Dissertation Martin Krause.pdf - KLUEDO - Universität Kaiserslautern
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1.4 Modell der partiell gebundenen Zustände<br />
Die genauere Untersuchung kooperativer Bindungsprozesse, vor allem von Chelatkooperativität, mit<br />
Hilfe von synthetischen Modellsystemen wurde unter anderem von Hunter durchgeführt. Darauf<br />
aufbauend formulierte er sein Modell der partiell gebundenen Zustände. Die von ihm verwendeten<br />
Modellsysteme haben gemeinsam, dass der Bindungsprozess von Wirt und Gast auf multiplen<br />
Wechselwirkungen beruht. In Abbildung 1.7 sind zwei der verwendeten Modellsysteme abgebildet. In<br />
dem einen beruht die Dimerisierung zweier Untereinheiten auf mehreren<br />
Wasserstoffbrückenbindungen, welche in einem Reißverschlussverfahren gebildet oder gebrochen<br />
werden (Abb. 1.7, links). 52 Das zweite Modellsystem besteht aus einem Porphyrin-Ligand-Komplex,<br />
in dem zusätzlich zu einer zentralen starken Metall-Ligand Wechselwirkung schwächere<br />
intermolekulare Wasserstoffbrücken in der Peripherie des Moleküls ausgebildet werden können (Abb.<br />
1.7, rechts). 53 Beide Modellsysteme besitzen die wichtige Eigenschaft, dass einzelne Gruppen<br />
sukzessive entfernt und somit deren Einfluss auf die Stärke der Wechselwirkung und die<br />
Kooperativität systematisch studiert werden kann. Die Bindungsprozesse in diesen und davon<br />
abgeleiteten Modellsystemen wurden 1 H-NMR spektroskopisch, UV-Vis spektroskopisch und mittels<br />
der isothermen Titrationskalorimetrie charakterisiert.<br />
HN<br />
O<br />
H<br />
N<br />
O<br />
R<br />
N<br />
HN<br />
N<br />
H<br />
O<br />
O<br />
O<br />
HN N H HN<br />
O<br />
N<br />
R'<br />
H<br />
N<br />
O<br />
R<br />
N<br />
HN<br />
O<br />
NO 2<br />
R =<br />
R' =<br />
7<br />
O<br />
O<br />
O<br />
OC 14H 29<br />
OC 14H 29<br />
OC 14H 29<br />
Abbildung 1.7: Modellsysteme von Hunter zur Untersuchung partiell gebundener Zustände.<br />
EtO<br />
O O<br />
OEt<br />
EtO P O<br />
O P OEt<br />
O<br />
N<br />
O<br />
NH HN<br />
O<br />
N<br />
Zn<br />
N<br />
N N<br />
O<br />
Die erhaltenen Stabilitätskonstanten der untersuchten Systeme lassen sich nur unzureichend mit einem<br />
Modell erklären, bei dem die jeweiligen Komplexe als einheitliche Spezies mit jeweils vollständig<br />
ausgebildeten Wechselwirkungen aufgefasst werden (Abb. 1.8, I). Sehr viel eher trifft ein Modell zu,<br />
in dem die Komplexe als ein Ensemble von fluktuierenden Zuständen mit einer unterschiedlichen<br />
Anzahl von Wechselwirkungen betrachtet werden. Das heißt, mikroskopisch liegen mehrere Zustände<br />
des Systems in unterschiedlichen Verhältnissen gleichzeitig in einem Gleichgewicht vor (Abb. 1.8,<br />
I+II+III). Makroskopische Erscheinungen, wie die resultierende Stabilitätskonstante, ergeben sich<br />
dann als Mittelwert der Boltzmann-Verteilung von allen partiell gebundenen Zuständen.<br />
N<br />
H<br />
O