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115. Auktion - Einzellose

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Französisch Guayana 1868: „Wo der Pfeffer wächst?“<br />

„Geh‘ doch dahin, wo der Pfeffer wächst“ ist eine von mehreren bekannten Redewendungen, mit<br />

der man eine unliebsame Person in weite Ferne wünscht. Noch drastischer wirkt freilich die rüde<br />

Aufforderung „Scher‘ Dich zum Teufel!“ Das französische Überseedépartement Französisch Guayana<br />

(„Guyane“), im Norden Südamerikas zwischen Brasilien und Suriname am Atlantik gelegen, mit seiner<br />

Hauptstadt Cayenne scheint für beide Verwünschungen das ideale Ziel zu sein, verbindet man doch<br />

damit den scharfen Cayennepfeffer wie auch die 13 km vor der Küste gelegene Teufelsinsel (Île du<br />

Diable). In deren berüchtigter ehemaliger Strafkolonie verbrachte der zu Unrecht verurteilte Offizier<br />

Alfred Dreyfus 1896–1899 drei schreckliche Jahre und wurde erst 1906 rehabilitiert; die Teufelsinsel ist<br />

aber auch z.B. durch den Roman und Film „Papillon“ bekannt geworden. Obwohl Cayennepfeffer kein<br />

Pfeffer, sondern Chili ist, sein Name wie der der Hauptstadt sich aus dem Indianischen ableitet, und der<br />

Pfeffer primär in Indien beheimatet ist, wollen wir uns im Folgenden mit einer Faltbriefhülle befassen,<br />

die 1868 ihren Weg von Cayenne nach Bordeaux nahm:<br />

Der an einen Händler („Négociant“) gerichtete Geschäftsbrief (der einst eingelegte Brief ist nicht mehr<br />

vorhanden) ist mit einem senkrechten Paar der 10 Centimes gelbbraun sowie einem waagerechten<br />

Paar der 40 C orange der Allgemeinen Ausgaben Frankreichs für seine Kolonien frankiert, da Französisch<br />

Guayana erst 1886 eigene Marken mit der Landesangabe verausgabte. Die allseits vollrandig<br />

geschnittenen und farbfrischen Marken zeigen den Kaiseradler Napoleons III., umrahmt von der Inschrift<br />

„Colonies de l‘ Empire Français“, und sind mit einem sog. „stummen“ Punktrhombenstempel<br />

einzeln und sauber entwertet. Sie bilden gemeinsam das Porto von 1 Franc, das für einen Brief der<br />

2. Gewichtsstufe bei Beförderung mit einem französischen Dampfer nach Europa galt (Leitvermerk:<br />

„Par Packet Français“). Links unten ist zusätzlich der Doppelkreisortsstempel „Guyane, Cayenne“ vom<br />

31.8.1868 abgeschlagen. Rückseitig findet sich ein oktogonaler Schiffspoststempel vom 1.9., denn der<br />

Brief verließ Cayenne mit dem Dampfer „Guyanne“ zur über 1400 km entfernten Insel Martinique, um<br />

vom dortigen Fort de France aus am 8.9. den Dampfer „Nouveau Monde“ der Ligne A zu nehmen, mit<br />

dem er nach St. Nazaire gelangte und am 24.9.1868 den Empfänger in Bordeaux erreichte. – Wenngleich<br />

die Teufelsinsel heute ihren einstigen Schrecken verloren hat, und man in Französisch Guayanas<br />

üppiger Vegetation niemanden „in die Wüste schicken“ kann, so wäre es dank des Weltraumbahnhofs<br />

der ESA in Kourou zumindest möglich, jemanden „auf den Mond zu schießen“, wo aber bekanntlich<br />

auch kein Pfeffer wächst.

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