Beschaffung aktuell 09.2022
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» MANAGEMENT<br />
Vorbereitung auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)<br />
Die Zeit drängt! „Kapital wird teurer<br />
für nicht nachhaltige Unternehmen“<br />
In Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern müssen<br />
spätestens zum 1. Januar 2023 ein komplexes Maßnahmenbündel in Sachen LkSG<br />
zünden . Aber: So manchem läuft die Zeit davon. Und nach dem Prinzip „Politik der<br />
kleinen Schritte“ wird nicht selten auf Insellösungen gesetzt. Man könne ja nachlegen,<br />
heißt es. Warum Inseln aber nur für den Urlaub eine schöne Alternative sind, sagt<br />
Heiko Schwarz, CEO bei Riskmethods, im Interview.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Schwarz, wir wissen<br />
ja mittlerweile, dass sich in Sachen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz<br />
die Einkaufsverantwortlichen<br />
den Schuh anziehen müssen. Vielen ist aber<br />
noch immer nicht klar, wie sie die Anforderungen<br />
des Gesetzes bis Ende Dezember stemmen können.<br />
Geht das überhaupt ohne adäquate Software?<br />
Heiko Schwarz: Nein, keine Chance. Das Gesetz<br />
sieht ja keine Limitierung des Anwendungsbereichs<br />
vor, etwa die 100 wichtigsten Lieferanten. Um Konformität<br />
zu erzielen, muss man mindestens alle unmittelbaren<br />
Lieferanten auf<br />
Anforderungen bzw. Faktoren<br />
analysieren, das sind eigener<br />
Einfluss, Gefahrenpotenzial,<br />
eigene Verursachung<br />
oder Verursachung<br />
durch Lieferanten. Wie soll<br />
das ohne Automatisierung,<br />
geschweige denn ohne<br />
kontinuierliche Updates gehen?<br />
Die Wertschöpfung<br />
erfolgt ja durch das erfolgreiche<br />
Management der<br />
Nachhaltigkeit und Ethikstandards in der Lieferkette,<br />
nicht durch das Monitoring allein. Im Einkauf und<br />
Lieferantenmanagement liegen die entscheidenden<br />
Hebel, und dafür gilt es, geeignete Software-Unterstützung<br />
einzusetzen.<br />
»Wer jetzt ausschließlich<br />
die Anforderungen des<br />
LkSG als Anlass nimmt,<br />
ein Risikomanagement<br />
einzuführen, sollte sich<br />
zumindest die Option auf<br />
einen ganzheitlichen<br />
Ansatz bewahren «<br />
Das leuchtet ein. Aber warum setzen viele Unternehmen<br />
und auch Einkaufsorganisationen auf Insellösungen?<br />
Wie muss eine Software generell beschaffen<br />
sein, damit möglichst viele Risiko- und<br />
Compliance-Aspekte auch cross-funktional sichergestellt<br />
werden können? Schließlich müssen ja<br />
auch entsprechende Rollen im Unternehmen eingebunden<br />
werden.<br />
Schwarz: Inseln sind Provisorien. Die halten bekanntlich<br />
nur so lange, bis es zum Ernstfall kommt.<br />
Wichtig ist, den gesamten Prozess im Blick zu haben:<br />
Risiken in der Lieferkette proaktiv identifizieren, Schadensausmaß<br />
bewerten, geeignete Maßnahmen ergreifen,<br />
Versorgung sichern und überdies Compliance einhalten<br />
und die Marke schützen. Wer dafür mehrere<br />
Tools – Inseln – einsetzt, generiert isolierte Informationen,<br />
die in der Regel nicht belastbar zusammengeführt<br />
und analysiert werden können. Das ist kontraproduktiv,<br />
insbesondere im Hinblick auf das LkSG. Anwenderfreundlichkeit<br />
und pragmatische professionelle<br />
Lösungen sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren. Alle<br />
einzubindenden Mitarbeiter müssen den Prozess leben.<br />
Nur dann kann sich der gewünschte Mehrwert<br />
entfalten. Ansonsten bleibt das Ganze eine weitere<br />
kostspielige und aufwendige Compliance-Übung.<br />
Es reicht also sicher nicht, bei Lieferanten lediglich<br />
Informationen zur LkSG-Compliance zu erheben,<br />
wie es derzeit noch oft der Fall ist. Wann darf man<br />
ehrlicherweise von echten Beiträgen sprechen?<br />
Schwarz: Hier referenziere ich auf den vorherigen<br />
Punkt: Die Wertschöpfung erfolgt durch das Managen<br />
der Gesetzes-Compliance sowie durch einen<br />
ganzheitlichen Ansatz – dem Vermeiden von Lieferunterbrechungen<br />
als zusätzlicher Nutzen. Hiermit<br />
bekommt der Einkauf bzw. die Supply Chain einen<br />
echten Wertehebel, um auf die Effizienz der Lieferkette<br />
einzuwirken, den Umsatz des Unternehmens zu<br />
sichern, Pönalen und unzufriedene Kunden zu vermeiden,<br />
die erreichten Savings zu schützen und natürlich<br />
bezüglich des LkSG einen echten Beitrag zu<br />
einer besseren Welt zu schaffen.<br />
14 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 09 | 2022