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ALfA e.V. Magazin - LebensForum / 142 / 2/2022

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Nr. <strong>142</strong> | 2. Quartal <strong>2022</strong> | ISSN 0945-4586 | Einzelpreis 5,– E B 42890<br />

Politik<br />

Abtreibung soll<br />

beworben werden<br />

Politik<br />

Bundestag regelt<br />

Suizidhilfe neu<br />

Gesellschaft<br />

Die »Kultur des<br />

Todes« im Film<br />

USA: »Roe vs. Wade« vor dem Fall<br />

Die Zukunft<br />

der Abtreibung<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

In Kooperation mit Ärzte für das Leben e.V.<br />

1<br />

www.alfa-ev.de


INHALT<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

TITELTHEMA POLITIK GESELLSCHAFT<br />

Summer of Life?<br />

4<br />

Nach dem Leak einer Urteilsschrift<br />

des US-Supreme-Courts<br />

entfesseln Abtreibungsbefürworter<br />

eine Welle der Gewalt.<br />

Von Maximilian Lutz<br />

»Wir sind alarmiert«<br />

8<br />

Andrea Trudden, Vizepräsidentin<br />

von »Heartbeat International«,<br />

im Interview.<br />

Von Cornelia Kaminski<br />

Die gefährlichste<br />

Frau im Staat<br />

14<br />

Auf den letzten Metern:<br />

Öffentliche Anhörung im<br />

Rechtsausschuss des Bundestags zum<br />

§ 219a StGB bot interessante Einblicke.<br />

Von Stefan Rehder<br />

Karlsruher Zumutungen<br />

20<br />

§ 217 StGB: Im Bundestag<br />

zeichnen sich drei Modelle<br />

zur rechtlichen Neuregelung der Suizidhilfe<br />

ab.<br />

Von Stefan Rehder<br />

Vorstand bestätigt<br />

22<br />

So verlief die diesjährige<br />

Bundesdelegiertenversammlung<br />

der <strong>ALfA</strong>.<br />

Von Alexandra Linder<br />

»Große Koalition<br />

für das Leben«<br />

24<br />

»Seelsorge für das Leben«<br />

unter dem Dach der <strong>ALfA</strong><br />

gegründet.<br />

Von PD Dr. Dr. Kai Witzel<br />

Auf dem Vormarsch<br />

26<br />

Wie sich die »Kultur des Todes«<br />

auf der Kino-Leinwand<br />

ausbreitet.<br />

Von Dr. José Garcia<br />

2 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


EDITORIAL<br />

Tödliche Gewalt<br />

WEITERE THEMEN<br />

12 Bioethik-Splitter<br />

30 Bücherforum<br />

32 Kurz vor Schluss<br />

34 Leserforum<br />

35 Impressum<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

eine Nachricht hat mich in den letzten<br />

Wochen besonders verstört: der Amoklauf<br />

an der Grundschule in Uvalde, Texas.<br />

Nahezu eine ganze Klasse wurde<br />

ausgelöscht von einem 18-Jährigen,<br />

der sich im Land der mächtigen Waffenlobby<br />

ohne Probleme selbst das todbringende<br />

Sturmgewehr kaufen konnte.<br />

Das Entsetzen ist ebenso groß, wie<br />

die Rufe nach schärferen Waffengesetzen<br />

laut sind. Präsident Biden sprach in<br />

seiner ersten Stellungnahme von »unschuldigen,<br />

wunderbaren« Grundschulkindern,<br />

erbat das Gebet der Nation für<br />

die Hinterbliebenen und fragte: »Wann<br />

in Gottes Namen werden wir uns gegen<br />

die Waffenlobby erheben? Wann werden<br />

wir in Gottes Namen tun, wovon<br />

wir alle tief im Innersten wissen, dass<br />

es getan werden muss?« Ein Sturmgewehr<br />

ist indes nicht die einzige Waffe,<br />

mit der in den USA unschuldige, wunderbare<br />

Kinder getötet werden. Curette,<br />

Saugröhrchen, chemische Präparate<br />

wie Mifegyne gehören leider ebenfalls<br />

dazu. Derselbe Präsident, der sich »im<br />

Namen Gottes« gegen die Waffenlobby<br />

stellt, bezeichnete nur wenige Tage zuvor<br />

das Vorhaben des Supreme Courts,<br />

ein Verfassungsrecht auf Abtreibung zu<br />

kippen, als »radikal«. Dieses Recht besteht<br />

momentan bis zur Lebensfähigkeit<br />

des ungeborenen Kindes außerhalb<br />

des Mutterleibs – also in etwa bis zur<br />

22. Schwangerschaftswoche. Er kündigte<br />

an, seine Regierung werde alles<br />

tun, um ein »Recht auf Abtreibung« zu<br />

schützen. Anlass für seine Äußerungen<br />

war die Tatsache, dass der Entwurf einer<br />

Stellungnahme des Supreme Courts<br />

zu »Roe vs. Wade«, in der dessen Aufhebung<br />

angekündigt wird, an die Presse<br />

weitergegeben wurde. Die Folgen für<br />

die Richter und Hilfszentren für Schwangere<br />

waren dramatisch (S. 4–11).<br />

Es gibt keine Abtreibung, die ohne Gewalt<br />

auskommt, ohne das Töten eines<br />

unschuldigen Kindes, ohne Lügen:<br />

Von »Schwangerschaftsgewebe«<br />

bis »Schwangerschaftsunterbrechung«<br />

sind nahezu alle verlogenen Vokabeln<br />

scheinbar wieder salonfähig.<br />

Eines ist jedoch<br />

klar: Gutes kann niemals<br />

aus Lüge und Gewalt<br />

entstehen.<br />

Umso erschreckender<br />

ist es, dass hierfür in<br />

Deutschland zukünftig<br />

wohl auch noch geworben<br />

werden darf. Es versteht<br />

sich von selbst,<br />

dass zur Durchsetzung<br />

eines solchen Vorhabens<br />

weder die Wahrheit noch naturwissenschaftliche<br />

Fakten zuträglich<br />

sind. Wie Vertreter der Pro-Choice-Lobby<br />

in Deutschland in diesem Sinn die<br />

Realität verbiegen, darüber berichten<br />

wir auf S. 14 ff.<br />

»Der Wahrheit<br />

Gehör verschaffen«<br />

Joe Biden, der sich selbst als »bekennenden<br />

Katholiken« bezeichnet, ist in<br />

den USA der mächtigste Verfechter dieser<br />

verlogenen Lobby. Sie ist auf diese<br />

Unterstützung angewiesen, denn: »Nur<br />

die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt.<br />

Die Wahrheit steht von alleine<br />

aufrecht.« Diese Klarsicht des dritten<br />

amerikanischen Präsidenten, Thomas<br />

Jefferson, möchte man nicht nur seinem<br />

Nachfolger im Amt wünschen,<br />

sondern auch unseren politisch Verantwortlichen.<br />

Setzen wir uns daher weiterhin<br />

dafür ein, der Wahrheit Gehör zu<br />

verschaffen!<br />

Ihre<br />

Cornelia Kaminski<br />

Bundesvorsitzende der <strong>ALfA</strong> e.V.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

3


TITELTHEMA<br />

Summer of Life?<br />

Eine durchgestochene Urteilsschrift lässt die Herzen von Amerikas Lebensschützern<br />

höher schlagen: Alles deutet darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof die derzeitige<br />

Abtreibungsgesetzgebung kippen wird. Während Abtreibungsbefürworter teils hilflos,<br />

teils aggressiv reagieren, hat die Pro-Life-Seite vorgesorgt.<br />

Von Maximilian Lutz<br />

Brandanschläge auf Lebensschutzorganisationen,<br />

mit Graffiti beschmierte<br />

Kirchen, marschierende<br />

Demonstranten, die offen mit<br />

Vandalismus drohen: Es war ein beängstigendes<br />

Maß an Gewalt, das ein Teil<br />

von Amerikas Abtreibungsbefürwortern<br />

Mitte Mai offenbarte. Gewalt, die<br />

gezielt Vertreter und Institutionen des<br />

Pro-Life-Lagers ins Visier nahm. Und<br />

die nicht einmal vor den Privatwohnsitzen<br />

von Amerikas Obersten Richtern<br />

Halt machte. Die US-Regierung,<br />

die mit den Anliegen der Demonstranten<br />

grundsätzlich sympathisiert, sah sich<br />

gezwungen, Stellung zu nehmen: US-<br />

Präsident Joe Biden glaube »fest an das<br />

verfassungsmäßige Recht auf Protest«,<br />

so die damalige Pressesprecherin des<br />

Weißen Hauses, Jen Psaki. Dies dürfe<br />

jedoch niemals in Gewalt, Drohungen<br />

oder Vandalismus ausarten.<br />

Der Auslöser der Ausschreitungen<br />

lag eine Woche zurück: ein einzigarti-<br />

4 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


TITELTHEMA<br />

ger Vorfall, beispiellos in der Geschichte<br />

des Landes. Es ist Montagabend an<br />

der Ostküste, als das US-Nachrichtenportal<br />

»politico.com« ein 98-seitiges<br />

Dokument veröffentlicht, angeblich<br />

aus der Feder des konservativen Richters<br />

am Supreme Court, Samuel Alito.<br />

Es soll sich um den Entwurf der Urteilsschrift<br />

des Obersten Gerichtshofs<br />

zum Fall »Dobbs vs. Jackson Women’s<br />

Health Organization« handeln. Die<br />

Entscheidung wird seit Langem erwartet,<br />

war aber frühestens für Juni angekündigt.<br />

Beobachter rechnen damit,<br />

dass das neunköpfige Richtergremium<br />

die Rechtslage zum Lebensschutz<br />

in den USA völlig neu bewertet. »Politico«<br />

ist ein wahrer »Scoop« gelungen:<br />

Denn das durchgestochene Dokument,<br />

dessen Echtheit der Vorsitzende<br />

Richter des Supreme Courts, John Roberts,<br />

später bestätigt, würde das umstrittene<br />

Grundsatzurteil »Roe vs. Wade«<br />

tatsächlich kippen.<br />

Das Urteil aus dem Jahr 1973 besagt,<br />

dass Abtreibungen vor der Lebensfähigkeit<br />

des Fötus außerhalb des Mutterleibs<br />

straffrei sind – also in etwa bis<br />

zur 24. Schwangerschaftswoche. Damit<br />

habe der Oberste Gerichtshof vor fast<br />

50 Jahren jedoch eine falsche Entscheidung<br />

getroffen, schreibt Alito. Die Frage,<br />

ob und bis zu welchem Zeitpunkt<br />

Abtreibungen erlaubt seien, dürfe nicht<br />

von Gerichten, sondern von der Legislative<br />

entschieden werden.<br />

Weiter heißt es in Alitos Argumentation:<br />

»Die Verfassung stellt keinen Bezug<br />

zu Abtreibung her, und ein solches<br />

Recht ist nicht implizit von einer Bestimmung<br />

in der Verfassung geschützt.«<br />

Bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

sei ein »Recht auf Abtreibung« der<br />

amerikanischen Rechtsprechung völlig<br />

unbekannt gewesen. »Roe war von<br />

Anfang an ungeheuerlich falsch. Seine<br />

Argumentation war außerordentlich<br />

schwach und die Entscheidung hatte<br />

verheerende Konsequenzen.« Daher<br />

sei es an der Zeit, »die Verfassung zu<br />

achten und die Abtreibungsfrage an die<br />

gewählten Volksvertreter zurückzugeben«.<br />

Laut »Politico« haben sich vier<br />

Samuel Alito<br />

Derzeit nicht öffentlich zugänglich: Der Sitz des Obersten Gerichtshofes der USA<br />

Richter Alitos Meinung angeschlossen –<br />

es liefe somit auf eine knappe Entscheidung<br />

von fünf zu vier Stimmen hinaus.<br />

Bleibt es dabei, wird in Zukunft jeder<br />

Bundesstaat auf legislativem Weg selbst<br />

entscheiden können, ob, wie lange und<br />

unter welchen Voraussetzungen Abtreibungen<br />

erlaubt sind.<br />

US-Lebensschützer reagierten vorsichtig<br />

optimistisch auf das durchgestochene<br />

Urteil: Catherine Glenn Foster,<br />

Präsidentin der »Americans United for<br />

Life« (AUL), sprach von einem »Tag<br />

des Mutes und der Hoffnung«. Marjorie<br />

Dannenfelser, Präsidentin der »Susan<br />

B. Anthony List«, erklärte: »Wenn<br />

der Entwurf des Gerichtsurteils die abschließende<br />

Meinung des Obersten Gerichtshofs<br />

abbildet, zollen wir der Entscheidung<br />

von ganzem Herzen Beifall.«<br />

Lila Rose, Vorsitzende und Gründerin<br />

der Lobby-Organisation »Live Action«,<br />

betonte genau wie der Jurist Alito, dass<br />

»Roe vs. Wade« von Anfang an eine falsche<br />

Entscheidung gewesen sei. »Roe<br />

zu kippen wäre ein wichtiger Schritt in<br />

die richtige Richtung: das fundamentale<br />

Recht auf Leben zu schützen.«<br />

Der Oberste Gerichtshof verurteilte<br />

indes mit deutlichen Worten, dass der<br />

Entwurf der Urteilsschrift vorab an die<br />

Medien gelangt war. Der Vorgang stelle<br />

»einen einzigartigen und unerhörten<br />

Vertrauensbruch« dar und sei »ein Affront«<br />

gegenüber dem Gericht, so der<br />

Vorsitzende Richter Roberts. Die Verantwortlichen,<br />

die bis heute nicht bekannt<br />

sind, hätten die Integrität der<br />

richterlichen Arbeit untergraben wollen.<br />

Zugleich bemühte sich Roberts um<br />

Schadensbegrenzung: Eine endgültige<br />

Entscheidung sei noch nicht gefallen.<br />

Jedes Mitglied des Gerichtshofs könne<br />

seine abschließende Position zu dem Fall<br />

noch ändern. »Politico« zufolge gibt es<br />

derzeit aber keinen Gegenentwurf für<br />

eine Urteilsschrift. Das durchgestochene<br />

Dokument datiert auf den 10. Februar<br />

– seitdem sei keiner der Richter,<br />

die sich Alitos Meinung angeschlossen<br />

hätten, von seiner Position abgerückt.<br />

Deshalb ist die Angst im Pro-Choice-<br />

Lager der Abtreibungsbefürworter so<br />

groß. Sie ahnen, dass ihnen die Felle<br />

davonzuschwimmen drohen. Die Präsidentin<br />

des »Center for Reproductive<br />

Rights«, Nancy Northup, griff zu dra-<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

5


TITELTHEMA<br />

matischer Rhetorik, als sie vom »folgenschwersten<br />

Rückschlag für Frauenrechte<br />

in der Geschichte unseres Landes«<br />

sprach. Andere wiederum verschafften<br />

ihrer Wut und Enttäuschung tatkräftig<br />

Luft: bei den eingangs erwähnten, gewaltsam<br />

eskalierenden Demonstrationen<br />

und Protestmärschen. Einige Beispiele:<br />

In der Stadt Madison im Bundesstaat<br />

Wisconsin fiel das Büro der<br />

Lebensschutzorganisation »Wisconsin<br />

Family Action« einem Brandanschlag<br />

zum Opfer. Das Gebäude wurde<br />

auch mit Graffiti beschmiert, unter<br />

anderem mit dem Satz: »Wenn Abtreibungen<br />

nicht sicher sind, dann seid ihr<br />

Buch-Tipp<br />

Jen Psaki<br />

Ein Katholik<br />

im Weißen Haus<br />

Maximilian Lutz: Joe Biden. Ein<br />

Katholik im Weißen Haus. Benno-<br />

Verlag, Leipzig 2021. 144 Seiten.<br />

19,95 EUR.<br />

es auch nicht.« Im Staat Colorado nahmen<br />

die aggressiven Abtreibungsbefürworter<br />

auch eine Kirche ins Visier: Der<br />

Slogan »Mein Körper, meine Entscheidung«<br />

wurde auf ein Gotteshaus in der<br />

Stadt Fort Collins gesprüht, die Kirche<br />

von außen beschädigt. In der benachbarten<br />

Stadt Boulder war zuvor bereits<br />

eine Kirche mit ähnlichen Schriftzügen<br />

beschmiert worden. Weitere Anschläge<br />

gab es in den Bundesstaaten Maryland,<br />

New York, Oregon, Texas und Virginia.<br />

Und es traf die beiden Obersten Richter<br />

Brett Kavanaugh und John Roberts.<br />

An ihren Wohnsitzen in der US-Hauptstadt<br />

Washington marschierten etwa<br />

100 Demonstranten vorbei und riefen:<br />

»Wenn ihr uns unsere Entscheidungsfreiheit<br />

wegnehmt, werden wir randalieren.«<br />

Eine weitere Parole: »Die ganze<br />

Welt sieht zu.« Dass die randalierenden<br />

Abtreibungsbefürworter Kavanaugh<br />

als Zielscheibe auserkoren hatten, war<br />

noch in gewisser Weise nachvollziehbar:<br />

Er gehört wohl zum Block derjenigen<br />

Richter, die ein neues Grundsatzurteil<br />

befürworten. John Roberts stimmte allerdings<br />

– trotz konservativer Überzeugungen<br />

– immer wieder auch mit der<br />

Gegenseite, beispielsweise als die umstrittene<br />

Gesundheitsreform des ehemaligen<br />

Präsidenten Obama zur Diskussion<br />

stand. Dass er nun auch Opfer<br />

der Diffamierungen wurde, zeigt, wie<br />

realitätsfern einige im Pro-Choice-Lager<br />

derzeit agieren.<br />

Die Demokraten wirken angesichts<br />

der für sie eher düsteren Aussichten erschreckend<br />

überrumpelt. Dabei dürfte<br />

spätestens, nachdem Ex-Präsident Donald<br />

Trump eine konservative Richtermehrheit<br />

am Supreme Court etablierte,<br />

klar gewesen sein, dass der bisherige<br />

Status quo der Abtreibungsgesetzgebung<br />

massiv ins Wanken geraten würde.<br />

Manche verschafften ihrem Ärger Luft,<br />

wie etwa der kalifornische Gouverneur<br />

Gavin Newsom, der aufgebracht fragte:<br />

»Wo ist die Gegenoffensive?« Worte,<br />

aus denen schon eine gewisse Hilflosigkeit<br />

spricht. Präsident Biden betonte,<br />

er halte das »Recht« einer Frau, sich<br />

für oder gegen eine Abtreibung zu entscheiden,<br />

für fundamental. Zusammen<br />

mit weiteren führenden Vertretern der<br />

Brett Kavanaugh<br />

Demokraten rief er dazu auf, in Zukunft<br />

Politiker zu wählen, die sich explizit für<br />

ein »Recht« auf Abtreibung einsetzten.<br />

Tatsächlich versuchten die Demokraten<br />

im Senat kürzlich, ein solches<br />

»Recht« auf Abtreibung per Gesetz bundesweit<br />

zu verankern. Ein Versuch, der<br />

zum Scheitern verurteilt war. Zur Abstimmung<br />

kam es nicht einmal, da die<br />

Präsidentenpartei nicht die nötige Mehrheit<br />

von 60 der 100 Senatorenstimmen<br />

aufbrachte, mit der eine Debatte über<br />

ein Gesetz beendet werden kann, ehe<br />

das finale Votum mit einfacher Mehrheit<br />

erfolgt. Die Demokraten verfügen<br />

ohnehin nur über 50 der 100 Sitze im<br />

Senat. Sie stimmten jedoch nicht einmal<br />

geschlossen für den »Women’s Health<br />

Protection Act«, der »Roe vs. Wade«<br />

gesetzlich festgeschrieben hätte. Auch<br />

der zentristische demokratische Senator<br />

aus West Virginia, Joe Manchin, votierte<br />

dagegen. Der 74-Jährige ist bekannt<br />

dafür, der Parteilinie der Demokraten<br />

in einigen strittigen Themen nicht zu<br />

folgen und bei Abstimmungen im Senat<br />

nicht immer mit den Parteikollegen<br />

zu stimmen. Manchin begründete<br />

sein Veto damit, dass das Gesetzesvorhaben<br />

»zu umfassend« angelegt sei<br />

und darüber hinausgehe, lediglich »Roe<br />

vs. Wade« in ein bundesweites Gesetz<br />

umzuwandeln.<br />

Und in der Tat: Der »Women’s<br />

Health Protection Act« sieht vor, eine<br />

ganze Reihe von Restriktionen zu verbieten,<br />

die den Zugang zu Abtreibun-<br />

6 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


TITELTHEMA<br />

gen in einigen Bundesstaaten seit 1973<br />

zumindest einschränken. Der Gesetzesentwurf,<br />

in dem Abtreibung als ein<br />

»Menschenrecht« betrachtet wird, hätte<br />

Ärzte und auch Krankenhäuser in religiöser<br />

Trägerschaft dazu verpflichtet,<br />

Abtreibungen gegen ihren Willen vorzunehmen.<br />

All das bleibt nun erst einmal ein<br />

progressiver Wunschtraum. Die Realität<br />

dürfte wohl bald völlig anders aussehen.<br />

Wie es weitergeht, wenn »Roe vs.<br />

Wade« tatsächlich bald Geschichte ist,<br />

hängt stark davon ab, in welchem Bundesstaat<br />

man lebt. In republikanisch dominierten<br />

Staaten werden eher restriktive<br />

Gesetze gelten, demokratisch dominierte<br />

werden den Zugang zu Abtreibungen<br />

dagegen kaum einschränken. Das<br />

Bild, das sich dadurch ergibt, gleicht einem<br />

echten Flickenteppich. In grob der<br />

Hälfte der Bundesstaaten werden weiterhin<br />

straffreie Abtreibungen erlaubt<br />

sein, so wie es »Roe vs. Wade« zuließ.<br />

Aber die Waage kippt – und zwar zugunsten<br />

des Lebensschutzes. Auch, weil<br />

Abtreibungsgegner sich schon seit Jahren<br />

auf den Tag vorbereitet haben, an<br />

dem Amerikas Oberste Richter das umstrittene<br />

Urteil kassieren. Dabei spielen<br />

sogenannte »Trigger Laws« eine wichtige<br />

Rolle: Bundesstaatliche Gesetze, die<br />

den Zugang zu Abtreibung deutlich einschränken,<br />

völlig inkompatibel mit der<br />

bisherigen Rechtslage unter »Roe« waren,<br />

jedoch automatisch »getriggert«,<br />

also in Kraft gesetzt werden, wenn das<br />

alte Urteil nicht mehr gilt.<br />

Insgesamt 13 konservativ regierte<br />

Bundesstaaten haben derartige Gesetze<br />

in den vergangenen Jahren erlassen:<br />

Idaho, Utah, Wyoming, North und<br />

South Dakota, Texas, Oklahoma, Missouri,<br />

Arkansas, Louisiana, Tennessee<br />

und Kentucky. Die Gesetze sind allenfalls<br />

manchmal ähnlich, selten jedoch<br />

gleich gestrickt. Sie setzen meist unterschiedliche<br />

Fristen für ein Abtreibungsverbot,<br />

und auch die Ausnahmefälle,<br />

in denen Abtreibungen trotzdem<br />

erlaubt sein können, variieren.<br />

Daneben gibt es eine ganze Reihe<br />

von Bundesstaaten, in denen noch Gesetze<br />

aus der Zeit vor »Roe vs. Wade«<br />

existieren. Zu ihnen zählen Michigan,<br />

Wisconsin, Alabama oder auch North<br />

Carolina. In einigen dieser Staaten wurden<br />

die restriktiven Abtreibungsgesetze<br />

nie gerichtlich blockiert oder für verfassungswidrig<br />

erklärt, sondern von »Roe<br />

vs. Wade« sozusagen nur »überschrieben«.<br />

Wieder andere Staaten wie Arizona,<br />

Georgia, Nebraska oder South<br />

Carolina haben bereits angekündigt,<br />

neue, restriktive Abtreibungsgesetze<br />

verabschieden zu wollen.<br />

Noch müssen sich US-Lebensschützer<br />

allerdings in Geduld üben. Denn<br />

endgültige Gewissheit herrscht erst<br />

dann, wenn der Oberste Gerichtshof<br />

sein Urteil im Fall »Dobbs vs. Jackson<br />

Women’s Health Organization«<br />

tatsächlich gesprochen hat. Dass der<br />

Entwurf der Entscheidung bereits seit<br />

Anfang Mai kursiert, lässt nicht unbedingt<br />

den Schluss zu, dass es schneller<br />

geht als erwartet. Wenn die Obersten<br />

Richter etwas nicht mögen, dann<br />

ist es Druck von außen. Gut möglich<br />

also, dass der Supreme Court noch bis<br />

unmittelbar vor der »Sommerpause«<br />

wartet, die er üblicherweise Ende Juni<br />

oder Anfang Juli antritt. Es ist zu befürchten,<br />

dass sich die ohnehin schon<br />

aufgeheizte Lage bis dahin weiter verschärfen<br />

wird. Auch weitere Ausschreitungen<br />

wie Mitte Mai sind nicht ausgeschlossen.<br />

Amerika steht ein heißer<br />

Sommer bevor.<br />

Im Portrait<br />

Die 2007 gegründete Zeitung zählt zu den wichtigsten Medien in Washington<br />

Maximilian Lutz<br />

Maximilian Lutz (geb. 1993) ist<br />

Chef vom Dienst Online der in<br />

Deutschland, Österreich und der<br />

Schweiz erscheinenden katholischen<br />

Wochenzeitung »Die Tagespost«.<br />

Nach seinem Studium des<br />

Übersetzens und Dolmetschens<br />

in Würzburg und München absolvierte<br />

er eine journalistische Ausbildung<br />

in Form eines Volontariats<br />

bei der »Tagespost«. Bis Sommer<br />

2019 berichtete er für die Zeitung<br />

aus Frankreich. 2021 erschien im<br />

Benno-Verlag seine Biden-Biografie:<br />

»Joe Biden. Ein Katholik im<br />

Weißen Haus«.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

7


TITELTHEMA<br />

»Wir sind<br />

alarmiert«<br />

»Heartbeat International« ist eine US-amerikanische Lebensrechtsorganisation, deren<br />

Hauptaufgabe darin besteht, Zentren zu unterstützen, die Frauen im Schwangerschaftskonflikt<br />

beraten und ihnen Hilfe anbieten – sogenannte »Pregnancy Help Centers«. In den USA gibt es<br />

rund 3.000 solcher Zentren, mit »Heartbeat« verbunden sind 1.900. Nachdem der Entwurf<br />

eines Urteils des Supreme Courts an die Presse durchgestochen wurde, der die Aufhebung<br />

des Gerichtsurteils »Roe vs. Wade« in Aussicht stellt, sah »Heartbeat« sich genötigt,<br />

Warnhinweise an ihre Partner zu versenden. Über die Gründe sprach mit Andrea Trudden,<br />

Vizepräsidentin von »Heartbeat International«, Cornelia Kaminski.<br />

<strong>LebensForum</strong>: Vor einigen Wochen wurde<br />

eine Stellungnahme des Supreme<br />

Courts zur Rechtsprechung »Roe v.<br />

Wade« an die Presse weitergegeben.<br />

Die Stellungnahme legt nahe, dass dieses<br />

Urteil aufgehoben werden könnte –<br />

könnten Sie erklären, worum genau es<br />

in dem Dokument geht?<br />

Andrea Trudden: Die Stellungnahme,<br />

die von Richter Samuel Alito verfasst<br />

wurde, ist ein Entwurf, der von<br />

wenigstens fünf der neun Richter<br />

am Supreme Court unterstützt<br />

wird. Sie bezieht sich<br />

auf den Fall »Dobbs vs. Jackson<br />

Women’s Health Organisation«.<br />

Der Staat Mississippi<br />

hat per Gesetz die<br />

Abtreibungsfrist auf die 15.<br />

Schwangerschaftswoche<br />

verkürzt, »Jackson Women’s<br />

Health Organisation« hat dagegen<br />

geklagt, eine solche Fristenregelung<br />

verstoße gegen das<br />

Grundsatzurteil »Roe vs. Wade«.<br />

Diesem Urteil zufolge haben Frauen<br />

ein Recht auf Abtreibungen, ohne dass<br />

der Staat sich hier zu sehr einmischt.<br />

Die fünf Richter scheinen dem geleakten<br />

Dokument nach der Auffassung zu<br />

sein, dass der Bundesstaat Mississippi<br />

das Recht haben sollte, die Fristen für<br />

legale Abtreibungen anders festzulegen,<br />

als dies im Grundsatzurteil »Roe<br />

vs. Wade« vorgesehen ist. Abtreibungen<br />

sind demzufolge nicht mehr durch die<br />

Verfassung geschützt, stattdessen können<br />

die einzelnen Staaten ihre Gesetzgebung<br />

anpassen. In der Öffentlichkeit<br />

scheint es jedoch Verwirrung zu geben<br />

– viele Menschen glauben, durch eine<br />

Aufhebung von »Roe vs. Wade« würden<br />

in den USA Abtreibungen prinzipiell<br />

verboten. Das verursacht sehr viel<br />

Feindseligkeit und wird leider auch von<br />

manchen Politikern befeuert.<br />

Dies ist das erste Mal, dass so etwas<br />

passiert ist: Noch nie wurde der vorläufige<br />

Entwurf eines Urteils an die Medien<br />

durchgestochen. Wer könnte dahinterstecken?<br />

Das ist wirklich eine beunruhigende Sache,<br />

und viele Menschen in Washington<br />

haben sich auch sehr kritisch dazu geäußert,<br />

besonders konservative Politiker.<br />

Es ist ein großer Vertrauensbruch,<br />

dass dies an die Medien durchgestochen<br />

wurde. Manche haben es<br />

aber auch begrüßt – insbesondere<br />

Vertreter des Pro-Choice-<br />

Lagers. Sie scheinen es nicht<br />

besonders schlimm zu finden,<br />

dass das passiert ist. Im<br />

Moment laufen die Untersuchungen<br />

hierzu – aber es ist<br />

tatsächlich das erste Mal, dass<br />

auf diese Weise ein vollständiges<br />

Dokument geleakt wurde.<br />

Das ist schon ein ziemlicher<br />

Skandal, dass jemand, der Zugriff<br />

auf dieses vertrauliche Dokument<br />

hatte, so damit umgegangen ist. Die<br />

Zahl derjenigen, die dafür infrage kommen,<br />

ist begrenzt: das sind nur die Mitarbeiter<br />

der betroffenen Richter. Es ist<br />

sehr bedauerlich, dass sie das Vertrauen,<br />

dass die Richter ihnen geschenkt haben,<br />

so missbraucht haben. Wir hoffen natürlich,<br />

dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft<br />

gezogen werden, alles ande-<br />

8 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


TITELTHEMA<br />

re wäre ein sehr schlechter Präzedenzfall:<br />

Dann könnte man in Zukunft mit<br />

solchen Vorabveröffentlichungen versuchen,<br />

Richter durch öffentliche Stimmungsmache<br />

zu beeinflussen, um die eigene<br />

Agenda voranzutreiben. Das kann<br />

man nicht wollen.<br />

Der Supreme Court ist mit neun Richtern<br />

besetzt, die auf Lebenszeit gewählt<br />

wurden. Ruth Bader Ginsburg,<br />

eine liberale Richterin und pro choice,<br />

verzichtete darauf, während der Amtszeit<br />

von Obama im Alter von 80 Jahren<br />

ihren Stuhl am Obersten Gerichtshof<br />

freiwillig zu räumen. So ergab sich nach<br />

ihrem Tod für Präsident Donald Trump<br />

die Möglichkeit, einen dritten obersten<br />

Richter während seiner Amtszeit zu ernennen.<br />

Wer außer Richter Alito ist vermutlich<br />

noch kritisch gegenüber »Roe<br />

vs. Wade« eingestellt?<br />

Das sind neben Samuel Alito, der das<br />

Dokument verfasste, Clarence Thomas,<br />

Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh, Amy<br />

Coney Barrett, vielleicht auch der Vorsitzende<br />

John Roberts. Roberts könnte<br />

sich ebenfalls der Einschätzung anschließen,<br />

dass das Gesetz in Mississippi<br />

verfassungsrechtlich unbedenklich ist,<br />

aber möglicherweise mit einer anderen<br />

Begründung – aus seinen Äußerungen<br />

und den von ihm gestellten Fragen in<br />

der Anhörung lässt sich dies schließen.<br />

Aber wir wissen nicht, wie er letztendlich<br />

entscheiden wird.<br />

Gab es für die Richter, von denen diese<br />

Entscheidung nun erwartet wird, Folgen?<br />

Was passierte in den USA nach der<br />

Veröffentlichung des Dokuments?<br />

Das war wirklich unglaublich bedauerlich.<br />

Kurz nachdem das Dokument veröffentlicht<br />

wurde, wurden im Internet<br />

die persönlichen Daten der konservativen<br />

Richter veröffentlicht. Es gab einen<br />

Artikel im Internet, der auf eine Karte<br />

der Region rund um Washington verlinkte,<br />

in der die Richter wohnen. Ihre<br />

jeweilige Heimatadresse war darauf<br />

eingezeichnet. Innerhalb kurzer Zeit<br />

kam es dann zu Demonstrationen vor<br />

deren Häusern. Einige von ihnen haben<br />

kleine Kinder, die Nachbarn werden<br />

hineingezogen, das ist einfach überhaupt<br />

nicht akzeptabel. Richter Alito,<br />

der das Dokument verfasst hatte, musste<br />

aus Sicherheitsgründen mit seiner Familie<br />

sein Haus verlassen und an einen<br />

sicheren Ort gebracht werden. Diese<br />

Richter machen einfach ihren Job: Ihre<br />

Aufgabe ist es, anhand der Verfassung,<br />

die sie genau analysieren, bestimmte<br />

Gerichtsverfahren zu beurteilen, und<br />

zwar um sicherzustellen, dass wir den<br />

Wurde bis auf Weiteres für die Öffentlichkeit geschlossen: Das Gebäude des Obersten Gerichtshofs der USA<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

9


TITELTHEMA<br />

Regeln folgen. Wenn wir diese Instanz<br />

nicht anerkennen, diese Führung, und<br />

stattdessen auf eine Mob-Mentalität<br />

setzen, um die Entscheidungen durchzudrücken,<br />

die uns besser passen, dann<br />

versinkt unsere Nation im Chaos. Eine<br />

gute Gemeinschaft, eine gute Kultur<br />

oder Nation gibt es nicht, wenn einzelne<br />

Gruppen solchen Druck ausüben<br />

und drohen. Im Moment scheint sich die<br />

Lage etwas beruhigt zu haben, aber sowohl<br />

das Kapitol als auch der Supreme<br />

Court sind komplett eingezäunt, man<br />

kommt nicht mehr hinein. Früher konnte<br />

man einfach die Treppen zum Supreme<br />

Court hinaufsteigen, aber das geht<br />

seit der Veröffentlichung dieses Dokuments<br />

nicht mehr. Jetzt sind dort Zäune<br />

aufgestellt, über die man nicht drüberklettern<br />

kann. Das ist schon ein merkwürdiges<br />

Gefühl. Auf der Homepage<br />

des Supreme Courts ist nun nachzulesen,<br />

dass aus Sorge um die Gesundheit<br />

und Sicherheit der Bevölkerung und<br />

der Angestellten des Supreme Courts<br />

das Gebäude bis auf Weiteres für den<br />

Publikumsverkehr geschlossen ist. Es<br />

wurde also abgeriegelt.<br />

»Heartbeat« unterstützt Schwangerschaftszentren<br />

(Pregnancy Help Centres)<br />

in den USA. Die »New York Times«<br />

berichtete auf Twitter von der Zerstörung<br />

eines solchen Hilfszentrums in Wisconsin,<br />

einer der Kommentare dazu lautete:<br />

»Mehr davon, bitte. Mögen diese Leute<br />

niemals mehr einen Augenblick Frieden<br />

und Sicherheit haben, bis dass sie in der<br />

Erde verrotten.« Wie ist die Lage für die<br />

Hilfszentren, die Sie betreuen?<br />

Mehrere dieser Zentren sind Opfer<br />

von Vandalismus geworden, Drohungen<br />

gab es ebenfalls, selbst gegenüber<br />

Entbindungskliniken, mit denen wir kooperieren.<br />

Wir sind alarmiert. Gott sei<br />

Dank gab es noch keine verletzten Personen.<br />

Es gab Graffiti an den Wänden,<br />

solche Sprüche wie »Ihr seid nicht sicher«.<br />

Das ist beunruhigend. Schließlich<br />

sind ja die Zentren dazu da, Frauen<br />

und Familien zu helfen und mit Dingen<br />

zu versorgen, die sie brauchen – Babykleidung,<br />

Windeln, Elternkurse und dergleichen.<br />

Das ist für arme Familien so<br />

wichtig, und jetzt wird ihre Sicherheit<br />

bedroht. Es ist so viel Wut vorhanden.<br />

Vor ein paar Tagen hat eine Frau einfach<br />

mit ihrem Schlüssel vier Autos von<br />

ehrenamtlichen Mitarbeitern zerkratzt,<br />

die vor dem Zentrum geparkt hatten.<br />

Es ist sehr traurig zu sehen, dass Menschen<br />

so wütend darüber sein können,<br />

dass solche Zentren in ihren Gemeinden<br />

Frauen im Schwangerschaftskonflikt helfen,<br />

und offensichtlich ihre Schließung<br />

erzwingen wollen. Aber wo sollen denn<br />

die Frauen hingehen, wenn die Zentren<br />

geschlossen werden? Mit wem sol-<br />

Aus Sorge um die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung und Angestellten eingezäunt: Der Sitz des US-Supreme Courts<br />

10 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


TITELTHEMA<br />

len sie über ihre Sorgen angesichts der<br />

ungeplanten Schwangerschaft reden?<br />

Das sind ja die Augenblicke, in denen<br />

wir da sind, um Frauen zu stärken, ihnen<br />

Hilfe zu bieten, an ihrer Seite zu<br />

sein. Dass gegen diese Arbeit nun ein<br />

solcher Zorn gerichtet ist, das ist schon<br />

beunruhigend. Wir bekommen natürlich<br />

auch Online-Attacken, auch unsere<br />

Notrufnummer bekommt sehr viel<br />

mehr Hassanrufe. Wir raten unseren<br />

Zentren, Überwachungskameras anzubringen,<br />

mit den örtlichen Sicherheitskräften<br />

eng zusammenzuarbeiten, niemals<br />

allein das Zentrum zu betreten,<br />

den Versicherungsstatus zu überprüfen<br />

– aber Sicherheit vor Vandalismus<br />

bedeutet das alles nicht.<br />

Nun warten natürlich alle auf die endgültige<br />

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.<br />

Glauben Sie, dass die Tatsache,<br />

dass das Dokument an die Medien<br />

durchgestochen wurde, das Verfahren<br />

eher beschleunigen oder verlangsamen<br />

wird? Und werden die Richter sich beeinflussen<br />

lassen?<br />

Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage.<br />

Der Supreme Court veröffentlicht jeden<br />

Montagmorgen die Entscheidungen,<br />

die innerhalb der vorangegangenen<br />

Hilfe und Unterstützung brauchen, also<br />

werden wir auf jeden Fall weiterarbeiten<br />

und Frauen, denen wir geholfen<br />

haben, ihre Geschichte erzählen lassen.<br />

Ich denke da zum Beispiel an ein<br />

Mädchen, das mit 14 schwanger wurde<br />

und furchtbar verängstigt war. Aber<br />

sie hat ihren Schulabschluss gemacht,<br />

hat zwei Jobs, besucht nun das College.<br />

Ihre Tochter ist jetzt drei und gibt im<br />

Amerika ist eine Nation unter Waffen –<br />

das hat uns auf schreckliche Weise der<br />

Amoklauf an der Grundschule in Uvalde<br />

gezeigt, bei dem 21 Menschen, darunter<br />

19 Kinder, starben. Die Sorge, dass<br />

die Gewalt eskaliert und es zu schlimmeren<br />

Dingen als Vandalismus kommt,<br />

ist also nicht ganz unberechtigt. In einem<br />

Tweet war zu lesen, dass man das<br />

Leben unzähliger ungewollt schwangerer<br />

Frauen retten könnte, wenn man<br />

jetzt fünf Supreme-Court-Richter erschießen<br />

würde – dann hätte Präsident<br />

Biden ja die Möglichkeit, sie mit Pro-<br />

Choice-Richtern zu ersetzen. Wie sind<br />

solche Tweets einzuordnen?<br />

Das ist die typische »Der Zweck heiligt<br />

die Mittel«-Haltung: Wenn ich etwas<br />

für richtig halte, dann sind die Mittel,<br />

mit denen ich es erreiche, völlig<br />

egal. Aber wenn wir uns von allen Gesetzen<br />

und Regeln verabschieden, entsteht<br />

natürlich Chaos. Das hat uns die<br />

Geschichte gezeigt. Wenn Regeln über<br />

Bord geworfen werden, und das gebilligt<br />

wird, weil diejenigen, die dies tun,<br />

ein vermeintlich gutes Ziel verfolgen,<br />

entsteht ein Machtvakuum – und dieses<br />

Vakuum wird gefüllt werden. Diejenigen,<br />

die ein solches Vakuum füllen,<br />

sind nicht unbedingt die Guten.<br />

Die Geschichte hat uns vielmehr gelehrt,<br />

dass dies zu sehr viel Gewalt und<br />

Tod führen kann.<br />

Andrea Trudden, Vizepräsidentin von »Heartbeat International«<br />

Woche gefällt wurden. Wir sind also jeden<br />

Montagmorgen sehr gespannt. Wir<br />

gehen aber davon aus, dass an dem Entwurf<br />

nur noch wenig geändert wird und<br />

dass spätestens Ende Juni die endgültige<br />

Entscheidung veröffentlicht werden<br />

wird. Die bisherige Reaktion der Richter<br />

lässt eher vermuten, dass sie sich vom<br />

Druck des Mobs nicht weiter beeinflussen<br />

lassen. Die Richter sind inzwischen<br />

auch wieder zusammengekommen, und<br />

wir haben nicht den Eindruck, dass sie<br />

sich einschüchtern lassen. Es scheint so,<br />

dass sie sehr davon überzeugt sind, dass<br />

»Roe vs. Wade« eine falsche Entscheidung<br />

war. Der Supreme Court hat damals<br />

seine Grenzen deutlich überschritten,<br />

jeder einzelne Bundesstaat muss<br />

das Recht haben, selbst festzulegen, wie<br />

Abtreibungen geregelt werden sollen.<br />

Warten wir also ab. Wir sind vorbereitet,<br />

egal wie die Entscheidung ausfällt,<br />

denn es wird immer Frauen geben, die<br />

Kindergarten damit an, dass ihre Mama<br />

beim Rodeo gewonnen hat. Das ist<br />

meine kleine Heldin.<br />

Weitere Infos<br />

Weitere Informationen zu den<br />

Themen in diesem <strong>LebensForum</strong><br />

finden Sie hier.<br />

Alternativ können Sie auch die<br />

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LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

11


BIOETHIK-SPLITTER<br />

Umfrage: Bereitschaft<br />

zur Organspende sinkt<br />

Berlin (<strong>ALfA</strong>). Die Bereitschaft der<br />

Deutschen, Organe zu spenden, geht<br />

zurück. Das berichtet das Online-Portal<br />

des »Deutschen Ärzteblatts« unter<br />

Berufung auf eine Umfrage der Barmer.<br />

Demnach erklärten 34 Prozent<br />

der Befragten, sie seien zur Organspende<br />

bereit. Im Vorjahreszeitraum waren<br />

es noch 36 Prozent. Dagegen stieg die<br />

Zahl derer, die eine Organspende sicher<br />

ausschließen, von 6 auf 9 Prozent.<br />

Laut der Umfrage, die die Barmer unter<br />

1.000 Versicherten zwischen 16 und<br />

64 Jahren durchführte, geht die Bereitschaft<br />

zur Organspende auch zwischen<br />

den Geschlechtern weiter auseinander.<br />

Während bei Frauen die Spendebereitschaft<br />

von 39 Prozent auf 40 Prozent<br />

knapp stieg, sank sie bei Männern von<br />

32 Prozent auf 27 Prozent deutlich.<br />

Unterschiede gibt es auch in den Altersgruppen.<br />

Während bei den 18- bis<br />

25-Jährigen 43 Prozent erklärten, sie<br />

seien bereit, Organe zu spenden, trifft<br />

dies in der Gruppe der 39- bis 50-Jährigen<br />

nur auf 29 Prozent zu. Laut der<br />

Umfrage stieg der Anteil der Bürger,<br />

die einen Organspendeausweis besitzen,<br />

nur minimal. Während im Mai vergangenen<br />

Jahres 37 Prozent einen solchen<br />

besaßen, liegt die Quote aktuell<br />

bei 38 Prozent. »Wer sich für oder gegen<br />

die Organspende entschieden hat,<br />

sollte dies in einem Organspendeausweis<br />

entsprechend dokumentieren«, erklärte<br />

Barmer-Chef Christoph Straub.<br />

Transparenz sei im Fall eines Falles für<br />

alle Seiten wichtig.<br />

reh<br />

Lauterbach für neuen<br />

Anlauf bei Organspende<br />

Berlin (<strong>ALfA</strong>). Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach (SPD) plant offenbar<br />

einen neuen Vorstoß zur Einführung<br />

der sogenannten Widerspruchslösung<br />

bei der Organspende. Dem ARD-<br />

Hauptstadtstudio sagte Lauterbach anlässlich<br />

des Internationalen Tags der<br />

Organspende (4. Juni): »Wir brauchen<br />

aus meiner Sicht unbedingt einen neuen<br />

Anlauf für die Widerspruchslösung.<br />

Wir bekommen das Problem sonst nicht<br />

Karl Lauterbach, SPD<br />

THOMAS ECKE<br />

gelöst.« Nach Angaben der Deutschen<br />

Stiftung Organtransplantation (DSO)<br />

ist die Zahl der Organspender derzeit<br />

rückläufig. Demnach gab es von Januar<br />

bis April dieses Jahres 239 Organspender.<br />

Das sind rund 26 Prozent weniger<br />

als im Vorjahreszeitraum. 2020 waren es<br />

330. Auch die Anzahl der gespendeten<br />

Organe ging zurück. Zwischen Januar<br />

und April des laufenden Jahres waren<br />

es 750. Im Vorjahreszeitraum waren es<br />

noch 1.004. Und 2020: 1.038.<br />

Derzeit gilt in Deutschland eine Entscheidungslösung.<br />

Ihr zufolge bedarf eine<br />

Organspende der ausdrücklichen Zustimmung<br />

des Spenders. Ist dessen Haltung<br />

nicht dokumentiert und der potenzielle<br />

Organspender nicht zustimmungsfähig,<br />

müssen die Angehörigen<br />

entscheiden.<br />

Vor zwei Jahren waren Lauterbach<br />

und sein damaliger Amtsvorgänger Jens<br />

Spahn (CDU) mit einem gemeinsamen<br />

Gesetzesentwurf zur Einführung der Widerspruchslösung<br />

im Deutschen Bundestag<br />

krachend gescheitert. Nur 292<br />

Abgeordnete stimmten damals für ihren<br />

Entwurf. Für die Abstimmung war<br />

der Fraktionszwang aufgehoben worden.<br />

Aus der Union erntete Lauterbach bereits<br />

Widerspruch. »Eine Organspende<br />

muss weiter eine bewusste und selbstbestimmte<br />

Entscheidung sein«, forderte<br />

der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan<br />

Pilsinger auf dem Kurznachrichtendienst<br />

»Twitter«. Dem »Redaktionsnetzwerk<br />

Deutschland« (RND) sagte Pilsinger,<br />

der wie Lauterbach Arzt ist: »Nichts sagen<br />

kann keine Zustimmung sein. Falls<br />

Karl Lauterbach nochmal eine Abstimmung<br />

über die Widerspruchslösung in<br />

den Bundestag einbringen möchte, werde<br />

ich mich wieder für die Gründung einer<br />

interfraktionellen Gruppe für den<br />

Erhalt der Entscheidungslösung einsetzen.«<br />

Bei der namentlichen Abstimmung<br />

am 16. Januar 2020 stimmten bei<br />

der 3. Lesung 432 Abgeordnete für die<br />

Entscheidungslösung.<br />

Die Widerspruchslösung gilt mittlerweile<br />

in 15 europäischen Ländern. Darunter<br />

Frankreich, Italien, Irland, Österreich<br />

und Spanien.<br />

Auch die FDP-Abgeordnete Katrin<br />

Helling-Plahr mahnte, das Thema Organspende<br />

erneut auf die Agenda zu setzen,<br />

um für eine höhere Spendenzahl zu<br />

sorgen. Dabei sprach sie sich auch für einen<br />

Ausbau der Lebendspenden aus. reh<br />

Hebammen kritisieren<br />

Arbeitsbedingungen<br />

Berlin (<strong>ALfA</strong>). Der Deutsche Hebammen<br />

Verband (DHV) fordert einen Paradigmenwechsel<br />

bei der Geburtshilfe. »Die<br />

Arbeitsbedingungen in der klinischen<br />

Geburtshilfe haben sich in den vergangenen<br />

20 Jahren dramatisch verschlechtert«,<br />

erklärte DHV-Präsidentin Ulrike<br />

Geppert-Orthofer anlässlich des internationalen<br />

Hebammentages (5. Mai).<br />

Hebammen würden genötigt, in<br />

Stoßzeiten bis zu vier Gebärende gleichzeitig<br />

zu betreuen, doppelt so viele wie<br />

in anderen europäischen Ländern. Dies<br />

sei »ein Skandal und einem Land wie<br />

unserem unwürdig«. »Menschwerden<br />

muss in Deutschland unter menschlichen<br />

und höchsten Standards möglich<br />

sein«, so Geppert-Orthofer.<br />

Die Beirätin für den Angestelltenbereich<br />

im DHV, Andrea Ramsell, kritisierte<br />

strukturelle Fehlanreize. »Geburtshilfe<br />

in deutschen Kliniken lohnt<br />

sich de facto nicht.« Hier müsse »dringend<br />

ein Umdenken erfolgen. Klinische<br />

Geburtshilfe muss zu den gewinnbringenden<br />

Abteilungen eines Krankenhauses<br />

gehören und eine personalintensive<br />

Eins-zu eins-Betreuung ausdrücklich<br />

belohnt werden«, so ihre Forderung.<br />

Laut einer DHV-Umfrage unter<br />

3.516 teilnehmenden Hebammen würden<br />

77 Prozent (2.718 Personen) wieder<br />

oder mehr im Kreißsaal arbeiten, »wenn<br />

die Eins-zu-eins-Betreuung der Frau garantiert<br />

ist, ich nur Hebammentätigkeit<br />

ausführen muss und hebammengelei-<br />

12 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


BIOETHIK-SPLITTER<br />

tete Geburtshilfe nicht nur leere Worte<br />

sind«, heißt es in der Umfrage. reh<br />

Auch Samenspender<br />

haben Rechte<br />

sei bei einer privaten Samenspende jedoch<br />

anders. Auf das verfassungsrechtliche<br />

Elternrecht könnten sich zudem<br />

nur Personen berufen, »die in einem<br />

durch Abstammung oder durch einfachgesetzliche<br />

Zuordnung begründeten<br />

Elternverhältnis zum Kind stehen«.<br />

Dies sei hier bei der Ehefrau der Mutter<br />

nicht der Fall. Sie sei weder leiblich<br />

noch rechtlich Elternteil des Kindes,<br />

sodass sie vom Schutz des Grundgesetzes<br />

nicht erfasst sei. reh<br />

Stuttgart (<strong>ALfA</strong>). Bei privaten Samenspenden<br />

kann der Gametenspender<br />

hinterher die Vaterschaft feststellen<br />

lassen. Das hat das Oberlandesgericht<br />

(OLG) Stuttgart entschieden (Az.: 11<br />

UF 39/22). Im dem von den Richtern<br />

zu entscheidenden Fall ging es um ein<br />

lesbisches Paar aus Baden-Württemberg.<br />

Um ihren Kinderwunsch erfüllen<br />

zu können, erklärte sich der Antragsteller<br />

zu einer privaten Samenspende bereit.<br />

Anfang 2019 übergab er einer der<br />

beiden Frauen eine Samenspende in<br />

einem Becher, mit dem diese eine Befruchtung<br />

vornehmen konnte.<br />

Laut dem Gericht waren sich alle einig,<br />

dass der auf diese Weise gezeugte<br />

Junge bei der Mutter und ihrer Ehefrau<br />

aufwachsen sollte. Der Mann ging allerdings<br />

davon aus, dass er die Vaterschaft<br />

und die Vaterrolle übernehmen<br />

sollte. Dagegen behauptet die Mutter,<br />

es sei abgesprochen gewesen, dass ihre<br />

Partnerin das Kind adoptiert. Der Mann<br />

beantragte die Feststellung der Vaterschaft.<br />

Dem kam das zuständige Familiengericht<br />

nach. Laut Abstammungsgutachten<br />

sei er zu 99,99999 Prozent der<br />

biologische Vater des Kindes. Für eine<br />

Adoption durch die Ehefrau sei aber<br />

die Zustimmung des biologischen Vaters<br />

notwendig.<br />

Dies wiederum hielt die Mutter des<br />

Kindes für verfassungswidrig. Sie argumentierte,<br />

laut Gesetz werde der Ehemann<br />

der Mutter automatisch auch<br />

rechtlicher Vater. Dies müsse auch für<br />

gleichgeschlechtliche Paare gelten. Dem<br />

Bundesverfassungsgericht lägen hierzu<br />

zwei ähnlich gelagerte Fälle zur Prüfung<br />

vor. Daher müsse das aktuelle Verfahren<br />

bis zu einer Entscheidung ausgesetzt<br />

werden.<br />

Das OLG folgte dieser Argumentation<br />

nicht. Die Verfahren in Karlsruhe<br />

bezögen sich auf mittels künstlicher<br />

Befruchtung und anonymer Samenspenden<br />

aus einer Samenbank gezeugte<br />

Kinder. In solchen Fällen sei der<br />

zweite Elternteil nicht bekannt. Dies<br />

In memoriam<br />

Nachruf auf Dr. med. Johannes Decker, Frauenarzt und langjähriges<br />

Mitglied der »Ärzte für das Leben« (1953–2021)<br />

Am 19. Oktober 2021 ist unser langjähriges Mitglied Dr. med. Johannes Decker<br />

nach langer schwerer Krankheit verstorben. Dr. Decker stammte aus einer Aussiedlerfamilie<br />

aus Sorau in der Niederlausitz im heutigen Polen. Er wurde in<br />

Leipzig geboren, wo er auch aufwuchs. Aufgrund seiner politischen und christlichen<br />

Einstellung beantragte er 1976 im Alter von 23<br />

Jahren die Ausreise aus der DDR, die im Dezember 1977<br />

erfolgte. Seit 1978 lebte er in Berlin, wo er an der Freien<br />

Universität Humanmedizin studierte und 1990 promovierte.<br />

In Berlin-Kreuzberg betrieb er auch eine erfolgreiche<br />

Frauenarztpraxis.<br />

Trotz dieser Praxisanschrift machte Johannes Decker<br />

keinen Hehl aus seinem Engagement für das Lebensrecht<br />

und führte stolz das Logo unseres Vereins auf Dr. Johannes Decker<br />

seiner Praxis-Homepage. Seit vielen Jahren gehörte er<br />

zu unserer Kernmannschaft und hat unsere Arbeit in vielfältigster Weise unterstützt.<br />

Jedes Jahr war er beim »Marsch für das Leben« mit seiner Familie dabei.<br />

Immer wieder äußerte er sich in Online-Fachforen und in der gynäkologischen<br />

Fachpresse. Legendär war sein Auftritt 2019 beim ZDF, wo er sich nicht scheute,<br />

mit einem der bekanntesten Abtreibungsärzte überhaupt, Dr. Christian Fiala aus<br />

Wien, offensiv über die Ungerechtigkeit dieser Prozedur zu diskutieren. Auch arbeitete<br />

er mit der jungen Pro-Life-Organisation »Sundays for Life« zusammen<br />

und half ihr, einige der besten Videos im deutschsprachigen Raum zu kreieren,<br />

die zeigen, was bei einer Abtreibung wirklich passiert.<br />

Einige von uns hatten das Glück, Johannes ein letztes Mal bei der Geburtstagsfeier<br />

des Bundesverbands Lebensrecht am 16. September 2021 in Berlin zu sehen.<br />

Bei dieser Gelegenheit haben er und ich uns endlich das »Du« angeboten.<br />

Wenige Tage später ist er nach Thailand abgereist, wo er mit seiner Frau Pornthip<br />

und seinen beiden geliebten Zwillingen Jennie und Rita seinen Lebensabend<br />

verbringen wollte. Leider kam es nicht mehr dazu.<br />

Johannes Decker hatte seinen ganz eigenen Stil, wie sich schon an seiner äußeren<br />

Erscheinung unschwer erkennen ließ. Er war damit eine große Bereicherung<br />

nicht nur für unseren Verein, sondern für die Lebensrechtsbewegung insgesamt.<br />

Er zeigte uns auf vorbildliche Weise, dass Authentizität und Geradlinigkeit der<br />

beste Weg sind, um für die eigenen Überzeugungen einzutreten.<br />

Wie man in der irischen Sprache sagt: »Ar dheis Dé go raibh a anam uasal« –<br />

Möge seine edle Seele an der rechten Hand Gottes sein.<br />

Prof. Dr. med. Paul Cullen, Vorsitzender der »Ärzte für das Leben«<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

13


POLITIK<br />

CRAIG/STOCK.ADOBE.COM<br />

Die gefährlichste<br />

Frau im Staat<br />

Kristina Hänel im Bundestag: Die Öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum geplanten Wegfall<br />

des Werbeverbots für Abtreibungen bot neben viel Erwartbarem auch interessante Einblicke<br />

Von Stefan Rehder<br />

Oft sind es letzte Sätze, die bleiben.<br />

Das war auch am 18. Mai<br />

bei der Öffentlichen Anhörung<br />

des Rechtsausschusses im Bundestag<br />

nicht anders. Einziger Tagesordnungspunkt:<br />

Der Gesetzesentwurf<br />

der Bundesregierung zur Aufhebung<br />

des Werbeverbots für Abtreibungen<br />

(§ 219a StGB) sowie zwei das Werbeverbot<br />

betreffende Anträge der Unionsfraktion<br />

und der Fraktion »Die Linke«.<br />

Insgesamt elf Sachverständige hörten<br />

die Mitglieder des federführenden<br />

Rechtsausschusses und der mitberatenden<br />

Bundestagsausschüsse für Gesundheit<br />

sowie Familie, Frauen, Senioren<br />

und Jugend dabei an.<br />

Nicht alle Sachverständigen waren<br />

live vor Ort. Per Video zugeschaltet<br />

wurden die Vorsitzende des Bundesverbands<br />

»pro familia«, Monika Börding,<br />

sowie die Juraprofessoren Elisa<br />

Marie Hoven (Leipzig), Anna Katharina<br />

Mangold (Flensburg) und Michael<br />

Kubiciel (Augsburg). Persönlich erschienen<br />

im Sitzungssaal 2.600 des Paul-<br />

Löbe-Hauses waren hingegen Valentina<br />

Chiofalo, wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

am Lehrstuhl für Öffentliches<br />

Recht und Europarecht an der FU Berlin<br />

und im Legal Team für »Doctors for<br />

Choice«, Inga Schuchmann und Leonie<br />

Steinl vom »Deutschen Juristin-<br />

14 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


POLITIK<br />

STEPHAN RÖHL/CC BY SA 2.0<br />

nenbund« sowie Natascha Sasserath-<br />

Alberti vom Kommissariat der Deutschen<br />

Bischöfe und Albrecht Weißbach,<br />

Geschäftsführer der freikirchlichen Lebensrechtsorganisation<br />

»KALEB«. Mit<br />

der Direktorin der Klinik und Poliklinik<br />

für Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />

und Lehrstuhlinhaberin für Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe der Universität<br />

Regensburg, Angela Köninger,<br />

und der Gießener Allgemeinmedizinerin<br />

Kristina Hänel waren schließlich auch<br />

zwei Ärztinnen geladen. Eine, die oft<br />

sehr erfolgreich um das Leben ungeborener<br />

Kinder kämpft, und eine, die<br />

es ihnen – leider ebenfalls sehr erfolgreich<br />

– nimmt.<br />

Dass sich die Mehrheit der Sachverständigen<br />

für die Streichung des § 219a<br />

aus dem Strafgesetzbuch aussprach,<br />

wunderte nicht. Schließlich wählen alle<br />

Fraktionen die Sachverständigen danach<br />

aus, wer ihrer jeweiligen Position<br />

am nächsten kommt, und schicken sie<br />

analog zu den Mehrheitsverhältnissen<br />

im Parlament ins Rennen. Und weil<br />

mit SPD, Bündnis 90/Die Grünen,<br />

FDP und Linkspartei gleich vier Fraktionen<br />

den § 219a aus dem Strafgesetzbuch<br />

gestrichen sehen wollen, vertraten<br />

denn auch sieben der elf Sachverständigen<br />

exakt diese Position.<br />

Obgleich das Ergebnis also von vorneherein<br />

feststand, förderte die Anhörung<br />

doch einige interessante Ergebnisse<br />

zu Tage. Anders als in den Reden<br />

der Vertreter der Ampelkoalition, in<br />

denen diese nahezu gebetsmühlenartig<br />

zu wiederholen pflegen, dass die Aufhebung<br />

des § 219a StGB »nichts, aber<br />

auch gar nichts« (Bundesjustizminister<br />

Marco Buschmann) mit dem § 218<br />

StGB zu tun habe, redeten die Sachverständigen<br />

in der Anhörung diesbezüglich<br />

Klartext. So machten etwa Börding,<br />

Chiofalo, Schuchmann und Steinle<br />

unmissverständlich deutlich, dass die<br />

Streichung des § 219a StGB aus ihrer<br />

Sicht nicht nur »überfällig«, sondern<br />

auch nur ein »erster Schritt« sein könne.<br />

Am deutlichsten wurde dabei Chiofalo:<br />

»Der Missstand im Bereich der Versorgungslage<br />

weist nur auf ein grundlegendes<br />

Problem hin. Solange der selbstbestimmte<br />

Schwangerschaftsabbruch über<br />

das StGB als Unrecht charakterisiert<br />

wird, wird die gesellschaftliche Tabuisierung<br />

aufrechterhalten. Statt auf Kriminalisierung<br />

und Stigmatisierung zu<br />

setzen, sollte der Schwangerschaftsabbruch<br />

im Kontext von reproduktiven<br />

Rechten verortet werden.«<br />

Mit anderen Worten: Aus dem rechtswidrigen<br />

Abbruch einer Schwangerschaft,<br />

bei welcher der Staat auf Strafe<br />

verzichtet, wenn sich die Schwangere<br />

zuvor beraten ließ, soll ein Recht<br />

werden. Damit nicht genug, forderte<br />

die Juristin auch gleich den Wegfall<br />

weiterer, dem Lebensschutz dienender<br />

Auflagen: »Vor dem Hintergrund eines<br />

menschenrechtsbasierten Zugangs« seien<br />

etwa auch »die Beratungsverpflichtung<br />

sowie die dreitägige Wartefrist<br />

klar abzulehnen«.<br />

Kristina Hänel<br />

Wenig überraschend war, dass das besondere<br />

Interesse der rund 40 Zuschauer,<br />

die die Anhörung verfolgten, Hänel<br />

galt. Jener Ärztin, die um eine Verurteilung<br />

wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot<br />

für Abtreibungen geradezu<br />

gebettelt hatte und die längst zur Galionsfigur<br />

der Abtreibungslobby avancierte.<br />

In ihrem Eingangsstatement, für<br />

das der stellvertretende Ausschussvorsitzende<br />

Thorsten Lieb (FDP) jedem<br />

Sachverständigen vier Minuten eingeräumt<br />

hatte, sagte Hänel nichts, was ihre<br />

Mitstreiter vorher und nachher nicht<br />

eloquenter vorgebracht hätten. Nur der<br />

Schlusssatz hatte es in sich: »Mir als Ärztin,<br />

aus ethischem Handeln heraus, ist<br />

es wichtig, dass die medizinische Versorgung<br />

für Betroffene gewährleistet ist<br />

und dass Kinder, die auf die Welt kommen,<br />

angenommen und geliebt sind.«<br />

WWW.DGPM-ONLINE.ORG<br />

Angela Köninger<br />

Man fühlte sich an ein Bonmot Christoph<br />

Wilhelm Hufelands (1762–1863)<br />

erinnert. Der Freimaurer und Illuminat,<br />

der zu den berühmtesten Ärzten des<br />

19. Jahrhunderts zählt und von König<br />

Friedrich Wilhelm III. zum Direktor<br />

und »Ersten Arzt« der Berliner Charité<br />

ernannt worden war, hatte 1806<br />

in dem von ihm gegründeten »Neuen<br />

Journal der practischen Arzneykunde<br />

und Wundarzneykunst« festgehalten:<br />

Der Arzt »soll und darf nichts<br />

anderes thun, als Leben erhalten; ob<br />

es ein Glück oder ein Unglück sey, ob<br />

es Wert habe oder nicht, das geht ihn<br />

nichts an. Und maßt er sich einmal an,<br />

diese Rücksicht in sein Geschäft aufzunehmen,<br />

so sind die Folgen unabsehbar<br />

und der Arzt wird der gefährlichste<br />

Mensch im Staat.«<br />

Nun sind die Folgen im Fall Hänel<br />

längst absehbar. Der § 219a StGB<br />

wird fallen und der § 218 wird folgen,<br />

wenn die Ampelkoalition nicht vorher<br />

auseinanderbricht. Doch wenigstens<br />

widersprach in Gestalt der Direktorin<br />

der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe der Universität<br />

Regensburg der gefährlichsten<br />

Frau im Staate eine wahre Ärztin<br />

in nahezu allen Belangen. Man müsse<br />

sich davor hüten »zu denken, dass das<br />

System nicht funktioniert. Es funktioniert<br />

mit über 90.000 Abbrüchen in<br />

Deutschland.« Auch komme keine Frau<br />

in den Kreißsaal, die keinen Mutterpass<br />

habe, alle hätten »einen Frauenarzt, alle<br />

eine Vorsorge«, so Köninger. »Das<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

15


POLITIK<br />

Marco Buschmann, FDP<br />

Trennungsgebot zwischen Beratung und<br />

Durchführung des Abbruchs« beseitige<br />

»Interessenskonflikte« von Ärzten und<br />

schütze Frauen vor »Aktionismus«. Ärzte<br />

lehnten die Durchführung von Abtreibungen<br />

nicht aus Angst vor dem § 219a<br />

StGB ab, sondern auf »Basis von Wissen<br />

und Gewissen«. Auch hätten Frauenärzte<br />

»täglich Einblick in die frühembryonale<br />

Entwicklung«. »Wir sehen<br />

mehr als einen Zellhaufen, schon<br />

in der fünften Schwangerschaftswoche,<br />

und wir kommen tagtäglich in die Situation,<br />

dass wir unter Extrembedingungen<br />

Kindern Überleben überhaupt erst<br />

ermöglichen müssen.« Niemand könne<br />

»von so einer Berufsgruppe« erwarten,<br />

»dass sie mit gleicher Selbstverständlichkeit<br />

anderen Kindern das Lebenspotenzial<br />

wegnimmt«. Für Frauen sei<br />

»der Abbruch ein singuläres Ereignis in<br />

ihrem Leben«. Für den Arzt sei es »ein<br />

Dauerzustand«. Hier komme eben auch<br />

»die Autonomie und das Selbstbestimmungsrecht<br />

des Arztes zum Ausdruck«.<br />

»Denn«, schloss Köninger, »man bewirbt<br />

nur das, was man auch für erstrebenswert<br />

hält.« Noch so ein letzter Satz.<br />

In der Woche zuvor hatte der Bundestag<br />

in Erster Lesung erstmals im<br />

Plenum über den Gesetzesentwurf der<br />

Bundesregierung debattiert. 39 Minuten<br />

sollte die Aussprache zu dem von Kritikern<br />

auch als »Lex Hänel« verspotteten<br />

Gesetzesentwurf dauern. So war<br />

es zwischen den Fraktionen vereinbart<br />

worden. Etliche Zwischenfragen und<br />

Kurzinterventionen, mit denen auch<br />

jene auf die Bühne strebten, denen die<br />

FDP<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BUNDESTAGSFRAKTION / KAMINSKI<br />

Lisa Paus, Bündnis 90/Die Grünen<br />

jeweilige Fraktionsregie diesmal keine<br />

tragende Rolle zugedacht hatte, sorgten<br />

dafür, dass die Debatte am Ende deutlich<br />

länger dauerte.<br />

Den Auftakt übernahm der Bundesminister<br />

für Justiz, Marco Buschmann<br />

(FDP), persönlich. Was der promovierte<br />

Jurist an diesem Tag ablieferte, stellte<br />

für jeden, der gewohnt ist, mehr als nur<br />

eine Gehirnzelle in Betrieb zu nehmen,<br />

eine intellektuelle Zumutung dar. Es sei,<br />

so Buschmann, »eine juristische, eine<br />

politische und eine historische Wahrheit,<br />

dass der § 218 des Strafgesetzbuches<br />

und der § 219a nichts, aber auch<br />

gar nichts miteinander zu tun haben«.<br />

Er »bitte, diese Wahrheit zu akzeptieren«.<br />

Schon klar. Selbstverständlich hat<br />

die gesetzliche Regelung einer Straftat<br />

»nichts, aber auch gar nichts« mit der<br />

Werbung für eben jene zu tun. Und weil<br />

das so ist, ist es bestimmt auch bloß ein<br />

dummer Zufall, dass die Strafrechtssystematiker<br />

deren Regelung im Strafgesetzbuch<br />

in unmittelbarer Nähe zueinander<br />

angeordnet haben.<br />

Doch damit nicht genug: Der Bundesjustizminister<br />

bat seine Zuhörer<br />

auch, sich einmal »eine junge Frau«<br />

vorzustellen, »die schwanger ist und<br />

die in Erwägung zieht, diese Schwangerschaft<br />

zu unterbrechen«. »Zu unterbrechen«?<br />

Und auch noch »diese<br />

Schwangerschaft«? Hallo, geht’s noch?<br />

Dazu muss man wissen: Der 53-Jährige<br />

stammt nicht etwa aus Gera oder<br />

Görlitz, wo die Rede von »Schwangerschaftsunterbrechungen«<br />

lange Zeit geläufig<br />

war und in etwa denselben Zweck<br />

WWW.SPDFRAKTION.DE/PHOTOTHEK<br />

verfolgte wie die von »Spezialoperationen«<br />

im heutigen Russland, sondern<br />

aus Gelsenkirchen. Aber es kommt noch<br />

besser: »Im Internet erlauben wir«, so<br />

Buschmann weiter, »jedem Verschwörungstheoretiker,<br />

jeder Fake-News-<br />

Schleuder, jeden Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche<br />

zu verbreiten. Aber<br />

qualifizierten Ärztinnen und Ärzten als<br />

Hütern der Wissenschaft, der Fakten,<br />

Carmen Wegge, SPD<br />

der Sachlichkeit und der Aufklärung<br />

verbieten wir, sachliche Informationen<br />

bereitzustellen. Das ist doch absurd.«<br />

Wäre es, wenn es so wäre. Nur, so ist<br />

es eben nicht. Was ein Bundesjustizminister<br />

wissen könnte und sogar wissen<br />

müsste. Denn: Jede Ärztin und jeder<br />

Arzt darf sich auch jetzt schon im Internet<br />

über sämtliche Aspekte vorgeburtlicher<br />

Kindstötung auslassen. Er oder sie<br />

darf eben nur selbst nicht Anbieter einer<br />

solchen sein. Dann, und nur dann,<br />

sind ihm Grenzen gesetzt, die er bislang<br />

beachten muss. Seit der Reform des<br />

§ 219a StGB in der letzten Legislaturperiode<br />

darf beispielsweise auch eine Abtreibungsärztin<br />

wie Kristina Hänel auf<br />

ihrer Praxishomepage darüber »informieren«,<br />

dass sie Abtreibungen durchführt.<br />

Was sie weiterhin nicht darf, ist<br />

– wie in der Vergangenheit geschehen<br />

– dazu aufrufen, Bargeld oder eine Bescheinigung<br />

über die Kostenübernahme<br />

der Krankenkasse mitzubringen,<br />

sowie die Methoden anpreisen, mittels<br />

derer sie die ungeborenen Kinder<br />

im Mutterleib tötet. Im Arzt-Patienten-Gespräch<br />

ist ihr auch das erlaubt.<br />

Dann darf sie sogar die »Fake-Schleu-<br />

16 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


POLITIK<br />

CDU/TOBIAS KOCH<br />

OLAF KOSINSKY/CC BY-SA 3.0-DE<br />

Nina Warken, CDU<br />

Thomas Seitz, AfD<br />

der« geben und statt vom Kind, das sie<br />

tötet, vom »Schwangerschaftsgewebe«<br />

faseln, das sie absaugt.<br />

Warum ist das so? Weil der Gesetzgeber<br />

sich einerseits nicht dazu aussah,<br />

das Recht auf Leben des Kindes notfalls<br />

auch gegen seine Mutter zu schützen,<br />

andererseits aber auch nicht wollte, dass<br />

eine vorgeburtliche Kindstötung, denn<br />

das ist eine Abtreibung, wie eine x-beliebige<br />

medizinische Heilbehandlung betrachtet<br />

wird. Im Deutschen Bundestag<br />

ist das schon länger nicht mehr mehrheitsfähig.<br />

In der vergangenen Legislaturperiode<br />

musste die Union der SPD<br />

mit dem Ende der Koalition drohen,<br />

um zu verhindern, dass sie mit der Opposition<br />

stimmte und den 219a StGB<br />

zu Fall brachte. Nun aber gibt es kein<br />

Halten mehr. Das hat die Debatte am<br />

Freitag klar gezeigt.<br />

Als der ehemalige Staatsanwalt und<br />

rechtspolitische Sprecher der AfD-Fraktion,<br />

Thomas Seitz, in einer Rede, die<br />

denen der Parlamentarischen Geschäftsführerin<br />

der CDU/CSU-Bundesfraktion,<br />

Nina Warken (CDU), und der<br />

CSU-Abgeordneten Dorothee Bär in<br />

nichts nachstand, feststellte: »Eine Abtreibung<br />

ist aber kein normaler medizinischer<br />

Eingriff«, und die Abgeordnete<br />

der Linkspartei, Heidi Reichinnek, dazwischenrief:<br />

»Doch!«, regte sich in den<br />

Reihen der Ampel kein Widerspruch.<br />

Und als unmittelbar danach die frisch<br />

gekürte Bundesministerin für Familien,<br />

Senioren, Frauen und Jugend, Lisa<br />

Paus (Bündnis 90/Die Grünen), erklärte:<br />

»So wie sich Frauen auf medizinische<br />

Leistungen verlassen dürfen,<br />

wenn sie sich für ein Kind entscheiden,<br />

sollen sie sich künftig auf medizinische<br />

Leistungen verlassen können, wenn sie<br />

sich gegen ein Kind entscheiden«, gab<br />

es lang anhaltenden Beifall von Bündnis<br />

90/Die Grünen, SPD und Linken.<br />

Als wäre das noch nicht genug, strafte<br />

Paus ihren Kabinettskollegen Marco<br />

Buschmann auch noch gleich Lügen.<br />

Hatte Buschmann eingangs noch versichert,<br />

die Streichung des § 219a StGB<br />

habe »keine Auswirkungen auf das Lebensschutzkonzept<br />

von § 218 des Strafgesetzbuches«,<br />

so erklärte Paus nun:<br />

»Dieses Gesetz und die Debatte heute<br />

haben eine wichtige Signalwirkung.<br />

Diese Bundesregierung steht an der Seite<br />

der Frauen und zu ihrem Recht auf<br />

körperliche Selbstbestimmung. Und<br />

deshalb wollen wir auch einen zweiten<br />

Schritt gehen und die Regelung für den<br />

Schwangerschaftsabbruch außerhalb<br />

des StGB treffen. Um diese hochkomplexen,<br />

juristischen Fragen zu klären,<br />

setzen wir eine Kommission zur ›Reproduktiven<br />

Selbstbestimmung‹ ein.«<br />

Obwohl sich die Bundesminister Paus<br />

und Buschmann reichlich ins Zeug legten,<br />

für den Tiefpunkt der Debatte vermochten<br />

sie dennoch nicht zu sorgen.<br />

Das blieb der SPD-Abgeordneten Carmen<br />

Wegge vorbehalten. Die 32-jährige<br />

Juristin begann ihre Rede mit den<br />

Worten: »Gerade bin ich versucht, kurz<br />

innezuhalten, aufzuschauen und die Situation<br />

zu genießen.« Nicht einmal der<br />

Zwischenruf der CDU-Abgeordneten<br />

Julia Klöckner, die fragte: »Genießen?<br />

Christoph Wilhelm Hufeland<br />

Sie genießen, dass Ungeborene sterben?«,<br />

vermochte die SPD-Abgeordnete<br />

bei dem sichtlichen Auskosten dieses<br />

Moments zu stören. Und so fuhr Wegge,<br />

die über die bayerische Landesliste<br />

in den Bundestag eingezogen war,<br />

ungerührt fort: »Dies ist der Moment,<br />

für den so viele Frauen jahrzehntelang<br />

auf die Straße gegangen sind. Dies ist<br />

der Moment, für den so viele Ärztinnen<br />

und Ärzte gekämpft haben. Dies<br />

ist der Moment, in dem wir endlich<br />

in das parlamentarische Verfahren zur<br />

Streichung von § 219a aus dem Strafgesetzbuch<br />

eintreten. Dies ist der Moment,<br />

der uns Frauen ein Stück weit die<br />

Hoheit über unsere Körper zurückgeben<br />

wird. Es ist ein schöner Moment.«<br />

Ganz abgesehen davon, dass Frauen<br />

schon deshalb nicht jahrzehntelang für<br />

die Streichung des Werbeverbots für<br />

Abtreibungen auf die Straße gegangen<br />

sind, weil bis zur Verurteilung von Kristina<br />

Hänel kaum jemand von der Existenz<br />

dieser Norm wusste, so gibt auch<br />

deren Streichung niemandem »die Hoheit«<br />

über seinen Körper zurück. Auch<br />

nicht »ein Stück weit«. Anders wird jedoch<br />

ein Schuh daraus. Lebensrechtler<br />

hatten von Anfang an darauf hingewiesen,<br />

dass der Kampf um die Abschaffung<br />

des Werbeverbots für Abtreibungen in<br />

Wahrheit auf die Abschaffung des 218<br />

StGB ziele. Ihr Argument: Etwas, für<br />

das offen geworben werden dürfe, könne<br />

unmöglich dauerhaft eine Straftat darstellen.<br />

Wie die Anhörung im Rechtsausschuss<br />

zeigte, sieht die Abtreibungslobby<br />

das auch so.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

17


PRO-LIFE<br />

Congress<br />

16. – 18. SEPTEMBER <strong>2022</strong><br />

BERLIN<br />

FR.,16. SEPTEMBER <strong>2022</strong><br />

SO.,18. SEPTEMBER <strong>2022</strong><br />

18.00 Uhr → Ankunft und Anmeldung der<br />

Teilnehmer<br />

19.30 Uhr → Abendessen<br />

Anschließend → Get connect:<br />

Vernetzung im Lebensschutz<br />

SA.,17. SEPTEMBER <strong>2022</strong><br />

bis 9:00 Uhr → Frühstück<br />

9.00 Uhr → Vortrag (Special Guest)<br />

10.00 Uhr → Workshops<br />

1. Argumentieren im Lebensschutz<br />

2. Schwangerschaftskonflikt:<br />

Was sind Gründe für Abtreibung?<br />

Was brauchen Frauen?<br />

3. Kirche, Politik und Lebensschutz<br />

4. Pro Life Bewegung im Ausland<br />

11.30 Uhr → Ansage und Pause<br />

12.00 Uhr → Kick-off<br />

13.00 Uhr → Kundgebung und Marsch für das<br />

Leben<br />

18.00 Uhr → Abendessen<br />

19.15 Uhr → Input- Was DU jetzt tun kannst<br />

19.30 Uhr → Pro Life Party<br />

bis 9:30 Uhr → Frühstück und Abreise<br />

95 € für Schüler, Studenten, Auszubildende<br />

125 € für junge Berufstätige<br />

In den Kosten inbegriffen sind:<br />

Übernachtungen, Vollpension, Kaffeepause,<br />

Lunchpaket, Kongressgebühr und Material.<br />

Eine Kooperation der CDL<br />

und der Jugend für das Leben<br />

→ Anmeldung unter:<br />

kontakt@jugendfuerdasleben.de<br />

Jugend für das Leben<br />

Kitzenmarkt 20-22 | 86150 Augsburg<br />

www.jugend.alfa-ev.de<br />

oder QR-Code 18 scannen →<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

www.eventbrite.com/e/pro-life-congress-<strong>2022</strong>-tickets-348749016697<br />

www.marsch-fuer-das-leben.de


GEH DU<br />

FÜR MICH<br />

MARSCH FÜR DAS LEBEN<br />

17. September <strong>2022</strong><br />

Der Marsch für das Leben<br />

in Berlin ist Ihnen wichtig –<br />

aber Sie können nicht selbst mitgehen?<br />

Wir vertreten Sie!<br />

Unterstützen Sie unsere Aktion<br />

„Geh Du für mich“<br />

mit Ihrer Spende und ermöglichen Sie<br />

so einem Jugendlichen die Teilnahme.<br />

Vielen<br />

Dank!<br />

Spendenkonto:<br />

VR-Bank Augsburg-Ostallgäu<br />

DE85 7209 0000 0005 0409 90<br />

BIC: GENODEF1AUB<br />

Kennwort: Geh Du für mich <strong>2022</strong><br />

#PROLIFEFACTS<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />

Kitzenmarkt 20-22 | 86150 Augsburg<br />

www.alfa-ev.de<br />

19<br />

www.marsch-fuer-das-leben.de


AUSLAND POLITIK<br />

Karlsruher<br />

Zumutungen<br />

Mit seinem Urteil vom 26. Februar 2020 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

den Gesetzgeber vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Bei der Orientierungsdebatte<br />

im Parlament zeichneten sich drei mögliche Lösungsmodelle ab.<br />

Klar ist schon jetzt: Die Quadratur des Kreises wird keinem gelingen.<br />

Von Stefan Rehder<br />

In einer weitgehend sachlich und<br />

ernsthaft geführten Debatte hat<br />

der Deutsche Bundestag Mitte<br />

Mai ein weiteres Mal über Möglichkeiten<br />

einer rechtlichen Neuregelung der<br />

Beihilfe zum Suizid diskutiert. In der<br />

vergangenen Legislaturperiode hatten<br />

die Parlamentarier dazu schon einmal<br />

einen Anlauf unternommen. Weil der<br />

jedoch nicht rechtzeitig vor der Bundestagswahl<br />

zum Abschluss gebracht<br />

werden konnte, verfielen alle der damals<br />

über die Fraktionsgrenzen hinweg<br />

erarbeiteten Gruppenanträge der<br />

sogenannten Diskontinuität. Nun hat<br />

das Parlament das Gesetzgebungsverfahren<br />

erneut gestartet. In der 90-minütigen<br />

Orientierungsdebatte warben<br />

unterschiedliche Gruppen um Unterstützung<br />

für ihre jeweiligen Regelungsmodelle.<br />

Großes Unbehagen bei<br />

vielen Abgeordneten<br />

Nötig geworden war die rechtliche<br />

Neuregelung der Beihilfe zum Suizid,<br />

weil der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

mit seinem Urteil vom<br />

26. Februar 2020 das vom Bundestag<br />

im Herbst 2015 mit großer Mehrheit<br />

verabschiedete »Verbot der geschäftsmäßigen<br />

Förderung der Selbsttötung«<br />

für verfassungswidrig und den § 217<br />

StGB für »nichtig« erklärt hatte. Unter<br />

dem Vorsitz des damaligen Gerichtspräsidenten<br />

Andreas Voßkuhle<br />

erfand der Zweite Senat dabei ein<br />

WWW.HELGE-LINDH.DE/PHOTOTHEK<br />

»Recht auf selbstbestimmtes Sterben«,<br />

das auch das Recht einschließt, dabei<br />

»Angebote Dritter« in Anspruch zu<br />

nehmen. Damit nicht genug: Indem<br />

die Richter das »Recht auf selbstbestimmtes<br />

Sterben« auch noch an das<br />

Helge Lindh, SPD<br />

ANSGAR HEVELING/WIKIMEDIA COMMONS/CC BY-SA 3.0<br />

Ansgar Heveling, CDU<br />

allgemeine Persönlichkeitsrecht und<br />

die Menschenwürde banden, erschufen<br />

sie gewissermaßen ein neues »Super-Grundrecht«.<br />

Seitdem steht der<br />

Bundestag vor der Schwierigkeit, einerseits<br />

sicherstellen zu sollen, dass<br />

die Bürgerinnen und Bürger von diesem<br />

neuen Grundrecht Gebrauch machen<br />

können. Andererseits sollen die<br />

Abgeordneten zugleich jedoch dafür<br />

sorgen, dass der Staat auch weiterhin<br />

jenen Selbsttötungen entgegenwirkt,<br />

»die nicht von freier Selbstbestimmung<br />

und Eigenverantwortung<br />

getragen sind«. Dies gebiete, so die<br />

Richter, »die Bedeutung des Lebens<br />

als ein Höchstwert« der Verfassung.<br />

In der Debatte ließen denn auch<br />

mehrere Abgeordnete durchscheinen,<br />

welche Zumutung sie darin erblicken.<br />

So erklärte etwa der SPD-Abgeordnete<br />

Helge Lindh: »Die autonom gebildete<br />

Entscheidung eines Menschen,<br />

sich das Leben zu nehmen, ist eine Zumutung<br />

für uns alle und eine Zumutung<br />

für die Gesellschaft.« Gleiches<br />

gelte auch für »die Entscheidung des<br />

Verfassungsgerichts, diesem autonom<br />

gebildeten Willen in ganz besonderer<br />

Weise gerecht zu werden und auch das<br />

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung<br />

als verfassungswidrig zu erklä-<br />

20 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


POLITIK<br />

ren«. Das könne man »nicht kleinreden«.<br />

Die AfD-Abgeordnete Beatrix<br />

von Storch sprach gar von einer<br />

»schiefen Bahn«, auf die »das Urteil<br />

des Verfassungsgerichts« das Parlament<br />

führe. Und auch der CDU-Gesundheitspolitiker<br />

Hubert Hüppe wollte<br />

aus seinem Herzen keine Mördergrube<br />

machen. Es sei ihm »noch nie<br />

so schwergefallen«, eine »Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

zu akzeptieren«, wie diesmal, bekannte<br />

Hüppe. Denn sie zwinge ihn, »an<br />

einer Regelung mitzuwirken«, die er<br />

»aus Gewissensgründen grundsätzlich<br />

ablehnen« müsse.<br />

Drei unterschiedliche<br />

Regelungskonzepte<br />

Im Parlament zeichnen sich bislang<br />

drei unterschiedliche Regelungskonzepte<br />

ab. Das restriktivste wurde bereits<br />

fertig ausgearbeitet und von einer<br />

Gruppe um die Abgeordneten<br />

Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling<br />

(CDU), Kirsten Kappert-Gonther<br />

(Bündnis 90/Die Grünen), Stephan<br />

Pilsinger (CSU), Benjamin Strasser<br />

(FDP) und Kathrin Vogler (Die<br />

Linke) in den Bundestag eingebracht.<br />

Der Gesetzesentwurf trägt den Titel<br />

»Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit<br />

der geschäftsmäßigen Hilfe zur<br />

Selbsttötung und zur Sicherstellung<br />

der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung<br />

zur Selbsttötung« (Bundestagsdrucksache<br />

20/904) und will,<br />

wie es der SPD-Abgeordnete Castellucci<br />

formulierte, »den assistierten<br />

Suizid ermöglichen, ohne ihn zu fördern«.<br />

Die Vorlage, die bislang von<br />

84 Parlamentariern unterstützt wird,<br />

stellt die »geschäftsmäßige Förderung<br />

der Selbsttötung« grundsätzlich unter<br />

Strafe. Demnach kann, wer »in der Absicht,<br />

die Selbsttötung eines anderen<br />

zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig<br />

die Gelegenheit gewährt, verschafft<br />

oder vermittelt«, mit »Freiheitsstrafe<br />

bis zu drei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft« werden. »Nicht<br />

rechtswidrig« ist die Förderung hingegen,<br />

wenn die suizidwillige Person<br />

»volljährig und einsichtsfähig« ist und<br />

sie sich mindestens zweimal von einer<br />

Fachärztin oder einem Facharzt für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie, die<br />

ARNE LIST<br />

selbst nicht an der Selbsttötung beteiligt<br />

sind, hat untersuchen lassen und<br />

zudem mindestens ein Beratungsgespräch<br />

absolviert hat.<br />

Der CDU-Abgeordnete Heveling<br />

betonte, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />

werfe komplexe<br />

Fragen auf, die es zu beantworten gelte.<br />

»Wann ist der Wunsch, dem eigenen<br />

Leben ein Ende zu setzen, Ausdruck<br />

persönlicher Autonomie? Wie soll man<br />

herausfinden, ob die Entscheidung eines<br />

Sterbewilligen vielleicht gar nicht<br />

selbstgesetzten Gründen entspringt,<br />

Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen<br />

sondern er sich sozialem Druck ausgesetzt<br />

sieht oder an einer Krankheit<br />

leidet, die es ihm unmöglich macht,<br />

seinen Wunsch, zu sterben, selbstbestimmt<br />

zu reflektieren?« Beide Situationen<br />

»voneinander abzugrenzen« sei<br />

»keineswegs trivial«. Denn die »Autonomie<br />

des Einzelnen und sein daraus<br />

resultierendes Recht auf selbstbestimmtes<br />

Sterben« müssten »ebenso<br />

geschützt werden wie das Leben«.<br />

Nur, wenn »sich der Staat schützend<br />

vor das Leben des Einzelnen stellt«,<br />

könne »auch die Autonomie des Einzelnen<br />

geschützt werden«.<br />

Das sahen die Verfechter einer »liberalen<br />

Sterbehilferegelung« allerdings<br />

völlig anders. Für eine solche<br />

warb eine Gruppe um die Abgeordneten<br />

Helge Lindh (SPD), Till Steffen<br />

(Bündnis 90/Die Grünen), Katrin<br />

Helling-Plahr (FDP), Petra Sitte<br />

(Die Linke). Wie Helling-Plahr erklärte,<br />

habe das Bundesverfassungsgericht<br />

»ganz klar gesagt: Einen gegen<br />

SUPERBASS / CC BY-SA 4.0<br />

die Autonomie gerichteten Lebensschutz<br />

kann und darf es nicht geben«.<br />

Deshalb sei es für sie auch »indiskutabel,<br />

eine neue Regelung der Sterbehilfe<br />

im Strafrecht überhaupt nur anzudenken«.<br />

Stattdessen gelte es, dafür<br />

Beatrix von Storch, AfD<br />

zu sorgen, dass »Menschen, die sich<br />

entscheiden, gehen zu wollen«, »ihr<br />

im Grundgesetz verankertes Recht<br />

auf selbstbestimmtes Sterben ausüben<br />

können, wenn sie es für geboten halten«.<br />

Mit ihrem Aufruf, »Menschen,<br />

die über einen Suizid nachdenken, zur<br />

Seite« zu stehen, indem der Bundestag<br />

»flächendeckend und bundesweit<br />

niederschwellige Beratungsmöglichkeiten«<br />

schafft und »konkrete Hilfe,<br />

zum Beispiel auf dem Weg ins Pflegeheim«,<br />

anbietet, stimmte Helling-<br />

Plahr geradezu das Hohelied der Suizidbegleitung<br />

an.<br />

Ein drittes Regelungsmodell, das<br />

von den beiden grünen Abgeordneten<br />

Renate Künast und Katja Keul erarbeitet<br />

wurde, unterscheidet zwischen<br />

Suizidwünschen, die »ihren Tod wegen<br />

einer schweren Krankheit« oder<br />

»aus anderen Gründen anstreben«.<br />

Während bei Ersteren zwei Ärzte unabhängig<br />

voneinander prüfen sollen,<br />

ob dem Wunsch des Suizidwilligen<br />

eine freie Entscheidung zugrunde<br />

liegt, sollen alle übrigen an Landesbehörden<br />

verwiesen werden. Künast:<br />

»Wir sagen: Es muss eine Behörde<br />

geben, gegenüber der man seinen<br />

Sterbewunsch glaubhaft darlegt und<br />

ein, zwei Fragen beantwortet.«<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

21


GESELLSCHAFT<br />

AUSLAND<br />

PARILOV/STOCK.ADOBE.COM<br />

Fachliche Tiefe und<br />

großes Engagement<br />

Auf der diesjährigen Bundesdelegiertenversammlung wurde der Bundesvorstand der Aktion<br />

Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V. im Amt bestätigt. Ein Tagungsbericht aus gebotenem Anlass.<br />

Von Alexandra Maria Linder<br />

Die großen internationalen Organisationen,<br />

die Abtreibungen<br />

fördern, wurden ganz<br />

überwiegend von Männern gegründet.«<br />

Unter anderem mit dieser für viele<br />

Teilnehmer überraschenden historischen<br />

Tatsache umriss der Arzt, Wissenschaftler<br />

und Vorsitzende der Ȁrzte<br />

für das Leben«, Prof. Dr. Paul Cullen,<br />

in seinem Eröffnungsvortrag bei<br />

der Jahrestagung der Aktion Lebensrecht<br />

für Alle und der »Ärzte für das Leben«<br />

die Geschichte der Abtreibungsideologie<br />

und ihre Verstrickung mit der<br />

ebenso menschenverachtenden Ideologie<br />

der Eugenik. Diese ursprünglich<br />

aus Großbritannien stammende Haltung<br />

gegenüber Menschen, die weniger<br />

leistungsfähig oder angeblich »weniger<br />

wert« seien als andere, richtete sich seit<br />

dem 19. Jahrhundert konsequenterweise<br />

gegen die »Vermehrung« der armen<br />

und der schwarzen Bevölkerung. Durch<br />

viele Fakten belegt, stellt sich letztendlich<br />

auch aktuell die Frage, inwiefern es<br />

Verfechtern der legalen Abtreibung tatsächlich<br />

um die Rechte und die Situation<br />

von Frauen geht.<br />

Der Vortrag bildete den offiziellen<br />

Auftakt der jährlichen <strong>ALfA</strong>-Bundesdelegiertenversammlung<br />

und Mitgliederversammlung<br />

der »Ärzte für das Leben«<br />

in Fulda. Zum ersten Mal lud die <strong>ALfA</strong><br />

auch zu einer Mitgliederversammlung<br />

ein, was zahlreiche Mitglieder nutzten,<br />

um die Vorstände und die Mitarbeiterinnen<br />

des Vereins persönlich kennenzulernen<br />

und sich von ihrer Arbeit berichten<br />

zu lassen. In diesem Rahmen konnten sie<br />

gleich die Gründung einer ganz neuen<br />

Initiative innerhalb der <strong>ALfA</strong> miterleben:<br />

der »Seelsorge für das Leben«.<br />

22 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


GESELLSCHAFT<br />

Der Samstagvormittag stand ebenfalls<br />

im Zeichen der Fortbildung und Kommunikationsschulung<br />

für Mitglieder und<br />

Delegierte. Zunächst stellte der Rechtsanwalt<br />

und Kommunikationsexperte Richard<br />

Schütze aus Berlin anhand praktischer<br />

Situationen und unterschiedlicher<br />

kommunikativer Verhaltensweisen<br />

dar, welche Formen der Kommunikation<br />

zu konstruktiven Gesprächen führen<br />

können und welche Formen jegliche<br />

Möglichkeit solcher Gespräche von<br />

vornherein relativ unwahrscheinlich machen.<br />

Offene Fragen seien hier ebenso<br />

sinnvoll wie das Bewusstsein, dass jeder<br />

Mensch auch durch seine Biografie geprägt<br />

ist und daher bestimmte Verhaltensweisen<br />

an den Tag legt. Anschaulich<br />

berichtete er über die zufällige Begegnung<br />

mit einer Abtreibungsexpertin,<br />

die allein dadurch, dass er freundlich<br />

offene Fragen stellte, begann, ihre<br />

Tätigkeit und deren ethische Einordnung<br />

selbst und kritisch zu hinterfragen.<br />

Inhaltlich daran anschließend erläuterte<br />

die <strong>ALfA</strong>-Bundesvorsitzende Cornelia<br />

Kaminski, mit welcher kommunikativen<br />

Strategie, mit welcher Formulierungs-<br />

und Begriffswahl Meinungen<br />

beeinflusst und Mainstream-Ansichten<br />

geformt werden wollen, was häufig auch<br />

Erfolg hat. Das sogenannte »Framing«<br />

diene durch gezielte Anwendung dazu,<br />

bestimmte Haltungen in der Gesellschaft<br />

positiv oder negativ zu besetzen. Dies<br />

zeigte Kaminski anschaulich an Themen<br />

wie Lebensrecht oder Corona. So seien<br />

Begriffe wie »Leugner« oder »Seuche«<br />

eindeutig negativ besetzt und führten<br />

zu entsprechenden Assoziationen und<br />

Reaktionen. Dabei schreckten interessierte<br />

Kreise auch nicht davor zurück,<br />

tragische Todesfälle von schwangeren<br />

Frauen und ihren Kindern, die, wie sich<br />

in allen Fällen herausstellte, ursächlich<br />

nichts mit einer angeblich verweigerten<br />

Abtreibung zu tun hatten, für ihre<br />

Zwecke auszuschlachten. Dies könne<br />

man zum Beispiel in Irland und Polen<br />

verfolgen.<br />

Am Samstagnachmittag fand die<br />

<strong>ALfA</strong>-Bundesdelegiertenversammlung<br />

statt, bei der turnusmäßig auch ein neuer<br />

Bundesvorstand gewählt wurde. Beim<br />

Vortrag der Rechenschaftsberichte des<br />

Vorstands, der Regionalverbände, der<br />

Jugend für das Leben, der Initiative<br />

»Ich bin Mensch«, der Schwangerenberatung<br />

»vitaL« und der Initiative für<br />

Frauen nach Abtreibung, »Schattenkind«,<br />

erfuhren die Delegierten und<br />

Mitglieder detailliert, was im vergangenen<br />

Jahr alles geleistet wurde. Trotz<br />

der situationsbedingten Einschränkungen<br />

konnten alle Bereiche und Initiativen<br />

ihre Arbeit nicht nur aufrechterhalten,<br />

sondern, wie vor allem die Jugend<br />

für das Leben eindrucksvoll berichtete,<br />

sogar ausbauen und neue, sehr<br />

engagierte Mitglieder gewinnen. Auch<br />

die Regionalverbände waren nicht untätig<br />

und stellten ihre Aktionen wie die<br />

Verteilung von Rosen zum Weltfrauentag,<br />

Informationsstände in Innenstädten<br />

und Vorführungen des Kinofilms<br />

»Unplanned« mit anschließenden<br />

Gesprächen vor. »vitaL« wartete<br />

mit 16 fertig ausgebildeten Beraterinnen<br />

und zehn weiteren Damen in Ausbildung<br />

auf und konnte von etwa 100<br />

Frauen berichten, die sich nachweislich<br />

und allein aufgrund der »vitaL«-Beratung<br />

und -Hilfe für ihr Kind entschieden<br />

haben. »Schattenkind« berichtete<br />

über die weitere Aufbauarbeit und<br />

den jetzt schon sichtbaren Beratungsbedarf.<br />

»Ich bin Mensch« unterstützt<br />

in diesem Jahr die Jacobi-Stiftung, die<br />

in Myanmar unter anderem Häuser mit<br />

Betreuung für alleinstehende schwangere<br />

Frauen fördert.<br />

Carmen Czampiel, Cornelia Kaminski, Alexandra Weiß, Maria Schmölzing, Regina<br />

Kaminski, Martin Siegel, Monika Friederich, Arne Schwarck und Alexandra Linder<br />

Bei den Wahlen wurde Cornelia Kaminski<br />

als Bundesvorsitzende für die<br />

nächsten drei Jahre ebenso einhellig in<br />

ihrem Amt bestätigt wie die Stellvertretenden<br />

Bundesvorsitzenden, Prof. Dr.<br />

Holm Schneider und Martin Siegel, sowie<br />

Schriftführerin Maria Schmölzing.<br />

Eine Änderung gab es beim Schatzmeisteramt:<br />

Nach sechs Jahren schied Bundesschatzmeister<br />

Hans-Peter Reiche aus,<br />

um sich anderen Tätigkeiten zuzuwenden.<br />

Mit großem Dank wurde er verabschiedet.<br />

Zum Nachfolger wurde Christoph<br />

zu Stolberg aus Neusäß gewählt.<br />

Der Geschäftsführende Bundesvorstand<br />

wird durch acht Mitglieder im<br />

erweiterten Bundesvorstand verstärkt.<br />

Gewählt wurden Talita Höhl, Arne<br />

Schwarck, Inga Hager, Regina Kaminski,<br />

Sepp Moosreiner, Angelika Secker, Monika<br />

Friederich und Alexandra Linder.<br />

Mit inhaltlichen Planungen und Diskussionen,<br />

zum Beispiel im Bereich<br />

Schuleinsätze und noch besserer Vernetzung<br />

der Regionalverbände, ging die<br />

BDV am Sonntag zu Ende. Das Resümee<br />

zeigt einen engagierten Vorstand<br />

auf allen Ebenen, eine fachliche Tiefe<br />

in allen Tätigkeitsbereichen und Gremien<br />

sowie einen entgegen dem Trend<br />

in anderen Vereinen wachsenden Zulauf<br />

an vor allem jüngeren Mitgliedern sowie<br />

weiteren Mithelfern und Spendern.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

23


GESELLSCHAFT<br />

»Große Koalition«<br />

für das Leben<br />

Am 20. Mai fand im Bonifatiushaus Fulda die Gründungsversammlung der Vereinigung<br />

»Seelsorge für das Leben« unter dem Dach der <strong>ALfA</strong> statt. Inspiriert durch die US-Initiative<br />

»Priests for Life« entstand die Idee, auch in Deutschland Menschen miteinander zu vernetzen,<br />

die sich in der Kirche mehr für das Lebensrecht engagieren möchten. Als überkonfessionelle<br />

Organisation wählte die <strong>ALfA</strong> dabei den ökumenischen Ansatz: Einbringen können<br />

sollen sich alle, die in der Seelsorge tätig sind.<br />

Von PD Dr. Dr. Kai Witzel<br />

Der Raum, den die <strong>ALfA</strong> für die<br />

Gründungsveranstaltung gewählt<br />

hatte, erwies sich schnell<br />

als ein wenig zu klein: Immer wieder<br />

mussten neue Stühle herbeigebracht<br />

und zusammengerückt werden, um Platz<br />

für die Teilnehmer zu machen. Erfreut<br />

über das große Interesse zeigte sich Cornelia<br />

Kaminski, die Bundesvorsitzende<br />

der <strong>ALfA</strong>, und sah darin eine Bestätigung<br />

dafür, dass diese Neugründung<br />

notwendig ist: »Wir sehen mit großer<br />

Sorge, dass der Lebensschutz in der<br />

Gesellschaft eine zusehends untergeordnete<br />

Rolle spielt. Dabei muss es eines<br />

der ersten Anliegen der christlichen<br />

Kirchen sein, denjenigen eine Stimme<br />

zu geben, die keine haben – und deren<br />

Existenzrecht schlicht geleugnet wird,<br />

wie die Debatte um die Erlaubnis, für<br />

Abtreibungen werben zu dürfen, gezeigt<br />

hat.« So seien vermehrt Anliegen<br />

aus der Seelsorge an die <strong>ALfA</strong> herangetragen<br />

worden, die unmittelbar entweder<br />

mit den Nöten der von Abtreibung<br />

betroffenen Familien zu tun haben<br />

oder aber mit den Todeswünschen<br />

alter oder kranker Angehöriger.<br />

Mit den Bischöfen Bertram Meier aus<br />

Augsburg und Michael Gerber aus Fulda<br />

hatten die beiden Bischöfe Grußworte<br />

gesandt, die geographisch der <strong>ALfA</strong><br />

besonders verbunden sind: Die Zentrale<br />

der <strong>ALfA</strong> ist in Augsburg, die Gründung<br />

der Initiative fand in Fulda statt.<br />

Bischof Meier begrüßte die Initiative<br />

und nannte sie eine »Große Koalition<br />

für das Leben«, Bischof Gerber betonte<br />

die Notwendigkeit, sich für die unveräußerliche<br />

Würde jeder einzelnen Person<br />

zu engagieren und für deren Recht<br />

auf Leben einzutreten. Er schlug zudem<br />

vor, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

mit den bestehenden Strukturen<br />

der Krisenintervention und der Notfallseelsorge<br />

anzustreben – hier liege bereits<br />

ein reicher Schatz an Erfahrungen<br />

und Erkenntnissen vor, den die neue Initiative<br />

»Seelsorge für das Leben« nutzen<br />

könne. Auch Hartmut Steeb, ehemaliger<br />

Generalsekretär der Evangelischen<br />

Allianz, der eigens zur Gründungsversammlung<br />

angereist war, begrüßte<br />

die Initiative.<br />

Zum Vorsitzenden der »Seelsorge<br />

für das Leben« wurde einstimmig der<br />

emeritierte Fuldaer Bischof Heinz-Josef<br />

Algermissen gewählt. Er werde so<br />

sein jahrzehntelanges Engagement im<br />

Kampf für die Würde des menschlichen<br />

Lebens vom vorgeburtlichen bis<br />

zum kranken und sterbenden Status<br />

noch einmal verdichten, so Algermissen.<br />

Der emeritierte Bischof betonte, dass<br />

das Jahr <strong>2022</strong> entscheidend dafür werden<br />

könne, wie wir als Gesellschaft mit dem<br />

Leben an seinem Beginn und an seinem<br />

Ende umgehen: »In der Politik und in<br />

den Medien wurde einer vermeintlichen<br />

Selbstbestimmung das Wort geredet, als<br />

wäre es der höchste Ausdruck menschlicher<br />

Freiheit, sich etwa bei schwerer<br />

Krankheit selbst zu töten.«<br />

Auch im Zusammenhang mit dem<br />

Beginn des menschlichen Lebens werde<br />

argumentiert, ein »Recht auf Abtreibung«<br />

sei Teil des »Selbstbestimmungsrechts«<br />

der Frau. Hier käme zum<br />

Ausdruck, dass ein Kind nur dann erwünscht<br />

sei, wenn es gerade zur persönlichen<br />

und beruflichen Situation passe.<br />

»Eine Gesellschaft, die achselzuckend<br />

und gleichgültig auf das Selbstbestimmungsrecht<br />

verweist, ist nicht frei. Sie<br />

ist zynisch«, so der Bischof anlässlich<br />

seiner Wahl in einem Interview gegenüber<br />

der »Catholic News Agency«<br />

(CNA). Algermissen betonte die Wichtigkeit<br />

des ökumenischen Ansatzes. Dieser<br />

sei fundamental angesichts des immer<br />

wieder feststellbaren Versuchs, die<br />

Kirchen in ethischen Fragen auseinanderzudividieren<br />

und damit das gemeinsame<br />

Zeugnis zu verdunkeln. Er wünsche<br />

sich, so der Bischof emeritus, dass<br />

auch das Bischofskollegium diese Themen<br />

in Predigten aufgriffe, und hielt<br />

fest, auch die Teilnahme am »Marsch<br />

für das Leben« sei in diesem Sinn ein<br />

klares Bekenntnis.<br />

Der Vorstand der »Seelsorge für das<br />

Leben« wird vervollständigt durch den<br />

Arzt und Diakon Priv.-Doz. Dr. med.<br />

Dr. sc. hum. Kai Witzel aus Fulda, der<br />

hauptberuflich als niedergelassener Chi-<br />

24 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


GESELLSCHAFT<br />

DIGITAL STORM/STOCK.ADOBE.COM<br />

rurg tätig ist und zum stellvertretenden<br />

Vorsitzenden gewählt wurde. Schriftführer<br />

wurde der Arzt und Priester Dr.<br />

med. Dr. theol. Andreas Kuhlmann, der<br />

in Jülich als Schulseelsorger tätig ist. So<br />

verdichtet sich in dem neu gewählten<br />

Vorstand eine bioethische Expertise mit<br />

theologischem, aber auch<br />

medizinischem und pädagogischem<br />

Sachverstand.<br />

In seinem Impulsvortrag »Gott ist<br />

ein Freund des Lebens« legte Kai Witzel<br />

den Schwerpunkt auf die Beziehung<br />

zwischen Gott und den Menschen. Diese<br />

Beziehung und das darin zum Ausdruck<br />

kommende Vertrauen seien Grundpfeiler<br />

des Menschseins. Gott als Freund des<br />

Lebens, das hieße zuerst das Gute in seiner<br />

Schöpfung zu erkennen, zu der eben<br />

nicht nur Pflanzen und schützenswerte<br />

Tiere gehörten, sondern gerade auch<br />

der Mensch. Die zentrale<br />

Rolle des Menschen<br />

im<br />

Heilsplan Gottes zeige sich zu Beginn<br />

der Heilsgeschichte, an dem die Geburt<br />

eines Kindes stand. Die Schwangerschaft<br />

der Gottesmutter Maria sei zumindest<br />

aus ihrer Sicht ungeplant gewesen. Die<br />

liebevolle Beziehung zwischen den Mitgliedern<br />

der Heiligen Familie sei trotz<br />

aller widrigen Umstände das vorbildliche<br />

Beispiel dafür, dass Schwangerschaftskonflikte<br />

mit Liebe überwunden<br />

werden könnten. Josef, der Ziehvater<br />

Jesu, sei hier ein leuchtendes Vorbild<br />

für heutige Väter.<br />

Auf diesen Aspekt bezog sich Prof.<br />

Paul Cullen in seinem Vortrag »Männer<br />

und Abtreibung«. Für sie gebe es<br />

keinerlei Möglichkeiten, ihr ungeborenes<br />

Kind gegen den Willen der<br />

Mutter zu retten. Auch hier träten<br />

Traumatisierungen auf, die<br />

einer seelsorgerlichen Begleitung<br />

bedürfen. Nach den Impulsen<br />

und Grußworten folgte<br />

ein lebhafter Austausch der<br />

Teilnehmer zu den vorgetragenen<br />

Ideen und Wünschen –<br />

von der Bitte um Vorschläge<br />

für Möglichkeiten, das Lebensrecht<br />

in Gottesdiensten<br />

zu thematisieren, bis hin<br />

zur Erstellung von Material<br />

für Schulklassen, Firm- und<br />

Konfirmandengruppen. Ein<br />

großes Anliegen ist die Fortbildung<br />

und Vernetzung von<br />

Klinikseelsorgern, die sie dazu<br />

ermutigen könnte, christliche<br />

Aspekte verstärkt in die Krankenhausseelsorge<br />

einzubinden. Gerade<br />

in der Seelsorge im Gesundheitsdienst<br />

und innerhalb der kirchlichen<br />

Gemeinschaften bestehe eine<br />

besondere Nähe zu den Menschen,<br />

aus der sich eine große Offenheit<br />

für den seelsorglichen, lebensbejahenden<br />

Dienst ergebe. Durch die<br />

Isolationsmaßnahmen sei die Einsamkeit<br />

bei älteren Menschen ein so<br />

großes Problem, dass die Lebensfreude<br />

durch Sozialkontakte gewichen sei<br />

und ein Herbeisehnen des Lebensendes<br />

ein häufig zu beobachtendes Phänomen<br />

geworden sei, so Kai Witzel. Diese<br />

Personengruppe sei durch die Diskussion<br />

um den assistierten Suizid besonders<br />

unter Druck geraten.<br />

Für die nächste Zukunft ist geplant,<br />

die Kompetenzen aller Teilnehmenden<br />

in entsprechenden Arbeitskreisen<br />

(Jugendliche und Schule / Liturgie<br />

/ Kranken- und Seniorenpastoral)<br />

zu kanalisieren.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

25


GESELLSCHAFT<br />

Auf dem<br />

Vormarsch<br />

Anders als in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts breitet sich inzwischen die<br />

»Kultur des Todes« auch auf der großen Leinwand aus – zu aktuellen Kinotrends im<br />

Bereich Abtreibung und aktiver Sterbehilfe<br />

Von Dr. José García<br />

Jahrelang galt die junge Frau, die sich<br />

allen Schwierigkeiten zum Trotz<br />

dazu entschließt, ihr Kind auszutragen,<br />

als eine »Kinoheldin«. Als<br />

Prototyp dieser neuartigen Leinwandheroine<br />

kann die 16-jährige schwangere<br />

Juno im gleichnamigen Spielfilm (Jason<br />

Reitman, 2007) angesehen werden:<br />

Nachdem sie bereits eine Abtreibungsklinik<br />

aufgesucht hat, überlegt sie es sich<br />

anders. Sie trägt das Kind aus und gibt<br />

es zur Adoption frei.<br />

Der Spielfilm »Das Ereignis« erzählt aus rein subjektiver Sicht von der Abtreibung<br />

einer Studentin, die in der Schwangerschaft den Verlust ihrer Chancen sieht und die<br />

Abtreibung als »Befreiung« feiert<br />

PROKINO<br />

Die Liste der Spiel- und Dokumentarfilme<br />

mit ähnlichem Sujet aus den<br />

letzten 15 Jahren ist lang. Dazu gehören<br />

etwa die deutschen Produktionen<br />

»Am Himmel der Tag« (2012) – bei<br />

dem eine 25-Jährige kurz vor Studienabschluss<br />

gegen das Drängen ihrer<br />

Mutter eine Abtreibung ablehnt – und<br />

»Nur eine Handvoll Leben« (2016), in<br />

dem die Mutter das Kind austrägt, obwohl<br />

es an »Trisomie 18« (»Edward-<br />

Syndrom«) leidet und nur wenige Tage<br />

zu leben hat. Als besonders aussagekräftig<br />

erweist sich Cornelia Grünbergs<br />

Dokumentarfilm »Vierzehn – Erwachsen<br />

in 9 Monaten« (2013), der vier<br />

Mädchen begleitet, die mit 14 Jahren<br />

schwanger wurden und sich für ihr ungeplantes<br />

Kind entschieden.<br />

Zwar wurden auch Filme gedreht,<br />

die das abgedroschene Argument anführen,<br />

ohne legale Abtreibung sei das<br />

Leben von abtreibungswilligen Frauen<br />

in Gefahr, die sich in die Hand von<br />

»Engelmacherinnen« begeben. Zwar<br />

wurde Abtreibung manchmal im Kino<br />

zu einer Art Ausweg in einer ausweglosen<br />

Lage erklärt – etwa in »Vier<br />

Monate, drei Wochen und zwei Tage«<br />

(2007), der im Rumänien der Ceaus˛escu-<br />

Ära angesiedelt ist, oder im US-amerikanischen<br />

»Niemals Selten Manchmal<br />

Immer« (2020). Allerdings wird in diesen<br />

Filmen die Abtreibung eher als Teil<br />

der von jungen Frauen erlittenen sexuellen<br />

Gewalt denn als »Lösung« dargestellt.<br />

Die eigentliche Trendwende in<br />

der Darstellung der Abtreibung auf der<br />

großen Leinwand brachte der deutsche<br />

Film »24 Wochen« (2016), in dem die<br />

Mutter einer neunjährigen Tochter erneut<br />

schwanger wird und sich, nachdem<br />

das Downsyndrom sowie ein Herzfehler<br />

beim Fötus diagnostiziert werden,<br />

für eine Spätabtreibung in der 24. Woche<br />

entscheidet. Moralische Bedenken<br />

schiebt sie schnell beiseite. Ihre eigene<br />

Mutter drängt sie, »das Problem aus<br />

der Welt zu schaffen«.<br />

Bei den jüngsten Filmen über Abtreibung<br />

handelt es sich um auf wah-<br />

26 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


GESELLSCHAFT<br />

ren Tatsachen basierende Spielfilme<br />

beziehungsweise um einen Dokumentarfilm.<br />

Die dramaturgisch aufbereitete,<br />

aber im Kern wahre Geschichte der<br />

ehemaligen führenden Mitarbeiterin<br />

von »Planned Parenthood« Abby Jonson<br />

erzählt der bereits in »<strong>LebensForum</strong>«<br />

ausführlich besprochene Spielfilm<br />

»Unplanned«: Nach neun Jahren<br />

bei der Abtreibungsorganisation erlebte<br />

sie erstmals eine Abtreibung aus nächster<br />

Nähe – und entschied sich im Oktober<br />

2009, zu kündigen und sich in der<br />

Lebensrechtsbewegung zu engagieren.<br />

Auf dem im Jahre 2000 veröffentlichten<br />

autobiografischen Buch von<br />

Annie Ernaux, die aus rein subjektiver<br />

Sicht ihre ungewollte Schwangerschaft<br />

als Studentin im Jahr 1963 schildert,<br />

basiert der Spielfilm »Das Ereignis«<br />

(<strong>2022</strong>). Drehbuchautorin und Regisseurin<br />

Audrey Diwan erklärt, sie habe<br />

versucht, den Text »in Bilder zu übertragen:<br />

ein physischer Prozess, durch<br />

den ich die Erzählung in eine körperliche<br />

Erfahrung verwandeln konnte.«<br />

Der mit dem Goldenen Löwen in Venedig<br />

ausgezeichnete und Anfang April<br />

im deutschen Kinoprogramm angelaufene<br />

Spielfilm stellt die im Frankreich<br />

der 1960er Jahre unter Gefängnisstrafe<br />

stehende Abtreibung als »Befreiung«<br />

dar. Dafür betont der Film den Chancenverlust,<br />

den ein Kind mit sich bringen<br />

würde.<br />

Das Ereignis vermeidet es indes, das<br />

Kind als menschliches Wesen darzustellen.<br />

Vom »Kind« wird stets abstrakt gesprochen,<br />

nie als konkretes Wesen im<br />

Schoß der Protagonistin. Im Film ist<br />

darüber hinaus kein einziges Kind zu<br />

sehen. Erstaunlich auch, dass die beiden<br />

von der Studentin befragten Ärzte<br />

lediglich auf das Risiko hinweisen, im<br />

Gefängnis zu landen. Keiner von ihnen<br />

erklärt jedoch, dass das, was Anna<br />

im Mutterleib hat, ein Mensch ist. Der<br />

Film stellt eine rein subjektive, voreingenommene<br />

Rechtfertigung der Abtreibung<br />

dar.<br />

Der filmisch ansprechende, außergewöhnliche<br />

Dokumentarfilm »Lass<br />

uns reden«, der als »Dokumentarfilm<br />

über Konfliktschwangerschaften« bezeichnet<br />

wird, wurde ab Mai <strong>2022</strong> in<br />

verschiedenen österreichischen Städten<br />

im Kino vorgeführt – Vorführungen<br />

an Universitäten und in Schulen<br />

PERFORMANCE PICTURE<br />

mit Schulmaterial für Lehrer sind ab<br />

September geplant. »Lass uns reden«<br />

lässt von der Abtreibung Betroffene<br />

– sechs Frauen, aber auch zwei Männer<br />

– zu Wort kommen. Im Gegensatz<br />

zu den meisten Filmen, die durch<br />

die subjektive Kamera beispielsweise in<br />

»Das Ereignis« Partei für oder gegen<br />

die Abtreibung ergreifen, nimmt »Lass<br />

uns reden« durch die beobachtende Kamera<br />

eine zuschauende Stellung ein.<br />

Die »Protagonisten« sprechen in die<br />

Kamera. In der Halle ist eine Art psychologische<br />

Praxis eingerichtet, und<br />

dort sitzen sie einzeln – sie wechseln sich<br />

ab –, ohne dass jedoch die Interviewfragen<br />

zu hören und der Interviewer zu<br />

sehen ist, was dem Film ein gleichmäßiges<br />

Tempo verleiht. Zu den Betroffenen<br />

kommen vier Expertinnen – eine<br />

psychologische Beraterin, eine Psychotherapeutin,<br />

eine Seelsorgerin sowie eine<br />

Universitätsprofessorin für Kinderund<br />

Jugendheilkunde – hinzu. Regisseur<br />

Tamás Kiss folgt dabei einer durchdachten<br />

Dramaturgie, die aus fünf Kapiteln<br />

besteht, von den Nöten der Frauen und<br />

Paare bei einer Schwangerschaft über<br />

das Erlebnis der Abtreibung, die mangelnde<br />

Aufklärung darüber, die möglichen<br />

Folgen einer Abtreibung bis hin<br />

zu Fallbeispielen, die aufzeigen, wie sich<br />

Frauen trotz Schwierigkeiten dazu entscheiden,<br />

ihr Kind auszutragen. Eingeführt<br />

werden die Kapitel jeweils von<br />

einem von einer Schauspielerin vorgetragenen<br />

Monolog. Aus dem Film von<br />

Tamás Kiss wird jedenfalls deutlich,<br />

Im Dokumentarfilm »Lass uns reden« kommen Frauen – und Männer – zu Wort, die<br />

von der Abtreibung betroffen sind. Die 78-jährige Christine Faiella sagt, sie habe<br />

»vier erwachsene Kinder, einen Sohn, drei Töchter ... und ein abgetriebenes Kind«.<br />

dass das, was »in mir ist«, ein menschliches<br />

Wesen ist. Bezeichnend, dass eine<br />

der Protagonisten zu ihren Kindern<br />

»einen Sohn, drei Töchter ... und ein<br />

abgetriebenes Kind« zählt oder dass einer<br />

der Männer sagt: »Gefühlt habe ich<br />

drei Kinder«, wobei eins von ihnen ein<br />

Kind sei, »das durch Abtreibung getötet<br />

wurde«.<br />

Die filmische Bewertung der aktiven<br />

Sterbehilfe hat sich ebenfalls in<br />

den letzten Jahren gewandelt. Zu Beginn<br />

des 21. Jahrhunderts überwog insofern<br />

eine positive Sicht des assistierten<br />

Suizids, als sowohl Clint Eastwoods<br />

»Million Dollar Baby« als auch Alejandro<br />

Amenábars »Das Meer in mir« bei<br />

der Oscarverleihung 2005 ausgezeichnet<br />

wurden. Obwohl Eastwoods Film<br />

im Gegensatz zu »Das Meer in mir«<br />

die aktive Sterbehilfe nicht als »Happy<br />

End« darstellt, kann auch er als ein<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

27


GESELLSCHAFT<br />

Plädoyer für den assistierten Suizid in<br />

einer ausweglosen Situation verstanden<br />

werden.<br />

In den folgenden Jahren kamen zwar<br />

Filme ins Kino, die sich ebenfalls für<br />

die aktive Sterbehilfe aussprachen –<br />

etwa die deutsche Produktion »Ob ihr<br />

wollt oder nicht« (2008) über eine Endzwanzigerin,<br />

die den Kampf gegen den<br />

Krebs aufgegeben hat und deshalb den<br />

Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen<br />

will. Eine kräftige Werbung für<br />

den assistierten Suizid stellte aber die<br />

Auszeichnung von Michael Hanekes<br />

»Liebe« (2012) mit der Goldenen Palme<br />

in Cannes dar. Der Film bezeichnet<br />

die Tötung einer 80-jährigen Frau<br />

durch ihren Mann nach deren körperlichem<br />

und seelischem Verfall als eine<br />

»Tat der Liebe«.<br />

Dennoch wurden auch in den 2010er<br />

Jahren ebenfalls Spielfilme gedreht, die<br />

sich kritisch mit der Frage auseinandersetzen,<br />

etwa »Ruhm« (Isabel Kleefeld,<br />

2011), der in einer Episode von einer<br />

Todkranken erzählt, die sich bei einem<br />

Schweizer Sterbehilfeverein anmeldet,<br />

es sich aber im letzten Augenblick anders<br />

überlegt. Der Fernsehspielfilm »Komm,<br />

schöner Tod« (Friedemann Fromm,<br />

2012) veranschaulicht eindrücklich,<br />

dass der Weg von der sterbenswilligen<br />

Einzelperson bis zur Kommerzialisierung<br />

des Sterbens ein fließender Prozess<br />

ist. Vom »selbstbestimmten« Tod<br />

handelt insbesondere auch der Spielfilm<br />

»Arthur & Claire« (Miguel Alexandre,<br />

2017). Darauf bereiten sich zwei<br />

sehr unterschiedliche Menschen vor, die<br />

sich aber letztendlich gegenseitig vom<br />

assistierten Suizid abhalten.<br />

Bei »GOTT von Ferdinand von Schirach« geht es um eine fiktive Sitzung des Ethikrates:<br />

Der Ethikrat soll darüber entscheiden, ob der gesunde 78-jährige Richard Gärtner<br />

(Matthias Habich, Zweiter v. r.) nach dem Tod seiner Frau seinem Leben mit Hilfe<br />

eines Arztes ein Ende setzen darf.<br />

Nachdem der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

Ende Februar<br />

2020 erklärt hatte, dass das allgemeine<br />

Persönlichkeitsrecht des Staatsbürgers<br />

die Freiheit einschließe, »sich das Leben<br />

zu nehmen und dabei auch Angebote von<br />

Dritten in Anspruch zu nehmen«, verfasste<br />

der bekannte Autor Ferdinand von<br />

Schirach das Theaterstück »GOTT«,<br />

das von Lars Kraume als »GOTT von<br />

Ferdinand von Schirach« für die ARD<br />

verfilmt und im November 2020 ausgestrahlt<br />

wurde. Inszeniert ist es als Sitzung<br />

des Deutschen Ethikrates, der darüber<br />

entscheiden soll, ob dem Wunsch<br />

eines gesunden 78-Jährigen, der nach<br />

dem Tod seiner Frau seinem Leben mit<br />

Hilfe eines Arztes legal ein Ende setzen<br />

möchte, entsprochen werden darf.<br />

ARD<br />

Das gesamte TV-Kammerspiel besteht<br />

aus dem Austausch verschiedener Argumente:<br />

Zu Wort kommen der Anwalt<br />

des Sterbewilligen – wohl ein Alter Ego<br />

des Autors –, eine Richterin am Verfassungsgericht<br />

sowie ein Arzt als »medizinischer«<br />

und ein Bischof als »theologischer<br />

Sachverständiger«. Bei der Argumentation<br />

fällt zum einen auf, dass<br />

der darin erwähnte Gottesbezug in der<br />

Grundgesetz-Präambel auf das Christentum<br />

eingeengt wird und dass das<br />

sogenannte »Böckenförde-Diktum« –<br />

»Der freiheitliche, säkularisierte Staat<br />

lebt von Voraussetzungen, die er selbst<br />

nicht garantieren kann« – keinem der<br />

Diskutanten in den Sinn komme, genauso<br />

wenig wie etwa die Aussage des<br />

langjährigen Richters am Bundesverfassungsgericht<br />

Udo di Fabio: »Aus der<br />

Würde des Menschen kann kein Anspruch<br />

auf gutes Leben und schmerzloses<br />

Sterben durch den Staat gewährleistet<br />

werden«, denn die Gesellschaft<br />

der Selbstbestimmten verfüge nicht über<br />

das Schicksal des Einzelnen. Über die<br />

Letztbegründung der Verbindlichkeit<br />

von Grundrechten, die dem Gesetzgeber<br />

Grenzen setzen, schweigt sich das<br />

Fernsehkammerspiel aus.<br />

Darüber hinaus legt von Schirach der<br />

Richterin Aussagen in den Mund, die<br />

gar nicht stimmen, etwa dass es in anderen<br />

Ländern, die bereits aktive Sterbehilfe<br />

zulassen, zu keinem »Dammbruch«<br />

gekommen sei. Dem widersprechen<br />

insbesondere etwa Aussagen<br />

von Theo Boer, Ethik-Dozent und von<br />

2005 bis 2014 Mitglied einer regionalen<br />

Euthanasie-Prüfungskommission: »Auf<br />

dem Feld des Sterbens wird es immer<br />

Grauzonen geben. Und in den Niederlanden<br />

hat uns die Auflösung der ersten<br />

Grauzone neue Grauzonen beschert.<br />

Grauzonen, die noch viel gefährlicher<br />

sind.« Dass die Euthanasiegesuche steigen,<br />

sei darauf zurückzuführen, »dass<br />

so viel über das selbstgewählte Lebensende<br />

diskutiert wird, dass mehr Menschen<br />

geneigt sind, sich dementsprechend<br />

zu verhalten«.<br />

Einer ähnlichen Argumentation wie<br />

Haneke in »Liebe« folgt der französische<br />

Spielfilm »Alles ist gut gegangen«<br />

von François Ozon, der im April <strong>2022</strong><br />

im deutschen Kinoprogramm anlief. Der<br />

Film adaptiert frei den gleichnamigen<br />

autobiografischen Roman von Emma-<br />

28 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


GESELLSCHAFT<br />

nuèle Bernheim: Nachdem ihr Mittachtziger-Vater<br />

André einen Schlaganfall<br />

erlitten hat und deshalb auf die Hilfe<br />

anderer angewiesen ist, möchte er sein<br />

Leben beenden: »Das Leben in diesem<br />

Zustand will ich nicht. Es interessiert<br />

mich nicht. Ich will sterben.« Eine Diskussion<br />

darüber verbittet er sich – darin<br />

erinnert er an den zitierten Film »Das<br />

Meer in mir«, dessen Protagonist jeden<br />

Versuch, über seinen Sterbewunsch zu<br />

sprechen, im Keim erstickt. Zu diesem<br />

André sagt Ozon selbst: »André ist ein<br />

zutiefst egoistischer Mensch (...) Er tat,<br />

was er wollte. Er kannte keine Rücksicht<br />

auf andere, abgesehen von seinem<br />

Enkelsohn.«<br />

Zwar nicht von aktiver Sterbehilfe,<br />

sondern von Selbstmord handeln sowohl<br />

Hanekes Film »Happy End« (2017), der<br />

in gewisser Weise als eine Fortsetzung<br />

seines Films »Liebe« angesehen werden<br />

kann, als auch der französische Spielfilm<br />

»Vortex« von Gaspar Noé, der in<br />

die deutschen Kinos Ende April <strong>2022</strong><br />

kam. Selbstmord begeht hier eine etwa<br />

80-jährige Frau, die zunehmend an<br />

ALAMODE<br />

Demenz leidet, nachdem ihr Mann an<br />

einem Herzinfarkt gestorben ist. Dennoch:<br />

Auch die zwei zuletzt genannten<br />

Filme passen ins Bild einer »Kultur des<br />

Todes«, die sich in letzter Zeit sowohl<br />

in der Frage der Abtreibung wie in der<br />

des assistierten Suizids auf der großen<br />

Leinwand ausbreitet.<br />

Der Mittachtziger André Bernheim (André Dussollier) möchte in »Alles ist gut<br />

gegangen« sein Leben beenden. Seine Tochter, die Schriftstellerin Emmanuèle<br />

(Sophie Marceau), möchte ihn davon abhalten, aber er lässt sich auf keine Diskussion<br />

ein.<br />

A N Z E I G E<br />

Leben begrüßen, ...<br />

... nicht beenden.<br />

© iStock_Tatiana Dyuvbanova<br />

WIR DAS LEBEN !<br />

Sehen wir uns beim „Marsch für das Leben“<br />

am 17.09.<strong>2022</strong> in Berlin?<br />

wwww.marsch-fuer-dasleben.de<br />

Bundesverband<br />

Lebensrecht e.V.<br />

Spendenkonto:<br />

DE21 3706 0193 6006 2570 10<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

29


BÜCHERFORUM<br />

Intensiv<br />

Bundesweite Bekanntheit erlangte<br />

der Intensivpfleger Ricardo<br />

Lange, als er Ende April<br />

vergangenen Jahres auf Einladung von<br />

Jens Spahn vor der Bundespressekonferenz<br />

Einblicke in die Missstände seines<br />

Arbeitsalltags gab. Anfang dieses Jahres<br />

hat er nun ein Buch dazu veröffentlicht.<br />

Bücher, in denen sich Pfleger über die<br />

Missstände im deutschen Gesundheitssystem<br />

auslassen, gibt es mehrere. Etwa<br />

das von Alexander Jorde (»Kranke Pflege<br />

– Gemeinsam aus dem Notstand«,<br />

2019) oder das von Nina Böhmer (»Euren<br />

Applaus könnt ihr euch sonst wohin<br />

stecken – Pflegenotstand, Materialmangel,<br />

Zeitnot – was alles in unserem<br />

Gesundheitssystem schiefläuft«, 2020).<br />

Beide stürmten die Bestsellerlisten.<br />

Und auch »Intensiv – Wenn der Ausnahmezustand<br />

Alltag ist« schaffte es<br />

dorthin. Was Langes Buch besonders<br />

macht und von allen anderen unterscheidet,<br />

ist sein Gegenstand. Denn auf<br />

der Intensivstation geht es oft gleich<br />

um Leben und Tod. Anders formuliert:<br />

Missstände, die es in vielen Bereichen<br />

des deutschen Gesundheitssystems<br />

gibt, haben hier oft viel dramatischere<br />

Konsequenzen. »Zwei Patienten. Zwei<br />

Beatmungsmaschinen. Zwei Notfälle,<br />

aber nur eine examinierte Pflegekraft:<br />

ein toter Patient«, bringt ein von Lange<br />

zitierter Kollegen das auf den Punkt.<br />

Was Ricardo Lange in »Intensiv –<br />

Wenn der Ausnahmezustand Alltag<br />

ist« schildert, ist beinah unglaublich:<br />

Katastrophale Arbeitsbedingungen<br />

und ein unerträglicher Personalmangel<br />

führen dazu, dass viele dem System<br />

den Rücken kehren, sowie zu einer<br />

permanenten körperlichen und emotionalen<br />

Überlastung der Verbliebenen.<br />

Wichtig für den Leser: Für Ricardo<br />

Lange haben die strukturellen Missstände<br />

nichts mit Corona zu tun. Sie<br />

sind vielmehr seit Langem virulent.<br />

Wohl aber habe die Pandemie die ohnehin<br />

dramatische Lage weiter verschärft:<br />

»All die Versäumnisse der<br />

letzten Jahre werden jetzt wieder auf<br />

dem Rücken derer ausgetragen, die ein<br />

marodes System zum Wohle der Patienten<br />

bisher aufrechterhalten haben.«<br />

So sei etwa »längst Normalität, dass<br />

wir in unserer Freizeit angerufen oder<br />

aus dem Urlaub geholt werden, um einen<br />

Personalausfall zu kompensieren.<br />

Das schlechte Gewissen, Kollegen und<br />

Patienten im Stich zu lassen, sorgt immer<br />

wieder dafür, dass wir einspringen,<br />

wenn Not am Mann (und an der<br />

Frau) ist.« Dass es auch anders geht,<br />

zeigt Lange am Beispiel Dänemarks.<br />

In dem skandinavischen Land ist ein<br />

Pfleger in der Regel für nur einen Intensivpatienten<br />

zuständig. Eine Folge:<br />

Es werden deutlich weniger Patienten<br />

reanimiert, weil die Intensivpfleger<br />

frühzeitig reagieren und viele Situationen<br />

in den Griff bekommen, bevor<br />

sie für die Patienten lebensbedrohlich<br />

werden.<br />

Dass dies in Deutschland anders ist,<br />

machte viele krank: »Meine Motivation<br />

ist mit meinen Patienten gestorben.<br />

Ich möchte nicht mehr in diesem Job<br />

arbeiten«, zitiert Lange eine ehemalige<br />

Kollegin. Ein wahrer Augenöffner.<br />

Stefan Rehder<br />

Ricardo Lange: Intensiv – Wenn der Ausnahmezustand<br />

Alltag ist. dtv Verlagsgesellschaft,<br />

München <strong>2022</strong>. 192 Seiten.<br />

16,00 EUR.<br />

Warum der freie Wille existiert<br />

Debatten darüber, ob der Mensch einen freien Willen<br />

habe, reißen nicht ab. Derzeit überwiegt erneut<br />

die Tendenz, die Existenz eines freien Willens zu negieren:<br />

Christian List, Professor für Philosophie und<br />

Entscheidungstheorie an der Ludwigs-Maximilian-<br />

Universität München, führt die Leugnung der Existenz<br />

eines freien Willens auf ein reduktionistisches<br />

Weltbild zurück: Betrachtet man die Welt durch die<br />

Brille der klassischen Physik, sehe man nur Partikel,<br />

Felder und Kräfte. Aber der freie Wille und seine Voraussetzungen<br />

seien eben keine physikalischen Eigenschaften<br />

der natürlichen Welt. Stattdessen sei<br />

der freie Wille ein Phänomen einer höheren Ebene.<br />

Betrachteten wir den freien Willen in dem ihm angemessenen<br />

Kontext, zeige sich, dass er unabdingbar<br />

sei, um unsere Welt zu erklären.<br />

san<br />

Christian List: Warum der freie Wille existiert. Aus<br />

dem Englischen von Erich Ammereller. Wbg Academic,<br />

Darmstadt 2021. 208 Seiten. Hardcover. 28 EUR.<br />

30 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


BÜCHERFORUM<br />

Sterben 2.0<br />

Trans- und Posthumanismus<br />

haben sich zu wirkmächtigen<br />

Ideologien entwickelt, die wissenschaftliche<br />

Forschungsprojekte antreiben<br />

und gesellschaftliche Utopien<br />

befeuern. Wie dies geschieht und welche<br />

Konzepte dahinterstehen, damit<br />

beschäftigt sich der von Tim Willmann<br />

und Amine El Maleq herausgegebene<br />

Sammelband »Sterben 2.0«. In einer<br />

Gesellschaft, »die Jugend, Vitalität und<br />

Erfolg prämiert« (Otfried Höffe) würden<br />

Altern, Sterben und Tod zunehmend<br />

als »narzisstische Kränkung«<br />

verstanden, von welcher der Mensch<br />

befreit werden müsse, schreibt Willmann<br />

in seiner Einleitung. Der australische<br />

Biologe und Genetiker David A.<br />

Sinclair (geb. 1969) etwa sei zuversichtlich,<br />

dass die Menschheit das Phänomen<br />

des körperlichen Verfalls mit fortschreitender<br />

Technik zunehmend in<br />

den Griff bekommen werde: »Ich halte<br />

Altern für eine Krankheit. Ich glaube,<br />

dass man es behandeln kann. Ich glaube,<br />

dass wir es noch zu unseren Lebzeiten<br />

behandeln können. Und dabei, so<br />

glaube ich, wird sich unser gesamtes<br />

Wissen über die Gesundheit der Menschen<br />

grundlegend wandeln.« Und der<br />

Physiker Michio Kaku resümiere die<br />

Bündelung zentraler Forschungsergebnisse<br />

zum Phänomen des Alterns<br />

aus biologischer Sicht so: Im Grunde<br />

genommen sei Altern »eine Ansammlung<br />

von Fehlern auf genetischem und<br />

zellulärem Niveau. Wenn die Zellen älter<br />

werden, beginnen sich in ihrer DNA<br />

Fehler und Ablagerungen anzuhäufen,<br />

die die Zellfunktionen beeinträchtigen.<br />

Aufgrund dieser beeinträchtigten Zellfunktion<br />

fängt unsere Haut an, schlaff<br />

zu werden, Knochen werden zerbrechlich,<br />

Haare fallen aus, und unser Immunsystem<br />

büßt an Wirksamkeit ein.<br />

Schließlich sterben wir.«<br />

Sterblichkeit und Altern würden<br />

zunehmend wie zu lösende Probleme<br />

behandelt. Spekulative Überlegungen<br />

aus dem Post- und Transhumanismus<br />

spitzten Altern, Sterblichkeit und Tod<br />

»derart zu, dass sie die menschliche<br />

Leiblichkeit in ihrer lebendigen Einheit<br />

aus Körper und Geist als mangelhaft<br />

verurteilen und unterminieren«.<br />

Ein »populärer Vordenker«, dessen<br />

Hypothesen »als prototypisch« für die<br />

transhumanistische Ideologie betrachtet<br />

werden können, sei Ray Kurzweil,<br />

Leiter der Technischen Abteilung von<br />

Google und Autor von Büchern wie<br />

»Das Geheimnis des menschlichen<br />

Denkens« oder »Menschheit 2.0«.<br />

Aber auch Themen wie der Senizid<br />

(Henriette Herwig), Suizid und<br />

Tötung auf Verlangen (Dieter Birnbacher),<br />

Mind Uploading (Marcus<br />

Knaup), Kryonik (Klaus H. Sames)<br />

werden in dem Sammelband ausführlich<br />

und in zwei Fällen auch in englischer<br />

Sprache behandelt. Dies und der<br />

stattliche Preis dürften den Kreis der<br />

Leserschaft, den die Herausgeber und<br />

Autoren mit diesem Werk erreichen,<br />

sicher einschränken. Etwas, das zwar<br />

kaum zu ändern ist, aber nach der Lektüre<br />

durchaus bedauert werden kann.<br />

Stefan Rehder<br />

Tim Willmann / Amine El Maleq (Hrsg.):<br />

Sterben 2.0. (Trans-)Humanistische<br />

Perspektiven zwischen Cyberspace,<br />

Mind Uploading und Kryonik. Verlag<br />

De Gruyter, Berlin/Boston <strong>2022</strong>. Gebunden.<br />

257 Seiten. 99,95 EUR. E-Book<br />

99,95 EUR.<br />

Die friedliche Geburt<br />

Für nicht wenige Frauen ist die Vorstellung, ein Kind<br />

zu gebären, heute negativ besetzt. Angst vor Komplikationen<br />

und vor Schmerzen drohen da schnell<br />

überhandzunehmen. Die Autorin Kristin Graf, selbst<br />

dreifache Mutter, ist überzeugt, das muss nicht sein.<br />

Denn Angst und Schmerz seien steuerbar. In ihrem<br />

Buch stellt die Autorin dazu eine von ihr entwickelte,<br />

evidenzbasierte Methode zur mentalen Geburtsvorbereitung<br />

vor, mit der sich das subjektive Schmerzerleben<br />

beeinflussen lasse und die es Schwangeren<br />

ermöglichen soll, ihr Bewusstsein und ihr Unterbewusstsein<br />

so aufeinander abzustimmen, dass sie<br />

angstfrei und voller Vorfreude in Geburt gehen. In ihren<br />

Kursen hat Graf, deren Methode auch von zahlreichen<br />

Hebammen und Frauenärzten empfohlen<br />

wird, bereits mehr als 14.000 schwangere Frauen erfolgreich<br />

auf die Geburt vorbereitet.<br />

san<br />

Kristin Graf: Die friedliche Geburt. Piper Verlag,<br />

München <strong>2022</strong>. 352 Seiten. Klappbroschur. 20 EUR.<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

31


KURZ VOR SCHLUSS<br />

Expressis<br />

verbis<br />

Mir als Ärztin, aus ethischem Handeln<br />

heraus, ist es wichtig, dass die medizinische<br />

Versorgung für Betroffene gewährleistet<br />

ist und dass Kinder, die auf<br />

die Welt kommen, angenommen und<br />

geliebt sind.«<br />

Die Gießener Abtreibungsärztin Kristina<br />

Hänel während der Öffentlichen Anhörung<br />

des Rechtsausschusses des Deutschen<br />

Bundestags am 18. Mai zu der von<br />

der Bundesregierung betriebenen Streichung<br />

des § 219a StGB<br />

Tops & Flops<br />

Hubert Hüppe<br />

MARIUS HOPPE<br />

Katrin<br />

Helling-Plahr<br />

Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr<br />

forderte hingegen: »Stehen<br />

wir Menschen, die über einen<br />

Suizid nachdenken, zur Seite, indem<br />

wir flächendeckend und bundesweit<br />

niederschwellige Beratungsmöglichkeiten<br />

schaffen! Etablieren wir echte<br />

Anlaufstellen und bieten wir dort<br />

Man bewirbt nur das, was man auch für<br />

erstrebenswert hält.«<br />

Die Direktorin der Klinik und Poliklinik<br />

für Frauenheilkunde und Geburtsklinik<br />

und Lehrstuhlinhaberin für Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe der Universität<br />

Regensburg, Angela Köninger, bei derselben<br />

Veranstaltung<br />

Es ist eine juristische, eine politische<br />

und eine historische Wahrheit, dass der<br />

§ 218 des Strafgesetzbuches und der<br />

§ 219a nichts, aber auch gar nichts miteinander<br />

zu tun haben. (…) Ich bitte,<br />

diese Wahrheit zu akzeptieren.«<br />

Bundesjustizminister Marco Buschmann<br />

während der Ersten Lesung des Gesetzesentwurfs<br />

der Bundesregierung zur geplanten<br />

Streichung des § 219a StGB<br />

Diese Bundesregierung steht an der<br />

Seite der Frauen und zu ihrem Recht auf<br />

körperliche Selbstbestimmung. Und<br />

deshalb wollen wir auch einen zweiten<br />

Schritt gehen und die Regelung für den<br />

Schwangerschaftsabbruch außerhalb<br />

des StGB treffen«<br />

Die Bundesministerin für Familien, Senioren,<br />

Frauen und Jugend, Lisa Paus,<br />

bei derselben Veranstaltung<br />

Hubert Hüppe, CDU<br />

In der vom Deutschen Bundestag<br />

veranstalteten Orientierungsdebatte<br />

zu der vom Bundesverfassungsgericht<br />

erzwungenen gesetzlichen<br />

Neuregelung der Suizidhilfe hat der<br />

CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe<br />

nachdrücklich vor deren Ausweitung<br />

gewarnt. Die Unterscheidung zwischen<br />

»Beihilfe zum Suizid« und der<br />

»Tötung auf Verlangen« nannte der<br />

Gesundheitspolitiker »hauchdünn«<br />

und fragte: »Wie will ich jemandem<br />

erklären, dass er zwar das Recht auf<br />

Selbsttötung hat, aber dass ihm, wenn<br />

er nicht in der Lage ist, das Glas zu<br />

nehmen, kein anderer dieses Glas geben<br />

kann?« Auch würden schwache<br />

Menschen einem immensen Druck<br />

ausgesetzt. Denn sobald der »assistierte<br />

Suizid« gesellschaftlich akzeptiert<br />

sei, trage derjenige, der weiterleben<br />

und dabei »Ressourcen der<br />

Allgemeinheit« in Anspruch nehmen<br />

wolle, dafür auch die Verantwortung,<br />

erklärte Hüppe. Allein »das Empfinden,<br />

anderen nicht zur Last zu fallen«,<br />

könne schon ausreichen, »um sich<br />

moralisch verpflichtet zu fühlen, sich<br />

für den Suizid zu entscheiden«. reh<br />

Katrin Helling-Plahr, FDP<br />

auch konkrete Hilfe, zum Beispiel auf<br />

dem Weg ins Pflegeheim, an!« Konkrete<br />

Hilfe? Wie müssen wir uns das<br />

vorstellen? Etwa so: »Sie sind auf dem<br />

Weg ins Pflegeheim? Ernsthaft? Wissen<br />

Sie denn nicht, dass Sie ein Recht<br />

auf selbstbestimmtes Sterben haben?<br />

Falls Sie einen freundlichen Arzt suchen,<br />

der Ihnen dabei hilft, wir hätten<br />

da auch gleich ein paar Adressen<br />

für Sie.« Wie »liberal« die FDP-Abgeordnete<br />

in punkto Sterbehilfe tickt,<br />

ließ sie auch gleich wissen. Schon<br />

das Nachdenken über eine »Regelung<br />

der Sterbehilfe im Strafrecht«<br />

nannte Helling-Plahr »indiskutabel«.<br />

Dass Menschen ein derart sensibles<br />

Thema regeln sollen, die schon das<br />

Nachdenken darüber limitieren wollen,<br />

ist vielleicht doch keine so gute<br />

Idee.<br />

reh<br />

32 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


KURZ VOR SCHLUSS<br />

Aus dem Netz<br />

»Wird alles gut? – Für einen Fortschritt nach menschlichem Maß«<br />

Johannes Rau (1931–2006)<br />

»(…) Nichts darf über die Würde des<br />

einzelnen Menschen gestellt werden.<br />

Sein Recht auf Freiheit, Selbstbestimmung<br />

und auf Achtung seiner Würde<br />

darf keinem Zweck geopfert werden.<br />

Eine Ethik, die auf diesen Grundsätzen<br />

beruht, gibt es freilich nicht umsonst.<br />

Es hat einen Preis, wenn wir<br />

nach ethischen Grundsätzen handeln.<br />

Weil es hier im wahrsten Sinne des<br />

Wortes um existenzielle Fragen geht,<br />

muss ganz besonders gelten: Wenn<br />

wir begründete Zweifel haben, ob wir<br />

etwas technisch Mögliches tun dürfen<br />

oder nicht, dann muss es so lange<br />

verboten sein, bis alle begründeten<br />

Zweifel ausgeräumt sind. Ich kenne<br />

den Satz: ›Die Anderen tun es doch<br />

auch.‹ Aber wir sagen doch schon unseren<br />

Kindern, dass sie tun müssen,<br />

was richtig ist, ganz gleich, was andere<br />

machen. Und wir akzeptieren dieses<br />

Argument ja auch nicht im Falle von<br />

Kinderarbeit, von Sklaverei oder bei<br />

der Todesstrafe. Das Gleiche gilt für<br />

das ähnliche Argument: ›Wenn wir es<br />

nicht tun, dann tun es die Anderen.‹<br />

Dieses Argument ist Ausdruck ethischer<br />

Kapitulation. (…) Ökonomische<br />

Interessen sind legitim und wichtig.<br />

Sie können aber nicht gegen die<br />

Menschenwürde und den Schutz des<br />

Lebens aufgewogen werden. Wer den<br />

Schutz des Lebens an seinem Beginn<br />

aufgibt, der wird das bald auch für<br />

das Ende des Lebens geltend machen<br />

können. Dann wird vielleicht gefragt:<br />

Können wir uns den hohen Pflegeaufwand<br />

am Ende des Lebens leisten?<br />

Wäre es nicht ökonomisch vernünftiger,<br />

Alte und Kranke willigten rechtzeitig<br />

in die Sterbehilfe ein? Ich weiß,<br />

dass niemand so etwas vorschlägt.<br />

Aber wir alle wissen auch, dass beste<br />

Absichten oft nicht verhindern können,<br />

dass schließlich geschieht, was<br />

anfangs niemand wollte. Und ich weiß<br />

auch, dass schon heute alte Menschen<br />

sich solchen Fragen drangvoll ausgesetzt<br />

fühlen. (...)«<br />

Auszug aus der »Berliner Rede« von<br />

Bundespräsident Johannes Rau (2001)<br />

»Die Welt. Die von morgen« (54)<br />

STIFTUNG HAUS DER GESCHICHTE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND<br />

SUNDRY PHOTOGRAPHY/STOCK.ADOBE.COM<br />

Kurz & bündig<br />

Bei Abtreibung:<br />

Amazon gewährt<br />

Zuschuss zu<br />

Reisekosten<br />

Seattle (<strong>ALfA</strong>). Der Online-Versandhändler<br />

Amazon, mit Firmensitz<br />

in Seattle, will Mitarbeiterinnen,<br />

die ein Kind abtreiben lassen<br />

wollen und dafür Reisen von mehr<br />

als 160 Kilometer zurücklegen, mit<br />

bis zu 4.000 US-Dollar unter die<br />

Arme greifen. Das berichtet die katholische<br />

Wochenzeitung »Die Tagespost«<br />

unter Berufung auf die<br />

Nachrichtenagentur »Reuters«.<br />

Demnach liege der Agentur eine<br />

entsprechende konzerninterne<br />

Bekanntmachung vor. Weiter heißt<br />

es, mit der Entscheidung folge der<br />

zweitgrößte privatwirtschaftliche<br />

Arbeitgeber in den Vereinigten<br />

Staaten von Amerika dem Beispiel<br />

der Konzerne Apple, Citigroup und<br />

Yelp.<br />

reh<br />

GLOSSE<br />

In der Welt von morgen feiern Lüge<br />

und Desinformationen Feste. Ständig<br />

werden neue »Spezialoperationen«<br />

aus dem Boden gestampft. So verlangt<br />

etwa der Abtreibungsriese »Planned<br />

Parenthood«, nach der Rücknahme<br />

von »Roe vs. Wade« müsse der<br />

US-Supreme-Court »entnazifiziert«<br />

werden. Der Zweite Matić-Bericht<br />

will die Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Union verpflichten, sicherzustellen,<br />

dass EU-Bürger überall und<br />

jederzeit von ihrem Menschenrecht<br />

auf »Tötung auf Verlangen« Gebrauch<br />

machen können. Die »Fortschrittskoalition«<br />

unter Bundeskanzler Karl<br />

Lauterbach fordert den Gemeinsamen<br />

Bundesausschuss (G-BA) auf,<br />

die Aufnahme künstlicher Befruchtungen<br />

in den Leistungskatalog der<br />

gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen.<br />

Eine Harvard-Studie habe gezeigt,<br />

dass Menschen, deren Erbgut<br />

im Labor genetisch modifiziert wurde,<br />

gegen sämtliche SARS-CoV-Viren<br />

immun seien. Lauterbach versprach,<br />

im Gegenzug prüfen zu wollen, ob<br />

die Ende <strong>2022</strong> eingeführte Definition,<br />

»Mensch ist, wer geboren, doppelt geimpft<br />

und mindestens einmal geboostert<br />

wurde«, entsprechend modifiziert<br />

werden könne.<br />

Stefan Rehder<br />

LEBENSFORUM <strong>142</strong><br />

33


LESERFORUM<br />

Mit Ihrem Titelthema<br />

haben Sie ein erstes<br />

ernstes Problem aufgegriffen,<br />

das auch<br />

viele Mütter beschäftigt.<br />

Herzlichen Dank<br />

für die umfassende<br />

Information.<br />

Annemarie Maurer, Leipzig<br />

ben erlebt, daß Macht von Recht getrennt<br />

wurde, daß Macht gegen Recht<br />

stand, das Recht zertreten hat und daß<br />

der Staat zum Instrument der Rechtszerstörung<br />

wurde – zu einer sehr gut<br />

organisierten Räuberbande, die die<br />

ganze Welt bedrohen und an den Rand<br />

des Abgrunds treiben konnte. Dem<br />

Recht zu dienen und der Herrschaft<br />

des Unrechts zu wehren ist und bleibt<br />

die grundlegende Aufgabe des Politikers.<br />

In einer historischen Stunde, in<br />

der dem Menschen Macht zugefallen<br />

ist, die bisher nicht vorstellbar war,<br />

wird diese Aufgabe besonders dringlich.<br />

Der Mensch kann die Welt zerstören.<br />

Er kann sich selbst manipulieren.<br />

Er kann sozusagen Menschen machen<br />

und Menschen vom Menschsein ausschließen.<br />

Wie erkennen wir, was recht<br />

ist? Wie können wir zwischen Gut und<br />

Böse, zwischen wahrem Recht und<br />

Scheinrecht unterscheiden? Die salomonische<br />

Bitte bleibt die entscheidende<br />

Frage, vor der der Politiker und die<br />

Politik auch heute stehen.«<br />

König Salomon bat Gott um ein hörendes<br />

Herz. Die Ampelregierung hat<br />

offensichtlich nur Ohren für ihre vermeintliche<br />

Klientel. Streicht sie, um<br />

diese zufrieden zu stellen, das Recht<br />

und erklärt sie die Tötung unschuldiger<br />

und wehrloser Kinder im Mutterleib<br />

zu einer Gesundheitsleistung, steht<br />

sie einer Räuberbande in nichts nach.<br />

Ins Schwarze getroffen<br />

Zum Beitrag »Simsalabim« in »Lebens-<br />

Forum 141«, S. 22–24<br />

Stefan Rehder bringt es auf den Punkt.<br />

Die Verwandlung analogen Unrechts<br />

in digitales »Recht« lässt sich mit gewöhnlichen<br />

Maßstäben nicht erklären.<br />

Und dann kann man hier, wie Rehder<br />

dies auf recht amüsante Weise tut,<br />

natürlich auch die Magie bemühen.<br />

Mir ist in diesem Zusammenhang die<br />

wenig amüsante Rede eingefallen, die<br />

Papst Benedikt XVI. am 22. September<br />

2011 im Deutschen Bundestag<br />

hielt. Ich zitiere: »›Nimm das Recht<br />

weg – was ist dann ein Staat noch anderes<br />

als eine große Räuberbande‹, hat<br />

der heilige Augustinus einmal gesagt.<br />

Wir Deutsche wissen es aus eigener<br />

Erfahrung, daß diese Worte nicht ein<br />

leeres Schreckgespenst sind. Wir ha-<br />

Bertram Günther, Bad Bertrich<br />

Errata<br />

In »<strong>LebensForum</strong>« Nr. 141 (Ausgabe<br />

1/<strong>2022</strong>) wurde in dem Beitrag<br />

»Mut gehört immer zum Leben« (S.<br />

26 f.) eine falsche Zahl genannt.<br />

Die Überlebensrate von Frühgeborenen<br />

mit einem Gestationsalter<br />

von 25 Wochen liegt nicht, wie<br />

dort angegeben, bei rund 30 Prozent,<br />

sondern vielmehr bei etwa<br />

76 Prozent. Wir bitten diesen Fehler<br />

zu entschuldigen.<br />

A N Z E I G E<br />

34 LEBENSFORUM <strong>142</strong>


IMPRESSUM<br />

IMPRESSUM<br />

LEBENSFORUM<br />

Ausgabe Nr. <strong>142</strong>, 2. Quartal <strong>2022</strong><br />

ISSN 0945-4586<br />

Verlag<br />

Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />

Kitzenmarkt 20–22, 86150 Augsburg<br />

Tel.: 08 21 / 51 20 31, Fax: 08 21 / 15 64 07<br />

www.alfa-ev.de, E-Mail: info@alfa-ev.de<br />

Herausgeber<br />

Aktion Lebensrecht für Alle e.V.<br />

Bundesvorsitzende Cornelia Kaminski (V. i. S. d. P.)<br />

Kooperation<br />

Ärzte für das Leben e.V. – Geschäftsstelle<br />

z.H. Dr. med. Karl Renner<br />

Sudetenstraße 15, 87616 Marktoberdorf<br />

Tel.: 0 83 42 / 74 22, E-Mail: k.renner@aerzte-fuer-das-leben.de<br />

www.aerzte-fuer-das-leben.de<br />

Redaktionsleitung<br />

Stefan Rehder M. A.<br />

Redaktion<br />

Alexandra Maria Linder M. A., Stefan Matthaei,<br />

Prof. Dr. med. Paul Cullen (Ärzte für das Leben e.V.)<br />

E-Mail: lebensforum@alfa-ev.de<br />

Anzeigenverwaltung<br />

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Rehder Medienagentur, Würzburg<br />

www.rehder-agentur.de<br />

Auflage<br />

6.500 Exemplare<br />

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Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Februar 2017.<br />

Erscheinungsweise<br />

»<strong>LebensForum</strong>« 143 erscheint am 24. September <strong>2022</strong>.<br />

Redaktionsschluss ist der 12. August <strong>2022</strong>.<br />

Jahresbezugspreis<br />

20,– EUR (für ordentliche Mitglieder der <strong>ALfA</strong> und der<br />

Ärzte für das Leben im Beitrag enthalten)<br />

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Wiesenstraße 11, 57537 Wissen<br />

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Titelbild<br />

Dipl.-Des. (FH) Daniel Rennen/Rehder Medienagentur<br />

www.rehder-agentur.de<br />

Das »<strong>LebensForum</strong>« ist auf umweltfreundlichem chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

Mit vollem Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion oder der <strong>ALfA</strong> wieder<br />

und stehen in der Verantwortung des jeweiligen Autors.<br />

Fotomechanische Wiedergabe und Nachdruck – auch auszugsweise<br />

– nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion.<br />

Für unverlangt eingesandte Beiträge können wir keine<br />

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werden nicht zurückgesandt. Die Redaktion behält<br />

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35


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