<br />

muss für sich selbst herausfinden, wie viele Pausen und<br />

vor allem wieviel Schlaf man benötigt und wie hoch die<br />

wöchentliche Lernzeit sein kann, damit die Aufnahme des<br />

Stoffs optimal ist. Gleiches gilt für Sport, gesunde Ernährung,<br />

soziale Kontakte, Reisen und Dinge, die man nur für<br />

sich tut. Und – vielleicht der für mich wichtigste Tipp – den<br />

Fernseher und andere unnötige Zeitfresser aus Ihrem Alltag<br />

verbannen, um Zeit zu gewinnen für diejenigen Dinge,<br />

die wirklich wichtig sind.<br />

Alles ist Schall und Rauch,<br />

wenn die Note nicht passabel ist<br />

Eine der brutalsten Wahrheiten im <strong>Jur</strong>a-Studium lautet:<br />

Ohne eine wenigstens passable Note im Staatsexamen ist<br />

sehr vieles Schall und Rauch, insbesondere wenn man als<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 9


Richter oder in einer Großkanzlei arbeiten möchte. Die<br />

beeindruckendste Sammlung an Seminararbeiten und<br />

extracurricularer Arbeit ist oftmals sehr wenig wert, wenn<br />

sie auf Kosten eines guten Staatsexamens gegangen ist.<br />

Daher gilt es, alle Anstrengungen darauf zu richten, dass<br />

die Endnote so gut ist wie möglich.<br />

Mit dieser Erkenntnis würde ich rückblickend wie folgt<br />

vorgehen: die kleinen Scheine dafür nutzen, mir die juristische<br />

Terminologie und eine gute Grundstruktur anzueignen<br />

sowie eine bestmögliche Gutachtentechnik zu beherrschen.<br />

Außerdem würde ich versuchen, die Standardfälle<br />

und Probleme zu erlernen, wenn möglich schon in examensrelevanter<br />

Aufbereitung. Für mich hilfreich waren die<br />

„Prüfe dein Wissen“-Bücher, die man gut auf Reisen oder<br />

beim Wandern mitnehmen kann.<br />

Nach Abschluss des Grundstudiums würde ich mich weniger<br />

darauf konzentrieren besonders gute „große Scheine“<br />

zu machen, sondern vielmehr direkt und gerne so früh wie<br />

möglich in die Examensvorbereitung einzusteigen. Also<br />

schon sehr früh mit Fünf-Stunden-Klausuren zu beginnen,<br />

gegebenenfalls. bereits nach dem vierten oder fünften<br />

Semester ein an der Universität angebotenes oder ein<br />

kommerzielles Repetitorium zu besuchen.<br />

Ich selbst habe sowohl das Universitäts-Repetitorium als<br />

auch ein kommerzielles Repetitorium besucht; die unterschiedlichen<br />

Herangehensweisen empfand ich hilfreich und<br />

eine sinnvolle Ergänzung. Ebenso habe ich ca. 18 Monate<br />

vor meinem Freischuss damit begonnen, mindestens zwei<br />

Klausuren pro Woche zu schreiben.<br />

Niemals sollte man die mündliche Prüfung unterschätzen,<br />

diese zählt je nach Prüfungsordnung auch sehr ordentlich<br />

in die Endnote ein. Ich kann nur anregen, sich schon früh<br />

in der Kunst zu üben, juristische Argumente mündlich vorzutragen.<br />

Am besten tut man dies in einer Lerngruppe, in<br />

der man sich gegenseitig abfragen und Probleme diskutieren<br />

kann. Ganz idealerweise hat man die Chance, selbst<br />

Tutor zu sein, juristische Übungen zu leiten oder Klausuren<br />

zu korrigieren.<br />

Ein guter Lebenslauf ist mehr<br />

als eine gute Examensnote<br />

Dies scheint auf den ersten Blick dem Vorgesagten zu widersprechen.<br />

Aber ich kann als Personaler versichern, dass<br />

die Note ein wichtiges, aber nicht das allesentscheidende<br />

Kriterium ist, warum man sich für einen Kandidaten entscheidet.<br />

Vielmehr muss die Person irgendetwas Interessantes<br />

im Lebenslauf aufweisen und man das Gefühl<br />

haben, dass man es mit jemandem zu tun hat, mit dem<br />

man gerne zusammenarbeitet. Sehr positiv wird in der<br />

Regel bewertet, wenn man sich ehrenamtlich engagiert<br />

hat, entweder im Sportverein, bei sozialen Einrichtungen<br />

oder einen interessanten Nebenjob hat.<br />

Ebenso fand ich es für mich persönlich sehr bereichernd,<br />

Zeit in mich selbst zu investieren, sei es in Seminaren zur<br />

Mediation, zu Verhandlungstechniken oder mit dem Erlernen<br />

einer neuen Sprache. Ich kann jeden nur ermutigen,<br />

sich in studentischen Gruppen oder Debattierclubs zu<br />

engagieren oder an Moot Courts teilzunehmen. Diese Erfahrungen<br />

schärfen die Argumentationsfähigkeit und<br />

lehren einen, unter Druck überzeugend zu kommunizieren<br />

– eine unschätzbare Fähigkeit für jeden <strong>Jur</strong>isten.<br />

Ausland und andere Studienorte<br />

Eine der besten Entscheidungen meines Lebens war es, ein<br />

Auslandssemester zu machen und an verschiedenen Universitäten<br />

zu studieren. Ich habe allein durch den Studienortwechsel<br />

neue Impulse erhalten, neue Freundschaften<br />

geschlossen und gelernt, mit neuen Herausforderungen<br />

umzugehen. Auch das Auslandssemester war für mich in<br />

menschlicher und fachlicher Hinsicht eines der besten<br />

Dinge während des Studiums. Nicht nur lernt man andere<br />

(Rechts-) Kulturen und eine neue (juristische) Sprache<br />

kennen. Man lernt auch eine andere Form des Lernens und<br />

Aufbereitens und auch des Argumentierens kennen.<br />

Finde einen Mentor<br />

Diesen Tipp habe ich leider erst nach meinem Studium<br />

wertzuschätzen gelernt: Finden Sie einen Mentor, jemanden,<br />

mit dem man sich über das Studium und das, was<br />

danach kommt, austauschen kann, jemanden, der einen<br />

inspiriert und Orientierung geben kann. Ein Mentor bietet<br />

nicht nur wertvolle Einblicke in die juristische Praxis, sondern<br />

kann auch bei der persönlichen und beruflichen Entwicklung<br />

helfen.<br />

Nur woher nehmen, wenn nicht stehlen? Seien Sie nicht<br />

scheu und halten Sie Ausschau nach Dozenten, Anwälten<br />

oder Richtern, die Ihnen diesbezüglich geeignet erscheinen.<br />

Sie werden erstaunt sein, aber viele Menschen sind bereit<br />

zu helfen oder zu unterstützen, Sie müssen nur fragen.<br />

Zur Person<br />

Dr. Simon Haug ist Leiter des Zentralbereichs Personal der<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH in Frankfurt. Sein<br />

Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er an den<br />

Universitäten Bayreuth, Lausanne und München.<br />

Die Promotion erfolgte an der Universität Konstanz, das<br />

Referendariat am OLG Schleswig mit Stationen in Lübeck,<br />

Hamburg, München und Frankfurt. Simon Haug ist Vorsitzender<br />

der Arbeitsgemeinschaft für Verlagsjustitiare.<br />

10<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


DEIN STAATSEXAMEN.<br />

DEIN JURCASE.<br />

DEINE ENTSCHEIDUNG.<br />

DIE NUMMER 1 BEI DER VERMIETUNG VON<br />

GESETZESTEXTEN UND KOMMENTAREN!<br />

DEIN EXKLUSIVER<br />

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Sarah Settele<br />

Highlights und Lowlights<br />

des <strong>Jur</strong>astudiums<br />

Es ist noch keine <strong>Jur</strong>a-Meisterin oder <strong>Jur</strong>a-Meister vom Himmel gefallen. Vielmehr prägt einen das <strong>Jur</strong>astudium, einen langen<br />

Atem haben zu müssen und auch scheitern zu können. Sarah Settele, Anwältin und YouTuberin, studierte an der Universität<br />

Regensburg. Sie berichtet, welche Strategien helfen und wie man sich trotz aller Herausforderungen motivieren kann.<br />

© Privat<br />

Dass man im <strong>Jur</strong>astudium viel lernen muss, viel Zeit investiert<br />

und am Ende doch oft nur 4 von 18 Punkten erhält,<br />

war mir bekannt. Schon als Kind war ich fest entschlossen,<br />

<strong>Jur</strong>a zu studieren und habe mich daher bis zum Abitur<br />

beispielsweise durch Praktika oder durch Nachfragen bei<br />

Studenten entsprechend über das Studium informiert,<br />

sodass mich nichts mehr überraschen würde. Mit einer<br />

hohen Frustrationstoleranz, Spaß an der <strong>Jur</strong>isterei und den<br />

ersten Rechtskenntnissen aus dem Wirtschaft- und Recht-<br />

Kurs der Schule gewappnet, dachte ich, ich könne nicht<br />

besser vorbereitet sein... und habe mich sowas von geirrt.<br />

Damit andere nicht die gleichen Fehler machen, hier meine<br />

„Lowlights“:<br />

Nicht blind Literatur kaufen<br />

Was man im Vorfeld vielleicht wirklich (noch) nicht wissen<br />

kann: Welcher Lerntyp bin ich? Denn die persönlich richtige<br />

Lernmethode kann sich im <strong>Jur</strong>astudium ganz anders<br />

darstellen als die Vorbereitung auf das Abitur. Lernt man<br />

am besten mit Karteikarten? Wälzt man gerne dicke Lehrbücher,<br />

um sich daraus eigene Zusammenfassungen zu<br />

schreiben? Übt man lieber an Fällen oder studiert man<br />

lieber theoretisch?<br />

Zu Beginn jedes Semesters wird in der Regel von den Dozenten<br />

Lernmaterial angepriesen. Hochmotiviert, wie ich<br />

war, habe ich sämtliche von den Professoren empfohlene<br />

Literatur gekauft. Das war tatsächlich kostspielig und im<br />

Nachhinein völlig unnötig. Reihenweise dicke Lehrbücher<br />

habe ich mir angeschafft; nur um dann festzustellen, dass<br />

ich mit solchen Büchern überhaupt nicht zurechtkomme<br />

und viel lieber mit kurzen Skripten und dazu passenden<br />

Fallsammlungen lerne. Im Nachhinein würde ich mich<br />

zuerst an die verschiedenen Lernmaterialien „herantasten“.<br />

Ich würde nicht mehr direkt kaufen, sondern erst<br />

verschiedenste Arten von Skripten, Fallsammlungen und<br />

Büchern in der Bibliothek ausleihen und ausprobieren, wie<br />

gut ich damit arbeiten kann.<br />

Ein Lern-System anlegen<br />

Wenn man dann für sich festgestellt hat, mit welchen<br />

Materialien man am besten an das erforderliche Wissen<br />

kommt, stellt sich als nächstes die Frage, wie man die Unmengen<br />

an Lehrstoff behalten soll. Es braucht ein System.<br />

Die Betonung liegt meiner Meinung nach auf EIN System.<br />

Empfohlen wird oft, den Stoff immer mehr zu komprimieren<br />

und zu wiederholen, bis man ihn mühelos anderen<br />

vermitteln kann. Ich habe tatsächlich über das ganze Stu-<br />

12<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


dium hinweg allerdings jedes Rechtsgebiet in verschiedenster<br />

Weise aufbereitet: DIN A4-Ordner mit schriftlichen<br />

Zusammenfassungen, gekaufte Karteikarten,<br />

digitale Exzerpte, selbst geschriebene Karteikarten etc.<br />

Dabei habe ich unnötig Zeit verschwendet. Besser wäre es,<br />

sich auf ein System festzulegen und nur noch anhand dieses<br />

Systems für die Scheine und letztlich für das Examen<br />

zu wiederholen. Das kann und darf sich auch von allem<br />

unterscheiden, was die Kommilitonen für richtig halten.<br />

Im Übrigen ist nicht jeder für das Lernen in der Bibliothek<br />

oder in einer Lerngruppe gemacht, auch wenn das gefühlt<br />

alle anderen so betreiben. Entscheidend ist es, zu hinterfragen<br />

und seinen eigenen Weg zu finden.<br />

Mehr Fokus auf die „Basics“<br />

Wenn man sich vor Augen führt, was man bis zum Examen<br />

alles beherrschen soll, kann einem schwindelig werden.<br />

Da kann es schon passieren – jedenfalls ist es mir so ergangen<br />

– sich zu „verzetteln“ und zu viel Zeit mit Meinungsstreitigkeiten<br />

und dem 100. Detailproblem zu verbringen.<br />

Am Ende ist unklar, ob man im Examen mit etwas<br />

Bekanntem konfrontiert wird, oder das Gefühl hat, jemand<br />

hat sich einen Scherz erlaubt und ein Rechtsproblem frei<br />

erfunden, das es bis dahin noch überhaupt nicht gab. Da<br />

nützt einem das auswendig gelernte Detailproblem wenig<br />

weiter. Vielmehr muss das grundlegende Handwerkszeug<br />

sitzen. Der Fokus sollte daher beim Lernen immer auf dem<br />

Grundsätzlichen liegen. Wenn die „Basics“ sitzen, kann<br />

einen nicht mehr viel erschrecken. Man arbeitet am Gesetz<br />

(bei völlig Unbekanntem stürzt man sich eben auf die „Idiotenwiese“<br />

= Inhaltsverzeichnis), subsumiert und kommt<br />

zu einem (möglichst vertretbaren) Ergebnis.<br />

Freizeit erhalten<br />

Gerade in der Examensvorbereitung wird einem oft vermittelt,<br />

dass außer dem Lernen NICHTS mehr im Leben<br />

Platz haben darf. Wer es wagt, sich nach dem Lernen noch<br />

mit Freunden zu treffen, habe offenbar den Ernst der Lage<br />

nicht erkannt. Ich habe in meiner Examensvorbereitung<br />

mein Privatleben nie völlig eingeschränkt. Ich erinnere<br />

mich an eine Bemerkung eines Dozenten im Referendariat,<br />

der beiläufig mitbekommen hatte, dass ich abends für<br />

Freunde gebacken hatte. Der Dozent war verblüfft und<br />

erklärte mir, ich sei aber mutig und müsse ja Zeit haben<br />

vor dem Examen. Diese Anmerkung fand ich damals wie<br />

heute völlig albern. Vielleicht war der Dozent auch nur<br />

neidisch, weil er keine Nussecke abbekommen hat, wer<br />

weiß. Im Nachhinein würde ich mir hier sogar noch mehr<br />

Ausgleich gönnen. Man ist nur eine bestimmte Anzahl an<br />

Stunden am Tag aufnahmefähig, 24/7 Lernen ist unmöglich.<br />

Wer sich weiter Zeit für Sport, Freunde und ganz banales<br />

Ausruhen erhält, dürfte meiner Meinung nach nicht<br />

nur glücklicher, sondern auch leistungsfähiger durch die<br />

Examensvorbereitung kommen.<br />

An jedem Scheitern wächst man<br />

Und wenn es am Ende nicht in jeder Klausur zum Bestehen<br />

reicht, sogar ein Examensversuch scheitern sollte, geht die<br />

Welt nicht unter. Das lässt sich heute natürlich leicht sagen.<br />

Ich erinnere mich sehr gut, wie viel Druck uns Studenten<br />

gemacht wurde – ob bewusst oder unbewusst. Ohne<br />

Prädikatsnote könne man „nur“ Taxifahrer werden. Wer<br />

das Examen nicht bestehe, fange als Abiturient (evtl. mit<br />

Führerschein) wieder völlig bei 0 an und hat in der Regel 5<br />

Jahre seines Lebens „verschwendet“. Na, wenn das nicht<br />

motiviert.<br />

Für mich war es damals daher das schlimmste denkbare<br />

Szenario, den ersten scharfen Versuch (1. StEx) nur knapp<br />

nicht bestanden zu haben. Zu meiner turbulenten Examensgeschichte<br />

habe ich übrigens ein Video auf meinem<br />

Youtube-Kanal „Suspectaria" erstellt. Ich habe nochmals<br />

1,5 Jahre in die Examensvorbereitung investiert und mich<br />

dabei wie ein Versager gefühlt. Nachdem beide Staatsexamen<br />

bestanden sind und ich seit Jahren leidenschaftlich<br />

als Rechtsanwältin inzwischen in meiner eigenen Kanzlei<br />

arbeite, bin ich überzeugt, dass genau dieses erste Scheitern<br />

mich extrem hat wachsen lassen. Wie ich hier an Resilienz<br />

gewonnen habe, hat mich z.B. das zweite Staatsexamen<br />

nahezu entspannt erleben lassen und mich meine weitere<br />

Laufbahn hindurch getragen. Rückblickend war es ein Fehler,<br />

sich selbst zu geißeln und ein Scheitern als Katastrophe<br />

und nicht auch als Chance zu sehen. Es wird zu viel Angst<br />

vor Fehlern gemacht. Dabei sind genau diese wichtig, um<br />

am Ende unser Potenzial wirklich ausschöpfen zu können.<br />

Deswegen zu guter Letzt: „Erfolg ist die Fähigkeit, von einem<br />

Misserfolg zum anderen zu gehen, ohne seine Begeisterung<br />

zu verlieren.“ (Winston Churchill)<br />

Zur Person<br />

Sarah Settele studierte Rechtswissenschaften und absolvierte<br />

ihr Referendariat in Regensburg. Seit 2018 betreibt<br />

Sie den Kanal „Suspectaria“ auf Youtube und Instagram<br />

für (angehende) <strong>Jur</strong>isten, um einen ehrlichen Einblick in<br />

das <strong>Jur</strong>astudium und den Alltag als Anwalt zu geben. Im<br />

Jahr 2020 gründete sie ihre eigene Kanzlei in Krumbach<br />

(Schwaben) und ist überwiegend im Arbeitsrecht tätig.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 13


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Thomas Kahn<br />

Do Your Own Research: Mit Eigeninitiative<br />

zur optimalen Lernstrategie<br />

Thomas Kahn hat an der JGU Mainz <strong>Jur</strong>a studiert und in Berlin sein zweites Staatsexamen abgelegt. In diesem Beitrag präsentiert<br />

er einige Lehren aus seinem Studium, in der Hoffnung, denjenigen, die noch am Anfang stehen, ein gewisses Maß<br />

an Leid und Verwirrung zu ersparen. Dafür ist die Auseinandersetzung mit der empirischen Lernpsychologie entscheidend.<br />

© privat<br />

Das zentrale Problem für den Erfolg in unserem Studium<br />

besteht darin, eine kaum überschaubare Menge an Wissen<br />

über Jahre zu behalten. Es ist nicht die Fähigkeit, sich den<br />

Stoff möglichst schnell einzuverleiben oder ihn zu verstehen.<br />

Der Flaschenhals ist das Im-Kopf-Behalten, das Verhindern<br />

des Vergessens einer größeren Menge an Wissen über<br />

einen längeren Zeitraum. Dafür gilt es primär eine Lösung<br />

zu finden.<br />

Es macht einen gewaltigen Unterschied, wie du das Thema<br />

Lernen angehst. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Ansätzen sind ähnlich groß wie zwischen einem<br />

manuellen Schraubenzieher und einem Akkuschrauber.<br />

Mit den richtigen Werkzeugen ist es tatsächlich möglich,<br />

Wissen von Anfang an langfristig zu behalten – anstatt das<br />

meiste in den Semesterferien wieder zu vergessen und<br />

dann in der Examensvorbereitung quasi bei null anzufangen.<br />

Um dieses Schicksal zu vermeiden, ist es eben sinnvoll,<br />

von Anfang an die richtigen Werkzeuge einzusetzen.<br />

Man könnte nun naiv annehmen, dass dir diese überlegenen<br />

Ansätze an der Uni gleich zu Beginn beigebracht werden,<br />

aber das ist nicht der Fall. In der Studentenschaft haben<br />

sie in den letzten zehn Jahren organisch eine gewisse<br />

Popularität erlangt, aber viele haben ihren Nutzen auch<br />

heute noch nicht erkannt. Darin liegt eine Chance für diejenigen,<br />

die sich die Mühe machen, selbst nach effektiven<br />

Lernmethoden zu suchen.<br />

Fündig wird man insofern, meiner Erfahrung nach, eher im<br />

außerjuristischen Bereich, da juristische Lernratgeber und<br />

Blogposts oft daran kranken, dass sie nur das überlieferte<br />

kollektive Wissen, „wie man eben <strong>Jur</strong>a lernt“ wiedergeben,<br />

ohne sich näher mit den Ergebnissen der empirischen Lernpsychologie<br />

auseinanderzusetzen. Ein Beispiel dafür: Die<br />

Lerntypentheorie – ein Ansatz, der in der seriösen Lernforschung<br />

seit langem als widerlegt gilt – wird in unserem Fach<br />

weiterhin gerne als gesichertes Faktum präsentiert. Umgekehrt<br />

wird oft nicht klar herausgestellt, dass es andere<br />

Phänomene (wie den spacing effect und den testing effect)<br />

gibt, die über eine hervorragende Evidenzbasis verfügen.<br />

Ein weiterer Hinweis: Was Professoren zum Thema Lernen<br />

sagen, ist aus meiner Sicht oft performativ. Wenn wieder<br />

einmal auf das „stupide“ Auswendiglernen geschimpft<br />

wird, das doch unbedingt durch Verstehen ersetzt werden<br />

sollte, ist es wert, sich zu fragen: Geht es demjenigen gerade<br />

vielleicht nur darum, seine Überlegenheit zur Schau zu<br />

stellen, weil er solche simplen Techniken nicht nötig hatte?<br />

Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um ein Paradebeispiel<br />

für luxury beliefs.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 15


Woran erkennst du also, welche Lerntipps wirklich nützlich<br />

sind? Dafür würde ich die folgenden Indizien nennen (ohne<br />

Anspruch auf Vollständigkeit):<br />

1. Sie enthalten konkrete, anwendbare Schritte, wie du vorgehen<br />

sollst, anstatt nur wohlklingender Phrasen, bei<br />

denen unklar ist, wie du sie in deinen Lernalltag integrierst.<br />

2. Sie lassen sich ohne großen Aufwand ausprobieren. Tu das<br />

und vergleiche: Lernst du besser, wenn du diesem Ansatz<br />

folgst oder kostet er nur Zeit?<br />

3. Sie verweisen für ihre Wirksamkeit auf empirische<br />

Studien. (Deren Lektüre empfiehlt sich dann natürlich<br />

ebenfalls.)<br />

4. Sie wurden dir von jemandem empfohlen, der eine Leistungssteigerung<br />

erfahren hat, die er auf diese Techniken<br />

zurückführt. Hier lohnt es sich tendenziell noch genauer<br />

hinzuhören als bei jemandem, der schon immer gut war,<br />

egal, welche Techniken er angewandt hat.<br />

Popularität ist hingegen nicht unbedingt ein gutes Kriterium<br />

für die Nützlichkeit eines Ansatzes. Dass eine Technik<br />

Sinn ergibt und anderen im objektiven Vergleich überlegen<br />

ist, bedeutet leider nicht zwangsläufig, dass sie sich auch<br />

universell durchsetzt. Die Geschichte der Lernpsychologie<br />

ist voll von verpassten Chancen. Bereits 1988 erschien im<br />

American Psychologist ein Aufsatz mit dem Titel: The spacing<br />

effect: A case study in the failure to apply the results of psychological<br />

research. Geh also nicht automatisch davon aus,<br />

dass die Standardherangehensweise auch die beste ist,<br />

sondern mach dir deine eigenen Gedanken und vor allem<br />

scheue dich nicht davor, auszuprobieren, auszuprobieren,<br />

auszuprobieren und zu vergleichen, was funktioniert.<br />

Ein Wort zur Studienliteratur in unserem Fach: Verfasser<br />

von Lehrbüchern schreiben meist aus Expertenperspektive<br />

und tun sich oft schwer damit, sich in die Lage eines Anfängers<br />

hineinzuversetzen, der noch keine Ahnung von<br />

dem zu vermittelnden Stoff hat. Anstatt zunächst die Basics<br />

eines Rechtsgebiets überblicksartig zu erläutern, sind<br />

die meisten Lehrbücher und Skripte so aufgebaut, dass sie<br />

zunächst Thema 1 in extremem Detail abhandeln, dann<br />

Thema 2, dann Thema 3 usw. Das führt dazu, dass man oft<br />

erst am Ende einen wirklichen Überblick erlangt. Die bis<br />

dahin bestehende Verwirrung könnte durch ein anderes<br />

Vorgehen möglicherweise reduziert werden; wichtig für<br />

dich ist jedenfalls, dass du deshalb nicht gleich an dir zweifeln<br />

musst. Die meisten von uns sind mit diesem Gefühl<br />

ebenfalls intim vertraut.<br />

Nichts geht über die Basics. Nicht jede Information in unserem<br />

Fach ist gleich wichtig. Eine vergleichsweise kleine<br />

Menge an Stoff ist überproportional relevant – sowohl<br />

für das eigene Verständnis als auch für die Ergebnisse im<br />

Examen. Das ist sowohl das Ergebnis meiner eigenen Examenserfahrungen<br />

als auch eine Einschätzung, die in den<br />

Interviews, die ich mit guten Absolventen geführt habe,<br />

immer wieder vorkommt. Die meisten Klausuren scheitern<br />

nicht daran, dass der Verfasser irgendein neues Urteil nicht<br />

gelesen hat, sondern an mangelnder Grundlagenkenntnis.<br />

Diese gilt es vor allem anderen aufzubauen. Ein Bonus davon:<br />

Durch die Konzentration auf das Basiswissen wird die<br />

Stoffmenge überhaupt erst beherrschbar.<br />

Was sind nun die überlegenen Lernwerkzeuge, von denen<br />

ich oben gesprochen habe? Vor dem Hintergrund, dass das<br />

Hauptproblem in unserem Fach eben darin liegt, große Wissensmengen<br />

langfristig zu behalten, lautet die Antwort aus<br />

meiner Sicht: Anki in Verbindung mit den <strong>Jur</strong>a-Vorlagen.<br />

Dafür würde ich folgende Argumente anführen:<br />

1. Alles Wissen – auch solches, das du verstanden hast –<br />

muss wiederholt werden, anderenfalls wirst du es wieder<br />

vergessen. Use it or lose it.<br />

2. Es gibt keine bessere Möglichkeit, juristisches Wissen<br />

langfristig zu wiederholen als Anki, erweitert um die<br />

Funktionen der <strong>Jur</strong>a-Vorlagen: Anki selbst verfügt über<br />

einen modernen Wiederholungsalgorithmus. Die <strong>Jur</strong>a-Vorlagen<br />

ermöglichen es, den Lernstoff in kleine, überschaubare<br />

Portionen aufzuteilen und getrennt abzufragen.<br />

Beides zusammen bewirkt, dass das Programm<br />

berechnen kann, welche Informationen du bereits wie gut<br />

beherrschst und wann du sie wiederholen solltest, um sie<br />

nicht zu vergessen. Wenn du das tust und Anki regelmäßig<br />

nutzt, kannst du dir sicher sein, dass du alles Gelernte im<br />

Kopf behältst. Elegant ist daran, dass du dich immer nur<br />

mit solchem Wissen beschäftigst, das du sonst bald wieder<br />

vergessen würdest. Verglichen mit einer Wiederholung<br />

nach Themenblöcken (z.B. BGB AT) ist das um ein<br />

Vielfaches effizienter, weil du bei letzterer natürlich auch<br />

immer einiges wiederholst, das du noch gut beherrschst.<br />

Ein Tipp zum Schluss: Während viele betonen, wie wichtig<br />

die Nachbereitung von Vorlesungen ist, verspricht deren<br />

Vorbereitung aus meiner Sicht einen wesentlich größeren<br />

Return on Investment. Wer bereits mit Vorwissen an einer<br />

Vorlesung teilnimmt, hat wesentlich mehr davon, weil er<br />

neue Informationen in ein bereits bestehendes Wissensnetz<br />

einfügen kann und bereits Bekanntes noch einmal in<br />

einem anderen Kontext hört. Ggf. ist man sogar dazu in der<br />

Lage mitzuarbeiten, was die Erinnerung daran ebenfalls<br />

zusätzlich verstärkt. Ein kurzes Skript bereits vor Vorlesungsbeginn<br />

in Anki einzugeben, kann daher überraschend<br />

lohnenswert sein.<br />

Dieser Text kann vieles nur anreißen, das es wert wäre, weiter<br />

ausgeführt zu werden, aber er enthält einige Punkte,<br />

die mich damals irritiert haben und die ich mir erst später<br />

erklären konnte. Falls er dir dabei hilft, diese Herausforderungen<br />

besser zu meistern, freue ich mich. Viel Erfolg in<br />

unserem interessanten Studiengang!<br />

Zur Person<br />

Thomas Kahn hat sich mit Anki erfolgreich auf das erste<br />

und zweite Staatsexamen vorbereitet (Noten: gut und<br />

vollbefriedigend). Er ist Autor der Basiskarten <strong>Jur</strong>a sowie<br />

des Lernratgebers Lernapotheke für <strong>Jur</strong>isten.<br />

16<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Katharina Lutz<br />

Den eigenen Rhythmus finden<br />

Katharina Lutz, heute Dezernentin in der Landesverwaltung NRW, studierte <strong>Jur</strong>a an der Ruhr-Universität Bochum. Sie empfiehlt<br />

das <strong>Jur</strong>a-Studium achtsam zu bestreiten. Es nützt niemandem, wenn einem die Motivation oder gar die Puste ausgeht.<br />

Als Schlüssel für ein gelungenes Studium sieht sie den Aufbau und die Pflege wertvoller Beziehungen innerhalb und außerhalb<br />

der Universität sowie eine gute Grundlagenarbeit, vom Beginn des Studiums bis hin zum Examen.<br />

...<br />

© privat<br />

„See it as a working day.“ Diesen Tipp gab mir mein Dozent<br />

für Phonetik und Phonologie (Ja, so etwas studieren Leute!)<br />

im ersten Semester des Anglistik-Studiums. Im späteren<br />

<strong>Jur</strong>a-Studium kramte ich seinen Ratschlag zur Bewältigung<br />

des Lernpensums wieder aus meinem Gedächtnis<br />

hervor und versuchte, ihn zu beherzigen. Kaum etwas lag<br />

doch näher, als das Studium wie einen „echten“ Beruf anzugehen<br />

und dementsprechend acht bis zehn Stunden am<br />

Tag zu lernen. Doch begriffen, was mein Dozent meinte,<br />

habe ich erst, als es nahezu zu spät war. Erst in der letzten<br />

Phase der Examensvorbereitung, als ich kaum noch Energie<br />

hatte, mich überhaupt in die Bibliothek zu schleppen,<br />

dämmerte es mir: Der damalige Dozent wollte mir wohl<br />

nicht sagen, ich solle jeden Tag acht bis zehn Stunden am<br />

Schreib- oder Bibliothekstisch sitzen, ob ich die Muße dafür<br />

hätte oder nicht.<br />

Die Lage selbst gestalten<br />

Allerspätestens seit meinem Berufseinstieg weiß ich: Innerhalb<br />

eines Arbeitstages gibt es mehrere Hochs und<br />

Tiefs, in denen man mehr beziehungsweise weniger aufnahmefähig<br />

ist. Vor allem ist die Motivation nicht jeden<br />

Tag gleich hoch, die Tage verlaufen niemals gleich, und das<br />

ist völlig in Ordnung. Daher rate ich Ihnen vor allem: Finden<br />

Sie Ihren Rhythmus und viel wichtiger: Hören Sie auf<br />

ihn. Es schadet nicht, insbesondere in der ganz heißen<br />

Phase der Examensvorbereitung, von einem Lerntag auszugehen,<br />

der acht oder zehn Stunden umfasst. Wenn Sie<br />

allerdings nach fünf Stunden Büffelei erschöpft vom Stuhl<br />

fallen, ist damit niemandem geholfen – am allerwenigsten<br />

Ihnen. Sinnvoller wäre es, den Blick zu weiten und diese<br />

acht bis zehn Stunden mit allem zu füllen, was Ihrem Lernfortschritt<br />

dienlich sein kann. Sie lesen Tageszeitung?<br />

Hören <strong>Jur</strong>a-Podcasts? Nichts spricht dagegen, dies als Lernzeit<br />

zu verbuchen. Gerade nach mehreren Stunden<br />

Übungsklausur schreiben oder in der Lerngruppe diskutieren<br />

sind Ihre Kapazitäten erschöpft. Spüren Sie dem nach<br />

und lassen Sie sich in diesen Phasen etwas sanfter berieseln.<br />

Sie dürfen sich erlauben, auch mal faul zu sein.<br />

Solange Sie neugierig bleiben, ist alles im Lot.<br />

Sich auszutauschen hilft<br />

Was ich allenfalls nur halb beherzigt habe und was Sie<br />

gleich ab morgen besser machen können, ist, sich Verbündete<br />

zu suchen. Auf allen Ebenen. Das juristische Studium<br />

ist – abgesehen von tollen Angeboten wie Moot Courts –<br />

nicht eben darauf angelegt, dass wir miteinander und<br />

voneinander lernen. Das sehe ich von heute aus betrachtet<br />

18<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


als echtes Manko. Es kostet Mut, zu jemandem hinzugehen<br />

und zu sagen „Hey, ich glaube, wir könnten etwas<br />

voneinander lernen“. Noch mehr Mut kostet es, zu seinem<br />

Prof oder einem WissMit zu gehen und zu sagen „Ich<br />

möchte gerne mehr von Ihnen lernen.“ Wer will schon der<br />

Nerd sein, der sich an andere ranschleimt? Was können Sie<br />

schon „im Gegenzug“ anbieten? Aber trauen Sie sich einfach<br />

einmal und vertrauen Sie darauf, dass Andere ganz<br />

erheblich davon profitieren können, wenn Sie sie gedanklich<br />

herausfordern.<br />

Menschen statt Karteikarten<br />

Halten Sie dabei Ausschau nach guten Beziehungen und<br />

pflegen Sie diese. Ganz sicher meine ich damit nicht, sich<br />

Personen zu suchen, die Sie vermeintlich in begehrte Positionen<br />

bringen können. Was ich meine, ist: Suchen Sie<br />

nach Leuten, die Sie gedanklich weiterbringen, die Sie fordern,<br />

die Ihre Störgefühle erkennen und die sich mit Ihnen<br />

genau da rein begeben. Das kann ganz vereinzelt gegeben<br />

sein bei den Leuten aus der Peer Group, der Sie vielleicht<br />

angehören mögen. Ich empfehle Ihnen aber dringend,<br />

deutlich breiter zu streuen und gerade den Prof anzusprechen,<br />

der Sie irgendwie nervt und den Sie kaum verstehen;<br />

gerade den vermeintlich schlechteren Kommilitonen anzusprechen,<br />

der die letzte Klausur vergeigt hat und gerade<br />

den WissMit, der Ihnen eben nur vier Punkte in der<br />

Übungsklausur gegeben hat. Diese Leute sind es, die etwas<br />

bei Ihnen auslösen, und es lohnt sich, dem nachzugehen.<br />

Dabei hilft es ungemein, sich von Kategorien wie über –<br />

unter, besser – schlechter, schlauer – weniger schlau frei<br />

zu machen. Erst heute sehe ich: Wirklich gelernt habe ich<br />

von Leuten, die mir sperrig und nicht zu mir „passend“<br />

erschienen. Noch mehr gelernt habe ich von den Kandidaten<br />

in den von mir betreuten Klausurenkursen für fortgeschrittene<br />

Semester und von den Referendaren, die ich<br />

später mit ausbilden durfte und darf. Deren häufig sehr<br />

kluge und manchmal nicht so kluge Fragen zwingen mich,<br />

Probleme zu durchdringen.<br />

Rückblickend drängt es sich mir auf, dass Kontakte nicht<br />

nur an, sondern mindestens ebenso intensiv außerhalb<br />

der Uni gepflegt werden wollen. Verbleiben Sie nicht unter<br />

der Glasglocke Universität, umgeben Sie sich nicht nur mit<br />

„Ihresgleichen“, falls es so etwas überhaupt geben kann.<br />

Ich fand es dort anfangs recht komfortabel, es ist ein wunderbar<br />

geschützter Raum. Später nervte es mich regelrecht,<br />

dass kaum entscheidend neue Denkmuster und<br />

Denkanstöße hinzukamen. Entwicklung passiert nur dort,<br />

wo Sie diese Glasglocke für sich aufsprengen und wo Sie<br />

mit dem „echten“ und bunten Leben in Kontakt kommen.<br />

Daher rate ich Ihnen, einen engen Bezug zu behalten zu<br />

den Menschen, die Ihnen außerhalb der <strong>Jur</strong>a-Welt wichtig<br />

sind. Die erden Sie, rücken Ihnen den Kopf hier und da mal<br />

wieder gerade und zeigen Ihnen, dass Sie als Mensch einen<br />

ganz erheblichen Wert haben, der nicht mit „vollbefriedigend“<br />

oder mehr oder weniger zu bemessen ist.<br />

Zu guter Letzt: beste Ratschläge<br />

Der beste Ratschlag, den ich Ihnen aus fachlicher Sicht<br />

geben kann? Setzen Sie auf eine gute Grundlagenarbeit<br />

und betreiben Sie diese wiederkehrend. Ja, immer wieder.<br />

Ja, bis zum Examen. Vieles, was Ihnen jetzt oder später als<br />

<strong>Jur</strong>a-Hochreck erscheinen mag, verliert seinen Zauber,<br />

wenn Sie merken, Sie kommen dem mit einer guten Methodik<br />

bei. Und das kann echte Glücksgefühle hervorzaubern.<br />

Leider ist unser Studium nicht darauf angelegt und<br />

scheint kaum Raum zu lassen, die Grundzüge des Rechts,<br />

Rechtstheorie, Rechtsphilosophie, Rechtsgeschichte und<br />

Methodenlehre zwischendurch immer wieder aufzufrischen.<br />

Gönnen Sie sich diesen „Luxus“, denn bei genauerem<br />

Hinsehen ist er eine Notwendigkeit.<br />

Der beste Ratschlag, den ich Ihnen aus menschlicher Sicht<br />

geben kann? Bleiben Sie bei sich und hören Sie auf sich.<br />

Was esoterisch klingt, ist eine ganz einfache Rechnung:<br />

Wenn Sie einmal verinnerlicht haben, dass Sie all diese<br />

Anstrengungen, die Tiefs und Hochs, die Enttäuschungen<br />

und Glücksgefühle nur für einen Menschen auf sich nehmen<br />

– pssst, das sind Sie! – kann dies sehr viel Druck nehmen<br />

und ist ein verdammt gutes Investment. Von daher:<br />

„See it as your working day“.<br />

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie Ihren Rhythmus<br />

finden und auf ihn hören. Dass Sie gute Beziehungen aufbauen<br />

und diese wertschätzen. Dass Sie Ihren eigenen<br />

Kopf entwickeln und ihn pflegen. Alles Gute für das, was<br />

gerade ansteht.<br />

Zur Person<br />

Katharina Lutz absolvierte zunächst ein journalistisches<br />

Volontariat in Augsburg. Anschließend studierte sie dort<br />

Anglistik, Germanistik und Soziologie, bevor sie zum <strong>Jur</strong>a-Studium<br />

an die Ruhr-Universität Bochum wechselte. Es<br />

folgte das Referendariat am Landgericht Bochum. Nach<br />

dem Studium begann sie ihr Berufsleben Anfang 2017 als<br />

Staatsanwältin in Dortmund, bevor sie 2018 als Unternehmensjuristin<br />

zur Funke Mediengruppe nach Essen wechselte.<br />

Heute arbeitet sie als Dezernentin in den Bereichen<br />

Personal und Datenschutz in der nordrhein-westfälischen<br />

Landesverwaltung.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 19


Nomos Lehrbücher<br />

Die Inhalte der Lehrveranstaltungen<br />

verständlich aufbereitet<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

NomosStudium<br />

Weiler<br />

Bieber | Epiney | Haag | Kotzur<br />

Kindhäuser | Böse<br />

Baer<br />

Schmitz-Herscheidt | Wagner<br />

Schuldrecht<br />

Allgemeiner Teil<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

Die Europäische<br />

Union<br />

Europarecht und Politik<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

Strafrecht<br />

Besonderer Teil II<br />

Straftaten gegen Vermögensrechte<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

Rechtssoziologie<br />

Eine Einführung in die<br />

interdisziplinäre Rechtsforschung<br />

NOMOSLEHRBUCH<br />

Zivilprozess- und<br />

Verhandlungstaktik<br />

7. Auflage<br />

15. Auflage<br />

12. Auflage<br />

5. Auflage<br />

2. Auflage<br />

Adolphsen<br />

Brömmelmeyer<br />

Michael | Morlok<br />

Guckelberger<br />

Zivilprozessrecht<br />

Schuldrecht<br />

Besonderer Teil<br />

Helbing<br />

Lichtenhahn<br />

Nomos<br />

Grundrechte<br />

Allgemeines<br />

Verwaltungsrecht<br />

Vertragliche Schuldverhältnisse<br />

mit Verwaltungsprozessrecht<br />

und Staatshaftungsrecht<br />

8. Auflage<br />

6. Auflage<br />

8. Auflage<br />

11. Auflage<br />

Schuldrecht Allgemeiner Teil<br />

Von Prof. Dr. Frank Weiler<br />

7. Auflage <strong>2024</strong>, 520 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-0565-9<br />

E-Book 978-3-7489-3919-1<br />

Zivilprozessrecht<br />

Von Prof. Dr. Jens Adolphsen<br />

8. Auflage 2023, 364 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-0621-2<br />

E-Book 978-3-7489-4156-9<br />

Die Europäische Union<br />

Europarecht und Politik<br />

Von Prof. (em.) Dr. Roland Bieber,<br />

Prof. Dr. Astrid Epiney, LL.M., Marcel Haag<br />

und Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M.<br />

15. Auflage 2023, 795 S., brosch., 39,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-7428-9<br />

E-Book 978-3-7489-1430-3<br />

Schuldrecht Besonderer Teil<br />

Vertragliche Schuldverhältnisse<br />

Von Prof. Dr. Christoph Brömmelmeyer<br />

6. Auflage 2023, 416 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-7560-0486-7<br />

E-Book 978-3-7489-3811-8<br />

Strafrecht Besonderer Teil II<br />

Straftaten gegen Vermögensrechte<br />

Von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser<br />

und Prof. Dr. Martin Böse<br />

12. Auflage 2023, 480 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-8662-6<br />

E-Book 978-3-7489-3033-4<br />

Grundrechte<br />

Von Prof. Dr. Lothar Michael<br />

und Prof. em. Dr. Martin Morlok<br />

8. Auflage 2023, 541 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-7217-9<br />

E-Book 978-3-7489-1229-3<br />

Rechtssoziologie<br />

Eine Einführung in die<br />

interdisziplinäre Rechtsforschung<br />

Von Ri‘inBVerfG Prof. Dr. Dr. h.c.<br />

Susanne Baer, LL.M.<br />

5. Auflage 2023, 314 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-7296-4<br />

E-Book 978-3-7489-1312-2<br />

Allgemeines Verwaltungsrecht<br />

mit Verwaltungsprozessrecht<br />

und Staatshaftungsrecht<br />

Von Prof. Dr. Annette Guckelberger<br />

11. Auflage 2023, 667 S., brosch., 26,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-8136-2<br />

E-Book 978-3-7489-2552-1<br />

Zivilprozess- und<br />

Verhandlungstaktik<br />

TIPP<br />

Von RAuN Prof. Dr. Stephan<br />

Schmitz-Herscheidt, FAHuGR und<br />

RA Dr. Benjamin Wagner, LL.M., FAHuGR<br />

2. Auflage 2023, 350 S., brosch., 29,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-8621-3<br />

E-Book 978-3-7489-3152-2<br />

Nomos<br />

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Mario Mosbacher<br />

Die drei Phasen der Studienzeit<br />

Mario Mosbacher steht am Ende seines <strong>Jur</strong>astudiums an der Ruhr-Universität Bochum und blickt auf seinen Weg der<br />

Examensvorbereitung zurück. Auch im Nachhinein war es richtig für ihn, kein privates Repetitorium zu besuchen – selbst<br />

wenn er im Detail seine Examensvorbereitung anpassen würde.<br />

© privat<br />

Das <strong>Jur</strong>astudium erfordert viele Entscheidungen, wie man<br />

es bewältigen möchte. Dies gilt vielleicht im Besonderen,<br />

aber nicht ausschließlich für den Anfang des Studiums.<br />

Dabei lässt sich das Studium der Rechtswissenschaften<br />

meiner Ansicht nach in drei Phasen einteilen. In jeder<br />

konnte ich Erfahrungswerte sammeln, aus denen ich rückblickend<br />

manche Lehren ziehen würde.<br />

Der Anfang des Studiums<br />

Die Anfangssemester sind geprägt von Unsicherheiten mit<br />

der neuen Materie. Man wird „erschlagen“ von der Menge<br />

des zu lernenden Stoffs. In dieser Situation kann es Sicherheit<br />

bieten, sich auf die wesentlichen Grundzüge zu beschränken,<br />

um überhaupt einen guten Überblick zu erhalten,<br />

der dann – aufgrund des komprimierten Stoffs – auch<br />

sicher beherrscht werden kann. Dies sollte regelmäßig für<br />

ein solides Bestehen der ersten Klausuren genügen. Die<br />

Gelegenheit zur detailreichen Ergänzung und Vertiefung<br />

des in den Anfangssemestern erworbenen Wissens wird<br />

sich im Laufe des Studiums noch in ausreichender Form<br />

bieten.<br />

Zu diesem Ratschlag passt gut ein anderer: Es ist zwar eine<br />

Binsenweisheit unter angehenden <strong>Jur</strong>istinnen und <strong>Jur</strong>isten,<br />

aber es sei hier trotzdem noch einmal angemerkt, dass<br />

eine gute Fallbearbeitungspraxis unabdingbar ist zum<br />

Erlernen der Grundstrukturen der juristischen Arbeitsweise.<br />

Diese wird über das gesamte Studium bis zum Examen<br />

zu den absoluten Grundlagen gehören, die beherrscht<br />

werden müssen. Das Beherrschen dieser Arbeitsweise ist<br />

ein hilfreicher Orientierungspunkt, um auch mit unbekannten<br />

Sachverhaltskonstellationen umgehen zu können,<br />

die einem auf dem Weg zum Examen immer häufiger<br />

begegnen werden.<br />

Die Fallbearbeitungstechnik lässt sich auch gut einüben,<br />

indem man sich mit Mitstudierenden zusammentut. Dies<br />

hat – in der Sache – den Vorteil, dass die eigenen Lösungen<br />

von Kommilitoninnen und Kommilitonen Korrektur gelesen<br />

werden können, wodurch man abseits von Klausuren<br />

ein regelmäßiges Feedback erhält. Ebenso kann man selbst<br />

in die Rolle eines Korrektors schlüpfen und sich so mit der<br />

Denkweise „der anderen Seite“ vertraut machen. Die Arbeit<br />

in der Gruppe lädt außerdem dazu ein, über juristische<br />

Themen zu diskutieren, dadurch sein Verständnis vom<br />

Recht zu schulen und sich dabei in der juristischen Argumentation<br />

zu üben.<br />

Daneben darf man die positiven sozialen Aspekte von Lerngruppen<br />

nicht vernachlässigen. Man kann sich gegenseitig<br />

unterstützen und motivieren in diesem ohne Frage anspruchsvollen<br />

und fordernden Studium. Im Idealfall kann<br />

man dies bis in die und während der Examensvorbereitung<br />

beibehalten. Gerade dort kann das Lernen anstrengend und<br />

monoton werden, wenn man diese Zeit alleine durchstehen<br />

muss. Dies bringt nicht zuletzt die Gefahr mit sich, nicht sein<br />

ganzes (juristisches) Potenzial abrufen zu können, wenn es<br />

darauf ankommt: bei den Examensprüfungen.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 21


Mitte und Ende des Studiums<br />

In den mittleren Semestern kann man sich als fortgeschrittene<br />

Studierende bereits an Examensklausuren annähern.<br />

Dazu kann etwa der Besuch examensbezogener Veranstaltungen<br />

an der Universität dienen. Besonders empfehlen<br />

kann ich Veranstaltungen, die das angeleitete Einüben der<br />

Fallbearbeitungspraxis zum Gegenstand haben („Klausurenlehre“).<br />

Dadurch kann man die so wichtige Bearbeitungstechnik<br />

von Klausuren bereits frühzeitig weiter vertiefen,<br />

was natürlich auch schon beim Erwerb der „großen<br />

Scheine“ hilft.<br />

Die dritte Phase ist die Examensvorbereitung. Ich habe vor<br />

der Examensvorbereitung noch den Schwerpunktbereich<br />

absolviert. Ob man dies genauso macht oder sich schon<br />

dazu bereit fühlt, die Prüfungen zur staatlichen Pflichtfachprüfung<br />

in Angriff zu nehmen, ist letztlich eine individuelle<br />

Frage.<br />

Mit der Examensvorbereitung steht der wohl inhaltlich<br />

wie mental anstrengendste Teil des Studiums bevor. Die<br />

Mehrzahl der Studierenden besucht für die Prüfungsvorbereitung<br />

ein kommerzielles Repetitorium. Daher bin ich<br />

mit meiner Wahl für das universitäre Repetitorium in dieser<br />

Hinsicht ein Exot.<br />

Jeder der beiden Wege hat sicherlich Vor- und Nachteile,<br />

die individuell unterschiedlich schwer wiegen. Ebenso unterscheiden<br />

sich die universitären Examensvorbereitungsprogramme,<br />

sodass hier kein pauschales Urteil gefällt<br />

werden kann. Allerdings werden sich grobe Linien feststellen<br />

lassen: Entscheidet man sich gegen ein kommerzielles<br />

Repetitorium, wird man sich darauf einstellen müssen,<br />

sich einen größeren Anteil des Lernstoffs selbst aneignen<br />

zu müssen. Es bedarf also einer größeren Eigeninitiative,<br />

wenn man beispielsweise weniger umfangreiche Materialien<br />

erhält als bei kommerziellen Anbietern. Dafür ist eine<br />

frühzeitige Planung der Vorbereitungszeit anzuraten. Zudem<br />

ist eine große Selbstdisziplin gefragt, wenn man weniger<br />

enge Vorgaben zum Lernprogramm erhält. Es kann<br />

aber auch ein Vorteil sein, nicht an das vorgegebene Programm<br />

des Privat-Repetitoriums gebunden zu sein, zu<br />

dessen Wahrnehmung man sich wegen der finanziellen<br />

Investition möglicherweise gezwungen fühlt, da man<br />

stattdessen größere Freiheiten hat, individuelle Lernschwerpunkte<br />

zu setzen.<br />

Darüber hinaus habe ich die Erfahrung gemacht, dass im<br />

universitären Programm weniger Wert auf eine erschöpfende<br />

Detailkenntnis gelegt wird. Dafür wird ein systematischer<br />

Überblick über die jeweiligen Rechtsgebiete gefördert,<br />

der die grundlegenden Strukturen und die<br />

Verbindungen zwischen einzelnen Teilgebieten zu verstehen<br />

hilft. Zudem waren die Lehrenden darauf bedacht, mit<br />

den Studierenden den Umgang mit unbekannten Fällen<br />

mithilfe einer sauberen Anwendung der juristischen Methodik<br />

einzuüben. Dies ist eine für die Examensklausuren<br />

hilfreiche Fertigkeit, in denen es oft weniger auf die Kenntnis<br />

geläufiger Streitigkeiten als auf eine gute Problemlösungskompetenz<br />

ankommt.<br />

Würde ich mich heute also anders entscheiden? Letzten<br />

Endes habe ich mich abseits der wohl unvermeidlichen<br />

Unsicherheiten gut auf das Examen vorbereitet gefühlt,<br />

auch wenn über die knapp einjährige Phase immer wieder<br />

Zweifel an meiner Entscheidung aufkamen, nicht den Weg<br />

zum Repetitor gewählt zu haben. Einige Dinge würde ich<br />

daher vermutlich anders machen – vor allem mit Blick auf<br />

das Bemühen um eine eigene Lerngruppe. Alles in allem<br />

ist dieser Weg jenseits des Repetitor-Mainstreams mit etwas<br />

Mut gut gangbar.<br />

Zur Person<br />

Mario Mosbacher studiert im 11. Semester Rechtswissenschaften<br />

an der Ruhr-Universität Bochum und steht kurz<br />

vor dem Abschluss des Studiums. Zum Zeitpunkt des Verfassens<br />

dieses Textes hat er den Schwerpunktbereich absolviert<br />

und auch die Klausuren zur staatlichen Pflichtfachprüfung<br />

geschrieben. Neben dem Studium arbeitet er<br />

als studentische Hilfskraft an der Professur für Medienrecht<br />

von Prof. Dr. Tobias Gostomzyk.<br />

22<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Wissen für unterwegs<br />

Ein idealer Begleiter in der Zeit der Prüfungsvorbereitung<br />

NomosLehrbuch<br />

Taschen-<br />

Definitionen<br />

Zivilrecht | Strafrecht | Öffentliches Recht<br />

5. Auflage<br />

Nomos<br />

Taschen-Definitionen<br />

Zivilrecht | Strafrecht | Öffentliches Recht<br />

5. Auflage 2023, 343 S., brosch., 19,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-7425-8<br />

Der Band versammelt eine Vielzahl von<br />

Definitionen unbestimmter Rechtsbegriffe<br />

aus den verschiedensten Rechtsgebieten.<br />

Mit den „Definitionen in der Tasche“ kannst<br />

du dir sofort einen ersten Überblick über<br />

die wichtigsten Begriffe eines Rechtsgebietes<br />

verschaffen, schnell nachschlagen<br />

und für die Prüfung lernen. Die 5. Auflage<br />

wurde grundlegend aktualisiert.


Sophie Victoria Knebel<br />

Mach das, was für dich gut ist<br />

Dr. Sophie Knebel blickt auf ihr <strong>Jur</strong>a-Studium an der Universität Hamburg zurück. Vieles, was damals als Leitsätze für den<br />

Lernerfolg und spätere Karrierechancen vermittelt wurde, würde sie heute hinterfragen. Einzelne Punkte sind hier in ihrer<br />

ganz persönlichen 10 Fakten-Checkliste nachzulesen.<br />

...<br />

© Privat<br />

Während des <strong>Jur</strong>astudiums hagelt es von allen Seiten<br />

vielfach gut gemeinte Ratschläge: „Lehrbuch XY ist das<br />

Examensschmankerl schlechthin – dieses sollte dringend<br />

erworben werden“; „Der Freischuss nach neun Semestern<br />

sollte zwingend wahrgenommen werden.“; „Ein zahlungspflichtiges<br />

Repetitorium ist Voraussetzung für gute Examensergebnisse“.<br />

Wie immer im Leben lautet die Devise<br />

jedoch: „Alles kann, nichts muss“ – ganz individuell und<br />

abhängig vom eigenen (Lern-)Typ. Denn am Ende des Studiums<br />

schreibt man selbst die eigenen Examensklausuren.<br />

Gelassenheit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten<br />

bleiben bei all den gut gemeinten Empfehlungen leider oft<br />

auf der Strecke. Sie sind ein wesentlicher Schlüssel zum<br />

Lernerfolg. Und das letzte Quäntchen zum Erfolg ist und<br />

bleibt auch ein bisschen Glück. Obgleich jeder die eigene<br />

Herangehensweise ganz individuell bestimmen sollte, soll<br />

die folgende, ganz persönliche, ex-post-10-Fakten-Checkliste<br />

dazu anregen, gefühlte Wahrheiten des <strong>Jur</strong>astudiums<br />

zu hinterfragen:<br />

Der Freischuss ist (k)ein Muss<br />

Der Examenserfolg bestimmt sich nicht danach, ob du<br />

nach neun Semestern den Freischuss schreibst, sondern<br />

danach, wie gut du vorbereitet bist. Bereit fürs Examen<br />

fühlt man sich wohl nie zu 100 Prozent. Manch einen beruhigt<br />

es daher, im Zweifel alles noch einmal wiederholen<br />

zu können und wenigstens die Prüfungssituation schon<br />

einmal durchlebt zu haben. Das sind nachvollziehbare<br />

Gründe; insbesondere, wenn man bedenkt, dass es regelmäßig<br />

eine hohe Erfolgsquote bei den Freiversuchen gibt.<br />

Wenn es dann aber aufgrund mangelnder Vorbereitung<br />

richtig schlecht läuft, muss man nicht nur ein zweites Mal<br />

zur Prüfung antreten, sondern trägt neben dem Habersack<br />

(vorm. Schönfelder) auch noch das schwere Gepäck eines<br />

nicht bestandenen Versuchs zur nächsten Prüfung. Also<br />

warum nicht lieber gleich ein bisschen mehr Zeit für die<br />

Vorbereitung nehmen und dann einmal richtig statt zweimal<br />

halbherzig zur Prüfung antreten?<br />

Lesezeit als knappe Ressource<br />

Du benötigst nicht jede Lektüre, die am Anfang des Studiums<br />

empfohlen wird. Denn so viel lesen kann kein Mensch.<br />

Auch hier hängt es davon ab, welcher Lerntyp du bist und<br />

was du brauchst – viel Hintergrundwissen (Lehrbuch), alles<br />

kurz und knapp (Skript) oder die Übung am Fall. Hier kann<br />

auch gelten: Die Mischung macht’s und es kann durchaus<br />

eine Varianz von Rechtsbereich zu Rechtsbereich geben.<br />

Wichtig ist herauszufinden, was für dich gut funktioniert.<br />

Viele Universitäten bieten Veranstaltungen zu Selbstorganisation<br />

und Lernstrategien an, bei denen du verschiedene<br />

Konzepte kennenlernst und die für dich optimale Herangehensweise<br />

herausfinden kannst.<br />

24<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Arbeit am Fall ist das A und O fürs Examen<br />

Die Vorbereitung der praktischen Prüfungssituation ist für<br />

den Examenserfolg meines Erachtens wichtiger als das Auswendiglernen<br />

von Fakten und Schemata. Durch die praktische<br />

Fallbearbeitung, etwa im Rahmen des Probeexamens,<br />

kommst du der tatsächlichen Examenssituation am nächsten.<br />

Denn die besten Ideen nützen nichts, wenn man sie<br />

nicht in der geforderten Zeit und entsprechenden Form zu<br />

Papier bringen kann. Überdies lernst du durch die Arbeit am<br />

Fall, juristische Probleme anhand konkreter Sachverhalte zu<br />

verstehen und dein Zeitmanagement zu optimieren.<br />

<strong>Jur</strong>a setzt auf Sprache<br />

Eine klare, deutliche, strukturierte und vor allem grammatikalisch<br />

korrekte Sprache hilft dabei, eine schlüssige und<br />

stringente Argumentation im Gutachtenstil zu verfassen.<br />

Im <strong>Jur</strong>astudium ist sie unabdingbar für eine gute Fallbearbeitung.<br />

Daher solltest du dir, soweit du über die Aufnahme<br />

eines <strong>Jur</strong>astudiums nachdenkst, bewusst machen,<br />

dass es bei <strong>Jur</strong>a um Sprache geht und dass es kaum einen<br />

Studiengang gibt, in dem so viele Klausuren (die bis vor<br />

kurzem weitestgehend nur handschriftlich verfasst werden<br />

durften) und Hausarbeiten mit Massen an Zeichen<br />

und Seiten geschrieben werden müssen. Schreiben sollte<br />

dir daher zumindest ein bisschen Spaß machen und ohne<br />

größere Rechtschreibfehler gelingen. Die Korrektoren werden<br />

es mit einer wohlwollenden Benotung danken.<br />

Ein juristischer Nebenjob hilft beim Blick<br />

über den Tellerrand<br />

Der erste Studentenjob ermöglicht dir nicht nur einen guten<br />

Nebenverdienst, sondern auch, das theoretisch Gelernte<br />

zum ersten Mal in der echten Praxis – also über die <strong>Jur</strong>a-Bibliothek<br />

und den Hörsaal hinaus – anzuwenden und<br />

ein Gefühl dafür zu erlangen, was nach dem Studium auf<br />

dich wartet. Auch kannst du dich persönlich weiterentwickeln<br />

und Fertigkeiten außerhalb des Lern-, aber innerhalb<br />

des <strong>Jur</strong>istenalltags entwickeln.<br />

Ein Sprachkurs schadet nie<br />

Ein <strong>Jur</strong>a-Englisch-Kurs fördert nicht nur den Auslandsaufenthalt,<br />

sondern auch das juristische Englisch-Grundvokabular,<br />

welches in heutigen Zeiten – vielleicht außer bei<br />

Gericht und Staatsanwaltschaft – wichtiger denn je ist. So<br />

wird auch die Schwelle zur englischen Kommunikation im<br />

Arbeitsalltag gefördert und der Berufseinstieg in international<br />

vernetzte Unternehmen und Kanzleien erleichtert.<br />

Der Job im Unternehmen ist eine<br />

gute Alternative<br />

Richter und Staatsanwalt sind spannende und abwechslungsreiche<br />

Berufe. Sie sind jedoch nicht die einzigen juristischen<br />

Berufe, die vielfältig und reizvoll sind. Auch als Syndikusrechtsanwältin<br />

kannst du theoretisch mit Polizei und<br />

Staatsanwalt in spannenden Ermittlungsverfahren in Kontakt<br />

sein – nur eben von der „anderen“ Seite. Anders als ein<br />

klassischer Rechtsanwalt musst du jedoch, obgleich du<br />

deine Wochenarbeitszeit erreichen musst, keine abrechenbaren<br />

Stunden nachweisen und stehst damit deutlich weniger<br />

unter wirtschaftlichem Leistungsdruck. Gleichzeitig<br />

berätst du deinen Arbeitgeber weitestgehend unabhängig<br />

und bekleidest eine wichtige Position, die auch zum wirtschaftlichen<br />

Erfolg deines Unternehmens beiträgt.<br />

Weniger ist mehr<br />

Ganze Tage in der „Bib.“ können zermürbend sein. Vier Stunden<br />

effektives Lernen sind meines Erachtens effektiver als<br />

zwölf Stunden in der „Bib.“, um dort ob der Menge des Stoffes<br />

zu verzweifeln oder mangels Konzentrationsfähigkeit<br />

den halben Tag zu prokrastinieren. Bestimme vorab dein<br />

tägliches Lernziel und versuche, dir weiterhin Zeit für Familie,<br />

Freunde oder Hobbys einzuplanen. Es nützt dir nichts,<br />

wenn du zum Examen völlig ausgebrannt bist.<br />

„Rep.“ – eine Frage des Lerntyps<br />

Für den einen ist das „Rep.“ vor allem beruhigend, weil der<br />

geforderte Lernstoff vorsortiert und gefiltert wird, wobei<br />

häufig eine Art Heilsversprechen in Bezug auf die Examensrelevanz<br />

der vermittelten Inhalte gegeben wird. Aber du<br />

brauchst nicht auch noch jeden Wochenend-Crash-Kurs für<br />

den Erfolg. Und es gilt auch: Jemand, der gut strukturiert<br />

ist, schafft das Examen auch ohne Repetitorium. Dabei stellt<br />

bereits die eigenständige Aufarbeitung und Strukturierung<br />

des Examensstoffes einen Teil der Prüfungsvorbereitung<br />

dar, weil man sich schon dort mit dem Examen und dessen<br />

Anforderungen beschäftigt. Allerdings muss gerade am Anfang<br />

der Examensvorbereitung ein höherer Zeitaufwand<br />

einkalkuliert werden, sodass diese Art der Prüfungsvorbereitung<br />

wohl überlegt sein sollte. Für diejenigen, die nicht<br />

auf angeleitete Wiederholung verzichten wollen, jedoch die<br />

Kosten eines bezahlten Repetitoriums scheuen, gibt es mittlerweile<br />

zahlreiche Examenskurse an den jeweiligen Fakultäten,<br />

sodass das erfolgreiche Staatsexamen wenigstens<br />

keine Frage des Geldbeutels ist.<br />

Mach das, was für dich gut ist und nicht,<br />

was andere dir einreden<br />

Jeder ist anders. Wie in Alltag und Freizeit so auch im<br />

Studium. Wichtig ist, offen gegenüber Anregungen und<br />

Empfehlungen zu bleiben, ohne jedoch gleich jede überkommene<br />

Herangehensweise für eine unumstößliche<br />

Wahrheit zu halten.<br />

Zur Person<br />

Dr. Sophie Victoria Knebel hat das Erste und Zweite Staatsexamen<br />

in Hamburg absolviert und auch an der Universität<br />

Hamburg zur Grundrechtsbindung sozialer Netz werke<br />

promoviert. Heute ist sie Syndikusrechtsanwältin bei der<br />

ParshipMeetHolding GmbH. Sie ist Fachanwältin für Informationstechnologierecht.<br />

Der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit<br />

liegt im Datenschutzrecht. Sie ist zudem vom TÜV Nord<br />

nach ISO 27001 als Information Security Officer zertifiziert.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 25


Schnittstellen und<br />

Herausforderungen<br />

im Blick<br />

NomosLehrbuch<br />

Martini | Möslein | Rostalski<br />

Recht der<br />

Digitalisierung<br />

Recht der Digitalisierung<br />

Von Prof. Dr. Mario Martini, Prof. Dr. Florian Möslein, LL.M.<br />

(London) und Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski<br />

<strong>2024</strong>, 356 S., brosch., 28,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-8092-1<br />

E-Book 978-3-7489-2510-1<br />

(NomosLehrbuch)<br />

Die Digitalisierung hinterlässt ihre Spuren im Recht, etwa in der<br />

Vertragsgestaltung, bei Fragen der Strafzumessung oder im Verwaltungshandeln<br />

und ist damit Gegenstand der juristischen Ausbildung.<br />

Ausgehend von einer begrifflichen Klärung erörtert das<br />

Lehrbuch anhand der drei großen Hauptrechtsgebiete (Öffentliches<br />

Recht, Zivilrecht und Strafrecht) die Schnittstellen, an denen Recht<br />

und Digitalisierung sich treffen, etwa<br />

■ Grundrechte mit Digitalisierungsbezug<br />

■ Fragen des Datenschutzes<br />

■ Digitalisierung des Verwaltungshandelns<br />

■ Automatisierter Vertragsschluss<br />

■ Digitale Inhalte und (Rechts-)Dienstleistungen<br />

■ Eigentum an Daten und digitalen Token<br />

■ Strafrechtlicher Schuldbegriff und Straftatenahndung.<br />

Zahlreiche Beispiele sowie Wiederholungs- und Vertiefungsfragen<br />

am Ende eines jeden Kapitels erleichtern das Verständnis.<br />

Nomos<br />

eLibrary<br />

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Bernhard Etzkorn<br />

Orientierung auf dem Schienennetz<br />

des Rechts<br />

Bernhard Etzkorn studierte <strong>Jur</strong>a an der Universität Bonn. Heute arbeitet er als Rechtsanwalt. Für ihn ist die wichtigste<br />

Frage, wie man aus der Ungewissheit des Studiums zu mehr Sicherheit gelangt. Hierzu gibt er einige Tipps. Sein vielleicht<br />

wichtigster: Sich nicht zu verzetteln, sondern auf das Grundsätzliche zu konzentrieren.<br />

© Roland Goseberg<br />

...<br />

Was hätte ich gerne früher über das <strong>Jur</strong>a-Studium gewusst?<br />

Als ich mir Gedanken machte, wie meine Antwort(en)<br />

auf die Frage ausfallen könnte(n), kam mir in der<br />

Vorbereitung zunächst auffällig mehr als einmal spontan<br />

„alles“ in den Sinn. Ich hätte gerne „alles“ über das <strong>Jur</strong>a-<br />

Studium gewusst, was ich heute glaube zu wissen. Wie<br />

man es angeht, wie man es durchzieht, auf was man Wert<br />

legen sollte, worauf es ankommt, wie man Erfolg hat. Ich<br />

hätte gerne „alles“ vorher gewusst und hätte mir dadurch<br />

sicher einiges an Verunsicherung, Angst und Frustration<br />

ersparen oder zumindest abmildern oder besser einordnen<br />

und damit umgehen können.<br />

Auffallend war, dass die Einsichten erst mit der Zeit kamen,<br />

lange nach Beendigung des Studiums und mit zunehmender<br />

Erfahrung und Sicherheit bis in die heutige Zeit, in der<br />

ich selbst Referendar:innen ausbilde, geradezu zu „reifen“<br />

scheinen.<br />

Zu einer dieser Einsichten gehört, dass ich das <strong>Jur</strong>a-Studium<br />

für ein Studium mit hohem Frustrationspotenzial halte:<br />

Man hat wenig bis gar keine Erfolgserlebnisse und selbst<br />

wenn, ist das keine Sicherheit, beim nächsten Mal auch<br />

nur ein „ausreichend“ zu schaffen. So begleitet einen permanent<br />

die Angst: zu wenig zu wissen, zu wenig zu können,<br />

noch mehr leisten zu müssen, um nur gerade eben<br />

den Anschluss zu halten.<br />

Am <strong>Jur</strong>a-Studium und dessen Aufbau kann man nichts<br />

ändern – wohl aber den eigenen Umgang damit! Und darin<br />

liegt für mich der Schlüssel zur Gelassenheit und zum<br />

insistierenden Glauben an den eigenen Erfolg. Was gehört<br />

nach meiner Erfahrung dazu?<br />

Verstehe erst das System<br />

Einer meiner Repetitoren sagte mal zu mir: „Zivilrechtsfälle<br />

lösen ist wie Straßenbahnfahren“. Der Mann lag und<br />

liegt mit diesem Vergleich erstaunlich richtig. Wenn man<br />

alle Anspruchsgrundlagen kennt, weiß, was sie bedeuten,<br />

alle Einwendungen und Einreden, das System des Zivilrechts<br />

kennt und immer wieder übt, die Tatbestandsvoraussetzungen<br />

der Vorschriften zu lesen, zu zerbröseln und<br />

zu subsumieren (dafür muss man die Definitionen freilich<br />

auswendig können), dann kann selbst bei dem unbekanntesten<br />

oder unliebsamsten Fall, den man aufgetischt bekommt,<br />

nicht viel passieren: Weil man weiß, wo man sich<br />

auf dem „Schienennetz“ des Zivilrechts befindet und wo<br />

man also aussteigen und umsteigen muss. Anders gesagt:<br />

Wer alle Haltestellen kennt und weiß, wie man dahin<br />

kommt, muss nicht wissen, wie die ganze Stadt, jedes<br />

Haus im Detail im Inneren aussieht.<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 27


Noch Zweifel? Dann ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Ihnen<br />

wird während Sie dies lesen Ihr Fahrrad unten vor dem<br />

Haus gestohlen. Sie haben zweifellos Anspruch gegen den<br />

Dieb auf Herausgabe. Auf wie viele zu prüfende Anspruchsgrundlagen<br />

kommen Sie? Die Lösung gibt es unten.<br />

Weg vom Detailwissen<br />

Bevor man sich in Theorienstreitigkeiten verliert, die man<br />

teilweise nicht nachvollziehen kann, reihenweise Aufsätze<br />

zu einem (!) entfernten Problem liest, um diesen „gordischen<br />

Knoten“ lösen zu wollen; sich also etwa den Kopf<br />

darüber zerbricht, ob nun die Risikoerhöhungslehre im<br />

Strafrecht tatsächlich aus konkreten Erfolgsdelikten abstrakte<br />

Gefährdungsdelikte macht oder nicht: Lernen Sie<br />

zuerst zu jeder Vorschrift den TYPISCHEN (Grund-)Fall, den<br />

Fall, den diese Vorschrift regeln will, wofür sie also steht<br />

– und merken sie sich diesen Fall als Paradebeispiel für<br />

diese Vorschrift.<br />

Wenn Sie die Grundfälle kennen, erkennen Sie auch die<br />

Fälle, die anders sind, also Abweichungen haben, etwas<br />

„neben der Normalspur“ liegen und: Sie wissen dann auch<br />

wieso, wo die Unterschiede liegen und können vergleichen.<br />

Sind Sie erst bis dahin gekommen (ohne Fehler), sind<br />

Sie bereits bei der Kür, das heißt im Prädikatsbereich.<br />

In einem anschließenden Vertiefungskurs wiederholen Sie<br />

alles systematisch und erst dann schauen Sie sich die Spezialprobleme<br />

an, die Sie übrigens ohne die Grundkenntnisse<br />

gar nicht richtig erfassen, einordnen und verstehen<br />

können. Das ist auch ein Hauptkritikpunkt, den ich aus<br />

meiner Studienzeit in Erinnerung habe: Seit dem ersten<br />

Semester hat man „Problemfälle“ besprochen und gewälzt,<br />

um diese zu lösen, ohne dass die Mehrheit der Studierenden<br />

in der Lage gewesen wäre, einen der unproblematischen<br />

Fälle fehlerfrei zu lösen. Wenn man so lernt,<br />

verwundert es nicht, wenn man auch im 10. Semester den<br />

Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.<br />

In unserem Beispiel von eben – Ihr Fahrrad wird gerade<br />

gestohlen! – heißt dies: Sollten Sie in diesem Fall, der kein<br />

einziges Problem aufweist, schon alle Anspruchsgrundlagen<br />

nicht finden, dann wird es schwer, auch die einfachsten<br />

Klausuren gut zu lösen.<br />

Schreiben Sie viele Klausuren<br />

Alles, was Sie sich an Grundkenntnissen angeeignet haben,<br />

beherrschen und auswendig können, müssen Sie<br />

nicht nur richtig anwenden, sondern auch schnell richtig<br />

anwenden können. Sie müssen Ihre PS „auf die Straße“<br />

bringen – nicht auf Langstrecke, sondern im Sprint. Sie<br />

haben beim Klausurenschreiben einfach wenig Zeit. So<br />

stehen Sie unter dem Stress, sich schnell entscheiden zu<br />

müssen. Gerade das will geübt sein. Damit ist nicht gemeint,<br />

dass Sie Ihr angeeignetes Wissen schnell reproduzieren<br />

können sollen. Hüten Sie sich davor, Ihr Wissen<br />

einfach zu reproduzieren. Sie sollen es anwenden. Denn<br />

selbst wenn ein Fall kommt, den Sie vermeintlich schon<br />

kennen – eine Kleinigkeit ist doch oft anders als der „gelernte“<br />

Fall und die ganze Klausur löst einen Fall, der gar<br />

nicht gestellt war.<br />

Hören Sie vielen mündlichen Prüfungen zu<br />

Es ist eigentlich eine Binsenweisheit, aber es wird uneigentlich<br />

wohl zu selten klar ausgesprochen: Sie bereiten<br />

sich auf das vor, was Sie im Examen machen müssen. Das<br />

ist neben dem Klausuren schreiben eine mündliche Prüfung<br />

zu bewältigen. Also üben Sie beides – und zwar so oft<br />

es geht.<br />

Begreifen Sie die mündliche Prüfung wie ein „Gespräch<br />

unter Kollegen“. Denn Sie sind ja schon nach dem erfolgreich<br />

absolvierten Klausurenteil nur wenige Augenblicke<br />

davon entfernt, zum Kreis derjenigen zu gehören, die Sie<br />

prüfen. Sie dürfen daher selbstbewusst Ihre Persönlichkeit<br />

präsentieren und „laut denken“, wenn Sie den gestellten<br />

Fall weiterentwickeln.<br />

Es schadet nicht, früh zu wissen, was man will<br />

Machen Sie sich Gedanken, in welche Richtung es später<br />

gehen soll. Was macht Ihnen Spaß? Was reizt Sie? Im Unternehmen<br />

zu arbeiten, in einer kleinen Spezialkanzlei, bei<br />

der Staatsanwaltschaft, im Ausland, der Universität oder<br />

woanders? Dann probieren Sie sich am besten ab dem<br />

ersten Semester aus! Jobben Sie nebenbei dort, wo sie<br />

später arbeiten möchten. Sie lernen nicht nur stetig dazu.<br />

Auch das Netzwerk, dass Sie dabei knüpfen, kann Ihnen<br />

Perspektiven eröffnen – und vielleicht sogar einen Weg<br />

heraus aus dem Frustrationsstrudel des <strong>Jur</strong>a-Studiums<br />

ebnen. Auch die Studienzeit ist Lebenszeit, die sie selbstbewusst<br />

und gelassen erleben sollten.<br />

Zuletzt schulde ich noch die Antwort, wie viele Anspruchsgrundlagen<br />

in unserem sehr einfachen Fall zum Fahrraddiebstahl<br />

zu prüfen sind. Es sind zehn. Wie viele hiervon<br />

wussten Sie?<br />

Zur Person<br />

Bernhard Etzkorn, LL.M., ist als Fachanwalt für Erb- und<br />

Verkehrsrecht Partner der BRE Burkard Rechtsanwälte.<br />

Nach seinem Diplom als Finanzwirt studierte er Rechtswissenschaften<br />

an der Universität Bonn. Seinen LL.M. erwarb<br />

er im Studiengang Informationsrecht an der Universität<br />

Düsseldorf. Vor seiner heutigen Tätigkeit arbeitete er<br />

in einer Kölner Wirtschaftskanzlei und in der Rechtsabteilung<br />

des Hessischen Rundfunks.<br />

28<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>


Die Stunde<br />

des Grundgesetzes<br />

NomosKommentar<br />

Hömig | Wolff<br />

Grundgesetz<br />

für die Bundesrepublik Deutschland<br />

Handkommentar<br />

13. Auflage<br />

Grundgesetz für die<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Handkommentar<br />

Begründet von Dr. Karl-Heinz Seifert und Dr. Dieter Hömig<br />

Bis zur 11. Auflage mitherausgegeben von RiBVerfG a.D. Dr. Dieter<br />

Hömig und bis zur 13. Auflage Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff<br />

13. Auflage 2022, 1.038 S., geb., 39,– €<br />

ISBN 978-3-8487-7930-7<br />

Grundgesetz ist Trumpf<br />

Pandemie, Klimanotstand, Mietendeckel oder Kinderrechte: Wie<br />

selten zuvor ist die Bedeutung des Grundgesetzes in unser<br />

Bewusstsein gedrungen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

prägt die Diskussionen.<br />

Der Handkommentar zum GG<br />

steht wie kein anderer für eine aktuelle, an der Verfassungspraxis<br />

ausgerichtete handhabbare Erläuterung des Grundgesetzes. Er ist<br />

für Studierende, Anwalt- und Richterschaft sowie die Verwaltung,<br />

aber auch für politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger die<br />

verlässliche Informationsquelle.<br />

Topaktuell<br />

Die 13. Auflage berücksichtigt<br />

■ alle durch die Pandemie aufgeworfenen Fragen (Bundesnotbremse,<br />

Triage, Förderhilfen, Länderkompetenzen)<br />

■ die jüngsten Änderungen des Grundgesetzes (Umsetzung des<br />

Digitalpaktes, Grundsteuerreform, Förderhilfen wegen Corona).<br />

Eingearbeitet sind alle wichtigen neuen BVerfG-Entscheidungen:<br />

■ Klimaschutzgesetz<br />

■ Berliner Mietendeckel<br />

■ Sterbehilfe<br />

■ Recht auf Vergessen I und II<br />

■ Sanktionssystem bei Hartz IV<br />

■ Rundfunkbeitrag<br />

■ BND-Überwachung im Ausland<br />

■ Bestandsdatenauskunft<br />

■ Äußerungsrecht von Regierungsmitgliedern<br />

■ Streikverbot für Beamte<br />

■ Verletzung der Integrationsschranken durch die Anleihekäufe<br />

der EZB<br />

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Ein Klassiker des<br />

Europarechts<br />

Waldemar Hummer | Christoph Vedder | Stefan Lorenzmeier<br />

Europarecht in Fällen<br />

Die Rechtsprechung des EuGH, des EuG und<br />

deutscher und österreichischer Gerichte<br />

8. Auflage<br />

Helbing<br />

Lichtenhahn<br />

Europarecht in Fällen<br />

Die Rechtsprechung des EuGH, des EuG und<br />

deutscher und österreichischer Gerichte<br />

Von Prof. Dr. Dr. Dr. Waldemar Hummer, Prof. Dr. Christoph<br />

Vedder und Dr. Stefan Lorenzmeier, LL.M.<br />

8. Auflage <strong>2024</strong>, ca. 900 S., brosch., ca. 39,90 €<br />

ISBN 978-3-8487-7324-4<br />

E-Book 978-3-7489-1332-0<br />

Erscheint ca. April <strong>2024</strong><br />

60 Jahre nach Van Gend & Loos und 70 Jahre nach der ersten<br />

Rechtssache 1/53, Verband deutscher Reeder, arbeitet die nunmehr<br />

8. Auflage eine Fülle an neuen Entscheidungen ein. Schwerpunkte<br />

ergeben sich in den Bereichen<br />

■ Klimawandel<br />

■ Rechtsstaat<br />

■ Verhältnis EU – Mitgliedstaaten bzgl. der Letztentscheidungskompetenz.<br />

Das Buch für alle Fälle<br />

Student:innen arbeiten während ihres gesamten Studiums mit<br />

dem Fall- und zugleich Lehrbuch. Referendar:innen frischen mit<br />

diesem Werk ihr Wissen auf. Praktiker:innen in Anwaltschaft, Justiz<br />

und Verwaltung erhalten ein komplettes Nachschlagewerk zu<br />

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Stimmen zu den Vorauflagen<br />

»Die gegenständliche Fallsammlung, die sich auf dem Stand von<br />

Juni 2019 befindet, stellt nicht nur eine der aktuellsten und umfangreichsten<br />

Judikatursammlungen der supranationalen Gerichte<br />

im Schoß der Europäischen Gemeinschaft bzw. der Europäischen<br />

Union dar, sondern bietet in ihrer akribischen Darstellung und<br />

Aufbereitung der einzelnen Rechtssachen eine wahrhaft unerschöpfliche<br />

Fundgrube an juristischen Erkenntnissen, ohne die das<br />

Europarecht in seiner gesamten rechtsdogmatischen Dimension<br />

nicht mehr verstanden werden kann.<br />

Prof. Dr. Gerhard Köbler, wiki.koeblergerhard.de Februar 2020<br />

Pflichtlektüre RiVerwG Daniel Gräsel, VBlBW 2016, 352<br />

führendes Referenzwerk zum europarechtlichen Case Law… Die in<br />

dieser Form einzigartige Dokumentation erleichtert die Arbeit mit<br />

dem Europarecht. RA Ralf Hansen, juralit.com Dezember 2015«<br />

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Wilfried Boms<br />

Sorgfalt bei der Planung und<br />

Offenheit für Unerwartetes<br />

Dr. Wilfried Boms, heute Leiter der Rechtsabteilung eines mittelständischen Telekommunikationsunternehmens, studierte<br />

vor fast 40 Jahren an der JLU Gießen. In diesem Beitrag blickt er auf seine Berufslaufbahn zurück, um sich dann die<br />

Frage zu stellen: Was hätte ich anders gemacht? Einige Tipps sind dabei bis heute allgemeingültig, andere dem Wandel<br />

der rechtlichen Herausforderungen geschuldet.<br />

© Privat<br />

Als die Frage an mich herangetragen wurde, ob ich mir<br />

vorstellen könne, aus der Retrospektive zu berichten, was<br />

ich in Studium oder Referendariat anders gemacht hätte,<br />

war meine erste Reaktion: „Was soll es für einen Mehrwert<br />

haben, heute über ein fast 40 Jahre zurückliegendes Studium<br />

zu berichten?“ Die Welt hat sich extrem verändert,<br />

die (Informations-) Möglichkeiten sind exponentiell gestiegen.<br />

Dennoch dürften die grundsätzlichen Fragestellungen<br />

auch heute noch ähnlich sein.<br />

Recht in der Praxis<br />

Während im Studium selbst nur eine sehr rudimentäre<br />

„Spezialisierung“ erfolgen konnte, hat die Ausbildung im<br />

Referendariat die Zeichen hin zur verantwortlichen Rechtsberatung<br />

gesetzt. Die ursprüngliche Tätigkeit in einer alteingesessenen<br />

Kanzlei in einer kleinen Kreisstadt verlangte<br />

seinerzeit nicht nach einer ausdrücklichen Spezialisierung.<br />

Vielmehr war der Allrounder gefragt. Gerade die jungen<br />

Anwält:innen waren gefordert, die eher unbeliebten Fälle<br />

mit entlegeneren Rechtsgebieten zu bearbeiten. Was verschiedentlich<br />

sicher auch als Belastung empfunden wurde,<br />

habe ich als Chance begriffen: Ich konnte mich in spezielle<br />

Rechtsmaterien einarbeiten, dabei die im Studium erlernten<br />

Grundprinzipien anwenden und mich in die Verfahrensordnungen<br />

der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten bis hin<br />

zum Verfassungsgericht einarbeiten. Auf diese Weise wurde<br />

ich schnell sattelfest und verlor die Scheu vor Fällen<br />

außerhalb des Standards. Die anwaltliche Tätigkeit war von<br />

der Beratung als auch der Vertretung geprägt. Mir fehlte<br />

indes das Handeln für mich selbst bzw. für ein Unternehmen,<br />

für das ich selbst Mitverantwortung trug. Daher war<br />

1998 der Weg in die hauptberufliche Syndikustätigkeit für<br />

ein Unternehmen in einer damals neuen Telekommunikationsbranche<br />

gefunden. Hier war das als Anwalt erworbene<br />

breitgestreute Wissen von Vorteil. Auch zur Vermeidung<br />

eines engen Spezialistenwissens habe ich meine Anwaltstätigkeit<br />

daneben weiter ausgeübt. Ausgelöst durch einen<br />

bis zum BGH und nach Zurückverweisung erfolgreich geführten<br />

Rechtsstreit mit Bezug zum Telekommunikationsund<br />

Unionsrecht habe ich meinen Wunsch zur Promotion<br />

erfüllt. Heute leite ich die Rechtsabteilung eines Mutterunternehmens<br />

mit vier Töchtern. Die Tätigkeit umfasst mit<br />

Ausnahme des Steuerrechts alle Rechtsgebiete. Die Angelegenheiten<br />

reichen hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung<br />

von wenigen hundert Euro bis hin zu etlichen<br />

Millionen Euro; neben der überwiegend rechtsberatenden<br />

und rechtsgestaltenden Tätigkeit reichen die gerichtlichen<br />

Verfahren vom Amtsgericht über den BGH und das EuG bis<br />

hin zum EuGH. Was sich nach einem wenngleich nicht aufregenden,<br />

so doch geraden Lebenslauf liest, hätte im Nachhinein<br />

betrachtet zielgerichteter sein können:<br />

Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong> 31


Rückblick auf das Studium<br />

Zunächst hatte ich seinerzeit kaum ernsthafte Möglichkeiten,<br />

mich vor der Aufnahme über das <strong>Jur</strong>astudium ausführlich<br />

zu informieren. Man wusste nur, dass mit den<br />

beiden juristischen Staatsexamina ein breites Feld attraktiver<br />

Berufe offenstand. Ich würde mich heute viel eingehender<br />

nach dem Ablauf, den Inhalten und den beruflichen<br />

Chancen erkundigen.<br />

Gleiches gilt für die Wahl der Universität. Zunächst nicht<br />

glücklich über die Entscheidung der Zentralvergabestelle<br />

für Studienplätze, habe ich zu Beginn des zweiten Semesters<br />

ein Angebot ausgeschlagen, von der JLU Gießen zur<br />

Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität Bonn zu wechseln.<br />

Diese Entscheidung habe ich nie bereut. Sie war getragen<br />

von sehr positiven Eindrücken im ersten Semester:<br />

nahbare (Honorar-) Professor:innen, zu denen auch mehrere<br />

Präsidenten der Bundesgerichte gehörten sowie ein<br />

kollegiales und noch einigermaßen überschaubares Umfeld.<br />

Dies war eher Glückssache denn einer ausreichenden<br />

Information und Abwägung geschuldet. Rückblickend<br />

würde ich mich deutlich näher mit den Vor- und Nachteilen<br />

der in Betracht kommenden Universitäten beschäftigen<br />

und mich erst dann entscheiden.<br />

In den 1980er-Jahren waren Auslandssemester und ein<br />

Wechsel des Studienortes eher selten. Der Blick über den<br />

Tellerrand ist gerade in der juristischen Arbeit der global<br />

vernetzten Welt von besonderem Gewicht. Man darf nicht<br />

im nationalen Recht verharren. Vieles hat internationalen<br />

Bezug und sei es durch das Unionsrecht, das seinerzeit<br />

noch nicht stark ausgeprägt war. Ich würde mich heute für<br />

einen Auslandsaufenthalt und gegebenenfalls auch einen<br />

Studienortwechsel entscheiden.<br />

Im Studium selbst war bei aller Eigenständigkeit doch der<br />

gesetzte Lehrinhalt zu absolvieren. Beim Wahlfach hatte<br />

man einen gewissen Spielraum, der meist nach den eigenen<br />

Vorlieben genutzt wurde. Mir ist das Auswendiglernen<br />

nicht sonderlich schwergefallen. Bei Licht betrachtet habe<br />

ich mich aber zu Beginn des Studiums von der ebenso verbreiteten<br />

wie falschen Meinung in die Irre führen lassen,<br />

<strong>Jur</strong>a sei Auswendiglernen von Paragrafen. Natürlich hat<br />

man Grundlagenfächer belegt. Nur wenigen Professor:innen<br />

ist es gelungen, die Methodik in ihren Vorlesungen<br />

und Arbeitsgemeinschaften transparent darzustellen.<br />

Vielmehr wurde oft entweder sehr abstrakt vorgetragen,<br />

sodass den Studierenden die praktische Bedeutung nur<br />

schwer vermittelt werden konnte oder es wurden Einzelfälle<br />

besprochen, ohne diese wiederum in Bezug zu den<br />

Grundlagen zu stellen. Statt methodisch an die Fälle heranzugehen,<br />

griff man als Studierender daher zu oft auf<br />

den Versuch zurück, sich die Rechtsmeinung etwa des BGH<br />

und einiger Professor:innen zu merken. Auf diese Weise<br />

wird man schnell von der unendlichen Fülle der Rechtsmaterie<br />

erschlagen und fühlt sich auf das erste juristische<br />

Staatsexamen nicht ausreichend vorbereitet. Die Angebote<br />

der Universität waren für eine systematische Auf- und<br />

Vorbereitung nicht ausreichend, also wählte man das<br />

kosten trächtige Repetitorium in Kombination mit eigenorganisierten<br />

kleinen Arbeitsgemeinschaften und bereitete<br />

sich am Ende durch die Berichte über zurückliegende<br />

Prüfungen der eigenen Prüfer:innen abschließend auf die<br />

mündliche Prüfung vor. Müsste ich nochmal beginnen,<br />

würde ich zunächst mein Augenmerk auf die juristischen<br />

Grundlagen legen und versuchen, hiermit den Vorlesungen<br />

etwa im Allgemeinen Teil des BGB oder im allgemeinen<br />

Verwaltungsrecht zu folgen und den Bogen zu den<br />

„echten Fällen“ zu spannen. Ist das System verstanden,<br />

verlieren die Vielfalt der Rechtsmaterie und auch fremde<br />

Rechtsgebiete ihren Schrecken. Zur Verstärkung würde ich<br />

das Studium mit einer Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft<br />

oder in einer Kanzlei verbinden wollen. Das wiederum<br />

hätte voraussichtlich dazu geführt, dass ich – wie üblich<br />

– im zeitlichen Zusammenhang mit dem Studium promoviert<br />

hätte und nicht erst viele Jahre später. Letzteres bereue<br />

ich nicht, zumal mir auch da der Umgang mit den im<br />

Schnitt deutlich jüngeren Doktorrand:innen gefallen hat.<br />

Mein Referendariat, das ich bewusst in meinem Heimatland<br />

Nordrhein-Westfalen absolviert habe, war fast durchgängig<br />

von einem starken Praxisbezug geprägt; die meisten<br />

Ausbilder:innen forderten und förderten zugleich. Das<br />

ist leider nicht der Regelfall. Mit der eigenverantwortlichen,<br />

wenngleich noch überprüften Bearbeitung echter<br />

Fälle gewann man eine Routine und konnte so manchen<br />

„Aha-Effekt“ feststellen, wenn einem die Bedeutung des<br />

Erlernten klar wurde.<br />

Das Fazit<br />

Zusammenfassend kann ich für mich konstatieren, dass ich<br />

jederzeit wieder <strong>Jur</strong>a wählen würde. Ich wäre allerdings informierter.<br />

Heutzutage sind die Informationsmöglichkeiten<br />

sehr detailliert und leicht umzusetzen. Ich kann den Studierenden<br />

nur empfehlen, diese rechtzeitig zu nutzen. Dies gilt<br />

auch für die heute viel einfacher durchführbaren Auslandssemester.<br />

Mein Augenmerk läge auf dem Erlernen der<br />

Grundlagen und des Handwerkzeugs, gefolgt von der praktischen<br />

Anwendung. Ich möchte aber auch Mut machen:<br />

Man muss nicht alles im Vorfeld prüfen und am Anfang<br />

schon wissen, welche Richtung man später wählt. Man<br />

muss nicht alles perfekt machen und darf sich auch mal<br />

vom Gefühl leiten lassen. Lassen Sie sich nicht entmutigen!<br />

Zur Person<br />

Rechtsanwalt Dr. Wilfried Boms studierte <strong>Jur</strong>a in Gießen<br />

und absolvierte sein Referendariat am Landgericht Aachen.<br />

Er arbeitete von 1990 bis 1998 zunächst als Rechtsanwalt.<br />

Mitte 1998 wechselte er als Syndikusrechtsanwalt in die<br />

Telekommunikationsbranche, die zu dieser Zeit für den<br />

Wettbewerb geöffnet worden war. Die freiberufliche Anwaltstätigkeit<br />

übt er weiterhin aus. Er leitet seit einigen<br />

Jahren die Rechtsabteilung der Muttergesellschaft seiner<br />

ursprünglichen Arbeitgeberin und ist insoweit auch für vier<br />

Tochtergesellschaften verantwortlich. Die Promotion an der<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen erfolgte berufsbegleitend.<br />

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Nomos <strong>STUD</strong>.<strong>Jur</strong>. 1 | <strong>2024</strong>

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