Vorträge - Universität Salzburg
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Abstracts Primus Conventus Austriacus Archaeometriae - MMIX<br />
Adalbert und Ottokar – die Tegernseer Klosterbrüder?<br />
Eine archäometrische Bestandsaufnahme als alternative Methode<br />
historischer Quellenkritik<br />
Jan Cemper-Kiesslich 1 & Albert Zink 2<br />
1 <strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong>, Interfakultärer Fachbereich Gerichtsmedizin und forensische Neuroopsychiatrie, Ignaz<br />
Harrer-Straße 79, A-5020 <strong>Salzburg</strong>, tel.: ++43-(0)662-8044-3804, fax.: ++43-(0)662-8044-3829, email:<br />
jan.kiesslich@sbg.ac.at<br />
2 Institute for Mummies and The Iceman, EURAC research, Drususallee 1, I-39100 Bozen, tel.: ++39-0471-055-<br />
561, email: albert.zink@eurac.edu<br />
Die legendären Brüder Adalbert und Ottokar (auch Otakar oder Oaker genannt) gelten nach<br />
historischen Überlieferungen als Gründer des Klosters Tegernsee in Bayern. Von Adalbert<br />
wird berichtet, er sei der erste Abt des Klosters gewesen. Der Bezug zum Kloster St. Hippolyt<br />
in St. Pölten ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass das Tegernseer Haus Mutterkloster<br />
von St. Hippolyt war und andererseits aus der handschriftlichen Klostertradition, in welcher<br />
Adalbert und Ottokar (auch) als Gründer von St. Hippolyt geführt werden – obgleich<br />
historisch nicht gesichert ist, dass die beiden jemals in St. Pölten waren.<br />
In Zuge von Renovierungs- und Bauarbeiten in der Tegernseer Klosterkirche im Jahr 2001<br />
wurden die (mutmaßlichen) Gebeine der Klostergründer aus dem Hauptaltar geborgen und am<br />
Institut für Pathologie der Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München bzw. am Interfakultären<br />
Fachbereich Gerichtsmedizin der Paris Lodron-<strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong> archäometrisch<br />
untersucht.<br />
Bei den hier untersuchten Individuen TG-1 und TG-2 konnte das biologische Geschlecht<br />
anthropologisch und molekularbiologisch eindeutig als männlich identifiziert werden. Mit<br />
einer Körpergröße von ca. 1,85 m und dem robusten Körperbau waren beide Personen für ihre<br />
Zeit bemerkenswert groß und kräftig gebaut. Die gefundenen Abnützungserscheinungen an<br />
der Wirbelsäule und an den Gelenken deuten auf eine mäßige Arbeitsbelastung hin. Die 14 C-<br />
Datierung und die radiologischen Befunde der Harris-Lines deuten darauf hin, dass TG-2 ca.<br />
8-10 Jahre älter als TG-1 war; unter der Annahme, dass die beiden gemeinsam aufgewachsen<br />
sind kann davon ausgegangen werden, dass in der Kindheit und Jugend vier Phasen mit<br />
massivem physiologischem Stress (z.B. Infektionskrankheiten oder Zeiten von<br />
Mangelernährung) stattgefunden haben. TG-1 ist allem Anschein nach an einem<br />
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