Pirouette No. 06/2022 Juli + August

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20 Neues aus der Ukraine »Wir verzweifeln Ukrainische Eisläufer kämpfen um ihre Karriere Die ukrainischen Eiskunstläufer Oleksandra Nazarova/Maksym Nikitin, Ivan Shmuratko und Sofiia Holichenko/Artem Darenskiy haben mit ihren Auftritten bei der Weltmeisterschaft in Montpellier Hunderttausende in der Halle und an den TV-Bildschirmen berührt. Seit der WM sind mehr als drei Monate vergangen, aber der Krieg dauert immer noch an. Jeden Tag sterben sinnlos Menschen, Millionen Ukrainer sind nach wie vor auf der Flucht. Auch mehr als 100 ukrainische Eiskunstläufer und –läuferinnen haben das Land verlassen und sind in ganz Europa verstreut, unter anderem in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Pirouette fragte bei den Läufern der WM nach, wo sie sind und wie es ihnen geht. Die Eistänzer Nazarova/Nikitin waren nach der WM für einen Monat in Rumänien bei der Show „Dancing on Ice“ als Choreographen engagiert. Danach gingen sie nach Wien und unterstützten ihre Trainerin Galina Churilova mit dem Aufbau neuer Programme ukrainischer Juniorenduos. Im Mai fuhren sie nach Japan zur Show Fantasy on Ice, in der sie an der Seite von Stars wie Yuzuru Hanyu auftraten. Bei dieser Tournee erfuhren sie sehr viel Unterstützung. „Wir sahen sehr viele Leute mit ukrainischen Fahnen, bei jeder Show wurden es mehr. Viele schrieben uns auf Instagram“, erzählte Nikitin. „Sogar wenn wir in Einkaufzentren waren, hörten wir oft ukrainische Musik, darunter auch die Lieder, zu denen wir bei der WM gelaufen sind. Die anderen Läufer (in der Show) boten uns ihre Hilfe an und fragten, was sie tun können.“ Nazarova/Nikitin planten ihre Rückkehr nach Europa für Ende Juni, wussten aber noch nicht, wie es für sie weitergeht, evtl. in die Niederlande. Ihr Teamkamerad Ivan Shmuratko ist unterdessen seit Mai in Oberstdorf und bereitet sich dort auf die Saison vor. Direkt nach der WM war er in Frankreich bei dem französischen Paarläufer Denis Strekalin, einem gebürtigen Ukrainer, kam dann aber ins Allgäu, weil seine Mutter und sein Bruder in Bayern Zuflucht fanden. „Ich trainiere bei Michael Huth und Robert Dierking und bin sehr froh, hier zu sein,“ so der 20 Jahre alte Student. Allerdings ist es nicht einfach, den Auslandsaufenthalt zu finanzieren. Der ukrainische Verband hat wenige Mittel und das Leben insbesondere in Oberstdorf ist teuer. Shmuratko ist nicht alleine dort – die Choreographin und Eistanztrainerin Maria Tumanovska-Chaika ist mit ihrem Paar, den EM-Teilnehmern Mariia Holubtsova/Kyryl Bielobrov, ebenso wie die Einzelläuferin und Junioren-WM-Starterin Anastasiia Fomchenkova vor Ort. Stützpunktleiter Daniel Wende hat weitere Anfragen – das Juniorenpaar Violetta Sierova/Ivan Khobta und sein Trainer Filip Zalevsky wollen gerne kommen. „Bei den Sportstätten geht alles klar, aber es ist fast unmöglich, eine bezahlbare Unterkunft zu finden“, meinte Wende. Einige kleinere Läuferinnen kamen u.a. in Chemnitz, Düsseldorf und Dortmund unter. Shmuratkos langjährige Trainerin Marina Amirkhanova ist mit mehreren Schülerinnen in Tallinn gelandet. „Meine Verwandte und Freunde sind in Kiew geblieben, meine Tochter lebt Gott sei Dank in England,“ sagte sie. „In Kiew ist es nicht« Ivan Shmuratko beim Training in Oberstdorf Foto: Flade mehr oder weniger ruhig, aber wir wissen alle, dass der Krieg nicht vorbei ist und wir erwarten, dass Russland wieder versuchen wird, Kiew einzunehmen. Sogar hier in Estland bin ich beunruhigt, denn die Grenze zu Russland ist zu nah. Ich habe Angst, dass Russland versuchen wird, die baltischen Staaten und Osteuropa anzugreifen. Für mich ist es schwer, mit 62 Jahren wieder von Null anzufangen“, schloss die Trainerin. Auch für die Jüngeren ist es nicht leicht, im Ausland zu leben, während der Krieg weitergeht. „Wir Ukrainer müssen alles dafür tun, um so schnell wie möglich zu siegen“, sagte Shmuratko. „Was ich am besten kann, ist Eislaufen, das ist mein Beruf. Für uns Ukrainer ist es wichtig, an Wettbewerben teilzunehmen und die Ukraine auf der internationalen Bühne präsent zu halten, unsere Fahne auf dem Podium zu hissen. Manchmal fühle ich mich schuldig, weil ich in Sicherheit bin, während dort drüben Menschen sterben. Manchmal ist es sehr hart. Mir hilft es, mit Leuten darüber zu sprechen und ich höre viel ukrainische Musik, damit ich mich zu Hause fühle. Eines meiner Programme ist ein Tribut an meine Heimat,“ fuhr er fort. Die Kür hat er mit Adam Solya aufgebaut, sein KP zu ukrainischer Musik mit seinem ukrainischen Choreographen Oleksii Oliinyk via Internet. Shmuratko hat Familienmitglieder und Freunde in der Ukraine, darunter seinen Vater, der zu Hause in Kiew geblieben ist. Sofiia Holichenko und Artem Darenskyi und Trainerin Lilia Batutina sind wieder in der Ukraine Foto: privat Nazarova/Nikitin bei der Show in Japan Foto: privat Mariia Holubtsova/Kyryl Bielobrov arbeiten mit Trainerin Maria Tumanovska-Chaika in Oberstdorf. Foto: Flade
21 Trotz der andauernden Kämpfe sind die Paarläufer Sofiia Holichenko/Artem Darenskyi und ihre Trainerin Lilia Batutina Ende Mai in ihre Heimatstadt Dnipro zurückgekehrt, nachdem sie einige Zeit im polnischen Torun waren. „Unser Landkreis ist nah an der Front. Einige Regionen sind ständig unter Feuer und wir haben oft Luftalarm in der Stadt. Vor kurzem schlug eine Rakete in einem Vorort ein,“ schrieb Darenskiy der „Pirouette“. „Das Training hilft uns dabei, uns von negativen Gedanken abzulenken. Einfach nur herumzusitzen, nichts zu tun und nicht zu wissen, was als nächstes kommt, ist nicht der beste Weg.“ Die Familie, Freunde und der Club unterstützen das Paar. „Wir haben große Pläne für die kommende Saison. Wir werden weiter trainieren und unser Land vertreten,“ kündigte der Paarläufer an. Der ukrainische Verband versucht, den Überblick zu behalten, wer wo ist. Ein privater Verein hat eine Spendenaktion gestartet, um zu helfen. In Odessa ist noch eine kleine Eisfläche in Betrieb, in der Hauptstadt Kiew sind es zwei – aber eine hat ebenfalls keine Standardgröße und ist unter einem Zeltdach und die zweite dient zum Teil als Kühlhaus für Lebensmittelhilfe. Die drei Eishallen in Kharkiv im Osten des Landes wurden zerstört. Der Verband weiß nicht, was mit der erst vor kurzem eröffneten Halle in Melitopol und der Halle in Mariupol passiert ist, aber sie existieren wahrscheinlich nicht mehr, wie die Verbandsfunktionärin Anastasiia Makarova mitteilte. „Leider sind die Nachrichten aus der Ukraine nicht besonders gut“, sagte Nikitin. „In Kharkiv gibt es keine Eishallen mehr und selbst wenn der Krieg morgen aufhören würde, könnten unsere Läufer nicht mehr in ihrer geliebten Heimatstadt trainieren. Aber wir sind nicht entmutigt, wir wissen, dass die Ukraine gewinnen wird. Wir werden alle zusammen gewinnen und nach Hause zurückkehren, alles wieder aufbauen und dort arbeiten. Auch wenn es sehr, sehr schwierig ist, die Nachrichten zu verfolgen. Wenn wir zu Hause anrufen, ist unsere erste Frage ‚wie ist die Lage, gab es Luftangriffe?‘ Obwohl der Krieg schon so lange dauert, verzweifeln wir nicht, denn wir wissen, dass das Gute immer das Böse besiegt. Die Ukraine wird gewinnen und ihre Gebiete zurückbekommen und kein einziges Opfer, kein einziges zerstörtes Gebäude wird umsonst gewesen sein.“ Tatjana Flade Spendenseite: https://skateukraine.org/post/ 2022/direct_help?lang=en Bundeaskaderliste 2022/23 Die aktuelle DEU-Kaderliste 64 Läufer und zwei Synchronteams finden sich in der aktuellen DEU-Kaderliste. im Olympiakader ist niemand, PK bedeutet Perspektivkader und NK 1 und 2 Nachwuchskader. Name Kader Haupttrainingsort Haupttrainer/in Frauen/Mädchen Kristina Isaev PK Oberstdorf Huth Nicole Schott PK Oberstdorf Huth Aya Hatakawa NK1 Oberstdorf Just Olesya Ray NK1 Dortmund Gnilozubova Valentina Andrianova NK2 Moskau Tsareva Marie Bierwert NK2 Moskau Tsareva Sophia Edler NK2 Konstanz Edler Sophie Erhardt NK2 Oberstdorf Just Anna Gerke NK2 Dortmund Dieck Julia Grabowski NK2 Essen Pladdies Frida Herrmann NK2 Berlin Frank Marielen Hirling NK2 Stuttgart Unger Jenna Klemm NK2 Dortmund Dieck Sasha Tandogan NK2 Stuttgart Gläser-Tandogan Katharina Vialichka NK2 Essen Pladdies Männer/Jungen Kai Jagoda PK Oberstdorf Huth Nikita Starostin PK Antwerpen Solya/Hendrickx Davide Calderari NK1 Oberstdorf Fajfr Luca Fünfer NK1 Oberstdorf am 1.7. offen Hugo Herrmann NK1 Berlin Striegler Arthur Mai NK1 Berlin Machon Louis Weissert NK1 Dortmund/Ober Dieck/Dierking Soner Öztürk NK2 Berlin Hendschke-Raddatz Leon Rojkov NK2 Berlin Striegler Richard von Göler NK2 Dortmund Sragowicz Paarlaufen Alisa Efimova PK Oberstdorf Just Ruben Blommaert PK Oberstdorf Just Minerva Hase PK Berlin am 1.7. offen Nolan Seegert PK Berlin am 1.7. offen Annika Hocke PK Bergamo Hotarek Name Kader Haupttrainingsort Haupttrainer/in Robert Kunkel PK Bergamo Hotarek Letizia Roscher PK Chemnitz Steuer/Szolkowy Luis Schuster PK Chemnitz Steuer/Szolkowy Aliyah Ackermann NK2 Oberstdorf Just Tobija Harms NK2 Oberstdorf Just Sofia Krause NK2 Berlin Heritz Albert Loor NK2 Berlin Heritz Clara-Sophie Lampe NK2 Mannheim Lindemann Ilia Trofymov NK2 Mannheim Lindemann Sonja Löwenherz NK2 Berlin Rex Robert Löwenherz NK2 Berlin Rex Josephine Lossius NK2 Berlin Rex Artem Rotar NK2 Berlin Rex Eistanzen Katharina Müller PK Dortmund Schulz Tim Dieck PK Dortmund am 1.7. offen Jennifer Janse van Rens. PK Oberstdorf Sinicyn Benjamin Steffan PK Oberstdorf Sinicyn Lara Luft PK Oberstdorf Sinicyn Maximilian Pfisterer PK Oberstdorf Sinicyn Darya Grimm NK1 Oberstdorf Sinicyn Michail Savitskiy NK1 Oberstdorf Sinicyn Max Liebers NK1 Chemnitz Hilpert Viktoria Lopusova NK1 Helsinki Margaglio Asaf Kazimov NK1 Helsinki Margaglio Karla Maria Karl NK1 Berlin Caruso Kai Hoferichter NK1 Berlin Caruso Alexia Kruk NK2 Berlin Caruso Jan Eisenhaber NK2 Berlin Caruso Finja Maeder NK2 Chemnitz Hilpert Piero Joel Lopez Moreno NK2 Chemnitz Hilpert Mia Lee Mayer NK2 Oberstdorf Sinicyn Tobias Huber NK2 Oberstdorf Sinicyn Milla Ruud Reitan NK2 Oberstdorf Sinicyn Nikita Remeshevskiy NK2 Oberstdorf Sinicyn Synchronlaufen Team Berlin 1 A Berlin Hofmann United Angels B Stuttgart Calmbacher
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