UNDERDOG #67

Schwerpunkt: Anti everything Schwerpunkt: Anti everything

31.07.2022 Aufrufe

BASH!. Dagegen ist das kleine „Punkin Göttingen“_Special schongehaltvoller. ABRUPT, Mike vonBOMB ALL RECORDS und Angelika(Juzi) werden von Ronja zuAktivitäten und zur städtischenSubkultur befragt. Lizal berichtet mitihrer Kolumne „Sexismus gegenMusikerinnen“ von gemachtenErfahrungen/Erlebnissen, hat nochHoffnung auf mehrEmpathie/Wertschätzung gegenüberFrauen* einerseits undkonsequentes Handeln gegenSexismus anderseits und plädiert fürmehr Empfehlungen vonMusikerinnern fürVeranstalter*innen. Chrissi stellt mitCafé Taktlos und AKW Bitterfeld zweiLäden in der ostdeutschen Provinzvor, während Bastis Kolumne„Geschichten aus der Gruft“ diegescheiterte KKK-Operation „RedDog“ skizziert. Das KKK-begeisterteMitglied Mike Purdue und WolfgangDroege wollten die Insel Grenadaerobern, woraufhin sie die totaleKontrolle über die Insel übernehmenund sie zu einem KKK-Land namensAryan Utopia machen wollten.Wenige Minuten vor ihrer Abreisewurden sie von Bundesagenten inNew Orleans festgenommen. IhrBoot wurde überfallen und mehrereillegale Waffen wurdenbeschlagnahmt. Seltsam...aber soschnell verpuffen White Power-Träume!Gesamteindruck: Die anhaltendeDebatte über Frauenfeindlichkeit imPunk durchdringt die Inhalte deraktuellen Ausgabe. Das ist sicherlichnicht neu. Sexualisierte Gewalt undSexismus im Punk ist immer einThema, wurde und wird inverschiedener Form thematisiert.Auch wenn es viele Ansprachen aufKonzerten und in AZ's gibt oderKneipen oftmals Hilfsangebote fürFrauen*, die sich belästigt fühlen,anbieten, besteht die Problematikweiterhin. Es gibt Grenzen, dieeinzuhalten sind. Egal wie viel Humorjemensch hat (und sexistische Witzevielleicht als Provokation rechtfertigt)und wie sehr sich Punk gegenjegliche Grenzen auflehnt – sobaldsich jemensch unwohl und ungerechtbehandelt fühlt, hört der Spaß auf.Diese Problematik muss immerwieder sichtbar und transparentgemacht werden, no doubt. Dazugehört aber auch, dass das eigeneHandeln reflektiert werden muss.Denn Ausschlüsse undDiskriminierungen werden im Punkimmer wieder auftreten. Es hat auchmit Wut zu tun. Wut ist ein Antrieb.Eben deshalb ist es so wichtig,emanzipatorischequeerfeministischeNetzwerkeaufzubauen und gegenseitigenSupport zu gewährleisten. Das P.B.schlägt hierzu die notwendigeRichtung ein.PLOP #99/100108 DIN-A-5-Seiten; €7,00.-https://www.plop-fanzine.de/Das dienstälteste Comic-ZineDeutschlands wurde im Frühjahr 40Jahre alt: Die pralleJubiläumsdoppelausgabe #99 &#100 hat zudem mit Heike Annackerals PLOP-Erfinderin erneut eineOber-Plopperin, die zusammen mitAndreas Alt, Benedikt Franke undPeter Schaaf das Redaktions-Teambildet. Es gibt Comics undredaktionelle Beiträge mitRückblicken und Interviews mit demRedaktions-Team sowie mit WalterMoers, der in den frühen PLOP-Zineskünstlerisch aktiv war und hier einigeseiner Werke beisteuert.Wehmut keimt auf, wenn anehemalige PLOP-Künstler erinnertwird, die verstorben sind, Es gibtviele Grußzeichnungen und AndreasAlt zieht Bilanz mit der PLOP-Chronik. Die Textbeiträge lockern diequalitativ schwankenden Comic-Strips und Comics auf, sind sogar einwichtiger Teil des Fanzines, die mitkleinen Zeichnungen aufgeplopptwerden und mehr als nurRandnotizen sind. Die Interviewssagen viel über die jeweiligenKünstler*innen aus. JO84 skizziertAndreas Alts Biographie mit Bezügezum Comic allgemein und zur PLOP-Herausgeber-Zeit im Speziellen. DasInterview ist toll layoutiert undbebildert. In die gleiche Kerbeschlägt Peter Schaafs Interview mitBernhard Bollen, dem letztenSchwach hingegen ist das Interviewmit Walter Moers, was an seinerKurzsilbig liegt. Dafür sind wiederumalte Fotos interessant, aus einer Zeit,wo es persönliche Treffen gab wiedie PLOP-Party 1993 in Düsseldorf,die einen familiären Rahmen boten,gegenüber den Treffen auf diedamaligen Comic-Messen.Neben Nostalgie und Wehmut gibt esauch Besonderheiten:Mitherausgeber Peter Schaaf hatAnfang der 80er Jahre seine erstenComics veröffentlicht und für dieseAusgabe die Fortsetzung seinesdamaligen Beitrags DARNAK gewählt,der nach 1985 nicht angeschlossenwurde und nun fortgeführt werdensoll.Gesamteindruck: Comics undredaktionelle Beiträge als Mixturhaben mir schon während AndreasAlts Herausgeber-Ära gut gefallen,die damals auch ein Rezensions-Teilbeinhaltete. Mir gefallen mehrseitigeComics am besten, wenn sie einespannende, witzige Story haben undTiefgang besitzen. AlsJubiläumsausgabe hält dieseDoppelausgabe aber ein paar guteAnsätze (Rückblicke, Interviews)parat, die unbedingt beibehaltenwerden sollten. Ansonsten frage ichmich, wo sind die Beiträge all derbekannten Künstler wie Max Jähling,Frans Stummer, Mawil, Flix,geblieben? By the way, stöbert malauf der Homepage. Hier findet ihralte und ganz frühe Ausgaben alspdf-Download und viele weiterenInfos und Zeichnungen!PROUD TO BEPUNK #34100 DIN-A-5-Seiten; €2,50.-jan.sobe@t-online.deJan engagiert sich im #Hikefor-Projekt, welches Jugendliche undGeflüchtete Hilfsprogramme bietet,um diese „im Rahmen sozialer undemanzipatorischer Arbeit zubegleiten und zu stärken, damit siesich organisieren und ihreBedürfnisse als Gruppekommunizieren und dafürselbstbewusst eintreten können.“Sven Limberg (u.a. AIDSCATS) liebtHuchting und Punk, beides gehörtfür ihn untrennbar zusammen, waser in zwei Büchern dokumentiert hat.Seine oft musikalischen, mitunterabenteuerlich und gesellschaftlichspannenden Erinnerungen schilderter auf fast 350 Din-A4-Seiten in„Anarchy in Huchting – DieGeschichte des Punk in Huchting1977–2020“ und in seinemautobiografischen, umfangreichenDokuroman, der schlicht „Anarchy inHuchting“ heißt.„Vergesst New York, vergesst London,Hamburg, Berlin und Düsseldorf, derHotspot des Punk war und ist seitden ersten Tagen Huchting. PunkRock City Huchting", fasst er seineSicht der Szene zusammen, geprägtvon Gewalt, Musik und demJugendzentrum Huchting alsZentrum der Subkultur. Jan stelltbeide Bücher vor und befragt Svenausgiebig über Huchtinger Punksund seinen Verästelungen.„Migrantifa Berlin“ vereint der Wille,„eine neue Welt möglich zu machen“.Jan skizziert die „Mainzer Straße“ undfokussiert sich im Artikel auf Songsmit Kontext um den Kampf derbesetzten Häuser sowie auf dieRäumung am 14. November 1990,die zur Straßenschlacht eskalierte.80

Mit „Stino – Von West nach Ost durchBerlin 1990“ stellt Jan ein weiteresBuch vor, dass hieran anknüpft, zumeinen auch ein StückGeschichtsarbeit aus der Perspektiveder Unterdrückten undAusgebeuteten leistet, zum anderenein Stück solidarischeBewegungsgeschichte zur BerlinerHausbesetzung erzählt. Wie schonzuvor führt Jan im Anschluss einInterview mit dem Autor, dessenErlebnisse deutlich machen, dass dieBesetzung eine Aktion gegen dendamaligen Wohnungsnotstand war.Gesamteindruck: Jan liest vieleBücher mit Punk-Bezug, die er in deraktuellen Ausgabe ausgiebig vorstelltund deren Autoren er zum Teilmithilfe von Manuel (SCHRAIBFELA-Fanzine) ausquetscht. Die Umsetzungist strukturiert in mehrerenBlöcken/Abschnitten aufgebaut undin dieser Form auch wie einzeitgeschichtliches Archiv sortiert,was im Übrigen auch für dieweiteren Rubriken im Zine gilt. Undes kann dazu führen, dass Antifa undlinke Politik handlungsfähig bleibt,Menschen sich Gedanken machenund sich der Geschichte zu erinnern.In diesem Sinne vermittelt Jan inseinem aktuellen P.t.b.P. auchZeitgeschichte und Wissen aus derPerspektive der Unterdrückten undAusgebeuteten durchRaumaneignung und dieanarchistische Einstellung des Punk.RAUDITUM #576 DIN-A-5-Seiten; €3,00.-www.facebook.com/rauditumfanzineNach UGLYs Arschlochcontest startetmit dem THE PROWLERS-Interviewein kleines Montréal-OI-Special, dasmit UNION THUGS zumKlassenkampf geführt wird und mit„Red&Anarchist Skinheads Montréal“aus der Grauzone gehoben wird.Abgeschlossen wird das Special miteinem „Béton Armé“-Interview, die„antirassistisch, anti-sexistisch undgegen alles“ sind. Kurz und bündigwerden MALAD und DAY DRINKERvorgestllt und abserviert, bis in derKolumne „Auf ein Wort“ gegenBoneheads und die Rechtfertigung„Die Antifa ist nicht besser als dieFaschos, genau die gleiche Gewalt!“abgerechnet wird. UGLY skizziertund seziert Helmut Roewers extremrechte Umtriebe und dessenUmsturzfantasien, die er alsPräsident (1994-2000) des ThüringerLandesamtes für Verfassungsschutzheute bspw. In „Querdenken TV“propagiert.Sloss von den reformiertenBRAINDANCE klärt auf, warum sichdie Band 2001 aufgelöst hat und wiees nach 15 Jahren wieder zurNeugründung kam, was „einMissverständnis und nicht geplantwar“. Auf satte 7 Seiten erzähltSucker (u.a. OXYMORON) seine Punk-Sozialisation und steht ausführlichRede und Antwort zum Werdegangder Band OXYMORON und die Zeitdanach. Der Widerspruch mit derMaskierung wird im Comic „TheDemo after“ in Corona-Zeitenoffenbar, bevor es einenüberflüssigen 3-seitigen Artikel überdie „125 Jahre Fortuna Düsseldorf“-DVD gibt und offenbar auch nur„eingefleischten Fans“ vorbehaltenist. Carolin Hirsch ist Doktorandin ander Uni Konstanz und schreibt ihreDoktorarbeit zu Aktivismus inMyanmar. Für ihreForschungsmethode zum Thema hatCarolin 18 Monate in Yangon gelebtund gearbeitet. Ihre sehrtiefgründigen Einblicke zu denpolitischen und subkulturellenVerhältnissen, die im krassenWiderspruch stehen, werden mitvielen Anmerkungen undweiterführenden Infos bestückt.Gesamteindruck: Ein starkes Stück.Ein Montréal-OI-Special, dasInterview mit Sucker und nachbohrende, kritische Fragen sowieCarolins Yangon-Punk-Special sinddie eindeutigen Stärken dieserAusgabe. Und gerade, wenn sich dieHerausgeber undGastschreiber*innen genügend Platzund Raum bekommen, gestaltet sichder Inhalt diskursiv und tiefgründig.Alles andere schwimmt an derOberfläche und ist Infotainment.Tierbefreiung #11284 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-die tierbefreier e.V., Postfach160132, 40564 Düsseldorfhttps://www.tierbefreiershop.deDer Schwerpunkt „From Beef toBeans“ behandelt Aspekte vonErnährungssouveränität,kleinbäuerliche Tierhaltung undTierbefreiung. In der Entwicklung derLebensmittelerzeugung und -verarbeitung ist seit Mitte des 20.Jahrhunderts eine Abkehr vonlokalen, regionalen und nationalenhin zu globalenWertschöpfungsketten zubeobachten. In dieser Entwicklungwurden kleinbäuerliche Strukturen,landwirtschaftlicheFamilienbetriebe, Hofläden undMärkte sowie andere lokal undregional vorhandene Erzeuger*innensowie Vertriebsstrukturen im Zugeder Kapitalisierung,Exportorientierung, durchBetriebsmodelle mit größtmöglichenSkaleneffekten und Flurbereinigungin ein global wirtschaftendesMarktsystem überführt, welchesregional verwurzelte Strukturenminimierte. Gegen diese Tendenzenspricht sich das Konzept derErnährungssouveränität, entwickeltvon der Organisation La ViaCampesina, aus dem Jahre 1996 aus.Es setzt sich für eine aktivedemokratische Beeinflussung undTransformation derLebensmittelwertschöpfungskettevon den Anbauflächen bis zumEndverbraucher*innen ein. GlobalenMaßstäben werden lokale, regionalesowie nachhaltige Strukturen derLebensmittelerzeugungentgegengesetzt, derenkleinstrukturierteBewirtschaftungsweisen, die unterfairen Bedingungen stattfinden unddurch deren AnbauweisenNahrungsmittel mit und nicht gegendie Natur Nahrungsmittel produziertwerden. Ziel ist nicht, globaleMaßstäbe zu befriedigen, sondernvielmehr in kleinräumigenWirtschaftssystemen dieBevölkerung vor Ort und imregionalen Kontext mit qualitativhochwertigen und naturschonendenNahrungsmitteln zu versorgen. Dazugehört auch u.a. eine bioveganeLandwirtschaft, aber auch einekleinbäuerliche Produktionsweisemit Tieren, die aber anders als in derindustriellen Produktionsweiseunter Selbstverwaltung derArbeiter*innen stattfindet. EinStreitgespräch mit Siyah, Luca, Lisaund Janna offenbart Ansichten, diewie Janna flächendeckendeTierhaltung akzeptiert, LucaTiernutzung aus wirtschaftlichenGründen sinnvoll erachtet im krassenGegensatz zur Tierbefreiung stehen.Das wird auch im Artikel zu mehr„Tierwohl“ deutlich, in dem DanielWawrzyniak Leid, Gefangenhaltungund Tötung von Tieren aufgreift, sichaber an keiner Grundsatzdiskussionbeteiligen will, ob Tierprodukte aufLebenshöfe konsumieren in Ordnunggeht und auch eine kleinbäuerlicheNutztierhaltung befürwortet.Gesamteindruck: Die Redaktionweist darauf hin, dass das Themamehr „Gesichtspunkte“ hat, als dassdiese in einer einzigen Ausgabeberücksichtigt werden können. DasKonzept der Ernährungssouveränitätführt durch seine Umsetzung zueiner Stärkung der regionalenVersorgung der Menschen imZusammenspiel mit den Akteuren inder Wertschöpfungskette. Jedoch81

Mit „Stino – Von West nach Ost durch

Berlin 1990“ stellt Jan ein weiteres

Buch vor, dass hieran anknüpft, zum

einen auch ein Stück

Geschichtsarbeit aus der Perspektive

der Unterdrückten und

Ausgebeuteten leistet, zum anderen

ein Stück solidarische

Bewegungsgeschichte zur Berliner

Hausbesetzung erzählt. Wie schon

zuvor führt Jan im Anschluss ein

Interview mit dem Autor, dessen

Erlebnisse deutlich machen, dass die

Besetzung eine Aktion gegen den

damaligen Wohnungsnotstand war.

Gesamteindruck: Jan liest viele

Bücher mit Punk-Bezug, die er in der

aktuellen Ausgabe ausgiebig vorstellt

und deren Autoren er zum Teil

mithilfe von Manuel (SCHRAIBFELA-

Fanzine) ausquetscht. Die Umsetzung

ist strukturiert in mehreren

Blöcken/Abschnitten aufgebaut und

in dieser Form auch wie ein

zeitgeschichtliches Archiv sortiert,

was im Übrigen auch für die

weiteren Rubriken im Zine gilt. Und

es kann dazu führen, dass Antifa und

linke Politik handlungsfähig bleibt,

Menschen sich Gedanken machen

und sich der Geschichte zu erinnern.

In diesem Sinne vermittelt Jan in

seinem aktuellen P.t.b.P. auch

Zeitgeschichte und Wissen aus der

Perspektive der Unterdrückten und

Ausgebeuteten durch

Raumaneignung und die

anarchistische Einstellung des Punk.

RAUDITUM #5

76 DIN-A-5-Seiten; €3,00.-

www.facebook.com/rauditumfanzine

Nach UGLYs Arschlochcontest startet

mit dem THE PROWLERS-Interview

ein kleines Montréal-OI-Special, das

mit UNION THUGS zum

Klassenkampf geführt wird und mit

„Red&Anarchist Skinheads Montréal“

aus der Grauzone gehoben wird.

Abgeschlossen wird das Special mit

einem „Béton Armé“-Interview, die

„antirassistisch, anti-sexistisch und

gegen alles“ sind. Kurz und bündig

werden MALAD und DAY DRINKER

vorgestllt und abserviert, bis in der

Kolumne „Auf ein Wort“ gegen

Boneheads und die Rechtfertigung

„Die Antifa ist nicht besser als die

Faschos, genau die gleiche Gewalt!“

abgerechnet wird. UGLY skizziert

und seziert Helmut Roewers extrem

rechte Umtriebe und dessen

Umsturzfantasien, die er als

Präsident (1994-2000) des Thüringer

Landesamtes für Verfassungsschutz

heute bspw. In „Querdenken TV“

propagiert.

Sloss von den reformierten

BRAINDANCE klärt auf, warum sich

die Band 2001 aufgelöst hat und wie

es nach 15 Jahren wieder zur

Neugründung kam, was „ein

Missverständnis und nicht geplant

war“. Auf satte 7 Seiten erzählt

Sucker (u.a. OXYMORON) seine Punk-

Sozialisation und steht ausführlich

Rede und Antwort zum Werdegang

der Band OXYMORON und die Zeit

danach. Der Widerspruch mit der

Maskierung wird im Comic „The

Demo after“ in Corona-Zeiten

offenbar, bevor es einen

überflüssigen 3-seitigen Artikel über

die „125 Jahre Fortuna Düsseldorf“-

DVD gibt und offenbar auch nur

„eingefleischten Fans“ vorbehalten

ist. Carolin Hirsch ist Doktorandin an

der Uni Konstanz und schreibt ihre

Doktorarbeit zu Aktivismus in

Myanmar. Für ihre

Forschungsmethode zum Thema hat

Carolin 18 Monate in Yangon gelebt

und gearbeitet. Ihre sehr

tiefgründigen Einblicke zu den

politischen und subkulturellen

Verhältnissen, die im krassen

Widerspruch stehen, werden mit

vielen Anmerkungen und

weiterführenden Infos bestückt.

Gesamteindruck: Ein starkes Stück.

Ein Montréal-OI-Special, das

Interview mit Sucker und nach

bohrende, kritische Fragen sowie

Carolins Yangon-Punk-Special sind

die eindeutigen Stärken dieser

Ausgabe. Und gerade, wenn sich die

Herausgeber und

Gastschreiber*innen genügend Platz

und Raum bekommen, gestaltet sich

der Inhalt diskursiv und tiefgründig.

Alles andere schwimmt an der

Oberfläche und ist Infotainment.

Tierbefreiung #112

84 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-

die tierbefreier e.V., Postfach

160132, 40564 Düsseldorf

https://www.tierbefreiershop.de

Der Schwerpunkt „From Beef to

Beans“ behandelt Aspekte von

Ernährungssouveränität,

kleinbäuerliche Tierhaltung und

Tierbefreiung. In der Entwicklung der

Lebensmittelerzeugung und -

verarbeitung ist seit Mitte des 20.

Jahrhunderts eine Abkehr von

lokalen, regionalen und nationalen

hin zu globalen

Wertschöpfungsketten zu

beobachten. In dieser Entwicklung

wurden kleinbäuerliche Strukturen,

landwirtschaftliche

Familienbetriebe, Hofläden und

Märkte sowie andere lokal und

regional vorhandene Erzeuger*innen

sowie Vertriebsstrukturen im Zuge

der Kapitalisierung,

Exportorientierung, durch

Betriebsmodelle mit größtmöglichen

Skaleneffekten und Flurbereinigung

in ein global wirtschaftendes

Marktsystem überführt, welches

regional verwurzelte Strukturen

minimierte. Gegen diese Tendenzen

spricht sich das Konzept der

Ernährungssouveränität, entwickelt

von der Organisation La Via

Campesina, aus dem Jahre 1996 aus.

Es setzt sich für eine aktive

demokratische Beeinflussung und

Transformation der

Lebensmittelwertschöpfungskette

von den Anbauflächen bis zum

Endverbraucher*innen ein. Globalen

Maßstäben werden lokale, regionale

sowie nachhaltige Strukturen der

Lebensmittelerzeugung

entgegengesetzt, deren

kleinstrukturierte

Bewirtschaftungsweisen, die unter

fairen Bedingungen stattfinden und

durch deren Anbauweisen

Nahrungsmittel mit und nicht gegen

die Natur Nahrungsmittel produziert

werden. Ziel ist nicht, globale

Maßstäbe zu befriedigen, sondern

vielmehr in kleinräumigen

Wirtschaftssystemen die

Bevölkerung vor Ort und im

regionalen Kontext mit qualitativ

hochwertigen und naturschonenden

Nahrungsmitteln zu versorgen. Dazu

gehört auch u.a. eine biovegane

Landwirtschaft, aber auch eine

kleinbäuerliche Produktionsweise

mit Tieren, die aber anders als in der

industriellen Produktionsweise

unter Selbstverwaltung der

Arbeiter*innen stattfindet. Ein

Streitgespräch mit Siyah, Luca, Lisa

und Janna offenbart Ansichten, die

wie Janna flächendeckende

Tierhaltung akzeptiert, Luca

Tiernutzung aus wirtschaftlichen

Gründen sinnvoll erachtet im krassen

Gegensatz zur Tierbefreiung stehen.

Das wird auch im Artikel zu mehr

„Tierwohl“ deutlich, in dem Daniel

Wawrzyniak Leid, Gefangenhaltung

und Tötung von Tieren aufgreift, sich

aber an keiner Grundsatzdiskussion

beteiligen will, ob Tierprodukte auf

Lebenshöfe konsumieren in Ordnung

geht und auch eine kleinbäuerliche

Nutztierhaltung befürwortet.

Gesamteindruck: Die Redaktion

weist darauf hin, dass das Thema

mehr „Gesichtspunkte“ hat, als dass

diese in einer einzigen Ausgabe

berücksichtigt werden können. Das

Konzept der Ernährungssouveränität

führt durch seine Umsetzung zu

einer Stärkung der regionalen

Versorgung der Menschen im

Zusammenspiel mit den Akteuren in

der Wertschöpfungskette. Jedoch

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