Dissertation Martin Krause.pdf - KLUEDO - Universität Kaiserslautern
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1 Einleitung<br />
Ein genaues Verständnis von molekularen Erkennungsphänomenen ist für die Entwicklung<br />
wirkungsvoller Medikamente essentiell. Viele lebenswichtige Prozesse im menschlichen Körper<br />
beruhen auf der selektiven Wechselwirkung von Hormonen, Neurotransmittern oder auch exogenen<br />
Wirkstoffen mit körpereigenen Rezeptorsystemen. 1 Daraus folgend ist der Ursprung vieler<br />
Krankheiten in einer fehlerhaften Wirt-Gast-Chemie eines Organismus zu finden. Ein entscheidender<br />
Faktor in der Bekämpfung dieser Krankheiten und der Entwicklung geeigneter Medikamente ist daher<br />
ein detailgenaues Verständnis der zugrundeliegenden Erkennungsprozesse auf molekularer Ebene. 2<br />
Die Mukoviszidose (oder auch zystische Fibrose) resultiert beispielsweise aus der<br />
Fehlfunktion des Proteins CFTR (cystic fibrose transmembrane conductance regulator). 3 Dieses<br />
Protein übernimmt in den Epithelzellen der Lunge und anderer Organe die Funktion eines<br />
Ionenkanals, welcher Chlorid-Ionen vom intrazellulären in den extrazellulären Raum pumpt. Die<br />
Fehlfunktion von CFTR verursacht eine verringerte Anionensekretion. Dadurch wird der osmotische<br />
Druck beeinflusst und letztendlich der Wasserfluss verringert, was z.B. in der Lunge zu einer<br />
Austrocknung und Verschleimung des Lungengewebes führt. Dies behindert den<br />
Selbstreinigungsprozess der Bronchien und führt zu letalen Lungeninfektionen. 4<br />
Ursache der Fehlfunktion von CFTR ist ein Gen-Defekt, der zu einer inkorrekten Expression<br />
des Proteins führt. 5 Obwohl über 1500 Mutationen im codierenden Gen beschrieben wurden, ist eine<br />
spezielle Mutation in über 70 % der Fälle verantwortlich für die Pathogenese. Der resultierende<br />
Mutant wird ∆F508 CFTR genannt und zeichnet sich durch den Verlust von Phenylalanin an Position<br />
508 aus. Diese Punktmutation resultiert in einer inkorrekten Faltung des Proteins, was wiederum zu<br />
einer schnelleren Degradation durch Proteasen führt. Für diese Krankheit gibt es momentan noch<br />
keine heilende Therapie; ein zurzeit diskutierter Therapieansatz ist jedoch die Zugabe<br />
niedermolekularer Wirkstoffe, welche die Faltung des Proteins unterstützen und somit dessen<br />
Degradation verhindern. 6<br />
Auch bei Krankheiten, gegen die es bereits Medikation gibt, ist ein Verständnis der<br />
molekularen Ursachen wichtig. So gelingt es Krankheitserregern unter Selektionsdruck häufig,<br />
Resistenzen gegen die eingesetzten Medikamente zu entwickeln, woraufhin ein Bedarf an neuen<br />
Therapien entsteht. Ein Beispiel hierfür ist das Glycopeptid-Antibiotikum Vancomycin. Die<br />
Wirksamkeit von Vancomycin beruht auf seiner Fähigkeit, die terminale Peptidsequenz D-Ala-D-Ala<br />
eines bakteriellen Glycopeptids selektiv zu erkennen, sich wie ein Handschuh über diese Sequenz zu<br />
stülpen und sie so zu blockieren (Abb. 1.1a). 7,8,9,10 Dadurch wird die Synthese und Stabilisierung der<br />
Zellwände Gram-positiver Bakterien und somit das Zellwachstum der Bakterien gestoppt.<br />
Resistenzen, welche Bakterien entwickelt haben, beruhen auf molekularer Ebene auf dem Austausch<br />
der D-Ala-D-Ala Sequenz durch eine D-Ala-D-Lac Sequenz. 11 Diese Mutation führt zum Ersatz einer<br />
attraktiven Wasserstoffbrückenbindung in dem Vancomycin D-Ala-D-Ala Komplex gegen eine<br />
repulsive Dipol-Dipol-Wechselwirkung (Abb. 1.1b). Dadurch wird die Affinität des Antibiotikums für<br />
das Substrat um einen Faktor von 1000 verringert und die antibiotische Wirksamkeit verschwindet.<br />
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