Blogtexte2022_1-Halbjahr_korrigiert

06.07.2022 Aufrufe

Es ist immer MaiJan 28, 2022Da sind keine Träume, die ich noch ernsthaftverwirklichen möchte und keine Ziele zu erreichen,die nötigerweise in eine bestimmteRichtung deuten. Mir ist jeder Glaube an dasGelingen vertrauter Wünsche und was ichfrüher hoffte, schaffen zu können, abhandengekommen. Eine bittere Pille, die ich mitjedem Wachwerden schlucke, heute wirdwie gestern sein. Es gibt laufende Projekte,als hätte ich Kühe zu füttern und müsstemelken, weil sie eben da sind. Andernfallswürden meine Tiere brüllen, verwahrlosenund sterben. Eine Kunst, die von „nichtanders können“ kommt. Die Bilder sindKinder, denen gegenüber ich verantwortlichbin. Ein Teil vom System wie Familie, Hausund meine Jolle, die im Winter geschliffen,gemalt und lackiert wird. Da wärenandernfalls „Bergprobleme“, Pflichten, diesich auftürmten wie nichtbezahlte Rechnungen,ein Fenster im Dachgeschoss, das ohneKonservierung gammelte, der Müll,den man rausträgt, solche Sachen.Natürlich, irgendwann startet ein Malermit einem Bild, und dann scheintja ein Ziel ins Auge gefasst zu sein, esauch zu beenden? Das ist unwichtiggeworden. Es wird sowieso fertig.Man stirbt nicht so einfach, dafür binich zu jung.Natürlich war früher alles anders. Ichbeschreibe es nur, weil es auch geht,ohne dieses Unternehmerdenkenkreativ zu sein. Die modernen Schlagwörtervon der „Innovation“, dass manerreichen könne, was man nur wolle,nach vorn schauen müsste? Dasmache ich nicht. Mein Leben ist daseines Baumes, der seine Wurzeln dortschlug, wo das Leben ihn hinpflanzte.Ich treibe noch weiter aus. Dazumuss ich nicht wohin schauen.Ich gehe nie fort, laufe nicht wegund möchte nichts anderes sein,ein Vogel oder sonst wie einneues Leben beginnen. Jeder Tagerscheint mir neu, bietet einigeWege und die, die ich nicht gehenkann, scheinen noch wieder festerzugenagelt. Ich füge mich in meinBaumsein.Die letztenJahre warenvon Kummergeprägt. Nochimmer wirktnach, wie vielbesser sich dasjetzt anfühlt, hier zu sein.Die zu Tage tretendenDetails, was anderemachten, um ihre Zieleüber meine hinweg zuerreichen, und wie michdas beschädigte, ich michwehrte? Ein Kampf gegeneinen nicht fassbarenFeind von wechselnderGröße, der in verschiedenenGruppen agiert, vermutlich mit unterschiedlichemMotiv unterwegs, trotzdemsummiert – diese Opposition? Dasinteressiert mich nicht mehr.# UnkrautIch schlage reale Gegner, bin derBaum im Mai, und wenn man michfür einen Don Quijote hält, egal.Paranoia unterscheidet sich vomerkannten Feind, weil der Flügel einerMühle Widerstand bietet. MobyDick ist ein Wal, und du kannst eineHarpune hinein bohren. Untergang,absaufen und nebenbei zuErtrinken, sind durchaus erwünscht.Eine Fata Morgana kann keiner angreifen,Schattenboxen in der Dunkelheit ist fürkleine Mädchen. Ich bin eine Provokation,allein durch mein Hiersein. Saatgut aus demNachbarort, leicht anzupinkeln? Teeren, federn,den spinnerten Künstler mal eben vomschönen Feld zu jagen, klappte nicht.Man muss völlig skrupellos sein, zu verletzenund anschließend keinerlei Reuezu empfinden? Genau so ist es heute beimir. Ich habe keine Empathie für andere.Ich kann zutreten ohne Reue. Das ist nur inForm von Selbstmitleid belastend, dumm,es nicht vermieden zu haben. Dazu kommtdas Gefühl von Verlust. Es gab eine Zeit, dieemotional reicher war. Ich armes Opfer derbösen Welt: Früher glaubte ich an Werte,hatte Mitleid mit Hilfsbedürftigen, habeFreundlichkeit und Liebe empfinden können.Nie wieder kommt etwas an mich ran! Icherwürge meine Beziehungen und drücke mirdie Luft zum Atmen ab, statt Interesse fürandere zuzulassen. Jemand malt? Wie schön.Mir doch egal. Mich inspiriert niemand, weilich es nicht will, kreise, bis es Herumtrabenin der eigenen Zelle ist, ich müde bin undwieder eine Nacht beginnt. Morgen kommtdann ein Tag, dergenauso ist. MitSpott grinse ichzurück, wenn einesder HonigkuchenpferdeamWegesrand steht.Ich habe meineBilder und binstolz darauf.:)Jan 28, 2022 - Es ist immer Mai 8 [Seite 8 bis 8 ]

BridgetJan 29, 2022Bridget Fonda, Erinnerungen an früher.Sieben Monate vor mir, am 27. Januar 1964,wurde Bridget geboren. Die schönste Frauüberhaupt, fand ich, als Anfang der Neunziger„Weiblich, ledig, jung sucht …“ im Kinokam. In „Singles“ aus dem selben Jahr sah sieaus wie Uli. Ich war durchaus normal undmusste keiner Schülerin hinterher gaffen,weil diese so viel jünger gewesen wäre. Ichhatte gerade mein Studiumbeendet, war 27 Jahre alt,als ich im Herbst nach Chicagoflog. Au-pair Besuch(eigentlich: Blankenese). Ichzeichnete Barrett Deems,immerhin, aber mit der Liebewar es nichts. Uli hat am17. August Geburtstag, dasvergesse ich nie. Es ist dieGeneration von Piet, Niels,Tascha oder Kocki, engeFreunde vom Segeln, einwenig nach mir geboren.# SchockbildNachdem gestern diesesFoto von Bridget Fondain den Nachrichten kam, habe ich heuteMorgen zwei Dinge festgehalten. Eine Skizzedavon – im Menü „Köpfe“ eingestellt – undein Selfie von mir, ein wenig coronamäßigverzottelt. Auch ich werde 58 Jahre alt. Dasfotografierte ich vor meinem aktuellen Bildim Atelier. Ich bin nicht krank, denke ich. Indas Mädchen aus dem Film würde ich michsofort wieder verlieben.:)Jan 29, 2022 - Bridget 9 [Seite 9 bis 9 ]

Es ist immer Mai

Jan 28, 2022

Da sind keine Träume, die ich noch ernsthaft

verwirklichen möchte und keine Ziele zu erreichen,

die nötigerweise in eine bestimmte

Richtung deuten. Mir ist jeder Glaube an das

Gelingen vertrauter Wünsche und was ich

früher hoffte, schaffen zu können, abhanden

gekommen. Eine bittere Pille, die ich mit

jedem Wachwerden schlucke, heute wird

wie gestern sein. Es gibt laufende Projekte,

als hätte ich Kühe zu füttern und müsste

melken, weil sie eben da sind. Andernfalls

würden meine Tiere brüllen, verwahrlosen

und sterben. Eine Kunst, die von „nicht

anders können“ kommt. Die Bilder sind

Kinder, denen gegenüber ich verantwortlich

bin. Ein Teil vom System wie Familie, Haus

und meine Jolle, die im Winter geschliffen,

gemalt und lackiert wird. Da wären

andernfalls „Bergprobleme“, Pflichten, die

sich auftürmten wie nichtbezahlte Rechnungen,

ein Fenster im Dachgeschoss, das ohne

Konservierung gammelte, der Müll,

den man rausträgt, solche Sachen.

Natürlich, irgendwann startet ein Maler

mit einem Bild, und dann scheint

ja ein Ziel ins Auge gefasst zu sein, es

auch zu beenden? Das ist unwichtig

geworden. Es wird sowieso fertig.

Man stirbt nicht so einfach, dafür bin

ich zu jung.

Natürlich war früher alles anders. Ich

beschreibe es nur, weil es auch geht,

ohne dieses Unternehmerdenken

kreativ zu sein. Die modernen Schlagwörter

von der „Innovation“, dass man

erreichen könne, was man nur wolle,

nach vorn schauen müsste? Das

mache ich nicht. Mein Leben ist das

eines Baumes, der seine Wurzeln dort

schlug, wo das Leben ihn hinpflanzte.

Ich treibe noch weiter aus. Dazu

muss ich nicht wohin schauen.

Ich gehe nie fort, laufe nicht weg

und möchte nichts anderes sein,

ein Vogel oder sonst wie ein

neues Leben beginnen. Jeder Tag

erscheint mir neu, bietet einige

Wege und die, die ich nicht gehen

kann, scheinen noch wieder fester

zugenagelt. Ich füge mich in mein

Baumsein.

Die letzten

Jahre waren

von Kummer

geprägt. Noch

immer wirkt

nach, wie viel

besser sich das

jetzt anfühlt, hier zu sein.

Die zu Tage tretenden

Details, was andere

machten, um ihre Ziele

über meine hinweg zu

erreichen, und wie mich

das beschädigte, ich mich

wehrte? Ein Kampf gegen

einen nicht fassbaren

Feind von wechselnder

Größe, der in verschiedenen

Gruppen agiert, vermutlich mit unterschiedlichem

Motiv unterwegs, trotzdem

summiert – diese Opposition? Das

interessiert mich nicht mehr.

# Unkraut

Ich schlage reale Gegner, bin der

Baum im Mai, und wenn man mich

für einen Don Quijote hält, egal.

Paranoia unterscheidet sich vom

erkannten Feind, weil der Flügel einer

Mühle Widerstand bietet. Moby

Dick ist ein Wal, und du kannst eine

Harpune hinein bohren. Untergang,

absaufen und nebenbei zu

Ertrinken, sind durchaus erwünscht.

Eine Fata Morgana kann keiner angreifen,

Schattenboxen in der Dunkelheit ist für

kleine Mädchen. Ich bin eine Provokation,

allein durch mein Hiersein. Saatgut aus dem

Nachbarort, leicht anzupinkeln? Teeren, federn,

den spinnerten Künstler mal eben vom

schönen Feld zu jagen, klappte nicht.

Man muss völlig skrupellos sein, zu verletzen

und anschließend keinerlei Reue

zu empfinden? Genau so ist es heute bei

mir. Ich habe keine Empathie für andere.

Ich kann zutreten ohne Reue. Das ist nur in

Form von Selbstmitleid belastend, dumm,

es nicht vermieden zu haben. Dazu kommt

das Gefühl von Verlust. Es gab eine Zeit, die

emotional reicher war. Ich armes Opfer der

bösen Welt: Früher glaubte ich an Werte,

hatte Mitleid mit Hilfsbedürftigen, habe

Freundlichkeit und Liebe empfinden können.

Nie wieder kommt etwas an mich ran! Ich

erwürge meine Beziehungen und drücke mir

die Luft zum Atmen ab, statt Interesse für

andere zuzulassen. Jemand malt? Wie schön.

Mir doch egal. Mich inspiriert niemand, weil

ich es nicht will, kreise, bis es Herumtraben

in der eigenen Zelle ist, ich müde bin und

wieder eine Nacht beginnt. Morgen kommt

dann ein Tag, der

genauso ist. Mit

Spott grinse ich

zurück, wenn eines

der Honigkuchenpferde

am

Wegesrand steht.

Ich habe meine

Bilder und bin

stolz darauf.

:)

Jan 28, 2022 - Es ist immer Mai 8 [Seite 8 bis 8 ]

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