VNW-Magazin Ausgabe 3/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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3<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
„Mögest Du in interessanten Zeiten leben.“ Dieser<br />
aus dem Chinesischen stammende Satz ist ironisch gemeint<br />
und gilt daher auch als „chinesischer Fluch“. Der<br />
Absender will eigentlich sagen, dass das Leben in „uninteressanten<br />
Zeiten“ des Friedens und der Ruhe besser<br />
sei als in „interessanten“, die normalerweise Zeiten der<br />
Not sind.<br />
Folgt man dieser Logik, so leben wir wahrlich in „interessanten“<br />
Zeiten. Die Corona-Pandemie ist noch längst<br />
nicht vergangen. Die Baupreise dürften bald die Galaxie<br />
verlassen. Der Krieg in der Ukraine findet zwar am Rande<br />
Europas, aber gar nicht so weit von Norddeutschland<br />
entfernt statt. In den Regierungszentralen wiederum hat<br />
Kurzatmigkeit das Zepter übernommen. Und nun steigen<br />
auch noch die Zinsen. Das hat uns dann ja gerade noch<br />
gefehlt.<br />
Für sozial orientierte Wohnungsunternehmen, die üblicherweise<br />
in Dekaden planen, sind derart unruhige<br />
Zeiten nicht die allerbeste Umgebung. Wenn soziale<br />
Vermieter den Bau oder die Sanierung eines Wohngebäudes<br />
planen, dann denken sie nicht zuallererst daran,<br />
wie rasch und mit welchem Gewinn sich das Investment<br />
rechnen wird.<br />
Vielmehr spielt die Frage eine Rolle, ob der Standort<br />
auch in zwanzig oder dreißig Jahren noch so attraktiv<br />
ist, dass die Vermietungsquote stimmt. Oder: Wer heute<br />
investiert, der muss sicher sein, dass auch künftig Kostensteigerungen<br />
infolge von Inflation oder strengerer<br />
gesetzlicher Auflagen durch höhere Mieten kompensiert<br />
werden können.<br />
Das mögen Selbstverständlichkeiten sein. Angesichts der<br />
Hektik, mit der vor allem auf Bundesebene agiert wird,<br />
kommen jedoch Zweifel auf. Ursprünglich sollte die CO 2<br />
-<br />
Abgabe dazu dienen, Menschen zu einer Änderung ihres<br />
Verhaltens zu bewegen. Statt teure fossile Energie zu<br />
verbrauchen, sollten sie weniger verbrauchen oder auf<br />
regenerativ erzeugte Energie umsteigen.<br />
Mit der Aufteilung der CO 2<br />
-Abgabe vom kommenden<br />
Jahr an konterkariert die Politik ihr eigenes Ziel, indem<br />
sie die Steuerungswirkung der Abgabe schwächt. Die<br />
Unklarheit darüber, ob und welcher Neubaustandard<br />
künftig gefördert werden wird, hat wiederum dazu geführt,<br />
dass vermehrt Wohnungsunternehmen Investitionen<br />
verschieben oder sich gleich ganz auf die Ertüchtigung<br />
des Bestands konzentrieren.<br />
Problematisch beim Umbau unserer Gesellschaft zu Klimaneutralität<br />
ist vor allem, dass die Politik zwar immer<br />
höhere Anforderungen stellt, bei den „Basics“ aber (seit<br />
vielen Jahren) nicht vorankommt. Die Bürokratie ist trotz<br />
wiederkehrender Beteuerungen nicht weniger geworden.<br />
Viele Kommunen haben noch immer kein Liegenschaftskataster.<br />
Und die Zeit bis zum Erteilen einer Baugenehmigung<br />
misst sich nach wie vor nicht in Monaten,<br />
sondern Jahren.<br />
Es geht mir nicht darum, die Notwendigkeit der Reduzierung<br />
von CO 2<br />
-Emissionen in Frage zu stellen. Wir schützen<br />
nicht mehr das Klima, sondern uns vor den Folgen<br />
eines überhitzten Planeten Erde. Wir werden aber die<br />
selbst gesteckten Ziele nicht erreichen, wenn der Staat<br />
immer nur fordert, aber selbst nicht liefert. In diesem<br />
Sinne wünsche ich mir „uninteressante“ Zeiten. Zeiten,<br />
in denen <strong>VNW</strong>-Unternehmen ihre Hausaufgaben erledigen<br />
können und nicht ständig neue Anforderungen<br />
fürchten müssen.<br />
Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor