UNDERDOG #67
Schwerpunkt: Anti everything Schwerpunkt: Anti everything
BASH!. Dagegen ist das kleine „Punkin Göttingen“_Special schongehaltvoller. ABRUPT, Mike vonBOMB ALL RECORDS und Angelika(Juzi) werden von Ronja zuAktivitäten und zur städtischenSubkultur befragt. Lizal berichtet mitihrer Kolumne „Sexismus gegenMusikerinnen“ von gemachtenErfahrungen/Erlebnissen, hat nochHoffnung auf mehrEmpathie/Wertschätzung gegenüberFrauen* einerseits undkonsequentes Handeln gegenSexismus anderseits und plädiert fürmehr Empfehlungen vonMusikerinnern fürVeranstalter*innen. Chrissi stellt mitCafé Taktlos und AKW Bitterfeld zweiLäden in der ostdeutschen Provinzvor, während Bastis Kolumne„Geschichten aus der Gruft“ diegescheiterte KKK-Operation „RedDog“ skizziert. Das KKK-begeisterteMitglied Mike Purdue und WolfgangDroege wollten die Insel Grenadaerobern, woraufhin sie die totaleKontrolle über die Insel übernehmenund sie zu einem KKK-Land namensAryan Utopia machen wollten.Wenige Minuten vor ihrer Abreisewurden sie von Bundesagenten inNew Orleans festgenommen. IhrBoot wurde überfallen und mehrereillegale Waffen wurdenbeschlagnahmt. Seltsam...aber soschnell verpuffen White Power-Träume!Gesamteindruck: Die anhaltendeDebatte über Frauenfeindlichkeit imPunk durchdringt die Inhalte deraktuellen Ausgabe. Das ist sicherlichnicht neu. Sexualisierte Gewalt undSexismus im Punk ist immer einThema, wurde und wird inverschiedener Form thematisiert.Auch wenn es viele Ansprachen aufKonzerten und in AZ's gibt oderKneipen oftmals Hilfsangebote fürFrauen*, die sich belästigt fühlen,anbieten, besteht die Problematikweiterhin. Es gibt Grenzen, dieeinzuhalten sind. Egal wie viel Humorjemensch hat (und sexistische Witzevielleicht als Provokation rechtfertigt)und wie sehr sich Punk gegenjegliche Grenzen auflehnt – sobaldsich jemensch unwohl und ungerechtbehandelt fühlt, hört der Spaß auf.Diese Problematik muss immerwieder sichtbar und transparentgemacht werden, no doubt. Dazugehört aber auch, dass das eigeneHandeln reflektiert werden muss.Denn Ausschlüsse undDiskriminierungen werden im Punkimmer wieder auftreten. Es hat auchmit Wut zu tun. Wut ist ein Antrieb.Eben deshalb ist es so wichtig,emanzipatorischequeerfeministischeNetzwerkeaufzubauen und gegenseitigenSupport zu gewährleisten. Das P.B.schlägt hierzu die notwendigeRichtung ein.PLOP #99/100108 DIN-A-5-Seiten; €7,00.-https://www.plop-fanzine.de/Das dienstälteste Comic-ZineDeutschlands wurde im Frühjahr 40Jahre alt: Die pralleJubiläumsdoppelausgabe #99 d hat zudem mit Heike Annackerals PLOP-Erfinderin erneut eineOber-Plopperin, die zusammen mitAndreas Alt, Benedikt Franke undPeter Schaaf das Redaktions-Teambildet. Es gibt Comics undredaktionelle Beiträge mitRückblicken und Interviews mit demRedaktions-Team sowie mit WalterMoers, der in den frühen PLOP-Zineskünstlerisch aktiv war und hier einigeseiner Werke beisteuert.Wehmut keimt auf, wenn anehemalige PLOP-Künstler erinnertwird, die verstorben sind, Es gibtviele Grußzeichnungen und AndreasAlt zieht Bilanz mit der PLOP-Chronik. Die Textbeiträge lockern diequalitativ schwankenden Comic-Strips und Comics auf, sind sogar einwichtiger Teil des Fanzines, die mitkleinen Zeichnungen aufgeplopptwerden und mehr als nurRandnotizen sind. Die Interviewssagen viel über die jeweiligenKünstler*innen aus. JO84 skizziertAndreas Alts Biographie mit Bezügezum Comic allgemein und zur PLOP-Herausgeber-Zeit im Speziellen. DasInterview ist toll layoutiert undbebildert. In die gleiche Kerbeschlägt Peter Schaafs Interview mitBernhard Bollen, dem letztenSchwach hingegen ist das Interviewmit Walter Moers, was an seinerKurzsilbig liegt. Dafür sind wiederumalte Fotos interessant, aus einer Zeit,wo es persönliche Treffen gab wiedie PLOP-Party 1993 in Düsseldorf,die einen familiären Rahmen boten,gegenüber den Treffen auf diedamaligen Comic-Messen.Neben Nostalgie und Wehmut gibt esauch Besonderheiten:Mitherausgeber Peter Schaaf hatAnfang der 80er Jahre seine erstenComics veröffentlicht und für dieseAusgabe die Fortsetzung seinesdamaligen Beitrags DARNAK gewählt,der nach 1985 nicht angeschlossenwurde und nun fortgeführt werdensoll.Gesamteindruck: Comics undredaktionelle Beiträge als Mixturhaben mir schon während AndreasAlts Herausgeber-Ära gut gefallen,die damals auch ein Rezensions-Teilbeinhaltete. Mir gefallen mehrseitigeComics am besten, wenn sie einespannende, witzige Story haben undTiefgang besitzen. AlsJubiläumsausgabe hält dieseDoppelausgabe aber ein paar guteAnsätze (Rückblicke, Interviews)parat, die unbedingt beibehaltenwerden sollten. Ansonsten frage ichmich, wo sind die Beiträge all derbekannten Künstler wie Max Jähling,Frans Stummer, Mawil, Flix,geblieben? By the way, stöbert malauf der Homepage. Hier findet ihralte und ganz frühe Ausgaben alspdf-Download und viele weiterenInfos und Zeichnungen!PROUD TO BEPUNK #34100 DIN-A-5-Seiten; €2,50.-jan.sobe@t-online.deJan engagiert sich im #Hikefor-Projekt, welches Jugendliche undGeflüchtete Hilfsprogramme bietet,um diese „im Rahmen sozialer undemanzipatorischer Arbeit zubegleiten und zu stärken, damit siesich organisieren und ihreBedürfnisse als Gruppekommunizieren und dafürselbstbewusst eintreten können.“Sven Limberg (u.a. AIDSCATS) liebtHuchting und Punk, beides gehörtfür ihn untrennbar zusammen, waser in zwei Büchern dokumentiert hat.Seine oft musikalischen, mitunterabenteuerlich und gesellschaftlichspannenden Erinnerungen schilderter auf fast 350 Din-A4-Seiten in„Anarchy in Huchting – DieGeschichte des Punk in Huchting1977–2020“ und in seinemautobiografischen, umfangreichenDokuroman, der schlicht „Anarchy inHuchting“ heißt.„Vergesst New York, vergesst London,Hamburg, Berlin und Düsseldorf, derHotspot des Punk war und ist seitden ersten Tagen Huchting. PunkRock City Huchting", fasst er seineSicht der Szene zusammen, geprägtvon Gewalt, Musik und demJugendzentrum Huchting alsZentrum der Subkultur. Jan stelltbeide Bücher vor und befragt Svenausgiebig über Huchtinger Punksund seinen Verästelungen.„Migrantifa Berlin“ vereint der Wille,„eine neue Welt möglich zu machen“.Jan skizziert die „Mainzer Straße“ undfokussiert sich im Artikel auf Songsmit Kontext um den Kampf derbesetzten Häuser sowie auf dieRäumung am 14. November 1990,die zur Straßenschlacht eskalierte.80
Mit „Stino – Von West nach Ost durchBerlin 1990“ stellt Jan ein weiteresBuch vor, dass hieran anknüpft, zumeinen auch ein StückGeschichtsarbeit aus der Perspektiveder Unterdrückten undAusgebeuteten leistet, zum anderenein Stück solidarischeBewegungsgeschichte zur BerlinerHausbesetzung erzählt. Wie schonzuvor führt Jan im Anschluss einInterview mit dem Autor, dessenErlebnisse deutlich machen, dass dieBesetzung eine Aktion gegen dendamaligen Wohnungsnotstand war.Gesamteindruck: Jan liest vieleBücher mit Punk-Bezug, die er in deraktuellen Ausgabe ausgiebig vorstelltund deren Autoren er zum Teilmithilfe von Manuel (SCHRAIBFELA-Fanzine) ausquetscht. Die Umsetzungist strukturiert in mehrerenBlöcken/Abschnitten aufgebaut undin dieser Form auch wie einzeitgeschichtliches Archiv sortiert,was im Übrigen auch für dieweiteren Rubriken im Zine gilt. Undes kann dazu führen, dass Antifa undlinke Politik handlungsfähig bleibt,Menschen sich Gedanken machenund sich der Geschichte zu erinnern.In diesem Sinne vermittelt Jan inseinem aktuellen P.t.b.P. auchZeitgeschichte und Wissen aus derPerspektive der Unterdrückten undAusgebeuteten durchRaumaneignung und dieanarchistische Einstellung des Punk.RAUDITUM #576 DIN-A-5-Seiten; €3,00.-www.facebook.com/rauditumfanzineNach UGLYs Arschlochcontest startetmit dem THE PROWLERS-Interviewein kleines Montréal-OI-Special, dasmit UNION THUGS zumKlassenkampf geführt wird und mit„Red&Anarchist Skinheads Montréal“aus der Grauzone gehoben wird.Abgeschlossen wird das Special miteinem „Béton Armé“-Interview, die„antirassistisch, anti-sexistisch undgegen alles“ sind. Kurz und bündigwerden MALAD und DAY DRINKERvorgestllt und abserviert, bis in derKolumne „Auf ein Wort“ gegenBoneheads und die Rechtfertigung„Die Antifa ist nicht besser als dieFaschos, genau die gleiche Gewalt!“abgerechnet wird. UGLY skizziertund seziert Helmut Roewers extremrechte Umtriebe und dessenUmsturzfantasien, die er alsPräsident (1994-2000) des ThüringerLandesamtes für Verfassungsschutzheute bspw. In „Querdenken TV“propagiert.Sloss von den reformiertenBRAINDANCE klärt auf, warum sichdie Band 2001 aufgelöst hat und wiees nach 15 Jahren wieder zurNeugründung kam, was „einMissverständnis und nicht geplantwar“. Auf satte 7 Seiten erzähltSucker (u.a. OXYMORON) seine Punk-Sozialisation und steht ausführlichRede und Antwort zum Werdegangder Band OXYMORON und die Zeitdanach. Der Widerspruch mit derMaskierung wird im Comic „TheDemo after“ in Corona-Zeitenoffenbar, bevor es einenüberflüssigen 3-seitigen Artikel überdie „125 Jahre Fortuna Düsseldorf“-DVD gibt und offenbar auch nur„eingefleischten Fans“ vorbehaltenist. Carolin Hirsch ist Doktorandin ander Uni Konstanz und schreibt ihreDoktorarbeit zu Aktivismus inMyanmar. Für ihreForschungsmethode zum Thema hatCarolin 18 Monate in Yangon gelebtund gearbeitet. Ihre sehrtiefgründigen Einblicke zu denpolitischen und subkulturellenVerhältnissen, die im krassenWiderspruch stehen, werden mitvielen Anmerkungen undweiterführenden Infos bestückt.Gesamteindruck: Ein starkes Stück.Ein Montréal-OI-Special, dasInterview mit Sucker und nachbohrende, kritische Fragen sowieCarolins Yangon-Punk-Special sinddie eindeutigen Stärken dieserAusgabe. Und gerade, wenn sich dieHerausgeber undGastschreiber*innen genügend Platzund Raum bekommen, gestaltet sichder Inhalt diskursiv und tiefgründig.Alles andere schwimmt an derOberfläche und ist Infotainment.Tierbefreiung #11284 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-die tierbefreier e.V., Postfach160132, 40564 Düsseldorfhttps://www.tierbefreiershop.deDer Schwerpunkt „From Beef toBeans“ behandelt Aspekte vonErnährungssouveränität,kleinbäuerliche Tierhaltung undTierbefreiung. In der Entwicklung derLebensmittelerzeugung und -verarbeitung ist seit Mitte des 20.Jahrhunderts eine Abkehr vonlokalen, regionalen und nationalenhin zu globalenWertschöpfungsketten zubeobachten. In dieser Entwicklungwurden kleinbäuerliche Strukturen,landwirtschaftlicheFamilienbetriebe, Hofläden undMärkte sowie andere lokal undregional vorhandene Erzeuger*innensowie Vertriebsstrukturen im Zugeder Kapitalisierung,Exportorientierung, durchBetriebsmodelle mit größtmöglichenSkaleneffekten und Flurbereinigungin ein global wirtschaftendesMarktsystem überführt, welchesregional verwurzelte Strukturenminimierte. Gegen diese Tendenzenspricht sich das Konzept derErnährungssouveränität, entwickeltvon der Organisation La ViaCampesina, aus dem Jahre 1996 aus.Es setzt sich für eine aktivedemokratische Beeinflussung undTransformation derLebensmittelwertschöpfungskettevon den Anbauflächen bis zumEndverbraucher*innen ein. GlobalenMaßstäben werden lokale, regionalesowie nachhaltige Strukturen derLebensmittelerzeugungentgegengesetzt, derenkleinstrukturierteBewirtschaftungsweisen, die unterfairen Bedingungen stattfinden unddurch deren AnbauweisenNahrungsmittel mit und nicht gegendie Natur Nahrungsmittel produziertwerden. Ziel ist nicht, globaleMaßstäbe zu befriedigen, sondernvielmehr in kleinräumigenWirtschaftssystemen dieBevölkerung vor Ort und imregionalen Kontext mit qualitativhochwertigen und naturschonendenNahrungsmitteln zu versorgen. Dazugehört auch u.a. eine bioveganeLandwirtschaft, aber auch einekleinbäuerliche Produktionsweisemit Tieren, die aber anders als in derindustriellen Produktionsweiseunter Selbstverwaltung derArbeiter*innen stattfindet. EinStreitgespräch mit Siyah, Luca, Lisaund Janna offenbart Ansichten, diewie Janna flächendeckendeTierhaltung akzeptiert, LucaTiernutzung aus wirtschaftlichenGründen sinnvoll erachtet im krassenGegensatz zur Tierbefreiung stehen.Das wird auch im Artikel zu mehr„Tierwohl“ deutlich, in dem DanielWawrzyniak Leid, Gefangenhaltungund Tötung von Tieren aufgreift, sichaber an keiner Grundsatzdiskussionbeteiligen will, ob Tierprodukte aufLebenshöfe konsumieren in Ordnunggeht und auch eine kleinbäuerlicheNutztierhaltung befürwortet.Gesamteindruck: Die Redaktionweist darauf hin, dass das Themamehr „Gesichtspunkte“ hat, als dassdiese in einer einzigen Ausgabeberücksichtigt werden können. DasKonzept der Ernährungssouveränitätführt durch seine Umsetzung zueiner Stärkung der regionalenVersorgung der Menschen imZusammenspiel mit den Akteuren inder Wertschöpfungskette. Jedoch81
- Seite 29 und 30: BikQueercore band Bikini Kill 1995.
- Seite 31 und 32: 31
- Seite 33 und 34: Queer(feminist)Punk: an anti-social
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- Seite 44 und 45: UmfragePunk war und ist vorallem ei
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- Seite 54 und 55: Frauenrockbandsso wichtigen Fragen
- Seite 56 und 57: FrauenrockbandsÜber den Einbruch v
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- Seite 60 und 61: Gegen toxische Männlichkeit und da
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- Seite 74 und 75: Gegen toxische Männlichkeit und da
- Seite 76 und 77: AIB #13072 DIN-A-4 Seiten; € 3,50
- Seite 78 und 79: den Betrieben, die an der Planungun
- Seite 82 und 83: spricht die Ernährungssouveränit
Mit „Stino – Von West nach Ost durch
Berlin 1990“ stellt Jan ein weiteres
Buch vor, dass hieran anknüpft, zum
einen auch ein Stück
Geschichtsarbeit aus der Perspektive
der Unterdrückten und
Ausgebeuteten leistet, zum anderen
ein Stück solidarische
Bewegungsgeschichte zur Berliner
Hausbesetzung erzählt. Wie schon
zuvor führt Jan im Anschluss ein
Interview mit dem Autor, dessen
Erlebnisse deutlich machen, dass die
Besetzung eine Aktion gegen den
damaligen Wohnungsnotstand war.
Gesamteindruck: Jan liest viele
Bücher mit Punk-Bezug, die er in der
aktuellen Ausgabe ausgiebig vorstellt
und deren Autoren er zum Teil
mithilfe von Manuel (SCHRAIBFELA-
Fanzine) ausquetscht. Die Umsetzung
ist strukturiert in mehreren
Blöcken/Abschnitten aufgebaut und
in dieser Form auch wie ein
zeitgeschichtliches Archiv sortiert,
was im Übrigen auch für die
weiteren Rubriken im Zine gilt. Und
es kann dazu führen, dass Antifa und
linke Politik handlungsfähig bleibt,
Menschen sich Gedanken machen
und sich der Geschichte zu erinnern.
In diesem Sinne vermittelt Jan in
seinem aktuellen P.t.b.P. auch
Zeitgeschichte und Wissen aus der
Perspektive der Unterdrückten und
Ausgebeuteten durch
Raumaneignung und die
anarchistische Einstellung des Punk.
RAUDITUM #5
76 DIN-A-5-Seiten; €3,00.-
www.facebook.com/rauditumfanzine
Nach UGLYs Arschlochcontest startet
mit dem THE PROWLERS-Interview
ein kleines Montréal-OI-Special, das
mit UNION THUGS zum
Klassenkampf geführt wird und mit
„Red&Anarchist Skinheads Montréal“
aus der Grauzone gehoben wird.
Abgeschlossen wird das Special mit
einem „Béton Armé“-Interview, die
„antirassistisch, anti-sexistisch und
gegen alles“ sind. Kurz und bündig
werden MALAD und DAY DRINKER
vorgestllt und abserviert, bis in der
Kolumne „Auf ein Wort“ gegen
Boneheads und die Rechtfertigung
„Die Antifa ist nicht besser als die
Faschos, genau die gleiche Gewalt!“
abgerechnet wird. UGLY skizziert
und seziert Helmut Roewers extrem
rechte Umtriebe und dessen
Umsturzfantasien, die er als
Präsident (1994-2000) des Thüringer
Landesamtes für Verfassungsschutz
heute bspw. In „Querdenken TV“
propagiert.
Sloss von den reformierten
BRAINDANCE klärt auf, warum sich
die Band 2001 aufgelöst hat und wie
es nach 15 Jahren wieder zur
Neugründung kam, was „ein
Missverständnis und nicht geplant
war“. Auf satte 7 Seiten erzählt
Sucker (u.a. OXYMORON) seine Punk-
Sozialisation und steht ausführlich
Rede und Antwort zum Werdegang
der Band OXYMORON und die Zeit
danach. Der Widerspruch mit der
Maskierung wird im Comic „The
Demo after“ in Corona-Zeiten
offenbar, bevor es einen
überflüssigen 3-seitigen Artikel über
die „125 Jahre Fortuna Düsseldorf“-
DVD gibt und offenbar auch nur
„eingefleischten Fans“ vorbehalten
ist. Carolin Hirsch ist Doktorandin an
der Uni Konstanz und schreibt ihre
Doktorarbeit zu Aktivismus in
Myanmar. Für ihre
Forschungsmethode zum Thema hat
Carolin 18 Monate in Yangon gelebt
und gearbeitet. Ihre sehr
tiefgründigen Einblicke zu den
politischen und subkulturellen
Verhältnissen, die im krassen
Widerspruch stehen, werden mit
vielen Anmerkungen und
weiterführenden Infos bestückt.
Gesamteindruck: Ein starkes Stück.
Ein Montréal-OI-Special, das
Interview mit Sucker und nach
bohrende, kritische Fragen sowie
Carolins Yangon-Punk-Special sind
die eindeutigen Stärken dieser
Ausgabe. Und gerade, wenn sich die
Herausgeber und
Gastschreiber*innen genügend Platz
und Raum bekommen, gestaltet sich
der Inhalt diskursiv und tiefgründig.
Alles andere schwimmt an der
Oberfläche und ist Infotainment.
Tierbefreiung #112
84 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-
die tierbefreier e.V., Postfach
160132, 40564 Düsseldorf
https://www.tierbefreiershop.de
Der Schwerpunkt „From Beef to
Beans“ behandelt Aspekte von
Ernährungssouveränität,
kleinbäuerliche Tierhaltung und
Tierbefreiung. In der Entwicklung der
Lebensmittelerzeugung und -
verarbeitung ist seit Mitte des 20.
Jahrhunderts eine Abkehr von
lokalen, regionalen und nationalen
hin zu globalen
Wertschöpfungsketten zu
beobachten. In dieser Entwicklung
wurden kleinbäuerliche Strukturen,
landwirtschaftliche
Familienbetriebe, Hofläden und
Märkte sowie andere lokal und
regional vorhandene Erzeuger*innen
sowie Vertriebsstrukturen im Zuge
der Kapitalisierung,
Exportorientierung, durch
Betriebsmodelle mit größtmöglichen
Skaleneffekten und Flurbereinigung
in ein global wirtschaftendes
Marktsystem überführt, welches
regional verwurzelte Strukturen
minimierte. Gegen diese Tendenzen
spricht sich das Konzept der
Ernährungssouveränität, entwickelt
von der Organisation La Via
Campesina, aus dem Jahre 1996 aus.
Es setzt sich für eine aktive
demokratische Beeinflussung und
Transformation der
Lebensmittelwertschöpfungskette
von den Anbauflächen bis zum
Endverbraucher*innen ein. Globalen
Maßstäben werden lokale, regionale
sowie nachhaltige Strukturen der
Lebensmittelerzeugung
entgegengesetzt, deren
kleinstrukturierte
Bewirtschaftungsweisen, die unter
fairen Bedingungen stattfinden und
durch deren Anbauweisen
Nahrungsmittel mit und nicht gegen
die Natur Nahrungsmittel produziert
werden. Ziel ist nicht, globale
Maßstäbe zu befriedigen, sondern
vielmehr in kleinräumigen
Wirtschaftssystemen die
Bevölkerung vor Ort und im
regionalen Kontext mit qualitativ
hochwertigen und naturschonenden
Nahrungsmitteln zu versorgen. Dazu
gehört auch u.a. eine biovegane
Landwirtschaft, aber auch eine
kleinbäuerliche Produktionsweise
mit Tieren, die aber anders als in der
industriellen Produktionsweise
unter Selbstverwaltung der
Arbeiter*innen stattfindet. Ein
Streitgespräch mit Siyah, Luca, Lisa
und Janna offenbart Ansichten, die
wie Janna flächendeckende
Tierhaltung akzeptiert, Luca
Tiernutzung aus wirtschaftlichen
Gründen sinnvoll erachtet im krassen
Gegensatz zur Tierbefreiung stehen.
Das wird auch im Artikel zu mehr
„Tierwohl“ deutlich, in dem Daniel
Wawrzyniak Leid, Gefangenhaltung
und Tötung von Tieren aufgreift, sich
aber an keiner Grundsatzdiskussion
beteiligen will, ob Tierprodukte auf
Lebenshöfe konsumieren in Ordnung
geht und auch eine kleinbäuerliche
Nutztierhaltung befürwortet.
Gesamteindruck: Die Redaktion
weist darauf hin, dass das Thema
mehr „Gesichtspunkte“ hat, als dass
diese in einer einzigen Ausgabe
berücksichtigt werden können. Das
Konzept der Ernährungssouveränität
führt durch seine Umsetzung zu
einer Stärkung der regionalen
Versorgung der Menschen im
Zusammenspiel mit den Akteuren in
der Wertschöpfungskette. Jedoch
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