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Blogtexte2022_1-Halbjahr_korrigiert

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# Selnskyj ist besonders

Natürlich, es könnte klappen. Niemand hat

mit dem starken ukrainischen Gegenspieler

und seinem Charisma gerechnet, andere für

die gute Sache der Freiheit zu gewinnen.

Der Sieg der Alliierten gegen Nazideutschland

steht Modell für eine gelungene Aktion

gegen das Böse. Eine starke Polizei bedeutet

eine stabile Ordnung für eine Gesellschaft.

Auf der anderen Seite stehen zahlreiche

Fehlschläge im Namen einer guten Sache,

bei denen es nicht gelungen ist, Despoten

auszuschalten. Der unbequeme Grund ist,

dass wir alle unter Druck Dinge tun, die

wir ansonsten nicht machen würden. Eine

Eskalation scheint schließlich nur mit

erheblichen Anstrengungen eingegrenzt

werden zu können. Die Gesellschaft täte gut

daran, ihren einzelnen Mitgliedern dezente

Abgrenzung jeglicher Vereinnahmung zu

lehren. Dann benötigte das System weniger

Energie gegen geringere Anteile von Gewalt

in der Masse. Zur Zeit bewegt sich aber alles

in die andere Richtung. Eine immer größere

Menge lehnt den Staat auf diffuse Weise ab.

Ein nicht erwarteter Krieg bedroht unsere

Stabilität. Die Klimakatastrophe wird

greifbar mit jeder Dürre, Überschwemmung,

Hungersnot oder Sturm. Die weltweite Pandemie

zeigt die Verletzlichkeit des Ganzen

durch Krankheiten. Mit diesen Realitäten

leben zu können, bedeutet dem Einzelnen

mehr denn je, die eigene Angst zu bemerken

und Möglichkeiten auszuloten, diejenigen

in ihre Schranken zu weisen, die bedrängen,

maßregeln möchten. Möglich wäre, in den

Staatsfeinden welche zu erkennen, die als

Erste die Zukunft bemerkt haben und nicht

verschworenen Spinner zu brandmarken, die

andernfalls der Mob von Morgen sein werden.

Wer zu hassen lernt, was schmerzt, kann,

geschieht es auf eine kluge Weise, fröhlich

dem Feind Paroli bieten. Wer nur mitläuft,

weiß seine Befürchtungen höchstens diffus

zu kanalisieren in einer Masse Gleichgesinnter.

Die Angst vor einer ungewissen Zukunft

ist greifbarer geworden. Damit sind diejenigen,

die quer denken, welche, die etwas merken.

Die kleiner werdende Mehrheit plappert

nur, was bisher galt. Die Klugen haben den

Schuss nicht gehört und zeigen mit dem

Finger auf Ungeimpfte, Putinversteher u.v.m.

bis es richtig laut knallt.

Ich kann heute nachvollziehen, wissentlich

Feinde zu haben und diese zu hassen. Ein

neues Gefühl, aber nicht schlecht für mich.

Mein Profil stört einige. Ich habe mich kreativ

mit meiner Malerei, den Zeichnungen und

Texten zu einer Persönlichkeit entwickelt,

die polarisiert. Zu spät lernte ich, sportlich

auf die nicht ausbleibende Bewertung meines

Tuns zu reagieren. Inzwischen gelingt

es besser.

Ich bin beinahe sechzig Jahre alt. Etwa

fünfzig Jahre lang empfand ich keine

Feindseligkeit gegen mich persönlich, so gut

wie nie jedenfalls. Angst und Wut spüren zu

können, ist ein neues Wahrnehmen für mich.

Das hält mich geistig frisch und bei guter

Gesundheit! Hätte man mich das gelehrt, als

die Zeit dafür war, wäre mein Leben gesünder

verlaufen. Mich hat man gedrängt, dem

sozialen Druck nachzugeben und Plattitüden

weiterzugeben. Ich habe geglaubt, was man

mir gesagt hat. Das heißt, grundsätzlich

den anderen Menschen zu vertrauen, aber

nicht der eigenen Urteilskraft. Sich selbst

zu vertrauen ist ganz einfach, gelegentlich

nein zu sagen. Das bedeutet keinen Krieg.

Es ist die gewöhnliche Abgrenzung. Extrem

reagieren Menschen nur dann, wenn sie

zu spät merken, wie weit sie bereits in die

Irre geführt wurden. Hass ist normal, und

das nicht spüren zu können, bedeutet das

Falsche gelernt zu haben – sich soweit an

die anderen anzupassen, bis man sich selbst

nicht mehr merkt.

# Tatsächlich, ich denke böse

Drei Frauen hier im Dorf fallen mir sofort

ein, um die es nicht schade wäre (das ist

meine Meinung heute), bei einer derartigen

Attacke wie in Würzburg zu versterben.

So sehr habe ich mich verändert. Darum

schreibe ich das hin, dass ich eine ohnmächtige

Wut nachempfinden kann, ebenfalls

Rache zu nehmen an der Gesellschaft (hier

in Schenefeld). Es beruhigt irgendwie, als Erkenntnis,

dass meine Hand ein Schwert führen

könnte, eine Axt oder ich mit einem Auto

andere plattmachen

könnte, vor allem, wenn

ich mir die Konsequenzen

vor Auge führe, die

so etwas haben würde.

Wer keine Perspektive

mehr sieht, darf töten.

Das hat Gott oder die

Natur insofern erlaubt,

beziehungsweise

niemand, auch kein

Staat, kann Amokläufe verhindern, weil es

die extremste Form ist, die eigene Freiheit

durchzusetzen. Für den Moment, wird

mancher einwenden. Anschließend käme

das Gefängnis oder der Tod; Täter werden

von der Polizei nicht selten erschossen. Ganz

offensichtlich schreckt die Androhung einer

lebenslangen Freiheitsstrafe diejenigen, die

sich am Ende sehen, nicht ab. Einen Rahmen

zu schaffen, der so eng ist, der Menschen

jegliche Gewalt unmöglich macht, bedeutet

eine Zwangsjacke für alle. Wollte man

Verbrechen grundsätzlich ausschließen,

müssten wir in einer Gesellschaft leben, die

jede vitale Aktivität maßregelt. Die Alternative,

mehr Freiheit wagen!

Perspektiven schaffen, kollektiven Druck

wegnehmen und dem Einzelnen die Kraft

geben, selbst gegen den Mainstream zu drücken,

ist noch möglich. Es gibt weiter diese

fiesen Hasspostings. Gut so. Sie zeigen, wie

wir wirklich sind. Ein neues Gesetz dagegen

kommt gerade. Es wird scheitern, wie alle

vorherigen Versuche, nur gute und folgsame

Menschen zu dulden. Das Denken zu verbieten,

scheint unmöglich, aber Gefühle zu

äußern, kann bereits bestraft werden, wenn

gezielter Hass und damit ein Bedrohungsszenario

nachgewiesen werden kann oder

Rassismus. Es bedeutet immer ein Risiko,

zu sagen oder gar aufzuschreiben, was man

empfindet. Nicht zu bemerken, wie es mir

geht, könnte allerdings schlimmer sein. Das

hieße das Risiko zuzulassen, wie zwanghaft

loszulegen mit einer Abwehrbewegung gegen

eine vermeintliche Bedrohung, die man

nur unterbewusst spürt. Insofern erleben

wir eine eindeutige Relation aus Gehorsam

und psychisch irrationalem Verhalten: Immer

mehr Menschen erleben den sozialen Druck,

lassen sich etwa gegen Corona impfen, nur

als ein Beispiel, weil sie sonst nicht arbeiten

dürften und nicht, weil sie von Solidarität

mit Alten und Schwachen angetrieben handeln

oder der Überzeugung anhängen, diese

Medizin tue ihnen gut. Je mehr machen,

was ihnen geraten wird, weil sie andernfalls

scheinbar eine ganze Gesellschaft gegen

sich aufbringen, desto mehr werden sich’s

einreden, zu fühlen wie jedermann. Damit

nimmt der Anteil der Gestörten, die nichts

mehr merken zu. Darum sehen wir einen

wachsenden Teil der Gesellschaft wegdriften

und sind als System folgerichtig selbst

schuld an den zahlenmäßig anwachsenden

Verrückten, die uns bestrafen, weil sie’s

spontan überkommt.

:(

# Postskriptum

Andere und alles züchtigen, maßregeln bis

zum endgültigen Sieg über das Böse: Daran

arbeiten viele mit Eifer, und so könnte die

tote Gesellschaft schneller Realität werden,

als wir denken. Ein Atomkrieg wäre das,

und er erscheint erreichbar, wenn wir zügig

machten, was etwa Herr Hofreiter oder Frau

Strack-Zimmermann wollen. Waffen

der „richtigen“ Seite zu geben

und das vollständige Wirtschaftsembargo

gegen Russland verlangen

welche, die bislang nicht

genügend Rampenlicht bekommen

haben? Es sind Menschen, die, und

das scheinen sie von sich selbst

nicht bemerkt zu haben, schon

wegen des verstörenden, optischen

Eindrucks, den sie machen, dem

Drang zu reden, wenn eine Kamera auf sie

gerichtet ist, niemand zum Bundeskanzler

wählen würde. Man muss sich diese Politiker

aus der zweiten Reihe nur kurz anschauen,

wenig mitbekommen, um sofort abzuschalten.

Das fühlt sich gleich besser an. Die

Vorstellung mit derartigen Menschen, wie

sie nicht selten öffentlich gezeigt werden,

derweil sie ihre Ansichten präsentieren, zwei

Wochen gezwungenermaßen Urlaub machen

zu müssen, ist unerträglich. Ich hätte nicht

gedacht, dass ich mal Olaf Scholz als besonnen

schätzen würde.

Apr 23, 2022 - Wir lehren, wollen den Wahnsinn? 68 [Seite 67 bis 71 ]

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