Blogtexte2022_1-Halbjahr_korrigiert
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Zeit zu verschenken
Feb 5, 2022
Das Trauma, sich vor anderen zu fürchten,
ist weit verbreitet. Es schafft Mitläufer und
psychisch kranke Menschen. Dazu kann
angenommen werden, dass nicht wenige
körperliche Beschwerden ihre Ursache darin
finden, Angst zu haben. Angst gilt aber nicht
als eine mechanische Beeinträchtigung,
sondern wir verstehen sie als Gefühl. Was
ist eine Emotion? Sich zu fürchten, hat
unterschiedliche Gründe, ist individuell und
überlebenswichtig. Nehmen wir an, jemand
erkrankt wiederholt psychisch und irgendeine
Diagnose gibt diesem zugehörigen
Verhalten seinen Namen, so wird noch Angst
dazukommen, das Problem entwickelt zu haben
und sich auch davor zu fürchten. Prinzipiell
ist jede soziale Störung angesiedelt, wo
die Umgebung das Denken eines Menschen
kontrolliert und gedeihen kann wie ein
hineingesätes Virus. Andere probieren, über
uns hinweg zu bestimmen und fordern uns
zu manchem auf. Unsere Persönlichkeit ist in
ihrer Individualität dort zu finden, wo wir die
Wahl behalten, nein zu sagen oder delegieren
können. „Ich mache es später“, antwortet
ein freier Geist abgrenzend und vielleicht
bleibt noch die Alternative, Geschwister,
Kollegen oder Fremde zu finden, die sich
gern einbringen und sei es bezahlt.
Unsichere Menschen, die deswegen vermutlich
die verschiedensten Störungen und
Krankheiten bei sich begünstigen, könnten
lernen, ihre traumatischen
Befürchtungen in den Griff zu
bekommen. Der Anfang kann
nur sein, Furcht als das allem
zu Grunde liegende Problem
überhaupt zu bemerken. Und die
Lösung, wenn jemand versteht,
sich zukünftig abzugrenzen, wo
es bislang beinahe unbemerkt
weh getan hat, zu gehorchen,
ohne das zu müssen, wird neue
Probleme auf den Plan rufen. Das
ist ein ohnmächtiges Begreifen
der eigenen Unbedeutsamkeit
in dieser großen Realität und
totaler Vertrauensverlust. Mit
dem Verstehen, sich abgrenzen
zu müssen und Wege dafür
gefunden zu haben, beginnt die
Einsicht wie ein Himmelskörper
dem andauernden Beschuss von
Meteoriten ausgesetzt zu
sein. Bis ein Mensch die
Sportlichkeit anderer erlernt, Anwürfe
und Forderungen wie einen Ball
zu fangen oder zurückzuschlagen,
braucht es Zeit.
Mit dem Begreifen unserer Individualität
geht eine neue Definition von
Vertrauen einher. Fremden folgen,
bei ihren Ansichten mitzugehen,
wird zukünftig dem eigenen Ziel
untergeordnet. Nützt mir dieses
Gegenüber, habe ich gerade Zeit,
zuzuhören, schenke ich jemandem
Vertrauen? Dann aber unter der
Prämisse, es niemals blind und vollständig
zu tun. Ein gesunder Mensch
behält die Oberhand über seine
Furcht und findet in dieses Verhalten
zurück, wenn Stress verhindert, entsprechend
gereifter Einsicht zu handeln.
Erziehung sollte sich zum Ziel
nehmen, diese Prozesse als eine sportliche
Einstellung zum Leben frühzeitig zu festigen,
bei denen, die uns anvertraut sind. So auch
im großen Rahmen des Staates, wo die
Bürger und Bürgerinnen sich der Verwaltung
des Gemeinwesens anvertrauen (müssen).
Nicht wenige werden derzeit als spätpubertierende
Querulanten dargestellt. Ein
gefährlicher Denkfehler, diese Menschen zur
vermeintlichen Klugheit
zwingen zu wollen, weil
man als erwachsener
Mitbürger begriffen
habe, was selbstverständlich
sei. Die große
europäische Freiheit zu
verspielen, wäre fatal.
Unsere Werte höhlen
wir von innen aus, wenn
der Anteil Blockierender
eine Dimension erreicht,
die der voran machende
Teil nicht länger mitnehmen
kann oder will.
Eine Grenze um Europa
herum zu definieren,
bedeutet unbedingt und notwendigerweise,
den europäischen Bürger zu allererst
als solchen sichtbar zu machen. Wie sieht
europäische Vielfalt aus, die sich mit all
ihren Stimmen als selbstbestimmte Einheit
empfindet? Das wäre zunächst eine Arbeit
nach innen hin, die getan werden muss; Integration
abweichender Ansichten ist besser,
als unnötige Fliehkräfte anzufeuern. Die
osteuropäischen
Staaten
werden
ebenso
Identität
benötigen
wie der Kern
von Europa,
der sogar
damit hadert,
wie es mit
den Briten
zu halten sei.
Da macht es
keinen Sinn,
dem Bestreben
amerikanischer
Interessen
nachzuplappern.
Deutschland
sollte sich
auf die Freiheit des Einzelnen konzentrieren
und seine Einheit in integrierter Vielfalt
finden. Da kann doch jeder quer, diagonal
und geradeaus oder anderweitig kreativ
mithelfen. Ein neues Vertrauen in eine neue
Welt benötigt Zeit. Muße zu verschenken, ist
des Künstlers liebste Beschäftigung.
:)
Feb 5, 2022 - Zeit zu verschenken 11 [Seite 11 bis 11 ]