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Beschaffung aktuell 09.2022

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» MANAGEMENT<br />

Die smarte Fabrik richtig absichern<br />

„Hallo, Herr Kaiser“<br />

im digitalen Zeitalter<br />

Die Industrie wird immer digitaler und vernetzter,<br />

doch die Versicherungspolicen stammen zum Teil<br />

noch aus dem letzten Jahrhundert. Ein zeitgemäßer<br />

Versicherungs schutz setzt verstärkt auf Beratung und<br />

Prävention und nutzt dabei modernste Technik.<br />

Kunden damit ganz neue Services anbieten.“<br />

Konkret können etwa Brandschutzsysteme,<br />

Einbruchmeldetechnik, Stromversorgungsdetektoren<br />

und Temperaturmesser<br />

digital in ein umfassendes Schutzkonzept<br />

eingebunden werden. „Kombiniert<br />

mit automatisierten Meldeketten<br />

sowie mit datenbasierten Analysen wird<br />

das Risikomanagement damit optimiert“,<br />

so Brenner. Versicherer und Industrie<br />

könnten aus den angefallenen Daten<br />

wichtige Erkenntnisse ziehen, müssten<br />

dazu aber die Daten teilen und dazu neue<br />

Formen der Zusammenarbeit finden.<br />

Einst sorgte der freundliche Herr<br />

Kaiser für das gute Gefühl, richtig<br />

versichert zu sein. Der vertrauenserweckende<br />

Versicherungsfachmann, mit dem<br />

die Hamburg-Mannheimer seit 1972<br />

jahrzehntelang im Fernsehen warb, war<br />

überall präsent, allzeit ansprechbar und<br />

der Garant für ein sorgenfreies Leben.<br />

50 Jahre später könnte sich die Rolle des<br />

Versicherers wieder Herrn Kaiser annähern:<br />

hin zum Partner der Versicherten,<br />

zum Präventionsberater und zum Risikomanager.<br />

Denn die Schäden, die in der<br />

vernetzten 4.0-Welt drohen, können so<br />

massiv sein, dass man sie besser vermeidet<br />

als reguliert. Wenn die smarte Fabrik<br />

oder das intelligente Logistikzentrum<br />

stillsteht – etwa durch einen Cyber-Angriff<br />

–, können durch digitale Kettenreaktionen<br />

Großschäden entstehen, weil alles<br />

vernetzt ist und sich die Schäden entlang<br />

der Liefer- und Wertschöpfungsketten<br />

weiterfressen.<br />

Anja Falkenstein,<br />

Rechtsanwältin,<br />

Karlsruhe<br />

„Der störungsfreie Betriebsablauf ist von<br />

größter Bedeutung zur Sicherstellung effizienter<br />

Prozesse“, sagt Dr. Verena Brenner,<br />

Geschäftsführerin der HDI TH!NX<br />

GmbH, einer Tochtergesellschaft der<br />

HDI-Versicherungsgruppe. „Viel stärker<br />

steht dadurch die Schadensprävention<br />

im Vordergrund.“ In der smarten Fabrik<br />

kommunizieren die Maschinen und Geräte<br />

miteinander und steuern sich selbst.<br />

Produktion, Lagerhaltung und Materialfluss<br />

sind hoch automatisiert. Zwar sorgt<br />

ein immer besseres Qualitäts- und Risikomanagement<br />

im Industrie-4.0-Zeitalter<br />

für weniger Bedienungsfehler und<br />

Bagatellschäden, und die Maschinen<br />

machen ihre Arbeit zuverlässiger als der<br />

Unsicherheitsfaktor Mensch. Expertin<br />

Brenner aber warnt: „Durch die Digitalisierung<br />

der Fabrik, aber auch der Produkte<br />

wachsen Hardware und Software immer<br />

stärker zusammen, sodass sich ganz<br />

neue Schadensszenarien und -ursachen<br />

ergeben und die Risikobeurteilung<br />

schwerer fällt.“<br />

Versicherer setzen auf<br />

modernste Technik<br />

Smarte Versicherungslösungen setzen<br />

heute Tools, Apps und Sensoren ein, um<br />

den Versicherungsfall gar nicht erst eintreten<br />

zu lassen. „Durch die Einbindung<br />

von Sensorik in digitale Risikomanagement-Tools<br />

ist es zum Beispiel möglich,<br />

potenzielle Störungen frühzeitig zu erkennen<br />

und zu beheben“, erläutert Verena<br />

Brenner. „Versicherer können mit ihrer Expertise<br />

solche Tools entwickeln und dem<br />

Zeitgemäße Absicherung<br />

auch für die IT<br />

Wer für den Versicherungsschutz im Betrieb<br />

verantwortlich ist, sollte überprüfen,<br />

ob die Versicherungspolicen noch mit dem<br />

Grad der Automatisierung mithalten können.<br />

So alt wie Herr Kaiser ist nämlich zum<br />

Teil noch der Versicherungsschutz mancher<br />

Unternehmen. Ob Stillhalten hier der<br />

richtige Weg ist, darf bezweifelt werden.<br />

„Ältere Versicherungsverträge könnten auf<br />

der einen Seite vorteilhaft sein, weil sie<br />

bestimmte Szenarien vielleicht noch nicht<br />

ausschließen“, sagt Expertin Brenner mit<br />

Blick auf diejenigen Haftungsausschlüsse,<br />

die <strong>aktuell</strong> üblich sind. „Sie können aber<br />

auch nachteilig sein, weil sie bestimmte<br />

Szenarien nicht einschließen.“<br />

Etwa das Horrorszenario Cyber-Angriff.<br />

Die „klassische“ Sachversicherung deckt<br />

das Risiko von Cyber-Schäden nur unzureichend<br />

ab. Denn Sie ersetzt nur Sachschäden<br />

mit materiellen Substanzverletzungen,<br />

wenn etwa eine Sache beschädigt<br />

oder zerstört wird – was bei Phishing-Mails,<br />

Viren und Ransomware meist<br />

nicht der Fall ist oder zumindest nicht<br />

den Großschaden ausmacht. Die immateriellen<br />

Schäden, etwa ein Produktionsausfall<br />

oder ein hohes Bußgeld wegen einer<br />

Datenpanne, fallen nicht unter die<br />

Sachversicherungs-Police. Und selbst<br />

wenn eine Anlage durch virtuelle Sabotage<br />

beschädigt und außer Funktion gesetzt<br />

wird: Digitale Schadensursachen lässt die<br />

Sachversicherung meist nicht gelten.<br />

Andere Risiken sind so neu, dass sie von<br />

älteren Verträgen schlichtweg deshalb<br />

nicht erfasst sind, weil es sie noch nicht<br />

26 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 09 | 2022

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