UNDERDOG #67
Schwerpunkt: Anti everything
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Queer(feminist)Punk: an anti-social story
sozusagen von Hinten an: Ich denke
auch, dass Queerness, verstanden als
gesellschaftliche Sprengkraft ein großes
Potenzial hat. Aber anders als Edelman
würde ich mich hier nicht auf schwulen
Sex beschränken. Ich denke, alle
sexuellen und gender-performativen
Praxen, ja alle Körperlichkeiten und
Daseinsweisen, die nicht in die Struktur
der weißen heteronormativen
Zweigeschlechtlichkeit und
Ablebodiedness passen, haben das
Potenzial an der derzeitigen politischen
und sozialen Ordnung zu kratzen. Wenn
alle nicht-normativen sexuellen und
sozialen Praxen und deren Agenten sich
zusammenschließen würden, könnte die
queere Community die Ordnung der
Normierung und Bedeutungsgebung
umstürzen und dadurch auch die
gesellschaftliche Ordnung.
Im Gegensatz zu Edelman erkenne ich
das aber sehr wohl als politisch an.
Edelman kann sich keine Politik
vorstellen, die nicht dem Erhalt der
(weißen) heteronormativen
Mehrheitsgesellschaft dient. Ich kann
mir aber eine solche Politik und eine
andere nicht heteronormative, nicht
weiß-dominierte, nicht ableistische, nicht
rassistische und nicht patriarchale
soziale Ordnung oder Unordnung gut
vorstellen. Ich gehe sogar so weit zu
behaupten, dass alternative
gesellschaftliche Systeme bereits abseits
der weißen Mehrheitsgesellschaft
existieren, zum Beispiel einige queerfeministische
Punk Communities.
Welche Ungleichheiten und Konflikte
spalten queere, feministische und
LSBTIQ-Bewegungen?
Das Wort „spalten“ mag ich nicht
besonders in Zusammenhang mit
LGBTIQ+ Bewegungen, denn es wird oft
dazu verwendet wichtige Kritik zu
deligitimisieren (ähnlich wie der
„feminist Killjoy“ 1 Vorwurf). Aber es gibt
schon Konfliktlinien, die in vielen
Bewegungen existieren und die benannt
und analysiert werden sollten. Weiße
Dominanz, Misogynie, anti-Muslimische
Ressentiments, anti-migrantische Ideen,
Klassenhass – die Liste ist sehr lange und
der Wille eigene Privilegien und auch
eigene Rassismen und andere Vorurteile
anzuerkennen und vor allem, sie
kontinuierlich zu bearbeiten ist oftmals
rar. Nur jene Bewegungen und
Communities, die die Differenzen und
Privilegien innerhalb ihrer eigenen
Reihen nicht nur anerkennen, sondern
auch diese Differenzen respektieren und
Privilegien teilen können, sind meiner
Meinung nach wirklich revolutionär. Eine
intersektionale Analyse von
Unterdrückungsmechanismen, die
Diskriminierung nicht nur anhand einer
einzelnen Kategorie, also beispielsweise
Rassialisierung, oder Geschlecht, oder
Sexualität versteht, sondern Rassismus,
1 Ein oder eine feminist killjoy ist eine
Spaßverderberin, die nicht über verletzende Witze
lacht. Eine Person, die Worte wie «Sexismus» und
«Rassismus» benutzt – auch wenn das andere in
Erklärungsnot bringt. Kurz: eine Person, die andern
manchmal die Stimmung verdirbt. Geprägt wurde der
Begriff von der Wissenschaftlerin Sara Ahmed
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