UNDERDOG #67
Schwerpunkt: Anti everything Schwerpunkt: Anti everything
Frauenrockbandsorientiert sich für die Punk-Frauen zusehr an traditionell weiblichenRepräsentationen.Mit diesen Kritiken wird die Vorstellungvon „Frauenmusik“ als eine gemeinsamekulturelle Basis für feministischlesbischesHandeln und für kollektiveInterventionen in die männlichdominierte Musikindustrie infragegestellt. „Frauenmusik“ und die Suchenach einer „essenziellen“ Weiblichkeitwerden zu einem Ausdruck vonFrauen*/Lesben einer bestimmtenGeneration.„Emanzenpunk“ aus ÖsterreichPunk, der sich in Wien im Kontextder besetzten Häuser Ende der 1970erJahre formiert, greift die Rebellion desRock auf – allerdings nicht, um siewiederzubeleben, sondern um sie zubrechen, zu ironisieren und umzudeuten.Die Absage an die Gleichung, Rock ist dieRebellion junger, weißer cis-Männergegen gesellschaftliche Konventionen,das DIY-Konzept sowie die Haltung, dassPunk ohnehin gegen alles verstößt,schaffen zum ersten Mal in der(Musik-)Geschichte auch für Frauen* alsMusikerinnen ideologische und realeRäume, aktiv die neue Bewegungmitzugestalten. Zur gleichen Zeit werdendie Forderungen nachGleichberechtigung undSelbstbestimmung für Frauen*/Lesbendurch die Frauenbewegung lauter.In dieser auch in Österreich und vorallem in Wien spürbarenAufbruchstimmung lernen sich die vierMusikerinnen der erstenösterreichischen Frauenpunkband A-Gen53 auf einem Nina-Hagen-Konzert undüber die Anzeige „Frauenpunkband suchtMusikerinnen“ in der WochenzeitungFalter kennen. Für die damals 15- bis 21-jährigen Frauen ist nicht dieFrauenbewegung das Verbindende.Musik, Kleidung, interne Codes, diepolitische Haltung sowie die Abgrenzungder Punks zu anderen jugendlichenSubkulturen wie den Hippies oder denMods sind für A-Gen 53 diesinnstiftenden Elemente. In ihrerAdaption des Sex Pistols-Songs ‚Belsenwas a Gas‘ zeichnen sie die Rivalitätenund Feindschaften nach.A-Gen 53 (1980)»Heit gemma in a Tanzlokal. Dasamma amoi ganz brutal. Zwingand’Leit zum Pogo tanzen. Dannschneid ma eana d’Hoa in Fransen(...)Vastöts eich net & machts kanSchmäh, auf Disco stehts, des wissma eh. Heit gemma wieda Pogotanzn:PogoPogoPogoPogoPogoPogoPogoPogoPogo!«Schließlich ergab sich ein klassischesRock-Lineup: Gitarre, Bass, Schlagzeug.Sängerin Nivea, die in der zweiten Phaseder Gruppe dazu stieß, entwickelte sichzum Maskottchen und zum visuellenAushängeschild der Wiener Szene. A-Gen53 bekannten sich zu einem fröhlichenDilettantismus, der auf Virtuosität pfiffund stattdessen primitiven 3-Akkorde-Krach zelebrierte – ganz wie diebritischen Bands Raincoats und The Slits.Aber während diese Vorbilder*innenihren Sound ausdifferenzierten undschließlich bei Postpunk und Dub Reggaelandeten, lösten sich A-Gen 53 1982schon wieder auf.A-Gen 53 verstand sich als Teil derWiener Punk-Bewegung. Ihr Verhältniszur Frauenbewegung ist distanzierter.Obwohl sich ihr Engagement für undinnerhalb der Frauenbewegung auf58
FrauenrockbandsKonzerte beschränkt, nimmt derFeminismus Einfluss auf die Band. Siebenennen sich nach einemVerhütungsmittel für Frauen* (A-Gen 53)und spielen bei den Konzerten immerwieder ihre Hymne „Neuer KlangEmanzenpunk A-Gen 53“.Mitte der 1990er Jahre nur äußertlangsam steigt, obwohl die Anzahl derweiblichen Role-Models kontinuierlichzunimmt, Instrumentalistinnen im Rockund Pop sichtbarer und Mädchen/jungeFrauen selbstbewusster im Umgang miteinem Instrument lernen/spielen werden.A-Gen 53Die Punk-Ideologie, gegen alles zusein, macht es den Frauen* zwar leichtermitzumachen und ein Instrument in dieHand zu nehmen, langfristig bleibt derEinfluss von Punk auf das „Arrangementder Geschlechter“ (Dorothy Dinnerstein)in der Popkultur minimal. Welchmarginalen StellenwertInstrumentalistinnen haben und aufwelche Barrieren, Vorurteile undStereotypisierungen sie stoßen, zeigtMavis Bayton 4 ausführlich in ihrer Studieüber die Rock-, Pop- und Indie-Szenen inGroßbritannien. Sie kommt zu demSchluss, dass der Prozentsatz vonInstrumentalistinnen in Bands sowie alsSolomusikerinnen von den 1970er bis4 Frock Rock: Women Performing Popular Music;Oxford University Press (Verlag)Die hier exemplarisch porträtiertenBands und Musikerinnen verdeutlichennicht nur sehr unterschiedlicheHerangehensweisen an Musik, sondernauch ihre sehr unterschiedlichenZugänge zum Feminismus und ihreVerortung innerhalb feministischerBewegungen. Ohne die Bands undMusikerinnen auf ihre Zugehörigkeit zurGruppe der Frauen reduzieren zu wollen,ist ihnen eines gemeinsam:Mit ihren Texten, Strategien undKonzepten, die sich imZusammenspiel von Musik,Performance, Politik und Feminismusentwickeln, fordern sie hegemonialeVorstellungen von Geschlecht,Sexualität, Begehren und Identitätheraus.59
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Frauenrockbands
Konzerte beschränkt, nimmt der
Feminismus Einfluss auf die Band. Sie
benennen sich nach einem
Verhütungsmittel für Frauen* (A-Gen 53)
und spielen bei den Konzerten immer
wieder ihre Hymne „Neuer Klang
Emanzenpunk A-Gen 53“.
Mitte der 1990er Jahre nur äußert
langsam steigt, obwohl die Anzahl der
weiblichen Role-Models kontinuierlich
zunimmt, Instrumentalistinnen im Rock
und Pop sichtbarer und Mädchen/junge
Frauen selbstbewusster im Umgang mit
einem Instrument lernen/spielen werden.
A-Gen 53
Die Punk-Ideologie, gegen alles zu
sein, macht es den Frauen* zwar leichter
mitzumachen und ein Instrument in die
Hand zu nehmen, langfristig bleibt der
Einfluss von Punk auf das „Arrangement
der Geschlechter“ (Dorothy Dinnerstein)
in der Popkultur minimal. Welch
marginalen Stellenwert
Instrumentalistinnen haben und auf
welche Barrieren, Vorurteile und
Stereotypisierungen sie stoßen, zeigt
Mavis Bayton 4 ausführlich in ihrer Studie
über die Rock-, Pop- und Indie-Szenen in
Großbritannien. Sie kommt zu dem
Schluss, dass der Prozentsatz von
Instrumentalistinnen in Bands sowie als
Solomusikerinnen von den 1970er bis
4 Frock Rock: Women Performing Popular Music;
Oxford University Press (Verlag)
Die hier exemplarisch porträtierten
Bands und Musikerinnen verdeutlichen
nicht nur sehr unterschiedliche
Herangehensweisen an Musik, sondern
auch ihre sehr unterschiedlichen
Zugänge zum Feminismus und ihre
Verortung innerhalb feministischer
Bewegungen. Ohne die Bands und
Musikerinnen auf ihre Zugehörigkeit zur
Gruppe der Frauen reduzieren zu wollen,
ist ihnen eines gemeinsam:
Mit ihren Texten, Strategien und
Konzepten, die sich im
Zusammenspiel von Musik,
Performance, Politik und Feminismus
entwickeln, fordern sie hegemoniale
Vorstellungen von Geschlecht,
Sexualität, Begehren und Identität
heraus.
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