Computeralgebra-Rundbrief - Fachgruppe Computeralgebra
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Mitteilungen<br />
Zum Tod von Richard Dimick Jenks – dem Entwickler<br />
von Scratchpad II/AXIOM und einem Vorkämpfer der <strong>Computeralgebra</strong><br />
Am 30. Dezember 2003 verstarb im Alter von 66 Jahren<br />
Richard D. Jenks nach langer, schwerer Krankheit.<br />
Jenks wurde 1966 an der University of Illinois at<br />
Urbana-Champaign in Mathematik mit einer Arbeit zum<br />
Thema ” Quadratic Differential Systems for Mathematical<br />
Models“ promoviert. Nach einer zweijährigen Tätigkeit<br />
am Brookhaven National Laboratory in Long Island<br />
schloss er sich der IBM an. In seinen ersten Jahren<br />
war er dort mit der Entwicklung eines ersten <strong>Computeralgebra</strong>systems<br />
Scratchpad beschäftigt [3]. Nach einem<br />
Aufenthalt in den frühen siebziger Jahren an der<br />
Utah University bei Anthony C. Hearn, dem Reduce-<br />
Entwickler, wurden die späteren objektorientierten Konzepte<br />
von Scratchpad II/AXIOM erstmalig in einem experimentellen<br />
System Mode-Reduce erprobt. Bis zu seinem<br />
Ruhestand im Jahr 2002 blieb Jenks bei IBM Research<br />
in Yorktown Heights. Viele Jahre leitete er dort<br />
das <strong>Computeralgebra</strong>-Team. Er ermöglichte unzählige<br />
Gastaufenthalte von <strong>Computeralgebra</strong>ikern aus der ganzen<br />
Welt. Bei der Konzeption und der Entwicklung von<br />
Scratchpad II/AXIOM war er maßgeblicher Ideengeber<br />
und Chefentwickler.<br />
Richard Dimick Jenks<br />
Die Ideen der Categories und Domains als Datentypkonstruktoren<br />
ermöglichte eine sehr nahe Realisierung<br />
mathematischer Konzepte in mathematischen<br />
Rechenstrukturen in AXIOM. Ein Beispiel ist der Datentyp<br />
R := Fraction Polynomial Integer,<br />
durch den zunächst der Polynomring in beliebig vielen<br />
Unbestimmten über den ganzen Zahlen und dann<br />
25<br />
der Quotientenkörper darüber konstruiert wird. Der<br />
entscheidende Punkt hierbei ist, dass beispielsweise<br />
ein Datentypkonstruktor Fraction einen Integritätsring<br />
als Parameter erwartet, der als Category<br />
in AXIOM realisiert ist. Damit kann man sich bei<br />
der Implementierung der Arithmethik auschließlich<br />
auf die generisch lediglich als Signaturen definierten<br />
Operationen dieser Category stützen und verwendet<br />
dann bei der Ausführung ausschließlich die<br />
vom konkret übergebenen Domain geerbten konkreten<br />
Implementierungen dieser Signaturen. Damit ist der<br />
Code für die Arithmetik der rationalen Zahlen der gleiche<br />
wie für rationale Funktionen; man hat nur den<br />
jeweils geeigneten Integritätsring als Parameter des<br />
Datentypkonstruktors Fraction zu wählen. Der so<br />
konstruierte Ring R kann dann weiter benutzt werden,<br />
um etwa den Datentyp S:=SquareMatrix(3,<br />
R) – 3 × 3-Matrizen mit rationalen Funktionen als<br />
Komponenten – zu realisieren. Da dieser selbst wieder<br />
ein Monoid bzgl. der Multiplikation darstellt<br />
und in AXIOM auch ein Mitglied der gleichnamigen<br />
Category in AXIOM ist, kann dieser Datentyp<br />
benutzt werden, um formale Linearkombinationen<br />
von solchen Matrizen als Elemente des Monoidrings<br />
MonoidRing(R,S) zu realisieren. Der gleiche Datentypkonstruktor<br />
MonoidRing, nun aber angewendet<br />
auf den Ring Integer und das Monoid FreeMonoid<br />
Symbol liefert en passant den Polynomring in nichtkommutierenden<br />
Unbestimmten über den ganzen Zahlen.<br />
Eine solche weitgehende, konsequente und dennoch<br />
performante Umsetzung mathematischer Strukturen<br />
auf dem Computer ist bis heute in keinem der<br />
Systeme, die sich kommerziell durchgesetzt haben, erreicht.<br />
Am nächsten kommt noch das System MAGMA.<br />
AXIOM ist inzwischen als freie Software auf http:<br />
//savannah.nongnu.org/projects/axiom<br />
erhältlich. (Eine Auswahl von Referenzen zu Scratchpad<br />
und AXIOM: [16], [9], [6], [10], [12], [13].)<br />
Richard D. Jenks war Vorsitzender (chair person)<br />
von ACM SIGSAM, Mitglied im ISSAC Steering Committee<br />
und leitete zusammen mit J. A. van Hulzen die<br />
EUROSAM’84 [15], eine Vorläuferkonferenz der heutigen<br />
ISSAC-Konferenzreihe. Zusammen mit David<br />
Chudnovsky organisierte er die großen und erfolgreichen<br />
Konferenzen ” Computers and Mathematics“ in<br />
New York [11], 1986 Stanford und 1989 im MIT in