277.TIROL - Juli 2022
Ausgabe 7, Juli 2022
Ausgabe 7, Juli 2022
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DIE EIERLEGENDE<br />
WOLLMILCHSAU<br />
Ein Plädoyer für die Gemeindemitarbeiter*innen<br />
EIN STÜCK<br />
DIGITALISIERTE<br />
GESCHICHTE<br />
Tiroler Zeugen der Zeit<br />
AUSGABE 7 | JULI <strong>2022</strong><br />
MODELLREGION<br />
BEWEGTES TIROL<br />
Der Name ist Programm
Zusammenfinden<br />
Unternehmen benötigen geeignete Standorte und Gemeinden sind<br />
auf wirtschaftlich gesunde Betriebe angewiesen.<br />
EISENKIES Immobilien und Projektentwicklung GmbH hat als<br />
Gewerbe-Projektentwickler die Anforderungen des anzusiedelnden<br />
Unternehmens mit den Vorstellungen der jeweiligen Gemeinde in<br />
Einklang zu bringen und zusammenzuführen.<br />
Verlässlicher Partner<br />
für Tiroler Gemeinden<br />
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6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />
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und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde<br />
Kindergarten St. Paulus, Innsbruck<br />
3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />
Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk<br />
Betreubares Wohnen, Haiming<br />
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Einsatzzentrum, Schönwies<br />
Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung<br />
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4 GemNova.inside<br />
GemNova.inside<br />
5<br />
Die Summe ist<br />
mehr als ihre<br />
Einzelteile<br />
Jede Gemeinde besteht aus unzähligen dieser Einzelteile.<br />
Straßen, Gebäude, Bürger*innen, Mandatar*innen, Wälder,<br />
Bäche, Gemeindemitarbeiter*innen, Gesetze, Schulen uvm. Erst<br />
wenn man diese Einzelteile zusammenfügt, entsteht wirklich<br />
Gemeinde. Erst wenn dies alles gesamthaft betrachtet wird und<br />
die Einzelteile ineinandergreifen, entsteht ein Gefühl des Miteinanders;<br />
ein Gefühl des „Ich bin Teil eines größeren Ganzen und<br />
fühle mich wohl“.<br />
Das ist aus unserer Sicht die wichtigste<br />
Aufgabe von Bürgermeister*innen und<br />
Mandatar*innen sowie auch von Mitarbeiter*innen<br />
in den Gemeindeverwaltungen<br />
– die Gemeinde lebenswerter zu machen<br />
und den sozialen Zusammenhalt zu stärken;<br />
die Gemeinde so zu organisieren, dass<br />
sich die Bürger*innen aber auch die Unternehmen<br />
wohl fühlen.<br />
Diesen Spagat zu schaffen ist nicht immer<br />
einfach; es gibt unterschiedliche Interessen<br />
in einer Gemeinde, es gibt finanzielle<br />
Grenzen und rechtliche Herausforderungen.<br />
Vieles ist ein Kompromiss, der sogenannte<br />
kleinste gemeinsame Nenner. Die<br />
Verantwortlichen in der Politik und in der<br />
Verwaltung wissen, dass sich viele Zahnräder<br />
drehen, wenn sich eines in Bewegung<br />
setzt.<br />
Wir als GemNova arbeiten nun schon seit<br />
über 12 Jahren sehr intensiv mit den Tiroler<br />
Gemeinden zusammen und haben uns viel<br />
mit diesen oben beschriebenen Thematiken<br />
beschäftigt. Wir haben viele Gespräche<br />
geführt, viel diskutiert und darüber nachgedacht<br />
und glauben zwischenzeitlich, dass<br />
wir diese Mechanismen recht gut kennen<br />
und einschätzen können.<br />
Als Unternehmen des Tiroler Gemeindeverbandes<br />
sehen wir uns primär als kommunale<br />
Berater*innen. Gemeinden bei den<br />
unzähligen Herausforderungen zu unterstützen<br />
und zu begleiten, sehen wir als<br />
unseren Auftrag. Dabei folgen wir unter<br />
anderem der Prämisse, immer das große<br />
Ganze, die Zusammenhänge im Auge<br />
zu behalten; also zu wissen, wie sich die<br />
Zahnräder bewegen, wenn wir etwas verändern.<br />
Es genügt eben nicht, ein Produkt<br />
zu platzieren, ohne zu wissen, wie sich dieses<br />
in den Gemeindekosmos einfügt.<br />
Für diese Arbeit, welche die Kenntnis über<br />
komplexe kommunale Gebilde und Strukturen<br />
voraussetzt, haben wir ausgewiesene<br />
Expert*innen im Haus. Sie kümmern sich<br />
professionell und engagiert seit mehreren<br />
Jahren um die Herausforderungen in den<br />
Gemeinden. Sie nehmen diese Herausforderungen<br />
gerne an und erarbeiten mit den<br />
Gemeinden Lösungen, die sie dann auch<br />
umsetzen. Auch hier zählt das Miteinander<br />
im Sinne der Überschrift.<br />
Alois Rathgeb<br />
Niki Kraak
INHALT<br />
GemNova.inside<br />
tirol.hat Recht<br />
tirol.wissen<br />
DIE EIERLEGENDE<br />
WOLLMILCHSAU<br />
SEITE 8 - 13<br />
HILFE, SCHON WIEDER<br />
ETWAS NEUES<br />
SEITE 14 - 15<br />
04 Die Summe ist mehr als<br />
ihre Einzelteile<br />
DOSSIER<br />
DIGITALE GEMEINDE<br />
32 Grüne Wettbewerbsbeschränkungen:<br />
Klimawandel im Kartellrecht<br />
34 Alles eine Frage<br />
der Planung<br />
64 Neues Buch zum Tiroler<br />
Bau- und Raumordnungsrecht<br />
65 Licht im Förderdschungel<br />
tirol.blickt zurück<br />
08 Die eierlegende<br />
Wollmilchsau<br />
tirol.politik<br />
36 Die digitale Gemeinde<br />
Verwaltung zukunftsfit<br />
gestalten<br />
66 Ein Stück digitalisierte<br />
Geschichte<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
38 Die ersten hundert Tage<br />
14 Hilfe, schon wieder etwas<br />
Neues!<br />
16 Zentrale Elemente der<br />
Organisationsentwicklung<br />
19 Daten, Daten, Daten...<br />
tirol.digital<br />
tirol.kooperiert<br />
40 Die Mobilität der Zukunft<br />
steht unter Strom<br />
42 Preisralley am Energiemarkt<br />
tirol.ist schön<br />
68 „Modellregion bewegtes<br />
Tirol“ - der Name ist<br />
Programm<br />
70 Hoppla, hab ich da gedacht<br />
76 Football macht Schule<br />
78 G‘sund in Serfaus, Fiss und<br />
Ladis<br />
tirol.bildet<br />
DATEN,<br />
DATEN,<br />
DATEN...<br />
SEITE 19<br />
20 Also, alles was Recht ist<br />
22 Podcasts<br />
45 Wasser.Erbe.Tirol<br />
80 Chancengerechtigkeit als<br />
Chance für Alle<br />
82 Wie heißt das Zauberwort?<br />
tirol.modern und innovativ<br />
24 ZUKUNFT GEMEINDE -<br />
Agenda 2030<br />
84 Israa, Antonio und Marlene<br />
88 Ferien mit der GemNova<br />
tirol.bunt und vielfältig<br />
90 Willkommen in Tirol<br />
ZENTRALE ELEMENTE DER<br />
ORGANISATIONSENTWICKLUNG<br />
SEITE 16 - 18<br />
tirol.kulturell<br />
GemNova.Menschen<br />
28 Der Unternehmenskünstler<br />
30 Die Zeitung für<br />
Ihre Gemeinde<br />
55 Das Märchen vom<br />
unendlichen Wachstum<br />
56 Gern gelesen<br />
tirol.denkt weiter<br />
60 Nachhaltiges Bauen<br />
92 „Darüber möchte ich<br />
eigentlich nicht reden.“<br />
tirol.traditionell<br />
94 Schon mal von<br />
Trompe-l‘oeil gehört?<br />
DOSSIER<br />
DIGITALE GEMEINDE
8 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
9<br />
Ein Plädoyer für die<br />
Gemeindemitarbeiter*innen<br />
ZUM AUTOR<br />
ALOIS RATHGEB<br />
Alois Rathgeb ist Gründer und<br />
Geschäftsführer der GemNova.<br />
Kontakt: a.rathgeb@gemnova.at<br />
Die eierlegende<br />
Wollmilchsau<br />
Haben Sie schon einmal die eier legende<br />
Wollmilchsau kennengelernt?<br />
Ich schon, tatsächlich.<br />
Das ist schon einige Jahre her und ich<br />
treffe sie regelmäßig wieder.<br />
Das kam so: Als quasi Quereinsteiger<br />
durfte ich vom ersten Tag der GemNova<br />
mit an Bord sein. Na ja, mir ging es wie<br />
vielen anderen. Die Gemeinde – eh alles<br />
easy cheesy. Beamte – was soll da schon<br />
dabei sein? Mit dieser vorgefertigten<br />
Meinung fuhr ich dann in die Gemeinden.<br />
Und da ist sie mir begegnet, schon beim<br />
ersten Gespräch, als ich bei einem Amtsleiter<br />
saß.<br />
Morgens Bauverhandlung, gleich danach<br />
ins Altersheim, um nach dem Rechten<br />
zu schauen. Dann schnell ins Amt und<br />
die neuesten dienstvertragsrechtlichen<br />
Themen lesen, um einen Dienstvertrag zu<br />
machen. In der Schule gibt es Probleme<br />
mit der Heizung und mit der Reinigung,<br />
da muss er dann auch hin und bei der Sanierung<br />
der Wasserleitung gibt es ein<br />
Problem mit den Grundeigentümern.<br />
Macht ja nichts, danach kann er sich<br />
dann bei der Vorbereitung für die nächste<br />
Gemeinderatssitzung etwas ent spannen,<br />
sind ja eh nur 36 Tagesordnungspunkte.<br />
Ach ja, der Bauhofmitarbeiter wollte ein<br />
Gespräch wegen dem Traktor. Da fällt<br />
ihm noch ein, dass die Feuerwehr auf<br />
die Rückmeldung wartet wegen dem<br />
neuen – kostet ja nur 400 Tsd. Euro –<br />
Tanklöschfahrzeug. Mittagspause. Ist<br />
schon einiges weitergegangen heute.<br />
Als ich das so höre – und ich rede von keinem<br />
Einzelfall – wird mir bewusst: Das ist<br />
sie, diese eierlegende…. Oder zumindest<br />
wird es von ihm erwartet, diese zu sein.<br />
Und in den anderen Abteilungen in den<br />
Gemeinden sieht es ja nicht viel anders<br />
aus.<br />
Das war vor 12 Jahren. Die Rahmenbedingungen<br />
haben sich seither nicht gebessert.<br />
Ganz im Gegenteil, die Herausforderungen<br />
sind noch viel komplexer und<br />
größer geworden. Das Ad-hoc-Management<br />
für Pandemien und Flüchtlingsbewegungen<br />
kommt dann noch obendrauf.<br />
Wie würde Georg aus<br />
unserem Magazin vom<br />
letzten Jahr sagen?<br />
„Rums bums.<br />
I bin fertig!“<br />
Und wie sieht die Zukunft aus? Es schaut<br />
nicht wirklich nach einer Entspannung der<br />
Situation aus, eher das Gegenteil ist der<br />
Fall. Wir beobachten schon lange, dass auf<br />
die Gemeinden immer noch mehr Aufgaben<br />
abgewälzt werden bzw. Aufgaben<br />
dazukommen. Allein auf die Kinderbetreuung<br />
und Pflege kommen laufend neue Herausforderungen<br />
zu, die es abzuarbeiten<br />
gilt. Die Budgets entwickeln sich oft nicht<br />
im gleichen Ausmaß mit, auch das stellt<br />
die Gemeindeverwaltungen und die Politik<br />
vor immer neue Themen. Die steigende<br />
Flut an Gesetzen und Vorschriften kann<br />
von kleinen Gemeinden nicht mehr überblickt<br />
werden und somit steigt natürlich<br />
die Gefahr von unbeabsichtigten Fehlern<br />
und somit auch Haftungsfragen weiter an.<br />
Auf der anderen Seite ist auch zu be <br />
obachten, dass sich der Arbeitsmarkt<br />
massiv verändert hat. Aktuell ist es sehr<br />
schwierig, überhaupt noch Personal zu<br />
finden. Gute Leute verdienen in der Privatwirtschaft<br />
oftmals deutlich mehr und<br />
es benötigt schon gute Argumente, diese<br />
für die Arbeit in der Gemeinde zu gewinnen.<br />
Diese künftigen Entwicklungen sind<br />
vielen bewusst und viele schlaue Köpfe<br />
zerbrechen sich dieselbigen, um Lösungen<br />
zu finden.
10 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
11<br />
Eine Lösung liegt<br />
auf der Hand:<br />
Die Schaffung<br />
einer effizienten<br />
Verwaltung<br />
Eine effiziente Verwaltung spart Zeit<br />
und Kosten, bietet Rechtssicherheit<br />
und sichert Strukturen und Abläufe für<br />
die Zukunft. Leider ist es immer noch<br />
üblich, dass Zettel von A nach B getragen<br />
werden, dass Briefe händisch gefaltet und<br />
kuvertiert und zur Post gebracht werden.<br />
Auch müssen Akten oft händisch ko piert<br />
und für Sitzungen vorbereitet werden<br />
oder Dokumente werden ausgedruckt,<br />
abgelegt, um sie dann wieder zu suchen.<br />
Fehlende klare Strukturen und Prozesse<br />
führen immer zu deutlich mehr Arbeit und<br />
damit verbunden auch zu höheren Kosten.<br />
Eine moderne Verwaltung arbeitet mit<br />
Strukturen und Prozessen und sauberen<br />
Daten. Damit werden Mitarbeiter*innen<br />
in der Verwaltung direkt entlastet. Damit<br />
kann man quasi schon mal aufs Milchgeben<br />
verzichten.<br />
Prozess- und Qualitätsmanagement<br />
Im Grunde geht es dabei um drei übergeordnete<br />
Themenbereiche:<br />
• Prozess- und Qualitätsmanagement<br />
• Datenmanagement<br />
• Kommunale Software zur<br />
Absicherung<br />
Software GeOrg<br />
Datenmanagement<br />
Nur im Zusammenwirken dieser drei<br />
Bausteine kann die Verwaltung nachhaltig<br />
effizient gestaltet werden. Ohne Prozessund<br />
Qualitätsmanagement nützt die kommunale<br />
Software nichts. Die kommunale<br />
Software nützt nichts, wenn die Daten<br />
nicht eindeutig und sauber sind usw.<br />
Was ist mit den<br />
drei Begriffen<br />
gemeint?<br />
1<br />
Prozess- und<br />
Qualitäts management<br />
Im Prozess- und Qualitätsmanagement<br />
geht es um Organisation, Prozesse,<br />
Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.<br />
In der Gemeinde muss<br />
es eine klare Organisationsstruktur mit<br />
klaren Zuständigkeiten und Verantwortungen<br />
geben. Darauf abgestimmt sollten<br />
die Prozesse genau beschrieben und<br />
möglichst standardisiert werden. Die rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen geben dabei<br />
die Leitlinien vor. Dadurch werden Abläufe<br />
deutlich einfacher und auch schneller, die<br />
Fehlerhäufigkeit wird minimiert und es<br />
ist immer klar, wer für was zuständig ist.<br />
Das alles wirkt sich direkt positiv auf die<br />
Zeitressourcen der Mitarbeiter*innen aus<br />
und schafft damit Freiräume.<br />
Wenn hier die Rede von Qualität ist,<br />
dann kommt diese durch Prozess- und<br />
Qualitätsmanagement auch direkt bei<br />
den Bürger*innen an. Verfahren werden<br />
schneller und vor allem auch wesentlich<br />
transparenter für alle. Transparenz<br />
ist das, was sich Bürger*innen von der<br />
Gemeinde wünschen und auch erwarten<br />
können. Prozess- und Qualitätsmanagement<br />
kann das sicherstellen.<br />
Das alles kann im Zuge von Verwaltungschecks<br />
oder eben auch durch Prozessund<br />
Qualitätsmanagementprojekte erarbeitet<br />
und umgesetzt werden.<br />
2Datenmanagement<br />
„Daten sind das Öl der Zukunft“, sagt man<br />
so salopp. Dem ist so, aber nur wenn die<br />
Daten eindeutig und sauber sind. Die<br />
Gemeinden haben den Luxus, dass die<br />
notwendigen Daten in den Registern<br />
liegen. Sei es im ZMR (Zentrales Melderegister),<br />
im AGWR (Adress-, Gebäudeund<br />
Wohnungsregister), im UR (Unternehmensregister),<br />
im GB (Grundbuch) und<br />
anderen. Das heißt, Gemeinden benötigen<br />
keine eigenen Datenbanken. Oder noch<br />
klarer: Gemeinden sollten keine eigenen<br />
Datenbanken haben und pflegen. Hier<br />
sind Fehler vorprogrammiert und Fehler<br />
führen zu zusätzlicher Arbeit und Ineffizienz.<br />
Also zu mehr Zeitaufwand und zu<br />
höheren Kosten.<br />
Für die Gemeindemitarbeiter*innen fallen<br />
durch saubere und eindeutige Daten viele<br />
händische, oft sehr mühsame Abstimmungsarbeiten<br />
weg. Durch eine deutliche<br />
Steigerung des Automatisierungsgrades<br />
werden wiederum Ressourcen für andere<br />
Tätigkeiten geschaffen.<br />
Datenanalysen in Gemeinden, die wir sehr<br />
einfach machen können, zeigen, dass bis<br />
zu ⅔ der Daten fehlerhaft sind. Dabei<br />
kann man der Verwaltung nichts vorwerfen;<br />
das sind Fehler, die sich im Laufe<br />
der Jahre einschleichen, wenn man selbst<br />
Daten pflegt und das in mehreren Datenbanken.<br />
Eine Bereinigung dieser Daten ist<br />
essenziell, um eine effiziente Gemeindeverwaltung<br />
sicherstellen zu können. Was<br />
dabei auch nicht außer Acht gelassen<br />
werden darf, ist, dass falsche Daten vielfach<br />
zu falschen Vorschreibungen führen<br />
und diese damit nicht rechtsgültig sind.
12 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
3<br />
Wir<br />
Kommunale Software zur<br />
Absicherung<br />
Wenn Prozesse, Strukturen und Daten<br />
passen, dann ist es wichtig, dies langfristig<br />
durch eine moderne kommunale<br />
Software abzusichern. Eine Kommunalsoftware<br />
ist dazu da, Prozesse digital<br />
abzubilden und Prozesse durchgängig<br />
und sauber umzusetzen. Das spart Zeit<br />
und Geld und garantiert nebenbei noch<br />
Rechtssicherheit.<br />
Das Loslösen von Routinetätigkeiten,<br />
welche eine moderne Software übernimmt,<br />
schafft Freiräume in den Verwaltungen,<br />
sorgt für weniger Fehler und<br />
damit mehr Rechtssicherheit, was für<br />
Mitarbeiter*innen in der Verwaltung eine<br />
deutliche Entlastung darstellt.<br />
„<br />
Vom<br />
verfluchen jeden<br />
Tag diese Software.<br />
Wir verfluchen sie,<br />
weil sie uns zwingt<br />
sauber zu arbeiten.<br />
zeitlichen Aspekt her dauern diese<br />
Schritte zwischen sechs und neun<br />
Mo nate. Und wenn man noch einen draufsetzen<br />
will, kann sich die Verwaltung<br />
sogar ISO-zertifizieren lassen; das wäre<br />
auch ein klares Signal und Statement<br />
nach außen.<br />
Klare Strukturen und Prozesse, gepaart<br />
mit sauberen Daten und einer modernen<br />
Software schaffen Vertrauen; Vertrauen<br />
innerhalb der Verwaltung und Vertrauen<br />
Richtung Politik und Bürger*innen. Wir<br />
dürfen schon einige solcher Projekte in<br />
den unterschiedlichsten Stadien begleiten.<br />
Auch wenn es herausfordernd ist, er <br />
kennen die Mitarbeiter*innen in der Verwaltung<br />
die Vorteile und bestätigen uns<br />
dies auch in vielen Gesprächen.<br />
Wir<br />
bleiben wir<br />
selbst.<br />
WIR ALLE SIND GEMEINDE.<br />
Zusätzlich ist das die Voraussetzung für<br />
die Kommunikation mit den Bürger*innen.<br />
Nur mit klaren Prozessen und sauberen<br />
Daten kann eine moderne Bürger*innen-Kommunikation<br />
umgesetzt werden.<br />
Dr. Benedikt Erhard, Bürgermeister von<br />
Lans, meinte dazu in einem spannenden<br />
Videobeitrag: „Wir verfluchen jeden Tag<br />
diese Software. Wir verfluchen sie, weil<br />
sie uns zwingt sauber zu arbeiten.“<br />
Um das Plädoyer für die Gemeindemitarbeiter*innen<br />
abzuschließen: Die<br />
Gemeindemitarbeiter*innen sind eine<br />
wesentliche Säule für erfolgreiche<br />
Gemeindearbeit. Gemeindemitarbeiter*innen<br />
sind vielfach wirklich eierlegende<br />
Wollmilchsäue und wie Sie wissen: Die<br />
sind rar auf der Welt und gehören gehegt<br />
und gepflegt.<br />
Wir<br />
vertrauen<br />
einander.<br />
Videobeitrag:<br />
GeOrg in der<br />
Gemeinde Lans<br />
Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen<br />
Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen<br />
Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und<br />
Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren<br />
Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,<br />
kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert<br />
handeln und dabei individuelle Wege wählen.
14 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
15<br />
Hilfe,<br />
Aber warum ist das so? Die Reaktion auf<br />
Veränderung ist ein Mechanismus, der<br />
tief in uns verankert ist. Immerhin hat<br />
das Abwägen von Risiken und Gefahren<br />
uns über Jahrtausende das Überleben<br />
gesichert. Das Bekannte, Bewährte gibt<br />
uns Sicherheit und schützt uns vor Enttäuschungen<br />
oder Verletzungen. Selbst<br />
wenn wir wissen, dass etwas Altbewährtes<br />
nicht gut für uns ist oder uns<br />
in irgendeiner Form belastet, neigen wir<br />
dazu, eine Veränderung zu vermeiden.<br />
Gefördert wird diese Verhaltensweise<br />
durch unsere Biologie. Lernen wir etwas<br />
neu, muss Energie aufgewandt werden.<br />
Wir aber sind auf Energiesparen programmiert<br />
– sprich faul.<br />
Neues Smartphone ok, aber Update<br />
nein danke!<br />
Wie unterschiedlich wir auf oft unvermeidliche<br />
Veränderungen reagieren, verdeutlicht<br />
ein kleines Beispiel: Der Bauamtsleiter<br />
Mair hat sich kürzlich ein<br />
neues Auto gekauft. Die vielen elektronischen<br />
„Helfer“ an dem Wagen gefallen<br />
schon wieder<br />
etwas Neues!<br />
Wir Menschen lieben Gewohnheiten. Alles, was unsere Routine durcheinanderbringt,<br />
empfinden wir als störend. Deswegen stehen wir Veränderungen skeptisch<br />
gegenüber. Prasselt zu viel Neues auf uns ein, verschließen wir uns oder<br />
lehnen es ganz ab. Das geschieht im privaten Leben ebenso wie im beruflichen.<br />
Dabei macht es keinen Unterschied, ob man in der freien Wirtschaft tätig ist<br />
oder in der kommunalen Verwaltung.<br />
ihm: Bevor er zur Arbeit fährt, stellt er<br />
jeden Morgen sein Navi ein, um mögliche<br />
Staus zu umfahren. Dann verbindet<br />
er sein Smartphone, das sein Bub für<br />
ihn programmiert hat, mit dem Cockpit<br />
des Autos. An der Gemeinde angekommen<br />
parkt Herr Mair sein Auto in<br />
der Tiefgarage. Hier unterstützen ihn<br />
die Sensoren des Parkassistenten. Alles<br />
ganz normal. Doch kaum ist Herr Mair<br />
an seinem Schreibtisch, geht der Ärger<br />
los. Schon wieder wurden Verordnungen<br />
geändert, in die sich Mair erst einlesen<br />
muss. Als nächstes funktio niert die neue<br />
Telefonanlage nicht so, wie sie soll – die<br />
Bedienung ist für ihn einfach zu kompliziert.<br />
Zu allem Überfluss hat die IT übers<br />
Wochenende diverse Updates durchgeführt,<br />
die die gewohnte Routine beim<br />
Benutzen der Software durcheinanderbringt.<br />
Alles Änderungen, die Herrn Maier<br />
bei seiner alltäglichen Arbeit belasten.<br />
Dabei gehören Veränderungen zum Leben,<br />
ob sie einem nun gefallen oder nicht.<br />
Sie sind die einzig wahre Konstante.<br />
Besonders bei technischen<br />
Neuerungen hat es<br />
zu jeder Zeit Widerstände<br />
gegeben. Sei es bei der<br />
Einführung des Telefons,<br />
des Lichts, des Autos<br />
oder der Eisenbahn.<br />
Bei letzterer beispielsweise warn ten<br />
Ärzte wegen der „unglaublichen“ 35<br />
km/h Reisegeschwindigkeit vor geistiger<br />
Verwirrtheit, Fieber oder gar dem Verlust<br />
von Gliedmaßen. Heute schmunzeln<br />
wir darüber und benutzen die Bahn wie<br />
selbstverständlich. Doch im Gegensatz<br />
zu „früher“, wo sich lediglich alle paar<br />
Jahrzehnte nennenswerte Neuerungen<br />
etabliert haben, hat das Tempo heute er <br />
heblich zugelegt. Treiber sind die Entwicklungen<br />
in der Technologie, die nicht nur die<br />
Technik selbst verändern, sondern Einfluss<br />
auf das gesamte Leben haben.<br />
Davon ist die Verwaltung nicht ausgenommen.<br />
So erinnert sich der 47-jährige<br />
Christian Lechner, Verantwortlicher des<br />
Bereichs Digitalisierung und Personaldienstleistung<br />
bei der GemNova: „Als ich<br />
vor meiner Zeit bei der GemNova Amtsleiter<br />
wurde, arbeitete mein Vorgänger im<br />
Gemeindeamt noch mit einem Registerkasten.<br />
Darin befanden sich Karteikarten,<br />
auf die er handschriftliche Vermerke eintrug.<br />
Zu dieser Zeit erfolgte gerade die<br />
Umstellung auf ein EDV-System und die<br />
damit verbundene Einführung von digitalen<br />
Registerkästen wie beispielsweise<br />
das Zentrale Melderegister (ZMR) oder<br />
das Adress-Gebäude-Wohnungsregister<br />
(AGWR). Sie sind eigentlich nichts anderes<br />
als ein elektronischer Registerkasten, aufgebaut<br />
nach dem Prinzip der Karteikarten.<br />
Mir fiel es leicht, damit umzugehen, aber<br />
meinem Vorgänger und Ausbildner war<br />
das suspekt.“<br />
Veränderungen machen nicht vor der<br />
Gemeindeverwaltung halt<br />
Seither hat sich auch in den Gemeindestuben<br />
viel getan. Nicht nur Gesetze,<br />
Vorga ben und Aufgaben ändern sich ständig.<br />
Die Technik entwickelt sich auch hier<br />
weiter. Und weil sie laufend voranschreitet,<br />
folgen wieder neue Gesetze, Vorgaben<br />
und Aufgaben. Eine Atempause scheint<br />
es nicht zu geben. So manche verzweifeln<br />
innerlich. Statt sich mit den Veränderungen<br />
auseinanderzusetzen, resignieren viele<br />
und stecken zum Schutz den Kopf in den<br />
Sand. „In meiner Ar beit habe ich dabei<br />
zwei Grundtypen kennengelernt. Zum einen<br />
gibt es Menschen, die haben wirklich<br />
Angst vor Veränderungen und Zukunft.<br />
Dann gibt es diejenigen, die den ‚inneren<br />
Schweinehund‘ nicht überwinden wollen.<br />
Letztlich ist beides keine Lösung. Wenn<br />
Veränderung keine Akzeptanz finden,<br />
werden Entwicklungen ausgebremst, die<br />
Arbeit wird erschwert, Fehler schleichen<br />
sich ein, die Qualität sinkt und was viel<br />
schlimmer ist, die Mitarbeiter*innen leiden<br />
in vielerlei Hinsicht“, sagt Christian<br />
Lechner.<br />
Aber wie gelingt es, Veränderungen<br />
erfolg reich zuzulassen? Es ist unerheblich,<br />
ob es sich um neue Arbeitsabläufe, eine<br />
neue Software, einen neuen Arbeitsplatz<br />
oder auch um neue oder scheidende Kolleg*innen<br />
handelt, Fakt ist: Aus alt wird<br />
neu, aus unbekannt wird gewohnt. Alles<br />
ist ein Lernprozess.<br />
Wissenschaftlich gesehen gibt es in<br />
einem Lernprozess fünf Aspekte:<br />
• Zielsetzung: ein klares, positiv formuliertes<br />
Ziel<br />
• Selbsterkenntnis: eigene Stärken<br />
und Schwächen analysieren<br />
• Spaß und Freude am Mitzugestalten<br />
• Wettkampf: sportlich und spielerisch<br />
• Belohnung: muss nicht groß sein,<br />
aber stetig<br />
Dabei hilft es, wenn man sich erinnert, wie<br />
man als Kind etwas erlernt hat – vorausgesetzt<br />
das Erlebnis ist positiv belegt.<br />
Empathie als Schlüssel für erfolgreiche<br />
Veränderungen<br />
„In der Praxis sieht Veränderung in der<br />
Verwaltung oft so aus: Sie wird ‚angeordnet‘.<br />
Nicht aus Böswilligkeit. Irgendwann<br />
ist der Druck einfach zu groß und es<br />
muss etwas verändert werden, weil es<br />
einfach anders nicht mehr geht. So sieht<br />
schließlich oft die Umsetzung aus. Keiner<br />
ist glücklich mit der Situation. Deshalb<br />
ist es elementar, sich gerade bei bevorstehenden<br />
umfassenden Veränderungen<br />
Zeit zu nehmen und alle Mitarbeiter*innen<br />
einzubinden und abzuholen; ob diese<br />
nun direkt oder indirekt betroffen sind.<br />
Der ‚Kaffeeküchenfunk‘ ist nicht zu unterschätzen!<br />
Schließlich haben Verantwortliche<br />
zu erklären, wie das Ziel aussieht.<br />
Also, keine Geheimnisse! Zuhören und<br />
offen sein für Ängste, Sorgen, Vorbehalte<br />
und Empfindungen lautet die Devise. Menschen<br />
sind keine Maschinen. Sie haben<br />
Gefühle, die ernst zu nehmen sind. Das<br />
übersehen wir in der Hektik des Alltags<br />
leicht, ebenso wie wir vergessen, dass<br />
jung und alt unterschiedlich ticken. Sicher<br />
beschreiben Begriffe wie ‚Qua litäts- oder<br />
Changemanagement‘ präziser geplante,<br />
neue Prozesse, die umgesetzt werden sollen.<br />
Doch einfache, verständliche Sprache<br />
ist in solchen Fällen hilfreich und unterstützt<br />
den Dialog auf Augenhöhe. Eigentlich<br />
wie im Privaten“, gibt Christian Lechner<br />
allen mit auf den Weg, die Veränderungen<br />
künftig leichter nehmen wollen.<br />
ZUM AUTOR<br />
JAN SCHÄFER<br />
Jan Schäfer ist Experte für Marketing<br />
und Kommunikation. Er unterstützt seit<br />
2020 die GemNova als Gemeindebetreuer<br />
in Osttirol und war zuletzt<br />
maßgeblich an der Entstehung des<br />
Gemeinde ABC’s beteiligt.<br />
Kontakt: j.schaefer@gemnova.at
16 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
17<br />
Zentrale Elemente der<br />
Organisationsentwicklung<br />
Was wird unter Organisationsentwicklung verstanden? Dies ist nicht ganz einfach zu beantworten.<br />
Bei Entwicklung geht es immer um Veränderung; Veränderungen sollten immer geplant und die<br />
gesamte Organisation inkl. aller Mitarbeiter*innen eingebunden sein. Dieser Prozess verändert<br />
damit die Organisationsstruktur, die Unternehmenskultur und auch das individuelle Verhalten. Zielsetzung<br />
einer solchen Veränderung ist es einerseits, die Leistungsfähigkeit der Organisation zu<br />
erhöhen, andererseits die Entfaltung der einzelnen Organisationsmitglieder zu unterstützen.<br />
Strategie<br />
und Ziele<br />
Den Begriff „Strategie“ könnte man einfach<br />
ausgedrückt mit „WIE“ übersetzen.<br />
Welche Maßnahmen und welche Projekte<br />
setzt man um, damit der Zweck wie auch<br />
die Vision der Organisation realisiert und<br />
damit die beabsichtigten Ergebnisse er <br />
reicht werden können?<br />
In der Strategie selbst werden Meilensteine<br />
formuliert; dabei kann der Zeithorizont<br />
kurz-, mittel- bis langfristig sein. Die<br />
Erreichung der Meilensteine muss messbar<br />
gestaltet werden.<br />
Es müssen Ziele für die einzelnen Organisationseinheiten<br />
und Prozesse vereinbart<br />
werden. Anhand dieser Ziele kann nachvollzogen<br />
werden, ob die vorgesehene Ausrichtung<br />
auch tatsächlich geschafft wurde.<br />
Insbesondere die Aufnahme von relevanten<br />
beeinflussbaren Nachhaltigkeitszielen<br />
wird im kommunalen Bereich eine<br />
verstärkte Rolle spielen. Die Agenda 2030<br />
für nachhaltige Entwicklung beinhaltet 17<br />
Nachhaltigkeitsziele (auch „SDGs“ genannt)<br />
mit insgesamt 169 Unterzielen.<br />
Folgende Schlüsselbegriffe werden im Rahmen einer Organisationsentwicklung als zentrale<br />
Elemente betrachtet: Vision und Mission, Strategie und Ziele, Prozesse und Struktur.<br />
Vision<br />
und Mission<br />
ZUM AUTOR<br />
DR. KLAUS KANDLER<br />
MBA (MCI)<br />
Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter<br />
in der Marktgemeinde Rum und<br />
ist Experte für Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.<br />
Seit Jänner <strong>2022</strong><br />
ist er in der GemNova verantwortlich<br />
für diesen Bereich.<br />
Kontakt: k.kandler@gemnova.at<br />
Diese beiden Begriffe sollten wenn<br />
möglich immer gemeinsam betrachtet<br />
werden. Veränderungen werden deswegen<br />
auch immer mit ihren vorhandenen<br />
Wechselwirkungen zu bewerten sein.<br />
Die Vision ist der Blick in die Zukunft aus<br />
der Innensicht der Organisation: Wohin<br />
möchte sich die Organisation entwickeln?<br />
Diese Frage sollte man unter Einbeziehung<br />
des Organisationszwecks (Mission)<br />
beantworten, denn der beste Kapitän<br />
hilft nichts, wenn er nicht weiß, wohin er<br />
segeln soll. Es geht hier also um eine Richtung<br />
und nicht um die Strategie selbst.<br />
Die Mission betrachtet die Organisation<br />
von außen. Wie wollen wir, dass uns die<br />
Außenwelt sieht? Bei der Beantwortung<br />
dieser Frage geht es um die „Daseinsberechtigung“,<br />
den Nutzen, den die<br />
Kundinnen und Kunden, im kommunalen<br />
Umfeld die Bürger*innen, von der Organisation<br />
haben. Der Zweck gibt damit<br />
auch die Antwort auf die „Sinnfrage“. Dies<br />
könnte beispielsweise eine bedeutende<br />
Rolle spielen, wenn man von (potenziellen)<br />
Mitarbeiter*innen als attraktive*r Arbeitgeber*in<br />
gesehen werden will.<br />
In einer Kurzformel könnte man hinter<br />
dem Begriff „Mission“ das Wort „WOZU“<br />
und hinter dem Begriff „Vision“ das Wort<br />
„WOHIN“ sehen. Durch die Konkretisierung<br />
dieser beiden Begriffe schafft<br />
man die Rahmenbedingungen der Organisationsentwicklung.<br />
Das Beispiel der drei Steinmetze macht<br />
sehr gut deutlich, was eine Vision ist. Drei<br />
Steinmetze arbeiten auf einer Baustelle.<br />
Ein Passant bleibt stehen und fragt sie,<br />
was sie hier tun. Der erste Steinmetz<br />
räumt mürrisch Steine zusammen und<br />
sagt: „Ich verdiene meinen Lebensunterhalt.“<br />
Der zweite Steinmetz klopft mit<br />
wichtiger Miene weiter auf seinen Stein<br />
und antwortet: „Ich liefere die beste Steinmetzarbeit<br />
weit und breit.“ Der dritte<br />
schaut den Passanten mit glänzenden<br />
Augen an und sagt: „Ich baue eine Kathedrale.“<br />
Der erste Steinmetz erkennt<br />
keinen Sinn in seiner Arbeit, der zweite<br />
ist stolz auf seine Arbeit, weiß aber nicht<br />
was das große Ziel ist. Und der dritte hat<br />
eine klare Vision, die ihn begeistert.<br />
VISION : WOZU = MISSION : WOHIN<br />
Prozesse<br />
und Struktur<br />
Zwei wesentliche Bestandteile einer<br />
Organisation sind benötigte Prozesse und<br />
eine geeignete Organisationsstruktur. Man<br />
spricht hier auch von der Ablauforganisation<br />
(= Prozesse) und der Aufbauorganisation.<br />
Während in der Aufbauorganisation die<br />
Rahmenbedingungen festgelegt sind, d. h.<br />
welche Aufgaben von welchen Personen<br />
mit welchen Sachmitteln übernommen<br />
Ziele für nachhaltige Entwicklung<br />
(© Bundesregierung)<br />
werden und mit welchen Rechten Personen<br />
ausgestattet werden, sind in der<br />
Ablauforganisation die innerhalb dieses<br />
Rahmens ablaufenden Arbeits- und Informationsprozesse<br />
geregelt.<br />
Die Aufbauorganisation wird typischerweise<br />
in einem Organigramm dargestellt.<br />
Aufgaben in der Organisation werden in<br />
einzelne Abteilungen und Stellen gegliedert<br />
sowie Hierarchien definiert.
18 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />
19<br />
Bauamt<br />
Hochbau<br />
Tiefbau<br />
Straßenbau<br />
Raumordnung<br />
Grundstücksänderungen<br />
Widmungsbestätigungen<br />
Erschließungskosten<br />
Kanal/Wasseranschluss<br />
Katastrophenschutz<br />
Lawinenkomission<br />
Kinderspielplätze<br />
Müllentsorgung<br />
Umweltschutz<br />
Feuerpolizei<br />
Muster-Organigramm<br />
(© GemNova)<br />
Die Ablauforganisation kann man als<br />
Flussdiagramm darstellen. Es beginnt<br />
z. B. mit dem ersten Schritt zur Herstellung<br />
eines Produkts bzw. einer Dienstleistung<br />
und es endet mit der Auslieferung<br />
des Produkts bzw. mit der Erbringung der<br />
Dienstleistung. Es wird transparent dargestellt,<br />
in welcher Reihenfolge Aufgaben<br />
erbracht werden und welche Aufgaben<br />
parallel laufen. Die jeweiligen Schritte<br />
werden von Mitarbeiter*innen ausgeführt,<br />
die in den Stellen und Verantwortlichkeiten<br />
der Aufbauorganisation definiert sind.<br />
Schaffung der dazu<br />
geeigneten Struktur<br />
Poststelle<br />
Standesamt<br />
Sozialamt<br />
Friedhof<br />
Schulwesen<br />
Kindergartenwesen<br />
Kinder-/Jugendbetreuung<br />
Fundamt<br />
Meldeamt<br />
Müllsäcke<br />
Wohnungsamt<br />
Veranstaltungsgenehmigung<br />
Wahlen<br />
Förderungen/Zuschüsse<br />
Bürgermeister*in<br />
Amtsleiter*in<br />
Sämtliche genannten Elemente der<br />
Organisationsentwicklung stehen in einer<br />
engen Wechselwirkung zueinander.<br />
In der Organisationsentwicklung wird folgende<br />
Vorgehensweise empfohlen:<br />
Festlegung von Vision<br />
& Mission<br />
Identifikation der benötigten<br />
Prozesse für die<br />
Strategierealisierung<br />
Finanzverwaltung<br />
Amtskasse<br />
Buchhaltung<br />
Gemeindeversicherungen<br />
Grundsteuer<br />
Mahnwesen<br />
Kanal/Wassergebühr<br />
Müllgebühr<br />
Voranschlag<br />
Rechnungsabschluss<br />
Subventionen<br />
Hundesteuern<br />
Kommunalsteuer<br />
Gerne unterstützen wir Sie<br />
hier und helfen Ihnen damit,<br />
flexibler auf Anforderungen<br />
und Gegebenheiten zu reagieren.<br />
Bürger*innenservice<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
Entwicklung der erforderlichen<br />
Strategie (zur Realisierung von<br />
Vision & Mission)<br />
Daten,<br />
Daten,<br />
Daten...<br />
Der Sommer ist da und das Urlaubsziel<br />
steht für die meisten von uns schon<br />
fest. Nach fast 2 Jahren Urlaubsabstinenz<br />
ist die Vorfreude riesig und<br />
was bei vielen von uns jedenfalls zum<br />
Urlaub dazugehört, ist die klassische<br />
Postkarte an die Familie und die Freunde.<br />
Früher war dafür ein Telefonbüchl<br />
mit den Adressdaten im Gepäck mit<br />
dabei und heute sind es die digitalen<br />
Kontakte im Smartphone. Zurück aus<br />
dem Urlaub und wieder mittendrin im<br />
Berufsalltag geht es mit den digitalen<br />
Kontakten und generell digitalen Da ten<br />
weiter.<br />
Daten, Daten, Daten …in unserem<br />
Privatleben wie auch im Berufsleben<br />
In beiden Fällen macht es Sinn, wenn die<br />
Daten schnell und vor allem eindeutig und<br />
korrekt zur Verfügung stehen. Die Postkarte<br />
an die falsche Adresse oder gar<br />
eine Überweisung an den falschen „IBAN“<br />
ist peinlich oder kann im Fall des IBAN<br />
sogar Schaden anrichten.<br />
Wir verlassen uns wie selbstverständlich<br />
auf die Daten, die uns zur Verfügung stehen<br />
und im Falle, dass sie das nicht tun,<br />
wird es oftmals mühsam diese Da ten<br />
korrekt zu recherchieren und diese ak <br />
tuell zu halten. Im Laufe der letzten 20<br />
Jahre haben vor allem Bundesministerien<br />
begonnen für Gemeinden di gitale<br />
Register zu schaffen, wo<br />
Daten eindeutig mittels Registerzahl<br />
zentral vorhanden und<br />
vor allem aktuell sind. Hier zu<br />
nennen ist (seit 2004) das<br />
Zentrale Melderegister (ZMR),<br />
welches Zug um Zug mit<br />
dem Gebäude-Wohnungsregister<br />
(GWR) und in<br />
weiterer Folge mit dem<br />
Adress-Gebäude-Wohnungsregister<br />
(AGWR) eingeführt<br />
wurde. Das Finanzministerium hat Finanz<br />
Online auf Schiene gebracht, die Statistik<br />
Austria führt das Unternehmensregister<br />
(UR), in welchem Firmenbuch, Vereinsregister<br />
etc. vereint sind, und nicht zuletzt zu<br />
nennen ist das Unternehmensserviceportal<br />
(USP), wel ches seit 2020 von Unternehmen<br />
verpflichtend zu nutzen ist.<br />
Man sieht, im Jahr <strong>2022</strong> können die<br />
Gemeinden auf eine Vielzahl an Registern<br />
und die dort vorhandenen eindeutigen und<br />
korrekten digitalen Daten datenschutzkonform<br />
zurückgreifen. Während meiner<br />
fast 20-jährigen Gemeindearbeit habe<br />
ich erfahren, wie mühsam und zeitaufwendig<br />
es ist, ständig manuell Daten zu<br />
pflegen. Nicht nur, dass Gemeinden bzgl.<br />
der Rechtssicherheit Probleme haben –<br />
genannt seien hier beispielsweise falsche<br />
Bescheidadressaten – so macht diese<br />
manuelle Pflege die Gemeindearbeit vor<br />
allem ineffizient und für Fehler anfällig.<br />
Die Gemeindeverwaltung<br />
lebt wie die Privatwirtschaft<br />
von gut strukturierten<br />
und klar definierten<br />
Abläufen und diese Prozesse<br />
setzen korrekte und<br />
eindeutige Daten voraus.<br />
Diese Datenqualität kann selbständig in<br />
der Finanzverwaltung geprüft werden. Wie<br />
oft zum Beispiel kommt ein und dieselbe<br />
Person mehrfach für Buchungsläufe<br />
in Frage? Ist die Datenqualität schlecht,<br />
führt das in weiterer Folge z. B. zu Fehlbuchungen,<br />
falschen Mahnläufen etc. Auch<br />
im Bauamt spielt die Datenqualität eine<br />
große Rolle. Als Beispiel sei hier genannt,<br />
dass es immer wieder vorkommt, dass<br />
verstorbene Personen zu einer Bauverhandlung<br />
geladen werden. Diese Beispiele<br />
zeigen Probleme in der Rechtssicherheit<br />
auf und behindern, wie gesagt, automatische<br />
Abläufe, da man diese Daten ständig<br />
hinterfragen muss.<br />
Nicht zuletzt wird an der Dauer der Verfahren,<br />
ob das erteilte SEPA-Mandat korrekt<br />
verwendet wird oder ob der Bescheid<br />
korrekt ausgestellt wurde, die Qualität der<br />
Gemeindeverwaltung gemessen und von<br />
uns Bürger*innen bewertet – eine automatische<br />
Reaktion, bei welcher wir uns<br />
alle schon selbst ertappt haben.<br />
Das hehre Ziel der Gemeindeverantwortlichen<br />
muss sein, die Abläufe und vor allem<br />
die diesen zugrundeliegenden Daten korrekt,<br />
eindeutig und aktuell zur Verfügung<br />
zu stellen. Die Verwendung der genannten<br />
Register ist damit unabdingbar und kann<br />
jedem nur ans Herz gelegt werden.<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. IUR.<br />
CHRISTIAN LECHNER<br />
Christian Lechner kann auf eine 18-jährige<br />
Berufserfahrung als Amtsleiter,<br />
Bauamtsleiter und Finanzverwalter<br />
zurückblicken. Seit nun mehr als vier<br />
Jahren ist er bei der GemNova tätig. Er<br />
ist Experte für Digitalisierungsthemen,<br />
Rechtssicherheit und Datenschutz.<br />
Kontakt: c.lechner@gemnova.at
20 tirol.digital<br />
21<br />
21<br />
Also, alles was Recht ist...<br />
VON CHRISTIAN LECHNER<br />
In den Gemeinden ist immer viel zu tun. Bald rückt zum Beispiel wieder die nächste Fälligkeit<br />
der Gemeindeabgaben näher. Abgaben werden mittels Bescheids abgerechnet – aber wie hat nun<br />
ein rechtskonformer Abgabenbescheid auszusehen? Bei Bescheiden, die an Alleineigentümer*innen<br />
gerichtet sind, gibt es keine großen Probleme und darum wird hier auf diese Situation nicht<br />
näher eingegangen. Aber in Zeiten, in denen Wohnraum teuer ist, wird immer mehr Miteigentum<br />
geschaffen und damit gelten bei der Erstellung rechtskonformer Abgabenbescheide ganz andere<br />
Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen bei Miteigentum sollen nachfolgend aufgezeigt werden.<br />
Mahlzeit!<br />
Mit Jausengeld.at, dem<br />
intelligenten Essensgutschein.<br />
Von welchen Miteigen tümer*innen können<br />
die Abgaben „verlangt“ werden?<br />
Die Bundesabgabenordnung (BAO) bildet die<br />
Rechtsgrundlage für das Abgabenverfahren<br />
der Gemeinde. Der Bürgermeister oder die<br />
Bürgermeisterin ist die Abgabenbehörde<br />
und entscheidet bei Miteigentum, von wem<br />
die Abgabe verlangt wird. Würde diese von<br />
einer Person allein verlangt und die anderen<br />
„verschont“ werden, wäre das in jedem<br />
Einzelfall zu prüfen und zu begründen.<br />
Nicht auszudenken, was das für ein Aufwand<br />
wäre, wobei ein allgemeiner Satz<br />
im Bescheidspruch keine entsprechende<br />
Begründung darstellt. Das bedeutet, dass<br />
der Bescheid an alle Miteigentümer*innen<br />
gerichtet sein sollte, womit allen die<br />
gleichen Rechte und vor allem auch Zahlungspflichten<br />
auferlegt sind. Das ist die ge <br />
lebte Gemeindepraxis und zu dieser gibt es<br />
mittlerweile unzählige Entscheidungen des<br />
Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG)<br />
und auch eine Erläuterung der Abteilung<br />
Gemeinden des Landes stellt klar, wie in<br />
diesen Fällen ein Bescheid auszusehen hat.<br />
Wie hat der Abgabenbescheid gegenüber<br />
allen Miteigentümer*innen auszusehen?<br />
Der Bescheid wird einem*r der Miteigentümer*innen<br />
zugestellt (diese*r steht<br />
oben im Adressfeld) und er*sie wird zusammen<br />
mit allen weiteren Miteigentümer*innen<br />
im Bescheidspruch angeführt. Das verlangt,<br />
dass die Daten der Eigentümer*innen<br />
im Buchhaltungsprogramm immer aktuell<br />
gehalten werden müssen. Es gilt zu beachten,<br />
dass zwar nur ein*e Miteigentümer*in<br />
den Bescheid zugestellt bekommt, aber<br />
allen weiteren Miteigentümer*innen durch<br />
ihre jeweilige Nennung im Bescheidspruch<br />
und einem Hinweissatz dieser damit auch<br />
zugestellt ist.<br />
Zusammengefasst heißt das:<br />
• Alle Miteigentümer*innen sind nach<br />
aktuellem Grundbuchstand im Spruch<br />
anzuführen.<br />
• Es muss darauf hingewiesen werden,<br />
dass dieser Bescheid – obwohl nur<br />
an eine Person aus dem Kreis der<br />
Eigentümer*innen zugesendet – an alle<br />
als zugestellt gilt.<br />
Wie sieht das bei Miteigentümergemeinschaften<br />
im Fall von Wohnungseigentum<br />
(WEGs) aus?<br />
Die Eigentümergemeinschaften im Fall von<br />
Wohnungseigentum (WEGs) sind teilrechtsfähig<br />
ausschließlich in ihren Verwaltungsbelangen.<br />
In diesen sind sie berechtigt, die<br />
Vorsteuer geltend zu machen – vorausgesetzt<br />
sie erhalten von der Gemeinde<br />
eine ent sprechende Rechnung im Sinne<br />
des Umsatzsteuergesetzes. Diese Teilrechtsfähigkeit<br />
stellt damit weiters klar,<br />
dass die WEG gar nicht Eigentümer und<br />
damit Bescheidadressatin sein kann. Be <br />
scheide sind somit wie beim vorher<br />
beschriebenen Miteigentum auszustellen.<br />
Alle Miteigentümer*innen sind also im<br />
Spruch zu nennen und dies können mitunter<br />
Hunderte sein. Der Hinweis, dass damit<br />
die Zustellung an alle erfolgt ist, darf auch<br />
nicht fehlen. Lediglich die Zustellung er folgt<br />
an die WEG und diese scheint daher im<br />
Adressblock auf.<br />
FAZIT<br />
Die Ausstellung von rechtskonformen<br />
Bescheiden kann die Finanzverwaltung<br />
mit ihren Kapazitäten<br />
an die Grenze der Leistungsfähigkeit<br />
bringen. Man stelle sich vor,<br />
hunderte Miteigentümer*innen<br />
im Bescheidspruch nennen zu<br />
müssen. Deshalb ist es so wichtig,<br />
die Daten der Eigentümer*innen<br />
korrekt und aktuell zu halten und<br />
Abläufe zu definieren, wie diese<br />
Daten am besten aufgerufen,<br />
verwaltet und verarbeitet werden<br />
können.<br />
Im Idealfall wird ein integriertes<br />
System verwendet. Das heißt,<br />
dass die Daten registerbasiert<br />
vorhanden und aktuell sind und<br />
einfach automatisch, ohne eingreifen<br />
zu müssen, am Bescheid<br />
angeführt werden.<br />
So EFFIZIENT und EINFACH<br />
kann’s gehen.<br />
www.jausengeld.at
22 tirol.digital<br />
Podcasts<br />
Eine elegante Möglichkeit zur<br />
Kommunikation mit Bürger*innen<br />
Der Podcast-Host führt durch die Podcast<br />
Episode und verleiht mit seiner*ihrer Stimme<br />
dem Podcast eine einzigartige Note mit<br />
Wiedererkennungswert.<br />
(© PenguMedia)<br />
Podcast Tipp:<br />
Wir alle sind Gemeinde –<br />
der Kommunalpodcast<br />
Der politisch unabhängige Podcast<br />
versteht sich als Fundgrube<br />
an kommunalen Informationen<br />
und als Wissensvermittlung in<br />
Richtung Gemeinden. Als Gastgeber<br />
beschäftigt sich Alois Rathgeb<br />
gemeinsam mit seinen Gästen<br />
mit den großen und kleinen Herausforderungen<br />
der Gemeinden.<br />
Den Anfang machte der Präsident<br />
des Tiroler Gemeindeverbandes<br />
höchstpersönlich – Mag. Ernst<br />
Schöpf. Jetzt anhören – überall<br />
wo es Podcasts gibt!<br />
Podcasts sind in aller Munde – aber ist<br />
das nur ein kurzer Hype oder sollte man<br />
sich damit beschäftigen? Und, lässt<br />
sich diese Mediengattung auch für die<br />
Kommunikation kommunaler Inhalte<br />
nutzen?<br />
Starten wir mit ein paar Nutzungsdaten:<br />
Laut dem Digital News Report Network<br />
Austria von Reuters haben rund 28 Prozent<br />
der Österreicher*innen im letzten Monat<br />
mindestens einen Podcast gehört; in der<br />
Altersgruppe 18 bis 24 sind es sogar knapp<br />
55 Prozent. Podcasts sind also längst ein<br />
Massenphänomen und keine Nische mehr.<br />
Ein wesentlicher Grund dafür: Der Konsum<br />
von Podcasts entspricht einem modernen<br />
Mediennutzungsverhalten, nämlich jenem,<br />
Inhalte zu konsumieren, wann, wie und wo<br />
man will. Podcasts sind also wie Radio<br />
auf Bestellung und für die Hörer*innen<br />
zudem meist kostenlos. Gehört werden<br />
sie hauptsächlich über bestimmte Apps<br />
(z. B. Apple Podcasts, Spotify, Amazon Podcasts<br />
oder Google Podcasts), aber auch<br />
eine Einbettung auf die eigene Website<br />
ist möglich und sinnvoll.<br />
Das Besondere an Podcasts: Die Hörer*innen<br />
entscheiden sich bewusst für einen<br />
Inhalt, einen Host oder ein Thema<br />
und widmen diesem dann ihre gesamte<br />
Aufmerksamkeit. Besonders oft gehört<br />
werden Podcasts in Situationen, in denen<br />
eine an sich kaum sinnvoll einsetzbare<br />
Zeit für Unterhaltung, Weiterbildung oder<br />
Information genutzt werden kann, wie zum<br />
Beispiel beim Pendeln, beim Sport oder<br />
bei der Hausarbeit. Podcasts sind für viele<br />
auch eine willkommene Gelegenheit, für<br />
eine gewisse Zeit nicht auf ein Display<br />
starren zu müssen.<br />
Die Gemeinde hören<br />
Im Gegensatz zu anderen digitalen Kommunikationskanälen,<br />
bei denen die Aufmerksamkeitsspanne<br />
manchmal lediglich<br />
ein paar Sekunden beträgt, bleiben die<br />
Podcasthörer*innen auch bei längeren<br />
Episoden (eine Podcast-Folge dauert im<br />
Durchschnitt ca. 20 Minuten) zum überwiegenden<br />
Teil bis zum Schluss dran.<br />
Ein weiteres besonderes Merkmal von<br />
Podcast-Konsument*innen: Wenn sie ein<br />
Format erst mal begeistert hat, sind sie<br />
sehr loyal und rufen gerne weitere Folgen<br />
ab. Die Grundvoraussetzungen, kommunale<br />
Themen über das Medium „Podcast“<br />
zu verbreiten, könnten also idealer<br />
nicht sein: Die Bürger*innen interessieren<br />
sich in der Regel sehr für Informationen<br />
aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld.<br />
Wenn dann eine Stimme im vertrauten<br />
Dialekt über Geschichten, Themen oder<br />
Fakten aus ihrem Ort oder ihrer Stadt<br />
spricht, kann auf diesem Wege die Be ziehung<br />
zwischen der Gemeinde bzw. der<br />
Stadt, kommunalen Unternehmen und den<br />
Bürger*innen auf ein neues Niveau gehoben<br />
werden. Dabei eignen sich vor allem<br />
interessante Erzählungen (zum Beispiel<br />
über die Besonderheiten aus der Region)<br />
oder erklärungsbedürftige Inhalte (zum<br />
Beispiel Hintergrundinformationen zu<br />
großen Gemeinde- oder Stadtprojekten).<br />
Wichtig beim Inhalt: Im Vordergrund steht<br />
keine plumpe Werbung und es werden<br />
auch keine Presseaussendungen verlesen.<br />
Weil ehrlicherweise: Wer soll sich das freiwillig<br />
anhören? Die Kunst eines gelungenen<br />
kommunalen Podcast-Formats ist, die<br />
für die Gemeinde oder die Stadt wichtigen<br />
Themen mit einem journalistischen<br />
Zugang so aufzubereiten, dass die einzelnen<br />
Episoden einen echten Mehrwert für<br />
die Hörer*innen bieten. Über die Offenlegung,<br />
dass es sich um einen kommunalen<br />
Podcast handelt, wird einerseits klar und<br />
transparent der Absender ausgeschildert,<br />
gleichzeitig natürlich aber die kompetente<br />
Behandlung bestimmter Themen mit der<br />
Gemeinde oder der Stadt ver knüpft. Und<br />
weil das Medium Podcast erst in den<br />
letzten Jahren ein starkes Wachstum<br />
verzeichnete, ist es für Gemeinden und<br />
Städte noch möglich, Themenfelder zu<br />
besetzen und eine relevante Hörer*innenschaft<br />
aufzubauen.<br />
Was sind also die wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />
für einen kommunalen Podcast?<br />
• Wohlüberlegtes und nachhaltiges<br />
Podcast-Konzept<br />
• Sympathische*r und kompetente*r<br />
Gastgeber*in (Host)<br />
• Gute und interessant aufbereitete<br />
Inhalte<br />
• Professionelles Sound-Design und<br />
gute Tonqualität<br />
• Verfügbarkeit auf allen gängigen<br />
Plattformen<br />
• Zielgerichtetes Marketing für den<br />
Podcast<br />
Zurück zu den eingangs gestellten Fragen:<br />
Nach unserer Einschätzung sind<br />
Podcasts als Audio-on-Demand-Mediengattung<br />
kein kurzer Hype, sondern eine<br />
nachhaltige Möglichkeit für Hörer*innen,<br />
interessante und unterhaltende Inhalte<br />
aufmerksam zu konsumieren. Und aufgrund<br />
der erzielbaren Nähe zwischen dem<br />
Host, den Inhalten und den Hörer*innen<br />
sind Podcasts für Städte, Gemeinden<br />
oder Unternehmen ausgezeichnet dafür<br />
geeignet, kommunale Inhalte über diese<br />
Mediengattung elegant, sympathisch und<br />
effizient zu verbreiten.<br />
Die Kunst eines gelungenen Podcast<br />
Formats ist, die Themen so aufzubereiten,<br />
dass die einzelnen Episoden einen echten<br />
Mehrwert für die Hörer*innen bieten.<br />
(© Olsacher)<br />
ZUM AUTOR<br />
STEFAN LASSNIG<br />
Stefan Lassnig ist Strategieberater,<br />
Medienunternehmer und Podcast-Host.<br />
Sein Unternehmen „Missing Link“<br />
betreibt selbst Podcasts, konzipiert und<br />
erstellt Podcasts für Unternehmen und<br />
Institutionen („Corporate Podcast“) und<br />
vermarktet über 30 österreichische<br />
Podcast-Formate.<br />
Mehr dazu auf www.missing-link.media
24 tirol.modern und innovativ<br />
tirol.modern und innovativ<br />
25<br />
ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030<br />
Starke Vernetzung als Alternative zu Fusionen<br />
Mit dem Strategieprozess „ZUKUNFT GEMEINDE – Agenda 2030“ wurde erstmals versucht, einen<br />
schlüssigen Weg für die kommunale Zukunft zu definieren, der ohne Fusionen auskommt. Der Sukkus:<br />
Insbesondere für die Kleingemeinden braucht es eine zweite Ebene, auf der das unverzichtbare<br />
Spezialwissen mit effizienten Arbeitsprozessen verbunden wird.<br />
ZUM AUTOR<br />
GEORG KEUSCHNIGG<br />
Georg Keuschnigg war Abgeordneter<br />
im Nationalrat und Bundesrat. Nach seinem<br />
Ausscheiden aus dem Bundesrat<br />
wechselte er zum Institut für Föderalismus,<br />
wo er für Politik und Kommunikation<br />
zuständig war. In der GemNova<br />
Dienstleistungs GmbH ist er für die<br />
Durchführung des Strategieprozesses<br />
“ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030”<br />
verantwortlich.<br />
Kontakt: g.keuschnigg@gemnova.at<br />
In allen Bundesländern wird die Weiterentwicklung<br />
der Gemeindestrukturen<br />
intensiv diskutiert. Der Druck auf die Kommunen<br />
ist in den vergangenen Jahrzehnten<br />
enorm gestiegen. Die zunehmende<br />
Komplexität vieler Materien sowie die<br />
Verrechtlichung sämtlicher Bereiche<br />
stellt vor allem die Kleingemeinden vor<br />
enorme Herausforderungen. Während<br />
die Leistungen der Daseinsvorsorge über<br />
Gemeindeverbände sowie eine enge<br />
organisatorische und finanzielle Verzahnung<br />
mit der Landesverwaltung flächendeckend<br />
angeboten werden können, sind<br />
die Gemeinden bei der Verwaltung sowie<br />
in der Vor-Ort-Organisation weitgehend<br />
auf sich gestellt. Interkommunale Modelle<br />
sind hier dünn gesät.<br />
Beauftragt wurde der Strategieprozess<br />
vom Land Tirol, dem Tiroler Gemeindeverband,<br />
der GemNova Dienstleistungs<br />
GmbH, der Standortagentur und dem<br />
Management Center Innsbruck. Aufgrund<br />
der umfassenden Bandbreite kommunaler<br />
Aufgaben wurde eine Eingrenzung auf<br />
sechs Bereiche vorgenommen:<br />
1. Politische Gemeinde / Moderne<br />
Bürger*innengemeinde<br />
2. Gemeindeverwaltung<br />
3. Gesundheit und Pflege<br />
4. Kinderbildung und -betreuung<br />
5. Raumordnung und (Wirtschafts-)<br />
Standort<br />
6. Regionale Mobilität<br />
Coronabedingt mussten alle größeren<br />
Diskussionsveranstaltungen abgesagt<br />
werden. An ihre Stelle rückte eine große<br />
Zahl von Einzelgesprächen, in denen<br />
Hintergründe, Alltagssituationen, Pushund<br />
Hemmfaktoren der interkommunalen<br />
Zusammenarbeit, aber auch psychologische<br />
Argumente analysiert wurden. Herzstück<br />
des Prozesses waren die jeweils<br />
drei Workshops der thematischen Arbeitskreise,<br />
an denen Bürgermeister*innen und<br />
Amtsleiter*innen sowie Fachleute aus der<br />
Landesverwaltung, der Wissenschaft und<br />
aus Interessenvertretungen teilnahmen.<br />
Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines<br />
Expert*innenbeirats unter dem Vorsitz<br />
von Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger überprüft.<br />
Moderne Bürger*innengemeinde und<br />
Gemeindeverwaltung<br />
In einer von der GemNova durchgeführten<br />
Umfrage mit einem Rücklauf von rund<br />
11.000 Fragebögen wurde vorab die<br />
Zufriedenheit der Bürger*innen erhoben.<br />
Die Ergebnisse attestierten den Gemeinden<br />
in den Sachbereichen eine gute Performance.<br />
Aufholbedarf besteht aber bei<br />
den weichen Faktoren wie Information,<br />
Beteiligung und Transparenz. Damit ist<br />
auch schon der wunde Punkt erreicht:<br />
Die Gemeinden versinken in der ständig<br />
steigenden Verwaltungsflut. Es wird<br />
immer schwieriger, Kapazitäten für an<br />
den Bürger*innen orientierte Prozesse<br />
freizu spielen. Dazu kommt, dass sich in<br />
Klein gemeinden alles auf ganz wenige<br />
Personen, vielfach in Teilzeit, konzen triert.<br />
Sie sollten neben der Verwaltung die<br />
Einbindung der Bürger*innen garantieren,<br />
komplexe Kommunikationstätigkeiten, aktuell<br />
anstehende Projekte und auch noch<br />
das Ad-Hoc-Management zur Bekämpfung<br />
der Coronapandemie oder zur Unterbringung<br />
von Flüchtlingen übernehmen.<br />
Das Herzstück einer an Bürger*innen<br />
orientierten Gemeindearbeit ist eine<br />
schnelle und serviceorientierte Kommunikation.<br />
Das für die digitalen Kanäle<br />
erforderliche Know-how könnte, wie sich<br />
in den Beratungen im Arbeitskreis herauskristallisierte,<br />
über eine interkommunale<br />
Bündelung der Kräfte aufgebracht<br />
werden. Generell braucht es Unterstützungsstrukturen<br />
– bevorzugt auf regionaler<br />
Ebene – die wie ausgelagerte Gemeindeämter<br />
funktionieren und in denen das<br />
unverzichtbare Spezialwissen mit ef <br />
fizienten Abwicklungsprozessen kombiniert<br />
wird.
26 tirol.modern und innovativ<br />
tirol.modern und innovativ<br />
27<br />
Vier Kernbereiche der kommunalen Leistungspalette<br />
“Von der Wiege bis zur Bahre” – dieser Leitsatz beschreibt die umfassende Zuständigkeit der Gemeinden. Bei der Konzeption des<br />
Strategieprozesses „ZUKUNFT GEMEINDE – Agenda 2030“ wurde das berücksichtigt und folgende vier Bereiche analysiert und<br />
aufgearbeitet: Gesundheit und Pflege, Kinderbildung und -betreuung, Raumordnung und (Wirtschafts-)Standort sowie regionale<br />
Mobilität. Auf dieser Doppelseite lesen Sie kurze Zusammenfassungen der Ergebnisse.<br />
Gesundheit und Pflege<br />
Gesunde Gemeinde: Ziel des öffentlich geförderten Projekts<br />
„Gesunde Gemeinde“ ist die Steigerung der Zahl der<br />
gesunden Lebensjahre, um den Pflegebedarf möglichst zu<br />
reduzieren. Dabei hat die Gemeinde eine große Aufgabe,<br />
weil sie über den direkten Zugang zur Bevölkerung, zu<br />
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen und zu einer kostengünstigen<br />
Veranstaltungsinfrastruktur verfügt.<br />
Neue Wege in der Pflege: Die Bewältigung und Finanzierung<br />
der steigenden fachlichen Anforderungen sind die zentralen<br />
Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Diese<br />
Thesen zum Bereich „Gesundheit und Pflege“ wurden im<br />
Arbeitskreis definiert:<br />
• Bessere Koordination der Vielzahl unterschiedlicher<br />
Anbieter*innen im Gesundheits- und Pflegesektor<br />
• Über die Förderung des Ehrenamtes die hauptamtlichen<br />
Strukturen entlasten, den Servicegrad steigern und<br />
neben hochspezialisierten medizinischen Leistungen<br />
auch die menschliche Zuwendung fördern<br />
• Effizienzsteigerung bei den Personal- und Sachkosten<br />
der Pflegeeinrichtungen sowie Abstimmung und Spezialisierung<br />
des Angebots<br />
• Die mobilen und stationären Einrichtungen in unterschiedlichen<br />
Organisationsformen vernetzen und zu<br />
starken regionalen Drehscheiben ausbauen<br />
Kinderbildung und -betreuung<br />
Mit der Thematik der Kinderbildung und -betreuung bewegen<br />
sich die Gemeinden mitten in einem sensiblen gesellschaftlichen<br />
Spannungsfeld. Voraussetzung für eine strukturierte<br />
Vorgehensweise ist die Erhebung der sprachlichen und kulturellen<br />
Bedarfe sowie der unterschiedlichen Bildungs- und<br />
Entwicklungsstände von Kindern und Jugendlichen. Dies sind<br />
ein paar Punkte, die im Arbeitskreis besprochen wurden:<br />
• Laufende Weiterbildung und Bewusstseinsbildung<br />
der Gemeindeverantwortlichen für Bildung, Schutz,<br />
Teilhabemöglichkeiten und Chancengerechtigkeit von<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
• Vereine und Ehrenamtliche als kulturelle<br />
Brückenbauerinnen fördern<br />
• Laufendes Monitoring in Gemeinden und<br />
Planungsverbänden<br />
• Vertrauen und Akzeptanz für die Angebote aufbauen<br />
(z. B. durch eine gute Willkommenskultur)<br />
• Erarbeitung einer Strategie, gemeinsam mit<br />
Planungsverbänden oder Regionalmanagements<br />
• Enge Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen<br />
Raumordnung und<br />
(Wirtschafts-)Standort<br />
Für eine nachhaltige Stärkung der Planungsverbände spricht<br />
sich der Arbeitskreis „Raumordnung und (Wirtschafts-)<br />
Standort“ aus. Die 2005 eingeführten Planungsverbände<br />
sind das zentrale Instrument der regionalen Raumordnung.<br />
Diese Struktur bietet den geeigneten Rahmen für<br />
strate gische, regionale Planungen sowie für abgestimmte,<br />
regionale Projekte und Gemeindekooperationen. Diese<br />
Planungsverbandsstrukturen sollen verstärkt aktiviert und<br />
weiterentwickelt werden. Hier die wichtigsten Aussagen in<br />
Kurzform:<br />
• Die Planungsverbände verfügen aktuell zum großen Teil<br />
nur über geringe personelle und finanzielle Ressourcen.<br />
Zur Aktivierung und Stärkung der Strukturen sowie für<br />
die Entwicklung von Konzepten und Projekten bedarf<br />
es eines besonderen Engagements und erhöhter Personalressourcen.<br />
Zu diesem Zweck soll eine möglichst<br />
flächendeckende Installierung von vom Land geförderten<br />
Planungsverbandskoordinator*innen erfolgen. Sie<br />
sollen einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung<br />
der Planungsverbände leisten.<br />
• Für jeden Planungsverband sollen regionale Raumordnungskonzepte<br />
und Strategiepläne erstellt werden, in<br />
denen künftige Ziele und Maßnahmen sowie Kooperationsziele<br />
und -möglichkeiten definiert werden.<br />
• Die Planungsverbände sollen zur Plattform der regi o<br />
nalen Entwicklung weiterentwickelt werden mit einer<br />
intensiven Vernetzung mit den Gemeinden und den<br />
regionalen Stakeholdern. Auf gemeinsame regionale<br />
Planungen und gemeindeübergreifende Projekte soll ein<br />
verstärkter Fokus gelegt werden.<br />
Regionale Mobilität<br />
Eine gut ausgebaute öffentliche Mobilität ist nicht nur ein<br />
Grundbedürfnis der Bevölkerung, sondern auch eine we sentliche<br />
Voraussetzung für die Bewältigung der Folgen des<br />
Klimawandels. Hier die Thesen aus dem Arbeitskreis:<br />
• Eine regionale Betrachtung ist die Voraussetzung für<br />
ein gutes Angebot und eine gute Planung.<br />
• Zuständigkeiten von Bund, Land und Gemeinden klären:<br />
Bund und Land sind für allgemeine Mobilitätsstandards<br />
zuständig, die Gemeinde für die örtliche Feinabstimmung.<br />
• Mobilität ist ein zentrales Raumordnungsthema, insbesondere<br />
bei Großprojekten, Betriebsansiedlungen,<br />
Wohnbauten, Veranstaltungen oder bei Straßenbauprojekten.<br />
• E-Mobilität sollte durch konkrete Infrastrukturen wie<br />
Ladestationen und Abstellmöglichkeiten für E-Bikes und<br />
E-Autos gefördert werden.<br />
• Der Ausbau und die Verbesserung der innerörtlichen<br />
Radinfrastruktur mit der Errichtung und dem Ausbau<br />
von Radabstellanlagen, Radwegenetz, Anbindung an die<br />
Hauptnetze und E-Bike-Ladestationen sollte forciert<br />
werden.<br />
• Wo der konventionelle öffentliche Verkehr nicht mehr<br />
greift, ist die Einsatzmöglichkeit alternativer Angebote<br />
(Anrufsammeltaxi, Rufbusse, Schülergelegenheitsverkehr)<br />
zu prüfen.<br />
• Beteiligungsprozesse zu einem aktiven Element in der<br />
Gemeinde und der Region machen
28 tirol.modern und innovativ<br />
tirol.modern und innovativ<br />
29<br />
Der Unternehmens-<br />
Künstler<br />
Georg Mühlegger aus Hopfgarten ist ein vielseitiger Mensch. Er lernte die<br />
Bildhauerei, gründete ein Unternehmen, versteht sich als Künstler, tanzt<br />
auf vielen Hochzeiten. Wie er all das unter einen Hut bringt, und von der<br />
Kunst, Menschen zu begeistern, lesen Sie hier.<br />
VON REINHOLD OBLAK<br />
Unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet<br />
der Mann nicht. Wirft man einen Blick<br />
auf die Homepage seines Unternehmens<br />
(arti.at), so ist da etwa gleich von „meinem<br />
internationalen Ruf als Bildhauer“ die Rede.<br />
In weiterer Folge wird – unter anderem –<br />
auf seine Ausstellungen beim Stanglwirt<br />
in Going oder im Take Five in Kitzbühel<br />
verwiesen. Das Tiroler Unterland als Nabel<br />
Eine Mühlegger´sche Installation<br />
in Ellmau, an der Südseite<br />
des Wilden Kaisers.<br />
(© Bergbahnen Wilder Kaiser)<br />
der Welt. Georg Mühlegger ist kein Mann<br />
der leisen Worte; er weiß, wie man zuspitzt,<br />
sich bestmöglich in Szene setzt, sich professionell<br />
vermarket. Als Künstler, als Bildhauer.<br />
Mittlerweile auch als Unternehmer.<br />
Und ja, darin ist er offensichtlich auch recht<br />
erfolgreich.<br />
Geboren ist der mittlerweile 50-Jährige in<br />
Wörgl, der Vater führte ein Transport- und<br />
Taxiunternehmen, die Mutter war Hausfrau<br />
und betrieb eine kleine Gästepension.<br />
„Ich hab mich eigentlich schon immer für<br />
Kunst interessiert. Auch durch meinen holzbegeisterten<br />
Opa. Er hat mir faszinierende<br />
Einblicke in die Welt des Holzes ermöglicht.<br />
Ich war am liebsten bei ihm, in seiner Werkstatt<br />
in der Wildschönau.“<br />
Die Ausbildung zum Bildhauer absolviert<br />
Mühlegger in der Bildhauerschule in<br />
Elbigenalp, dafür musste er quer durch Tirol<br />
reisen, lebte und büffelte vier Jahre lang im<br />
Internat. „200 Kilometer weit mit Bahn und<br />
Bus ins hinterste Lechtal zu fahren, war<br />
schon eine Herausforderung. Oft bin ich<br />
auch mittels Autostopps übers Hahntennjoch<br />
gedüst, da kommen viele Erinnerungen auf.“<br />
Bereits ein Jahr nach seinem<br />
Abschluss gewinnt er 1991<br />
mit nicht einmal 20 Jahren<br />
den österreichischen Bildhauerwettbewerb.<br />
GeOrg<br />
Mühlegger<br />
RamOna<br />
Mühlegger<br />
„Damit hab ich erstmals ins Künstlersein<br />
hineingeschnuppert. Ich wurde auf Ö3<br />
interviewt, der damalige Wiener Bürgermeister<br />
Zilk war da, es gab großes Medieninteresse.<br />
Das war schon eine ganz neue<br />
Welt für mich.“ Was für den jungen Tiroler<br />
freilich auch ganz klar war: Er wollte von seiner<br />
Kunst auch gut leben können, nicht nur<br />
irgendwie überleben. Große Ansprüche, die<br />
so leicht und flott nicht in die Realität umzusetzen<br />
sind.<br />
Traum und Wirklichkeit<br />
Doch Mühlegger ist fleißig, kreativ, hat natürlich<br />
auch Glück. 1995 gewinnt er bei einem<br />
internationalen Skulptur-Symposium in Lausanne<br />
am Genfer See den ersten Preis. Sein<br />
Kunstwerk nennt sich „Geborgenheit“, stellt<br />
eine Mutter mit Kind dar, stilisiert, in weichen<br />
Formen. Unmittelbar danach wird seine<br />
Skulptur verkauft. Um welchen Betrag vermag<br />
er heute nicht mehr im Detail zu sagen, für<br />
damalige Verhältnisse war es aber zweifellos<br />
sehr viel. „Der Käufer war ein weltbekannter<br />
Pianist, er hat mein Kunstwerk direkt in seiner<br />
Villa am Genfer See aufgestellt. Ein absolutes<br />
Highlight für mich.“<br />
Beispiel einer Installation in<br />
Ellmau, an der Südseite des<br />
Wilden Kaisers. Kunst, so heißt<br />
es ja, kommt von Können.<br />
(© Bergbahnen Wilder Kaiser)<br />
Ein finanzielles Auslangen rein als Künstler<br />
zu finden, ist natürlich so einfach nicht. Nur<br />
die Allerwenigsten, nicht immer die Besten,<br />
schaffen das. Neben Glück und Zufall,<br />
neben dem richtigen Netzwerk und Können,<br />
neben Kreativität, dem richtigen Zeitfenster<br />
gehören da auch noch andere Bausteine<br />
dazu. Auch Mühlegger muss diese Lektion<br />
rasch und gründlich lernen. Um sein Leben<br />
bestreiten zu können, kooperiert er gegen<br />
Ende des vorigen Jahrhunderts mit der österreichischen<br />
EU-Außenhandelsstelle in Brüssel,<br />
arbeitet im Bereich Produktentwicklung<br />
für Swarovski. Letzteres führt auch zu einer<br />
Zusammenarbeit mit André Heller, gemeinsam<br />
realisieren sie das China Projekt „Zu<br />
Gast beim Riesen.“ Dennoch, irgendetwas<br />
fehlt…<br />
2001 entschließt er sich zum Schritt in die<br />
Selbständigkeit, gründet in der Wildschönau<br />
eine eigene Bildhauerwerkstatt. Zuerst als<br />
Ein-Mann-Unternehmen, dann stellt er seinen<br />
ersten Mitarbeiter ein. Die Aufträge<br />
trö p feln, mal sind es viele, dann wieder<br />
recht wenige. Sukzessive erweitert er sein<br />
Angebot: Skulpturen, Kunstobjekte, Inszenierungen,<br />
etwas profaner der Spielplatzbau. „Ich<br />
hab einfach versucht, mich immer breiter<br />
aufzustellen, mein Portfolio zu erweitern.“<br />
2004 schafft er dann den Durchbruch, mit<br />
einer Inszenierung in den Bergen rund um<br />
Söll, an den Nordhängen der Hohen Salve.<br />
Das in Kooperation realisierte Projekt nennt<br />
sich „Hexenwasser“, eine Art Erlebnispark<br />
für Kinder. „Was, das kennst du nicht? Dieses<br />
Projekt erhielt immerhin den Österreichischen<br />
Tourismuspreis.“<br />
“Wenn ein Bereich<br />
einbricht, dann muss<br />
der andere dafür<br />
umsO stärker sein.<br />
Das ist die Kunst des<br />
Wirtschaftens.“<br />
Arti steht für Artist, Künstler<br />
Im Deutschen ist ein Artist gemeinhin<br />
jemand, der im Zirkus auftritt. Im Engli schen<br />
steht Artist für Künstler bzw. Künstlerin. Und<br />
Arti? Nun gut, das ist der Name von Mühleggers<br />
Unternehmen. Natürlich gibt es dazu<br />
eine nette Geschichte und die geht so: „Ich<br />
hab in der Wildschönau immer wieder Tennis<br />
gespielt. Mein damaliger Trainer, der mittlerweile<br />
das japanische Skiteam trainiert,<br />
hat mich Arti gerufen, also Künstler. Mir hat<br />
das gefallen, irgendwie ist das dann auch bei<br />
mir hängengeblieben. Deshalb hab ich meine<br />
Firma Arti genannt, versehen mit einem<br />
schwungvollen Logo. Viele Leute glauben<br />
noch heute, dass Arti mein Vorname ist.“<br />
2007 lässt er sich und sein Unternehmen<br />
in Hopfgarten nieder, südwestlich der Hohen<br />
Salve. Arti ist mittlerweile noch breiter aufgestellt,<br />
es werden auch Wellness-Liegen<br />
hergestellt, Sandstrahl-Arbeiten ange boten,<br />
Kinderspielplätze geplant und errichtet. Der<br />
Künstler als Unternehmer, sozusagen. Und<br />
Mühlegger steht zu seinem künstlerischen<br />
Ansatz. „Wirtschaftlich läuft´s gut, vor allem<br />
gewinne ich damit jene Freiheit im Kopf,<br />
die ich für mein künstlerisches Schaffen<br />
brauche. Das eine bedingt das andere, und<br />
umgekehrt. Eigentlich bin ich ein sehr glücklicher,<br />
ein sehr zufriedener Mensch.“<br />
Corona, Ukraine, Bermudas<br />
Heute beschäftigt er zwischen zehn und fünfzehn<br />
Personen, im Verlauf der Corona-Krise<br />
rückte das Team noch enger zusammen.<br />
„Wir haben da viel miteinander gesprochen,<br />
überlegt, wie es weitergehen soll. Letztendlich<br />
war die Firma nicht einen Tag geschlossen,<br />
es wurde niemand entlassen, wir hatten<br />
keinen einzigen Tag Kurzarbeit.“ Eine<br />
starke Aussage, Respekt. Dann kam der von<br />
Russland ausgelöste Krieg in der Ukraine.<br />
„Wir haben rechtzeitig vorgesorgt, aktuell<br />
ein riesengroßes Warenlager. Wir können<br />
alle Aufträge bedienen, haben keine Angst,<br />
dass ein bestimmtes Material fehlt.“ Von<br />
anderen Unternehmen hört man da ganz<br />
andere Töne.<br />
Privat versteht es der Künstler und Unternehmer<br />
sein Leben zu genießen. Neben dem<br />
Biken frönt er dem Golfsport, jährlich ist er<br />
mit seiner Segelrunde in Kroatien, Griechenland<br />
oder in Sardinien unterwegs. Mit seiner<br />
Frau, die im Büro mitarbeitet, hat er zwei<br />
Kinder, der 15-jährige Sohn wird heuer das<br />
erste Mal in den Betrieb hineinschnuppern,<br />
diesen vielleicht auch übernehmen.<br />
Eigentlich ein schöner, weicher, gut klingender<br />
Schluss für diesen Artikel, doch Mühlegger<br />
will noch etwas anfügen. Bermuda sagt er.<br />
Bermuda, wiederhole ich fragend? „Ja, Bermuda,<br />
die Bermuda Inseln, das Bermuda<br />
Dreieck. Das kennst du doch. Dort habe ich<br />
für den America´s Cup die Kids Area Zone<br />
geplant und errichtet.“ Kurze Pause. „Das ist<br />
eine große Spielanlage, eine tolle Inszenierung,<br />
die nun von allen benutzt werden kann. Und<br />
wir haben alles von Hopfgarten aus gemacht.“<br />
Der Mann scheint wohl über die Kunst, Menschen<br />
zu begeistern, zu verfügen.
30 tirol.modern und innovativ<br />
tirol.modern und innovativ<br />
31<br />
Die Zeitung für Ihre Gemeinde<br />
Nein, Sie müssen trotz digitalem Wandel nicht ihre etablierte Gemeindezeitung<br />
durch einen Social-Media-Auftritt ersetzen. Eine moderne Gemeindezeitung kann<br />
auch heutzutage maßgeblich zur gelungenen Kommunikation mit Ihren Bürger*innen<br />
beitragen – es braucht vielleicht nur eine Verjüngungskur und eine übergeordnete<br />
Strategie.<br />
ZUR AUTORIN<br />
NATHALIE KIRCHLER<br />
Nathalie Kirchler verstärkt seit<br />
<strong>2022</strong> das Kommunikationsteam<br />
der GemNova als Grafikerin und<br />
Fotografin.<br />
Die Kommunikation in Gemeinden ist<br />
einem starken Wandel ausgesetzt. War<br />
es früher das Flugblatt und später die<br />
Gemeindezeitung, so blicken wir heute<br />
auf eine Welt der multimodalen Kommunikation.<br />
Schlagworte wie Social<br />
Media, Bewegtbild, bidirektionale Kommunikation<br />
usw. sind im Wirtschaftsleben<br />
längst an der Ta gesordnung.<br />
Immer mehr Gemeinden erkennen<br />
auch, dass es zusehends wichtiger<br />
wird, eine gute Kommunikation<br />
aufzubauen. Bürger*innen wollen<br />
informiert und aufgeklärt werden,<br />
sie wollen involviert werden und<br />
bei Projekten ein gewisses Mitspracherecht<br />
haben.<br />
Bürger*innen ansprechen<br />
Bürger*innen sind auf unterschiedlichsten<br />
analogen und di gitalen<br />
Kanälen unterwegs – abhängig<br />
von persönlichen Vorlieben beim Medienkonsum.<br />
Aus diesem Grund müssen<br />
Gemeinden viele Kanäle bedienen um<br />
ihre Bürger*innen dort anzutreffen, wo<br />
sie sich am liebsten bewegen. Sei es<br />
Facebook, Youtube, E-Mail oder nach<br />
wie vor mit dem „Gemeindeblattl“. Oft<br />
macht es der Mix und die Strategie aus,<br />
ob Kommunikation erfolgreich ist oder<br />
nicht und ob sie schlussendlich bei den<br />
Bürger*innen ankommt. Die Gemeindezeitung<br />
spielt dabei durchaus noch<br />
immer eine zentrale Rolle, die Inhalte<br />
können und sollten jedoch zusätzlich<br />
auch über andere Kanäle ausgespielt<br />
werden.<br />
Dem optischen Erscheinungsbild der<br />
Gemeindezeitung kommt eine entscheidende<br />
Rolle zu. Eine moderne Aufmachung,<br />
hochwertige Bilder, kurze Texte<br />
und Infografiken machen das Blatt<br />
interessant und lesbar. Damit bekommt<br />
es jene Aufmerksamkeit, welche sich<br />
die Gemeinde erwartet.<br />
Sie sind nicht allein<br />
Auf der folgenden Seite beschreiben<br />
wir den Entstehungsprozess einer neuen<br />
Gemeindezeitung. Die Bedürfnisse<br />
jeder Gemeinde sind individuell. Aus<br />
diesem Grund, und um die Flexibilität<br />
für Sie zu erhöhen, können wir Sie bei<br />
einzelnen Schritten unterstützen und<br />
Sie damit gezielt bei jenen Aufgaben<br />
begleiten, für die Sie keine Ressourcen<br />
oder Zeit haben.<br />
Moderne<br />
Bürger*innenkommunikation<br />
Bei der GemNova beschäftigen<br />
wir uns intensiv mit dem<br />
Thema „Mo derne Bürger*innenkommunikation“.<br />
Von der<br />
Gemeindezeitung über die<br />
Gesamtkommunikation bis hin<br />
zu GemeindeTV-Lösungen und<br />
Bürger*innen-Karten. Damit können<br />
wir eine Rund-um-Beratung sicherstellen,<br />
welche zum gewünschten<br />
Erfolg führt.<br />
Schreiben Sie uns oder rufen<br />
Sie uns an – am besten Ihre<br />
zuständige Gemeindebetreuerin<br />
bzw. Ihren zuständigen<br />
Gemeindebetreuer.<br />
Sind mehrere<br />
Personen<br />
an der<br />
Entstehung<br />
der Zeitung<br />
beteiligt?<br />
Ja<br />
Nein<br />
Redaktionssitzung!<br />
Im Team<br />
legen Sie die<br />
Themen der<br />
kommenden<br />
Ausgabe fest.<br />
Ja<br />
Lektorat!<br />
Für fehlerfreie<br />
Texte.<br />
Ja<br />
Nein<br />
Kein Problem!<br />
Die GemNova<br />
kann Sie gerne<br />
unterstützen.<br />
Die Inhalte<br />
sind fertig!<br />
Sollen wir<br />
nochmal ein<br />
Auge darauf<br />
werfen?<br />
Kann die Gemeinde<br />
alle<br />
Inhalte selbst<br />
liefern?<br />
START<br />
Nein<br />
Soll es ein<br />
komplett<br />
neues Design<br />
geben?<br />
Ja<br />
Grundlayout!<br />
Wir erstellen<br />
Ihnen eine<br />
komplette<br />
Zeitung nach<br />
Ihren Vorgaben.<br />
Logistik!<br />
Wir kümmern uns um<br />
den Versand an alle<br />
Haushalte.<br />
Die neue<br />
Gemeindezeitung<br />
Von der Idee bis<br />
zum Endprodukt<br />
Nein<br />
Nein<br />
Feedback!<br />
Sie erhalten<br />
ein ausführliches<br />
Feedback,<br />
Tipps &<br />
Tricks, wie Sie<br />
Ihre Zeitung<br />
verbessern<br />
können.<br />
ENDE<br />
Kann sich die<br />
Gemeinde um<br />
die Zustellung<br />
kümmern?<br />
Druckabwicklung!<br />
Wir wickeln alles<br />
Technische ab.<br />
Nein<br />
Ja<br />
Will die Gemeinde<br />
den Druck selbst<br />
abwickeln?<br />
Setzen!<br />
Wir setzen<br />
Ihre Texte<br />
und stellen<br />
Sie schön<br />
dar.<br />
Ja Nein<br />
Ja<br />
Kann die<br />
Gemeinde<br />
die Zeitung<br />
setzen?
32 tirol.hat Recht<br />
tirol.hat Recht<br />
33<br />
Grüne Wettbewerbsbeschränkungen:<br />
Klimawandel im Kartellrecht<br />
Klimawandel und Umweltzerstörung<br />
sind existenzielle Bedrohungen<br />
für Europa und die Welt.<br />
Die EU hat sich das Ziel gesetzt,<br />
bis 2050 Klimaneutralität zu<br />
erreichen und mit dem europäischen<br />
„Green Deal“ den Übergang<br />
zu einer modernen, ressourceneffizienten<br />
und wettbewerbsfähigen<br />
Wirtschaft zu schaffen. Dafür<br />
hat die EU-Kommission konkrete<br />
Vorschläge für eine neue Klima-,<br />
Energie-, Verkehrs- und Steuerpolitik<br />
vorgelegt, die in Österreich<br />
zur ausdrücklichen Zulässigkeit<br />
von grünen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
geführt hat. Der<br />
Artikel skizziert Anwendungsfälle<br />
und die Umsetzung der neuen<br />
„Klima-Compliance“.<br />
Ziel des Kartellrechts<br />
Das Kartellrecht hat den Zweck, den<br />
freien, redlichen, unverfälschten, wirksamen<br />
Wett bewerb zu schützen sowie<br />
eine effiziente und an den Verbraucher*innen<br />
orientierte Marktversorgung zu<br />
gewährleisten. Absprachen von Unternehmen,<br />
um den Wettbewerb auf einem<br />
Markt einzuschränken oder auszuschalten,<br />
bezeichnet man als Kartell.<br />
Sogenannte „Hardcore-Kartelle“ sind<br />
z. B. Preis-, Quoten-, Produktions-, Kundenoder<br />
Gebietskartelle.<br />
Wettbewerbsbeschränkungen<br />
Nicht alle Vereinbarungen sind verboten.<br />
Insbesondere Kooperationen, die es<br />
Unternehmen erst gemeinsam ermöglichen,<br />
einen Markt zu bedienen, den sie<br />
allein so hätten nicht betreten können, sind<br />
oft zulässig. Wettbewerbsbeschränkungen<br />
fallen dann unter das Kartellverbot, wenn<br />
sie spürbare negative Auswirkungen auf<br />
Preise, Produktionsmenge, Produktqualität,<br />
Produktvielfalt und Innovation haben.<br />
Eine Vereinbarung, die gegen das Kartellrechtsverbot<br />
verstößt, ist nichtig. Darüber<br />
hinaus drohen bei Verstößen erhebliche<br />
Geldstrafen für Unternehmen.<br />
Was sind grüne Wettbewerbsbeschränkungen?<br />
Mit der Novelle im Kartellrecht werden<br />
Absprachen von Unternehmen zum Zweck<br />
einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen<br />
Wirtschaft für zulässig erachtet,<br />
wobei auch die bisherigen Voraussetzungen<br />
erfüllt sein müssen.<br />
Die neue Regelung zielt auf die angemessene<br />
Beteiligung der Verbraucher*innen<br />
ab, die dann als erfüllt anzusehen ist,<br />
wenn der aus der wettbewerbsbeschränkenden<br />
Absprache erzielte Effizienzgewinn<br />
wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen<br />
oder klimaneutralen Wirtschaft<br />
(für die Allgemeinheit) beiträgt, auch wenn<br />
dies unter Umständen erst zeitlich versetzt<br />
– nämlich sogar erst für künftige<br />
Generationen – der Fall sein mag.<br />
Insbesondere sollen grüne Wettbewerbsbeschränkungen<br />
dem Klimaschutz,<br />
der nachhaltigen Nutzung und dem<br />
Schutz von Wasserressourcen, dem Übergang<br />
zu einer Kreislaufwirtschaft sowie<br />
dem Schutz und der Wiederherstellung<br />
der Biodiversität und der Ökosysteme dienen.<br />
Bloße Preis- oder Gebietsabsprachen<br />
– auch wenn diese eine positive Nachhaltigkeitsmaßnahme<br />
durch Produktionsverminderung<br />
darstellen – sind weiter unzulässig.<br />
Welche Anwendungsfälle<br />
gibt es?<br />
Anwendungsfälle von nachhaltigkeitsbezogenen<br />
Innovationen oder Maßnahmen<br />
sind beispielsweise die Verwendung von<br />
Abgas- oder Abwasserfiltern bei der Produktion,<br />
der gemeinsame Vertrieb zur<br />
Reduzierung von Transportkosten, die Produktion<br />
von CO2-freundlicheren Autos, die<br />
Nutzung erneuerbarer Energien, die Emissionsminderung<br />
bei Treibhausgasen, die<br />
Förderung von Reparatur- und Recyclingfähigkeit<br />
von Produkten, die verstärkte<br />
Nutzung von Sekundärrohstoffen oder die<br />
nachhaltige Waldbewirtschaftung.<br />
Auch ein geringerer Strom- und Wasserverbrauch,<br />
die Verwendung von ökologisch<br />
nachhaltigerem Treibstoff oder<br />
kompaktere, weniger Müll erzeugende<br />
Verpackungen sind mögliche Anwendungsbereiche<br />
für grüne Absprachen.<br />
Umsetzung der<br />
Klima-Compliance<br />
Da Unternehmen auch bei einer grünen<br />
Wettbewerbsbeschränkung weiterhin<br />
selbst beurteilen müssen (Selbstveranlagung),<br />
ob sie sich auf diese Ausnahme<br />
vom Kartellverbot berufen können, tragen<br />
sie das Subsumtionsrisiko. Daher<br />
sind Unternehmen angehalten, das<br />
Überwiegen der objektiven Vorteile über<br />
die Nachteile durch die grüne Wettbewerbsbeschränkung<br />
mit einem „Klima-Check“<br />
zu prüfen, festzuhalten und zu<br />
dokumentieren (insbesondere, weil dazu<br />
noch keine Leitlinien der Bundeswettbewerbsbehörde<br />
erlassen wurden).“<br />
In diesem Rahmen kommen Modelle<br />
zur Berechnung von Umweltkosten bzw.<br />
Lebenszykluskosten zur Anwendung,<br />
die üblicherweise nach konkreten Kostensätzen<br />
pro Tonne CO2-Äquivalent<br />
ermittelt werden können. Da (noch) nicht<br />
jeder Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit<br />
in exakten Zahlen dargestellt werden<br />
kann, erscheint grundsätzlich eine völlig<br />
exakte Berechnung nicht notwendig, um<br />
eine entsprechende Abwägung vornehmen<br />
zu können.<br />
Anpassungsdruck auf<br />
Unternehmen<br />
Der Druck zur Anpassung von Unternehmen<br />
wird aufgrund strengerer<br />
Umweltschutzvorschriften steigen,<br />
sodass sie ihr Handeln stärker an Klimaschutzzielen<br />
ausrichten und konkrete<br />
Maßnahmen zur Reduzierung ihres<br />
CO2-Ausstoßes setzen werden müssen.<br />
Mit dem Europäischen Klimaschutzgesetz,<br />
der Taxonomie-Verordnung für<br />
Sustainable Finance, der Verordnung für<br />
nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten<br />
im Finanzdienstleistungssektor,<br />
der Planung von Green Bonds, der De karbonisierung<br />
des Energiesektors, mit dem<br />
Lieferkettengesetz oder den strengeren<br />
CO2-Emissionsnormen für PKWs hat die<br />
EU erste Schritte gesetzt. Aber auch in<br />
der Rechtsprechung des EuGH und des<br />
deutschen Bundesverfassungsgerichts<br />
sind erste Entscheidungen ergangen,<br />
nach denen die Klimaziele verbindlich<br />
einzuhalten sind.<br />
Daher werden Unternehmen im Hinblick<br />
auf die Einhaltung der Klimaziele und vor<br />
allem zur Erreichung einer nachhaltigen<br />
und klimaneutralen Wirtschaft beitragen<br />
müssen, sodass „Klima-Compliance“<br />
für Unternehmen zunehmend wert- und<br />
handlungsbestimmend sein wird.<br />
ZUM AUTOR<br />
RA MAG.<br />
SEVERIN PLATTNER<br />
Severin Plattner ist Rechtsanwalt<br />
bei Heid & Partner Rechtsanwälte<br />
und Experte für Corporate,<br />
Immobilienprojekte<br />
und Baurecht.
34 tirol.hat Recht<br />
ZUM AUTOR<br />
DR. WOLFGANG RAUTH<br />
Wolfgang Rauth ist Leiter des Objekt &<br />
Facility Managements der Bundesimmobiliengesellschaft<br />
in Tirol.<br />
In der Ausgabe 6 dieses Magazins haben unsere<br />
Expert*innen in der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.<br />
(BIG) über die Zustandserfassung mit Hilfe der Software<br />
AiBATROS® berichtet. In diesem Beitrag geht es um die<br />
Umsetzung der daraus abgeleiteten Instandhaltungsmaßnahmen.<br />
Nachdem die im Rahmen der Zustandserfassung<br />
gesammelten Daten in<br />
AiBATROS® eingespielt wurden, ermittelt<br />
das Programm unter Berücksichtigung<br />
von hinterlegten Kennwerten, die<br />
aus bereits abgerechneten Instandhaltungsmaßnahmen<br />
stammen, sogenannte<br />
Standardmaßnahmenpakete.<br />
Diese umfassen die wesentlichen Bauteile<br />
“Fassade und Tragwerk” sowie<br />
“Dach” und die großen Gewerke der<br />
technischen Gebäudeausstattung TGA<br />
- Elektro, HKLS und Aufzug. Je aufwändiger<br />
die Umsetzung des Standardmaßnahmenpaketes<br />
ist, desto größer<br />
ist die Eingriffstiefe und umso mehr<br />
Budget muss vorgesehen werden.<br />
Über eine Schnittstelle werden je nach<br />
Strategie – Not-Instandhaltung, Werterhalt<br />
oder Modernisierung – die ermittelten<br />
Maßnahmenpakete in die von der BIG<br />
eingesetzte Software pitFM® eingespielt.<br />
Die einzelnen Instandhaltungsmaßnahmen<br />
können nun in Jahresbauraten zerlegt<br />
und so an die finanziellen Möglichkeiten<br />
der Gemeinde angepasst werden.<br />
Wenn also zum Beispiel die Fassade<br />
ei ner Volksschule saniert werden muss,<br />
die gesamte Sanierungsmaßnahme aber<br />
die freien Budgetmittel der Gemeinde<br />
sprengen würde, kann das Paket in mehrere<br />
Jahresbauraten aufgeteilt werden.<br />
Im ersten Jahr kann Geld für die Planung<br />
reserviert und in den darauffolgenden<br />
Jahren können die Seiten des Gebäudes<br />
saniert werden. Naturgemäß können<br />
durch diese Mehrjährigkeit Zusatzkosten<br />
entstehen – wie am Fassaden-Beispiel<br />
speziell für das Gerüst – aber wenn es die<br />
budgetäre Situation nicht anders zulässt,<br />
ist das die beste Option.<br />
Alles auf einen Blick<br />
Zum Leistungsspektrum der Kooperation<br />
von BIG und GemNova gehört neben<br />
der gesamtheitlichen Koordination der<br />
Planung solcher Maßnahmenpakete auch<br />
deren Umsetzung. Im Rahmen der technisch<br />
geschäftlichen Oberleitung (TGO)<br />
wird der gesamte Prozess der Planung<br />
und Abwicklung von Baumaßnahmen auf<br />
Basis der wirtschaftlichen Grundlagen<br />
gezielt gesteuert und begleitet. Darunter<br />
fallen unter anderem Leistungen wie<br />
• Beratung und Vertretung des Auftraggebers,<br />
• gesamtheitliche Durchführung von Ausschreibungen<br />
samt Ausarbeitung der<br />
Verträge,<br />
• intensive Zusammenarbeit mit der<br />
örtlichen Bauaufsicht zur Koordination<br />
der Leistungen der Professionist*innen<br />
und Sonderfachleute,<br />
• Prüfung und Freigabe der einlangenden<br />
Rechnungen und<br />
• Schlussabnahme des Bauwerks unmittelbar<br />
nach dessen Fertigstellung.<br />
Alles aus<br />
einer Hand<br />
Für viele Tiroler Gemeinden ist<br />
ein fachgerechtes und gesetzeskonformes<br />
Gebäudemanagement<br />
aufgrund der ohnehin<br />
schon vielfältigen Aufgaben herausfordernd.<br />
Aus diesem Grund<br />
bieten die Bundesimmobiliengesellschaft<br />
und die GemNova Facility<br />
Management Service und Wartung<br />
für Gemeindeimmobilien an.<br />
Bei Interesse steht Ihnen<br />
Mag. Nikolaus Kraak<br />
(n.kraak@gemnova.at) für<br />
Anfragen zur Verfügung.<br />
Sämtliche Aufträge und Rechnungen<br />
der Maßnahmenumsetzung werden<br />
struktu riert digital dokumentiert so wie<br />
die Aus schreibung und Vergabe der<br />
Planungs- und Bauleistungen gemäß<br />
Bundesvergabegesetz (BVergG) ab gewickelt.<br />
Die verlässliche Einhaltung der<br />
wirtschaftlichen, zeitlichen und qualitativen<br />
Vorgaben des Auftraggebers sind<br />
dabei besonders wichtig.<br />
Kontakt: wolfgang.rauth@big.at<br />
Daten zu bekannten<br />
Instandhaltungskosten<br />
Daten aus der<br />
Zustandserfassung<br />
Software<br />
AiBATROS ®<br />
€<br />
Maßnahmen- &<br />
Kostenplanung<br />
Der Mehrwert für die Tiroler Gemeinden<br />
liegt für Nikolaus Kraak, Prokurist bei der<br />
GemNova, auf der Hand: “Gemeinsam mit<br />
den Expertinnen und Experten der BIG können<br />
wir die kommunalen Baumaßnahmen<br />
nicht nur fachlich fun diert und qualitativ<br />
hochwertig begleiten, sondern auch schon<br />
im Vorfeld durch eine Zustandserfassung<br />
und Maßnahmenplanung maßgeschneiderte<br />
Umsetzungsvorschläge erarbeiten.<br />
Dabei können auch die Auswirkungen auf<br />
den laufenden Betrieb der Gemeindeimmobilien<br />
mit einbezogen werden.”
36 tirol.politik<br />
tirol.politik<br />
37<br />
DIE DIGITALE GEMEINDE<br />
VERWALTUNG ZUKUNFTSFIT<br />
GESTALTEN<br />
HEUTE KÖNNEN WIR MIT<br />
DIGITALEN TECHNOLOGIEN<br />
UNSER GESAMTES LEBEN<br />
ORGANISIEREN UND VEREINFACHEN.<br />
© Land Tirol / Cammerlander<br />
Die digitale Gemeinde<br />
Von der Müllentsorgung bis zum Meldewesen<br />
– die Aufgaben der Tiroler<br />
Gemeinden sind vielfältig. Für eine<br />
den Bürger*innen nahe, zukunftsfitte<br />
und effiziente Verwaltung setzen die<br />
Gemeinden in Zusammenarbeit mit<br />
dem Land Tirol auf die Digitalisierung.<br />
Diese bietet Vorteile, sowohl für die<br />
Gemeinden als auch für die Bürger*innen.<br />
Die Digitalisierung schreitet voran: Unzählige<br />
Bereiche unseres Alltags werden von<br />
Computer, Smartphone und Co. erleichtert.<br />
Die Corona-Pandemie hat diese<br />
Entwicklung nochmals beschleunigt; in<br />
Zukunft werden immer mehr Aufgaben<br />
vom analogen in den digitalen Bereich<br />
wandern – auch in der Verwaltung.<br />
Das Land Tirol nimmt bereits jetzt eine<br />
Vorreiterrolle in der Digitalisierung ein.<br />
Mit dem elektronischen Flächenwidmungsplan<br />
Tirol etwa sind wir bis heute<br />
das einzige Bundesland, das Widmungen<br />
vollständig digital und gleichzeitig rechtskräftig<br />
durchführt. Auch das geografische<br />
Informationssystem des Landes Tirol,<br />
TIRIS, sucht in Österreich seinesgleichen.<br />
Die Digitalisierung hat auch in den Tiroler<br />
Gemeindeämtern längst Einzug gehalten.<br />
Mittlerweile werden nahezu alle Arbeitsschritte<br />
– vom elektronischen Akt bis hin<br />
zum digitalen Wasserkataster – digital<br />
erledigt. Auch das Bürger*innenservice<br />
ist weitestgehend digitalisiert.<br />
Jede Tiroler Gemeinde verfügt über eine<br />
eigene Website, auf der wichtige Informationen<br />
zu finden sind; auch Behördengänge<br />
können größtenteils digital abgewickelt<br />
werden. Voraussetzung dafür ist<br />
eine flächendeckende und leistungsfähige<br />
Breitbandinfrastruktur. Viele Tiroler<br />
Gemeinden haben bereits ein voll ausgebautes<br />
Breitbandnetz. Mit Förderungen<br />
in Millionenhöhe unterstützt das Land die<br />
Kommunen beim weiteren Ausbau.<br />
Seien es Fragen der Datensicherheit oder<br />
auch die Angst mit den Veränderungen<br />
nicht mehr Schritt halten zu können, vielen<br />
Menschen bereitet die Digitalisierung<br />
zeitweise Sorgen. Gleichzeitig bietet sie<br />
jedoch enormes Potenzial, sowohl für die<br />
Gemeinden als auch für die Bürger*innen.<br />
So reduzieren standardisierte und digitalisierte<br />
Prozesse etwa den administrativen<br />
Aufwand und sparen Personalressourcen.<br />
Das entlastet die Gemeindestube,<br />
die damit wieder mehr Zeit hat, sich um<br />
wichtige Projekte für die Menschen im Ort<br />
zu kümmern. Gleichzeitig können die Bürger*innen<br />
zahlreiche Aufgaben, die früher<br />
noch den Gang zum Gemeindeamt erfordert<br />
haben, bequem und zeitsparend von<br />
zu Hause aus erledigen. E-Government<br />
ist darüber hinaus effizient und nachhaltig,<br />
weil Zeit, Wege und Papier eingespart<br />
werden können.<br />
Der Status Quo in Sachen Digitalisierung<br />
ist in Tirol vorbildhaft. Auf den Lorbeeren<br />
ausruhen werden wir uns dennoch<br />
nicht: Neben dem Ausbau der digitalen<br />
Infrastruktur sollen künftig weitere „digitale<br />
Workflows“ implementiert werden.<br />
Ein Themenbereich, an dessen schrittweiser<br />
Umsetzung wir aktuell auf Hochdruck<br />
arbeiten, ist die digitale Baueinreichung.<br />
Damit werden fast alle Bereiche<br />
einer zukunftsfitten „digitalen Gemeinde“<br />
abgedeckt sein.<br />
Ihr LR Mag. Johannes Tratter<br />
© <strong>Juli</strong>a Moll<br />
Vom Fax zum<br />
Masterplan Digitalisierung<br />
Digitalisierung ist längst kein Schlagwort<br />
mehr, im Gegenteil, digitale Transformationsprozesse<br />
begleiten unser<br />
Leben wie selbstverständlich. Ich kann<br />
mich noch gut an die Einführung von<br />
Faxgeräten erinnern. Texte konnten mit<br />
diesem neuen Gerät in – für damalige<br />
Verhältnisse – enormer Geschwindigkeit<br />
verschickt werden. Was für eine<br />
Sensation! Heute können wir mit digitalen<br />
Technologien unser gesamtes<br />
Leben organisieren und vereinfachen –<br />
zum Einkaufen, Puls messen, Jalousien<br />
herunterfahren oder Kontostand checken<br />
müssen wir nicht mal mehr von der<br />
Couch aufstehen. Die Pandemie hat das<br />
Tempo des digitalen Fortschritts nochmal<br />
ordentlich angekurbelt. Entwicklungen,<br />
die man erst in zehn Jahren erwartet<br />
hätte, sind jetzt schon eingetreten.<br />
Für die Gemeinden ist es keine leichte<br />
Aufgabe, die Bürger*innen bei diesen<br />
digitalen Transformationsprozessen<br />
bestmöglich zu unterstützen und ihren<br />
Anforderungen an einen zeitgemäßen<br />
Service gerecht zu werden.<br />
In Tirol wurde in den letzten Jahren<br />
gezielt der Ausbau des Glasfasernetzes<br />
forciert. Nicht nur urbane Räume wurden<br />
erschlossen, auch periphere Gebiete<br />
haben mittlerweile eine gute digitale<br />
Infrastruktur. Fast alle Gemeinden haben<br />
eigene Websites, wo sie über die digitale<br />
Amtstafel Bürger*innen über neueste<br />
Projekte und Entwicklungen in der<br />
Gemeinde informieren. Viele wichtige<br />
Schritte in Richtung „digitale Gemeinde“<br />
wurden bereits gesetzt. Wichtig ist es,<br />
jetzt nicht stehen zu bleiben, mit der Zeit<br />
zu gehen und die Chancen und Poten ziale<br />
neuer Technologien zu erkennen und zu<br />
nutzen.<br />
Der Dschungel an übergeordneten Rahmenbedingungen,<br />
Grundsätzen und Initiativen<br />
von EU, Bund und Land oder die<br />
Masse an Anbietern von digitalen Produkten<br />
macht es natürlich nicht einfach,<br />
zu entscheiden, welche Technologien in<br />
welcher Weise eingesetzt werden können,<br />
um einen klaren und langfristigen Nutzen<br />
– wie Vereinfachung von (Verwaltungs-)<br />
Prozessen, Kostensenkung, smarter Bürger*innenservice<br />
– aus der Digitalisierung<br />
zu ziehen.<br />
Der vom Tiroler Gemeindeverband eingereichte<br />
und vom Land Tirol im Zuge eines<br />
digitalen Leuchtturmprojektes geförderte<br />
Masterplan zur Digitalisierung von Tirols<br />
Gemeinden bietet hier Unterstützung.<br />
Darin werden die für die digitale Transformation<br />
nötigen Strukturen und Prozesse<br />
aufgezeigt, Maßnahmen definiert und<br />
auch konkrete Handlungsempfehlungen<br />
für Gemeinden gegeben. Der Masterplan<br />
wird demnächst präsentiert. Seien Sie<br />
gespannt!<br />
Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf
38 tirol.politik<br />
tirol.politik<br />
39<br />
Bürgermeisterin Victoria Weber,<br />
Schwaz<br />
„Natürlich war ich am Anfang vom Wahlergebnis<br />
überrascht, sehr überrascht<br />
sogar. Gleichzeitig habe ich mich geehrt<br />
gefühlt, ich war und bin demütig.“ Dass<br />
die 30-jährige Victoria Weber mit ihrer<br />
offenen Liste den langjährigen Schwazer<br />
Bürgermeister Hans Lintner mit über<br />
1.100 Stimmen Vorsprung ganz klar aus<br />
dem Amt bugstierte, war schon bemerkenswert.<br />
Mit ihr zog auch ein neuer Stil<br />
in die Gemeindepolitik ein. Das Gemeinsame<br />
wurde in den Vordergrund gestellt,<br />
das direkte Gespräch mit den Leuten<br />
ganz bewusst gesucht. „Da zeigt sich<br />
eben auch der Altersunterschied von<br />
vierzig Jahren. Ich gehe an viele Themen<br />
einfach unbedarfter heran, hole ganz<br />
bewusst die Meinung von Andersdenkenden<br />
ein.“<br />
Wobei, ganz so neu ist Victoria Weber<br />
auch nicht. Seit 15 Jahren schon ist sie<br />
politisch aktiv, seit elf Jahren im Gemeinderat,<br />
die beiden letzten Jahre war sie<br />
Die ersten hundert Tage<br />
Wer wählt, entscheidet mit. Bei den Gemeinderatswahlen in Tirol kam es auch deshalb zu teils<br />
sehr überraschenden Ergebnissen. Langjährige Bürgermeister wurden abgewählt, an ihre Stelle<br />
traten junge Gesichter. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen. Mit Victoria Weber in Schwaz,<br />
Florian Riedl in Steinach am Brenner sowie mit Franz Schneider in Sillian.<br />
© Florian Lechner<br />
Vizebürgermeisterin und nun ist sie<br />
die erste Bürgermeisterin der rund<br />
14.000-Einwohner*innen-Stadt Schwaz.<br />
Eine ihrer ersten Handlungen: Um sich<br />
der neuen Aufgabe voll widmen zu können,<br />
kündigte sie ihren Job bei einer Unternehmensberatung<br />
in Innsbruck.<br />
„Ich möchte meine ganze Kraft, meine<br />
ganze Zeit, mich zu hundert Prozent für<br />
Schwaz einsetzen.“<br />
Wobei die ersten Wochen als Bürgermeisterin<br />
doch einige Aha-Erlebnisse<br />
für Weber bereithielten. „Am Anfang war<br />
ich sicher übereifrig, wollte alles sofort<br />
erledigen. Ich hatte da 14-Stunden-Tage<br />
mit ganz wenigen Pausen.“ Aha-Erlebnis<br />
Nummer zwei: „Ich habe nicht in diesem<br />
Ausmaß gedacht, dass ich in den Augen<br />
der Bevölkerung für alles zuständig bin. Es<br />
kommen so viele verschiedene Anfragen<br />
auf mich zu; angefangen von den Tauben,<br />
die den Balkon belagern, über den Schatten<br />
werfenden Baum vor der Haustüre<br />
bis hin zum Drogenproblem des Nachbarn.“<br />
Weber hat ihre ersten Lektionen<br />
sehr schnell gelernt; mittlerweile weiß sie,<br />
dass bestimmte Prozesse einfach mehr<br />
Zeit brauchen. Und die lässt sie sich auch.<br />
Was sie ebenfalls ganz bewusst hervorhebt<br />
– das gute Verhältnis zu ihrem<br />
Vorgänger. „Hans Lintner ist eines meiner<br />
politischen Vorbilder. Von der Rhetorik,<br />
von der Verhandlungsführung, vom Auftreten<br />
her. Gleichzeitig ist er am Boden<br />
geblieben und hat erst in letzter Zeit an<br />
Zustimmung verloren.“<br />
Bürgermeister Florian Riedl,<br />
Steinach am Brenner<br />
Florian Riedl ist zwar erst 44 Jahre jung,<br />
politisch gesehen aber ein alter Hase. Seit<br />
sieben Jahren schon sitzt er als Abgeordneter<br />
im Tiroler Landtag, seit vier Jahren<br />
ist er zudem Obfrau-Stellvertreter des<br />
ÖAAB Tirols, seit rund hundert Tagen<br />
nun auch noch neuer Bürgermeister der<br />
3.600-Seelen-zählenden-Gemeinde Steinach<br />
am Brenner. Und er ist, zumindest<br />
zeigen dies die Wahlergebnisse, deutlich<br />
beliebter als seine Partei. Während seine<br />
Liste bei der Gemeinderatswahl zwei<br />
Mandate verlor und gerade noch die<br />
absolute Mehrheit behielt, errang er bei<br />
der Bürgermeister-Direktwahl gleich im<br />
ersten Wahlgang über sechzig Prozent.<br />
Gemeindepolitik war Riedl bisher allerdings<br />
ziemlich fremd. „Die vergangene<br />
Periode war ich zwar Ersatzgemeinderat,<br />
allerdings nur bei drei Sitzungen anwesend,<br />
sonst immer verhindert.“ Nachdem<br />
der amtierende Bürgermeister Josef<br />
Hautz aus gesundheitlichen Gründen nicht<br />
© Harald Berger<br />
mehr antrat, der damalige Vizebürgermeister<br />
zuerst ja, dann doch nein zu einer<br />
Kandidatur sagte, sprang Riedl sozusagen<br />
ins kalte Wasser. Er stellte für die Liste<br />
ein völlig neues Team zusammen, in dem<br />
kein einziger der bisherigen Mandatare<br />
aufschien. Klarer und deutlicher kann ein<br />
Bruch mit der Vergangenheit wohl nicht<br />
sein.<br />
Unmittelbar nach seiner Wahl zum<br />
Bürgermeister gab der studierte Geo loge<br />
auch seinen Job bei der Wildbach- und<br />
Lawinenverbauung in Innsbruck auf, ließ<br />
sich außer Dienst stellen – unter Entfall<br />
der Bezüge und mit Rückkehrrecht.<br />
„Ich bin jetzt zu hundert Prozent Politiker,<br />
im Landtag und in der Gemeinde.<br />
Das füllt mich völlig aus.“<br />
Und ja, natürlich ist er etwas blauäugig<br />
in seine neue Funktion gestartet. „Ich<br />
dachte, ich kann gleich am ersten Tag<br />
damit beginnen, unsere Ideen für Steinach<br />
umzusetzen. Aber ich bin dann<br />
ziemlich schnell draufgekommen, dass<br />
wir zuerst die Altlasten der vergangenen<br />
Periode aufarbeiten und neue Strukturen<br />
aufbauen müssen. Das war schon eine<br />
enorme Herausforderung.“<br />
Dass er nun als Bürgermeister greifbarer,<br />
damit auch angreifbarer ist, zeigt er<br />
mit einem kleinen Beispiel auf. „Wenn ich<br />
meinen Sohn im Kindergarten abholte,<br />
brauchte ich dafür früher fünf Minuten.<br />
Jetzt dauert es meist eine halbe Stunde<br />
und mehr. Die Leute haben mir einfach<br />
so viel zu sagen.“<br />
Übrigens: Steinach am Brenner ist jene<br />
Gemeinde, in der heuer Tirols ältester<br />
Bürgermeisterkandidat antrat. Walfried<br />
Reimeir, heute 96 Jahre alt, war bereits<br />
zwischen 1959 und 1986 Bürgermeister<br />
und wollte es eben nochmals wissen. Auf<br />
ihn entfielen diesmal knapp vier Prozent<br />
der Stimmen.<br />
Bürgermeister Franz Schneider,<br />
Sillian in Osttirol<br />
Eigentlich hat Franz Schneider über einen<br />
Mangel an Arbeit nicht zu klagen. Er ist<br />
Landwirt mit etwas über dreißig Stück<br />
Vieh, unterhält eine kleine Skischule, seine<br />
Frau vermietet einige Zimmer am Bauernhof.<br />
Zwölf Jahre lang war er Gemeinderat<br />
im 2.000-Menschen-zählenden-Sillian,<br />
zudem sitzt er nun wieder im Aufsichtsrat<br />
des Tourismusverbandes Osttirol.<br />
„Dass ich als Bürgermeister kandidiere,<br />
hat sich einfach herauskristallisiert. Es ist<br />
ja nicht einfach, gegen einen amtierenden<br />
Bürgermeister anzutreten. Zu Weihnachten<br />
letzten Jahres hab ich dann endgültig<br />
ja gesagt.“<br />
Schneider tritt also gegen seinen nunmehrigen<br />
Vorgänger Hermann Mitteregger<br />
an und gewinnt mit gerade mal 24<br />
Stimmen Vorsprung – bei einer Wahlbeteiligung<br />
von beinahe achtzig Prozent.<br />
„Für mich war das schon überraschend.<br />
Genauso überraschend übrigens, wie vor<br />
sechs Jahren Mitteregger gewonnen hat.“<br />
Dazu muss man wissen, dass Schneider‘s<br />
Liste mit Ausnahme der vergangenen<br />
sechs Jahre immer die Mehrheit im<br />
Gemeinderat hatte und folglich auch den<br />
Bürgermeister stellte.<br />
„Parteipolitik ist für mich aber nicht so<br />
wichtig, ich bin auch nicht der typische<br />
Politiker.“<br />
© Armin Bodner<br />
Nach den ersten Wochen im neuen Amt<br />
ist für den 46-jährigen Schneider natürlich<br />
noch vieles „anders als erwartet.<br />
Ich muss schon noch in diese Funktion<br />
hineinwachsen, auch alle Details, die<br />
tagtägliche Arbeit als Bürgermeister verinnerlichen.<br />
Von außen sieht man ja vieles<br />
gar nicht.“ Klar ist für ihn auch, dass alles<br />
zusammen – Politik und Beruf – zeitlich<br />
sehr fordernd wird. Den Personalstand<br />
seiner Skischule hat er in den vergangenen<br />
Jahren verschiedener Gründe wegen<br />
bereits massiv reduziert (von zwölf auf<br />
zwei Beschäftigte). Landwirt zu sein ist<br />
seine Leidenschaft, doch insgesamt zu<br />
überdenken. „Ich bin gerade dabei, all das<br />
neu aufzustellen.“<br />
Was den neuen Bürgermeister am<br />
meisten freut? „Die interessanten<br />
Gespräche mit den Leuten, die vielen<br />
Ideen, die da auftauchen, die Möglichkeit,<br />
einige davon auch gemeinsam umsetzen<br />
zu können.“ Man darf gespannt sein,<br />
welch konkrete Taten diesen Worten in<br />
den nächsten Monaten folgen werden.<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. REINHOLD OBLAK<br />
Aufgewachsen in Kärnten studierte<br />
er an den Universitäten Wien und<br />
Perugia, Italien. Er war viele Jahre Journalist,<br />
Konzernsprecher, Vorstand und<br />
Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der<br />
GemNova in der Unternehmenskommunikation<br />
tätig.<br />
Kontakt: r.oblak@gemnova.at<br />
98
40 tirol.kooperiert<br />
DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT<br />
STEHT UNTER STROM<br />
E-Mobilität und Carsharing werden als<br />
ein Teil der Mobilitätswende gesehen und<br />
seit einigen Jahren kann man einen regelrechten<br />
E-Mobilitätsboom beobachten.<br />
Kein Wunder, dass die Zukunft der Mobilität<br />
somit im wahrsten Sinne des Wortes<br />
unter Strom steht. Da auch Gemeinden<br />
starke Treiber dieser Entwicklung sind,<br />
sollte möglichst rasch über moderne kommunale<br />
Lösungen nachgedacht werden,<br />
um den Trend hin zur Elektromobilität<br />
nicht zu verschlafen. Dabei können drei<br />
regionale Unternehmen, alle im Eigentum<br />
der öffentlichen Hand, die Tiroler Gemeinden<br />
mit jahrelanger Erfahrung tatkräftig<br />
unterstützen.<br />
Unser Mobilitätsverhalten hat sich in den<br />
letzten Jahren stark verändert und ist<br />
immer noch einem stetigen Wandel unterworfen.<br />
Immer mehr nutzen beispielsweise<br />
das E-Bike für den Weg in die Arbeit<br />
oder erledigen den Arztbesuch schnell mit<br />
dem E-Scooter. Unternehmen stellen ihre<br />
Fahrzeugflotten teilweise oder sogar ganz<br />
auf Elektroautos um und auch Gemeinden<br />
ziehen bei diesem Trend immer mehr mit.<br />
Elektromobilität in der Gemeinde als<br />
Imagefaktor<br />
Durch die Verlagerung von fossilen Antrieben<br />
hin zu elektrischen wird ein erheblicher<br />
Beitrag zur Reduktion des Energieverbrauchs<br />
und des CO2-Ausstoßes<br />
im Verkehrsbereich geleistet. Eigentlich<br />
schon Grund genug, um auf diesen Zug<br />
aufzuspringen. Vor allem für Gemeinden<br />
kann an dieser Stelle auch festgehalten<br />
werden, dass E-Mobilität die Lebensqualität<br />
der Bürger*innen steigert und auch<br />
einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung<br />
der Klimaziele leistet. Noch sind<br />
nicht allzu viele Tiroler Gemeinden mit<br />
E-Fahrzeugen ausgestattet, somit kann<br />
die Anschaffung von Elektroautos oder<br />
das Einführen von Carsharing-Konzepten<br />
als einer der ersten Gemeinden durchaus<br />
als positive Imageaufwertung für den<br />
Standort betrachtet werden. Und so kann<br />
aus einer klaren Positionierung als nachhaltige<br />
und innovative Gemeinde ganz<br />
schnell auch ein erfolgreicher und anhaltender<br />
Werbeeffekt erzielt werden.<br />
Moderne Gemeinde,<br />
moderne Lösungen<br />
Wie schaut E-Mobilität in meiner Gemeinde<br />
oder meiner Region zukünftig aus?<br />
Wie kann man übergeordnete Carsharing-Konzepte<br />
entwickeln? Was sind die<br />
besten E-Fahrzeuge und wie funktioniert<br />
eigentlich die Ladeinfrastruktur? Wenn<br />
eine Gemeinde beschließt, sich in Richtung<br />
kommunaler E-Mobilität zu entwickeln,<br />
können all diese und natürlich noch<br />
viele weitere Fragen auftauchen. Die<br />
Antworten darauf können komplex sein<br />
und es braucht sehr viel Wissen und<br />
Erfahrung, um Gemeinden auf ihrem Weg<br />
gesamthaft beraten und begleiten zu können.<br />
Schließlich ist noch kein Meister vom<br />
Himmel gefallen und so braucht auch die<br />
modernste Gemeinde Unterstützung und<br />
Beratung beim Umsetzen von zukunftsfitten<br />
und innovativen Lösungen.<br />
Ein starkes Netzwerk an regionalen<br />
Partnern<br />
Drei Tiroler Unternehmen haben es sich<br />
zum Ziel gemacht, als starker Partner<br />
genau diese Unterstützung für Gemeinden<br />
anzubieten. Die GemNova Dienstleistungs<br />
GmbH, die TIWAG-Tiroler Was sserkraft<br />
AG sowie floMOBIL können auf jahrelange<br />
Erfahrung und vielseitiges Know-<br />
how zurückblicken und ziehen in Punkto<br />
E-Mobilität gemeinsam an einem Strang.<br />
So können künftig gemeinsam Komplettlösungen<br />
für die Tiroler Gemeinden erarbeitet<br />
werden. Vom Konzept über die<br />
Ladeinfrastruktur und Carsharing-Angeboten<br />
bis hin zur Anschaffung von E-Fahrzeugen<br />
und der Vermarktung – alles maßgeschneidert<br />
und aus nur ei ner Hand.<br />
Gesamthafte Beratung als<br />
Erfolgsfaktor<br />
Investitionen in E-Mobilität machen nur<br />
dann Sinn, wenn auch eine entsprechend<br />
hohe Nutzerquote vorhanden ist. Genau<br />
da setzen die Experten und Expertinnen<br />
der GemNova, der TIWAG und von<br />
floMOBIL an – nämlich bei der professionellen<br />
und detaillierten Beratung. Als<br />
Schlüssel zum Erfolg muss nämlich bereits<br />
vor dem Projektstart ein gut durchdachtes<br />
Gesamtkonzept vorhanden sein<br />
und vor allem auch die benötigte Infrastruktur<br />
und die Fahrzeugbeschaffung<br />
selbst (inkl. Fahrzeugauswahl, Finanzierung<br />
und Versicherung) beachtet<br />
werden.<br />
Tue Gutes und sprich auch darüber<br />
Ganz im Sinne dieses Sprichwortes ist<br />
auch die Vermarktung ein wesentliches<br />
Thema. Das beste Konzept funktioniert<br />
nämlich nur dann, wenn das (neue)<br />
Angebot in der Gemeinde auch entsprechend<br />
präsentiert, erklärt und beworben<br />
wird. Auch hier kann man voll und<br />
ganz auf das Dreiergespann GemNova,<br />
TIWAG und floMOBIL setzen – auch bei<br />
der Implementierung von App-Lösungen<br />
für Carsharing, die sich bereits tirolweit<br />
in zahlreichen Gemeinden etabliert und<br />
bewährt haben.<br />
Zusammenfassend kann somit festgehalten<br />
werden, dass es mit richtiger und<br />
professioneller Unterstützung in jeder<br />
Gemeinde gelingen kann, die Zukunft der<br />
kommunalen Mobilität unter Strom zu<br />
stellen.<br />
ZUR AUTORIN<br />
KATHRIN KLINGLER, BA<br />
Kathrin Klingler ist seit <strong>2022</strong> bei der<br />
GemNova im Bereich Kommunikation<br />
und als Projektverantwortliche tätig.<br />
Vorher konnte sie jahrelange Erfahrung<br />
in den Bereichen Marketing, Kommunikation<br />
und Öffentlichkeitsarbeit<br />
sammeln.<br />
Kontakt:<br />
k.klingler@gemnova.at<br />
TlROLER<br />
Blaulichtpolizze<br />
Spezialkonzept für Feuerwehrfahrzeuge<br />
inkl. Aufbauten und Ausrüstungsgegenstände.<br />
Versicherte Sparten: Kfz-Haftpflichtversicherung,<br />
Vollkaskoversicherung, Kfz-Rechtsschutzversicherung<br />
Neuerungen:<br />
• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />
Haftpflichtversicherung auf EUR 20 Mio.<br />
• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />
Rechtsschutzversicherung auf EUR 200.000<br />
• Anhänger können im neuen Versicherungskonzept<br />
aufgenommen werden<br />
Unser Spezialisten-Team erreichen<br />
Sie unter 0512 5313-1701 oder per<br />
mail@tiroler.at.
42 tirol.kooperiert<br />
tirol.kooperiert<br />
43<br />
Wir beschäftigen uns nun schon seit<br />
einigen Jahren mit dem Strom- und<br />
Gasmarkt und konnten in den letzten<br />
Jahren den Gemeinden viel Geld mit<br />
unseren Preisverhandlungen ersparen.<br />
Die Ersparnisse liegen mittlerweile im<br />
zweistelligen Millionenbereich. Zum<br />
Glück konnten wir den Strom bis Ende<br />
<strong>2022</strong> schon vor drei Jahren zu den<br />
damaligen Konditionen sichern. Beim<br />
Gaspreis mussten wir leider deutliche<br />
Preissteigerungen in Kauf nehmen, sie<br />
liegen aber bei der Hälfte des aktuellen<br />
Preises.<br />
Wie sensibel die Märkte sind, zeigen die<br />
wöchentlichen Kursberichte, die wir erhalten<br />
und aufmerksam lesen. Ein Brand<br />
in einem texanischen LNG-Terminal hat<br />
ebenso Einfluss auf die Preise wie die<br />
Verschiebung von Reparaturarbeiten<br />
in französischen Kernkraftwerken. Den<br />
Haupteinfluss hat natürlich nach wie vor<br />
der Ukraine-Krieg und niemand kann ak <br />
tuell wirklich sagen, wie es weitergehen<br />
wird.<br />
Eines ist klar: Preise wie in den letzten<br />
Jahren wird es nicht mehr geben. Allein die<br />
Energieeffizienzabgabe verursacht schon<br />
Kosten, die frühere Preise über steigen.<br />
Deshalb ist es jetzt schon wichtig, dass<br />
Gemeinden budgetäre Vorsorge treffen.<br />
Wobei wir aus heutiger Sicht nicht einschätzen<br />
können, mit welchen Preisen wir<br />
rechnen müssen. Dazu sind wir in enger<br />
Abstimmung mit den Lieferanten. Auch<br />
können wir nicht sagen, ob es von Seiten<br />
des Bundes zu Entlastungen oder Unterstützungsmaßnahmen<br />
für die Gemeinden<br />
kommen wird. Und wir können nicht<br />
abschätzen, ob sich die Lage im Herbst<br />
beruhigen wird oder nicht.<br />
Stromjahresprodukte<br />
300<br />
Base [€/MWh]<br />
250<br />
200<br />
150<br />
279,93<br />
219,78<br />
213,90<br />
180,75<br />
168,01<br />
148,50<br />
Peak [€/MWh]<br />
Preisralley am<br />
Energiemarkt<br />
VON ALOIS RATHGEB<br />
+167 %<br />
Öl<br />
+338 %<br />
Kohle<br />
100<br />
50<br />
Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 22 Feb 22 Mrz 22 Apr 22 Mai 22 Jun 22<br />
Base Y 2023 Base Y 2024 Base Y 2025 Peak Y 2023 Peak Y 2024 Peak Y 2025<br />
Quelle: TIWAG<br />
Gaspreise<br />
100<br />
Strom +373 %, Gas +430 %, Öl +167 %, Kohle +338 %.<br />
Das sind die Preisentwicklungen innerhalb der letzten 12 Monate.<br />
Unglaublich, aber wahr. Wer hätte das gedacht und geahnt.<br />
CO2-Steuern, Energieeffizienzkosten und -abgaben, steigende Verbräuche, weniger<br />
Lieferkapazitäten und anderes haben darauf hingedeutet, dass sich am Markt<br />
etwas tun wird. Aber niemand konnte mit diesen Entwicklungen rechnen. Klar,<br />
im Nachhinein ist man immer gscheiter und manch eine*r wird behaupten, das<br />
schon lange gewusst zu haben. Diese Leute findet man meist in der Berateroder<br />
Neiderbranche. Insider und Wissende konnten das in diesem Ausmaß nicht<br />
vorhersehen und haben es auch nicht getan.<br />
+430 %<br />
Gas<br />
+373 %<br />
Strom<br />
€/MWh<br />
75<br />
50<br />
25<br />
10<br />
Jun 21<br />
Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 22 Feb 22 Mrz 22 Apr 22 Mai 22 Jun 22<br />
86,00<br />
81,54<br />
€/t<br />
Gas THE Y 2023 CO2-Emissions EUA Dec <strong>2022</strong><br />
Quelle: TIWAG
tirol.ist schön<br />
45<br />
sozial freundlich<br />
sicher bemüht ehrlich<br />
unkompliziert<br />
fair<br />
beständig<br />
neutral<br />
pflichtbewusst<br />
familienfreundlich<br />
modern flexibel<br />
transparent<br />
schlau lernwillig<br />
vorausschauend<br />
kundenorientiert<br />
kompromissbereit<br />
zielorientiert vorurteilsfrei<br />
hilfsbereit<br />
schnell<br />
dynamisch<br />
lösungsorientiert<br />
kompetent<br />
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WASSER.<br />
ERBE.<br />
TIROL.<br />
Anlässlich des österreichischen TRINK<br />
WASSERTAGS am 15. Juni <strong>2022</strong> setzt das<br />
Land Tirol gemeinsam mit der Lebensraum<br />
Tirol Holding weitere Initiativen zur<br />
Versorgungssicherheit und zum verantwortungsvollen<br />
Umgang mit dem Tiroler<br />
Trinkwasser. 40 Millionen Euro werden in<br />
Tirol jährlich in die kommunale Trinkwasserversorgung<br />
und Abwasserentsorgung<br />
investiert. Nun sollen die kommunale Zusammenarbeit<br />
gestärkt und konkrete Infrastrukturmaßnahmen<br />
mit einem Förderprogramm<br />
unterstützt werden.<br />
www.ghs-wohnbau.com<br />
HEILWASSERBRUNNEN, KRAMSACH<br />
Der Heilwasserbrunnen in Kramsach<br />
vereint die typischen Kramsacher Elemente<br />
Marmor, Messing und Glas in<br />
einem architektonischen Kunstwerk.
46 tirol.ist schön<br />
tirol.ist schön<br />
47<br />
Tiroler<br />
Brunnen<br />
Brunnen sind fest im Tiroler Gemeindeleben<br />
und Gemeindebild verankert – ob als<br />
Treffpunkt für Alt und Jung, als Wasserstelle<br />
zum Durstlöschen oder als kunstvolle<br />
Installation. Wir haben uns auf den<br />
Weg gemacht und für diese Fotostrecke<br />
Brunnen in ganz Tirol abgelichtet.<br />
Maria Larch bei Gnadenwald – ein<br />
entspannender Kraftort mitten im Wald.<br />
FOTOGRAFIERT VON<br />
NATHALIE KIRCHLER<br />
Die Heilquelle, welche aus dem barocken<br />
Brunnenhäuschen sprudelt, gilt als belebender<br />
Trunk. Dem rechtsdrehenden<br />
Wasser, das dem Brunnen entströmt, wird<br />
bisher keine wissenschaftlich nachweisbare<br />
Heilkraft zugeschrieben. Zahlreiche<br />
Gläubige aus nah und fern holen sich dennoch<br />
regelmäßig das „heilende“ Wasser.<br />
HEILQUELLE, MARIA LARCH<br />
Die sogenannte „Wasserkapelle“ wurde um<br />
1720 erbaut. Die Brunnenschale aus rotem<br />
Hagauer Marmor stammt ebenfalls aus<br />
der Erbauungszeit.
48 tirol.ist schön<br />
tirol.ist schön<br />
49<br />
„<br />
FASNACHTSBRUNNEN, IMST<br />
Imst ist weit über Tirols<br />
Grenzen hinaus als Stadt des<br />
Schemenlaufens, aber auch als<br />
Brunnenstadt bekannt. Mit der<br />
Schaffung und künstlerischen<br />
Ausgestaltung der Brunnensäule<br />
wurde der bekannte<br />
Imster Larvenschnitzer Walter<br />
Zangerle beauftragt.<br />
ERZHERZOGIN MAGDALENA<br />
BRUNNEN, HALL IN TIROL<br />
Erzherzogin Magdalena von<br />
Österreich war die Gründerin<br />
des königlichen Damenstiftes<br />
in Hall.<br />
Wasser ist die wichtigste Grundlage unseres<br />
Lebens raums, deshalb müssen wir unser Trinkwasser<br />
bestmöglich schützen und nützen. Wir<br />
setzen auf eine zukunftstaugliche, krisensichere<br />
und effiziente Wasserversorgung.<br />
LH-Stv. Josef Geisler<br />
Das Tiroler Trinkwasser stammt in den<br />
öffentlichen Anlagen aus insgesamt 2.700<br />
Tiroler Wassergewinnungsstellen, mit mehr<br />
als 90 % aus Quellen und mit weniger<br />
als 10 % aus Brunnen. Mehr als 96 % der<br />
Be völkerung werden aus einer der rund 760<br />
öffentlichen Anlagen sicher mit Trinkwasser<br />
versorgt. Betrieben werden diese Anlagen<br />
großteils von Gemeinden und Genossenschaften.<br />
Zudem gibt es in Tirol noch<br />
4.000 Einzelwasserversorgungsanlagen. In<br />
Summe ist das öffentliche Trinkwassernetz,<br />
das unter der Erde verläuft, 6.400 Kilometer<br />
lang. Dieses umfassende Trinkwassernetz<br />
muss laufend saniert werden, um eine Versorgung<br />
für die kommenden Generationen<br />
sicherstellen zu können.
50 tirol.ist schön tirol.ist schön<br />
51<br />
„<br />
Die Lebensraum Tirol<br />
Holding wurde damit<br />
betraut, einen Maßnahmenkatalog<br />
zu erarbeiten und<br />
eine Bewusstseinsbildung<br />
zum Thema Trinkwasser zu<br />
gestalten und umzusetzen.<br />
Der Kampagnentitel lautet<br />
Wasser.Erbe.Tirol.<br />
Mit dieser jüngsten<br />
LebensraumInitiative<br />
möchten wir generationenübergreifend<br />
das Bewusstsein<br />
für unseren heimischen<br />
Wasserschatz sowie den<br />
achtsamen Umgang damit<br />
steigern.<br />
Josef Margreiter, Geschäftsführer<br />
der Lebensraum Tirol Holding<br />
SAUERBRUNN, OBLADIS<br />
In Obladis, auf 1.386 Metern, entspringt<br />
das „Tiroler Sauerwasser“, das schon seit<br />
800 Jahren für seine heilende Wirkung und<br />
als Mineralwasser bekannt ist.
52 tirol.ist schön<br />
MARIENBRUNNEN, KUFSTEIN<br />
Ursprünglich befanden sich am sogenannten<br />
Marktplatz (heute Unterer Stadtplatz)<br />
mindestens drei öffentliche Brunnen, die<br />
die gesamte Wasserversorgung der Innenstadt<br />
gewährleisteten. Von diesen blieb<br />
nur der schöne gusseiserne neogotische<br />
Marienbrunnen aus dem Jahr 1862 übrig.<br />
„<br />
Die Tiroler Gemeinden sind<br />
sich ihrer Verantwortung<br />
für eine krisensichere<br />
Versorgung von Bevölkerung<br />
und Gästen mit hochwertigem<br />
Trinkwasser<br />
bewusst.<br />
Ernst Schöpf,<br />
Präsident Tiroler Gemeindeverband<br />
„Kein Alter, kein Geschlecht,<br />
kein Stand, keine Nation ist von<br />
den Vorteilen ausgeschlossen,<br />
welche die Spar-Casse jedem<br />
Einlegenden anbietet.“<br />
Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.<br />
Unsere Haltung seit 200 Jahren.<br />
#glaubandich<br />
tirolersparkasse.at
tirol.bildet 54<br />
tirol.kulturell<br />
55<br />
vom unendlichen<br />
AUTOR GABRIEL CASTAÑEDA<br />
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Es war einmal ein Wirtschaftssystem,<br />
das durch einen uralten<br />
Fluch immer wachsen musste.<br />
Jedes Jahr musste es um<br />
zwei, drei, oder noch besser um<br />
vier oder fünf Prozent wachsen,<br />
damit alle in diesem Wirtschaftssystem<br />
glücklich und<br />
zufrieden sein konnten. Eine Zeitlang,<br />
da sah es wirklich so aus,<br />
als könnte das junge und kleine<br />
Wirtschaftssystem es schaffen.<br />
Doch irgendwann hatten alle im<br />
Wirtschaftssystem alles. Ein<br />
Auto, eine Waschmaschine, Kleider,<br />
einen Fernseher und später<br />
sogar ein Handy und ein Fahrrad<br />
und einen Campingwagen. Also<br />
begann man den Leuten klar zu<br />
machen, dass sie zwei Autos,<br />
zwei Handys und zwei Fahrräder<br />
kaufen müssen. Und so ging<br />
das jahrelang weiter bis jeder im<br />
Wirtschaftssystem jeweils ein<br />
paar Schuhe fürs Hiken, Joggen,<br />
Wandern, Trekken, Nordic Walken,<br />
Laufen und Cross Fit hatte;<br />
plus ebenso viele Jacken, Hosen<br />
und Rücksäcke. Als wirklich alle<br />
im Wirtschaftssystem jeden<br />
Schas hatten, auch den, den<br />
sie nie im Leben brauchen würden,<br />
wie z. B. Retro-Telefonhörer<br />
fürs Handy oder Massagehelme,<br />
musste das Wirtschaftssystem<br />
aber immer noch wachsen. Also<br />
reicherte man die Böden mit<br />
Nitrat an und züchtete gleichzeitig<br />
Hochleistungsnutztiere, damit<br />
eine Kuh die 1950 noch 2.500<br />
Liter Milch pro Jahr „leisten“<br />
konnte, jetzt plötzlich 7.300 Liter<br />
Milch pro Jahr gab. Doch all das<br />
nützte nichts. Irgendwie schien<br />
es auf Dauer unmöglich zu sein,<br />
auf einem Planeten mit begrenzten<br />
Ressourcen ein unendliches<br />
Wachstum generieren zu können.<br />
Wer hätte das ahnen können?<br />
Und dann standen plötzlich alle<br />
da mit langen Gesichtern und<br />
sahen in ihren Trekking-Schuhen<br />
ziemlich blöd aus der Funktionsunterwäsche.<br />
Und wenn sie nicht<br />
gestorben sind, dann entsorgen<br />
sie den ganzen sinnlosen Mist<br />
noch heute, den sie sich auf<br />
Wish, Amazon und Co zusammengekauft<br />
haben.<br />
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Gabriel<br />
Castañeda<br />
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ern gelesen<br />
von Landesrat Johannes Tratter<br />
Oliver Twist<br />
Charles Dickens<br />
Onkel Toms Hütte<br />
Harriet Beecher Stowe<br />
Lew Tolstoi verglich „Onkel Toms Hütte“ einmal mit der<br />
Erzählkunst von Charles Dickens. Damit sind wir sogleich bei der<br />
nächsten Buchempfehlung: „Oliver Twist“. Ein weiterer Klassiker<br />
der Weltliteratur, der uns mitnimmt auf die Abenteuer eines Waisenjungen<br />
in der Zeit der Industriellen Revolution. Ganz ähnlich<br />
wie Harriet Beecher Stowe zeigt uns Charles Dickens anhand<br />
einer simplen Geschichte die Missstände in der Gesellschaft der<br />
damaligen Zeit. Oliver Twist schlittert von einer Ausbeutungssituation<br />
in die nächste – die Armut als ständiger Wegbegleiter<br />
hält ihn gefangen.<br />
Durch die anschauliche Erzählung tauchen wir in das dreckige,<br />
graue und grausame London des 19. Jahrhunderts ein, wir fühlen<br />
von Anfang bis Ende mit Oliver mit. Am Ende vermittelt uns<br />
die Lektüre jedoch nicht nur die Zustände von damals, sondern<br />
– und das macht das Buch auch heute noch so spannend und<br />
relevant – öffnet uns auch die Augen für so manche Zustände,<br />
die heute noch vorherrschen.<br />
„Sie sind also die kleine Frau, die das Buch geschrieben hat, das uns diesen großen Krieg gebracht<br />
hat“, sagte US-Präsident Abraham Lincoln 1862 bei einem Treffen zur Autorin Harriet Beecher<br />
Stowe – so erzählt es zumindest die Legende. Ob Präsident Lincoln in dem Buch „Onkel Toms<br />
Hütte“ tatsächlich den Auslöser für den amerikanischen Bürgerkrieg gesehen hat, können wir heute<br />
nicht mehr sagen. Der reale Einfluss des Romans auf den Kriegsausbruch kann auf jeden Fall bezweifelt<br />
werden. Zweifelsfrei ist jedoch der Einfluss von „Onkel Toms Hütte“ auf die Gesellschaft<br />
– sowohl damals als auch heute und auch hier in Österreich.<br />
„Onkel Toms Hütte“ ist nicht grundlos ein Klassiker, der Menschen in seinen Bann zieht, sie fesselt<br />
und berührt. Es sind die Beschreibungen von Menschenverachtung, vom Fehlen der Empathie,<br />
gleichzeitig aber auch von Widerstand und Aufopferung, die uns bewegen und die den Roman zu<br />
einer Pflichtlektüre machen.<br />
Anaconda Verlag, 2012<br />
4,95 Euro<br />
Redaktion Gröls-Verlag, <strong>2022</strong><br />
15,95 Euro<br />
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<br />
Karl Popper<br />
„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“<br />
von Karl Popper ist keine Gute-Nacht-Lek <br />
türe. In ihr rechnet der gebürtige Wiener<br />
mit der langen Tradition totalitären<br />
Denkens ab – von Platon über Hegel bis<br />
zu Marx. Ein beeindruckendes Werk, ein<br />
Plädoyer für Demokratie und offenen<br />
Diskurs. Die Abhandlungen über Poppers<br />
Kritischen Rationalismus sind zahlreich –<br />
der Einfluss auf die Philosophie aber auch<br />
die Politik unbestritten.<br />
Beeindruckend ist jedoch nicht nur das<br />
Werk, auch seine Entstehungsgeschichte<br />
verdient eine Würdigung. Popper floh 1937<br />
von den Nationalsozialisten nach Neuseeland,<br />
er musste viele seiner Verwandten<br />
zurücklassen; 16 Familienmitglieder<br />
wurden im Holocaust ermordet. Im Exil<br />
schrieb Popper dann das Werk „Die offene<br />
Gesellschaft und ihre Feinde“. Der Einfluss<br />
der Zeit ist beim Lesen stets spürbar. In<br />
der neuen Ausgabe des Buches wird die<br />
Entstehungsgeschichte aufgeschlüsselt<br />
und damit ein wichtiger Kontext für den<br />
Inhalt geboten. Lesenswert!<br />
Mohr Siebeck, 2003<br />
29 Euro<br />
Schlafes Bruder<br />
Robert Schneider<br />
tirol.kulturell<br />
Der erste Satz eines Buches ist der wichtigste. Er liefert den ersten Eindruck. Dieser<br />
Satz verrät, wohin die Reise geht, was die Leser*innen erwartet, welchen Grundtenor die<br />
Geschichte einnimmt. Manche ersten Sätze sind unvergesslich und tief im kollektiven<br />
Gedächtnis der Menschheit abgespeichert. Schnell in den Sinn kommen dabei etwa die<br />
ersten Zeilen in „Die Ver wandlung“ von Franz Kafka, in „Vom Winde verweht“ von Margaret<br />
Mitchell oder natürlich in „Moby Dick“ von Herman Melville.<br />
Ein erster Satz ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: „Das ist die Geschichte des<br />
Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte,<br />
nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.“ Mit „Schlafes Bruder“ hat Robert<br />
Schneider gleich bei seinem Debütroman ein Meisterwerk der Erzählkunst abgelegt. Der<br />
erste Satz erzählt uns dabei bereits die ganze Geschichte. Doch in diesem Buch ist der<br />
Weg das Ziel. Mit seinem einzigartigen, altertümlich anmutenden Schreibstil – durchzogen<br />
von Dialekt und eigenen Wortkreationen – bleibt die Lektüre im Gedächtnis. Die große<br />
Frage, ob das Buch nicht doch einfach eine große ironische Satire ist, muss dabei jeder<br />
für sich beantworten.<br />
57<br />
Reclam, 2020<br />
10,30 Euro
58 tirol.kulturell<br />
tirol.kulturell<br />
59<br />
1984<br />
George Orwell<br />
„Big Brother is watching you“ – das Jahr<br />
1984 aus der Sicht von 1948. George<br />
Orwells bekannte Dystopie über einen<br />
totalitären Überwachungsstaat kennen<br />
die meisten. Auch die überaus gelungene<br />
gleichnamige Verfilmung aus dem Jahr<br />
1984 (und die vielen folgenden Adaptierungen)<br />
wurden Abermillionen Mal gesehen.<br />
Doch auch wenn der Stoff bekannt ist, das<br />
Lesen von 1984 lohnt sich immer wieder.<br />
Suhrkamp, 1974<br />
8,90 Euro<br />
Siddhartha<br />
Hermann Hesse<br />
Wer bin ich? Was ist der Sinn meiner Existenz? Was ist Spiritualität? Wer sich mit<br />
diesen Fragen noch nicht auseinandergesetzt hat, tut dies spätestens nach der Lektüre<br />
von Hermann Hesses Werk „Siddhartha“. Ein Buch voller Spiritualität, in der die<br />
Handlung zur Nebensache wird. Vielmehr beeindrucken die Weisheiten, die Hermann<br />
Hesse in seiner prosaischen Auseinandersetzung mit dem Buddhismus und dem Hinduismus<br />
auf den Seiten versteckt. „Siddhartha“ ist ein Buch, das man immer wieder<br />
lesen kann und dennoch nie gänzlich erfassen wird.<br />
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir dabei folgender Ausschnitt: „Wissen kann<br />
man mitteilen, Weisheit aber nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man<br />
kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren<br />
kann man sie nicht.“ In gewisser Weise hilft „Siddhartha“ dabei, die Weisheit zu finden.<br />
Dementsprechend gilt bei der Lektüre Vorsicht: Es regt zum Selbstdenken an!<br />
Ullstein Taschenbuch<br />
Verlag, 1994<br />
12,90 Euro<br />
Als Politiker ist es eine meiner Hauptaufgaben,<br />
Visionen für die Zukunft zu entwerfen.<br />
Wohin möchten wir unser Land<br />
bringen? Wie soll die Gesellschaft in zehn<br />
Jahren aussehen? Fragen wie diese be <br />
stimmen das politische Handeln. Bücher<br />
wie 1984 bringen bestimmt keine Antworten.<br />
Sie verführen jedoch zum Nachdenken<br />
– über ihre Aussage aber auch<br />
über unsere Zukunft.<br />
Der alte König in seinem Exil<br />
Arno Geiger<br />
Sind wir nur die Summe unserer Erinnerungen? Was bleibt vom Menschen, wenn er<br />
sich selbst vergisst? In „Der alte König in seinem Exil“ befasst sich der Autor Arno<br />
Geiger mit der Beziehung zu seinem Vater. Es ist eine besondere Beziehung, denn der<br />
Vater, August Geiger, ist an Alzheimer erkrankt. Ein tragisches Schicksal, das tausende<br />
Menschen in Österreich jährlich erleiden. Tragisch auch deshalb, da die Angehörigen<br />
der Erkrankten auf tiefste Weise betroffen sind und zusehen müssen, wie ihnen geliebte<br />
Menschen schon vor dem Tod entgleiten.<br />
„Der alte König in seinem Exil“ ist aber keine Geschichte voll Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit.<br />
Es ist eine Geschichte der Annäherung zwischen Vater und Sohn. Eine<br />
Geschichte über einen Mann, der zwar seine Erinnerungen, nicht aber sein Selbst<br />
verliert. Ein erfrischender Blick auf ein immer präsenter werdendes Thema, das leider<br />
jede und jeden ereilen kann. Verfeinert wird der tiefe Einblick in die Wirklichkeit des<br />
Vaters zudem durch den hervorragenden Schreibstil von Arno Geiger. Ein Buch, das<br />
traurig macht, aber auch Hoffnung schenkt.<br />
Hanser, 2011<br />
20 Euro<br />
Fahrenheit 451<br />
Ray Bradbury<br />
Ein weiterer Klassiker der Dystopie-<br />
Lite ratur mit erschreckender Brisanz:<br />
„ Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury.<br />
Das Grundkonzept des Buches schrieb<br />
Bradbury angeblich in nur neun Tagen,<br />
während er im Keller einer Feuerwehrwache<br />
hauste. Dennoch oder gerade<br />
deshalb ist eine spannende, düstere,<br />
mitreisende Geschichte entstanden, die<br />
am Ende vor allem eines zelebriert: Die<br />
gewaltige Kraft der Bücher, des kritischen<br />
Denkens und der freien Meinung.<br />
Gerade im 21. Jahrhundert – dem Zeitalter<br />
des Internets, der Smartphones und der<br />
Filme – sehe ich in „Fahrenheit 451“ eine<br />
Hymne auf das geschriebene Wort und<br />
ein Plädoyer gegen die Berieselung und<br />
Betäubung durch Medien. Wie alle Bü cher<br />
in dieser Liste ist „Fahrenheit 451“ ein<br />
Werk, welches einen beschäftigt – und<br />
das auch noch lange nach dem Zuklappen<br />
des Buchdeckels.<br />
Heyne, 2018<br />
9,90 Euro<br />
EMPFOHLEN VON<br />
LR JOHANNES TRATTER
60 tirol.denkt weiter<br />
tirol.denkt weiter<br />
61<br />
Nachhaltiges<br />
Bauen<br />
AUF IN DIE UMSETZUNG!<br />
Ein Gebäude ist nachhaltig, wenn<br />
Kontext & Architektur<br />
es im Kontext mit dem Ort<br />
steht und sein Umfeld<br />
berücksichtigt.<br />
Kosten<br />
seine Kosten über den<br />
Lebenszyklus betrachtet<br />
optimiert sind.<br />
Energie<br />
es weitgehend mit<br />
erneuerbaren Energien<br />
auskommt.<br />
In der Ausgabe 6 von <strong>277.TIROL</strong><br />
vom April <strong>2022</strong> wurde nachhaltiges<br />
Bauen in seiner Grundbedeutung<br />
erklärt sowie Dimensionen und<br />
Handlungsfelder definiert. Nachhaltiges<br />
Bauen vereint dabei die folgenden<br />
drei Dimensionen:<br />
soziokulturell<br />
Planung & Zielgruppe<br />
die Interessen der Zielgruppen<br />
frühzeitig einbezogen werden.<br />
Handelbarkeit<br />
seine Handelbarkeit zu jedem<br />
Zeitpunkt gewährleistet ist.<br />
Klima<br />
es minimale Treibhausgasemissionen<br />
verursacht.<br />
ökologisch<br />
Nutzung & Raumgestaltung<br />
es hohe Gebrauchs- und<br />
Nutzungsqualitäten aufweist.<br />
Ertragspotenzial<br />
sein Ertragspotenzial in<br />
einem guten Verhältnis zu den<br />
Kosten steht.<br />
Ressourcen- &<br />
Umweltschonung<br />
die Erstellung und der<br />
Betrieb ressourcen- und<br />
umweltschonend erfolgen.<br />
ökonomisch<br />
Wohlbefinden & Gesundheit<br />
es einen guten Komfort und<br />
eine optimale Raumluftqualität<br />
ermöglicht.<br />
Regionalökonomie<br />
es einen positiven<br />
regionalökonomischen<br />
Beitrag liefert.<br />
Natur & Landschaft<br />
das Potenzial von Natur und<br />
Landschaft genutzt wird.<br />
Quelle: www.nnbs.ch/standard-snbs-hochbau<br />
ZUM AUTOR<br />
DI ALOIS ILMER, M.ENG<br />
nachhaltiges<br />
Gebäude<br />
Alois Ilmer lebt mit seiner Familie in einer<br />
Reihenhausanlage in Holzmassiv-Bauweise in<br />
Sistrans, hat Architektur studiert, viele Jahre<br />
als Angestellter und später Selbständiger im<br />
Bereich Entwicklung, Planung und Umsetzung<br />
gearbeitet, immer mit dem Fokus auf einer<br />
umfassenden Betrachtung der Aufgabe und<br />
ein qualitätvolles Ergebnis. In den Jahren 2013<br />
bis 2015 hat er das Masterstudium „Nachhaltiges<br />
Bauen“ absolviert, war einige Jahre an<br />
der Universität Innsbruck als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter tätig und ist seit März 2020<br />
Projektverantwortlicher bei der GemNova.<br />
Kontakt: a.ilmer@gemnova.at<br />
Nachhaltige Gebäude haben den<br />
Anspruch, dass alle drei Dimensionen<br />
betrachtet werden, ansonsten kann von<br />
nachhaltigen Beiträgen aber nicht von<br />
nachhaltigen Gebäuden gesprochen werden.<br />
Je nach Dimension sind verschiedene<br />
Akteure und Akteurinnen betroffen. Jede*r<br />
muss gesehen bzw. wichtig genommen<br />
werden. Im Miteinander werden durch<br />
eine ganzheitliche Sichtweise viele Vorteile<br />
für alle Beteiligten erreicht (siehe Ausgabe<br />
6, Schutzziele, S. 55). Es kann sein,<br />
dass ein Gebäude in einer Dimension sehr<br />
gut abschneidet, in einer anderen aber<br />
sehr schlecht. Mindeststandards in allen<br />
drei Dimensionen bilden die Grundlage<br />
eines nachhaltigen Konzeptes.<br />
Wie kann man diese drei Dimensionen sehen, messen und/oder bewerten?<br />
Welche „Einheiten“ haben die drei Dimensionen?<br />
Wie erreicht man ein Gesamtergebnis?<br />
Im Folgenden wird zuerst jede Dimension<br />
für sich betrachtet. Das Ergebnis sind qualitative<br />
sowie quantitative Eigenschaften<br />
des Gebäudes, die im Falle einer Gesamtbewertung<br />
(Zertifizierung) bepunktet bzw.<br />
addiert werden und so zu einer aussagekräftigen<br />
Beschreibung des Gebäudes im<br />
Hinblick auf seine Nachhaltigkeit führen.<br />
Um ein klares Bild zu den einzelnen Qualitäten<br />
eines nachhaltigen Gebäudes zu<br />
erhalten, führe ich pro Dimension den<br />
Begriff „Währung“ ein; das ist symbolisch<br />
gemeint, aber am Ende ein greifbarer und<br />
realistischer Zugang. Weiters werden Ziele<br />
und Werkzeuge vorgestellt, die in der<br />
betroffenen Dimension einen gangbaren<br />
Weg und eine Bewertung ermöglichen.
62 tirol.denkt weiter<br />
tirol.denkt weiter<br />
63<br />
Zusammenfassend ist zu beachten, dass<br />
Arten der Zertifizierung:<br />
Ökologische<br />
Dimension<br />
Bei der ökologischen Dimension werden<br />
die Auswirkungen auf unser Ökosystem<br />
betrachtet – vom kleinsten Einfluss am Ort<br />
des Geschehens bis zu den Auswirkungen<br />
auf unseren Planeten Erde.<br />
Die Währung ist in diesem Fall das nicht<br />
sichtbare, geruchlose Treibhausgas<br />
CO2. Ziel ist es, mit der Baumaßnahme<br />
möglichst wenig CO2-Belastung zu<br />
erzeugen und die natürlichen Ressourcen<br />
und unsere Umwelt zu schützen. Das Ziel<br />
kann hier gut benannt werden: Klimaneutralität<br />
über den gesamten Lebenszyklus.<br />
Das heißt, das Bauwerk belastet in<br />
Summe die Atmosphäre überhaupt nicht<br />
mit zusätzlichen Treibhausgasen.<br />
Und wie kann das berechnet werden?<br />
Alle Bau- und Nutzungsmaßnahmen können<br />
in CO2-Äquivalente umgerechnet werden.<br />
Eine sehr einfache Annäherungsmethode,<br />
um die Umweltbelastungen eines<br />
Projektes zu verfolgen, ist der OI3-Index.<br />
Im verpflichtend zu liefernden Energieausweis<br />
kann dieser mitgerechnet werden<br />
(verfügbar für mehrere System- oder<br />
Bilanzgrenzen). Alle, die genaue Angaben<br />
ermitteln wollen, lassen von Spezialisten<br />
und Spezialistinnen eine aussagekräftige<br />
Ökobilanz erstellen.<br />
Ökonomische<br />
Dimension<br />
Die ökonomische Dimension bewertet den<br />
dauerhaften Geldmitteleinsatz.<br />
Die Währung ist hier der Euro. Das Ziel<br />
heißt, die Kosten über den definierten<br />
Lebenszyklus möglichst klein, aber den<br />
Wert hoch zu halten und dafür möglichst<br />
wenig Geld auszugeben.<br />
Und wie schaut hier die Rechnung aus?<br />
Wichtig ist in diesem Fall, dass für alle<br />
Berechnungen die Lebenszykluskosten<br />
herangezogen werden. Diese Kosten bestehen<br />
aus anfänglichen Investitions- und<br />
laufenden Betriebskosten und werden für<br />
eine bestimmte Zeitdauer erhoben. Die<br />
Lebenszykluskostenrechnung ermittelt<br />
die erforderlichen Ausgaben über einen<br />
bestimmten Zeitraum (z.B. 50 Jahre) und<br />
hat zum Ziel, hochwertige, kostenbewusste<br />
Gebäude dauerhaft nutzbar zu machen.<br />
Soziokulturelle<br />
Dimension<br />
Innerhalb der soziokulturellen Dimension<br />
werden quantitative, also messbare, und<br />
qualitative Eigenschaften abgefragt. Hier<br />
stehen der Mensch, seine Gesundheit, die<br />
Zufriedenheit der Nutzer*innen, die Funktionalität<br />
und der kulturelle Wert im Mittelpunkt.<br />
Die Währung könnte ein Wohlbefinden-Faktor<br />
sein, das Ziel ein dauerhaft<br />
hohes Wohlbefinden; das heißt, die Erreichung<br />
eines möglichst hohen Faktors.<br />
Und wie kann das erreicht werden?<br />
Eine breit angelegte Bedarfsplanung ist<br />
die Grundlage jeder vernünftigen Baumaßnahme.<br />
Es folgen die Anforderungen einer<br />
hohen Bestellqualität und ein Wettbewerb<br />
der Ideen. In der Umsetzung ist auf hohe<br />
Behaglichkeit und gesunde Bedingungen<br />
(z. B. operative Temperatur, Luftfeuchtigkeit,<br />
Luftqualität) sowie auf Räume mit<br />
hoher Aufenthaltsqualität (z. B. Proportionen,<br />
Belichtung, Erschließung, Beziehung<br />
von Innen und Außen) zu achten.<br />
• jede Dimension Teil des Prozesses ist,<br />
• sowie erreichbare Ziele definiert und<br />
• Werkzeuge sinnvoll eingesetzt werden.<br />
Die Kosten für diese begleitende Betrachtung<br />
sind zwar mit Blick auf die Schutzziele<br />
zu Beginn eine weitere Ausgabe, aber<br />
eine über den Lebenszyklus sinnvolle und<br />
mit Sicherheit gewinnbringende Investition.<br />
Die Transparenz der verschiedenen<br />
parallel verlaufenden Prozesse, die klare<br />
Struktur in der Planung und der Nutzung<br />
führen zu einer hohen Zufriedenheit unter<br />
den Eigentümer*innen und Nutzer*innen.<br />
Die Vergleichbarkeit im Fall einer Zertifizierung<br />
ist ein weiterer Vorteil.<br />
Für eine Gesamtbetrachtung der Nachhaltigkeit<br />
eines Gebäudes sind in Österreich<br />
mehrere Arten der Zertifizierung<br />
möglich.<br />
klimaaktiv<br />
Klimaaktiv Bauen und Sanieren<br />
steht für Energieeffizienz, ökologische<br />
Qualität, Komfort und Ausführungsqualität.<br />
Unabhängig von<br />
der Gebäudegröße oder der Nutzungsart<br />
ist ein Neubau oder eine<br />
Gebäudesanierung eine große Herausforderung<br />
für die Bauherrinnen<br />
und Bauherren.<br />
www.klimaaktiv.at/bauen-sanieren<br />
ÖGNI<br />
Das Zertifizierungssystem der<br />
ÖGNI ist das einzige, das allen<br />
Aspekten des nachhaltigen Bauens<br />
eine gleich große Bedeutung<br />
zumisst. Es wird laufend an<br />
aktuelle Standards und neueste<br />
Erkenntnisse angepasst und ist<br />
für unterschiedliche Gebäudetypen<br />
anwendbar.<br />
www.ogni.at/leistungen/zertifizierung<br />
naBe<br />
Im Aktionsplan nachhaltige öffentliche<br />
Beschaffung wird auf die<br />
Planung, Nutzung und den Rückbau<br />
von Gebäuden, aber auch auf<br />
die Verwertung der Baurestmassen<br />
als Recycling-Baustoff in den<br />
naBe-Kriterien für den Hochbau<br />
Bezug genommen (mindestens<br />
klimaaktiv-Standard Silber, hohe<br />
Innenraumluftqualität).<br />
www.nabe.gv.at/hochbau<br />
ÖGNB<br />
Total Quality (Bewertungsmethode<br />
der ÖGNB) dokumentiert die<br />
Qualität eines Gebäudes von der<br />
Planung über den Bau bis zur Nutzung<br />
im TQ-Gebäudezertifikat.<br />
Das Zertifikat ist das Endprodukt<br />
des integrierten TQ-Planungs- und<br />
Bewertungsprozesses.<br />
www.oegnb.net/tqb/tq.htm<br />
Expertenmeinung von<br />
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Alexander Passer, MSc<br />
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Alexander Passer, MSc ist Inhaber des Lehrstuhls für „Nachhaltiges Bauen“ an der TU Graz. Im Fokus<br />
stehen die lebenszyklusbasierte Nachhaltigkeitsbewertung sowie emissionsarme, klimarobuste Bauweisen.<br />
Fehlt uns die Ernsthaftigkeit den Tatsachen<br />
ins Auge zu schauen? Wollen<br />
wir langfristig viel mehr Geldmittel<br />
einsetzen, weil wir jetzt kurzfristig<br />
denken?<br />
Ja, wir müssen uns der Verantwortung<br />
bewusst werden. Nach aktuellen Plänen<br />
der EU-Kommission müssen öffentliche<br />
Gebäude (Neubauten) in Österreich ab<br />
2027 Nullemissionsgebäude sein und das<br />
Lebenszyklus-Treib hauspotential muss<br />
nach dem EU-Level(s)-Rahmen berechnet<br />
werden. Darin sind die Treibhausemissionen<br />
aus der Herstel lungs-, Nutzungs- und<br />
der Entsorgungs phase enthalten.<br />
Ein nachhaltiges Gebäude ist nicht nur<br />
energieeffizient, es hat auch geringe<br />
Betriebs- und Wartungskosten und einen<br />
kleinen CO2-Fußabdruck. Dazu kommen<br />
der sozio kulturelle Beitrag, die Funktionalität,<br />
das Wohlbefinden, eine hohe Flexibilität<br />
und die lange Nutzungsdauer.<br />
Nachhaltiges Bauen bietet schon jetzt<br />
die Möglichkeiten, um sinnvoll, vorausschauend,<br />
wirtschaftlich und ökologisch,<br />
im besten Sinne zukunftsfähig zu bauen.<br />
Die Möglichkeiten der Gebäudezertifizierung<br />
bieten umfassend Unterstützung<br />
und Qualitäts sicherung. Die wichtigen<br />
Planungsthemen können anhand der<br />
Nachhaltigkeitskriterien gemeinsam im<br />
Vorfeld bei der Entwicklung diskutiert und<br />
im Zuge des Verfahrens evaluiert werden<br />
und es können Mindestkriterien und Prioritäten<br />
festgelegt werden. Diese vorhandenen<br />
Hilfsmittel bieten eine exzellente<br />
Grundlage. Sie bereits jetzt zu nutzen ist<br />
ein Gebot der Stunde.
§<br />
Neues Buch zum Tiroler<br />
64 tirol.wissen<br />
tirol.wissen<br />
Bau- und Raumordnungsrecht<br />
Der Kufsteiner Bürgermeister, Mag. Martin Krumschnabel, im Zivilberuf<br />
Rechtsanwalt, die Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Stadt<br />
Kufstein, Dr. Edda Obernosterer, sowie der selbständige Immobilientreuhänder<br />
und planende Baumeister in Kufstein, Mag. (FH) Dipl.-Ing.<br />
(FH) Paul Vadasz, haben gemeinsam ein Buch zum Thema „Tiroler<br />
Bau- und Raumordnungsrecht“ veröffentlicht.<br />
Auf über 400 Seiten beschreiben Krumschnabel,<br />
Obernosterer und Vadasz<br />
die wesentlichen Bestimmungen dieser<br />
Rechtsmaterien aus der Sicht der Praxis.<br />
„Es ist uns vor allem darauf angekommen,<br />
die raumordnungsrechtlichen Bestimmungen<br />
speziell aus Sicht der Gemeinde zu<br />
erklären, sodass der Ratgeber vor allem<br />
für zukünftige Mandatare und Mandatar*innen<br />
von Gemeinderäten in ganz<br />
Tirol eine wertvolle Arbeitsgrundlage<br />
sein kann“, so Krumschnabel. Darüber<br />
hinaus sei das Werk aber aufgrund der<br />
zahlreichen Literaturhinweise sowie der<br />
Übersichtspläne und Grafiken auch für<br />
sonstige Praktiker*innen aus Baufirmen,<br />
Architekturbüros oder als erster Einstieg<br />
in die Materie für rechtsberatende<br />
Berufe oder alle Bauwerber*innen ge <br />
eignet. Behandelt werden die Grundlagen<br />
der Raumordnung in Tirol, alle Widmungskategorien,<br />
die Erlassung von örtlichen<br />
Raumordnungskonzepten, Flächenwidmungs-<br />
und Bebauungsplänen, die Be bauungsbestimmungen<br />
der Tiroler Bauordnung<br />
sowie das gesamte Bauverfahren<br />
von der Einreichung bis zum Baubescheid.<br />
Weiters werden die Rechte der Gemeindebewohner*innen<br />
und Nachbar*innen<br />
ebenso detailliert dargestellt wie die<br />
Grundlagen der raumordnungsrechtlichen<br />
Verträge.<br />
Das Buch ist bei der Buchhandlung Ögg<br />
in Kufstein am Arkadenplatz so wie<br />
beim Autor Martin Krumschnabel<br />
(rechtsanwalt@krumschnabel.at) zum<br />
Preis von € 64,- zu erwerben.<br />
Licht im<br />
FÖrderdschungel<br />
Welche FÖrdergeber<br />
gibt es?<br />
Welche FÖrderquOte<br />
ist mÖglich?<br />
Welche Fristen<br />
sind zu beachten?<br />
Bei der Finanzierung und Umsetzung von<br />
Projekten sind Gemeinden aufgrund der<br />
oft eingeschränkten finanziellen Mittel auf<br />
Förderungen angewiesen. Förderungen<br />
für Projekte zu erhalten, gestaltet sich<br />
jedoch viel schwieriger, wie auf den ersten<br />
Blick oft angenommen wird. Die Förderlandschaft<br />
wird zudem immer komplexer.<br />
Von der Analyse der Möglichkeiten über<br />
die fachlich richtige Antragstellung und<br />
Prozessabwicklung bis hin zur korrekten<br />
Abrechnung von Förderungen ist es ein<br />
langer Weg. Unzählige Fragen werfen sich<br />
dabei für Gemeinden auf:<br />
Wie erfOlgt die<br />
richtige Antragstellung,<br />
um den<br />
maximalen Output<br />
zu erzielen?<br />
Wie erfOlgt die<br />
kOrrekte Abrechnung,<br />
um alle zugesagten<br />
Mittel<br />
auch tatsächlich<br />
abhOlen zu kÖnnen?<br />
Ist die Gemeinde<br />
antragsberechtigt?<br />
65<br />
Ist das<br />
PROjektvOrhaben<br />
fÖrderfähig?<br />
Auf all diese Fragen versuchen wir eine<br />
Antwort zu geben und die Gemeinden vollumfänglich<br />
zu unterstützen. Gerade in<br />
Zeiten wie diesen, wo alle Fördermöglichkeiten<br />
maximal ausgeschöpft werden sollen,<br />
um das ohnehin schon angespannte<br />
Budget zu entlasten und um Investitionen<br />
tätigen zu können, ist es essenziell,<br />
den Überblick im Förderdschungel<br />
zu bewahren. Ob bei Infrastrukturprojekten,<br />
im Bereich der Digitalisierung oder in<br />
Thematiken rund um Umwelt, Mobilität<br />
und Klima, das Spektrum an unterschiedlichen<br />
Förderprogrammen auf den diversen<br />
Ebenen (Land, Bund, EU) ist weitreichend.<br />
Zudem entscheiden oft Nuancen über einen<br />
positiven oder negativen Förderbescheid<br />
sowie über die Höhe der Förderung.<br />
Gerne unterstützen wir mit unserer<br />
Erfahrung die Gemeinden dabei, sämtliche<br />
Förderpotentiale bestmöglich zu<br />
nutzen.<br />
Kontakt<br />
Maximilian Huber, MA<br />
m.huber@gemnova.at<br />
+43 660 296 89 69
66 tirol.blickt zurück<br />
Franz Gapp aus Sistrans war der erste<br />
Zeitzeuge, der vor unserer Kamera seine<br />
Geschichte erzählt hat. (© GemNova)<br />
Ein Stück<br />
digitalisierte<br />
Geschichte<br />
“Zeitzeugen sind Personen, die von<br />
be stimmten historischen Ereignissen<br />
Zeugnis geben können, weil sie zu der<br />
betreffenden Zeit gelebt haben“, heißt<br />
es auf Wikipedia. Für das Team der<br />
„erlebnis.film“ gehören auch die kleinen<br />
Glücksmomente, einschneidende Erlebnisse,<br />
persönliche Erfolgsgeschichten<br />
oder berufliche oder lokale Ereignisse<br />
dazu. Ältere Menschen haben oft vieles<br />
zu erzählen. Ziel unserer Dokumentationsreihe<br />
„Tiroler Zeugen der Zeit“ ist<br />
es, älteren Menschen die Möglichkeit zu<br />
geben, vor der Kamera über ihr Leben zu<br />
berichten, um einen Teil ihrer Erfahrungen,<br />
Erlebnisse und Erkenntnisse für die<br />
Nachwelt zu erhalten. Bei diesem Projekt<br />
geht es nicht nur um Historisches,<br />
wir versuchen vor allem biographische<br />
Erzählungen in den Mittelpunkt zu rücken<br />
und damit Dinge von der älteren Generation<br />
zu erfahren, die sonst im Verborgenen<br />
bleiben würden. Diese Erzählungen<br />
sollen für die Nachwelt auf Film<br />
gebannt, archiviert und online veröffentlicht<br />
werden. Denn gerade in Zeiten der<br />
Aufarbeitung der Pandemiefolgen erachten<br />
wir es als wichtig, durch Kommunikationsmangel<br />
entstandenen Gefühlen des<br />
Unbehagens, die zu einer Entfremdung<br />
der Gesellschaft geführt haben, entgegenzutreten<br />
und den Dialog zwischen<br />
Alt und Jung mit diesem Archiv wieder in<br />
Bewegung zu bringen.<br />
„Die Tiroler sind lustig,<br />
die Tiroler sind froh;<br />
sie verkaufen ihr Bettchen<br />
und schlafen auf Stroh.“<br />
Mit diesem Ausschnitt eines Volksliedes<br />
be schreibt Franz Gapp den stark ansteigenden<br />
Fremdenverkehr und die damit verbundenen<br />
Folgen in den Gemeinden Aldrans<br />
und Sistrans, die er dort seit 1954 miterlebt.<br />
Seit über 70 Jahren lebt der am 25.01.1931<br />
geborene Aldranser nun in Sistrans und<br />
be richtet in der Pilotfolge unserer Dokumentationsreihe<br />
über seine Vergangenheit.<br />
1950, im Alter von 19 Jahren, bekam er seinen<br />
ersten Lehrerposten an der Volksschule<br />
Rum und war von 1954 bis 1992 Direktor der<br />
Volksschule Sistrans. Anschließend verschlug<br />
es ihn in die Politik, genauer gesagt hatte er<br />
17 Jahre den Posten des Vize- und 12 Jahre<br />
den des Bürgermeisters inne. „Ein Bürgermeister<br />
ist damals und heute dazu da, dass<br />
alles passt. […] Man ist nichts anderes als der<br />
Diener des Volkes […].“ Die Zeit als Politiker<br />
hat Franz Gapp geprägt. Man müsse in diesem<br />
Beruf am Boden bleiben und sich nicht<br />
auf ein Podest stellen lassen. Durch diese<br />
Einstellung gelang es ihm 1992 mit ganzen<br />
77 % wieder ins Amt gewählt zu werden.<br />
Seit Klein auf ist die Musik ein großer Teil<br />
seines Lebens; nicht nur als Musiker, sondern<br />
auch als Organist, Kapellmeister und<br />
im Kirchenchor war Franz tätig. Zwischen<br />
Anekdoten über waghalsige Abenteuer mit<br />
seinem Bruder oder den Besuch der Queen<br />
Elizabeth II erzählt er über für die heutige<br />
Generation längst vergessene Dinge.<br />
Tiroler Zeugen<br />
der Zeit<br />
Eine spannende Ergänzung zur<br />
analogen Dorfchronik.<br />
Mit jeder Person, die unsere Welt<br />
verlässt, geht leider auch eine<br />
große Menge an Wissen und<br />
Erinnerungen aus alten Zeiten<br />
unwiederbringlich verloren. Mit<br />
der Dokumentationsreihe „Tiroler<br />
Zeugen der Zeit“ erzählen ältere<br />
Mitbürger*innen aus ihrer Vergangenheit.<br />
In anspruchsvoll gestalteten<br />
Videos konservieren wir diese<br />
Geschichten für die Zukunft.<br />
Einen kleinen Einblick und weitere<br />
Infos zum Projekt bekommen<br />
Sie hier:<br />
ZUM AUTOR<br />
BERNHARD GARBER<br />
Bernhard Garber ist Geschäftsführer<br />
der erlebnis.film. Er hat jahrelange<br />
Erfahrung in der Tiroler Film- und<br />
Fernsehlandschaft und ist die richtige<br />
Ansprechperson für alle Themen, die<br />
Videoproduktion, Podcast und neue<br />
Medien betreffen.<br />
Kontakt: b.garber@erlebnis.film
68 tirol.sportlich und gesund<br />
„Modellregion bewegtes Tirol“<br />
– der Name ist Programm<br />
Im Zuge dieses Programms sollen jene Menschen<br />
angesprochen werden, die Interesse<br />
haben, aber bis lang noch nicht den richtigen<br />
Zugang zu Bewegung und Sport in ihrer<br />
Gemeinde gefunden haben.<br />
(© Tirol Werbung / Dominik Gigler)<br />
Bewegung ist – neben guter Ernährung<br />
und ausreichend Entspannung – ein<br />
Schlüssel zu Wohlbefinden und Gesundheit.<br />
Und auch wenn die Tiroler*innen<br />
als besonders sportlich gelten, so integriert<br />
ca. ein Drittel der Bevölkerung<br />
nach wie vor viel zu wenig Bewegung in<br />
den Alltag. Das soll sich jetzt durch ein<br />
umfassendes Pilotprojekt der Lebensraum<br />
Tirol Holding und der GemNova<br />
mit Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />
in ausgewählten Gemeinden<br />
ändern.<br />
Mindestens 10.000 Schritte - so viel sollte<br />
der Mensch im Idealfall täglich machen.<br />
Stattdessen sind die meisten von uns<br />
zu echten Innenraumgewächsen mutiert<br />
und verbringen den Großteil des Tages<br />
im Sitzen und vor einem Bildschirm. Dass<br />
dies der Gesundheit nicht förderlich ist,<br />
ist vielfach wissenschaftlich untersucht<br />
und bewiesen.<br />
Im Zuge des Programmes „Modellregion<br />
bewegtes Tirol“ der Lebensraum Holding<br />
wurde die GemNova als Kooperationspartnerin<br />
für die Etablierung eines Sportbetreuungssystems<br />
für Gemeinden ins Boot<br />
geholt. „Über diese Initiative wollen wir in<br />
unseren Gemeinden noch mehr Tirolerinnen<br />
und Tiroler erreichen und sie für<br />
mehr Bewegung im Alltag begeistern“,<br />
erklärt Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler<br />
Gemeindeverbandes. Denn derzeit gebe<br />
es in Tirol abseits der Sportvereine und<br />
Verbände noch keine verbindende Struktur,<br />
welche die Betreuung, Vernetzung und<br />
Erweiterung von Bewegungs- und Sportangeboten<br />
ermögliche, so Schöpf.<br />
Gaben den Startschuss zur Initiative „Modellregion bewegtes Tirol“,<br />
v.l.n.r: Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf, Josef Margreiter (GF<br />
Lebensraum Tirol Holding) sowie Angelika Rafetzeder und Angela<br />
Semrajc von der GemNova (© Lebensraum Tirol Holding / Oss)<br />
Dabei geht es nicht um sportliche<br />
Höchstleistungen, sondern um ein<br />
Bewegungs- und Sportangebot, das<br />
auch für Anfänger*innen attraktiv ist.<br />
Und deshalb ist die Zielgruppe dieses<br />
Pilotprojektes auch nicht in erster Li nie<br />
jene Bevölkerungsgruppe, die ohnehin<br />
schon sportlich unterwegs ist; vielmehr<br />
sollen jene Menschen angesprochen<br />
werden, die Interesse haben, aber bislang<br />
noch nicht den richtigen Zugang zu<br />
Bewegung und Sport in ihrer Gemeinde<br />
gefunden haben.<br />
Egal, ob es eine Runde Nordic Walking,<br />
eine kleine Wanderung oder sanfte<br />
Gymnastik ist – auch moderate Bewegung<br />
führt zu mehr Wohlbefinden durch<br />
gesteigerte Kondition, einem verbesserten<br />
Körpergefühl und einem ausgeglichenen<br />
Geist.<br />
Koordinator*innen als Programmmacher<br />
und Networker<br />
In vielen Gemeinden fehlt es derzeit noch<br />
an personellen Ressourcen, die sich mit<br />
dem Thema „Sport und Bewegung“ auseinandersetzen.<br />
Das soll sich nun mit Hilfe<br />
von sogenannten Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />
ändern; sie werden vorerst<br />
in ausgewählten Gemeinden tätig.<br />
Nach Analyse von Lücken und Problemfeldern<br />
im Sportangebot der Gemeinden<br />
sollen die Koordinator*innen vor allem<br />
lokale Leistungsträger wie private Anbieter,<br />
Vereine und Schulen vernetzen und so<br />
das Sportangebot noch mehr Menschen<br />
zugänglich machen. Langfristig soll die<br />
Initiative den Gemeinden beim Kostensparen<br />
helfen, da die Bürger*innen durch<br />
mehr Bewegung insgesamt gesünder<br />
und fitter werden und damit wiederum<br />
beispielsweise der Aufwand in der Pflege<br />
gesenkt werden könnte.<br />
„Tirol kann eine Modellregion für gesundes<br />
Leben und Wirtschaften werden.<br />
Dabei steht – neben einer gesunden Natur<br />
und Wirtschaft – vor allem die Gesundheit<br />
der Menschen im Mittelpunkt. Bewegung<br />
ist erwiesenermaßen ein zentraler<br />
Schlüssel dazu, weshalb wir uns zum Ziel<br />
gesetzt haben, Projekte mit Modellcharakter<br />
und Strahlkraft im Bereich Bewegung<br />
und Sport umzusetzen“, erklärt<br />
Josef Margreiter, Geschäftsführer der<br />
Lebensraum Tirol Holding.<br />
So soll dieses Projekt auch dazu beitragen,<br />
über Bewegung und Sport im Ort<br />
die Gemeinschaft zu stärken und die<br />
Gemeinde vom reinen Wohnort zum Lebensmittelpunkt<br />
zu erweitern. Interessierte<br />
Gemeinden, die als Pilotgemeinden<br />
Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />
etablieren möchten, sind eingeladen sich<br />
bei der GemNova zu melden.<br />
„Modellregion bewegtes Tirol“<br />
ist ein Programm der Lebensraum<br />
Tirol Holding, mit dem Ziel,<br />
modellgebende Projekte im Bewegungs-<br />
und Sportbereich sichtbar<br />
zu machen und umzusetzen.<br />
Neben diesem Gemeindeprojekt<br />
wird eine Sportevent-Strategie für<br />
Tirol entwickelt, die den nachhaltigen<br />
und sinnstiftenden Einsatz<br />
von Sportevents sicherstellen soll.<br />
Im Zuge eines weiteren Projekts<br />
sollen in den Tiroler Schulen die<br />
vielfältigen Sportangebote in der<br />
Region in Form von alpinen Standort-Schulsporttagen<br />
aufgezeigt<br />
werden. Weiters wurde das Sports<br />
Research Lab Tirol – eine gemeinsame<br />
Forschungsinitiative der vier<br />
Tiroler Hochschulen – ins Leben<br />
gerufen und ein Sportnetzwerk<br />
wird in Tirol auf- und ausgebaut.<br />
www.lebensraum.tirol/sport<br />
ZU DEN AUTORINNEN<br />
Angela Semrajc, MA und<br />
Angelika Rafetzeder, MA begleiten die<br />
„Modellregion bewegtes Tirol“ seitens<br />
der GemNova und freuen sich darauf,<br />
gemeinsam mit Bewegungs- und<br />
Sportkoordinator*innen wieder mehr<br />
Menschen in den Tiroler Gemeinden<br />
für Bewegung zu begeistern.
70 tirol.sportlich und gesund<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
71<br />
HOPPLa,<br />
hab ICh da<br />
Gedacht...<br />
In diesen Tagen gibt´s ein ziemliches<br />
G´riss um deine Person, Peter.<br />
Ja, es ist einfach unglaublich. Jeder will<br />
etwas von mir. Interviewanfragen von der<br />
FAZ, von der Süddeutschen. All das nur,<br />
weil ich zufällig achtzig werde. Es gibt<br />
so gar Leute, die kommen einfach bei mir<br />
zu Hause vorbei, klingeln an der Haustüre,<br />
wollen mit mir reden. Eh nur ganz kurz,<br />
wie sie sagen.<br />
Irgendwann<br />
wird mir alles dOch<br />
etwas zu viel, dann<br />
hau ich wieder in die<br />
Berge ab.<br />
Der damals beinahe 75-jährige Peter Habeler<br />
und David Lama in der Eiger Nordwand<br />
(© S. Siegrist)<br />
Kürzlich erreichte mich von Peter Habeler eine<br />
E-Mail. Er war gerade am Großglockner, dann in<br />
Sardinien, auch in Arco zum Klettern. „Ab dem 80er<br />
wird´s hektisch, ruhiger erst ab dem 90er“, schrieb<br />
er. Ein Zeitfenster für unser Interview ist dennoch<br />
rasch gefunden. „Komm bitte um drei Uhr zu mir,<br />
weil vormittags bin ich immer am Berg unterwegs.“<br />
REINHOLD OBLAK IM GESPRÄCH MIT PETER HABELER<br />
Kurz vor deinem 75er warst du mit David<br />
Lama nochmals in der Eiger Nordwand, kurz<br />
vor deinem 80er am Großglockner. Die<br />
Berge bestimmen nach wie vor dein Leben.<br />
Ja, zum Glück. Weil es gibt einfach noch so<br />
viel, was ich nicht kenne. Ich bin noch recht<br />
gut drauf, halte nach wie vor meine 58 Kilo.<br />
Und ich bin wie mein ganzes bisheriges<br />
Leben unglaublich gerne in den Bergen<br />
unterwegs. Es taugt mir einfach in Arco an<br />
den Felsen herumzuturnen oder im Winter<br />
bei mir daheim im Zillertal Skitouren zu<br />
machen. Eigentlich jeden Tag eine Skitour.<br />
Gemeinsam mit dem Klettern ist das mein<br />
Jungbrunnen.
72 tirol.sportlich und gesund<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
73<br />
Reinhold Messner und Peter Habeler bei<br />
einem Zwischenstopp in Delhi, nach der Everest-Besteigung<br />
ohne Flaschensauerstoff 1978<br />
(© Archiv Habeler)<br />
© Privat<br />
Den Peter kenne ich seit vielen<br />
Jahren. Er ist nicht nur ein großer<br />
Bergsteiger, sondern auch eine<br />
warmherzige Persönlichkeit. Er<br />
mag die Menschen, behandelt sie<br />
immer respektvoll und herzlich.<br />
Egal ob in Nepal, im Iran oder bei<br />
uns in Österreich. Leider war ich<br />
mit ihm nie auf einer Expedition,<br />
doch auf einer gemeinsamen<br />
Reise zum Damavand hatten wir<br />
eine schöne, intensive und vor<br />
allem lustige Zeit. Sein Humor<br />
ist nämlich eine seiner weiteren<br />
Stärken. Peter zeigt uns außerdem,<br />
dass man auch in höherem<br />
Alter noch fit bleiben und vieles<br />
bewirken kann.<br />
Gerlinde Kaltenbrunner<br />
© Schöffel<br />
Dein Leben beeinflusst haben natürlich<br />
auch Menschen. Reinhold Messner, den du<br />
Mitte der sechziger Jahre in den Dolomiten<br />
kennengelernt hast, war einer von ihnen.<br />
Der Blasl Sepp (Anm.: der Osttiroler Sepp<br />
Mayerl), unser großer Lehrmeister, hat<br />
uns zusammengebracht. Er hat damals<br />
in Finkenberg den Kirchturm eingedeckt<br />
und mich in die Dolomiten mitgenommen.<br />
Reinhold und ich waren einfach<br />
blutsverwandt, da hat es von Anfang an<br />
gepasst. Eigentlich unglaublich, wie sich<br />
all das ergeben und weiterentwickelt hat.<br />
Reinhold hat freilich immer groß gedacht,<br />
gleichzeitig auf so viele Details geachtet.<br />
Vor unserer Besteigung des Hidden Peak<br />
im Alpinstil hat er etwa alles auf ein Blatt<br />
skizziert, einfach so, aus dem Gedächtnis<br />
heraus. Und es hat gestimmt.<br />
1970 solltest du ja mit Reinhold<br />
gemeinsam zum Nanga Parbat fahren.<br />
Du hast dich dann aber für die USA,<br />
für deine damalige Frau Susan entschieden.<br />
Deinen Platz nahm Günther<br />
Messner ein …<br />
… der dann, wie du weißt, tragischerweise<br />
beim Abstieg ums Leben kam. Ich hätte<br />
für diese von Karl Herrligkoffer organisierte<br />
Expedition fünftausend Mark zahlen<br />
müssen, aber ich hatte ja kein Geld, keine<br />
Sponsoren. Darum bin ich damals in die<br />
Skischule vom Pepi Stiegler nach Jackson<br />
Hall in Wyoming geflogen, hab dort als<br />
Skilehrer gearbeitet, Geld verdient.<br />
In dieser Zeit wurde ja auch dein erster<br />
Sohn geboren, den du – Messner zu<br />
Ehren – Reinhold nanntest.<br />
Genau. Es war mir einfach wichtig, so ein<br />
Zeichen zu setzen. Ich bin heute mit meinem<br />
Sohn in recht losem Kontakt. Reinhold<br />
lebt jetzt in Australien, ist dort beim Fernsehen<br />
beschäftigt. Und es geht ihm gut.<br />
Reinhold Messner und du seid eine<br />
unglaublich starke, eine höchst<br />
erfolgreiche Seilschaft gewesen.<br />
Vom Charakter freilich recht unterschiedlich.<br />
Du eher leise und …<br />
Reinhold und ich waren und sind vor<br />
allem echte Partner, Freunde. Ich konnte<br />
mich immer zu hundert Prozent auf ihn<br />
verlassen – und umgekehrt. Gemeinsam<br />
haben wir in all dieser Zeit die prächtigsten<br />
und nachhaltigsten Momente in<br />
Wer so wie ich das Glück hatte,<br />
an Peters Seite jahrzehntelang<br />
alle Facetten des Bergsteigens<br />
kennen zu lernen, mit dem hat<br />
es das Schicksal gut gemeint.<br />
Die Selbstverständlichkeit, mit<br />
welcher er auch das schwierigste<br />
bergsteigerische Problem<br />
löste, die Leichtigkeit, mit der er<br />
die schwierigsten Kletterstellen<br />
meisterte, ist nur den Besten<br />
vorbehalten, zu welchen Peter<br />
zweifelsohne zählt.<br />
Horst Fankhauser<br />
den Bergen erleben dürfen. Nach dem<br />
Everest hat er im Höhenbergsteigen<br />
neue Maßstäbe gesetzt. Ich bin wieder<br />
zurück ins Zillertal und hab als Bergführer<br />
gearbeitet. Sein Lebensweg war<br />
somit ein anderer – ein ungemein beeindruckender.<br />
Als Bergsteiger, als Autor,<br />
als Vortragender, als Politiker, mit seinen<br />
Museen, jetzt als Filmemacher. Er hat<br />
mit allem Erfolg gehabt und – noch wichtiger<br />
– er ist so wie ich noch am Leben.<br />
Weil die meisten meiner Expeditionspartner<br />
sind ja schon lange tot.<br />
Wer heute deinen Namen hört, denkt<br />
sofort an die Besteigung des Everest<br />
ohne Flaschensauerstoff – im Mai<br />
1978. Ärgert es dich eigentlich, vor<br />
allem darauf reduziert zu werden?<br />
Nein, das stört mich überhaupt nicht. Es<br />
gehört ja zu meinem Leben dazu. Außerdem<br />
hat mir der Everest wirtschaftlich weitergeholfen.<br />
Wir haben damals in Mayrhofen in<br />
einer winzigen Wohnung gewohnt, auf 30<br />
m2, meine Frau, mein Sohn Christian und ich.<br />
Das war schon ziemlich beengt. Und plötzlich<br />
kamen da Anfragen für Vorträge, das war in<br />
dieser Form neu für mich. Hoppla, hab ich mir<br />
da gedacht, daraus kann ich etwas machen …<br />
… und hast dafür die Besteigung<br />
weiterer Achttausender aufgegeben.<br />
Klar, das hab ich ja müssen. Vor allem aus<br />
finanziellen Gründen. Als Jugendlicher, frag<br />
mich nicht warum, hatte ich immer Angst<br />
vor der Altersarmut. Und plötzlich diese<br />
Möglichkeit, gut bezahlte Vorträge über<br />
meine Everest-Besteigung zu machen.<br />
Das hat mir natürlich eine wirtschaftliche<br />
Sicherheit gegeben, dafür hab ich gerne<br />
auf andere Achttausender verzichtet.<br />
Außerdem hatte ich einen kleinen Sohn,<br />
eine kleine Familie zu versorgen. Bei Reinhold<br />
war die Situation eine völlig andere,<br />
darum konnte er weitere Expeditionen<br />
unternehmen.<br />
Wer hoch steigt, kann tief in sich blicken.<br />
Was hast du dabei in dir gesehen?<br />
Nach wie vor die unbändige Freude an der<br />
Natur, am Bergsteigen, Skitouren, Klettern.<br />
Diese Lust an der Bewegung wird<br />
mich hoffentlich noch lange antreiben. Vor<br />
allem hab ich wunderschöne Erinnerungen<br />
an meine Bergfreunde, von denen<br />
allerdings die meisten nicht mehr Leben.<br />
Ich weiss nicht<br />
mehr wer genau<br />
das gesagt hat,<br />
aber dieser Satz<br />
stimmt einfach:<br />
Die grÖsste Kunst<br />
beim Bergsteigen<br />
ist, dass man<br />
gesund bleibt<br />
und alt wird.<br />
Eines deiner Markenzeichen war ja die<br />
leichte Ausrüstung, die Schnelligkeit<br />
am Berg. Wenn du heute die Bilder von<br />
den Menschenmassen – etwa am Everest<br />
– siehst, was denkst du dir dabei?<br />
Ich schimpf jetzt nicht mehr laut darüber,<br />
ich nehm´s bedauernd und leise zur Kenntnis.<br />
Wir durften damals am Everest noch<br />
ein goldenes Zeitalter erleben, auch mitgestalten.<br />
Wir waren alleine am Berg unterwegs,<br />
nur auf uns gestellt, hatten keine<br />
Menschenmassen vor und hinter uns. Kein<br />
Handy, keine verlässliche Wettervorhersage,<br />
kein riesengroßes Sicherheitsnetz, keinen<br />
Flaschensauerstoff.<br />
Dafür die wirkliche Herausforderung mit der<br />
Natur, mit dem Berg. Aber das waren eben<br />
andere, völlig andere Zeiten.<br />
Den Peter kenn ich schon ewig.<br />
Ich hab ja bei ihm damals auch<br />
den Bergführerkurs gemacht.<br />
Auch danach haben wir uns<br />
immer wieder getroffen. Er ist<br />
ein ganz großer Bergsteiger, ein<br />
Vorbild für viele. Nicht nur wegen<br />
dem Everest ohne Sauerstoff.<br />
Dass er auch heute noch so aktiv<br />
in den Bergen unterwegs ist,<br />
freut mich sehr.<br />
Kurt Diemberger<br />
© Privat
Der großartige Tiroler Bergsteiger<br />
Hias Rebitsch – den auch Peter<br />
sehr verehrt hat – sagte einmal:<br />
„Es ist nicht schwer ein guter<br />
Bergsteiger zu werden, aber sehr<br />
schwer, ein alter Bergsteiger zu<br />
sein!“ Peter hat es sich nicht<br />
leicht gemacht, ein guter, ja einer<br />
der besten Bergsteiger der Welt<br />
zu werden. Aus seiner Zillertaler<br />
Heimat hat er über den Horizont<br />
hinausgeschaut und hat seinem<br />
Ehrgeiz und seinem Willen seine<br />
großartigen Erfolge zu verdanken.<br />
Peter ist ein Mensch mit großem<br />
Charisma, fröhlich und humorvoll.<br />
Auf vielen gemeinsamen Touren –<br />
und langen Abenden – konnte ich<br />
das immer wieder erleben.<br />
Wolfgang Nairz<br />
© Privat<br />
Mit Lukas Furtenbach mischt heute<br />
ja auch ein Tiroler sehr erfolgreich<br />
bei diesem Everest-Tourismus mit.<br />
Für 200.000 € bietet er eine Privatführung<br />
und höchsten Komfort an.<br />
Ich weiß, ich kenne ihn auch. In 16 Tagen<br />
auf den Everest. Das ist schon gut geplant<br />
und organisiert. Alles durchgehend mit<br />
Fixseilen versichert, die Touristen jümarn<br />
sich da begleitet von Sherpas hinauf,<br />
davor und dahinter viele andere Leute.<br />
Es gibt doch die entsprechenden Fotos<br />
von diesen Menschenschlangen. Ein<br />
Bekannter von mir war erst vor wenigen<br />
Wochen am Gipfel, beim Abstieg hat er<br />
am Hillary Step von einem aufsteigenden<br />
Bergsteiger einen ordentlichen Rempler<br />
erhalten. Fast wäre er abgestürzt. So ist<br />
das heute. Bei 200 Leuten am Gipfel–<br />
tag. Aber was soll´s, ich kann das nicht<br />
ändern.<br />
das Leben ist einfach<br />
lebenswert, auch im<br />
fOrtgeschrittenen alter.<br />
Mit David Lama hat dich viel verbunden.<br />
Du warst sein Entdecker, sein<br />
erster Förderer. Und am Ende ei–<br />
ner jener, die die Trauerrede für ihn<br />
gehalten haben.<br />
Als ich von seinem Tod am Howse Peak in<br />
Kanada erfahren habe, vor drei Jahren, bin<br />
ich zum Weinen gekommen. Mit ihm sind<br />
ja auch der Ötztaler Hansjörg Auer und<br />
der Amerikaner Jess Rosskelley gestorben.<br />
Alle drei ganz tolle Bergsteiger. Ein Foto<br />
von David steht auf meinem Schreibtisch.<br />
Nachdem seine Leiche von Bergrettern<br />
geborgen wurde, schickte mir einer von<br />
ihnen ein Ahornblatt aus dieser Gegend.<br />
Das war für mich schon sehr berührend.<br />
Ich hab David´s gesamten Werdegang verfolgt,<br />
er gehörte fraglos zu den Großen.<br />
Am 22. <strong>Juli</strong> wirst du 80, du bist fit und<br />
gesund. Gibt es etwas, und ich meine<br />
nicht nur Alpinistisches, was du noch<br />
gerne machen würdest?<br />
Ich versuche einfach jeden Tag zu genießen.<br />
Die Triebfeder für alles ist einfach die<br />
Freude an der Bewegung. Klettern schult die<br />
Behändigkeit, das Hirn ist auch be schäftigt,<br />
du musst sehr konzentriert sein. Beim Skitouren<br />
wiederum freue ich mich über den<br />
Rhythmus, über das langsame Höhersteigen,<br />
bis zum höchsten Punkt.<br />
Zur PersOn<br />
Peter Habeler<br />
Peter Habeler wurde am 22. <strong>Juli</strong> 1942<br />
in Mayrhofen im Zillertal geboren. Sein<br />
Vater starb, als er sechs Jahre alt war.<br />
Bereits als Kind war er immer wieder in<br />
den Zillertaler Alpen unterwegs. Er lernte<br />
den Beruf des Glasmalers, legte 1965<br />
als Jahrgangsbester die Bergführerprüfung<br />
ab. Habeler gelangen spektakuläre,<br />
unglaublich schnelle Touren in den Alpen,<br />
in den amerikanischen Rocky Mountains,<br />
im Himalaya. So durchstieg er etwa 1974<br />
die Eiger Nordwand gemeinsam mit Reinhold<br />
Messner in knapp neun Stunden.<br />
1975 schaffte er, ebenfalls mit Messner,<br />
die Besteigung des Achttausenders Hidden<br />
Peak erstmals im Alpinstil. 1978 folg te<br />
die erstmalige Besteigung des Everest ohne<br />
Flaschensauerstoff. Danach er reichte er<br />
noch die Gipfel der Achttausender Nanga<br />
© Bob Carmichael<br />
Alles Gute an einen herausragenden<br />
Kletterer, der sich vor allem<br />
über den Stil seiner Aufstiege definiert<br />
hat. Auch dieser Stil trug<br />
wesentlich zu deiner Reputation<br />
bei, Peter. Dein Leben und deine<br />
Erfolge als Bergsteiger zeigen<br />
eindeutig die Kraft und den Willen,<br />
auch die schwierigsten Ziele<br />
erfolgreich zu erreichen.<br />
Parbat (1985), Cho Oyu (1986) und Kangchendzönga<br />
(1988). Zu seinen Seilpartnern<br />
zählten unter anderem Sepp Mayerl, Hias<br />
Rebitsch, Doug Scott, Marcel Rüedi, Carlos<br />
Buhler, Michael Dacher oder Reinhold<br />
Messner.<br />
1970 war Habeler als Skilehrer in den<br />
USA tätig. Von 1972 bis 1979 arbeitete<br />
er als Ausbildungsreferent im Verband<br />
Österreichischer Berg- und Skiführer,<br />
1980 gründete er seine Skischule im Zillertal.<br />
1995 lernte Habeler den damals<br />
fünf jährigen David Lama im Zillertal kennen<br />
und wurde sein erster großer Förderer.<br />
Peter Habeler hat drei Söhne, Reinhold<br />
(1970), Christian (1977), Alexander (1982)<br />
und lebt mit seiner Lebensgefährtin Jutta<br />
Wechselberger nach wie vor im Zillertal.<br />
Peter ist eine leidenschaftliche,<br />
weltoffene Persönlichkeit.<br />
Unsere Gespräche waren immer<br />
befruchtend und im Gegensatz<br />
zu vielen anderen Leuten hatte<br />
ich nie das Gefühl, das Themen<br />
tabu waren. Unsere Stärken und<br />
Schwächen, unsere Träume und<br />
Ziele haben uns eng miteinander<br />
verbunden. Wie etwa bei unserer<br />
gemeinsamen Expedition am<br />
Kangchendzönga. Uns getroffen<br />
zu haben, gemeinsam klettern<br />
zu dürfen, war für uns beide<br />
Glück und Belohnung. Mein Leben<br />
wurde in den Wochen, die ich mit<br />
Peter verbracht habe, auf vielen<br />
Ebenen bereichert.<br />
Carlos Buhler<br />
© Privat<br />
Lynn Hill
76 tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund<br />
77<br />
Football<br />
macht Schule<br />
Spätestens beim alljährlichen Superbowl zeigt sich,<br />
dass auch in unseren Regionen American Football immer<br />
beliebter wird; aber bei den meisten von uns bleibt<br />
es dann doch beim Zuschauen. Nicht so bei den Swarco<br />
Raiders Tirol, wo schon seit Jahren sehr erfolgreich<br />
Football gespielt wird.<br />
American Football<br />
in Österreich<br />
1984<br />
Seit annähernd 40 Jahren wird<br />
American Football auch in Österreich<br />
gespielt.<br />
64 Vereine<br />
41 American Football und 23 Flag<br />
Football Vereine gibt es mittlerweile<br />
in ganz Österreich.<br />
5.200 Athlet*innen<br />
Über 5.200 Athlet*innen sind in<br />
Vereinen aktiv. Tendenz steigend.<br />
Die Begeisterung für diesen Sport fängt<br />
schon bei den Kleinen an, weshalb die<br />
Stadt Innsbruck, die Swarco Raiders Tirol<br />
und die GemNova gemeinsam ein<br />
Projekt auf die Beine gestellt haben, um<br />
Schüler*innen einen Zugang zu dieser<br />
beliebten Sportart zu ermöglichen.<br />
„Wir möchten Kinder und Jugendliche<br />
über die Schule hinaus für Bewegung<br />
und Sport begeistern und ihnen das Kennenlernen<br />
unterschiedlicher Sportarten<br />
erleichtern“, erklärt die für Bildung und<br />
Sport zuständige Innsbrucker Stadträtin<br />
Elisabeth Mayr. GemNova-Geschäftsführer<br />
Alois Rathgeb ergänzt: „Unsere<br />
Freizeitpädagogen und - pädagoginnen<br />
haben in den vergangenen Wochen an<br />
den Innsbrucker Schulen das Thema<br />
American Football aktiv angesprochen.<br />
Im Rahmen der schulischen Freizeitbetreuung<br />
haben auch schon einige Spieler<br />
in den Schulen vorbeigeschaut, über<br />
ihren Sport erzählt und sich mit den Kindern<br />
ausgetauscht.“<br />
Als Highlight für die interessierten Kinder<br />
fand ein Probetraining gemeinsam mit den<br />
Raiders statt: „Wir freuen uns, dass damit<br />
die Tür zum American Football noch weiter<br />
geöffnet wird, denn Nachwuchs ist die<br />
Basis des Erfolgs und in der Raiders-Familie<br />
immer herzlich willkommen“, unterstreicht<br />
Claudia Nuener, Club-Managerin der<br />
Swarco Raiders, die Freude über das gelungene<br />
Projekt.<br />
Fünffacher Europameister<br />
Das österreichische Junioren-Nationalteam<br />
konnte bereits fünfmal<br />
den Europameistertitel holen.<br />
Quelle: AFBÖ<br />
ZUR AUTORIN<br />
KATHRIN MALINA, DIPL. SOZ. PÄD.<br />
Kathrin Malina arbeitet seit sechs Jahren bei der GemNova und ist<br />
seit 2019 Teil des Bildungspool-Teams. Wenn sie sich nicht gerade<br />
um die Koordination in Kufstein und Umgebung kümmert, trifft<br />
man sie meistens irgendwo beim Berggehen mit ihrem Hund.<br />
Große Freude bei den Kindern beim Probetraining<br />
mit den Swarco Raiders im American<br />
Football Zentrum Innsbruck. (© GemNova)<br />
Kontakt: k.malina@gemnova.at
78 tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund<br />
79<br />
G‘sund in Serfaus,<br />
Fiss und Ladis<br />
Die drei Gemeinden im Oberland sind tirolweit die ersten Kommunen, die<br />
das Projekt „Gesunde Gemeinde“ seit dem Vorjahr Schritt für Schritt<br />
umsetzen. Die ersten konkreten Ergebnisse liegen nun vor, weitere<br />
Gemeinden stehen in den Startlöchern.<br />
Ein kurzer Blick zurück: Vor über 30 Jahren<br />
waren es Gemeinden in der Steiermark<br />
und in Oberösterreich, welche die Idee der<br />
„Gesunden Gemeinde“ aufgriffen und sie<br />
über die Jahre mit Leben füllten. Die ersten<br />
Arbeitskreise wurden gegründet, Inhalte<br />
diskutiert, Schwerpunkte gesetzt und die<br />
konkrete Umsetzung in die Wege geleitet.<br />
Seit dem Vorjahr gibt es nun auch in Tirol<br />
drei Gemeinden, die dem Weg der Steirer<br />
und Oberösterreicher folgen: Fiss, Serfaus,<br />
Ladis. Professionell begleitet werden sie<br />
dabei von einer Arbeitsgemeinschaft, in<br />
welcher der avomed (Arbeitskreis für Vorsorgemedizin<br />
und Gesundheitsförderung),<br />
der Verein Sicheres Tirol und die GemNova<br />
ihre Expertise gebündelt zur Verfügung<br />
stellen sowie den gesamten Prozess<br />
organisieren und begleiten.<br />
Die Kernidee der „Gesunden Gemeinde“<br />
Konkrete Projekte zur Gesundheitsförderung<br />
sollen dort umgesetzt werden,<br />
wo die Bürger*innen leben, lieben und<br />
arbeiten; also direkt in der Gemeinde.<br />
Wichtig ist dabei: Vorschläge sollen nicht<br />
von oben aufgesetzt, sondern von unten<br />
gemeinsam erarbeitet werden.<br />
„Das Konzept der ‚Gesunden Gemeinde‘<br />
ist bewusst sehr weit gefasst. Gesundheit<br />
bedeutet nicht nur die Abwesenheit von<br />
Krankheit, sondern vor allem auch Wohlbefinden<br />
und Lebensqualität. Das reicht<br />
von einer gesunden Ernährung über aktive<br />
Bewegung bis hin zu sozialer Teilhabe“,<br />
erklärt Claudia Hackhofer vom Verein<br />
Sicheres Tirol.<br />
Bereits im Herbst des Vorjahres fanden<br />
in Fiss, Serfaus und Ladis die ersten<br />
Auftaktveranstaltungen statt. Dabei wurde<br />
das Konzept der „Gesunden Gemeinde“<br />
vorgestellt; im Anschluss daran wurden<br />
gleich die ehrenamtlichen Arbeitskreise<br />
gegründet. „Dabei ist es wichtig, dass die<br />
Bürger*innen aktiv einbezogen werden und<br />
Menschen aus verschiedensten Alters- und<br />
Berufsgruppen vertreten sind“, so Brigitte<br />
Mölschl vom avomed. In den einzelnen<br />
Arbeitskreisen galt es zu erheben, was in<br />
der jeweiligen Gemeinde rund um das Thema<br />
Gesundheit tatsächlich gebraucht wird.<br />
Doch wie sehen nun die ersten konkreten<br />
Ergebnisse in diesen drei Tiroler Pilotgemeinden<br />
aus, welche Ideen konnten mittlerweile<br />
umgesetzt werden?<br />
Serfaus<br />
Die Bürgermeister von Serfaus, Fiss und<br />
Ladis freuen sich über die Auszeichnung zur<br />
„Gesunden Gemeinde“: Paul Greiter, Simon<br />
Schwendinger und Hans Pittl<br />
(© Gesunde Gemeinde Tirol)<br />
Dominika Wachter aus Serfaus: „Wir sind<br />
rund 15 Leute, die mit großer Begeisterung<br />
dabei sind. Natürlich haben nicht immer<br />
alle Zeit. Begonnen haben wir mit unserem<br />
Generationencafé.“ Jeden ersten Dienstag<br />
im Monat wird zu einem gemütlichen Beisammensein<br />
ins Kulturzentrum des knapp<br />
1.200 Menschen zählenden Dorfes geladen.<br />
Ob gemeinsames Spielen, leidenschaftliches<br />
Diskutieren, gegenseitiges Helfen –<br />
verschiedenste Veranstaltungen sollen die<br />
unterschiedlichsten Leute aus dem Dorf<br />
anziehen. Im Rahmen des Generationencafés<br />
wird auch die Idee eines Repair-<br />
Cafès umgesetzt, bei dem gebrauchte<br />
Gegenstände gemeinsam wieder aufpoliert<br />
oder repartiert werden. Das kann beim<br />
Fahrrad beginnen und beim Rasenmäher<br />
oder dem Spielzeugauto enden.<br />
Besonders zu erwähnen: Dieses Ge nerationencafé<br />
steht allen offen; es wird<br />
abwechselnd vom Kindergarten, dem<br />
Jugendzentrum und der Volksschule organisiert.<br />
„Allein das schon zeigt, wie breit<br />
aufgestellt wir sind. Wir wollen einfach für<br />
alle Leute in Serfaus ein interessantes und<br />
abwechslungsreiches Programm bieten“,<br />
so Wachter. Der zweite Schwerpunkt in<br />
Serfaus ist eine Vortragsreihe, die sich um<br />
die psychosoziale Gesundheit dreht. Ende<br />
Juni war bereits ein Experte der Caritas zu<br />
Gast im Kulturzentrum, weitere Vorträge<br />
und Workshops sind vorgesehen.<br />
Fiss<br />
Großes Interesse zum Thema Gesundheit<br />
gibt es auch in der 1.000-Einwohner*innen-Gemeinde<br />
Fiss. Christian Kofler ist<br />
dort eine von rund zehn Personen, die sich<br />
besonders stark engagieren: „Wir haben<br />
schon viele Ideen entwickelt, einige da <br />
von auch umgesetzt. Doch das ist erst der<br />
Anfang.“ So erhielten etwa die Fisser*innen<br />
vor einigen Wochen die Möglichkeit,<br />
Kräuter und Sträucher gemeinsam bei<br />
einer Gärtnerei in Landeck zu bestellen<br />
– direkte Abholung beim örtlichen Bauhof<br />
inklusive. „Wir haben die Leute über<br />
E-mail darauf aufmerksam gemacht; rund<br />
zwanzig Haushalte haben dieses Angebot<br />
angenommen. Nachdem es noch Nachbestellungen<br />
gibt, wird eine zweite Runde<br />
gedreht“, so Kofler.<br />
Ebenfalls realisiert wurde ein Vortrag einer<br />
Ernährungsexpertin aus Vorarlberg, die im<br />
Kulturzentrum über gesunde Ernährung<br />
informierte. Große Beachtung fanden<br />
zudem die kindgerecht aufbe reiteten<br />
Workshops an der Fisser Volks- und Mittelschule.<br />
Wer die strahlenden Augen<br />
der Kinder gesehen hat, weiß, dass die<br />
Botschaft angekommen ist.<br />
Ladis<br />
Und in Ladis? Auch in dieser etwas über<br />
500 Menschen zählenden Gemeinde<br />
rauchen die Köpfe. Birgit Heiseler leitet die<br />
entsprechende Arbeitsgruppe: „Wir sind<br />
ein Team von rund zehn Personen aus den<br />
unterschiedlichsten Bereichen und mit ganz<br />
speziellen Interessen. Daraus entwickeln<br />
wir nun gemeinsam Ideen.“ Seit 2019 wird<br />
in Ladis an einem Dorfentwicklungsprojekt<br />
gearbeitet, eine breit angelegte Umfrage<br />
in der Bevölkerung wurde ebenfalls schon<br />
gemacht; daran will das Team der „Gesunden<br />
Gemeinde“ nun anschließen.<br />
Und was steht da so alles zur Diskussion?<br />
Eine Kräuterwanderung etwa, eine stärkere<br />
Nutzung der Kneipp-Anlage, der Ausbau<br />
der Fitnesswege oder die intensivere<br />
Nutzung des Leweso-Cafés (Leweso steht<br />
für le benswerte Sonnenterrasse). Birgit<br />
Heiseler: „Mit überschaubarem Aufwand<br />
können wir hier recht viel erreichen. Jetzt<br />
geht es einfach darum, einige dieser Ideen<br />
auch umzusetzen.“ Ach ja: An einer eigenen<br />
Dorfzeitung für Ladis wird derzeit ebenfalls<br />
gearbeitet – mit einem Sonderteil zum Thema<br />
Gesundheit inklusive.<br />
Weitere Gemeinden in den Startlöchern<br />
Nach Fiss, Serfaus und Ladis bekunden<br />
inzwischen einige weitere Gemeinden<br />
in Tirol konkretes Interesse am Projekt<br />
„Gesunde Gemeinde“. So werden etwa in<br />
Kössen, Tarrenz oder Münster schon bald<br />
die entsprechenden Auftaktveranstaltungen<br />
stattfinden. In weiterer Folge sind Vernetzungstreffen<br />
zwischen den teilnehmenden<br />
Gemeinden geplant, Erfahrungen sollen<br />
ausgetauscht, der eine oder andere Tipp<br />
gegeben werden.<br />
ZUR AUTORIN<br />
ANGELA SEMRAJC, MA<br />
Angela Semrajc koordiniert das Projekt<br />
„Gesunde Gemeinde Tirol“ innerhalb<br />
der GemNova. Darüber hinaus ist sie<br />
verantwortlich für das Thema Gesundheit,<br />
dem die GemNova seit 2021 einen<br />
eigenen Unternehmensbereich widmet.<br />
Kontakt:<br />
a.semrajc@gesunde-gemeinde.tirol
80 tirol.bildet<br />
tirol.bildet<br />
81<br />
Wie den Medien zu entnehmen ist, steht<br />
in Österreich die Elementarbildung mit all<br />
ihren Herausforderungen aktuell im Fokus<br />
– besonders in Bezug auf hohe pädagogische<br />
Qualität zur Sicherstellung der<br />
Chancengerechtigkeit von Kindern und<br />
deren Familien. Vor diesem Hintergrund<br />
haben sich Bund und Länder in einer neuen<br />
15a-Vereinbarung darauf geeinigt, in den<br />
kommenden fünf Jahren in die Erweiterung<br />
eines bedarfsgerechten und qualitativ<br />
hochwertigen Bildungs- und Betreuungsangebotes<br />
zu investieren. Darunter fallen<br />
neben dem Gratiskindergarten im letzten<br />
verpflichtenden Kindergartenjahr und der<br />
frühen sprachlichen Förderung auch der<br />
Ausbau von Kindergartenplätzen sowie<br />
Investitionen für Barrierefreiheit.<br />
Im ersten Beitrag der dreiteiligen Reihe zum<br />
Thema Chancengerechtigkeit haben wir<br />
das Vielfaltsmerkmal Mehrsprachigkeit in<br />
den Fokus genommen. Wir haben konkrete<br />
Handlungsoptionen erörtert, wie Gemeinden<br />
in ihrer Rolle als Drehscheibe aller örtlichen<br />
Bildungs- und Sozialeinrichtungen bzw. aller<br />
Vereine den Bildungsweg von Kindern sowie<br />
ihr Familienumfeld positiv unterstützen können.<br />
Der zweite Beitrag informiert zur Chancengerechtigkeit<br />
in Bezug auf Barrierefreiheit<br />
für Kinder und Jugendliche mit körperlichen<br />
oder psychischen Beeinträchtigungen. Es<br />
werden vielfältige Möglichkeiten aufgezeigt,<br />
wie inklusive Gemeinden die Teilhabe ALLER<br />
Menschen in jeglichen Lebensbereichen fördern<br />
können.<br />
Chancengerechtigkeit<br />
als<br />
Chance für ALLe<br />
Der Weg hin zu Bildungschancen führt über die BARRIEREFREIHEIT<br />
– was Kinder und Familien brauchen und wie wir sie als Gemeinde in<br />
ihrem Lebensumfeld begleiten können.<br />
Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen<br />
im Kontext der Diversität erkennen<br />
Auf Basis der bereits im ersten Beitrag<br />
erwähnten tirolweiten Bürger*innen-Befragung<br />
von 2020 konnten neben der Mehrsprachigkeit<br />
und kulturellen Vielfalt auch in<br />
Bezug auf die Bedarfe von Familien, Kindern<br />
und Jugendlichen im Bereich Barrierefreiheit<br />
und Teilhabemöglichkeiten qualitative<br />
Daten erhoben werden, die auf aktuell herausfordernde<br />
Lebenssituationen in Gemeinden<br />
zurückzuführen sind. Jede Einrichtung,<br />
die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet,<br />
egal, ob Bildungs-, Sozial- oder Freizeiteinrichtungen,<br />
übernimmt automatisch einen<br />
pädagogischen Auftrag. Zur Erfüllung dieses<br />
Auftrags braucht es unterschiedliche<br />
Qualitätskriterien, um ALLE Kinder und<br />
Jugendlichen individuell fördern zu können.<br />
Gemeinden sind daher laufend gefordert,<br />
die eigenen Strukturen, Prozesse und insbesondere<br />
das Bewusstsein für barrierefreie<br />
Bildung, Betreuung oder Freizeitgestaltung<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen<br />
bzw. Familien aktuell im Bereich Bildung,<br />
Begleitung und Betreuung von Kindern und<br />
Jugendlichen?<br />
Vor dem Hintergrund der UN-Kinderrechtsund<br />
UN-Behindertenrechtskonvention, des<br />
Behindertengleichstellungsgesetzes und<br />
anderer gesetzlicher Grundlagen betreffend<br />
Barrierefreiheit darf es in keinem Alter zu<br />
Diskriminierung aufgrund einer Behinderung<br />
oder aufgrund von Lern- und Entwicklungserschwernissen<br />
kommen. Barrierefreiheit<br />
beginnt bei Verpflichtungen im Rahmen<br />
baulicher Maßnahmen und endet bei einer<br />
inklusiv gelebten Pädagogik in der Arbeit mit<br />
Kindern und Jugendlichen. Barrierefreiheit ist<br />
umfassend zu garantieren, das heißt, auch<br />
Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung,<br />
psychischen Einschränkungen usw. sind bei<br />
der Umsetzung jeglicher Maßnahmen zu<br />
berücksichtigen.<br />
STRUKTURQUaLITäT<br />
Barrierefreiheit im Kindergarten<br />
für betroffene Kinder<br />
oder Familienangehörige<br />
PrOzessqualität<br />
Inklusive Schule; Teilhabe am<br />
Unterricht für ALLE<br />
Orientierungs -<br />
qualität<br />
Bewusstsein in allen<br />
Vereinen und Einrichtungen<br />
für barrierefreie Angebote<br />
Wenn die individuellen Bedürfnisse der<br />
Familien in unseren Gemeinden nicht<br />
rechtzeitig erkannt werden, besteht<br />
das Risiko der fehlenden Teilhabe und<br />
somit der Chancen-un-gleichheit für die<br />
Betroffenen. Umgekehrt besteht die Chance<br />
zu Barrierefreiheit und Teilhabe, wenn<br />
Bedürfnisse rechtzeitig erkannt und aufgegriffen<br />
werden. Gemeinden in ihrer Rolle<br />
als Interessensvertreterinnen von Kindern,<br />
Jugendlichen und Familien sowie als Brückenbauerinnen<br />
haben die Aufgabe, sich dafür<br />
einzusetzen, Beteiligungsprozesse unter<br />
konkreter Einbindung aller Betroffenen zu<br />
gestalten, um basierend auf den vorhandenen<br />
Bedürfnissen und Bedarfen im unmittelbaren<br />
Lebensumfeld der unterschiedlichen<br />
Zielgruppen adäquate Rahmenbedingungen<br />
und Angebote zu implementieren.<br />
In den Tiroler Gemeinden und Gemeindeverbänden<br />
wird das Bewusstsein in Bezug<br />
auf Barrierefreiheit und Teilhabe ALLER Kinder<br />
und Jugendlichen in jedem Bereich ihres<br />
Lebens (=Inklusion) durch vielfältige Handlungskonzepte<br />
gestärkt. Sie tragen zur gelingenden<br />
Praxis bei. Wertvolle Erfahrungen und<br />
Konzepte werden im Folgenden dargestellt,<br />
um tirolweit allen Gemeinden die Möglichkeit<br />
zu geben, zukunftsorientiert, regional<br />
und überregional voneinander zu lernen; vor<br />
allem dort, wo Inklusion und Barrierefreiheit<br />
als Selbstverständnis noch nicht sichergestellt<br />
ist.<br />
Bewusstseinsbildung im Sinne der Chancengerechtigkeit<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
Um die Sensibilisierung hinsichtlich der<br />
gesetzlich verankerten UN-Konventionen voranzutreiben<br />
bzw. sukzessive in der Praxis<br />
zu verankern, hat sich die Implementierung<br />
von Enthinderungsbeauftragten oder Multiplikator*innen<br />
als zielführend herauskristallisiert.<br />
Mit ihrer Expertise unterstützen sie<br />
die Gemeinden bzw. die Gemeindeverbände<br />
bei der Entwicklung eines Aktionsplans zur<br />
Schaffung von Teilhabemöglichkeiten im Ort.<br />
Zur Gewährleistung, dass tatsächlich alle<br />
Bedürfnisse und Bedarfe zum Thema Barrierefreiheit,<br />
Selbstbestimmung und Teilhabe<br />
von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen<br />
Formen von Behinderung oder<br />
Entwicklungerschwernissen berücksichtigt<br />
werden, hat sich beispielsweise in Reutte<br />
eine bezirksweite, vom Tiroler Monitoringausschuss<br />
begleitete Befragung als hilfreich<br />
erwiesen. Allgemein muss das Bewusstsein<br />
für gelebte Inklusion auf die gesamte<br />
Tourismusregion Tirol umgelegt und<br />
durch entsprechende Angebote in der<br />
Praxis sichtbar gemacht werden.<br />
Bildungsbeteiligung für ALLE Kinder und<br />
Jugendlichen<br />
Als Alternative zu Sonderschulen, die zur<br />
Segregation von Kindern mit sonderpädagogischem<br />
Bedarf führen, wird beispielsweise in<br />
der Marktgemeinde Reutte Inklusion in allen<br />
Regelschulen vorangetrieben. Jedes Kind, egal<br />
wie schwer seine*ihre Behinderung oder Entwicklungserschwernis<br />
ist, kann somit mit<br />
gesunden Kindern zur Schule gehen, was für<br />
seine*ihre Entwicklung förderlich ist. Strukturqualität<br />
für eine gelingende Inklusion in<br />
der Schule oder am Arbeitsplatz kann beispielsweise<br />
durch einen familienentlastenden<br />
Dienst, Kinderassistenz, Schulassistenz für<br />
den Unterricht, Nachmittagsbetreuung sowie<br />
durch Lehrpersonal mit spezifischer Ausbildung<br />
zur Inklusion gewährleistet werden.<br />
Mehrwert durch das Netzwerk Gemeinde<br />
Das Netzwerk „Gemeinde“ birgt viele Ressourcen,<br />
die zielorientiert zum Einsatz kommen<br />
können: In Zusammenarbeit mit Bildungs-,<br />
Sozial-, Gesundheitseinrichtungen<br />
und Vereinen können multisoziale Teams<br />
etabliert werden. Sie setzen sich für betroffene<br />
Familien, Kinder und Jugendliche ein, damit<br />
barrierefreie Rahmenbedingungen geschaffen<br />
werden und eine vollständige Teilhabe am<br />
gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird. Bei<br />
Neu- oder Umbauten kann unter Einbezug<br />
der Expertise von Betroffenen sowie Inklusionsbeauftragten<br />
die Barrierefreiheit in jeder<br />
Hinsicht als Querschnittsmaterie mitgedacht<br />
werden. Netzwerkarbeit über Gemeindegrenzen<br />
hinweg birgt die Chance auf die Etablierung<br />
von Regionalmanagements, welche z.<br />
B. lokale Entwicklungsstrategien oder Finanzierungsmodelle<br />
für Best-Practice-Beispiele<br />
zu gelebter Inklusion erarbeiten und diese<br />
anderen Regionen über eine digitale Austauschplattform<br />
zur Verfügung stellen.<br />
Gelebtes Ehrenamt als würdigender<br />
Beitrag für den Zusammenhalt unserer<br />
Gesellschaft<br />
Das Ehrenamt als kostenfreies Mittel zur<br />
Bewusstseinsbildung stellt in Tirol eine der<br />
größten Ressourcen dar, wenn es um die<br />
Unterstützung von Menschen und insbesondere<br />
auch um die Förderung von Kindern und<br />
Jugendlichen im Rahmen der Vereinsarbeit<br />
geht. Gemeinwohlprojekte wie YoungStar<br />
(GemNova), die bereits in der Vergangenheit<br />
in Vorzeigeregionen wie dem Zillertal unter<br />
Mitwirkung mehrerer Gemeinden umgesetzt<br />
wurden, bergen mit einem durchdachten<br />
Konzept das große Potential, auch im<br />
Rahmen inklusiver Maßnahmen wirksam zu<br />
sein. Es geht dabei darum, dass sich Jugendliche<br />
in den Dienst von Kindern oder anderen<br />
Jugendlichen mit Behinderung oder Entwicklungserschwernissen<br />
stellen und ihnen mit<br />
ihrer Unterstützung eine Teilhabe am gesellschaftlichen<br />
Leben im Rahmen ihrer Freizeit<br />
ermöglichen.<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. NINA<br />
REDLICH-ZIMMERMANN,<br />
MA ECED<br />
Nina Redlich-Zimmermann koordiniert<br />
den Fachbereich Elementarbildung<br />
im GemNova Bildungspool und steht<br />
insbesondere für Fragen rund um das<br />
Thema Kinder- und Sprachenrechte zur<br />
Verfügung.<br />
Kontakt:<br />
n.redlich@gemnova.at
82 tirol.bildet<br />
Wie heißt das<br />
Zauberwort?<br />
Der Begriff „Fachkräftemangel“<br />
wird dieser Tage so inflationär<br />
verwendet, dass man schon fast<br />
von einem Modewort sprechen<br />
könnte, aber nicht im Guten. Eher<br />
als Anwärter auf das Problemwort<br />
des Jahres – und das Problem ist<br />
groß. Man liest sogar schon von<br />
Betrieben, die aufgrund von Personalmangel<br />
schließen müssen. Was<br />
es jetzt braucht, sind aber nicht<br />
Problemwörter, sondern Lösungswörter<br />
oder noch besser Zauberwörter.<br />
Jedes Jahr werden in der Fachkräfteverordnung<br />
des Bundes Mangelberufe für die Beschäftigung<br />
von ausländischen Fachkräften festgelegt.<br />
Für das Jahr <strong>2022</strong> sind 66 Mangelberufe<br />
bundesweit und weitere 20 tirolweit aufgelistet<br />
– deutlich mehr als im Vorjahr. Der Fachkräftemangel<br />
wird zunehmend zu einem großen,<br />
gar bedrohlichen Problem für Unternehmen.<br />
Wie Karlheinz Kopf, Generalsekretär der<br />
Wirtschaftskammer Österreich, in einer<br />
Presseaussendung erklärt, „bleibt der Ar beitsund<br />
Fachkräftemangel die größte Herausforderung<br />
für die heimische Wirtschaft“.<br />
Wie kommt ein<br />
Firmenkurs<br />
zustande?<br />
Handlungsbedarf bestehe in vielen Bereichen.<br />
So müsse bei der Arbeitsmarktreform,<br />
angekündigt für <strong>2022</strong>, der Fokus auf der<br />
schnellen Vermittlung der Arbeitslosen, der<br />
Steigerung der Mobilität am Arbeitsmarkt<br />
oder auf der Qualifizierung der Arbeitslosen<br />
liegen. Bei auslän dischen Fachkräften seien<br />
besonders mangelnde Deutschkenntnisse als<br />
Vermittlungshemmnis durch ein ausreichendes<br />
und passendes Angebot an Deutschkur sen<br />
auszugleichen. Der Forderung nach „ausreichenden<br />
Deutschkursen“ kann mit „mehr<br />
Deutschkursen“ begegnet werden. Wie aber<br />
können Deutschkurse zur Lösung des ar <br />
beitsmarktpolitischen Problems des Fachkräftemangels<br />
beitragen, also „passend“ sein?<br />
Das Zauberwort: Berufsspezifische<br />
Deutschkurse<br />
Reguläre Deutschkurse können dem konkreten<br />
Sprachbedarf am Arbeitsplatz nur selten ge <br />
recht werden und können allein deshalb schon<br />
kaum als passend bezeichnet werden. Diese<br />
Kurse schließen meistens mit einer Prüfung ab,<br />
weshalb der Schwerpunkt auf der Prüfungsvorbereitung<br />
liegt. Der berufliche Alltag (Situationen<br />
am Arbeitsplatz, konkreter Wortschatz, Dialekt,<br />
usw.) wird höchstens verallgemeinert thematisiert.<br />
Was braucht das<br />
Unternehmen?<br />
Bei einer Betriebsbesichtigung wird eine<br />
Bedarfserhebung durchgeführt. Diese dient<br />
dazu, das Unternehmen und den Fachwortschatz<br />
kennenzulernen. Hier werden auch gemeinsam<br />
konkrete Inhalte und Ziele definiert.<br />
Im von der GemNova Akademie entwickelten<br />
und mittlerweile ausgereiften wie erprobten<br />
Konzept „Deutsch im Alltags- und Arbeitsleben<br />
(DiA)“ steht der Arbeitsalltag im Mittelpunkt<br />
des Kurskonzepts. Diese berufsspezifischen<br />
Deutschkurse werden als offene Kurse für Ar <br />
beitnehmer*innen, aber auch als vollindividualisierte<br />
Firmenkurse (für ein oder auch mehrere<br />
Unternehmen gemeinsam) angeboten.<br />
Wie kommt ein Firmenkurs zustande?<br />
Ziel ist es, einen möglichst maßgeschneiderten<br />
Deutschkurs zu gestalten – zeitlich, örtlich und<br />
inhaltlich angepasst an den jeweiligen Betrieb<br />
und seine Mitarbeiter*innen. Die Kurskoordinatorinnen<br />
der GemNova Akademie stimmen sich<br />
dazu eng mit den Unternehmen ab.<br />
Am Ende des Firmenkurses bekommen alle<br />
Teilnehmer*innen ein Zertifikat, dass ihre Teilnahme<br />
an dieser sprachbezogenen Weiterbildung<br />
bestätigt. Sie haben damit nicht nur ein<br />
wertvolles Papier in der Hand. Indem Unternehmen<br />
ihre Mitarbeiter*innen weiterbilden, zeigen<br />
sie ihnen gegenüber Wertschätzung und Vertrauen<br />
und stellen eine vertiefte Bindung her.<br />
Firmendeutschkurse können somit nicht nur<br />
das Vermittlungshemmnis reduzieren, sondern<br />
auch das „Haltepotenzial“ erhöhen.<br />
Was braucht das<br />
Personal?<br />
Es ist wichtig zu wissen, auf welchem<br />
Sprachniveau sich die einzelnen Mitarbeiter*innen<br />
befinden, weshalb die Deutschtrainer*innen<br />
sie in einem standardisierten<br />
Verfahren einstufen. Je nach Ergebnis können<br />
mehrere Gruppen gebildet (z. B. eine Gruppe<br />
für Anfänger*innen, eine für Fortgeschrittene)<br />
oder Formen der Binnendifferenzierung<br />
erarbeitet werden.<br />
Wann findet der<br />
Kurs statt?<br />
Ganz einfach: Das jeweilige Unternehmen legt<br />
die Kurszeiten fest. Je nach Dienstzeiten können<br />
auch Parallelkurse (vor- und nachmittags)<br />
oder Kurse mit an Wechselschichtzeiten angepassten<br />
(sich wöchentlich ändernden) Kurszeiten<br />
organisiert werden.<br />
Was passiert<br />
im Kurs?<br />
Auf Grundlage der Bedarfserhebung<br />
und der Einstufung werden<br />
Unterrichtsmaterialien erstellt.<br />
Die Übungen und Aufgaben<br />
haben den Schwerpunkt auf der<br />
mündlichen Kommunikation.<br />
Die Mitarbeiter*innen erproben<br />
mittels situationsbezogener<br />
Übungen das Sprechen.<br />
Welche<br />
Förderungen<br />
gibt es?<br />
Es wird umfassende<br />
Beratung und Unterstützung<br />
bei der Beantragung<br />
von Förderungen für Firmensprachkurse<br />
geboten.<br />
Wo findet der<br />
Kurs statt?<br />
Der Kurs kann direkt<br />
im Betrieb oder in<br />
betriebsnah gelegenen<br />
Räumlichkeiten stattfinden.<br />
Die GemNova Akademie<br />
unterstützt auch<br />
gerne bei der Organisation<br />
eines passenden<br />
Kursraums.<br />
FAQs zu Firmendeutschkursen<br />
• Die gemeinsame Unterrichtssprache<br />
ist immer Deutsch – es<br />
können also Personen aus verschiedensten<br />
Herkunftsländern<br />
teilnehmen.<br />
• Es werden in den Kursen auch<br />
Dialektausdrücke gelernt und<br />
geübt, damit sich die Fachkräfte<br />
bestmöglich in Tirol zurechtfinden.<br />
• Die Übungen können so differenziert<br />
werden, dass Personen<br />
aus unterschiedlichen Abteilungen<br />
am selben Kurs teilnehmen<br />
können.<br />
• Die Übungen können so differenziert<br />
werden, dass Personen<br />
mit unterschiedlich hohen<br />
Sprachkompetenzen am selben<br />
Kurs teilnehmen können.<br />
ZUR AUTORIN<br />
ÁGNES SCHIN, MA<br />
Ágnes Schin ist Gymnasiallehrerin<br />
für Geschichte, DaF-Lehrerin und<br />
ausgebildete Mentaltrainerin. Für interessierte<br />
Unternehmen steht sie als<br />
Ansprechpartnerin für Deutschkurse<br />
zur Verfügung.<br />
Kontakt:<br />
a.schin@gemnova.at
84 tirol.bildet<br />
tirol.bildet<br />
85<br />
Israa, Antonio<br />
und Marlene<br />
An Tirols Pflichtschulen steigt der Bedarf an Freizeitpädagog*innen und Schulassistent*innen massiv<br />
an. Doch was macht man in diesem Beruf eigentlich, wie sieht die Arbeit mit den Schüler*innen<br />
konkret aus? Wir haben mit drei Fachkräften – allesamt bei der GemNova beschäftigt – gesprochen;<br />
sie geben uns Einblicke in ihr Leben, erzählen uns von ihrer tagtäglichen Arbeit.<br />
VON REINHOLD OBLAK<br />
Geboren bin ich, Israa Ali, in Zams, aber aufgewachsen<br />
bin ich in Kairo, also in Ägypten.<br />
Mein Vater lebt schon seit über 36 Jahren<br />
hier in Tirol, ich selbst bin erst 2012 nach<br />
Innsbruck übersiedelt. Hier in Österreich<br />
gibt es einfach viel mehr Möglichkeiten auf<br />
eine bessere Zukunft. Zuerst habe ich in<br />
Innsbruck als Verkäuferin gearbeitet, in<br />
einer Bäckerei. Das war nicht immer<br />
ganz leicht, weil ich aufgrund meines<br />
Glaubens ein Kopftuch trage. Da hat<br />
es dann immer wieder die eine oder<br />
andere dumme Bemerkung gegeben,<br />
ja, ich wurde auch diskriminiert. Das<br />
tut weh, sehr weh. Aber mein Kopftuch<br />
würde ich für nichts auf der<br />
Welt abnehmen.<br />
Mittlerweile arbeite ich halbtags<br />
als Freizeitpädagogin in der Volksschule<br />
Altwilten und in der Mittelschule<br />
Leopoldstraße in Innsbruck.<br />
Ich betreue bis zu 19 Kinder. Das ist<br />
eine kunterbunte Klasse, die Kinder<br />
kommen aus unterschiedlichen Ländern,<br />
etwa aus Serbien, Syrien, der<br />
Türkei. Natürlich sprechen wir hier<br />
nur Deutsch, spielen sehr viel. Ich<br />
versuche, mit den Kindern das<br />
Israa Ali<br />
zu machen, was ihnen gefällt, was sie interessiert;<br />
backen oder kochen in der Küche<br />
oder etwas basteln. Meist sind wir aber<br />
im Freien, zum Beispiel am Tivoli, wo wir<br />
unseren Bewegungsdrang ausleben können.<br />
Da wird getanzt, gespielt, getollt, gelacht.<br />
Einmal hab ich mit den Kindern so eine Vorstellungsrunde<br />
gemacht: Wer bin ich, woher<br />
komme ich, was mag ich? Da geht es auch<br />
darum, Selbstbewusstsein zu zeigen, zu sich<br />
zu stehen. Das hat uns allen total gefallen,<br />
die Kinder haben sich unglaublich gefreut<br />
darüber. Das freut dann auch mich sehr.<br />
Mir selbst ist Bildung, Ausbildung sehr<br />
wichtig. Die Matura hab ich noch in Ägypten<br />
gemacht. Hier in Tirol hab ich erst im März<br />
einen Kurs für Office Management abgeschlossen.<br />
Außerdem bin ich Fachdolmetscherin<br />
für Arabisch-Deutsch. Meinen jetzigen<br />
Mann Ali hab ich in Kairo kennengelernt,<br />
vor vier Jahren ist er dann wegen mir nach<br />
Innsbruck gezogen. Im Oktober werde ich<br />
26, Deutsch spreche ich fast genauso gut<br />
wie Arabisch. Ich höre gerne orientalische<br />
Musik, lese arabische Romane, schaue mir<br />
englische und deutsche Filme an.<br />
Antonio<br />
Arocha Gonzales<br />
Wie du an meinem Namen siehst, komme<br />
ich aus Spanien. Genau genommen aus<br />
Cadiz, in der Region Andalusien. Eine<br />
wirklich sehr schöne Gegend. Mit 30 bin ich<br />
nach Innsbruck gezogen, mittlerweile lebe<br />
ich schon über zwölf Jahre hier. Anfangs<br />
wollte ich nur Deutsch lernen, dann hab<br />
ich hier in Tirol auch zu arbeiten begonnen.<br />
Ich habe unter anderem am Stubaier<br />
Gletscher gearbeitet, bei Speditionen, im<br />
Sales-Bereich – vor allem im Büro.<br />
Seit September des Vorjahres arbeite ich<br />
Vollzeit bei der GemNova. Vormittags als<br />
Schulassistent, nachmittags als Freizeitpädagoge.<br />
Immer in einer anderen Volksschule.<br />
Ich bin „Springer“, das heißt, wenn<br />
jemand plötzlich erkrankt, springe ich ein.<br />
Da klingelt dann um sieben Uhr in der<br />
Früh das Telefon und es heißt: Du, Antonio,<br />
kannst du bitte an diese oder jene Schule<br />
gehen, dich bei der Direktorin melden<br />
und mit dem Lehrer sprechen? Natürlich<br />
werden sie schon vorher infor miert, dass<br />
ich komme. Außerdem habe ich auch eine<br />
Stammschule, die Volksschule Hötting<br />
West.<br />
„Ich versuche mit<br />
den Kindern zu<br />
machen, was ihnen<br />
gefällt.“<br />
Als Schulassistent betreue ich vormittags<br />
immer ein einzelnes Kind mit erhöhtem<br />
Unterstützungsbedarf. Das Wichtigste dabei<br />
ist, eine persönliche Ebene zum Kind aufzubauen,<br />
Vertrauen zu schaffen, unterstützend und<br />
helfend tätig zu sein. Natürlich reagiert jedes<br />
einzelne Kind unterschiedlich: Es gibt lebhafte<br />
und ganz ruhige Kinder, das eine spricht, das<br />
andere schweigt. Dann die Frage, woher kommt<br />
das Kind, mit welcher Muttersprache, welcher<br />
Kultur ist es aufgewachsen?<br />
Oftmals reicht es, einfach neben diesem Kind<br />
zu sitzen, Wärme und Zuneigung auszustrahlen.<br />
Dann kommt es aber auch vor, dass sich drei<br />
Schüler*innen mit ihren drei Schulassistent*innen<br />
in einen eigenen Raum zurückziehen, um<br />
dort gemeinsam etwas zu lesen. Dann gibt es<br />
Schulen, Klassen, in denen zweisprachig unterrichtet<br />
wird. In der Volksschule Saggen etwa<br />
Englisch und Deutsch, in Altwilten und Innere<br />
Stadt etwa Italienisch und Deutsch. Das ist<br />
dann gleich eine noch größere Herausforderung,<br />
macht mir aber sehr großen Spaß. Seit September<br />
war ich an 13 verschiedenen Volksschulen<br />
im Einsatz, da ist Abwechslung garantiert.<br />
Und ja, jede Schule ist eine eigene Welt.<br />
„Jede Schule<br />
ist eine eigene<br />
Welt. Darauf<br />
gilt es sich<br />
einzustellen.“
86 tirol.bildet<br />
Marlene Froidl<br />
Ich bin Teil des Koordinationsteams der<br />
GemNova. Die gegenseitige Hilfe wird da<br />
ganz, ganz groß geschrieben. Wir sind<br />
zehn Koordinator*innen, betreuen insgesamt<br />
rund 500 Kolleg*innen. Also all jene,<br />
die als Freizeitpädagog*innen oder als<br />
Schulassistent*innen für die Gemeinden,<br />
für die Pflichtschulen im Einsatz sind. Bei<br />
uns gilt wirklich, dass die gesamte Kette<br />
nur so stark ist, wie das schwächste<br />
Glied. Und wir sind stark, wirklich stark.<br />
Ich selbst habe bei der GemNova schon<br />
2017 begonnen. Damals noch als Schulassistentin<br />
und Freizeitpädagogin. Ich<br />
war also an den Schulen, habe mit den<br />
Kindern tagtäglich gearbeitet, kenne<br />
die unterschiedlichsten Situationen aus<br />
eigener Erfahrung. Dadurch weiß ich sehr<br />
genau, wo der Schuh drückt, welche Herausforderungen<br />
es gibt. Seit fast zwei<br />
Jahren bin ich jetzt als Koordinatorin tätig,<br />
organisiere, berate, teile ein. In dieser<br />
Funktion bin ich für rund 40 Personen<br />
zuständig, vor allem im Oberland und im<br />
Unterland.<br />
Meine ersten Ansprechpartner sind die<br />
Gemeinden, meist die Bürgermeister*innen<br />
und die Amtsleiter*innen. Diese<br />
melden mir ihren Bedarf, das heißt, wie<br />
viele Freizeitpädagog*innen, wie viele<br />
Schulassistent*innen an den jeweiligen<br />
Schulen ihrer Gemeinde benötigt werden.<br />
Dann beginnt bei uns die Personalsuche.<br />
Entweder greifen wir auf Leute aus<br />
unserem Pool an Bewerber*innen zurück<br />
oder wir schreiben gewisse Stellen neu<br />
aus.<br />
Der nächste Schritt: Ich führe mit den Bewerber*innen<br />
das Erstgespräch, beantworte Fragen,<br />
informiere über die Aufgaben. Wenn das<br />
passt, stellen wir den Kontakt zur Schulleitung,<br />
also zur Direktion her. Wenn die Kandidat*innen<br />
dann an den Schulen ihren Einsatz<br />
beginnen sollen, werden sie bei der GemNova<br />
angestellt . Na ja, und dann geht die eigentliche<br />
Arbeit für die Schulassistent*innen und<br />
Freizeitpädagog*innen erst richtig los.<br />
Mein Job dabei: Ich sorge für die jeweilige Einteilung<br />
an den Schulen, organisiere kurzfristig<br />
Krankenstands- und Ausfallvertretungen.<br />
Dabei kann es ziemlich dynamisch zugehen,<br />
mitunter auch super stressig. Flexibilität und<br />
Spontaneität stehen da schon ganz oben.<br />
Unsere Kolleg*innen erhalten unbefristete<br />
Dienstverträge, allerdings mit dem Zusatz,<br />
dass der Arbeitsort von Jahr zu Jahr wechseln<br />
kann – je nach Bedarf, aber das ist ja klar. Die<br />
Nachfrage nach Betreuer*innen an Schulen<br />
hat in den vergangenen Jahren stark<br />
zugenommen. Wir haben mittlerweile eine<br />
gute Reputation, über die Mundpropaganda<br />
werden wir stark nachgefragt. So etwas freut<br />
uns natürlich, auch weil es eine Anerkennung<br />
unserer Arbeit ist.<br />
Noch zu meiner Person: Ich komme aus<br />
Innsbruck, habe hier 2016 mein Pädagogikstudium<br />
abgeschlossen. Meine Tochter ist<br />
bereits erwachsen, somit kann ich meine<br />
Hobbies intensiv ausleben. Ich bin ein geselliger<br />
Mensch, auch sehr naturverbunden, bin<br />
gerne mit dem Bike unterwegs, im Winter<br />
auch mit Tourenski. Außerdem reise ich sehr<br />
gerne, am liebsten mit unserem Bus.<br />
„Wir sind ein<br />
starkes Team und<br />
helfen uns gerne<br />
gegenseitig.“<br />
Wasser-Serv ces für Gemeinden<br />
Wasser ist ein kostbares Gut, die Trinkwasserversorgung eine unserer wichtigsten Aufgaben. Um die hohe Qualität von Wasser dauerhaft sicherzustellen<br />
sowie das Leitungsnetz laufend instand zu halten bzw. zu erweitern, bietet die IKB folgende Dienstleistungen für Gemeinden an:<br />
Erkennung von Wasserverlusten<br />
Bereits ein kleines Wasserleck von einem Liter pro Sekunde verursacht<br />
einen Wasserverlust von rund 31.000 Kubikmetern pro Jahr.<br />
Sofern das Leck unerkannt bleibt, geht beim aktuellen Wasserpreis<br />
Trinkwasser im Wert von 30.000 Euro sprichwörtlich den<br />
Bach hinunter. Mit der innovativen Wasserverlustanalyse lassen<br />
sich Wasserlecks im Rohrnetz in sehr kurzer Zeit feststellen. Durch<br />
den Einsatz digitaler Geräuschpegellogger kann man Leckbereiche<br />
besser und schneller eingrenzen, Wasserverluste minimieren<br />
und Kosten sparen. Planung, Installation, Durchführung und digitale<br />
Auswertung erfolgen durch die IKB.<br />
Reinigung und Desinfektion<br />
In Trinkwasserbehältern und Quellfassungen lagern sich über<br />
die Jahre häufig Kalk, Sand und Korrosionsschichten ab, die die<br />
Wasserqualität beeinträchtigen. Mit der Reinigung und Desinfektion<br />
von Speicherbehältern und Quellfassungen sorgen wir<br />
dafür, dass im Sinne einer gesicherten Trinkwasserversorgung der<br />
Zustand von Trinkwasseranlagen hygienisch einwandfrei ist. Wir<br />
beseitigen Ablagerungen und Einträge nachhaltig und erhöhen die<br />
Lebensdauer der Anlage somit deutlich.<br />
Unsere Leistungen<br />
Leitungs- bzw. Leckortung<br />
Rund 10 Prozent der ins Rohrnetz eingespeisten Wassermenge<br />
gehen verloren. Die punktgenaue Ortung von erdverlegten<br />
Leitungen sowie vorhandenen Leckstellen bei allen gängigen<br />
Wasserleitungsmaterialien ist Voraussetzung für deren rasche und<br />
effiziente Behebung. Als kommunales Dienstleistungsunternehmen<br />
sind wir da, wenn für das Wasserleitungsnetz rasche Verfügbarkeit<br />
und eine hohe Problemlösungskompetenz erforderlich ist. Der Aufgrabungsbereich<br />
wird von uns vor Ort markiert und abschließend<br />
wird ein digitales Messprotokoll übergeben.<br />
Kamera-Inspektion von Quellen<br />
Eine schnelle Identifikation der Ursache von Mängeln in Quellfassungsanlagen<br />
und deren gezielte Beseitigung sind entscheidend<br />
für die Erhöhung der Lebensdauer unserer Wasserquellen. Rückgänge<br />
von Quellschüttungen sowie Sand und sonstige Einträge im<br />
Trinkwasser müssen dringend analysiert werden. Mit einer trinkwassertauglichen<br />
Spezialkamera können wir Quellfassungen inspizieren<br />
und die Ursachen für Veränderungen in der Wasserqualität<br />
sowie für Schüttungsrückgänge feststellen. Zudem können wir den<br />
örtlichen Verlauf von Quellästen exakt erfassen und somit eine einwandfreie<br />
Trinkwasserversorgung in der Gemeinde sicherstellen.<br />
• Bereitschaftsdienst rund um die Uhr,<br />
an 365 Tagen im Jahr für Sie erreichbar<br />
• Ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
• Rasche Verfügbarkeit unseres Fachpersonals<br />
• IKB als regionale Partnerin vor Ort<br />
IKB Kontakt<br />
Innsbrucker Kommunalbetriebe AG<br />
Geschäftsbereich Wasser<br />
0512 502-7411<br />
wasser@ikb.at
88 tirol.bildet<br />
tirol.bildet<br />
89<br />
FERIEN MIT DER GEMNOVA<br />
Osterferien. Sommerferien. Herbstferien. Weihnachtsferien. Semesterferien. Im Laufe eines Schuljahres<br />
gibt es für Kinder viele Möglichkeiten, an Ferienbetreuungen teilzunehmen, die von der<br />
GemNova im Auftrag der Gemeinden organisiert und durchgeführt werden.<br />
Eine aktuelle Bestandsaufnahme aus Kufstein.<br />
haben nebenbei einiges zur Arbeit von<br />
Glasmacher*innen erfahren. Ebenfalls<br />
ein wichtiger Aspekt: Den Kindern soll<br />
der persönliche Kontakt mit Kufsteiner<br />
Maler*innen, Künstler*innen, Schriftsteller*innen<br />
oder Sportvereinen ermöglicht<br />
werden.<br />
„Kinder sind so vielseitig interessiert. Wir<br />
wollen ihre Kompetenzen fördern und stärken,<br />
ihnen auch die Augen für Neues öffnen,<br />
Mut und Vertrauen vermitteln. Darum bieten<br />
wir diese Kombination aus Bewegung, Spaß<br />
und Kreativität an“, erklärt Christiane Mayer.<br />
Ganz in diesem Sinne zeigten etwa die beiden<br />
Coaches des Eishockeyclubs „Kufstein<br />
Dragons“, wie man sich am Eis richtig be <br />
wegt. Und nachdem die Kinder anschließend<br />
recht hungrig waren, gab es gleich ein gutes<br />
Mittagessen in der Eisarena. Ebenfalls am<br />
Programm: ein Basketball-Schnupperkurs<br />
bei den „Pirlo Kufstein Towers“, einige Tanzeinheiten<br />
bei fit4all und ein kleiner Malkurs<br />
bei der Künstlerin Martina Stöckl.<br />
Worauf die Diplom-Sozialpädagogin der<br />
GemNova ebenfalls sehr großen Wert legt,<br />
ist das soziale Miteinander: „Wie reden wir<br />
miteinander, wie gehen wir miteinander<br />
um, wie können wir uns gegenseitig unterstützen,<br />
uns helfen? Das sind alles Punkte,<br />
die natürlich auch in unser Programm einfließen.“<br />
Übrigens: Derzeit basteln Mayer<br />
und ihr Team gerade am Programm<br />
für die Sommerferien in Kufstein. Was<br />
dabei alles auf die Kinder wartet, wird<br />
noch nicht verraten.<br />
Die Gemeinde – Lebensmittelpunkt der<br />
Familien<br />
Heutzutage ist es nicht mehr für alle<br />
Familien möglich, dass ein Elternteil bei<br />
den Kindern zu Hause bleibt. Daher wird<br />
der Ruf nach einer ganzjährigen Kinderbetreuung<br />
immer lauter und stellt<br />
auch Gemeinden vor Herausforderungen.<br />
Daher unterstützt die GemNova mit<br />
dem Verein GEMeinsam Ferien Gemeinden<br />
dabei, eine Kinderbetreuung in den<br />
Schulferien zu organisieren. Was für Sandra<br />
Wimmer, Projektkoordinatorin von<br />
GEMeinsam Ferien, in diesem Zusammenhang<br />
sehr wichtig ist, ist die hohe<br />
Flexibilität: „Jede Gemeinde ist einzigartig.<br />
Deshalb gibt es auch kein Produkt,<br />
das jeder Gemeinde übergestülpt<br />
werden kann. Entsprechend bekommt<br />
jede Gemeinde ein für sie maßgeschneidertes<br />
Angebot der Ferienbetreuung.“<br />
Diese Flexibilität für die Gemeinden<br />
basiert darauf, dass entweder einzelne<br />
Module wie das Personalmanagement<br />
gebucht werden können oder ein Rundum-sorglos-Paket,<br />
bei welchem von der<br />
Anmeldung, Planung und Durchführung<br />
des pädagogischen Programmes über die<br />
Förderberatung oder Vertretungsorganisation<br />
im Krankheitsfall bis hin zur finalen<br />
Abrechnung alles übernommen wird.<br />
Ziel ist es, gemeinsam mit den Gemeinden<br />
eine lokale, preiswerte und qualitativ<br />
hochwertige Betreuung zur Verbesserung<br />
der Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie anzubieten. Mit dem Angebot<br />
einer pädagogisch wertvollen Betreuung<br />
setzt die Gemeinde ein wichtiges Zeichen<br />
und gewinnt an Familienfreundlichkeit.<br />
GEMeinsam Ferien erleben in Gemeinden<br />
– dem Lebensmittelpunkt der Familien.<br />
ZUR AUTORIN<br />
NATHALIE PEDEVILLA, BA<br />
Nathalie Pedevilla ist seit 2019 Freizeitbetreuerin.<br />
Die 25-jährige Psychologie-Studentin<br />
ist seit den Weihnachtsferien<br />
als Betreuerin im Rahmen des<br />
Ferienexpress in Kufstein tätig.<br />
Christiane Mayer ist seit rund drei Jahren<br />
bei der GemNova tätig. Aufgewachsen in<br />
Hopfgarten im Brixental beschäftigt sich<br />
die Diplom-Sozialpädagogin derzeit vor<br />
allem mit der Organisation der Ferienbetreuung<br />
in Kufstein, besser gesagt,<br />
mit dem Ferienexpress. Allein in den<br />
Weihnachts-, Semester- und Osterferien<br />
wurden in Kufstein bisher stolze 763<br />
Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren<br />
betreut.<br />
„Es ist uns gelungen, ein wirklich<br />
abwechslungsreiches, interessantes, für<br />
die Kinder höchst spannendes Programm<br />
zu erstellen. Das Interesse war dementsprechend<br />
groß; in den Weihnachtsferien<br />
haben knapp 230 Kinder, in den<br />
Semesterferien sogar fast 380 Kinder<br />
teilgenommen. Anmeldungen waren und<br />
sind kurzfristig möglich. Das verlangt<br />
natürlich Improvisationstalent“, erklärt<br />
Mayer lächelnd.<br />
Dass der Ferienexpress in Kufstein dermaßen<br />
gut angenommen wird, hängt<br />
natürlich auch mit dem breiten Angebot<br />
für die Kinder zusammen. „Das Team der<br />
GemNova leistet hier wirklich tolle Arbeit<br />
und der Erfolg gibt uns allen Recht“, freut<br />
sich die Kufsteiner Vizebürgermeisterin<br />
und Initiatorin des Projekts, Brigitta Klein.<br />
Worauf sie besonders stolz ist: Die Ferienbetreuung<br />
beginnt bereits um 6:45<br />
Uhr und endet erst um 17:00 Uhr. Damit<br />
komme man arbeitenden Müttern und<br />
Vätern bewusst sehr entgegen.<br />
Lerne deine Stadt kennen<br />
Unter dem Motto „Lerne deine Stadt<br />
kennen“ wird den Schulkindern „ihr“<br />
Kufstein Schritt für Schritt nähergebracht.<br />
So wanderten beim letzten<br />
Ferienexpress die Kinder gemütlich<br />
am Inn entlang nach Ebbs, um eine<br />
Gärtnerei zu besichtigen. Beim Besuch<br />
von Riedel-Glas konnten die Kinder die<br />
spektakuläre Glashütte bestaunen und<br />
Glückliche Kinder beim Ferienexpress in Kufstein. Da wird<br />
gespielt, gesungen, gelacht. Betreuerin Magdalena Anker (links),<br />
Organisatorin Christiane Mayer (Mitte), Betreuerin Nathalie<br />
Pedevilla (rechts) (© Jungmann-Standortmarketing Kufstein)<br />
Hier geht‘s zum Video
90 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig<br />
91<br />
Willkommen in<br />
Tirol<br />
der Stift<br />
lesen<br />
das Heft<br />
gelb<br />
rot<br />
das Schulfach<br />
der Stundenplan<br />
Thaur hat als eine der ersten Gemeinden in Tirol von der Ukraine geflüchtete<br />
Frauen und Kinder aufgenommen. Vom Bürgermeister bis hin zu den einzelnen<br />
Dorfbewohner*innen haben alle engagiert zusammengearbeitet, um den ankommenden<br />
Menschen einen möglichst guten Start in der Gemeinschaft zu bieten.<br />
VON NATALIE NAGL<br />
Die Kinder der Volksschule Kramsach<br />
haben fleißig gesammelt und gebastelt.<br />
(© GemNova)<br />
blau<br />
schreiben<br />
grün<br />
Wie der Thaurer Bürgermeister Christoph<br />
Walser im Interview erklärt (siehe<br />
QR-Code), hat Thaur schon sehr lange<br />
eine Beziehung zu ukrainischen Fa milien<br />
im Ort. Viele Männer arbeiteten<br />
bis Kriegsbeginn als Erntehelfer in der<br />
Gemeinde. Als die Männer den militärischen<br />
Dienst antreten mussten,<br />
haben die ansässigen Landwirte und<br />
Landwirtinnen die Aktion gestartet, die<br />
Frauen und Kinder ihrer Erntehelfer nach<br />
Tirol zu holen. Für die ankommenden<br />
Menschen wurde gespendet, gesammelt,<br />
es wurden Unterkünfte, Schul- und Kindergartenplätze<br />
oder auch Deutschkurse<br />
organisiert – und das alles in Rekordzeit.<br />
Was Rekordzeit bedeutet, lässt sich gut<br />
am Beispiel der Deutschkurse zeigen.<br />
zwei<br />
Interview mit Bürgermeister<br />
Christoph Walser aus Thaur<br />
Dienstag<br />
drei<br />
der Zug<br />
das Gemeindeamt<br />
Mittwoch<br />
eins<br />
der Kindergarten<br />
der Meldezettel<br />
Montag<br />
Ad-hoc-Deutschkurse<br />
Eine der ersten und wichtigsten Maßnahmen<br />
für Bürgermeister Christoph Walser<br />
war die Organisation von Deutschkursen<br />
für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen,<br />
damit sie so schnell wie möglich<br />
in der Schule und im Kindergarten integriert<br />
werden können. So bekam die<br />
GemNova Akademie an einem Montag<br />
Anfang März eine Nachricht vom Thaurer<br />
Amtsleiter Wolfgang Winkler mit der<br />
Bitte um schnellstmögliche Organisation<br />
von Deutschkursen für die kommenden<br />
zwei Wochen. Gesagt. Getan. Keine 24<br />
Stunden später, am Dienstag, fanden sich<br />
Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 20<br />
Jahren sowie die Deutschtrainer*innen der<br />
GemNova Akademie in den Räumlichkeiten<br />
des Radfahrvereins Thaur ein, um den<br />
organisatorischen Rahmen abzustecken,<br />
sich kennenzulernen und um bereits erste<br />
deutsche Wörter zu lernen. Wenige Zeit<br />
später wurde zudem ein Deutschkurs an<br />
mehreren Samstagen für ca. 40 ukrainische<br />
Frauen organisiert. Ziel dieser Kurse<br />
war es, die geflüchteten Personen sprachlich<br />
zu unterstützen, damit sie sich in<br />
Tirol bestmöglich zurechtfinden und einleben<br />
können. Dementsprechend lag der<br />
Fokus auf der Vermittlung von Begriffen<br />
und Redemitteln, die in der Schule, beim<br />
Einkaufen, in Kontakt mit Behörden, beim<br />
Arzt und ganz allgemein im Alltag wichtig<br />
sind.<br />
Mit vollem Einsatz dabei – die<br />
Deutschtrainer*innen der GemNova<br />
Akademie (© GemNova)<br />
der Supermarkt<br />
der Bus<br />
der Arzt<br />
Unterstützung für die Kleinsten<br />
Sehr schnell reagieren musste man auch<br />
im Kindergarten Thaur, wie die Leiterin<br />
Simone Stebegg erzählt: „In den Kindergarten<br />
Thaur zogen in den letzten Wochen<br />
24 ukrainische Flüchtlingskinder ein. Teilungsräume<br />
und Vereinsräume wurden zu<br />
Räumen der Begegnung umgestaltet. Die<br />
Hilfsbereitschaft war groß. So hatten wir<br />
nicht nur das Glück einen Raum anbieten<br />
zu können, sondern auch Menschen,<br />
welche die Kinder in dieser schweren Zeit<br />
abholen und begleiten konnten. In guter<br />
Zusammenarbeit mit der GemNova<br />
und mit Unterstützung von zwei pensionierten<br />
Kindergartenpädagoginnen und<br />
russisch sprechenden Frauen hatten wir<br />
die Möglichkeit, für die Kinder einen Ort<br />
des Ankommens, des Kennenlernens und<br />
des Friedens zu schaffen.“<br />
Natürlich ist es wichtig, den administrativen<br />
und organisatorischen Rahmen für<br />
die Betreuung der Kinder zu schaffen,<br />
aber die Herausforderungen auf emotionaler<br />
Ebene dürfen dabei nicht vergessen<br />
werden, wie Stebegg ergänzt:<br />
„Trauer, Sorge, Angst und Frustration<br />
waren deutlich spürbar. Auch wir hatten<br />
Sorge, dieser neuen Situation nicht<br />
gewachsen zu sein. Rückblickend ist<br />
es uns aber sehr gut gelungen, die Kinder<br />
täglich abzuholen und zu unterstützen.<br />
Die Kinder fühlen sich wohl und besuchen<br />
sehr gerne ihre Gruppe.“<br />
Eine ganz besondere Willkommensgeste<br />
kam von den Schüler*innen der Volksschule<br />
Kramsach. Sie haben bei ihrem<br />
Bücher-Flohmarkt Spenden für geflüchtete<br />
ukrainische Familien in Tirol gesammelt<br />
und Sorgenpüppchen gebastelt. Ein Teil<br />
der Spenden in Form von Gutscheinen<br />
und ein paar Sorgenpüppchen erreichten<br />
auch die Kindergartenkinder in Thaur. „In<br />
der Gemeinschaft wurden die Sorgenpüppchen<br />
den Kindern übergeben. Dabei<br />
wurde nicht nur die Freude sichtbar, die<br />
Püppchen gaben ihnen auch die Möglichkeit<br />
mit Ängsten und Sorgen umzugehen“,<br />
so Stebegg.<br />
Willkommenskultur wird in Thaur also<br />
großgeschrieben. Ohne dem Engagement<br />
des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten<br />
(vom Amtsleiter bis zur Kindergartenleiterin),<br />
der örtlichen Vereine und<br />
speziell der Bürger*innen, die mit Sachund<br />
Geldspenden unterstützt haben, wäre<br />
es für die Menschen aus der Ukraine kein<br />
halb so guter Start hier in Tirol gewesen.<br />
Große Freude über die Sorgenpüppchen<br />
bei den ukrainischen<br />
Kindern (© Kindergarten Thaur)
92 GemNova.Menschen<br />
Oula Aldaly hat in Innsbruck eine neue<br />
Heimat gefunden. Ihre Flucht vor dem<br />
Bürgerkrieg in Syrien ist Vergangenheit,<br />
Tirol und ihre beiden Kinder die Zukunft.<br />
(© GemNova)<br />
GemNova.Menschen<br />
93<br />
„Darüber möchte ich<br />
eigentlich nicht reden.“<br />
2015 flüchteten hunderttausende Menschen vor dem Bürgerkrieg in Syrien.<br />
Oula Aldaly war eine von ihnen. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern in Innsbruck<br />
und arbeitet als Freizeitpädagogin und Schulassistentin. Hier ist ihre Geschichte.<br />
„Eigentlich möchte ich über all das nicht<br />
mehr reden. In Syrien passieren noch<br />
immer ganz schreckliche Dinge. So viele<br />
Tote, so viel Blut, Elend und Leid. Wenn<br />
ich jetzt die furchtbaren Bilder aus der<br />
Ukraine sehe, kommt das alles wieder<br />
hoch. Ich bin dankbar und glücklich,<br />
dass mir die Flucht vor dem Bürgerkrieg<br />
geglückt ist, dass ich heute hier in Tirol<br />
leben und arbeiten darf.“ Wenn Oula Sätze<br />
wie diese spricht, wird ihre Stimme ganz<br />
leise. Ihr Blick ist nicht mehr auf mich<br />
ge richtet, geht vielmehr in ihr Inneres.<br />
VON REINHOLD OBLAK<br />
Und dann entstehen diese Pausen, in<br />
denen niemand mehr etwas sagt.<br />
Im Oktober 1984 wird Oula in Da maskus,<br />
der Hauptstadt Syriens, geboren. Auch<br />
damals schon gab es im Land immer wieder<br />
Aufstände und Proteste, 1982 etwa das<br />
Massaker von Hama, bei dem tausende<br />
Zivilpersonen starben. Der damalige<br />
syrische Präsident Hafiz-al-Assad baute<br />
seine Machtposition aus, es folg te eine<br />
umfangreiche Verhaftungswelle. In diesem<br />
Umfeld wächst Oula in einer kleinen<br />
durchaus privilegierten Familie auf, der<br />
Vater arbeitet als Hilfs-Ingenieur, die Mutter<br />
als Lehrerin.<br />
„Ich hatte die Möglichkeit in Damaskus<br />
Journalismus zu studieren, hab außerdem<br />
sehr viel gelesen.“ Oula arbeitet als<br />
Designerin im Marketingbereich, kurze<br />
Zeit sogar als Moderatorin im staatlichen<br />
Fernsehen. 2011 nehmen die Proteste<br />
und Aufstände gegen die syrische<br />
Diktatur unter dem Noch-immer-Machthaber<br />
Baschar-al-Assad zu, die Lage wird<br />
immer verworrener, unübersichtlicher, der<br />
Bürgerkrieg immer heftiger. Zuweilen ist<br />
es nahezu unmöglich zu erkennen, welche<br />
Gruppe wofür kämpft. Auch weil sich die<br />
verschiedenen Oppositionsgruppen gegenseitig<br />
bekämpfen.<br />
Folter wird systematisch<br />
eingesetzt,<br />
tausende<br />
Menschen werden<br />
getötet, es gibt<br />
viele Massaker.<br />
Seitdem sind rund<br />
13 Millionen Menschen<br />
innerhalb<br />
und außerhalb des<br />
Landes auf der<br />
Flucht.<br />
Ich hatte Angst um mein Leben.<br />
„Der Bürgerkrieg hat auch unsere Familie<br />
direkt getroffen, bis zu meiner Flucht war<br />
es für mich sehr schwer in Damaskus.“<br />
Oula verliert ihren Job, engagiert sich<br />
als Sozialarbeiterin für Flüchtlinge in<br />
Damaskus, hilft auch in einem Waisenheim<br />
aus. „Ehemalige Arbeitskollegen von<br />
mir kamen ins Gefängnis, zwei von ihnen<br />
sind dort gestorben. Auch ich hatte große<br />
Angst um mein Leben, die Unsicherheit im<br />
Land war riesengroß“, erinnert sich Oula<br />
mit leiser Stimme. „Ich mag diese ganzen<br />
Sachen am liebsten vergessen“, fügt sie<br />
dann noch leiser hinzu.<br />
Ihr jüngerer Bruder Ahmad flüchtete be <br />
reits 2011 nach Berlin, studiert dort mittlerweile<br />
Informatik. Im Frühjahr 2015<br />
flieht dann auch ihr Mann nach Österreich,<br />
er kommt letztendlich nach Tirol. „Im<br />
November bin ich dann mit meinem Sohn<br />
Laich und meiner Schwägerin nachgekommen.<br />
Unsere Flucht ging über den Libanon,<br />
die Türkei, Griechenland nach Tirol.<br />
Anfangs haben wir in einem Flüchtlingsheim<br />
in Mieming gewohnt, alles war neu,<br />
ungewohnt. Aber wir waren endlich sicher,<br />
hatten nicht mehr diese große Angst.<br />
Außer in meinen Träumen, da ist dann<br />
alles wieder hochgekommen.“<br />
In Syrien habe ich<br />
Journalismus studiert.<br />
Jetzt arbeite<br />
ich in Tirol als Freizeitpädagogin<br />
und<br />
Schulassistentin.<br />
Und bin zufrieden.<br />
Ihre Eltern, ihre Schwester und ihr älterer<br />
Bruder blieben in Syrien. „Natürlich hat es<br />
da heftige Diskussionen innerhalb unserer<br />
Familie gegeben, letztendlich aber haben<br />
sie meine Flucht akzeptiert. Besonders<br />
für meine Eltern<br />
war das anfangs<br />
nicht ganz einfach<br />
zu verstehen. Viel<br />
mehr möchte ich<br />
dazu gar nicht mehr<br />
sagen.“ In Mieming<br />
beginnt Oula<br />
schon zwei Wochen<br />
nach ihrer Ankunft<br />
Deutsch zu lernen.<br />
Sie will verstehen,<br />
was die Menschen<br />
hier sagen,<br />
will mitreden, Teil ihrer Welt werden. „Ich<br />
bin eine offene, kommunikative Frau, ich<br />
nehme gerne am Leben teil, freu mich<br />
auch darauf, Neues zu lernen und zu verstehen.<br />
Die Sprache ist der erste ganz<br />
wichtige Schlüssel dazu.“<br />
Ein Jahr nach ihrer Ankunft in Tirol,<br />
2016 also, wird ihre Tochter Lara Rita<br />
in Innsbruck geboren, zwei Jahre später<br />
ihre Ehe geschieden. „Ich bin dann mit<br />
meinen beiden Kindern nach Innsbruck<br />
gezogen, hab als Verkäuferin gearbeitet,<br />
damit meinen Lebensunterhalt verdient.<br />
Es war sicher keine ganz einfache Zeit,<br />
als Mama mit zwei<br />
kleinen Kindern,<br />
aber wir haben es<br />
geschafft.“<br />
Mittlerweile arbeitet<br />
Oula ganztags<br />
als Schulassistentin<br />
und Freizeitpädagogin<br />
bei der<br />
GemNova. Und das<br />
bereits seit 2019. Wie sie dazu gekommen<br />
ist, ist wieder eine eigene Geschichte:<br />
„Über eine Freundin hörte ich, dass an<br />
einer Volksschule eine Schulassistentin<br />
gesucht wird. Es gäbe da ein Kind, das<br />
Wer als Flüchtling<br />
ins Land kommt,<br />
startet nicht bei<br />
null. Man startet<br />
unter null.<br />
eine besondere Betreuung braucht.<br />
Klar, das hat mich gleich interessiert. In<br />
weiterer Folge stellte sich heraus, dass<br />
die of fene Stelle genau an jener Volksschule<br />
war, die mein Sohn besucht. Kurz<br />
vor den Ferien spielte mein Sohn in einem<br />
Theaterstück der Schule mit, die Direktorin<br />
war auch dort. Ich bin dann mit ihr<br />
ins Gespräch gekommen, hab sie auf die<br />
offene Stelle angesprochen und dann hat<br />
mich die Direktorin gleich an die GemNova<br />
verwiesen. Nur wenige Tage später hatte<br />
ich dann diesen Job“, erzählt sie heute<br />
lachend.<br />
Seit kurzem unterrichtet Oula zusätzlich<br />
vier Stunden die Woche Arabisch an der<br />
Volkshochschule in Innsbruck. „Meine beiden<br />
Kinder sprechen natürlich Deutsch,<br />
mein Sohn versteht Arabisch recht gut,<br />
meine Tochter redet Arabisch noch besser<br />
als Deutsch.“ Und ja, sie und ihre Kinder<br />
sind in Tirol angekommen, fühlen sich hier<br />
auch zu Hause, sind hier daheim.<br />
Und Syrien? „Durch meine Flucht kann ich<br />
nicht in meine alte Heimat zurückkehren.<br />
Vor zwei Jahren ist mein älterer Bruder<br />
Rabie in Damaskus an einem Herzinfarkt<br />
gestorben. Er war erst 36 Jahre alt.<br />
Für mich gab es keine Möglichkeit zum<br />
Begräbnis zu fahren. Ich muss dir wohl<br />
nicht sagen, wie es mir dabei ergangen<br />
ist.“<br />
Heuer im Herbst<br />
beginnt Oula übrigens<br />
eine Ausbildung zur<br />
Sozialpädagogin. Bildung<br />
ist ihr nach wie<br />
vor sehr wichtig. „In<br />
Syrien hab ich bereits<br />
studiert, hatte<br />
eine gute Ausbildung,<br />
einen interessanten<br />
Job, viele Freunde. All das musste ich mir hier<br />
in Tirol erst wieder aufbauen. Mit meinen<br />
beiden Kindern.“
94 tirol.traditionell<br />
tirol.traditionell<br />
95<br />
Das Wandbild des Heiligen Florians ist eine Schenkung an<br />
die Gemeinde und die Freiwillige Feuerwehr Schlaiten.<br />
(© Sigfried Schusteritsch / Gemeinde Schlaiten)<br />
SchOn<br />
mal vOn<br />
TrOMpel‘Oeil<br />
gehÖrt?<br />
Nein? Vielleicht kennt nicht jede*r den<br />
Begriff, aber wohl nahezu jede*r hat ein<br />
Trompe-l‘oeil schon einmal irgendwo<br />
gesehen – ob im Schwimmbad, im Foyer<br />
eines Hotels oder an einer Hauswand.<br />
Die Rede ist von Illusionsmalerei, eine<br />
Form der Wandmalerei. Trompe-l‘oeil<br />
(gesprochen: Tromp‘löh) ist Französisch<br />
und heißt so viel wie „Täusche<br />
das Auge“, weil diese Bilder eine Dreidimensionalität<br />
vermitteln, die nicht<br />
vorhanden ist.<br />
VON<br />
JAN SCHÄFER<br />
In Tirol gibt es nur wenige Maler*innen,<br />
die diese Kunst in Perfektion beherrschen.<br />
Einer von ihnen ist der Osttiroler Malermeister<br />
Sigfried Schusteritsch, genannt<br />
Sigi. Wenn man ihn das erste Mal in seinem<br />
Malerberufsgewand trifft und er sich<br />
bescheiden mit „Sigi Schusteritsch, Malermeister<br />
aus Schlaiten“ vorstellt, wird man<br />
eher an klassische Malerarbeiten denken<br />
als an Kunstwerke. Im Prinzip ist das<br />
durch aus der richtige Gedankengang. Denn<br />
der Osttiroler hat einen eigenen Fachbetrieb<br />
für Malerarbeiten jeglicher Art. Dazu<br />
zählen eben diese Wandmalereien, die<br />
Sigfried<br />
Schusteritsch<br />
von Lüftl- über Ornament- bis Illusionsmalerei<br />
reichen. Der Schlaitener macht<br />
darum kein großes Aufheben. Für ihn sind<br />
diese Bilder und Ornamente nichts weiter<br />
als Malerfacharbeiten. Aber genau diese<br />
zeichnen den Malermeister aus und haben<br />
ihn über die Jahre zu einer Institution in<br />
Osttirol werden lassen.<br />
Vom geistigen Auge über Fixpunkte<br />
entstehen großflächige Wandmalereien<br />
Eine besondere Ausbildung für Trompe-l‘oeil-Malereien<br />
hat er nicht. „Ich habe<br />
ganz normal den Beruf des Malers erlernt.<br />
Illusionsmalerei, wie auch plastische<br />
Malerei und Architekturmalerei bildeten<br />
Schwerpunkte in dieser Ausbildung. Das<br />
war’s eigentlich“, erinnert sich Sigi. Dass<br />
eines Tages gegen Ende der Lehrzeit sein<br />
Interesse für diese Facharbeiten geweckt<br />
wurde, ist einem TV-Beitrag zu verdanken.<br />
Gezeigt wurde das Portrait eines Illusionsmalers,<br />
der sich durch enorme Nachfrage<br />
die Aufträge aussuchen und damit das<br />
tun konnte, wozu er Lust hatte. Da Sigi ein<br />
kreativer Mensch ist, der Freude an der<br />
Arbeit mit Farben und den sich dadurch<br />
ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten<br />
hat, wollte er ebenfalls in diese Richtung<br />
gehen. Allerdings gab es anfangs keine<br />
Nachfrage. Wollte Sigi plastische Motive<br />
im Rahmen von Malerarbeiten einbringen,<br />
musste er die Kundinnen und Kunden<br />
direkt darauf ansprechen. Die Zeit war<br />
dafür noch nicht reif. Schließlich war es<br />
der Zufall, der dem Malermeister den<br />
ersten Auftrag für illusionistische Raumgestaltung<br />
brachte. Der Besitzer einer Pension<br />
im Ort hatte im Spa eines Hotels in<br />
Nordtirol perspektivische Landschaftsbilder<br />
gesehen. Das wollte der Pensionsbetreiber<br />
unbedingt auch für seinen eigenen<br />
Wellnessbereich haben und sprach Sigi<br />
darauf an. Für den Osttiroler war das nicht<br />
nur die erste große Wandmalerei, es war<br />
der ersehnte wichtige Referenzauftrag.<br />
„Natürlich ging es danach nicht Schlag auf<br />
Schlag. Aber mit der Zeit sprachen sich<br />
die Arbeiten sowie die Qualität herum“,<br />
erzählt Schusteritsch.<br />
Gefragt, wie seine Wandbilder entstehen,<br />
antwortet Sigi: „Nun, das kommt immer<br />
auf die Situation an. Manchmal kommt<br />
spontan eine Idee durch das Zusammenspiel<br />
von Raum, Licht, Architektur und<br />
dem, was zur Persönlichkeit des Kunden<br />
passt. Ich lasse mich dabei durch das Bild<br />
leiten, das ich vor meinem geistigen Auge<br />
habe, bis sich alles real zusammengefügt<br />
hat. Zur Orientierung dienen mir lediglich<br />
ein paar Fixpunkte, die ich zu Beginn der<br />
Arbeiten auf die zu gestaltende Wand<br />
auftrage. Aber genauso mache ich mir<br />
Gedanken vorab und zeichne Skizzen,<br />
wie ein Bild aussehen könnte, wie es in<br />
den Raum passt, wie die perspektivischen<br />
Dimensionen aussehen müssen, welche<br />
Farben in welcher Intensität die Illusion<br />
perfekt machen.“<br />
Beim Entstehen der dreidimensionalen<br />
Motive kombiniert der Malermeister verschiedene<br />
Pinsel- und Airbrushtechniken.<br />
Farben spielen dabei eine zentrale<br />
Rolle. Deswegen setzt der Osttiroler auf<br />
Farben aus Naturpigmenten, die aus verschiedensten<br />
Gesteinen und Erden gewonnen<br />
werden. Diese Farben überzeugen<br />
durch ihre Langlebigkeit, Farbechtheit und<br />
Farbintensität.<br />
Ein frisches Floriansbild für die Feuerwehr<br />
der Gemeinde Schlaiten<br />
In 25 Jahren hat Malermeister Schusteritsch<br />
für Pensionen, Hotels und zahlreiche<br />
Privatiers die verschiedensten<br />
dreidimensionalen Motive an Wände<br />
gezaubert. Die Aufträge brachten ihn auch<br />
ins Ausland; nach Italien, in die Schweiz,<br />
nach Deutschland und Frankreich. Und<br />
Gemeinden? Eine einzige! Dazu hat Sigi<br />
eine amüsante Geschichte zu erzählen:<br />
„Vor einigen Jahren siedelten meine Frau<br />
und ich von Lienz nach Schlaiten, wo wir<br />
ein Haus gebaut hatten. Jedes Mal, wenn<br />
ich zu unserem Haus fuhr, kam ich an der<br />
Feuerwehr vorbei. An deren Hausfassade<br />
befand sich ein Floriansbild, an dem der<br />
Zahn der Zeit nagte. Das Motiv wirkte<br />
so ‚blass‘, dass der Künstler in mir wachgerüttelt<br />
wurde.“ Nach Rücksprache mit<br />
dem Feuerwehrkommandanten und dem<br />
Bürgermeister, ob er einen neuen Heiligen<br />
Florian malen dürfe, machte sich Sigi<br />
ans Werk und schenkte es schließlich der<br />
Gemeinde.<br />
Bürgermeister Ludwig Pedarnig erinnert<br />
sich heute noch gern an diese doch<br />
eher ungewöhnliche Anfrage: „Es stimmt,<br />
das Bild des Heiligen Florian am Feuerwehrgebäude<br />
war über die Jahre durch<br />
Witterungseinflüsse in Mitleidenschaft<br />
gezogen worden. Es wurde im Jahre 1990<br />
im Zuge der Errichtung eines Zubaus zum<br />
Feuerwehrgerätehaus angebracht. Das<br />
Angebot von Sigi Schusteritsch, das Bild<br />
als Geschenk für die Kameradschaft der<br />
Freiwilligen Feuerwehr Schlaiten erneuern<br />
zu wollen, wurde daher auch von der<br />
Gemeinde Schlaiten gerne angenommen.<br />
Als Bürgermeister freut es mich natürlich,<br />
wenn sich Bürger*innen so engagieren<br />
und damit auch ihre Verbundenheit<br />
gegenüber der Gemeinde zum Ausdruck<br />
bringen. Es ist schon bemerkenswert,<br />
was Sigi da geleistet hat.“ Für den Malermeister<br />
aus Schlaiten war es nach seinen<br />
Worten keine große Sache. Er hat einfach<br />
Freude am Malen von Bildern auf großer<br />
Fläche, die das Auge täuschen und plastisch<br />
erscheinen. Und wenn man sich Zeit<br />
nimmt und die Arbeiten in Ruhe anschaut,<br />
dann sieht man die Hingabe, mit der diese<br />
Illusionen entstehen.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Zusammenfinden<br />
Unternehmen benötigen geeignete Standorte und Gemeinden sind auf wirtschaftlich gesunde<br />
Betriebe angewiesen. Daher ist es die vordringlichste Aufgabe von EISENKIES Immobilien und<br />
Projektentwicklung GmbH, als Gewerbe – Projektentwickler, die Anforderungen der anzusiedelnden<br />
Unternehmen mit den Vorstellungen und Möglichkeiten der jeweiligen Gemeinde in Einklang zu<br />
bringen und zusammenzuführen.<br />
Ing. Josef Mair<br />
Geschäftsführer EISENKIES Immobilien<br />
und Projektentwicklung GmbH<br />
(© EISENKIES / DK Fotografie)<br />
Angedachte Nutzungen von Grundstücksflächen,<br />
welche sich einerseits auf Grund<br />
der Lage, der Verkehrsanbindung und<br />
der infrastrukturellen Versorgung als<br />
Gewerbeflächen eignen würden und<br />
andererseits die dazu erforderlichen<br />
Umwidmungen und die raumordnerischen<br />
Genehmigungen benötigen,<br />
führen zwangsweise zu Diskussionen,<br />
welche in den einzelnen Gemeinden<br />
und teilweise in der Öffentlichkeit<br />
ausgetragen werden. Es zeigt sich<br />
bereits zu diesem Zeitpunkt, dass es<br />
durch eine fach- und sachlich zu wenig<br />
vorbereitete Vorgangsweise, unter den<br />
Beteiligten zu einer unterschiedlichen<br />
Beurteilung und Einschätzung der Fakten<br />
kommt. Es besteht dabei die Gefahr,<br />
dass dieser Interessenskonflikt auf<br />
emotionaler Ebene ausgetragen wird<br />
und die Sachlichkeit für das Projekt an<br />
Bedeutung verliert.<br />
Für den Gewerbe – Projektentwickler<br />
gilt daher, mit größtmöglicher Seriosität<br />
und Offenheit von Beginn des Projektes<br />
an, die Gemeinden und Behörden in<br />
die Überlegungen miteinzubeziehen.<br />
Es gilt Verständnis für die Ansiedlung<br />
des Unternehmens, aber auch für die<br />
Rahmenbedingungen der örtlichen und<br />
überörtlichen Raumordnung aufzubringen<br />
– kein einfaches Unterfangen.<br />
Für den Entwickler von Gewerbeprojekten<br />
hat sich einiges geändert: der ganze<br />
Prozess ist aufwendiger, umfangreicher<br />
und zeitlich langwieriger geworden. Man<br />
benötigt viel mehr Zeit und Aufwand,<br />
von der politischen Willensbildung bis<br />
zu dem Punkt, an dem das Projekt<br />
genehmigungsfähig ist. Darauf hat man<br />
sich eingestellt und auch die nötige<br />
Ausdauer dafür.<br />
Diese Entwicklungen erfordern es,<br />
dass das Projekt in seiner Gesamtheit<br />
mit konkreten Projektstudien, Visualisierungen<br />
und fundierten Kennzahlen<br />
präsentiert wird. Ebenso erfolgt in zahl <br />
reichen Fällen eine Firmenpräsentation<br />
des ansiedelungswilligen Unternehmens.<br />
Der Bedarf von Gewerbeflächen hat in<br />
den letzten Jahren enorm zugenommen,<br />
was durch die zahlreichen Suchfragen<br />
von inländischen und ausländischen<br />
Unternehmen belegt wird. Bereits beim<br />
Erstkontakt wird eine Grobanalyse der<br />
Anforderungen und Vorstellungen des<br />
suchenden Unternehmens durchgeführt<br />
und dabei schon zu diesem Zeitpunkt<br />
eine Selektierung der möglichen<br />
Standorte erledigt.<br />
Durch die Knappheit von möglichen<br />
Gewerbeflächen hervorgerufen, kommt<br />
es immer öfters vor, dass im Interesse<br />
der Grundstückeigentümer und der<br />
Gemeinde eine Optimierung der Flächen<br />
samt optimaler Verkehrserschließung<br />
eingeleitet wird. Dies erfolgt vielfach<br />
im Rahmen der Baulandumlegung,<br />
bei der die Zusammenarbeit und das<br />
Zusammenfinden von Gemeinde und<br />
Eigentümer noch stärker gefordert<br />
sind. Dieses Verfahren erfordert die<br />
Bereitschaft zu Kompromissen und<br />
Zugeständnissen, bietet aber auch<br />
gleichzeitig die Möglichkeit einer<br />
optimalen Form und Erschließung des<br />
jeweiligen Grundstückes als Voraussetzung<br />
für eine Umwidmung.<br />
In einzelnen Fällen kam es in letzter<br />
Zeit auch zu Kontaktaufnahmen<br />
durch Gemeinden, welche in ihrem<br />
Eigentum eventuell künftig genutzte<br />
Grundstücksflächen haben und diese<br />
einer gewerblichen Nutzung zuführen<br />
wollen. In einem solchen Fall werden<br />
sämtliche vorhandene Suchanfragen<br />
mit den Überlegungen der Gemeinde<br />
abge glichen. Anschließend erfolgt die<br />
Zusammenführung der Interessenten<br />
mit der Gemeinde.<br />
Ziel einer umfassenden Raumordnung<br />
und daher auch einer optimalen<br />
Projektentwicklung muss es sein, die<br />
einzelnen Anforderungen und Aufgaben<br />
bestmöglichst abbilden und umsetzen zu<br />
können, getragen von dem Bewusstsein<br />
mit Grund und Boden sehr behutsam<br />
und vorausblickend vorzugehen. Es<br />
gilt daher mit Feingefühl, Verständnis<br />
und fairer Zusammenarbeit ein<br />
„ZUSAMMENFINDEN“ zu ermöglichen.<br />
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Herausgeber, Medieninhaber<br />
und Verleger: GemNova Dienstleistungs<br />
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& Gestaltung, www.mitspieler.at.<br />
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Kirchler. Textkorrekturen: Natalie<br />
Nagl, MA. Redaktionsschluss:<br />
08.06.<strong>2022</strong>. Mit „Entgeltliche Einschaltung“<br />
gekennzeichnete Artikel<br />
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der Redaktion. Für Satz und<br />
Druckfehler übernehmen wir keine<br />
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Tratzbergsiedlung, Jenbach<br />
Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,<br />
2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten<br />
Wohn und Pflegeheim Haus Maria, Natters<br />
40 Pflegebetten, 8 Tagesbetreuungsplätze, 14 Einheiten<br />
für betreubares Wohnen, 1 Arztpraxis<br />
Haus der Generationen, Volders<br />
Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,<br />
8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,<br />
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Die GemNova bemüht sich um eine<br />
gendersensible Sprache in all ihren<br />
Texten. Dies umfasst die Ansprache<br />
nicht nur des männlichen und<br />
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auch des dritten Geschlechts. Dies<br />
sind Personen, die sich nicht in das<br />
binäre Geschlechtssystem „männlich“<br />
und „weiblich“ einordnen lassen<br />
(wollen).<br />
Kindergarten Elisabethinum, Axams<br />
6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />
Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen<br />
80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel<br />
und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde<br />
Kindergarten St. Paulus, Innsbruck<br />
3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />
Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk<br />
Betreubares Wohnen, Haiming<br />
18 betreubare Mietwohnungen<br />
Einsatzzentrum, Schönwies<br />
Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung<br />
Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen<br />
21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,<br />
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sind uns ein Anliegen.<br />
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