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Schöne Zeit6 Mrz, 2022Viele Namen in dieser Geschichte und einigeUmwege, das bekannte Thema neu zu skizzieren.Wie allgemein sollte, wie persönlichdarf ein Kreativer werden? Übergriffig istder Mensch als banaler Nachbar um dieEcke oder als ganzer Staat, der den Kriegbeginnt. In dieser Konsequenz verstehe ichunsere Welt und glaube nicht an dauerhaftenFrieden. Gewalt ist eine Realität desmenschlichen Daseins. „Die Sanktionen kämeneiner Kriegserklärung gleich“, befindetWladimir Putin heute. „Du hast angefangen“,mag man im Westen kontern. Der Russeverweist rückwärtsgewandt auf die Epoche,wo Ukraine und Russland eins gewesenwären. Wer Recht hat, was macht das schonin einem taktischen Spiel der Egomanen?Die Grenzen zwischen bösartigem Machtstrebenund krankhaft motiviertem Terrorverwischen. Das zeigt einmal mehr, dass esnicht auf Definitionen ankommt oder werSchuld habe, sondern nötig ist, individuelleLösungen für mehr Frieden zu finden.Wir sind ja die Guten, und die Russen fakendie Wahrheit? Leugne das nicht! Wir lassenuns einiges einfallen, deutlich zu machenwie sauber wir reden. Aber je besserwir werden, um so schmutziger kommtscheinbar die Antwort. Vermeidung jeglicherInkorrektheit wird konterkariert von einerSchwemme des Bösen aus der Feder der Hater.Flüchtlinge sind neuerdings nur Männer,und wir verletzen uns an diesem Wort? DasSchenefelder Tageblatt schreibt ausschließlichvon Geflüchteten, die wir zu erwartenhätten. Mit Samthandschuhen verfassteTextstellen verstören nicht weniger als dieFake News der Bösen. Sprache ändert sich:Bis vor kurzem waren Soldaten, Feuerwehrleuteund Studenten wie Flüchtlinge, nichtzuletzt Verbraucher und normale Bürgernormal.George Orwell sagte uns in seinem Roman„1984“ eine neue Sprache voraus. Das könntewahr geworden sein? Journalisten eifernund überschlagen sich geradezu, so korrektwie möglich zu schreiben: „Einige die FlammenStudierende schauten Feuerlöschendenzu, während tatkräftige, das Wasser Verbrauchendesich noch um die vor dem BrandGeflüchteten und die von Rauchenden entzündeten,rauchenden Trümmer kümmerten.“Ein Krieg der Worte macht den Anfang undanschließend beginnt der „Krieg der Welten“– das könnte sein. Danach werden Schweigendeuns den ewigen Frieden geben.# Klappe!Es scheint, wer aktuell in Russland das Falscheberichtet, bekomme nach Putins neuemGesetz bis zu fünfzehn Jahre Haft? Schlimm.Aber wer sich bei uns nicht die Fingerauf der Tastatur bricht, istGenderleugner. Dazu passt einaktueller Bericht im Internet.Man habe mit vier Menschenin Moskau gesprochen. Dreivon denen heißen in etwaMichail, Irina oder Nataschamit Sternchen*. Dazu schreibtdie Seite, zum Schutz ihrer Persönlichkeitwären die Namengeändert worden. Das sinddiejenigen, die sich besorgtüber den Krieg in der Ukraineäußern. Die heimlich überTelegram informiert sind, wasdort wirklich passiert, Krieg.Sie geben an, die Staatsmedien täuschtenihre Landsleute. Dann kommt ein Igor, Juri,Leonid oder so ohne Sternchen (es muss immerrussisch klingen) als glühender VerehrerPutins, rechtfertigt den Angriff. Das kannman gepflegt in Hamburg am Schreibtischverfassen, ohne ein einziges Mal Russlandbesucht zu haben.In der Ostukraine war bereits jahrelangKrieg vor der aktuellen Eskalation. EinProblem vieler Brandherde weltweit deutetsich an. Im Gazastreifen besteht jeden Tagdie Gefahr einer Attacke. Und in den erstenTagen des Angriffs auf die Ukraine sagteDonald Trump tatsächlich bewundernd: „Dassollten wir mit denen im Süden genausomachen“ – unglaublich? Nicht für den vorherigenPräsidenten der Vereinigten Staaten.Die wahrscheinlichste, zukünftige Entwicklungin der Ukraine ist mit der andauerndenGewalt etwa in Palästina vorgezeichnet. Undmehr noch, auch zwischen „denen im Süden“und der USA könnten ständige Kämpfe wiedann rund um Europa zum Alltag werden?Flüchtlingsbewegungen und Grenzschutzauf Kosten der Menschen in diesen Regionensind unsere Zukunft. Echte Gefahren,welche die vertraute Existenz und dasÜberleben selbst gefährden könnten, kippendie Vorstellung, wir hätten noch eine Komfortzoneals Puffer, bis es wirklich schlimmkommt. Das Geschäft zu machen, wird überalle Moral siegen. Die gewinnbringenden,gegenseitigen Transaktionen mit Gas, demÖl und Weizen aus Russland müssen undwerden weitergehen.# SchröderDie Politik „der ruhigen Hand“ war seinSlogan. Das wird passieren, Gerd Schrödersitzt diese Zeit der Eskalation einfach aus.Der Altkanzler wartet, geliebt von seinerschönen Frau und bei einem guten Glas Rotwein,bis ihm die Sanktionen zu unterlaufengelingt.Nicht einmal diese Zukunft ist eine grundsätzlichböse und die Aggressoren wärenSchuldige. So denken nur welche, die mitmoralisierten Ansichten die eigene Personaufwerten möchten. Unsere Telefone undWaschmaschinen gehen früher kaputt, davonlebt die Wirtschaft. Wir alle profitieren vomWachstum. Das Geschäft mit der Angst istauch eines, wie die Notwendigkeit, Kriegsgerätim Einsatz zu verbrauchen, damitneues fabriziert werden kann. WahlwirksameBegriffe verblassen dagegen: „Klimaziele“,ist zunächst nur ein Wort wie „Pandemie“.Jedenfalls immer dann, wenn es andereMrz 6, 2022 - Schöne Zeit! 34 [Seite 34 bis 37 ]

betrifft. Jetzt zeigt sich, wie schnell neue Realitätenkommen. Auch mein kleines Lebenbedeutet gezwungenermaßen einen Kampfgegen andere führen zu müssen, mindestensaber stopp zu sagen. Mit „allen in Friedenleben“, ist nichts weiter als billige Propagandavon Menschen, die andernfalls nichts zumelden hätten. Sie kämpfen genauso um Anerkennung:Sonst bleibt dir keine Identität.Ich glaube an dasGeschick der gelungenenAbgrenzung.Wie im Judo, wo derkluge Verteidigerden Angriff ins Leerelaufen lässt. Putin,der Sportsmann,ein guter Kämpfereigentlich, wurdevom Verbandausgeschlossen. Dasist nur folgerichtig.Kämpfe sind normal.Es kommt daraufan, wie sie geführtwerden. Auch derBarmherzige hatte fortwährend Streit undwurde schließlich als Aufrührer festgesetztund gekreuzigt. Warum ist das eine Religion?Das Geschick besteht darin, dem eigenenTod durch Ausweichen lang genug vonder Klinge zu springen, das Ableben durchFlucht zu vermeiden, Angreifer stolpern zulassen oder frech genug den Tod wie derSohn Gottes einfach zu überleben.Der Ukraine-Konflikt kann nicht verdrängtwerden. Jeder ist angespannt. Wir rücken aufden Kern der vertrauten Familie zusammen,diskutieren (während wir gute Sachen essen),was es heißt, Flüchtling zu sein. UnserHaus ist überschaubar, Darlehen sind beinahebezahlt. Könnten wir fremde Menschenaufnehmen, sollten wir? Kein Gedanke daranim Moment, zugegeben. Wir blenden aus,was geht, noch. Kein Krieg und kein Coronawestlich von Hamburg! Uns, mir geht’s prima.Das war nicht immer so. Ich habe oft Hilfeangenommen und bin dankbar dafür, siebekommen zu haben. Heute denke ich streitlustigüber manches, und das versteht nichtjeder. Einige Erinnerungen und Beispielemögen das Individuelle einer besonderenPerspektive verdeutlichen. Kreative schauenanders auf diese Welt. Sozialer Druck machtetwas mit uns. Das ist ein kleiner Krieg vorder eigenen Haustür. Er geht so unauffälligvonstatten. Es tut mir weh und anderen, diedafür sensibel sind.Den Anfang macht Schenefeld heute. Hierläuft ein Stefan rum, ein Obdachloser. Dasweiß ich von Sibylle, den Namen, meine ich.Bekanntschaften, man begegnet einander,redet. Früherhätte dernoch Sportgemacht, erzähltesie. DerVerwahrlosteredet mit sichselbst. EinvernünftigesGesprächscheintausgeschlossen.Er ist Teilmeiner UmgebungwieBäume amStraßenrand, Hundeködel und die Bürgermeisterin.Mit der wiederum rede ich nichtund habe meinen guten Grund. Ich kanndurchaus kommunizieren. Unser Dorf wirdmir allmählich vertrauter. Ich bin zugezogen,komme aus Wedel an der Elbe.# Hier geht es um echte MenschenWas bedeutet das:Russland, ist dieses Landetwa Putin, sein Reich,Krieg, warum nur? Die*(die ich mal kannte) ausSt. Petersburg: „Mutiggegen Extremismus“,bekam einen Preis fürihren Text. Dinge beimNamen nennen, forderteich, es fehle in derliebevoll verbändseltenBuntstiftgeschichteeigentlich das Persönliche.Dabei ist so toll,was sie gemacht hat.Ihr Ansatz wäre, einprominentes Thema unddeswegen geeignet, Aufmerksamkeit zu bekommen,nur allgemein zu skizzieren, merkteich an. Ein Unterfangen wie ein gutes Drehbuch,das es geben müsste, aber ohne dieindividuelle Wahrheit vom speziellen Dramadahinter. Berufen zum Guten unterwegs, sichirgendeine Familie auszudenken mit einemschwarzen Schaf; mein Bruder, der Nazi. Undden gibt es dann gar nicht. Ein fiktiver Bruderreiche nicht für eine wichtige Botschaft.Habe ich gesagt. Das überzeuge nur Lehrer;Kunst müsse aus echtem Fleisch und Blutsein – und dann ist uns alles entglitten, wiejeder hier weiß. Es tut weiter weh. Wer istan der Wirklichkeit gescheitert? Das bin inerster Linie ich selbst.Die Person, dem Menschen zu begegnen,mit dem sich alles ändert, bedeutet in derRealität anzukommen, mit dem eigenen Egozu kollidieren.Mir istdas passiert,Gott sei Dank.Wir suchendanach. Dieeigenen Problemezeigensich in der BeziehungzumGegenüber.Auch wennwir scheitern:„Unterschätzenie deine Möglichkeiten“, schrieb meineKunstfreundin auf englisch unter einefotografierte Wolke. So etwas wird gern geliked.Aber das ist mehr als eine Phrase, siekann töten. Beim richtigen Namen nennen:Persönlichkeitsrechte sind was für Juristen.Böswillig verletzen ist das eine, die Wahrheitzu suchen und reflektieren ist eine Not derKunst.Beim Segeln kennen sich alle, und jahrelangwaren viele von uns im Januar auch im Waldunterwegs, boßeln. Ich weiß noch, das Gesprächkommt drauf, und Klaus fragt mich:„Wie hieß noch mal der andere?“ „Morten“,antworte ich ganz unbedarft, aber es gibtmir einen Stich. Der andere ist Morton, undich bin eben der von zweien, der nicht derandere ist.# VerrückteDann wäre noch an Björn zu erinnern. Daserledige ich (an diesem Tag im Wald) gleichmit. Stille Post? Klaus will es wissen undDaniel auch, beim Boßeln damals. Björn (derverstorben ist) hat noch einen Bruder, derebenfalls segelt, eine Schwester. Man redetnicht über früher. Ich muss dieses Pferdeiner Geschichte von hinten aufzäumen: DasBoot (von Heuer noch geplankt gebaut) istin der Familie verblieben. Björn also tauchtespontan auf, mit dieser Jolle, er wäre Mechaniker,meinte er, repariere Autos. Das warEnde 1986, zu der Zeit, als ich meine Jollevon Dieter kaufte.Viele Namen, das habe ich ja schon gesagt.Keine Sternchen, es sind richtige Sterne anmeinem Himmel, die ich mit einem Raumschiffder Fantasie besuchen kann. Anderskönnte diese Geschichte authentisch kaumerzählt werden als gerade so. Dieter, nochso einer? Das ist kein Umweg, ich schweifenicht ab, keineswegs. Das gehört alles dazu.Was hier notiert ist meint nicht alle Seglerwären verrückt. Menschen sind so, auchwenn sie kein Boot haben. Wir könnten nichtbesser leben als mit unseren Fehlern. Dieteralso hatte gerade ein Loch in seinen Wohnzimmerfußbodengebuddelt, nachdem erden Zement durchbrochen hatte. Ein Haufengelber Sand lag auf dem Teppich, als wirredeten. Der Grund blieb mir unklar.# Reise zum Mittelpunkt der ErdeEgal, wir verhandelten, und es war ganz einfach.Ich interessierte mich für das Boot undtraf auf offene Ohren. „Hatten wir ja gesagt,dass du die Jolle zurückkaufst, wenn du indem Alter bist“, meinte er. Das bezog sich aufden denkwürdigen Tag der Übergabe sechzehnJahre zuvor. Ich erinnere die Tausendmarkscheineund unseren Wohnzimmertischim alten Haus.Ich war nun groß. Dieter hattesich verändert. Es hieß, er wäregelegentlich nackt am Strand herumgelaufen,habe ja seine Arbeitverloren, sei bescheuert geworden.Ich bekam das Boot etwazu dem Preis, den meine Elternforderten, als wir verkauften undden Jollenkreuzer bekamen. Kaummehr als dreitausend Mark, dieSumme, die mein Vater 1955 Feltzfür den Neubau von seinem Lohnbei Wischebrink abstotterte. Zuwenig? Ich bot wohl viertausend;ganz genau weiß ich’s nicht mehr, müssteim Vertrag nachsehen. Die ungepflegte Jolle,die im Juni ausgetrocknet an Land gelegenhatte, wurde anschließend bei Knief saniert.Das kostete noch einmal so viel. EineVersicherung war nicht bereit gewesen, dasBoot aufzunehmen, nachdem der GutachterKielplanken und Schwertkasten inspizierthatte.Dieter fing sich, begann wieder zu arbeiten.Sein Bruder begegnet mir reserviert. Der warnämlich Mitbesitzer, vermute ich inzwischen.Gesprochen wurde nie darüber. Dieter hatteihn möglicherweise nicht gefragt, die ,Millionen‘für den „Peter Panter“ allein eingesackt?Bei mir wurde über den Umweg „Antares“schließlich der „Globetrotter“ daraus, wieman diese Jolle kennt.Mrz 6, 2022 - Schöne Zeit! 35 [Seite 34 bis 37 ]

Schöne Zeit

6 Mrz, 2022

Viele Namen in dieser Geschichte und einige

Umwege, das bekannte Thema neu zu skizzieren.

Wie allgemein sollte, wie persönlich

darf ein Kreativer werden? Übergriffig ist

der Mensch als banaler Nachbar um die

Ecke oder als ganzer Staat, der den Krieg

beginnt. In dieser Konsequenz verstehe ich

unsere Welt und glaube nicht an dauerhaften

Frieden. Gewalt ist eine Realität des

menschlichen Daseins. „Die Sanktionen kämen

einer Kriegserklärung gleich“, befindet

Wladimir Putin heute. „Du hast angefangen“,

mag man im Westen kontern. Der Russe

verweist rückwärtsgewandt auf die Epoche,

wo Ukraine und Russland eins gewesen

wären. Wer Recht hat, was macht das schon

in einem taktischen Spiel der Egomanen?

Die Grenzen zwischen bösartigem Machtstreben

und krankhaft motiviertem Terror

verwischen. Das zeigt einmal mehr, dass es

nicht auf Definitionen ankommt oder wer

Schuld habe, sondern nötig ist, individuelle

Lösungen für mehr Frieden zu finden.

Wir sind ja die Guten, und die Russen faken

die Wahrheit? Leugne das nicht! Wir lassen

uns einiges einfallen, deutlich zu machen

wie sauber wir reden. Aber je besser

wir werden, um so schmutziger kommt

scheinbar die Antwort. Vermeidung jeglicher

Inkorrektheit wird konterkariert von einer

Schwemme des Bösen aus der Feder der Hater.

Flüchtlinge sind neuerdings nur Männer,

und wir verletzen uns an diesem Wort? Das

Schenefelder Tageblatt schreibt ausschließlich

von Geflüchteten, die wir zu erwarten

hätten. Mit Samthandschuhen verfasste

Textstellen verstören nicht weniger als die

Fake News der Bösen. Sprache ändert sich:

Bis vor kurzem waren Soldaten, Feuerwehrleute

und Studenten wie Flüchtlinge, nicht

zuletzt Verbraucher und normale Bürger

normal.

George Orwell sagte uns in seinem Roman

„1984“ eine neue Sprache voraus. Das könnte

wahr geworden sein? Journalisten eifern

und überschlagen sich geradezu, so korrekt

wie möglich zu schreiben: „Einige die Flammen

Studierende schauten Feuerlöschenden

zu, während tatkräftige, das Wasser Verbrauchende

sich noch um die vor dem Brand

Geflüchteten und die von Rauchenden entzündeten,

rauchenden Trümmer kümmerten.“

Ein Krieg der Worte macht den Anfang und

anschließend beginnt der „Krieg der Welten“

– das könnte sein. Danach werden Schweigende

uns den ewigen Frieden geben.

# Klappe!

Es scheint, wer aktuell in Russland das Falsche

berichtet, bekomme nach Putins neuem

Gesetz bis zu fünfzehn Jahre Haft? Schlimm.

Aber wer sich bei uns nicht die Finger

auf der Tastatur bricht, ist

Genderleugner. Dazu passt ein

aktueller Bericht im Internet.

Man habe mit vier Menschen

in Moskau gesprochen. Drei

von denen heißen in etwa

Michail, Irina oder Natascha

mit Sternchen*. Dazu schreibt

die Seite, zum Schutz ihrer Persönlichkeit

wären die Namen

geändert worden. Das sind

diejenigen, die sich besorgt

über den Krieg in der Ukraine

äußern. Die heimlich über

Telegram informiert sind, was

dort wirklich passiert, Krieg.

Sie geben an, die Staatsmedien täuschten

ihre Landsleute. Dann kommt ein Igor, Juri,

Leonid oder so ohne Sternchen (es muss immer

russisch klingen) als glühender Verehrer

Putins, rechtfertigt den Angriff. Das kann

man gepflegt in Hamburg am Schreibtisch

verfassen, ohne ein einziges Mal Russland

besucht zu haben.

In der Ostukraine war bereits jahrelang

Krieg vor der aktuellen Eskalation. Ein

Problem vieler Brandherde weltweit deutet

sich an. Im Gazastreifen besteht jeden Tag

die Gefahr einer Attacke. Und in den ersten

Tagen des Angriffs auf die Ukraine sagte

Donald Trump tatsächlich bewundernd: „Das

sollten wir mit denen im Süden genauso

machen“ – unglaublich? Nicht für den vorherigen

Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Die wahrscheinlichste, zukünftige Entwicklung

in der Ukraine ist mit der andauernden

Gewalt etwa in Palästina vorgezeichnet. Und

mehr noch, auch zwischen „denen im Süden“

und der USA könnten ständige Kämpfe wie

dann rund um Europa zum Alltag werden?

Flüchtlingsbewegungen und Grenzschutz

auf Kosten der Menschen in diesen Regionen

sind unsere Zukunft. Echte Gefahren,

welche die vertraute Existenz und das

Überleben selbst gefährden könnten, kippen

die Vorstellung, wir hätten noch eine Komfortzone

als Puffer, bis es wirklich schlimm

kommt. Das Geschäft zu machen, wird über

alle Moral siegen. Die gewinnbringenden,

gegenseitigen Transaktionen mit Gas, dem

Öl und Weizen aus Russland müssen und

werden weitergehen.

# Schröder

Die Politik „der ruhigen Hand“ war sein

Slogan. Das wird passieren, Gerd Schröder

sitzt diese Zeit der Eskalation einfach aus.

Der Altkanzler wartet, geliebt von seiner

schönen Frau und bei einem guten Glas Rotwein,

bis ihm die Sanktionen zu unterlaufen

gelingt.

Nicht einmal diese Zukunft ist eine grundsätzlich

böse und die Aggressoren wären

Schuldige. So denken nur welche, die mit

moralisierten Ansichten die eigene Person

aufwerten möchten. Unsere Telefone und

Waschmaschinen gehen früher kaputt, davon

lebt die Wirtschaft. Wir alle profitieren vom

Wachstum. Das Geschäft mit der Angst ist

auch eines, wie die Notwendigkeit, Kriegsgerät

im Einsatz zu verbrauchen, damit

neues fabriziert werden kann. Wahlwirksame

Begriffe verblassen dagegen: „Klimaziele“,

ist zunächst nur ein Wort wie „Pandemie“.

Jedenfalls immer dann, wenn es andere

Mrz 6, 2022 - Schöne Zeit! 34 [Seite 34 bis 37 ]

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