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VNW-Magazin Ausgabe 3/2022

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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18 <strong>VNW</strong><br />

Bislang spielte diese bei der Bewertung der Energiebilanz von<br />

Wohngebäuden eine untergeordnete Rolle. Auch deshalb war es<br />

in der Regel günstiger, ein altes Gebäude abzureißen und ein neues<br />

zu errichten. So konnten – vereinfacht betrachtet – die gestiegenen<br />

Ansprüche der Mieterinnen und Mieter an moderne Wohnungsgrundrisse<br />

genauso befriedigt werden wie die verschärften<br />

Klimaschutzanforderungen des Staates.<br />

Nun ist zu erwarten, dass Sanierung und Modernisierung<br />

bestehender Wohngebäude künftig Vorrang vor dem Neubau<br />

haben werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits<br />

angekündigt, dass die öffentliche Förderung auf die Sanierung<br />

von Bestandsgebäuden konzentriert werde. Das gilt auch<br />

für die vielen Plattenbauten, die in den sechziger, siebziger und<br />

achtziger Jahren errichtet wurden.<br />

Die Menschen wollen mehr Wohnfläche<br />

Ina Liebing<br />

Was den Zustand der Gebäude angeht, dürfte das – wie oben<br />

beschrieben – machbar sein. Ein Problem schien sich bislang allerdings<br />

nicht ohne größeren Aufwand lösen lassen. Die Grundrisse<br />

der Wohnungen konnten nur in engen Grenzen verändert<br />

werden. Zwar wurden Wohnungen zusammengelegt, auch gern<br />

über zwei Etagen. Wohnungen mit deutlich größeren Zimmern<br />

jedoch entstanden, wenn auch in überschaubarer Zahl, zumeist<br />

nur durch Aufstockung.<br />

Michael Pischke führt den Besucher in die zweite Etage und<br />

öffnet eine Tür. Die Außenwände sind zwar schon entfernt, aber<br />

der Grundriss der Wohnung ist noch alt: zwei kleine Zimmer, eine<br />

schmale Küche, die über einen Durchgang durch Bad und Toilette<br />

zu erreichen ist. Als der Wohnblock vor gut 50 Jahren gebaut<br />

wurde, war das der „letzte Schrei“. Eine Neubauwohnung war<br />

einem „Sechser im Lotto“ vergleichbar.<br />

Inzwischen gilt „Klein, aber mein“ nicht mehr. Heutige Mieterinnen<br />

und Mieter wollen oftmals zwar nicht umziehen, haben<br />

aber höhere Ansprüche als früher. Mehr Platz im Bad für eine<br />

Dusche, mehr Platz in der Küche. Wer das Rentenalter erreicht<br />

hat, freut sich, wenn der Fahrstuhl ihn in den vierten oder fünften<br />

Stock bringt. Die Folge: Seit 1991 ist in Deutschland die durchschnittliche<br />

Wohnfläche pro Person von 34,9 Quadratmeter auf<br />

inzwischen 47,4 Quadratmeter gestiegen.<br />

„Wir hätten die Gebäude ohnehin sanieren müssen“, sagt Michael<br />

Pischke, während er die Tür zu einer weiteren Wohnung öffnet.<br />

Hier kann man die Zukunft erahnen. Die Küche ist größer und<br />

die von außen angesetzte Loggia schon teilweise verglast. Vor ein<br />

paar Jahren hätte man die alten Plattenbauten abgerissen. „Aber<br />

wer kann sich das angesichts der explodierenden Baupreise noch<br />

leisten?“ Entscheidend ist daher, dass die „Erweiterungsmodule“<br />

vorgefertigt angeliefert werden. Wer vor dem Gebäude steht,<br />

kann die „Quader“ erkennen.<br />

„Die Menschen wollen mehr Platz in der eigenen Wohnung<br />

und dem wollen wir gerecht werden“, sagt Ina Liebing, Vorstand<br />

der Baugenossenschaft Neptun. „Zudem wollen wir zeigen, dass<br />

so ein ‚Umbau‘ von Plattenbauten finanziell machbar ist, dass also<br />

die Mieten, die später genommen werden müssen, bezahlbar bleiben.“<br />

Ina Liebing ist zwar angesichts der gestiegenen Baupreise<br />

vorsichtig, aber dennoch optimistisch, dass man in der Helsinkier<br />

Straße dieses Ziel erreichen wird. „Wir werden am Ende wohl bei<br />

elf bis zwölf Euro pro Quadratmeter netto-kalt landen.“<br />

Rund 1850 Quadratmeter Wohnfläche werde man am Ende<br />

durch das Erweitern der Wohnungen und durch Aufstocken gewinnen,<br />

sagt Michael Pischke. Zwölf Wohnungen werde es mehr<br />

geben, ergänzt Ina Liebing. Die Genossenschaft investiere rund<br />

15 Millionen Euro in das Projekt. „Wir verstehen das Ganze als<br />

eine Art Test.“ Sollte sich das Projekt am Ende rechnen, könnte<br />

die Helsinkier Straße nicht nur eine Blaupause für andere Gebäude<br />

der Neptun eG, sondern auch für andere Genossenschaften<br />

werden.<br />

Eine Blaupause für andere Wohnungsunternehmen?<br />

Darauf setzt auch <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Das, was die<br />

Baugenossenschaft Neptun in Rostock derzeit umsetzt, ist beispielhaft“,<br />

sagt er und fügt hinzu: „Bei dem innovativen Vorgehen<br />

werden die Grundrisse von Wohnungen den Wünschen heutiger<br />

Mieterinnen und Mieter entsprechend angepasst. Das ist gut<br />

für die Umwelt und hilft, bezahlbaren Wohnraum für die Zukunft<br />

zu sichern.“<br />

Sorgen darüber, dass die „neuen“ Wohnungen schwer an<br />

die Frau oder den Mann zu bringen sind, hat Ina Liebing nicht.<br />

„Einige Mieterinnen und Mieter können es gar nicht abwarten,<br />

einzuziehen.“ Ende kommenden Jahres sollen die Umbauarbeiten<br />

fertig sein. In Zeiten, in denen Wissenschaft und Politik darüber<br />

klagen, dass gut verdienende Bürger der „Platte“ den Rücken<br />

kehren, sind derartig attraktive Wohnungen ein Pfund, mit dem<br />

die Genossenschaft wuchern kann.<br />

Bei den Rostockerinnen und Rostockern kommen die Umbauarbeiten<br />

der Genossenschaft gut an. „Das sollte Schule machen.<br />

Bezahlbarer Wohnraum ist sehr, sehr wichtig“, zitiert die Ostsee-<br />

Zeitung eine Leserin. Und eine andere meint: „Wenn die Balkone<br />

und Dächer noch mit Grünpflanzen bestückt würden, wäre es<br />

total rund.“ h

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