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Holsteiner KlöönSNACK - Ausgabe Kiel / Eckernförde - August 2022

Das Magazin für die Region Kiel / Eckernförde - Aktuelle, lokale Berichterstattung von Menschen aus der Region für die Region

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Nachruf von<br />

Norbert Gettschat<br />

Uwe, du wirst mir fehlen!<br />

Uns Uwe - menschlich<br />

Enge Freundschaft: Norbert Gettschat<br />

und Uwe Seeler haben viel miteinander<br />

erlebt. Beide verstanden sich privat hervorragend<br />

miteinander. Foto: privat<br />

Es war im Spätsommer 1963,<br />

mein Vater war seinerzeit<br />

Straßenbahnfahrer und hatte<br />

oft Dienst auf der Strecke, die<br />

am Stadion der Profis vorbeiführte.<br />

Irgendwann fragte er<br />

mich, ob ich nicht einmal Lust<br />

hätte, beim Training der<br />

HSVer zuzusehen. Gesagt getan,<br />

ein paar Tage später war<br />

es dann soweit. Mit unserem<br />

Lloyd Alexander ging es dann<br />

zum Rothenbaum. Ich war begeistert,<br />

den Spielern einmal<br />

so nah zu sein, kannte ich sie<br />

doch nur von Fotos aus der<br />

Zeitung. Ja, ich war<br />

auf<br />

die<br />

Zeitung angewiesen,<br />

einen Fernseher<br />

bekamen wir erst zwei<br />

Jahre später. Auch meine<br />

ersten Autogramme von Uwe<br />

und seinen Mannschaftskameraden<br />

erhielt ich in diesen<br />

Tagen. Ich glaube im Jahr darauf<br />

sah ich dann, zusammen<br />

mit meinem Vater, das erste<br />

Bundesligaspiel (HSV - Meidericher<br />

SV) im alten Volksparkstadion.<br />

Von nun an war<br />

ich, was den Fußball angeht,<br />

infiziert und ab 1965 besuchte<br />

ich mit meinem besten<br />

Freund viele Heimspiele des<br />

HSV. Uwe Seeler wurde von<br />

uns vergöttert und war von<br />

nun an unser Idol.<br />

Im Mai 1966 wurde ich dann<br />

Fußballer beim SC Concordia,<br />

ich wollte sein wie Uns Uwe.<br />

Ich wurde süchtig nach meinem<br />

HSV, ohne zu wissen, wie<br />

nah ich eines Tages meinen<br />

Idolen kommen sollte. Im Jahr<br />

1972 brach eine Welt für mich<br />

zusammen, Uns Uwe bestritt<br />

sein Abschiedsspiel. Fußball<br />

ohne Uwe Seeler war für mich<br />

einfach unvorstellbar. Trotzdem<br />

blieb ich dem HSV treu,<br />

wurde 1979 Sportfotograf und<br />

begleitete, jetzt ohne mein<br />

Idol, den HSV bei Heim- und<br />

Auswärtsspielen. Bis heute<br />

entstanden sehr viele Freundschaften<br />

aus dieser Zeit.<br />

Ich begleitete den HSV in fast<br />

jedes Trainingslager, schoss<br />

meine Fotos für verschiedene<br />

Zeitungen. Uwe war, in meinem<br />

Kopf, immer dabei. Ich erinnere<br />

mich an ein Trainingslager<br />

auf Sizilien; Uwe war<br />

seit einiger Zeit Präsident seines<br />

HSV. Im Hotel bat ich Uwe<br />

mit mir zum Hafen von Palermo<br />

zu fahren um ein paar Fotos<br />

zu schießen. Er willigte ein<br />

und wir fuhren zum Wasser.<br />

An einem alten Fischerboot<br />

saß ein ebenso alter Fischer<br />

und flickte Netze. Er sah Uwe<br />

und kramte aus einem, vom<br />

Salzwasser gezeichneten<br />

Schrank, eine alte Zeitung hervor.<br />

Kein geringerer als Uwe<br />

Seeler war hier auf der Titelseite<br />

zu sehen. Das Foto zeigte<br />

den Moment, als Uwe nach<br />

der WM Niederlage 1966 von<br />

zwei Bobbys vom Platz geführt<br />

wurde. Es schien, als hätte dieser<br />

freundliche Fischer genau<br />

auf diesen Moment gewartet,<br />

an dem Uwe Seeler seinen<br />

Steg betritt. Es war ein unglaublicher<br />

und emotionaler<br />

Moment als der ehemalige Nationalspieler<br />

sein Autogramm<br />

auf Zeitungspapier brachte.<br />

Von nun an war Uwe<br />

ein „ständiger“ Begleiter meines<br />

Schaffens.<br />

Ich holte ihn oftmals ab,<br />

brachte ihn zu Veranstaltungen<br />

und wieder nach Hause.<br />

Vor ca. sieben Jahren lud ich<br />

immer wieder „alte“ HSV<br />

Spieler in “Grubes Fischerhütte<br />

/ Hoppe“ ein, um gemeinsam<br />

mit ca. 250 Fans Auswärtsspiele<br />

des HSV zu gucken.<br />

Ich holte Uwe zu Hause<br />

in Norderstedt ab, und es ging<br />

zusammen mit Ex- Mannschaftskameraden<br />

wie Willi<br />

Schulz, Klaus Neisner,<br />

Horst Schnoor und deren<br />

Frauen in dieses Fischrestaurant.<br />

Natürlich hatte ich vorgesorgt,<br />

denn Fisch kam bei Uwe<br />

nicht auf den Teller, er mochte<br />

einfach keinen Fisch.<br />

Unser Ehrenspielführer bekam<br />

eine Extrawurst und zwar mit<br />

Kartoffelsalat. Bei späteren Besuchen<br />

zierte Roastbeef dann<br />

oft seinen Teller. Egal ob Niederlage<br />

oder Sieg, so zwei<br />

Stunden nach Spielende ging<br />

es, im Auto singend, zurück<br />

nach Hause. Es kam auch mal<br />

vor, dass der frühere Goalgetter,<br />

vom Autogramme schreiben<br />

müde war und im Auto<br />

einnickte. Mit der Zeit entstand<br />

ein kumpelhaftes Verhältnis<br />

zwischen mir, dem Fotografen,<br />

und unserem Ehrenspielführer.<br />

An ein Ereignis denke ich mit<br />

einem herzhaften Lachen zurück:<br />

Peter Lübeke (Ex HSVer)<br />

und ich hatten die Idee, ein<br />

Kochbuch zu Gunsten an Demenz<br />

erkrankter Kinder zu gestalten.<br />

Ein Rezept von Uwe<br />

musste her und ich brauchte<br />

ein Foto von Uwe am Kochherd.<br />

Bereitwillig stellte sich<br />

Uwe an den Herd, nahm zwei<br />

Kochlöffel in die Hand und<br />

ich machte mein Foto. Wochen<br />

später sah Ilka Seeler dieses<br />

Foto und fragte mich, wo es<br />

entstanden sei. In eurer Küche,<br />

erwiderte ich. Darauf sagte Ilka,<br />

das sei Quatsch, Uwe weiß<br />

doch gar nicht, wo die Küche<br />

ist.<br />

Ich habe mit Uwe so viel erlebt<br />

und sage nur DANKE an<br />

einen großartigen Menschen<br />

und Wegbegleiter / Ruhe in<br />

Frieden<br />

Du wirst mir fehlen!

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