Innovationsreport Binnenschifffahrt 2022

GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING, CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN | DST: Herausforderungen und Innovationen | AUTONOME SYSTEME | WERFT DES JAHRES: Hitzler | EMISSIONSFREIE »ELEKTRA« | INNOVATIVE SCHIFFE | MOTOREN UND ABGASTECHNIK | KRANTECHNIK GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING, CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN | DST: Herausforderungen und Innovationen | AUTONOME SYSTEME | WERFT DES JAHRES: Hitzler | EMISSIONSFREIE »ELEKTRA« | INNOVATIVE SCHIFFE | MOTOREN UND ABGASTECHNIK | KRANTECHNIK

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INNOVATIONSREPORT 2022 | ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU Pionierin mit Batterie und Brennstoffzelle Schon vor ihrer Taufe, die im Mai in Berlin stattfand, machte die »Elektra« als weltweit erstes Schubboot mit Brennstoffzellen und Batterien an Bord Schlagzeilen. Sie ist die Pionierin, die den Weg für eine emissionsfreie Binnenschifffahrt bereitet © Förster © Förster Damit die »Elektra« emissionsfrei über die Elbe fahren kann, wird sie mit Wasserstoff (oben rechts) und Akku-Strom (unten rechts) versorgt © EST Floattech Zwei Jahre lang wurde sie bei der Barthel Werft in Derben an der Elbe gebaut. Ebenso lange nimmt die Erprobung dieses Pionierschiffes in Anspruch. Die »Elektra« wurde mit dem Anspruch gebaut, komplett emissionsfreie Schubfahrten auf der Langstrecke möglich zu machen. Als Primär-Energiequellen stehen an Deck hinter dem Steuerhaus drei Brennstoffzellen-Module mit einer Leistung von jeweils 100 kW zur Verfügung. Sie beziehen den zur Stromerzeugung mittels Elektrolyse nötigen Wasserstoff aus direkt dahinter platzierten Tankcontainern. Sechs der sogenannten H2-MEGC-Speicherbehälter können je 125 kg gasförmigen Wasserstoff bei einem Druck von 500 bar aufnehmen. Das Brennstoffzellensystem soll künftig die Grundlast der zwei je 210 kW leistenden Elektromotoren abdecken, die die Schottel-Ruderpropeller antreiben. Die zweite »grüne« Komponente sind die unter Deck eingebauten Lithium- Ionen-Akkus von EST Floattech mit insgesamt 2,5 MW, die sowohl für den Antrieb als auch für das Bordnetz zur Verfügung gestellt werden. Das entspricht einer Batteriekapazität von 60 Mittelklasse- Elektroautos. Als drittes liefert schließlich eine Photovoltaikanlage mit 2,1 kWp auf dem Dach des Steuerhauses zusätzlich Strom aus Sonnenenergie. Mehr als 3.000 m Kabel verteilt auf 20 m Schiffslänge verteilen Energie und Daten auf dem 130 t schweren Schubboot. Die Abwärme der Brennstoffzellen wird über eine Sole- Wärmepumpe genutzt, um die Wohnräume zu heizen. Die Reichweite als Schubverband soll bei 400 km liegen. Bis zu 1.400 t an Ladung sollen einmal von Berlin aus bis nach Hamburg transportiert werden können, als Anker-Kunde hat Siemens bereits Bedarf angemeldet. Insgesamt können Verbände mit bis 150 m Länge gefahren werden. Die Versorgung mit Wasserstoff erfolgt künftig im Westhafen bei der BEHALA und im Hafen Lüneburg. Während der Liegezeiten bezieht die »Elektra« Landstrom und lädt ihre Batterien auf. Da es bislang keine Standards für die Ladeleistung gibt, wurden auf dem Schubboot eine ganze Reihe von Wechselstrom- und Gleichstrom-Anschlüssen geschaffen, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Mit dem Industrie- und Gewerbepark Mittelelbe/H2 Green Power & Logistics hat die TU Berlin einen Liefervertrag zur Befüllung und zum Transport der Tanksysteme (Multiple Energy Gas Container – MEGC) mit grünem Wasserstoff bis zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2024 abgeschlossen. Diese MEGC können mit dem bordeigenen Kran getauscht werden. Die Gesamtkosten für den Bau des Schiffes belaufen sich auf und 14,6 Mio. €. Die Crew wird von der HGK Shipping gestellt. Sie war von Anfang an als Projektpartner mit an Bord. 18 Binnenschifffahrt 2022

ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU | INNOVATIONSREPORT 2022 Arbeitsboote werden elektrisch Mit der Kiellegung für den ersten »E-Spatz« auf der Schiffswerft Bolle in Neuderben wurde eine neue Generation von WSV-Arbeitsschiffen geboren. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern wird dieses Boot nicht mit einem Diesel, sondern elektrisch angetrieben Kiellegung des Schiffes auf der Bolle-Werft © WSV Animation der »E-Spatz« Im Zuge der Dekarbonisierung und Emissionsreduzierung rüstet die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ihre Schiffe mit umweltfreundlichen Antrieben aus. So zum Beispiel auch die Arbeitsschiffe vom Typ »Spatz«, die bisher mit konventionellen Dieselmotoren fuhren. Mit der im Sommer erfolgten Kiellegung des ersten »Elektrospatzes« ging eine neue Generation dieses Schiffstyps an den Start. Bei dem »E-Spatz« handelt es sich um ein multifunktionales Arbeitsschiff, das auf den Flüssen und Kanälen des Westdeutschen Kanalnetzes eingesetzt wird. Der Neubau wird eine Länge von 16,90 m und eine Breite von 4,50 m aufweisen. Anders als der dieselbetriebene Vorgänger wird der »E-Spatz« ausschließlich mit zwei Elektromotoren a 80 kW angetrieben. Das Antriebssystem liefern Jastram, Kadlec & Brödlin und Tesvolt. Ihre Kooperationen hatten die drei Unternehmen auf der STL 2021 in Kalkar bekannt gegeben. Das umweltfreundliche Antriebskonzept wird aus Batterien der Firma Tesvolt, einem Elektromotor von Danfoss und einem Ruderpropeller von Jastram bestehen. Die Batterien sollen über Nacht laden, wenn das Schiff am Anleger liegt. »E-Spatz« als Prototyp Die Technik des E-Spatzes ist laut WSV exakt auf die Bedingungen im Einsatzgebiet zugeschnitten, auf die Schleusenabmessungen, Brückendurchfahrtshöhen, Wasserstände und Strömungen. Das Schiff soll unter anderem in der Verkehrssicherung und Verkehrsüberwachung eingesetzt sowie bei Peilarbeiten. Der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zufolge sind mehr als 130 Arbeitsschiffe dieses Typs auf den Bundeswasserstraßen im Einsatz. Nach Fertigstellung des »E-Spatz«-Piloten, die zum Jahreswechsel vorgesehen ist, und der Erprobung sollen in den kommenden Jahren weitere Arbeitsschiffe mit emissionsarmen Antrieben ausgestattet werden. Binnenschifffahrt 2022 19

INNOVATIONSREPORT <strong>2022</strong> | ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU<br />

Pionierin mit Batterie und Brennstoffzelle<br />

Schon vor ihrer Taufe, die im Mai in Berlin stattfand, machte die »Elektra« als weltweit<br />

erstes Schubboot mit Brennstoffzellen und Batterien an Bord Schlagzeilen. Sie ist die<br />

Pionierin, die den Weg für eine emissionsfreie <strong>Binnenschifffahrt</strong> bereitet<br />

© Förster<br />

© Förster<br />

Damit die »Elektra« emissionsfrei über die Elbe fahren kann, wird sie mit Wasserstoff (oben rechts) und Akku-Strom (unten rechts) versorgt<br />

© EST Floattech<br />

Zwei Jahre lang wurde sie bei der Barthel<br />

Werft in Derben an der Elbe gebaut.<br />

Ebenso lange nimmt die Erprobung<br />

dieses Pionierschiffes in Anspruch.<br />

Die »Elektra« wurde mit dem Anspruch<br />

gebaut, komplett emissionsfreie<br />

Schubfahrten auf der Langstrecke möglich<br />

zu machen. Als Primär-Energiequellen<br />

stehen an Deck hinter dem<br />

Steuerhaus drei Brennstoffzellen-Module<br />

mit einer Leistung von jeweils 100 kW<br />

zur Verfügung. Sie beziehen den zur<br />

Stromerzeugung mittels Elektrolyse nötigen<br />

Wasserstoff aus direkt dahinter platzierten<br />

Tankcontainern. Sechs der sogenannten<br />

H2-MEGC-Speicherbehälter<br />

können je 125 kg gasförmigen Wasserstoff<br />

bei einem Druck von 500 bar aufnehmen.<br />

Das Brennstoffzellensystem soll<br />

künftig die Grundlast der zwei je 210 kW<br />

leistenden Elektromotoren abdecken, die<br />

die Schottel-Ruderpropeller antreiben.<br />

Die zweite »grüne« Komponente sind<br />

die unter Deck eingebauten Lithium-<br />

Ionen-Akkus von EST Floattech mit insgesamt<br />

2,5 MW, die sowohl für den Antrieb<br />

als auch für das Bordnetz zur Verfügung<br />

gestellt werden. Das entspricht einer<br />

Batteriekapazität von 60 Mittelklasse-<br />

Elektroautos.<br />

Als drittes liefert schließlich eine Photovoltaikanlage<br />

mit 2,1 kWp auf dem<br />

Dach des Steuerhauses zusätzlich Strom<br />

aus Sonnenenergie. Mehr als 3.000 m Kabel<br />

verteilt auf 20 m Schiffslänge verteilen<br />

Energie und Daten auf dem 130 t<br />

schweren Schubboot. Die Abwärme der<br />

Brennstoffzellen wird über eine Sole-<br />

Wärmepumpe genutzt, um die Wohnräume<br />

zu heizen.<br />

Die Reichweite als Schubverband soll<br />

bei 400 km liegen. Bis zu 1.400 t an Ladung<br />

sollen einmal von Berlin aus bis<br />

nach Hamburg transportiert werden<br />

können, als Anker-Kunde hat Siemens<br />

bereits Bedarf angemeldet. Insgesamt<br />

können Verbände mit bis 150 m Länge<br />

gefahren werden.<br />

Die Versorgung mit Wasserstoff erfolgt<br />

künftig im Westhafen bei der BEHALA<br />

und im Hafen Lüneburg. Während der<br />

Liegezeiten bezieht die »Elektra« Landstrom<br />

und lädt ihre Batterien auf. Da es<br />

bislang keine Standards für die Ladeleistung<br />

gibt, wurden auf dem Schubboot eine<br />

ganze Reihe von Wechselstrom- und<br />

Gleichstrom-Anschlüssen geschaffen,<br />

um für alle Fälle gerüstet zu sein.<br />

Mit dem Industrie- und Gewerbepark<br />

Mittelelbe/H2 Green Power & Logistics<br />

hat die TU Berlin einen Liefervertrag zur<br />

Befüllung und zum Transport der Tanksysteme<br />

(Multiple Energy Gas Container<br />

– MEGC) mit grünem Wasserstoff bis<br />

zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2024<br />

abgeschlossen. Diese MEGC können mit<br />

dem bordeigenen Kran getauscht werden.<br />

Die Gesamtkosten für den Bau des<br />

Schiffes belaufen sich auf und<br />

14,6 Mio. €. Die Crew wird von der HGK<br />

Shipping gestellt. Sie war von Anfang an<br />

als Projektpartner mit an Bord. <br />

18 <strong>Binnenschifffahrt</strong> <strong>2022</strong>

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