Innovationsreport Binnenschifffahrt 2022
GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING, CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN | DST: Herausforderungen und Innovationen | AUTONOME SYSTEME | WERFT DES JAHRES: Hitzler | EMISSIONSFREIE »ELEKTRA« | INNOVATIVE SCHIFFE | MOTOREN UND ABGASTECHNIK | KRANTECHNIK
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INNOVATIONSREPORT <strong>2022</strong> | ABGASNACHBEHANDLUNG & ANTRIEBSTECHNIK<br />
Schubboote mit sauberem Abgasstrom<br />
Für eine deutliche Verringerung der meisten Schadstoffe sorgen Abgasreinigungsanlagen<br />
wie die von Tehag. Der Spezialanbieter hat zwei Werksschiffe von ThyssenKrupp Steel in<br />
Duisburg mit Partikelfiltern und SCR-Anlagen ausgerüstet<br />
Die »Thyssen 1« im Werkshafen-Verkehr von ThyssenKrupp Steel<br />
Im Werkshafen von ThyssenKrupp Steel rangieren seit Sommer<br />
2021 zwei neuartige Leichter: die »Thyssen 1« und das Schwesterschiff<br />
»Thyssen 2«. Unter Deck der diesel-elektrisch betriebenen<br />
Schubschiffe arbeiten zwei überaus kräftige Motoren<br />
von Caterpillar, um Leichter mit jeweils bis zu 2.700 t Erz, Kohle<br />
oder Koks zwischen Rhein und den Hafenbecken in Schwelgern<br />
und Duisburg-Walsum zu bugsieren – insgesamt sind es 23 Mio. t<br />
im Jahr. Bei einem Tiefgang von nur 1,7 m bei 30 % Beladung<br />
können die beiden neuen Einheiten auch bei Niedrigwasser noch<br />
operieren. Der Abgas-Spezialist Tehag hat dafür die größten bis<br />
dato auf einem Binnenschiff verbauten Filter- und SCR-Anlagen<br />
geliefert.<br />
Im Zuge der Flotten-Modernisierung ersetzte der Duisburger<br />
Stahlkonzern zwei ältere Rhein-Schubboote. Die beiden Schubeinheiten<br />
sind je 27,7 m lang und 10,6 m breit. Jeweils vier Generatorensets<br />
bringen ihre Leistung zu zwei Voith-Schneider-<br />
Propellern mit je 780 kW. Es befinden sich also jeweils auch vier<br />
kombinierte Abgasreinigungsanlagen an Bord.<br />
Das Partikelfilter-System arbeitet nach dem sogenannten Wall-<br />
Flow Prinzip, bei dem das Abgas durch wechselseitig verschlossene<br />
Filterkanäle geführt wird. Die Kanalwände haben dabei eine<br />
definierte Porenstruktur, so dass Gasphase über den Nachbarkanal<br />
entweichen kann, während nahezu sämtliche Feststoffe aus<br />
dem Abgas gefiltert werden. Die Filtermodule wurden zusätzlich<br />
mit einer katalytischen Beschichtung versehen, wodurch auch die<br />
gasförmigen Schadstoffe Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe<br />
(HC) nachhaltig reduziert werden. Den Filtersystemen<br />
nachgeschaltet wurde je ein SCR-System, das durch das<br />
Reaktionsmittel Harnstoff (Adblue) die Stickoxidemissionen<br />
(NOx) in einem speziellen Katalysator reduziert.<br />
Um für Wartungsarbeiten an Gewicht zu sparen, sind zwei Filter-Module<br />
AWF 1700 mit jeweils 25 kg gewählt worden. Die Filtersubstrate<br />
sind für eine höhere Wirkung zusätzlich katalytisch<br />
beschichtet, danach kommt die SCR-Anlage. Das soll den potenziellen<br />
Schadstoffausstoß so weit, wie es heute technisch möglich<br />
ist, senken. Rußpartikel werden um 90 % reduziert, CO und<br />
HC (Kohlenwasserstoffe) über die Katalyse dem Hersteller zufolge<br />
»teilweise bis zur Nachweisgrenze« verringert. Die Emission<br />
von NOx wird in den Spitzen zu mehr als 90 % verhindert.<br />
Damit schaffen die Schiffe, abgesehen von CO2, bei allen vier<br />
wichtigen Schadstoffgruppen im Diesel-Abgasstrom die maximale<br />
Reduktion. Die Betriebsdauer gibt der Hersteller mit rund<br />
4.000 bis 6.000 Stunden an. Dann müssten die Tehag-Anlagen<br />
zwei- bis dreimal gewartet werden. Beim SCR ist es in der Regel<br />
nur eine technische Überprüfung, die Filter müssten dagegen<br />
trotz ihrer aktiven Regeneration ausgebaut und von Ölasche befreit<br />
werden.<br />
<br />
© ThyssenKrupp Steel<br />
Maschinenraum der »Thyssen 2«<br />
Aufbau- und Funktionsschema eines SCR-Systems aus dem Hause Tehag<br />
© Tehag<br />
22 <strong>Binnenschifffahrt</strong> <strong>2022</strong>