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Ulrich H. J. Körtner: Theologische Exegese (Leseprobe)

Systematische Theologie und Bibelexegese gehen heute oftmals getrennte Wege. Einer der Gründe ist die Rehabilitierung des Historismus. In Teilen heutiger Systematischer Theologie spielen religionsphilosophische Reflexionen eine größere Rolle als die Texte der Bibel. Die Studien des vorliegenden Bandes begreifen Bibelexegese als theologisches Unterfangen, das historische und systematische Fragestellungen vereint, und Systematische Theologie als konsequenter Exegese. So vielstimmig, spannungsreich und bisweilen widersprüchlich die in den biblischen Schriften zu vernehmenden Stimmen auch klingen mögen, weisen sie doch über sich hinaus auf einen Konvergenzpunkt, der mit dem Wort „Gott“ benannt wird. Systematische Schriftauslegung versucht diesem Richtungspfeil der biblischen Texte zu folgen.

Systematische Theologie und Bibelexegese gehen heute oftmals getrennte Wege. Einer der Gründe ist die Rehabilitierung des Historismus. In Teilen heutiger Systematischer Theologie spielen religionsphilosophische Reflexionen eine größere Rolle als die Texte der Bibel. Die Studien des vorliegenden Bandes begreifen Bibelexegese als theologisches Unterfangen, das historische und systematische Fragestellungen vereint, und Systematische Theologie als konsequenter Exegese. So vielstimmig, spannungsreich und bisweilen widersprüchlich die in den biblischen Schriften zu vernehmenden Stimmen auch klingen mögen, weisen sie doch über sich hinaus auf einen Konvergenzpunkt, der mit dem Wort „Gott“ benannt wird. Systematische Schriftauslegung versucht diesem Richtungspfeil der biblischen Texte zu folgen.

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58<br />

III Vergebung und Versöhnung<br />

Aristoteles über die Tradition des ockhamistischen Nominalismus, in<br />

der er steht, erkennbar hinaus.<br />

Will man Luthers Forderung nach nova vocabula bzw. nova significatio<br />

nicht als sein ontologisches Programm auffassen, so gelangt man<br />

zu dem Ergebnis, dass Luther kein Programm einer theologischen (!)<br />

Ontologie aufgestellt hat, was freilich nicht besagt, dass er nicht de facto<br />

im Vollzug seiner Theologie ontologische Überlegungen angestellt hat.<br />

Luthers Aristoteles- und Philosophiekritik bedeutet nicht, dass er der<br />

Ontologie und also der Metaphysik überhaupt eine Absage erteilt hätte.<br />

Freilich bleibt festzuhalten, dass Luther seine Aristoteleskritik ins<br />

Grundsätzliche erweitert und als Kritik an der Formung theologischer<br />

Aussagen durch die philosophische Ontologie überhaupt vorgetragen<br />

hat.<br />

Bei aller Vorsicht gegenüber anachronistischen Urteilen über<br />

Luthers Aristoteleskritik muss doch mit Wilfried Joest die Sachfrage<br />

gestellt werden, ob nicht Luthers Philosophiebegriff, der dieser jeglichen<br />

Zukunftsbezug abspricht, zu eng gefasst ist. Zu fragen ist daher<br />

auch, „ob der Theologe das Wort Gottes über das Sein des Menschen<br />

nach-sagen kann, ohne es bewußt oder unbewußt zumindest auf Fragen<br />

hin auszulegen, die auch in einer dem Ausgangspunkt nach rein<br />

philosophischen Selbstbestimmung – eben als Seinsfragen – sich melden“.<br />

Joest meint, „daß er dies nicht kann und daß Luthers strikte<br />

Abschneidung der Philosophie von dem, was er ,causa efficiens‘ und<br />

,finalis‘ nennt – sagen wir lieber, von dem Bereich des Fragens nach<br />

Grund, Sinn und Eigentlichkeit des Seins –, dann ein Kurzschluß wäre,<br />

wenn sie der philosophischen Selbstbesinnung die echte Berührung mit<br />

diesem Bereich schon als aporetische Frage-Berührung absprechen<br />

würde“ 9 . Joest folgend wird man urteilen müssen, dass „dieser Fragebezug<br />

(kraft dessen bereits jene Selbstbesinnung gar nicht so autonom<br />

und rein ,innerweltlich‘, vielmehr von der Wirklichkeit Gottes beschattet<br />

ist)“, es letztendlich ermöglichen dürfte, „das <strong>Theologische</strong> überhaupt<br />

in menschlichen Worten und dann auch in philosophischen<br />

Reflexionsbegriffen auszudrücken“ 10 . Mit solchen Erwägungen wird<br />

freilich der Bereich dessen, was Luther ausdrücklich diskutiert, überschritten.<br />

9 Wilfried Joest, Ontologie der Person bei Luther, Göttingen 1967, 135.<br />

10 A. a. O., 136.

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