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Pirouette No. 06/2022 Juli + August

Junitraining im Center of Excellence In Oberstdorf war den ganzen Frühsommer viel Betrieb, auch wenn in diesem Jahr dort kein IceDome stattfand. In der ersten Junihälfte kamen wegen der zweiwöchigen bayerischen Pfingstferien besonders viele Läufer/innen aus ganz Bayern, denn die meisten anderen Eishallen in Bayern sind im Juni geschlossen. Nach den Pfingstferien war wieder mehr Zeit für die Kaderläufer. Ex-Bundestrainer Martin Skotnicky, jetzt im Ruhestand, kam nur zum Interview fast schüchtern in die Eishalle, bzw. in den Trainerraum (hierzu ein Pirouette-Portrait). Topthemen: · ISU-Kongress wählt Präsidenten Jae-Youl Kim · Wettbewerbsliste 2022 - 2024 · Juni-Training in Oberstdorf Weiteres aus dem Inhalt: · Der aktuelle Kommentar: Russische Eisläufer sind keine Kriegsverbrecher · Monika Scheibe in Chemnitz verabschiedet · Portrait: Eistanz-Legende Martin Skotnicky · Interview: Viktor Pfeifer · Interview: Jorik Hendrickx · Interview: Anastasia Gubanova · ISU Erwachsenen Wettbewerb · Neues aus der Ukraine: Eisläufer kämpfen um ihre Karriere · Scheidung auf dem Eis: Müller/Dieck und Hase/Seegert trennen sich · ISU-Entwicklungsseminar Eistanz · Saisonvorbereitung in Russland (im Schatten der Sanktionen) · Neues aus Japan: Shoma Unos „Brand New Story“, Yuzuru Hanyu im Zentrum der Kunst, Marin Honda versucht sich im Baseball, Preise für Wakaba Higuchi, Muramoto/Takahashi gehen in die nächste Runde · Eislaufgeschichte: Neuentdeckungen über Alois Lutz · Neues aus aller Welt Titelbild: Shoma Uno In dieser Saison hat Japan mit Spitzen­athleten wie Shoma Uno, Yuma Kagiyama und Kaori Sakamotoregelrecht geglänzt. Sie holten nicht nur Silber und Bronze bei Olympia, sondern standen auch bei den WM ganz oben auf dem Treppchen. Foto: Hella Höppner Auch als Printversion erhältlich unter:www.pirouette-online.de/nr-6-juliaugust-2022.html (Erscheinungstermin 15.7.2022)

Junitraining im Center of Excellence

In Oberstdorf war den ganzen Frühsommer viel Betrieb, auch wenn in diesem Jahr dort kein IceDome stattfand. In der ersten Junihälfte kamen wegen der zweiwöchigen bayerischen Pfingstferien besonders viele Läufer/innen aus ganz Bayern, denn die meisten anderen Eishallen in Bayern sind im Juni geschlossen. Nach den Pfingstferien war wieder mehr Zeit für die Kaderläufer. Ex-Bundestrainer Martin Skotnicky, jetzt im Ruhestand, kam nur zum Interview fast schüchtern in die Eishalle, bzw. in den Trainerraum (hierzu ein Pirouette-Portrait).

Topthemen:
· ISU-Kongress wählt Präsidenten Jae-Youl Kim
· Wettbewerbsliste 2022 - 2024
· Juni-Training in Oberstdorf

Weiteres aus dem Inhalt:
· Der aktuelle Kommentar: Russische Eisläufer sind keine Kriegsverbrecher
· Monika Scheibe in Chemnitz verabschiedet
· Portrait: Eistanz-Legende Martin Skotnicky
· Interview: Viktor Pfeifer
· Interview: Jorik Hendrickx
· Interview: Anastasia Gubanova
· ISU Erwachsenen Wettbewerb
· Neues aus der Ukraine: Eisläufer kämpfen um ihre Karriere
· Scheidung auf dem Eis: Müller/Dieck und Hase/Seegert trennen sich
· ISU-Entwicklungsseminar Eistanz
· Saisonvorbereitung in Russland (im Schatten der Sanktionen)
· Neues aus Japan: Shoma Unos „Brand New Story“, Yuzuru Hanyu im Zentrum der Kunst, Marin Honda versucht sich im Baseball, Preise für Wakaba Higuchi, Muramoto/Takahashi gehen in die nächste Runde
· Eislaufgeschichte: Neuentdeckungen über Alois Lutz
· Neues aus aller Welt

Titelbild: Shoma Uno
In dieser Saison hat Japan mit Spitzen­athleten wie Shoma Uno, Yuma Kagiyama und Kaori Sakamotoregelrecht geglänzt. Sie holten nicht nur Silber und Bronze bei Olympia, sondern standen auch bei den WM ganz oben auf dem Treppchen. Foto: Hella Höppner

Auch als Printversion erhältlich unter:www.pirouette-online.de/nr-6-juliaugust-2022.html (Erscheinungstermin 15.7.2022)

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6<br />

Viktor Pfeifer<br />

Interview<br />

Viktor Pfeifer<br />

Viktor Pfeifer, neunmaliger österreichischer<br />

Meister und dreifacher Olympiateilnehmer,<br />

ist der erfolgreichste österreichische<br />

Herren-Eiskunstläufer der letzten<br />

Jahrzehnte. Als Trainer hatte er heuer seinen<br />

großen Durchbruch: mit US-Schülerin<br />

Alysa Liu fuhr er zu den Olympischen<br />

Spielen. Sie errang Bronze bei der WM. Im<br />

Mai war er Gasttrainer bei einem Camp in<br />

Gmunden. Allerdings war sein Gepäck<br />

samt Schlittschuhen bei der Zwischenlandung<br />

in Frankfurt verloren gegangen und<br />

wurde erst später nachgeliefert. Für den<br />

Beginn des Trainingscamps mussten kurzfristig<br />

Ersatzschuhe organisiert werden.<br />

Trotz der Panne und damit verbundener<br />

Hektik blieb er beim Interview am Wiener<br />

Flughafen freundlich und gelassen.<br />

<strong>Pirouette</strong>: Wie haben Sie den Wechsel vom<br />

Läufer zum Trainer empfunden?<br />

Viktor: Für mich war die Umstellung vergleichsweise<br />

leicht, weil ich noch als aktiver Läufer regelmäßig<br />

mehrere Stunden am Tag als Trainer<br />

gearbeitet habe. Aber ich weiß, dass es anderen<br />

schwerer fällt. Dadurch, dass ich schon länger<br />

gecoacht habe, habe ich die Wettkämpfe und<br />

das damit verbundene Adrenalin auch ohne<br />

Übergang rasch wieder als Trainer erlebt.<br />

Würden Sie heute etwas anders machen,<br />

wenn Sie zurückblicken, zum Beispiel früher<br />

in den USA trainieren?<br />

Foto: privat<br />

»Ziel war, gemeinsam Freude<br />

am Arbeiten zu haben«<br />

Wie kam es zu dem Wechsel von Alysa Liu zu<br />

Ihnen so kurz vor den Winterspielen?<br />

Das war schon ungewöhnlich. Alysa hat direkt<br />

nach der NHK Trophy die Trainer gewechselt,<br />

obwohl sie ihre früheren Trainer Jeremy Abbott<br />

und Massimo Scali sehr mochte. Die Entscheidung<br />

ging eher von ihrem Vater aus und die<br />

Präferenz der beiden fiel auf Colorado. Dann<br />

wurde seitens des US-Verbandes die Entscheidung<br />

getroffen, dass sie mit mir Technik trainieren<br />

soll und dann wurden Christy Krall, Drew<br />

Meekins und ich ihr neues Trainerteam.<br />

Wie war die Aufgabenverteilung im Team?<br />

positiv. Sie hat ihr Leben in die Hände genommen,<br />

ihre eigene Entscheidung getroffen.<br />

In den USA hat auch die Ausbildung starken<br />

Einfluss auf die Karriere. Ist es schwieriger,<br />

Studium und Sport zu vereinbaren?<br />

In den USA ist es sogar leichter, weil es so viele<br />

Universitäten gibt, außer man besucht die Ivy<br />

League. Dort ist es schwierig, bei anderen Unis<br />

ist es machbar. Ich habe meinen Bachelor gemacht,<br />

während ich aktiv gelaufen bin und als<br />

Trainer gearbeitet habe, konnte auch Kurse online<br />

machen. Bei der Ivy League ist es anders, da<br />

muss man in Vollzeit dort sein, ich kenne das<br />

von Vincent Zhou (Brown University). Die Ausnahme<br />

war Nathan Chen (Yale University). Er<br />

hat fern trainiert, aber das kann nicht jeder.<br />

Haben Sie jetzt Schüler, bei denen Sie denken,<br />

da könnte eine Karriere drin sein?<br />

Ja, einige. Ich möchte nicht über Zehnjährige<br />

sprechen und sagen, die oder der wird ein großer<br />

Star. Es wäre ein Fehler, zu viel hochzujubeln.<br />

Aber ein Mädchen, Coco, das aus<br />

Wilmington mit nach Colorado gezogen ist, ist<br />

eine tolle Läuferin und kann mit zehn bereits<br />

alle Dreifachen. Da gibt es viel Perspektive, aber<br />

man muss die Entwicklung abwarten. Zwei von<br />

meinen Schülerinnen nehmen auch hier in Österreich<br />

am Seminar teil. Ein Mädchen ist 13<br />

und sie landet auch schon den 3A konstant.<br />

Welche Eigenschaften braucht eine Läuferin,<br />

die das Zeug zum ganz großen Erfolg hat?<br />

Damals habe ich in Wilmington eine Gruppe mit<br />

Achtjährigen begonnen, die schon Eislaufen<br />

konnten, aber nur einfache Sprünge. Ich schaue<br />

immer auf die mentale Stärke, das Interesse, die<br />

Lernbereitschaft, wie schnell Dinge umgesetzt<br />

werden. Coco hat die physischen Voraussetzungen<br />

und alles rasch gelernt und umgesetzt.<br />

Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe in Feldkirch<br />

mit Elena Romanova trainiert. Sie war eine super<br />

Trainerin. Aber irgendwann kam es mir schwierig<br />

vor, einen 3A oder einen Vierfachen zu trainieren,<br />

wenn ich alleine bin. Es war definitiv die<br />

falsche Herangehensweise. Ich weiß nicht, ob<br />

ich es ändern würde, denn es ist jetzt auch ein<br />

Teil von meinem Leben. Heute denke ich, dass<br />

man überall etwas erreichen kann. Rückblickend<br />

war das von der Einstellung her ein Fehler und<br />

ich hätte die Situation 20<strong>06</strong> besser einschätzen<br />

können. Das vermittle ich auch meinen Schülern:<br />

Fehler nicht woanders zu suchen, sondern sich<br />

auf sich selbst zu fokussieren.<br />

Sie haben zuerst in Wilmington trainiert?<br />

Ich habe in Philadelphia trainiert, dann bin ich<br />

nach Wilmington gegangen, habe mit Priscilla<br />

Hill gearbeitet. Dort war ich 15 Jahre, auch als<br />

ich noch selbst gelaufen bin. Es gab es viele gute<br />

Läufer wie Ashley Wagner. Nach Colorado bin ich<br />

erst vor einem Jahr gekommen. Als Trainer musste<br />

ich in Wilmington vieles aufbauen. In Colorado<br />

arbeite ich mit vielen Trainern zusammen, zum<br />

Beispiel mit Christy Krall und Tom Zakrajsek.<br />

Operativ waren am Anfang Drew und ich die<br />

Haupttrainer, auch wenn Christy in den Medien<br />

im Vordergrund stand. Aber sie hatte mehr die<br />

Rolle des Mentors. Ich habe mich darauf fokussiert,<br />

auf Alysa einzugehen und eine Verbindung<br />

mit ihr herzustellen. Am Anfang war es schwierig<br />

für ein 16jähriges Mädchen, alleine nach<br />

Colorado zu kommen, aber das Ziel war, sich auf<br />

den Menschen zu konzentrieren, gemeinsam<br />

Freude am Arbeiten zu haben. Sie war auch da<br />

schon nicht sicher, ob sie weiterläuft, aber wir<br />

haben uns darauf konzentriert, den Olympia-<br />

Moment zu genießen. Das wichtigste war das<br />

Mentale, dass sie Spaß findet am Eislaufen und<br />

dass es ihr Moment wird.<br />

Nach Olympia gewann Alysa WM-Bronze, hat<br />

aber kurz darauf ihren Rücktritt erklärt.<br />

Es ist immer schade, wenn Sportler aufhören.<br />

Aber man kann da verschiedene Sichtweisen<br />

haben. Für die Eislaufwelt ist es schade, für<br />

Amerika ist es schade, auch für unsere Eishalle,<br />

auch die Energie, die sie mitgebracht hat. Aber<br />

sie muss herausfinden, was sie machen will. Für<br />

Alysa war die Entscheidung, jetzt aufzuhören,<br />

Wie würden Sie sich als Trainer charakterisieren?<br />

Sind Sie streng?<br />

Streng ja, aber fair. Und definitiv nicht gemein.<br />

Aber ich habe strikte Regeln, die eingehalten<br />

werden müssen – immer pünktlich beim Training<br />

auf dem Eis sein, Emotionen auf dem Eis<br />

im Griff haben. Emotionen sind ok, nach dem<br />

Training. Aber zum Beispiel weinen auf dem Eis<br />

geht nicht, das ist beim Training nicht erlaubt,<br />

außer es gibt einen wirklich wichtigen Grund.<br />

Als Sie noch aktiv waren, hatten Sie schon als<br />

Trainer gearbeitet und nebenbei studiert und<br />

daher wenig Freizeit. Hat sich das gebessert?<br />

Jetzt ist es sogar noch schlimmer. Ich arbeite<br />

normalerweise von fünf, sechs Uhr morgens bis<br />

halb sechs abends. Danach mache ich oft Planungen.<br />

Während der Wettkampfphase bei<br />

Olympia war es noch intensiver. Work life balance<br />

ist im Moment sicher ein Thema. In den letzten<br />

Jahren gab es außer Arbeit fast nichts, vielleicht<br />

am Sonntag mal Wandern oder Joggen.<br />

Mit Viktor Pfeifer sprach Katrin Flaschka. <br />

•••

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