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Dental Barometer - Das Fachmagazin für Zahnmedizin und Zahntechnik Dental Barometer - Das Fachmagazin für Zahnmedizin und Zahntechnik
DENTAL ® BAROMETER Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik Implantatprothetik Traditionelles Handwerk trifft digitale Möglichkeiten Ästhetische Zahnheilkunde Tabak als Spielverderber – Kein Hollywoodlächeln für Raucher? Vitamin D – Zusammenfassung Hintergrund, Anwendung und Ergebnis in der täglichen Praxis AUSGABE 3 I 2022
- Seite 2 und 3: Monatliche Webinare für das gesamt
- Seite 4 und 5: 4 INHALT 3 Editorial 50 Vorschau/Im
- Seite 6 und 7: 6 CAD CAM 9 1 Ivotion - Zahn- und G
- Seite 8 und 9: 8 CAD CAM Abb. 2: Die abgebildete R
- Seite 10 und 11: 10 ABFORMUNG Das neue Kartuschen- u
- Seite 12 und 13: 12 IMPLANTATPROTHETIK 1 Therapiebeg
- Seite 14 und 15: 14 IMPLANTATPROTHETIK 6a 6b 7 8a 8b
- Seite 16 und 17: 16 IMPLANTATPROTHETIK 13b 13c 13d 1
- Seite 18 und 19: Testphase Leser testen Produkte - d
- Seite 20 und 21: 20 TRAUMATOLOGIE Dentales Trauma -
- Seite 22 und 23: 22 TRAUMATOLOGIE 2a Frontale Ansich
- Seite 24 und 25: 24 TRAUMATOLOGIE 5 6a Zahnfragmente
- Seite 26 und 27: 26 ÄSTHETISCHE ZAHNHEILKUNDE © ku
- Seite 28 und 29: 28 VITAMIN D © Racool_Studio / fre
- Seite 30 und 31: 30 VITAMIN D paradoxon, zu viel Kal
- Seite 32 und 33: 32 RAUCHENTWÖHNUNG IN DER ZAHNARZT
- Seite 34 und 35: 34 KOMMUNIKATION 9 Bildunterschrift
- Seite 36 und 37: 36 KOMMUNIKATION (welcher Laie vers
- Seite 38 und 39: 38 FIRMENPORTRAIT Die Alternative z
- Seite 40 und 41: 40 STEUERN Ampel für Elektromobili
- Seite 42 und 43: 42 ZAHNZUSATZVERSICHERUNG Stiftung
- Seite 44 und 45: 44 VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN Das Tite
- Seite 46 und 47: 46 VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN 4 IDS, e
- Seite 48 und 49: 48 VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN Sofortim
- Seite 50 und 51: 50 VORSCHAU/IMPRESSUM Die nächste
DENTAL<br />
®<br />
BAROMETER<br />
Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik<br />
Implantatprothetik<br />
Traditionelles Handwerk trifft digitale Möglichkeiten<br />
Ästhetische Zahnheilkunde<br />
Tabak als Spielverderber – Kein Hollywoodlächeln für Raucher?<br />
Vitamin D – Zusammenfassung<br />
Hintergrund, Anwendung und Ergebnis in der täglichen Praxis<br />
AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
Monatliche<br />
Webinare für<br />
das gesamte<br />
Praxisteam<br />
JETZT<br />
TERMINE<br />
CHECKEN UND<br />
ANMELDEN!<br />
Digital und kostenfrei<br />
Fortbildungspunkte sammeln<br />
Volle Terminkalender, neue Aufgaben – die physischen und<br />
mentalen Anforderungen an Zahnärzte und ihre Teams steigen<br />
an. Mit der neuen digitalen Fortbildungs reihe Oral-B UP<br />
TO DATE @HOME - „Good for your patiens. Good for you.“<br />
verknüpft Oral-B wissenschaftliche Vorträge von renommierten<br />
Spezialisten mit Beiträgen, die einen holistischen<br />
Blick auf Gesundheit im Kontext des stressigen<br />
Praxisalltags ermöglichen.<br />
Ab Juni erwartet die Teilnehmer jeden Monat ein neues<br />
Webinar zu neuen Frage- und Problem stellungen. Für die<br />
Teilnahme an der gemäß §95d SBG V als Fortbildung anerkannte<br />
Veranstaltung erhalten Zahnärzte in der Regel<br />
zwei Fortbildungspunkte. Für die Praxisteam-Mitglieder<br />
werden Teilnahmezertifikate ausgestellt.<br />
NEUE TERMINE* – JETZT VORMERKEN UND REGISTRIEREN:<br />
15.06.20<strong>22</strong> Die professionelle<br />
Mundgeruch Sprechstunde<br />
01.07.20<strong>22</strong> Gesund im Mund – na und?<br />
<strong>22</strong>.07.20<strong>22</strong> Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis<br />
26.08.20<strong>22</strong> Probieren geht über Studieren –<br />
auch Zähneputzen will gelernt sein<br />
30.09.20<strong>22</strong> Quick-Win Mentaltechniken<br />
* Änderungen vorbehalten<br />
Über den QR-Code gelangen<br />
Sie zur Anmeldung.<br />
GOOD FOR YOUR PATIENTS. GOOD FOR YOU.<br />
Eine neue Fortbildungsreihe zur fachlichen Weiterbildung und persönlichen Weiterentwicklung<br />
Der Themenschwerpunkt der Webinarreihe „Whole Body<br />
Health“ geht über zahnmedizinische Problemstellungen<br />
hinaus. Auch die Frage, wie Praxisteams den alltäglichen –<br />
häufig mit Stress verbundenen – Anforderungen begegnen<br />
können, wird von Experten beantwortet.
EDITORIAL 3<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Ihre Patienten wünschen sich strahlend weiße Zähne. Um dieses Ziel zu<br />
erreichen, gibt es viele Ansätze, die, abhängig von der Indikation gemeinsam<br />
mit dem Patienten besprochen, geplant und umgesetzt werden sollen.<br />
Dabei spielt die Patientencompliance oft eine entscheidende Rolle. In<br />
der Ihnen nun vorliegenden Ausgabe finden Sie verschiedene Artikel zu<br />
diesen Themen.<br />
Wir beginnen auf Seite 6 mit einem Beitrag von Roger Frei, Research<br />
Associate im Bereich Forschung und Entwicklung von Ivoclar AG, der über<br />
monolithische digitale Prothesen in überzeugender Materialqualität aus<br />
einer Scheibe schreibt. Welche Rolle die Abformung für ästhetisch hervorragende<br />
Ergebnisse spielt, berichtet Frau Dr. Lori Trost in Ihrem Interview<br />
zur einfachen, sicheren und effizienten Anwendung von Abformmaterialien<br />
ab Seite 10.<br />
Wie traditionelles zahntechnisches Handwerk und digitale Möglichkeiten<br />
ideal miteinander verknüpft werden können und dabei hervorragende<br />
ästhetische Ergebnisse entstehen, zeigt Dr. Victor Clavijo in seinem Beitrag<br />
ab Seite 12.<br />
Strahlend weiße Zähne –<br />
Dieser Wunsch<br />
kann Patienten zum<br />
Rauchstopp motivieren!<br />
Dentale Traumata sind statistisch gesehen gerade in jungen Jahren häufiger<br />
anzutreffen. Welche Maßnahmen in der primären Diagnostik wichtig<br />
sind, erfahren Sie im Interview mit Prof. Dr. Gabriel Krastl ab Seite 20. In<br />
Ihrem Beitrag ab Seite <strong>22</strong> – Diagnostik und Behandlung eines typischen<br />
dentalen Traumas im permanenten Gebiss – zeigen die Zahnärzte um<br />
Mohamed Baider von der Universität Greifswald anhand eines Fallbeispiels,<br />
wie es in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden kann.<br />
Mit der Zusammenfassung zum Thema Vitamin D ab Seite 28 beschließen<br />
wir die Artikelreihe von Dr. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie. Er zeigt<br />
in seinem letzten Artikel die Hintergründe, Tipps zur Anwendung und<br />
Ergebnisse in der zahnärztlichen Praxis an einem Patientenfall.<br />
Ein patientenorientiertes Präventionskonzept zur Rauchentwöhnung in<br />
der Zahnarztpraxis stellt Ihnen Dentalhygienikerin Annette Brockmann ab<br />
Seite 32 vor und in seinem zweiten Teil zu „Denkfehlern und Scheinargumenten<br />
in der Zahnarztpraxis“ spricht Dr. Dr. Bert Karl über allgemeine<br />
Denkfehler und Scheinargumente.<br />
Weitere informative Beiträge aus den Bereichen Zahnmedizin, Steuern<br />
und Recht komplettieren unser Leseangebot für Sie.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.<br />
Ihre Redaktion des Dental Barometer
4 INHALT<br />
3 Editorial<br />
50 Vorschau/Impressum<br />
Dossier – Prothetik, Ästhetik, CAD CAM<br />
© kues - de.freepik.com © ZA Mohamed Baider, M.Sc.<br />
<strong>22</strong> Traumatologie<br />
Diagnostik und Behandlung eines typischen dentalen Traumas im<br />
permanenten Gebiss<br />
26 Ästhetische Zahnheilkunde<br />
Tabak als Spielverderber: kein Hollywoodlächeln für Raucher?<br />
6 CAD CAM<br />
Monolithische digitale Prothesen in<br />
überzeugender Materialqualität<br />
10 Abformung<br />
Anwendung von Abformmaterialien:<br />
einfach, sicher und effizient<br />
12 Implantatprothetik<br />
Traditionelles Handwerk trifft<br />
digitale Möglichkeiten<br />
Zahnmedizin<br />
20 Interview<br />
Dentales Trauma - Wichtige Maßnahmen<br />
in der Primärdiagnostik<br />
32 Rauchentwöhnung<br />
Patientenorientiertes Präventionskonzept<br />
34 Kommunikation<br />
Denkfehler und Scheinargumente in der<br />
zahnärztlichen Praxis – Teil 2<br />
38 Firmenportrait – lege artis Pharma<br />
75 Jahre Problemlösungskompetenz der<br />
Zahn-/Mundgesundheit<br />
Wirtschaft und Steuern<br />
© Racool_Studio / freepik<br />
28 Vitamin D – Zusammenfassung<br />
Hintergrund, Anwendung und Ergebnis in der täglichen Praxis<br />
40 Steuern<br />
Ampel für Elektromobilität steht bei<br />
der Umsatzsteuer auf Rot<br />
42 Zahnzusatzversicherung<br />
Stiftung Warentest: Testsieger ist<br />
nicht gleich Testsieger<br />
44 VIP-ZM Mitgliederseiten<br />
Offizielles Mitteilungsorgan<br />
des VIP-ZM e. V. – Verein<br />
innovativ-praktizierender<br />
Zahnmediziner/-innen e.V.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
Verlässlich<br />
versiegelt<br />
VDW.1Seal<br />
Biokeramischer<br />
Sealer<br />
Wurzelkanal-Versiegelung auf hohem Level<br />
Denn in einem behandelten Wurzelkanal sollte sich nur eines<br />
befinden: eine formstabile, dichte und dauerhafte Füllung.<br />
vdw-dental.com
6 CAD CAM<br />
9<br />
1<br />
Ivotion – Zahn- und Gingivamaterial in<br />
einer monolithischen Scheibe, geeignet<br />
für permanente Totalprothesen<br />
Monolithische digitale Prothesen in<br />
überzeugender Materialqualität<br />
Eine einzige Scheibe, bestehend aus Zahn- und Prothesenbasismaterial, aus der eine fertige Prothese in einem<br />
ununterbrochenen Fräsvorgang gefertigt wird, das ist Ivotion. Da kommen einige Fragen auf: „Wie ist das<br />
möglich?” Und: „Funktioniert das überhaupt?” Und überhaupt: „Ist die Prothese dann ‚stark’ genug?”<br />
Text /Bilder Roger Frei<br />
Eine Prothese aus einer Scheibe, die aus<br />
zwei Materialien besteht.<br />
Wie gut sind die Prothesen wirklich?<br />
Im Laufe der Zeit und als Ergebnis zahlreicher Untersuchungen<br />
haben sich das Prothesenbasismaterial sowie der Verbund<br />
von Prothesenbasis und Zähnen (Zahnverlust) als die beiden<br />
grössten „Schwachstellen” von herausnehmbaren Prothesen<br />
verifiziert. Die Studie Dorner, S., Zeman, F., Koller, M., Lang,<br />
R., Handel, G., and Behr, M. (2010) Clinical performance of<br />
complete dentures: a retrospective study, Int J Prosthodont 23,<br />
410-417. belegt zum Beispiel, dass herausnehmbare Prothesen<br />
zwar grundsätzlich eine sehr lange Lebensdauer haben (im<br />
Schnitt 15,8 Jahre im Unterkiefer und 19,4 Jahre im Oberkiefer).<br />
In einem Betrachtungszeitraum von 1984 bis 2009 kam<br />
es aber dabei bei 5,8 Prozent der Patienten zum Bruch der<br />
Prothesenbasis und bei 5.8 Prozent (zwei Prothesen) beziehungsweise<br />
10,9 Prozent (eine Prothese) der Patienten sogar<br />
zu einem „Zahnverlust”. Ein hochqualitatives Prothesenbasismaterial<br />
und ein guter Verbund zum Zahnmaterial sind also von<br />
entscheidender Bedeutung. Für beide Problemstellungen bietet<br />
Ivotion eine sehr gute Lösung – und das in einem kombinierten<br />
Materialansatz und in nur einem einzigen Fräsvorgang.<br />
Die Materialqualität<br />
Die beiden für Ivotion in der intensiven Forschung entwickelten<br />
Zahn- und Gingivamaterialien bauen auf den Zusammensetzungen<br />
von etablierten und klinisch bewährten Produkten<br />
auf. Sie gewährleisten damit die Verwendung für permanente<br />
Versorgungen in der Totalprothetik.<br />
So erfüllen das Zahn- und Gingivamaterial neben den ohnehin<br />
sehr hohen und anspruchsvollen internen Qualitätskriterien<br />
von Ivoclar Vivadent AG auch die Anforderungen von Nor-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
CAD CAM<br />
7<br />
4<br />
Tabelle 1: Darstellung der Messwerte in Anlehnung an die jeweiligen Normen ISO 10477:2018 (Zahnmaterial) und ISO 20795-1:2013 (Gingivamaterial). Die Ergebnisse belegen die<br />
Erfüllung der Anforderungen für die Versorgung mit permanentem Zahnersatz.<br />
1 2<br />
Diagramm 1 & 2: Bruchzähigkeitsmerkmale Kmax und FW in Anlehnung an ISO20795-1:2013, interne Messung. Dargestellt sind Beispielwerte. Die grüne Linie stellt die Mindestanforderungen<br />
(Kmax ≥1.9 MPa*m1/2, Wf ≥900 J/m2) für High Impact-Prothesenmaterialien nach Norm dar. Die Diagramme vergleichen die Bruchzähigkeitswerte von Ivotion im Vergleich<br />
mit konventionellen und digitalen Produkten zur Fertigung von Prothesenbasen von Ivoclar Vivadent.<br />
men ähnlicher Produkte. Die Materialprüfungen fanden dazu<br />
in Anlehnung 1 an EN ISO 10477:2018 (Zahnmaterial) und EN<br />
ISO 20795-1:2013 (Gingivamaterial) statt.<br />
Hervorzuheben ist die optimierte Bruchresistenz des Gingivakunststoffs.<br />
Dies bedeutet eine erhöhte Beständigkeit gegenüber<br />
Rissinitiierungen (Kmax) und eine stärkere Widerstandsfähigkeit<br />
(Wf) bei auftretenden Defekten. Das Risiko von<br />
Frakturen und damit verbundenen Reparaturen wird dadurch<br />
reduziert.<br />
Der Verbund<br />
Was Ivotion so einzigartig macht: Der Verbund zwischen<br />
Zahn- und Gingivamaterial findet ohne Verwendung einer<br />
haftvermittelnden dritten Komponente statt. Die beiden<br />
Materialien werden in einem Prozessschritt zusammen polymerisiert,<br />
vergleichbar mit der Herstellung von mehrschichtigen<br />
Konfektionszähnen für die abnehmbare Prothetik. Es<br />
ist daher von einem direkten, chemischen Verbund zu sprechen.<br />
Die Ivotion Scheibe kann somit als monolithisches »<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
8 CAD CAM<br />
Abb. 2: Die abgebildete REM-Aufnahme (bei 150-facher Vergrösserung) zeigt den homogenen Übergang zwischen Zahn- und Gingivamaterial, welcher Ivotion zum monolithischen<br />
Material macht.<br />
Abb. 3: Aufbau der Scherverbundsfestigkeitsprüfung. Die Abbildungen zeigen das nach den Vorgaben der Norm gestaltete<br />
Prüfmittel, bei welchem der Prüfkörper mit der Schraube (A) und der Positionierhilfe (B) fixiert wird. Der mit einem<br />
genauen Abstand zum Prüfkörper versehene Schieber (C) schert bei zunehmender Belastung den zylindrischen Teil des<br />
Prüfkörpers ab, wobei verschiedene Arten von Brüchen auftreten können.<br />
Diagramm 3: Scherverbundfestigkeitswert von Ivotion in<br />
Anlehnung an ISO10477:2018, interne Messung. Dargestellt<br />
sind Beispielwerte. Die grüne Linie stellt die Mindestanforderungen<br />
(≥ 5 MPa) nach Norm dar.<br />
Material bezeichnet werden. Der Materialübergang verläuft<br />
über die ganze Shell Geometrie hinweg präzise und ist positionsgetreu<br />
ausgeprägt. Dies stellt ein entscheidendes Attribut<br />
für die Ästhetik der daraus gefrästen Prothesen dar.<br />
Nachweis des Materialverbunds mittels<br />
Scherverbundfestigkeit nach ISO 10477:2018<br />
Die Scherverbundfestigkeit (auch Scherfestigkeitsprüfung<br />
genannt) ist eine Methode, die sehr etabliert ist und insbesondere<br />
für den Nachweis von Verbund bei Kronen- und Brückenmaterialien<br />
sowie Zahn- und Prothesenkunststoffen mit<br />
Charakterisierungsmaterialien angewendet wird. So war sie<br />
auch zentraler Bestandteil bei der Entwicklung des gesamten<br />
Ivotion Denture Systems.<br />
Methodik<br />
Bei diesem Test wird nach Norm auf ein 5 × 10 × 15 mm<br />
großes Basisplättchen zylinderförmig 5 × 6 mm Material aufgebracht<br />
und polymerisiert. Der aufpolymerisierte Zylinder<br />
wird anschließend in einer normierten Vorrichtung bis zum<br />
Bruch belastet. Aus der zum Bruch benötigten Kraft und<br />
dem Querschnitt des Zylinders wird danach die Verbundfestigkeit<br />
(Scherhaftfestigkeit in MPa) errechnet.<br />
Ergänzend wird das Bruchbild bewertet und in kohäsive und<br />
adhäsive Brüche unterteilt. Die Prüfung kann bei Ivotion nur<br />
in Anlehnung an die ISO erfolgen, da die Prüfkörper direkt<br />
aus dem Fräsrohling gewonnen werden (siehe Abbildung 4).<br />
Die Norm ist erfüllt, wenn mindestens ein Scherverbundfestigkeitswert<br />
von 5 MPa erreicht wird. Zusätzliche interne<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 31 I 20<strong>22</strong>
CAD CAM<br />
9<br />
Abb. . 4 : Abbildung der Prüfkörper für die Scherverbundfestigkeit. Links gefräste Prüfkörper noch in einer Ivotion Scheibe, rechts exemplarische Prüfkörper nach erfolgter Prüfung mit<br />
kohäsivem Bruchbild.<br />
Anforderung ist die Erreichung eines kohäsiven Bruchbildes.<br />
Dies bedeutet, dass nicht die Verbundfläche, sondern das<br />
Material ausbricht. Hohe Messwerte und vollständig kohäsive<br />
Brüche belegen einen starken Materialverbund.<br />
Die Messwerte von Ivotion erreichen im Durchschnitt über<br />
30 MPa und weisen dabei ausschliesslich kohäsive Bruchbilder<br />
auf. Die Anforderungen an den Materialverbund werden<br />
somit deutlich erfüllt.<br />
1<br />
Die EN ISO Normen ermöglichen in den gültigen Versionen (Stand 2020)<br />
keine direkte Typisierung/Kategorisierung von präfabrizierten Fräsrohlingen.<br />
Entsprechend können die Prüfungen nur in Anlehnung an die Norm durchgeführt<br />
werden. Die spezifizierten Materialanforderungen bleiben dabei jedoch<br />
unverändert.<br />
Fazit<br />
Ivotion von Ivoclar Vivadent kombiniert auf intelligente Weise<br />
hochwertiges und bewährtes Zahn- und Prothesenbasismaterial.<br />
In der monolithischen Scheibe befindet sich die einzigartige<br />
Shell Geometry, eine auf realen Prothesendaten basierende,<br />
dreidimensionale Zahn- und Zahnbogengeometrie, die<br />
den Übergang zwischen Zahn- und Prothesenbasismaterial<br />
definiert.<br />
Mit dem Full Denture Modul im 3Shape Dental System lassen<br />
sich Prothesen patientenspezifisch individualisieren. Das<br />
Verkleben der Zähne mit der Prothesenbasis entfällt mit dem<br />
Einsatz von Ivotion und reduziert so potentielle Problemstellen.<br />
Ebenso überzeugt das PMMA-Material durch seine optimierte<br />
Bruchresistenz.<br />
Getreu dem Motto: «Design. Mill. Finish.» werden die Totalprothesen<br />
in einem schnellen, ununterbrochenen Fräsvorgang<br />
in einer PrograMill-Fräsmaschine gefertigt und müssen<br />
nur noch poliert werden. Ivotion ist der Schlüssel zu beeindruckender<br />
Effizienz: patientenindividuelle, monolithische<br />
Totalprothesen in einem nahtlosen Workflow mit weniger<br />
manuellen Arbeitsschritten.<br />
Roger Frei<br />
Research Associate im Bereich Forschung<br />
und Entwicklung von Ivoclar AG<br />
Roger Frei ist Research Associate im<br />
Bereich Forschung und Entwicklung von<br />
Ivoclar Vivadent AG. 17 Jahre Erfahrung in<br />
der Entwicklung von innovativen Materialien<br />
und Systemen für die abnehmbare Prothetik,<br />
insbesondere der Prothesenkunststoffe,<br />
machen Ihn zu einem erfahrenen<br />
Know-How-Träger. Neben der Optimierung<br />
des konventionellen Prothetik-Produktsortiments,<br />
steht die Erweiterung von<br />
Produkten und Werkstoffen für die digitale<br />
Fertigung von abnehmbarem Zahnersatz<br />
die letzten Jahre im Fokus seiner Tätigkeit.<br />
—<br />
Bendererstrasse 2 · FL-9494 Schaan<br />
Tel.: +423 235 35 35<br />
E-Mail: info@ivoclar.com<br />
www.ivoclar.com<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
10 ABFORMUNG<br />
Das neue Kartuschen- und Mischkanülensystem für Aquasil Ultra+ macht die Applikation des Abformmaterials noch einfacher und vor allem effizienter.<br />
Anwendung von Abformmaterialien:<br />
einfach, sicher und effizient<br />
Dentsply Sirona hat kürzlich ein neues integriertes Kartuschen- und Mischkanülensystem auf den Markt<br />
gebracht. Dr. Lori Trost, Zahnärztin aus Red Bud, Illinois (USA) hatte die Gelegenheit, das neue Produkt vorab<br />
ausgiebig zu testen. Im Interview spricht sie über ihre ersten Erfahrungen mit NCIS und Aquasil Ultra+ und<br />
beschreibt, was sich für sie und ihr Praxisteam bei der konventionellen Abformung dadurch geändert hat.<br />
Interview mit Dr. Lori Trost<br />
Seit wann verwenden Sie Aquasil<br />
Ultra+ als Material für Abformungen?<br />
DR. LORI TROST Um ehrlich zu sein:<br />
Ich kann mich gar nicht an eine Zeit<br />
ohne Aquasil Ultra+ erinnern. Unabhängig<br />
davon, ob man als Zahnarzt<br />
digital arbeitet oder nicht, es wird<br />
immer Situationen geben, in denen<br />
ein qualitativ hochwertiges Abformmaterial<br />
nötig ist. Das sollte dann in puncto Reißfestigkeit,<br />
Mischung und Konsistenz sowie Qualität hervorragend sein<br />
und gute Ergebnisse liefern. Noch wichtiger ist für mich, dass<br />
ich ein Material brauche, das bestimmte hydrophile Eigenschaften<br />
aufweist, auf die ich mich verlassen kann. Das ist<br />
nötig, um in schwer erreichbaren Bereichen eine gute Abformung<br />
machen zu können. Und Aquasil Ultra+ erfüllt all diese<br />
Anforderungen.<br />
Haben Sie denn Erfahrungen mit anderen Abformmaterialien?<br />
Selbstverständlich. Bei Aquasil Ultra+ sind mir die Konsistenz<br />
und das Mischergebnis aufgefallen. Und die Farben. Diese<br />
sind ein wichtiger Faktor, denn manche Farben lassen sich mit<br />
dem Scanner im weiteren Workflow einfach leichter erfassen.<br />
Ich habe mit vielen Top-Marken gearbeitet. Und am Ende bin<br />
ich doch immer wieder zu dem Produkt zurückgekommen,<br />
das für mich in der Praxis am besten funktioniert und von<br />
dem ich weiß, dass das eigene Labor gut damit arbeiten kann.<br />
Die Zahntechniker, mit denen wir in der Praxis zusammenarbeiten,<br />
bitten darum,dass wir mit einem hochwertigen Material<br />
wie Aquasil Ultra+ arbeiten.<br />
Für welche Anwendungsbereiche ist Aquasil Ultra+<br />
besonders geeignet?<br />
Die liegen aktuell vor allem in der Implantologie – dabei geht<br />
es um die Positionierung eines Implantats in einem bestimm-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
ABFORMUNG<br />
11<br />
ten Winkel. Wenn Sie zum Beispiel wegen unterschiedlicher<br />
Zahnhöhen eine Open-Tray-Methode (offene Abformung)<br />
anwenden müssen, die viel Platz erfordert und wenig Raum<br />
für die prothetische Versorgung da ist, brauchen Sie ein konventionelles<br />
Abformmaterial. Ein Scan bringt einen in solchen<br />
Situationen nicht weiter. Ich brauche also ein leistungsfähiges<br />
Material, mit dem ich erfolgreich abformen kann. Besonderes<br />
Augenmerk gilt auch Unterschnitten oder anderen nicht parallelen<br />
Bereichen, an denen das Material „abprallt“. Aquasil<br />
Ultra+ ist eine ausgezeichnete und verlässliche Wahl.<br />
Dentsply Sirona hat jetzt ein neues System mit integrierten<br />
Kartuschen für die Anwendung des Materials<br />
auf den Markt gebracht. Sie waren eine der ersten<br />
Zahnärztinnen, die diese Neuentwicklung in der Praxis<br />
ausprobieren durften. Was war Ihr erster Eindruck?<br />
Hier muss ich von den Erfahrungen meines Teams berichten,<br />
das viel mehr mit dem neuen integrierten Kartuschensystem<br />
gearbeitet hat. Generell kann es schwierig sein, die richtige<br />
Mischkanüle auszuwählen. Das neue System ist farbkodiert,<br />
damit die passende Mischkanüle für die Kartusche einfach ausgewählt<br />
werden kann. Es sorgt außerdem für eine sicherere<br />
Platzierung der Kanüle während der Materialexpression, und<br />
es spart Zeit. Mein Team weiß es zu schätzen, dass mit diesem<br />
neuen System eine gute Durchmischung gewährleistet ist,<br />
und dass nur einmal ein Materialangleich (bei den50 ml Kartuschen)<br />
nötig ist, rundet die Sache ab. Und danach beginnt<br />
man, all die anderen Vorteile zu verstehen, zum Beispiel, dass<br />
die neue Mischkanüle durch die kleinere Größe im Vergleich<br />
zur älteren Dentsply Sirona Mischkanüle weniger Materialverlust<br />
verursacht und somit mehr Applikationen mit einer Kartusche<br />
durchgeführt werden können. Das ist umweltfreundlich.<br />
Das Wichtigste bleibt jedoch die homogene Mischung der<br />
Materialien, und die ist immer konsistent. Dadurch spare ich<br />
viel Zeit, weil ich mich darauf verlassen kann, dass dieses Material<br />
bei wirklich jedem Einsatz beste Ergebnisse erzielt.<br />
Welchen Einfluss hat das neue System Ihrer Meinung<br />
nach auf die Abformergebnisse?<br />
Es kommt bei jeder Abformung darauf an, sich genau an die<br />
Zeitvorgaben zu halten. Man hat nur ein begrenztes Zeitfenster,<br />
in dem man versuchen muss, die Präparation für die Abformung<br />
vorzubereiten – sprich den Faden zu entfernen, um die<br />
Präparationsgrenze darzustellen, oder zu spülen und zu trocknen.<br />
Daher müssen die Zeitvorgaben für die Erstellung der<br />
Abformung eingehalten werden. Aus diesem Grund brauchen<br />
wir auch eine konsistente Mischung. Dann wissen wir sofort,<br />
dass alles bereit ist und ich den Löffel einsetzen kann. Meine<br />
perfekte Situation sieht so aus, dass die Mischung fertig ist<br />
und ich mich darauf verlassen kann. Eine stabile Mischung<br />
ist eine vorhersagbare Mischung. Sie kommt schneller und<br />
leichter heraus; mir gefällt diese Geschwindigkeit. Vielen ist<br />
gar nicht bewusst, wie wichtig dieser Faktor tatsächlich ist.<br />
Wenn also der Arbeitsaufwand auch zeitlich nicht größer<br />
wird und die Behandlung einfacher abläuft, dann sind das<br />
wichtige Verbesserungen.<br />
Wie bewertet Ihr Team die neue Kartusche? Fällt ihnen<br />
die Anwendung jetzt leichter?<br />
Ja, die Farbkodierung unterstützt dabei, das Material anzuwenden<br />
und die Kanülen sicher zu platzieren. Das ist oftmals<br />
ein entscheidender Faktor, weil es damit häufiger Schwierigkeiten<br />
geben kann. So sind meine Mitarbeiter selbstbewusster,<br />
und das wiederum sorgt dafür, dass ich noch mehr<br />
Vertrauen in sie habe. Und zu guter Letzt bekommen die<br />
Patienten das Gefühl, dass sie bei ihrem Zahnarzt in guten<br />
Händen sind.<br />
Vielleicht eine etwas provokative Frage: Sie verwenden<br />
Aquasil Ultra+ bei der konventionellen Abformmethode.<br />
Wie passt das zu der Entwicklung, dass die Zahnmedizin<br />
zunehmend digitaler wird? Wo sehen Sie die ganz spezifischen<br />
Vorteile dieser Abformmethode im Vergleich<br />
zum Intraoralscanner?<br />
Ich glaube, dass wir die herkömmlichen Abformmaterialien<br />
auch in Zukunft genauso brauchen werden wie die digitalen<br />
Technologien. Ich stelle beispielsweise Zahnersatz oft<br />
digital her, und dafür nutze ich natürlich einen Intraoralscanner.<br />
Manchmal muss ich jedoch eine Funktionsabformung<br />
machen, die stärker auf die Schleimhäute/das Ge<strong>web</strong>e<br />
drückt. In diesem Fall brauche ich eine Abformmasse, die<br />
das entsprechend erfasst. Denken Sie beispielsweise an<br />
zahnlose Patienten, die eine immer größere Gruppe werden.<br />
Einen komplett zahnlosen Kiefer kann man ohne Referenzen<br />
im Mund nicht scannen. Und wenn wir über Implantate<br />
sprechen – gerade in diesem Bereich bleiben herkömmliche<br />
Abformmaterialien wichtig, allein wegen der Scanbodys und<br />
der Angulationen. Wenn Sie zum Beispiel konventionellen<br />
Zahnersatz machen, müssen Sie sich rückbesinnen und mit<br />
einem ersten Abdruck beginnen. Ich möchte betonen, dass<br />
auch ein Intraoralscanner das wesentliche Procedere nicht<br />
verändert: Sie müssen immer noch Details wie den Präparationsrand<br />
darstellen, ihn isolieren und freilegen und schließlich<br />
erfassen. Wie bei jedem Scanner können Sie nicht erwarten,<br />
dass Blut, Speichel, die Zunge oder tiefere Ränder „ausgelesen“<br />
werden können. Ein herkömmliches Abdruckmaterial<br />
kann jedoch überall hinfließen und diese Bereiche erfassen.<br />
Überschüsse lassen sich danach erfolgreich entfernen. Darauf<br />
muss man sich oft verlassen. Und es ist immer noch der<br />
Goldstandard.<br />
Frau Dr. Trost, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen<br />
haben und viel Erfolg weiterhin bei Ihrer Arbeit.<br />
Dr. Lori Trost<br />
Zahnärztin<br />
—<br />
Trost Dental<br />
210 S. Main St. · Red Bud, IL 6<strong>22</strong>78<br />
E-Mail: trostdental@gmail.com<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
12 IMPLANTATPROTHETIK<br />
1 Therapiebeginn<br />
18<br />
Therapieende<br />
Traditionelles Handwerk trifft<br />
digitale Möglichkeiten<br />
Die Presstechnologie hat sich in den letzten 3 Jahrzehnten weltweit als zuverlässige und effiziente Technik zur<br />
Herstellung keramischer Restaurationen in den Dentallaboratorien etabliert. Aller Digitalisierung zum Trotz<br />
ist sie auch heute noch weit verbreitet, aber auch sie verschließt sich den modernen Veränderungen nicht und<br />
entwickelt sich stetig weiter. In der Vergangenheit war die einzige Möglichkeit, Wachskonstruktionen zum<br />
Verpressen herzustellen, das manuelle Aufwachsen vor dem Pressvorgang. Hierfür war einiges an Erfahrung und viel<br />
Fingerspitzengefühl des Technikers gefragt. Ziel dieses Artikels ist es, die Interaktion der analogen und digitalen<br />
Abläufe anhand eines klinischen Falles zu demonstrieren, der mit presskeramischen Restaurationen gelöst wurde.<br />
Text/Bilder Dr. Victor Clavijo, Paulo Fernando Mesquita de Carvalho und Cristiano Soares, São Paulo, Brasilien<br />
Dank technologischer Weiterentwicklung und der Einführung<br />
digitaler Konstruktionslösungen können 3D-Wax-ups<br />
heute auch digital erstellt und anschließend mit hoher Präzision<br />
aus Wachs-Discs gefräst oder mit modernen 3D-Druckern<br />
gedruckt werden. Auf diese Weise wird das klassische<br />
Handwerk der Presstechnologie ideal mit den heutigen<br />
digitalen Möglichkeiten verknüpft und die Herstellung von<br />
gepressten Restaurationen noch zuverlässiger und wirtschaftlicher.<br />
Entfernung des Implantats im<br />
Frontzahnbereich und Knochenaufbau<br />
Die alten, insuffizienten Kronen der Zähne 11 und 21 wurden<br />
entfernt und übergangsweise ein Kunststoffprovisorium<br />
angefertigt (Abb. 3a). Das Implantat wurde zunächst belassen<br />
und blieb vom Provisorium unberührt. Es wurde nach 3 Tagen<br />
entfernt und eine Knochenrekonstruktion in Verbindung mit<br />
einem Bindege<strong>web</strong>stransplantat durchgeführt (Abb. 3b).<br />
Fallbericht<br />
Eine 54-jährige Patientin wurde in unserer Praxis vorstellig<br />
und klagte über Probleme beim Kauen und eine unbefriedigende<br />
Ästhetik (Abb. 1). Nach der Erstdiagnose und dem<br />
Zusammenstellen der klinischen Daten, Fotos, Röntgenbildern<br />
und Tomographien, wurden eine diagnostische Planung und<br />
ein Wax-up (Abb. 2) durchgeführt, um die Schritte der oralen<br />
Rehabilitation zu organisieren.<br />
Setzen von Implantaten im Frontund<br />
Seitenzahnbereich<br />
Zunächst wurden im Frontzahnbereich zwei Implantate<br />
(V3B+, MIS Implants) mit konischer Verbindung zwischen<br />
Implantat und Abutment inseriert, um eine optimale Abdichtung<br />
und reduzierte Mikrobewegungen zu erreichen. Alle<br />
Implantate wurden im Durchschnitt 4 bis 5 mm tief vom<br />
zukünftigen Gingivarand inseriert (Abb. 4a und 4b). Für ein<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
IMPLANTATPROTHETIK 13<br />
2 3a<br />
3b<br />
4a<br />
optimales Weichge<strong>web</strong>smanagement wurden am Alveolarkamm<br />
Gingivaformer verwendet; auch bei den Sofortimplantaten<br />
wurden personalisierte Gingivaformer eingesetzt, um<br />
das Profil des Weichge<strong>web</strong>es zu erhalten (Abb. 5).<br />
Entfernung der insuffizienten<br />
Restaurationen, endodontische<br />
Behandlungen und Retreatments<br />
Die alten, insuffizienten Restaurationen wurden entfernt und<br />
Unterschnitte mit einem Universaladhäsiv (Adhese Universal)<br />
und einem Bulk-Fill-Composite (Tetric EvoCeram Bulk Fill)<br />
gefüllt.<br />
4b<br />
Die endodontisch behandelten Zähne wurden mit Kompositrestaurationen<br />
versorgt; wo aufgrund von ungünstiger Zahnstruktur<br />
notwendig, wurden Glasfaserstifte gesetzt, die mit<br />
Komposit unterfüttert wurden (Abb. 6a, b und 7).<br />
Provisorische Versorgung im<br />
Oberkiefer und kieferorthopädische<br />
Behandlung im Unterkiefer<br />
Restaurationen für die provisorische Versorgung wurden<br />
aus einer PMMA-Disc (Telio CAD) gefräst. Diese Versorgung<br />
diente der abschließenden Konditionierung des Weichgewe-<br />
5<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
14 IMPLANTATPROTHETIK<br />
6a<br />
6b<br />
7<br />
8a<br />
8b<br />
8c<br />
9<br />
bes (Abb. 8a bis 8c) während der Einheilphase der Implantate.<br />
Parallel wurde in dieser Zeit im Unterkiefer eine kieferorthopädische<br />
Behandlung durchgeführt, um eine effektive und<br />
funktionierende Front-Eckzahnführung herbeizuführen.<br />
Abdrücke beider Zahnbögen<br />
Abdrücke der Zähne beziehungsweise Implantate im Oberund<br />
Unterkiefer wurden mit einer Doppelfaden-Einschritt-<br />
Technik (Abb. 9) unter Verwendung offener Abdrucklöffel<br />
mit dem Polyvinylsiloxan-Abformmaterialien Virtual Putty und<br />
Virtual Extra Light erstellt. Bei der Bissregistrierung wurde mit<br />
Kunststoff an drei Punkten – zwei Seitenzähnen und einem<br />
Frontzahn - stabilisiert.<br />
Herstellung der Keramikrestaurationen<br />
im Labor<br />
Es wurde je ein Arbeitsmodell für den Ober- und Unterkiefer<br />
gefertigt und einartikuliert (Abb. 10). Die Überlagerung<br />
der Bilder von den provisorischen Restaurationen und der<br />
präparierten Situation in der CAD-Software ermöglichte uns<br />
die Konstruktion der zu fräsenden Zirkonoxid-Abutments<br />
(IPS e.max ZirCAD MO1).<br />
Die Abutments wurden hergestellt und in das Arbeitsmodell<br />
eingesetzt (Abb. 11). Danach wurde ein erneuter Scan der<br />
Modelle gemacht. Wieder wurden die Präparationsbilder mit<br />
dem Wax-up überlagert und nun 3D-Daten der geplanten<br />
Keramikrestaurationen erstellt. Hierbei wurden die Seiten-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
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10<br />
11<br />
12<br />
3M Imprint 4 Vinyl Polysiloxan Abformmaterial<br />
Selbsterwärmend<br />
und super schnell.<br />
13a
16 IMPLANTATPROTHETIK<br />
13b<br />
13c<br />
13d<br />
13e<br />
14a<br />
14b<br />
14c<br />
zähne monolithisch geplant, bei den oberen Frontzähnen<br />
wurde ein Cut-Back eingeplant, um mittels einer labialen<br />
Keramikschichtung die Ästhetik zu optimieren. Nach der<br />
3D-Konstruktion wurden die digitalen Restaurationen präzise<br />
und effizient in Wachs gefräst und nach der Ausarbeitung<br />
(Abb. 12) im Artikulator angepasst. Abschließend wurden<br />
die passgenauen Wachskonstruktionen eingebettet und<br />
gepresst. Hierfür wurden IPS e.max Press Lithium-Disilikat-<br />
Glaskeramik Rohlinge verwendet.<br />
Dieses Material zeichnet sich durch eine sehr hohe Festigkeit,<br />
ausdrucksstarke Ästhetik und langfristige Stabilität aus.<br />
Nach dem Pressvorgang wurden die aus Gründen der erhöhten<br />
Sicherheit und Stabilität für den stärker beanspruchten<br />
posterioren Bereich monolithisch gefertigten Seitenzähne<br />
lediglich mit Malfarben charakterisiert. Bei den Frontzähnen<br />
war bei diesem Patientenfall etwas mehr individuelle Ästhetik<br />
gefragt, weshalb hier mit der Schichtkeramik IPS e.max<br />
Ceram individualisiert wurde (Abb. 13a bis 13e). Die Kronen<br />
im Seitenzahnbereich wurden mit einem speziellen, selbsthärtenden<br />
Befestigungskomposit (Multilink Hybrid Abutment)<br />
auf den Zirkonoxid-Abutments zementiert (Abb. 14a bis 14c),<br />
wobei das A. P. C-Protokoll (Blatz M) befolgt wurde.<br />
Eingliederung<br />
Nach der Einprobe im Mund und geringfügigen Anpassungen<br />
der interproximalen und okklusalen Kontaktpunkte<br />
wurde ein Gummifinish durchgeführt, und die Oberflächen<br />
erhielten eine neue Glasurschicht. Die Eingliederung der Restaurationen<br />
erfolgte nach einem Protokoll mit Kofferdamisolierung<br />
und adhäsiver Befestigung (Multilink Automix, Abb.<br />
15a und 15b). Die Implantatschrauben wurden mit einem<br />
Drehmoment von 35 N angezogen (Abb. 16a und 16b) und<br />
die Schraubenöffnungen provisorisch verschlossen.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
IMPLANTATPROTHETIK<br />
17<br />
15a<br />
15b<br />
16a<br />
17a<br />
16b<br />
17b<br />
Nachuntersuchungen<br />
Es werden halbjährliche Nachkontrollen durchgeführt, einschließlich<br />
Prophylaxe, Röntgenaufnahmen und Anpassungen<br />
der Knirscherschienen, die nachts getragen werden.<br />
Fazit<br />
Uns bietet die Kombination moderner, digitaler, bewährter<br />
und präziser Herstellungsmethoden viele neue Möglichkeiten<br />
und den Vorteil, das Beste aus beiden Welten in Einklang zu<br />
bringen und davon zu profitieren (Abb. 17a). Die Presstechnologie<br />
steht für die getreue Reproduktion von Form und Funktion<br />
aus der anfänglichen Planung aus Wachs in die Keramik.<br />
Auf welchem Weg die Wachskonstruktionen hergestellt werden,<br />
spielt dabei keine Rolle. Die digitale Herstellung macht<br />
den Laborablauf hier aber noch effizienter und kostensparen-<br />
der, da das eher zeitaufwändige Aufwachsen von Hand entfällt.<br />
Presskeramisch gefertigte Restaurationen überzeugen<br />
schlussendlich durch Passgenauigkeit, langfristige Stabilität<br />
und ausdrucksstarke Ästhetik. Durch das Verknüpfen mit der<br />
digitalen Herstellung der Wachskonstruktionen werden wir<br />
effizienter und schneller und können uns auf das Finalisieren<br />
der Restaurationen konzentrieren (Abb. 17b).<br />
Victor Clavijo<br />
DDS, M.Sc., PhD, São Paulo, Brasilien<br />
Masterabschluss und PhD in restaurativer<br />
Zahnheilkunde an der zahnmedizinischen<br />
Fakultät (Campus Araraquara) der Universität<br />
São Paulo (UNESP). Privatpraxis mit<br />
Schwerpunkt auf ästhetische restaurative<br />
Zahnheilkunde.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
Testphase<br />
Leser testen Produkte – das Original.<br />
Auswertung<br />
Cention Forte –<br />
die neue Amalganalternative<br />
1. In wieweit treffen folgende Aussagen von Cention Forte zu?<br />
a) Cention lässt sich leicht aus der Kapsel ausdrücken<br />
und in die Kavität einbringen<br />
43 % trifft völlig zu<br />
40 % trifft zu<br />
14 % trifft eher zu<br />
3 % trifft nicht zu<br />
b) Das Material lässt ausreichend Zeit zum Modellieren<br />
37 % trifft völlig zu<br />
44 % trifft zu<br />
16 % trifft eher zu<br />
3 % trifft nicht zu<br />
c) Cention Forte hat eine sehr angenehme,<br />
zu verarbeitbare Konsistenz<br />
Cention Forte ist die neuartige, hochfeste Amalgamalternative<br />
für Klasse I & II-Restaurationen. Das Material ist selbsthärtend<br />
mit optionaler Lichthärtung. Es wird zusammen mit dem<br />
selbstätzenden Cention Primer angewendet, der speziell für<br />
Cention Forte entwickelt wurde. Das neue Füllungsmaterial<br />
für die Basisversorgung wird in einer hellen Farbe angeboten.<br />
Hohe Biegefestigkeit<br />
Klinische Studien belegen, dass eine Biegefestigkeit von ≥ 100<br />
MPa ein wichtiger Faktor für langlebige Restaurationen ist.<br />
Cention Forte unterscheidet sich hier deutlich von Glasionomeren.<br />
Mit ≥ 100 MPa besitzt Cention Forte eine sehr gute<br />
Biegefestigkeit für den kaulasttragenden Seitenzahnbereich.<br />
37 % trifft völlig zu<br />
43 % trifft zu<br />
20 % trifft eher zu<br />
0 % trifft nicht zu<br />
2. Wie zufrieden waren Sie allgemein mit Cention Forte?<br />
29 % sehr zufrieden<br />
57 % zufrieden<br />
14 % nicht zufrieden<br />
0 % sehr unzufrieden<br />
Ionenfreisetzung bei Bedarf<br />
Cention Forte beugt aktiv der Demineralisierung vor und<br />
unterstützt die Remineralisierung. Kommt es durch Bakterienbesiedlung<br />
zu einer Absenkung des pH-Wertes, so kann es bei<br />
Bedarf durch die Freisetzung von Hydroxidionen diesen wieder<br />
ausgleichen und beugt so einer Demineralisierung vor. Gleichzeitig<br />
können von Cention Forte freigesetzte Fluorid- und Kalziumionen<br />
einer Sekundärkaries vorbeugen.<br />
3. Werden Sie Cention Forte weiter in Ihrer Praxis einsetzen?<br />
11 % auf jeden Fall<br />
51 % Ja, wahrscheinlich schon<br />
34 % Nein, eher nicht<br />
0 % Nein, auf keinen Fall<br />
4 % keine Angabe<br />
Aufgrund der schnellen und einfachen Verarbeitung sowie<br />
der Ionenfreisetzung „on demand” ist Cention Forte besonders<br />
interessant für die Versorgung von:<br />
· Kindern<br />
· Patienten mit hohem Kariesrisiko<br />
· Patienten mit eingeschränkter Mundhygiene<br />
· Patienten mit Handicaps, die eine längere Behandlung<br />
schwierig machen.<br />
Weitere Informationen anfordern unter: info@ivoclar.com<br />
4. Welche Eigenschaften von Cention Forte finden<br />
Sie besonders gut?<br />
• geschmeidig, gut stopfbar, gut beschleifbar<br />
• schnelle Verarbeitung, Zeitersparnis gegenüber Amalgam<br />
• Modellierbarkeit, Anpassung der Farbe<br />
• Handhabung/Aktivierung der Kapsel<br />
• angenehme Konsistenz, gute Härte<br />
• bioaktiv/Freisetzung von Ionen<br />
• fließt gut in Kavität, lässt sich gut adaptieren, manchmal<br />
nicht bis runter
Eins<br />
NEU<br />
haftet<br />
immer.<br />
Universal Bond II<br />
Das Fundament dentaler Restaurationen<br />
Ein um 10-MDP erweitertes 3D-SR-Phosphor säure monomer<br />
zur Haftung an Schmelz und Dentin, aber auch Zirkon und<br />
Nichtedelmetallen. Ein neuer Silanhaftvermittler zur sicheren<br />
Befestigung von Glaskeramiken. Und das Thiouracil-Monomer<br />
für Edelmetalle.<br />
Diese Haftspezialisten bilden das Gerüst für die Befestigungen<br />
von direkten oder indirekten Restaurationen.<br />
Eins haftet immer, egal was Sie befestigen wollen.<br />
Volle visuelle<br />
Kontrolle über<br />
die einzelnen<br />
Arbeitsschritte<br />
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Farbumschlag<br />
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Mischen – Auftragen – Verblasen – Fertig!<br />
Egal welche Oberfläche!<br />
1 2 3<br />
A<br />
B<br />
Keine<br />
Einwirkzeit<br />
Kein<br />
Lichthärten<br />
Mehr unter
20 TRAUMATOLOGIE<br />
Dentales Trauma - Wichtige Maßnahmen<br />
in der Primärdiagnostik<br />
Bei einem dentalen Trauma spielt nicht nur das Verhalten am Unfallort eine wesentliche Rolle,<br />
sondern auch die Primärtherapie, die maßgeblich den Heilungsverlauf und die Prognose der<br />
betroffenen Zähne bestimmt. Welche Maßnahmen in der Primärdiagnostik nach einem dentalen<br />
Trauma grundsätzlich die höchste Priorität haben, besprachen wir mit Prof. Dr. Gabriel Krastl.<br />
Interview mit Prof. Dr. Gabriel Krastl<br />
Welche Maßnahmen haben<br />
in der Primärdiagnostik nach<br />
einem dentalen Trauma grundsätzlich<br />
die höchste Priorität?<br />
Prof. Dr. Krastl Oberste Priorität<br />
im Rahmen der Primärdiagnostik<br />
hat der Ausschluss eines<br />
Schädel -Hirn-Traumas. Ferner sind<br />
Alveolarfortsatz , Unterkiefer und<br />
Mittelgesichtsfrakturen sowie<br />
andere möglicherweise schwerwiegendere nicht dentogene<br />
Verletzungen auszuschließen. Der Tetanus-Impfschutz muss<br />
überprüft werden. Aus forensischen Gründen ist zu dokumentieren,<br />
dass eine Abklärung dieser wichtigen allgemeinmedizinischen<br />
Aspekte tatsächlich stattgefunden hat. Erst<br />
danach erfolgt eine ausführliche intraorale Diagnostik, um<br />
alle Verletzungen korrekt zu erfassen.<br />
Kronenfrakturen gehören mit zu den häufigsten Zahnverletzungen.<br />
Welche Besonderheiten gibt es hier in<br />
der Versorgung?<br />
Bei der Primärversorgung von Kronenfrakturen steht die Verhinderung<br />
einer Infektion des Endodonts im Vordergrund.<br />
Ein schnelles Abdecken der Dentinwunde kann für kurze<br />
Zeiträume (wenige Tage) mit einem Kalziumhydroxidzement<br />
erfolgen. Bessere Voraussetzungen, um eine Infektion über<br />
offene Dentintubuli zu vermeiden, bietet hingegen ein adhäsiver<br />
Wundverband. Vorhandene Zahnfragmente können auch<br />
bereits im Rahmen der Primärversorgung adhäsiv wiederbefestigt<br />
werden, sofern sie nicht ausgetrocknet sind. Bei ausgetrockneten<br />
Fragmenten wird das Wiederbefestigen auf den<br />
nächsten Tag verlegt und das Fragment bis dahin in Wasser<br />
gelagert. Die zwischenzeitliche Rehydrierung des Fragments<br />
verbessert sowohl die Farbanpassung als auch den Haftverbund<br />
zum Zahn. Wenn die Fragmentwiederbefestigung am<br />
nächsten Tag erfolgen soll, ist im Rahmen der Erstversorgung<br />
von einem adhäsiven Wundverband der Dentinwunde abzusehen,<br />
da sich dieser nur schwer vollständig entfernen lässt<br />
und somit die Passgenauigkeit des Fragments reduziert ist.<br />
Stattdessen sollte die Dentinwunde mit einem einfacher zu<br />
entfernenden Kalziumhydroxidzement versiegelt werden.<br />
Bei Kronenfrakturen mit Pulpaexposition bietet die partielle<br />
Pulpotomie eine hohe Erfolgssicherheit und kann im Gegensatz<br />
zur direkten Überkappung auch bei breitflächiger Exposition<br />
und nach längeren Expositionszeiten erfolgreich eingesetzt<br />
werden. Die partielle Pulpotomie kann, muss aber<br />
nicht zwingend im Rahmen der Erstversorgung erfolgen. Es<br />
ist auch möglich, sie als Zweitmaßnahme innerhalb der ersten<br />
Tage nach initialer bakteriendichter Abdeckung der Pulpa<br />
durchzuführen.<br />
Kompliziertere Frakturen sind beispielsweise auch die<br />
Kronen-Wurzel-Frakturen. Was muss die Primärversorgung<br />
in solchen Fällen unbedingt leisten?<br />
Definitionsgemäß ist eine Zahnfraktur nur dann „kompliziert“,<br />
wenn die Pulpa exponiert ist, unabhängig davon, ob<br />
der Frakturverlauf supra- oder subgingival lokalisiert ist. Allerdings<br />
kann man die Behandlung von Kronen-Wurzel-Frakturen<br />
sicherlich immer als technisch komplex betrachten. Die<br />
Primärversorgung dieser Zähne orientiert sich weitgehend am<br />
Vorgehen nach Kronenfraktur. Allerdings erfordert die Beurteilung<br />
des Frakturverlaufs die Entfernung des mobilen, aber<br />
häufig noch an der Gingiva befestigten koronalen Fragments.<br />
Dies provoziert in der Regel eine Blutung und erschwert<br />
somit die Primärversorgung. Als einfache und zeitsparende<br />
Alternative bietet sich das adhäsive Befestigen des gelockerten<br />
Fragments in der meist zugänglichen labialen Region an.<br />
Dieses Vorgehen lässt zwar die letzte Konsequenz in Bezug<br />
auf einen bakteriendichten Verschluss vermissen, sorgt aber<br />
in der Mehrzahl der Fälle für Beschwerdefreiheit. Da die Haltbarkeit<br />
dieser Restauration stark eingeschränkt ist, sollte eine<br />
zeitnahe Weiterversorgung – idealerweise am Folgetag – in<br />
die Wege geleitet werden.<br />
Vor allem bei Kleinkindern tritt häufig ein Milchzahntrauma<br />
auf. Wie unterscheidet sich die Versorgung<br />
eines Milchzahntraumas von der Versorgung eines<br />
dentalen Traumas im bleibenden Gebiss?<br />
Aus biologischer Sicht gelten für die Behandlung von Milchzahnverletzungen<br />
die gleichen Prinzipien wie im bleibenden<br />
Gebiss. Andererseits wird die Therapie durch eine Vielzahl<br />
verschiedener Faktoren erschwert. Allen voran bestimmt<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
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die Behandlungsfähigkeit des Kindes, ob eine Behandlung adäquat, kompromissbehaftet<br />
oder überhaupt nicht möglich ist. Weitere Einschränkungen<br />
betreffen Trockenlegung, adhäsive Maßnahmen auf Milchzahnschmelz<br />
(zum Beispiel Schienungen oder Kompositaufbauten) sowie endodontische<br />
Maßnahmen an teilresorbierten Wurzeln. Generell rückt die Sorge um eine<br />
regelrechte Weiterentwicklung des nachfolgenden Zahnkeims in den Fokus<br />
aller Bemühungen. Da der traumatisch entstandene mechanische Schaden<br />
nicht mehr kompensierbar ist, gilt es, weitere Schäden durch eine falsche<br />
oder nicht rechtzeitig einsetzende Behandlung zu vermeiden.<br />
Sie sind seit Jahren Vorstandsmitglied in der Deutschen Gesellschaft<br />
für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET), die stetig<br />
an der Forschung und der Weiterentwicklung von Therapiemöglichkeiten<br />
beteiligt ist. Was bietet die DGET ihren Mitgliedern?<br />
Die DGET bietet ihren Mitgliedern eine ganze Menge. Um gerade beim<br />
Thema Dentales Trauma zu bleiben: Hier engagiert sich die DGET seit Jahren<br />
für eine flächendeckende Verbesserung der Versorgung in der Traumatologie.<br />
Die TraumaApp „Accident“ die aktive Beteiligung der DGET an der<br />
Erstellung nationaler und internationaler Behandlungsleitlinien, eine aktuelle<br />
Patienteninformation, ein aktualisierter Trauma-Befundbogen sind nur einige<br />
Beispiele. Viele Informationen und Dokumente sind über die Homepage der<br />
DGET verfügbar. Im Rahmen der Jahrestagung, der jährlichen Frühjahrsakademie<br />
oder auch der Webinar-Reihe „DGET am Feierabend“ versuchen wir<br />
immer ein spannendes Programm zu bieten, welches auch immer die Traumatologie<br />
berücksichtigt. Besonders am Herzen liegt uns auch die Förderung<br />
wissenschaftlicher Projekte und die Unterstützung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses. Neben dem Wissenschaftsfonds existieren Dissertationspreise,<br />
Publikationspreise und Tagungsbestpreise, die im Rahmen der Jahrestagung<br />
vergeben werden.<br />
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Traumatologie e.V. (DGET)<br />
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<strong>22</strong> TRAUMATOLOGIE<br />
2a<br />
Frontale Ansicht bei der Erstvorstellung nach dem Zahnunfall: Unkomplizierte Kronenfraktur an Zahn 21 mit Subluxation<br />
Diagnostik und Behandlung eines typischen<br />
dentalen Traumas im permanenten Gebiss<br />
Mehr als eine Milliarde Menschen erlitten bereits traumatische Zahnverletzungen 1 . Weltweit liegt die<br />
beschriebene Prävalenz bei circa 25 bis 30 Prozent. Auch in Deutschland erleiden knapp 38 Prozent aller<br />
Jugendlichen ein dentales Trauma 2 . Andreasen et al. gingen davon aus, dass das Management von Zahntraumata<br />
in Zukunft gar bedeutender als Zahnkaries und Parodontalerkrankungen werden könnte 3 . Traumatische<br />
Zahnverletzungen können jeden von uns ohne Vorwarnung treffen. Dies können komplizierte Verletzungen<br />
sein, die zeitaufwendig in der Behandlung und auch teuer sind 4 . Manchmal bleiben Schäden, die den Patienten<br />
den Rest des Lebens begleiten 5 . Zahntraumata im permanenten Gebiss bei Kindern treten bevorzugt bei<br />
Jungen auf, insbesondere im Alter von 7 bis 9 Jahren 6 . Nach der WHO werden die dentalen Traumata in<br />
zwei Hauptgruppen unterschieden: Zahnfrakturen und Dislokationsverletzungen. Dislokationsverletzungen<br />
der Zähne kommen dabei bevorzugt im Milchgebiss vor, während Kronenfrakturen bevorzugt im bleibenden<br />
Gebiss gefunden werden 7 . Patienten mit Zahnfehlstellungen, vor allem mit weit nach vorne stehenden<br />
Oberkieferfrontzähnen bei zurückliegendem Unterkiefer (sogenannte Angle-Klasse II/1) sind davon häufiger<br />
betroffen 8 . Dieser Beitrag zeigt daher einen Fallbericht mit Diskussion zu einer unkomplizierten Schmelz-Dentin-<br />
Fraktur mit Subluxation, was häufig und typischerweise als Zahnunfall im permanenten Gebiss vorkommt.<br />
Text /Bilder ZA Mohamed Baider, M.Sc.; Prof. Dr. C. H. Splieth; OA Dr. Julian Schmoeckel, M.Sc.<br />
Der Fall<br />
Ein achtjähriges Kind stellte sich mit seiner Mutter in der Abteilung<br />
für Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde<br />
des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK)<br />
der Universitätsmedizin Greifswald in der Akutsprechstunde<br />
vor, da es von der Treppe in der Grundschule gestürzt sei und<br />
dabei ihren Zahn verletzt habe. Patient und Mutter kamen<br />
mit einer Zahnrettungsbox, in der ein kleines Zahnfragment<br />
aufbewahrt wurde. Mithilfe eines Traumadokumentationsbogens<br />
(Abb. 1) erfolgte dann die weitere Befragung systematisch,<br />
da so relevante anamnestische Faktoren gänzlich<br />
dokumentiert werden und eine bessere erste Einschätzung<br />
erfolgen kann. Das Kind berichtete, dass es vor etwa einer<br />
Stunde in der Grundschule ohne Fremdverschulden mit dem<br />
Gesicht/Mund/Zähnen auf die Treppe gestürzt sei. Nach dem<br />
Unfall seien keine Blutungen aufgetreten und das Kind könne<br />
sich an den Unfallhergang erinnern. Anzeichen für ein Schädel-Hirn-Trauma<br />
wie Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen,<br />
Müdigkeit, Übelkeit, Sehstörungen lagen nicht vor.<br />
Das Kind war glücklicherweise auf dem Zahnarztstuhl sehr<br />
kooperativ. Der Sensibilitätstest („Kältetest“) zeigte für die<br />
Zähne 12–<strong>22</strong> klinisch positive Reaktionen, die Perkussionstests<br />
waren negativ außer an 21 mit geringfügiger Empfindlichkeit.<br />
Es lag zudem weder ein pathologischer Locke-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
TRAUMATOLOGIE<br />
23<br />
rungsgrad noch eine Farbveränderung vor (Abb. 2a und b).<br />
Aufgrund des klinischen Befundes (Kronenfraktur) und der<br />
traumaspezifischen Anamnese wurde entschieden, die Frontzähne<br />
röntgenologisch weitergehend zu untersuchen, um<br />
unter anderem eine Wurzelfraktur auszuschließen. Im Röntgenbild<br />
ist deutlich eine Schmelz-Dentin-Fraktur ohne Pulpabeteiligung<br />
zu sehen. Des Weiteren liegt kein Anhalt für eine<br />
apikale Veränderung oder Wurzelfraktur vor (Abb. 3). Das<br />
Wurzelwachstum der oberen Frontzähne ist noch nicht abgeschlossen,<br />
was für die Prognose des Vitalerhalts des Zahns in<br />
der Regel vorteilhaft ist.<br />
Diagnose<br />
Die Diagnose lautete für Zahn 21: unkomplizierte Kronenfraktur/Schmelz-Dentin-Fraktur<br />
mit vermutlicher Subluxation und<br />
Verdacht auf Konkussion 11,12, <strong>22</strong> 9 . Bei Dentinwunden besteht<br />
eine Infektionsgefahr des Endodonts. Daher sollte bei Schmelz-<br />
Dentin-Frakturen die restaurative Therapie, falls ein Zahnfragment<br />
abgebrochen ist, in erster Linie auf das optimale Abdichten<br />
der Dentinwunde ausgerichtet sein. Falls eine endgültige Versorgung<br />
nicht sofort möglich sein sollte, ist zum Schutz der<br />
Pulpa eine bakteriendichte Abdeckung mit einem geeigneten<br />
Material angezeigt, wie zum Beispiel Glasionomerzement<br />
(DGZMK, 2015).<br />
Therapie<br />
In der Zeit vor dem Adhäsiv-Zeitalter in der Zahnmedizin<br />
mussten Zahnfrakturen entweder mit stifthaltigen Inlays<br />
oder Gussrestaurationen versorgt werden oder auch durch<br />
Kronen, für deren Präparation viel gesunde Zahnhartsubstanz<br />
geopfert werden musste. Zudem stellen diese eine Herausforderung<br />
für die Zahnärzte dar, da es bei Einzelkronen<br />
nicht leicht ist, die Ästhetik mit den Nachbarzähnen in Einklang<br />
zu bringen 10 .<br />
Die Entwicklung der adhäsiven Zahnheilkunde hat es Zahnärzten<br />
jedoch ermöglicht, das eigene Zahnfragment des<br />
Patienten zu verwenden, um den frakturierten Zahn wiederherzustellen.<br />
Dies wird als die konservativste Methode zur<br />
Behandlung von Kronenfrakturen angesehen, die die Wiederherstellung<br />
der ursprünglichen Zahnanatomie ermöglicht<br />
und somit die Funktion und Ästhetik in kurzer Zeit durch<br />
Erhaltung des Zahnge<strong>web</strong>es wiederherstellt.<br />
Das Wiederanbringen von Zahnfragmenten wird gegenüber<br />
Kompositrestauration oder Kronen mit vollständiger Abdeckung<br />
bevorzugt, da es die gesunde Zahnstruktur bewahrt<br />
und ästhetischer ist, wobei die ursprüngliche Anatomie und<br />
Transluzenz erhalten bleibt und die Rate des Inzisalverschleißes<br />
auch jener der natürlichen Zahnstruktur entspricht. »<br />
2b<br />
Okklusale Ansicht – Unkomplizierte Kronenfraktur an<br />
Zahn 21 mit Subluxation<br />
4a<br />
Zahnrettungsbox von Dentosafe<br />
1 3<br />
Traumadokumentationsbogen zur systematischen Befragung und Dokumentation.<br />
(Quelle: DGZMK)<br />
Röntgenologische Untersuchung der Oberkieferfrontzähne:<br />
21 weist eine Schmelz-Dentin-Fraktur auf, ohne<br />
Hinweis auf eine Eröffnung der Pulpa. Das Wurzelwachstum<br />
der Zähne 12-<strong>22</strong> ist noch nicht abgeschlossen, es<br />
liegt kein Anhalt für eine apikale Aufhellung oder eine<br />
Wurzelfraktur vor.<br />
4b<br />
Das Zahnfragment wurde in der Zahnrettungsbox<br />
vom Patienten mitgebracht.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
24<br />
TRAUMATOLOGIE<br />
5 6a<br />
Zahnfragmente, welche in einem Stück vorliegen, sicher repositionierbar<br />
sind, können wiederverwendet werden. Zur leichteren Positionierung<br />
und Wiederbefestigung des Fragments an Zahn 21 wurde dieses mittels<br />
Bonding an einem Microbrush angebracht.<br />
Frontale Ansicht nach der Wiederbefestigung des Zahnfragments 21<br />
In diesem Fall hatte das Kind „Glück im Unglück“:<br />
1. keine schwerwiegenden Begleiterscheinungen wie ein<br />
Schädel-Hirn-Trauma<br />
2. Das kleine Zahnfragment wurde gefunden.<br />
3. In der Schule lag eine Zahnrettungsbox vor.<br />
4. Das Schulpersonal hat daran gedacht, das Zahnfragment in<br />
die Zahnrettungsbox zu legen (Abb. 4a und b).<br />
5. Eine zeitnahe Vorstellung nach dem Unfall ist erfolgt (circa<br />
1 Stunde nach dem Unfall).<br />
So wurde die Chance bewahrt, zeitnah eine Untersuchung<br />
durchzuführen und eine Diagnose zu stellen. Das Fragment<br />
konnte mittels Adhäsivtechnik wieder angeklebt werden und<br />
die Dentinwunde zugleich einfach und zügig versorgt werden<br />
(Abb. 5, 6a und b). Das Kind und die Mutter wurden über die<br />
Prognose und weitere häusliche Maßnahmen aufgeklärt. Dazu<br />
gehören weiche Kost für die nächsten Tage, eine angemessene<br />
häusliche Reinigung des Zahns und die Wichtigkeit eines regelmäßigen<br />
Recalls zur speziellen Beobachtung der verunfallten<br />
Zähne.<br />
Diskussion<br />
Frontzahntraumata sind häufig und können jedem von uns<br />
passieren. Patienten mit dentalen Traumata kommen in der<br />
Regel unangemeldet in die Praxis. Deshalb ist es wichtig,<br />
vorbereitet zu sein, um eine hohe Versorgungsqualität zu<br />
gewährleisten. Dazu ist eine klare interne Absprache zum<br />
Arbeitsablauf und zur Verteilung der Verantwortlichkeiten<br />
zwischen Praxispersonal und Zahnarzt sehr wichtig, da das<br />
Praxispersonal an der Rezeption entweder telefonisch oder<br />
vor Ort oftmals zuerst einschätzen muss, wie schnell untersucht<br />
und behandelt werden sollte.<br />
Studien zeigen leider, dass es nur einen geringen Kenntnisstand<br />
in Bezug auf den Umgang mit einem Zahntrauma auf<br />
Gemeinde-, Einzel- und Zahnärzteebene zu geben scheint 11 .<br />
Dieser Mangel an Wissen kann viele Konsequenzen für die Diagnosestellung,<br />
Initialbehandlung, Behandlungsprognose, Kosten<br />
und Spätfolgen traumatischer Zahnverletzungen haben.<br />
Eine systematische klinische Inspektion (extra- und intraoral)<br />
gilt als Ausgangspunkt jeder Traumadiagnostik. Dies umfasst<br />
unter anderem Positionsveränderungen, Lockerungen der<br />
Zähne und eine Vitalitätsüberprüfung – die bei Kindern aber<br />
mit Vorsicht interpretiert werden sollte: aufgrund 1.) potenzieller<br />
Angst- oder Schmerzreaktion des Kindes 2.) Reaktion<br />
des angrenzenden Weichge<strong>web</strong>es 3.) der Möglichkeit<br />
falsch positiver Ergebnisse 12 . Darum sollte bei Kindern immer<br />
zugleich ein Vergleichszahn getestet werden und zusätzlich<br />
auch ein Negativtest mit einem nicht-kalten Wattepellet<br />
durchgeführt werden. Alternativ ist beispielsweise auch eine<br />
elektrische Pulpadiagnostik möglich 13 , jedoch treten hier bei<br />
Zähnen mit offenem Apex mit unter Fehlmessungen auf, weil<br />
der Raschkow-Plexus erst am Ende der Wurzelbildung vollständig<br />
ausgebildet ist 14 .<br />
Wichtig ist es auch, zum Beispiel bei einer Kronenfraktur<br />
eines Frontzahnes im Oberkiefer ebenfalls die möglicherweise<br />
betroffenen Nachbarzähne zu untersuchen, sowie die Unterkieferfrontzähne.<br />
Nicht selten würden sonst weitere Zahnverletzungen<br />
übersehen.<br />
Neben der klinischen Einschätzung ist meistens auch eine<br />
röntgenologische Untersuchung unabdingbar 15 . Je nach klinischem<br />
Befund reicht gegebenenfalls eine Einzelzahnaufnahme<br />
(inklusive Nachbarzähnen, Abb. 3) aus oder es sind<br />
weitere Röntgenuntersuchungen, wie zum Beispiel ein OPG,<br />
das insbesondere bei Verdacht auf UK-Frakturen hilfreich ist,<br />
oder eine Aufbissaufnahme, die bei verlagerten Frontzähnen<br />
eine zweite Ebene liefern, nötig.<br />
Eine passende diagnosebasierte Initialtherapie im permanenten<br />
Gebiss ist sehr wichtig für die Prognose. Die prinzipielle<br />
Regel lautet: „Die Biologie der Verletzungen beachten“. Eine<br />
Verletzung der Zahnhartsubstanz wie in diesem Fall eine<br />
unkomplizierte Kronenfraktur tritt nicht isoliert auf, denn das<br />
Parodont und auch die Pulpa sind dabei eigentlich immer mit<br />
betroffen.<br />
In diesem Fall waren jedoch viele Begleitumstände günstig:<br />
von der Ausstattung der Schule mit den Zahnrettungsboxen,<br />
von der kurzen Zeit bis zur Vorstellung und auch der Nähe zu<br />
einem spezialisierten Behandlungszentrum. Wäre nach dem<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
TRAUMATOLOGIE<br />
25<br />
einen BU-Unfall (Unfall in der Schule) und alle traumabezogenen<br />
Leistungen werden nicht über die Krankenversicherung,<br />
sondern über die Gemeindeunfallversicherung beziehungsweise<br />
Berufsgenossenschaft abgerechnet. Dies ist meist vorteilhaft<br />
für den Patienten, da dann auch potenzielle für die<br />
Zukunft nicht absehbare Folgebehandlungen wie Kronen und<br />
Implantate indikationsgerecht übernommen werden.<br />
6b<br />
Okklusale Ansicht nach der Wiederbefestigung des Zahnfragments 21<br />
Zahnunfall keine Zahnrettungsbox vorhanden, kommen hilfsweise<br />
auch andere Aufbewahrungsmöglichkeiten infrage, wie<br />
zum Beispiel in Milch oder in der Mundhöhle. Sie können aber<br />
das Trocknen beziehungsweise Absterben der Zellen nicht<br />
verhindern, dafür sollten sie so schnell wie möglich mit einer<br />
Zahnrettungsbox ersetzt werden. Die DGZMK empfiehlt, die<br />
Zahnrettungsbox in jeder Schule und jedes Sportvereins einzugliedern.<br />
Auch für Sportler im Haushalt ist es sinnvoll, eine<br />
Zahnrettungsbox zuhaben.<br />
Verschiedene Therapiemöglichkeiten für Schmelz-Dentin-<br />
Frakturen existieren, wobei die erste und konservativste<br />
Möglichkeit die Wiederbefestigung des Fragmentes ist. Zahnfragmente,<br />
welche in einem Stück vorliegen, sicher repositionierbar<br />
sind, über eine ausgedehnte Adhäsionsfläche und<br />
einen günstigen Frakturverlauf verfügen, können wiederverwendet<br />
werden. Durch lange trockene Lagerung verfärbte<br />
Bruchstücke können vorab über 24 Stunden in Wasser oder<br />
Kochsalzlösung rehydrieren 16 .<br />
Eine Alternative, falls das Zahnfragment verloren wurde, ist<br />
die direkte Restauration mit Komposit gegebenenfalls sogar<br />
mithilfe einer Strip-Krone. Bei größeren Defekten ist als langfristige<br />
Versorgung eine indirekte Restauration beispielweise<br />
mittels Veneer oder Krone möglich.<br />
Die Prognose für das Überleben der Pulpa nach einer Schmelz-<br />
Dentin-Fraktur ist bei entsprechender Versorgung in der Regel<br />
gut. Mit einer Pulpanekrose muss in höchstens 6 Prozent der<br />
Fälle gerechnet werden 17 . Komplikationen wie Kanalobliterationen<br />
und externe Wurzelresorptionen kommen selten vor<br />
(< 1 Prozent). Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Folgen<br />
(nicht diagnostizierter) Konkussionen oder Lockerungen. Eine<br />
Dislokation des Zahnes gleichzeitig mit einer Luxationsverletzung<br />
erhöht das Risiko einer späteren Pulpanekrose 18 .<br />
Ort und Ablauf des Unfalls sind abrechnungs- und versicherungstechnisch<br />
relevant und deshalb auch zu dokumentieren.<br />
Daher sollte im Traumadokumentationsbogen erfasst werden,<br />
ob sich der Unfall in der Freizeit beziehungsweise zu Hause<br />
oder im Kindergarten/Schule,/Arbeitsplatz beziehungsweise<br />
dem Weg dahin ereignet hat. In diesem Fall handelt es sich um<br />
Fazit<br />
Ein Zahntrauma stellt eine Herausforderung für jede Zahnarztpraxis<br />
dar, da bei diesen oft unangemeldeten Besuchen<br />
nicht nur der Kenntnisstand des Zahnarztes und des Teams<br />
für die Diagnosestellung und Therapie entscheidend ist, sondern<br />
auch die Rahmenbedingungen im Allgemeinen einen<br />
wichtigen Einfluss auf die Prognose der Zähne haben können.<br />
Gerade das Management gewöhnlicher „einfacher“<br />
Frontzahntraumata (zum Beispiel Schmelz-Dentin-Fraktur mit<br />
begleitender Konkussion oder Subluxation), wie in diesem<br />
Beitrag dargestellt, sind daher zugleich natürlich besonders<br />
wichtig.<br />
Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden.<br />
Dr. Julian Schmoeckel<br />
Zahnarzt<br />
Oberarzt der Abteilung für Präventive<br />
Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde<br />
Universitätsmedizin Greifswald<br />
—<br />
Walther-Rathenau-Straße 42<br />
17475 Greifswald<br />
Tel: +49 3834 86 71 36<br />
E-Mail: julian.schmoeckel@uni-greifswald.de<br />
Mohamed A. Baider<br />
Zahnarzt<br />
Abteilung für Präventive<br />
Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde<br />
Universitätsmedizin Greifswald<br />
Prof. Dr. Christian H. Splieth<br />
Zahnarzt<br />
Leiter der Abteilung für Präventive<br />
Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde<br />
Universitätsmedizin Greifswald<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
26 ÄSTHETISCHE ZAHNHEILKUNDE<br />
© kues - de.freepik.com<br />
9<br />
Tabak als Spielverderber: kein<br />
Hollywoodlächeln für Raucher?<br />
Strahlend weiße Zähne, am besten gesäumt von gesundem, rosafarbenen Zahnfleisch, – das wünschen<br />
sich vermutlich die meisten Menschen. Zahnersatz, weiße Füllungen und Kronen sollen nicht nur die<br />
Kaufunktion wieder herstellen, sondern insbesondere auch das ästhetische Erscheinungsbild. Bei<br />
Rauchern gibt es hier jedoch einige Faktoren zu berücksichtigen. Zudem kann der Wunsch, mit dem<br />
sanierten Gebiss endlich das ersehnte Hollywoodlächeln zu bekommen, zum Rauchstopp motivieren.<br />
Text Dr. rer. nat. Dinah Murad, Dr. med. dent. Elisabeth Winter<br />
Fortschreitende Veränderungen<br />
des Parodonts<br />
Die zahlreichen Inhaltsstoffe des Rauches können zur Parodontitis<br />
und Periimplantitis führen und damit Zahnverlust<br />
zur Folge haben. Implantate, die den Unterbau für einen zu<br />
ersetzenden Zahn bilden, gehen bei Rauchern deutlich leichter<br />
verloren. Aber auch wenn auf Implantate verzichtet wird,<br />
können sich die Verhältnisse im Mund durch das Rauchen<br />
weiterhin verändern. Fortschreitende Gingivarezessionen<br />
können Haltezähne im Restgebiss und damit die Stabilität<br />
der Teilprothese und deren Passgenauigkeit beeinträchtigen.<br />
Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein zurückweichendes<br />
Zahnfleisch Kronen und Verblendungen nicht mehr ausreichend<br />
umsäumt und im Extremfall Zahnhälse oder die unter<br />
dem Zahnersatz liegenden Konstruktionen sichtbar werden.<br />
Die entstehenden Cavitäten bieten Nischen für Bakterien und<br />
Ablagerungen. Halitosis und weitere Entzündungen der Gingiva<br />
können die Folge sein.<br />
Farbveränderungen berücksichtigen<br />
Im Laufe des Lebens erscheinen Zähne nicht nur bei Rauchern<br />
immer dunkler und gelblicher. Die Dicke des Zahnschmelzes<br />
nimmt ab, das gelbliche Dentin scheint leicht durch. Verfärbungen<br />
aus den unterschiedlichsten Lebens- und Genussmitteln<br />
dringen in die Zahnoberfläche ein und lassen sich auch<br />
durch eine perfekte Zahnpflege kaum vermeiden.<br />
Raucherinnen und Raucher sind<br />
jedoch besonders betroffen<br />
Das Nikotin selbst, aber vor allem die zahlreichen Substanzen<br />
aus dem Kondensat des Tabakrauchs, verfärben die Zahnoberflächen<br />
besonders stark. Diese interkalieren in Plaque und<br />
Pellicle. Den rauchenden Patienten sind die Auswirkungen<br />
auf die Ästhetik durchaus bewusst. Laut einer Studie aus dem<br />
Jahr 2005 1 gaben Raucher deutlich häufiger als Nichtraucher<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
ÄSTHETISCHE ZAHNHEILKUNDE<br />
27<br />
an, Zahnverfärbungen zu haben. Zudem waren sie mit ihrer<br />
Zahnfarbe deutlich unzufriedener.<br />
Die neuen Zahnkronen sollen dann natürlich umso schöner<br />
sein! Dies erschwert die Farbwahl bei Kronen und Zahnersatz.<br />
Da der neue Zahn zum übrigen Gebiss passen sollte, stehen<br />
hier häufig die Wunschvorstellung der Patienten einerseits<br />
und die professionelle Empfehlung des Behandlers andererseits<br />
im Konflikt. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass auch<br />
die Farben der Zahnersatzmaterialien und Füllungsmateriealien<br />
wie zum Beispiel Komposite sich durch die Ablagerungen<br />
aus dem Tabakrauch verändern, teilweise in anderer Art und<br />
Weise als die verbliebenen eigenen Zähne 2 .<br />
Nebenbei sei bemerkt, dass Tabakrauch auch die Farbe der<br />
Gingiva verändern kann. Bei der Rauchermelanose handelt<br />
es sich um eine verstärkte Pigmentierung oder Verdunkelung<br />
des Ge<strong>web</strong>es. Typischerweise tritt diese Pigmentierung<br />
an der Gingiva der oberen und unteren Frontzähne auf. Das<br />
Ausmaß der Pigmentierung nimmt mit zunehmendem Tabakkonsum<br />
zu und ist bei Frauen häufiger. Sie tritt bei 5 bis<br />
<strong>22</strong> Prozent der Zigaretten- und Pfeifenraucher auf. Es gibt<br />
keine Behandlung für die Rauchermelanose. Allerdings kehrt<br />
das Ge<strong>web</strong>e in der Regel innerhalb von sechs bis 36 Monaten<br />
nach dem Rauchstopp zur normalen Farbe zurück.<br />
Ebenfalls bei Rauchern tritt häufig die schwarze Haarzunge<br />
auf. Diese entsteht bei verstärkten Belägen auf den Zungenpapillen.<br />
Mit dem Tabakkonsum lagern sich die Pigmente aus<br />
dem Rauch in die Beläge der Papillen Pigmente ein, die dann<br />
schwarz erscheinen. Die schwarze Haarzunge ist zwar „symptomfrei“,<br />
kann aber aufgrund des Aussehens und unangenehmen<br />
Mundgeruchs beunruhigend auf die Patienten wirken 3 .<br />
anderen Produkte verfärbten die Zahnoberflächen signifikant<br />
weniger als Zigarettenrauch. Dennoch entstehen auch hierdurch<br />
messbare Diskolorationen 5.<br />
Ob tabakfreie Alternativen gegenüber den E-Zigaretten auf<br />
Tabakbasis weniger Verfärbungen verursachen, ist anzunehmen,<br />
da diese keine braunen Tabakbestandteile enthalten.<br />
Andererseits verursacht auch das Nikotin selbst Verfärbungen.<br />
Untersuchungen hierzu liegen bisher nicht vor. Eine<br />
aktuelle Übersichstarbeit bestätigt zumindest, dass parodontale<br />
Indizes wie Taschentiefe, Plaqueindex und Bleeding on<br />
Probing bei Nichtrauchern und E-Zigarettenverwendern ähnlich<br />
waren, wohingegen die deutlichsten negativen Veränderungen<br />
bei Rauchern zu sehen waren 6 .<br />
Für Raucher, die nach einer Zahnrekonstruktion auf ein Hollywoodlächeln<br />
hoffen, ist dieses grundsätzlich nicht unerreichbar.<br />
Der bessere Behandlungserfolg kann eine große<br />
Motivation bieten, endlich mit dem Rauchen aufzuhören. Der<br />
vollständige Nikotin- beziehungsweise Rauchverzicht ist, wie<br />
bei Parodontitis und Periimplantitis, der Königsweg. Gelingt<br />
dies nicht, könnten rauch- und tabakfreie Produkte zumindest<br />
helfen, möglicherweise die Neubildung von Verfärbungen<br />
der Zähne und Prothesenoberflächen zu kontrollieren.<br />
Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden.<br />
Rauchentwöhnung und Umstieg als Optionen<br />
Der Verzicht auf Tabakprodukte oder zumindest die starke<br />
Reduktion des Rauchens gehört bereits zur Parodontalbehandlung.<br />
Da das Rauchen sowohl auf die Stabilität und<br />
Ästhetik von Kronen und Prothesen Einfluss hat, steigert die<br />
Hoffnung auf ein schönes Lächeln die Motivation zum Verzicht.<br />
Dabei stellt sich die Frage, ob die häufig zur Rauchentwöhnung<br />
verwendeten tabakfreien Nikotinprodukte eine<br />
sinnvolle Option im Sinne des Behandlungserfolgs bieten.<br />
In Bezug auf die Schädigungen des Parodonts kann diese<br />
Frage zumindest teilweise bejaht werden, da die Eliminierung<br />
der Verbrennungsprodukte eine deutliche Reduzierung der<br />
Noxen bedeutet.<br />
Bisher beschäftigen sich nur wenige Studien mit den ästhetischen<br />
Auswirkungen von rauchfreien Produkten auf Zähne<br />
und Zahnersatzmaterialien. Immerhin konnten in vitro-<br />
Studien zeigen, dass die Emissionen von Verdampfern oder<br />
Erhitzern deutlich weniger Diskolorierungen auf Dentin und<br />
Schmelz, aber eben auch auf Materialien wie etwa Komposite<br />
verursachen als Zigarettenrauch 4 . Die E-Zigaretten und<br />
Dr. rer. nat. Dinah Murad<br />
Chemikerin & Mikrobiologin<br />
—<br />
med2market<br />
scientific marketing consulting<br />
Milanweg 1 · 72076 Tübingen<br />
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Dr. med. dent. Elisabeth Winter<br />
Zahnärztin<br />
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E-Mail: lisakinom@gmail.com<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
28 VITAMIN D<br />
© Racool_Studio / freepik<br />
Vitamin D – Zusammenfassung:<br />
Hintergrund, Anwendung und<br />
Ergebnis in der täglichen Praxis<br />
In diesem letzten Teil unserer Vitamin D-Reihe, der auf den Teilen 1 bis 8 aus den Dental Barometerausgaben<br />
3/2020 bis 3/20<strong>22</strong> aufbaut, gibt Dr. med. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie einen <strong>Gesamt</strong>überblick<br />
für den Einsatz in der täglichen Praxis und beschließt die Reihe mit einem Patientenbeispiel.<br />
Text / Grafiken Dr. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie<br />
Vitamin D ist lebenswichtig, ein Hormon, ein Nährstoff, ein<br />
biologisches Prinzip, ein elementarer Faktor, eine Grundbedingung<br />
des Lebens und Voraussetzung für einen ausgeglichenen<br />
Knochen- und Kalziumstoffwechsel. 4 Neben seinen<br />
unzähligen Aufgaben erhöht es die Kalziumaufnahme aus<br />
dem Dünndarm. 8 Gemeinsam mit Paratathormon reguliert<br />
Vitamin D den Knochenab- und aufbau und setzt so Kalzium<br />
frei oder bindet es wieder im Knochen. Vitamin D ist für den<br />
Knochenaufbau, Kalziumeinlagerung und Parathormon für<br />
den Knochenabbau und Kalziumfreisetzung notwendig. Die<br />
Schlüsselstellung in diesen Prozessen hat Magnesium. 5<br />
Kalzium ist wasserlöslich und die Resorption durch die fettige<br />
Darmschleimhaut gestaltet sich schwierig. 6 Vitamin D ist ein<br />
fettlösliches Vitamin. Kalzium bindet sich an dieses Vitamin,<br />
wenn es im Darmkanal vorhanden ist. Vitamin D übernimmt<br />
den Transport des wasserlöslichen Kalziums durch die fettige<br />
Darmschleimhaut und erhöht damit die Resorptionsrate. 3<br />
Je nachdem, wieviel Kalzium und Vitamin D gleichzeitig vorhanden<br />
sind, ist die Resorptionsrate entsprechend hoch. Auf<br />
diesen Überlegungen basieren die Empfehlungen Vitamin D<br />
mit Kalzium zusammen zu applizieren. 1 Große Studien haben<br />
gezeigt, dass das Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu<br />
versterben dadurch extrem ansteigt. Nachdem das Kalzium<br />
resorbiert ist und sich in der Blutbahn befindet, trennt sich<br />
Vitamin D davon. Aber Kalzium hat keine Flossen und kann<br />
nicht schwimmen. Es bleibt an den Orten, wo es sich befindet<br />
oder mit dem Blut hin transportiert wird liegen und führt dort<br />
zu Verkalkungen und Versteifungen. 7<br />
Vitamin D hat ganz viele Aufgaben. Alle Zellen saugen es<br />
förmlich auf und verbrauchen es. Erst ab einem vorhandenen<br />
Überschuss und einem vorhandenen gleichmäßigen Spiegel<br />
von 60 ng/ml Blut, wird durch Vitamin D die Bildung zweier<br />
Proteine induziert, das Matrix-Gla-Protein und das Bone-Matrix-Protein.<br />
Diese beiden Proteine sind zunächst inaktiv und<br />
werden erst durch Vitamin K2 aktiviert. Das aktivierte Matrix-<br />
Gla-Protein sammelt das Kalzium aus den Arterien und allen<br />
Weichge<strong>web</strong>en wieder ein und transportiert dies zum Knochen.<br />
Das Bone-Matrix-Protein übernimmt das Kalzium und<br />
transportiert es an die Stelle des Knocheneinbaus.<br />
Und genau in diesem Zusammenhang liegt die Ursache,<br />
warum generell in der Vitamin D Applikation auf die Bremse<br />
getreten und vor hohen Applikationen abgeraten wird.<br />
Damit Vitamin D seine volle Wirkung entfalten kann bedarf<br />
es einen gleichmäßig hohen Spiegel von 80 bis 100 ng/ml<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
VITAMIN D<br />
29<br />
und Vitamin D braucht seine Mitstreiter zum Beispiel Vitamin<br />
K2 und Magnesium.<br />
Die Schlüsselstellung für diese Abläufe hat Magnesium. Es ist<br />
erforderlich, damit das passive in das aktive Vitamin D umgewandelt<br />
werden kann. Das aktive Vitamin D sorgt für eine<br />
verbesserte Kalziumaufnahme aus dem Dünndarm. Magnesium<br />
und aktives Vitamin D sind erforderlich, damit die<br />
beiden kalziumtransportierenden Proteine MGP und BMP<br />
gebildet werden können, die dann durch Vitamin K2 aktiviert<br />
werden. Magnesium ist für den Einbau im Knochen erforderlich.<br />
Kalzium macht Ge<strong>web</strong>e und Knochen super hart, fest,<br />
stabil, aber auch unelastisch und bruchanfällig. Magnesium<br />
bringt die Flexibilität, Geschmeidigkeit und Elastizität in das<br />
Ge<strong>web</strong>e. Auch die Schilddrüse und Nebenschilddrüsen benötigen<br />
für ihre Hormonherstellung zum Beispiel Parathormon<br />
und Magnesium. 2<br />
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Hausbau in Auftrag gegeben.<br />
Komplett mit allem, einschließlich Alarm und Sicherheitsfunktionen.<br />
Dann ist Magnesium nur der Schlüssel, um das<br />
Haus zu öffnen. Alles ist da, alles würde funktionieren, aber<br />
ohne Schlüssel kommen Sie nicht hinein und können nichts<br />
anschalten. Im ganzen Körper eines Erwachsenen befinden<br />
sich 25 g, das sind 2 Kaffeelöffel voll Magnesium. Es aktiviert<br />
über 300 Enzyme und ist in fast allen Prozessen involviert. Es<br />
kann nicht gespeichert, muss täglich neu aufgenommen werden<br />
und dies ist reichlich kompliziert.<br />
„So wichtig Vitamin D und die<br />
gesamten Mikronährstoffe auch sind,<br />
entscheidend ist der Bedarf!“<br />
Stellen Sie sich einen 80ig-Jährigen vor, der schon 20 Jahre<br />
im Rollstuhl sitzt und Sie bitten ihn er solle Liegestütze<br />
machen. Nichts wird passieren! Es ist jetzt auch völlig egal, ob<br />
er Vitamine, Mineralien, Eiweiß Spurenelemente einnimmt,<br />
so wird er keine Liegestütze schaffen. Er muss anfangen<br />
zu trainieren, das ist das Entscheidende. Dann wird er auch<br />
irgendwann einen Liegestütz schaffen. Sobald er erst den<br />
ersten geschafft hat, werden weitere möglich sein. Parallel die<br />
richtigen Mikronährstoffe, dann lässt sich der Muskel umso<br />
wirksamer trainieren. Der Bedarf, die Bewegung, das Training<br />
ist das Entscheidende nicht die Mikronährstoffe. Aber Training<br />
ohne die richtigen Mikronährstoffe wird auf Dauer auch nicht<br />
funktionieren.<br />
Wenn Sie Knochen in der Erde vergraben, wird er dort ewig<br />
liegen bleiben. Es gibt keine Mikroorganismen, die Knochen<br />
abbauen. Das ist der große Denkfehler in der Parodontologie.<br />
Alle Therapievarianten lassen sich auf Entzündungsreduktion<br />
reduzieren. Aber Entzündungen werden ausgelöst durch Mikroorganismen<br />
und diese bauen keinen Knochen ab. Es sind<br />
also unterschiedliche Prozesse, Entzündung und Knochenabbau<br />
mit unterschiedlichen Ursachen und unterschiedlichen<br />
Therapien.<br />
Die lokale PA-Therapie an Zähnen (Dental Barometer 1/<strong>22</strong>)<br />
und die lokale Periimplantitistherapie (Dental Barometer<br />
2/20<strong>22</strong>) beschreiben dies. Die PA- und Periimplantitistherapie<br />
gehören in die Schublade, - was muss ich als Arzt tun damit<br />
der kranke Patient krank alt wird, welches Medikament, Hilfsmittel,<br />
Therapie, welche OP. Es wird nicht die Ursache zu dieser<br />
Erkrankung beseitigt, sondern es werden die Symptome<br />
therapiert. Folglich wird der Patient immer wieder Sorgen<br />
haben und unsere ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wir<br />
empfehlen unseren Patienten ein ¼ jährliches Recall.<br />
Die Zähne/Implantate werden locker, weil der Knochenstoffwechsel<br />
negativ ist. Es wird mehr Knochen abgebaut als aufgebaut.<br />
Es handelt sich um körpereigene immunologische<br />
Prozesse, die viele Ursachen haben können. In der Regel ist es<br />
einfach ein untrainierter, fauler, nicht angekurbelter Knochenstoffwechsel,<br />
der Alterungsprozess.<br />
Es ist nicht so, dass die Osteoklasten immer aktiver werden,<br />
sondern in der Regel lässt die Funktion der Osteoblasten nach.<br />
Das Ge<strong>web</strong>e wird nicht immer schneller abgebaut, sondern<br />
der Aufbau schwächelt. Es ist nur das Symptom, das wir<br />
bewerten zu viel Knochenabbau, aber real schwächelt der<br />
Knochenaufbau. In der vorher erwähnten lokalen Therapie<br />
des Knochenstoffwechsels wird durch lokale Kollagenase-<br />
Hemmung der Knochenabbau soweit runtergebremst, dass er<br />
wieder im Gleichgewicht zu den viel zu inaktiven Knochenaufbau<br />
kommt. Jetzt ist Knochenaufbau wieder gleich Knochenabbau<br />
und der Knochenstoffwechsel ist ausgeglichen,<br />
aber alles auf sehr niedrigem Niveau.<br />
Viel schöner würde es funktionieren, den Knochenabbau so<br />
aktiv zu lassen, wie er individuell ist und den Knochenaufbau<br />
wieder anzukurbeln. Anatomie und Funktion passen sich an.<br />
Ein Muskel, der belastet wird, wird größer und stärker. Auch<br />
Knochen, der belastet wird, reagiert so (Dental Barometer<br />
1/2020 Basiswissen Knochenstoffwechsel).<br />
Es gibt nur einen Knochenstoffwechsel, nicht einen für die<br />
Wirbelsäule, einen für die Knie, einen für das Parodontium,<br />
usw., nein nur Einen. Parodontitis ist somit nur die zahnärztliche<br />
Bezeichnung eines insgesamt negativen Knochenstoffwechsels.<br />
Folglich macht es auch für uns Zahnärzte Sinn,<br />
generell den Knochenstoffwechsel anzukurbeln und somit<br />
indirekt das Parodontium auszuheilen.<br />
Knochen hat nicht nur Halte- und Stützfunktionen, sondern<br />
übernimmt auch einen wichtigen Part in der Versorgung der<br />
Gelenke, Sehnen und Kapseln, die keinen eigenen Stoffwechsel<br />
haben und nur über Diffusion und Penetration aus<br />
den umgebenden Ge<strong>web</strong>en ernährt werden. Jede Zelle des<br />
Blutsystems, Immunsystems, selbst Tumorkillerzellen kommen<br />
aus dem Knochen. Ein funktionierender Knochenstoffwechsel<br />
verhindert Parodontitis, Herz-Kreislauferkrankungen, Herzinfarkt,<br />
Schlaganfall, Arteriosklerose, Nierensteine, Gallensteine,<br />
Demenz, Diabetes und vieles mehr. Der nicht funktionierende<br />
Knochenstoffwechsel und das selbst verschuldete Kalzium-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
30 VITAMIN D<br />
paradoxon, zu viel Kalzium, wo es nicht hingehört (Arterien,<br />
Weichge<strong>web</strong>e) und zu wenig Kalzium, wo es benötigt wird<br />
(Zähne, Knochen), ist hier die wesentliche Ursache. (Dental<br />
Barometer Vitamin D Serie Teil 5.3, 4/21; Teil 7 1/<strong>22</strong>). Aus diesem<br />
gesamten Zusammenhang ist vor PA-Therapie eine entsprechende<br />
Diagnostik erforderlich, die alle zwei Jahre wiederholt<br />
werden sollte und neben der klinischen Untersuchung<br />
den aMMP8-Test, Vitamin D3 Test und die digitale Taschenmessung<br />
beinhaltet. Leider ist die neu aufgestellte PAR-Richtlinie<br />
ein völliges Hindernis. Es wird ein Zeitfenster von circa 4<br />
Wochen vorgegeben. In dieser Zeit lassen sich nur Entzündungen,<br />
aber nicht der Knochenstoffwechsel therapieren. Es<br />
wurde außer Acht gelassen, dass eine Parodontitis immer die<br />
Kombination Entzündung und Knochenabbau bedeutet. Es ist<br />
völlig sinnlos nur die Entzündungen zu therapieren!<br />
Seit über 100 Jahren weiß man: Das Milieu bestimmt die<br />
Keime und nicht umgekehrt. Verändere ich durch die Entzündungsreduktion<br />
nur die Qualität und Quantität der Mikroorganismen<br />
belasse aber das Milieu, wird sich die vorherige zum<br />
Milieu passende Mikroflora wieder einstellen. Nur durch die<br />
Therapie von Entzündung und Knochenstoffwechsel erreiche<br />
ich einen permanenten Erfolg. Wenn es nun noch gelingt,<br />
den Patienten zu einem ausgeglichenen Knochenstoffwechsel<br />
zu motivieren, werden sich viele Probleme für den Patienten<br />
von allein lösen und dass nicht nur am Parodontium. Mit der<br />
direkten lokalen Therapie des Knochenstoffwechsels werden<br />
die Osteoklasten inaktiviert und die Osteoblasten aktiviert.<br />
Die Knochentaschen schließen sich und die Knochenqualität<br />
wird besser. Durch die kleiner werdenden Zahnfleischtaschen<br />
verändert sich das Milieu von anaerob zu aerob. Und somit<br />
verändern sich auch die Mikroorganismen.<br />
In der ersten Sitzung erfolgt die gemeinsame Auswertung<br />
der Daten und ein Beratungsgespräch zur lokalen und systemischen<br />
Therapie des Knochenstoffwechsels. Die Patientin<br />
hat ein generelles Problem mit ihrem Knochenstoffwechsel<br />
und dieses liegt nicht in der Mund und Zahnpflege. Es werden<br />
in einem einstündigen Beratungsgespräch die Ursachen<br />
erklärt und sie erhält einen „Fahrplan“, der aufzeigt, was<br />
sie genau in Ihrem Leben ändern sollte, einschließlich einem<br />
Ernährungsplan für die erforderlichen Mikronährstoffe mit<br />
Dosisanleitung, Einnahmezeitpunkt und Bezugsquellen.<br />
Anfangsdiagnostik<br />
• Vitamin D3: 13 ng/ml<br />
• aMMP8: 112,98 ng/ml<br />
• Ø Taschentiefe: 7,13<br />
• tiefste Tasche: 10 mm<br />
• 26 Zähne tiefer als 5 mm<br />
Unterstützt wird diese mikrobielle Umgestaltung durch die<br />
Anwendung von effektiven Mikroorganismen. Die Entzündungsreduktion<br />
sollte nicht durch Keimtötung, Antiseptika,<br />
Antibiotika usw. erfolgen, da dies zusätzlich die Immunabwehr<br />
zur Kadaverbeseitigung aktiviert und dadurch der Ge<strong>web</strong>eabbau<br />
aktiviert wird. Ziel ist es aber, Ge<strong>web</strong>e aufzubauen! Aus<br />
diesem Grunde erfolgt die Therapie der parodontalen Entzündung<br />
nicht durch Verringerung der Anzahl der Mikroorganismen,<br />
sondern durch Umgestaltung in der Zusammensetzung<br />
der Mikroorganismen.<br />
Patientenbeispiel<br />
Eine 35 Jahre alte Frau hat 2 Kinder, 6 und 4 Jahre. Sie geht<br />
regelmäßig seit über 10 Jahren halbjährlich zur Professionellen<br />
Zahnreinigung in Ihre Praxis. Die Zahnpflege ist optimal,<br />
keine Karies aber die Zahnfleischtaschen werden ständig tiefer.<br />
Indessen besteht eine ausgeprägte generelle Zahnlockerung.<br />
Sie hat keine akuten Entzündungen, raucht circa 20<br />
Zigaretten/Tag, nimmt orale Kontrazeptiva und gelegentlich<br />
Schmerzmittel ASS, Ibu. Die Praxis überweist uns die Patientin.<br />
Es erfolgt die Anfangsdiagnostik mit aMMP8, Vitamin D3<br />
Testung, digitaler Taschenmessung.<br />
Abschluss Diagnostik nach 10<br />
Monaten Therapiezeit<br />
Im Durchschnitt rechnen wir mit 3 bis 4 mm Taschenreduktion<br />
in den ersten 10 Monaten und dann mit 2 mm für jedes<br />
nachfolgende Jahr.<br />
Dass diese Patientin so gut auf die Therapie angesprochen<br />
hat, liegt an der extrem guten Mitarbeit für ihren systemischen<br />
Knochenstoffwechsel, der zusätzlichen Osteoblasten-<br />
Aktivierung und ihrem Alter. Der Kollagenase-Hemmer blockiert<br />
die Osteoklasten, egal wodurch diese aktiviert wurden.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
VITAMIN D<br />
31<br />
Die Patientin ist in den 10 Monaten der Therapie jeden<br />
Monat zur professionellen Zahnreinigung mit nachfolgender<br />
subgingivaler Therapie und Therapie zur Kollagenase-<br />
Hemmung in die Praxis gekommen. Sie raucht nach wie vor,<br />
hat ihr Leben umgestellt (Laufen, Atmen, Trinken Säure und<br />
Base, EM + Mikronährstoffe für Knochenstoffwechsel).<br />
Abschlussdiagnostik<br />
• Vitamin D3: 92 ng/ml<br />
• aMMP8: Bellow 10 ng/ml<br />
• Ø Taschentiefe: 3,09<br />
• tiefste Tasche: 5 mm<br />
• 5 Zähne mit 5 mm<br />
Ist der aMMP8 höher als 20, Vitamin D3 tiefer als 40 ng/ml<br />
oder noch einzelne Taschen tiefer als 4 mm geht der Patient<br />
in ein 2-monatiges Recall sonst in ein 3-monatiges. Das Recall<br />
Intervall wird alle 2 Jahre neu festgesetzt.<br />
Weitere Informationen unter www.moebius-dental.de oder<br />
bei Fortbildungen, zum Beispiel bei der Landeszahnärztekammer<br />
Sachsen (Kontakt: anders@lzk-sachsen.de) oder Zahnärztekammer<br />
Sachsen-Anhalt (Kontakt: wiedmann@zahnaerztekammer-sah.de)<br />
Dr. Ronald Möbius<br />
Fachzahnarzt, M.Sc. Parodontologie<br />
—<br />
Bergstraße 1c · 19412 Brüel<br />
Fax: +49 38483 31 539<br />
E-Mail: info@moebius-dental.de<br />
www.moebius-dental.de<br />
Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden.<br />
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32 RAUCHENTWÖHNUNG IN DER ZAHNARZTPRAXIS<br />
Patientenorientiertes Präventionskonzept zur<br />
Rauchentwöhnung in der Zahnarztpraxis<br />
Endlich rauchfrei: Das Thema Rauchentwöhnung ist ein sensibles Thema im Umgang mit dem Patienten. Die<br />
seit Juli 2021 geltende neue PAR-Richtlinie bietet jedoch einen guten Einstieg. Im folgenden Artikel beschreibt<br />
Dentalhygienikerin Annette Brockmann aus der Praxis Dr. Uwe Runge ihr patientenorientiertes Präventionskonzept.<br />
Text Annette Brockmann<br />
Bereits bei der Aufnahme des PAR-Status Blatt 1 sprechen wir den Patienten<br />
mit der Frage nach dem Rauchkonsum an. Hier bietet sich ein guter<br />
Ansatzpunkt, um die Zusammenhänge zwischen Rauchverhalten und<br />
Parodontitis kurz anzusprechen. Der Patient ist damit im Thema. Spätestens<br />
im Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG) wird dem Patienten,<br />
der mehr als 10 Zigaretten pro Tag als Konsum angegeben hat, mit der<br />
Einteilung beim Grading klar, dass Rauchen die parodontale Gesundheit<br />
nachhaltig beeinflusst.<br />
Die Erläuterung über den nicht objektiven BOP gerade beim<br />
starken Raucher, der eine fortgeschrittene Parodontitis hat,<br />
bietet neue Wege, um den Patienten für das Thema Rauchentwöhnung<br />
& Rauchstop zu sensibilisieren. Sind bereits Melanosen<br />
und/oder Leukoplakien in der Mundhöhle vorhanden,<br />
öffnen sich auch hier neue Wege zur Patientenaufklärung. Eine<br />
sorgfältige Inspektion der gesamten Mundhöhle auch im Hinblick<br />
auf Prävention von Mundhöhlenkarzinom ist unumgänglich.<br />
Für jede ZMP oder DH sollte die Schleimhaut- und Zungendiagnostik<br />
immer Bestandteil jeder Sitzung sein.<br />
Auch bei rauchenden Patienten, die aufgrund der Zahnstruktur<br />
wegen starken extrinsischen Verfärbungen häufig zur PZR<br />
kommen, bieten sich gute Ansatzpunkte, um Rauchstop zu<br />
thematisieren. Hier ist jedoch ein besonders sensibler Ansatz<br />
notwendig, denn nicht jeder möchte mit dem Rauchen aufhören.<br />
Für viele Raucher bedeutet es ein Stück Lebensqualität<br />
- sie rauchen gerne. Diskutiert wird momentan die THR<br />
Tobacco Harm Reduction in der Zahnmedizin. Verstanden<br />
wird es als Strategie zur Verringerung von Gesundheitsrisiken<br />
in Verbindung mit Tabakprodukten. Damit soll Patienten,<br />
denen der vollkommene Verzicht auf Nikotin nicht realisierbar<br />
erscheint, der stufenweise Ausstieg ermöglicht werden.<br />
Die Produkte<br />
E-Zigaretten, tabakfreier Nikotinbeutel, Kautabak oder Tabakerhitzer<br />
haben deutlich geringere Schadstoffe, da die Tabakverbrennung<br />
wegfällt. Es gibt eine sehr gute, informative Broschüre<br />
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:<br />
Ja, ich werde rauchfrei. Wir geben diese unseren Patienten,<br />
die sich zum Rauchstop motivieren lassen, an die Hand. Die<br />
Broschüre können Sie kostenfrei auf der folgenden Seite herunterladen:<br />
www.rauchfrei-info.de/informieren. Ferner erläutern<br />
wir die Angebote der Krankenkassen zur Rauchentwöhnung<br />
sowie das große Angebot an alternativen Methoden<br />
zum Rauchentzug: Raucherentwöhnung durch Hypnose &<br />
Akupunktur als sanfter Weg hin zum Leben ohne Zigaretten.<br />
Nikotinersatztherapie: Aufhören<br />
ohne Entzugserscheinungen<br />
Ob sofortiger Rauchstopp oder langsame Entwöhnung - bei<br />
der Nikotinersatztherapie verzichtet man auf Zigaretten. Der<br />
Körper wird aber weiterhin mit Nikotin versorgt. Dadurch gibt<br />
es weniger Entzugserscheinungen und der Verzicht fällt leichter.<br />
Es gibt verschiedene Therapeutika:<br />
Nikotinpflaster: Dieses Pflaster wird auf die Haut geklebt.<br />
Dort gibt es eine stetige Dosis Nikotin über den Tag verteilt<br />
ab. Nach und nach wird die Dosis durch Verwendung geringer<br />
dosierter Nikotinpflaster reduziert.<br />
Nikotinkaugummi: Man greift immer dann zu Nikotinkaugummi,<br />
wenn das Verlangen nach einer Zigarette oder Entzugserscheinungen<br />
verspürt werden. Auch hier sollte die<br />
Menge allmählich reduziert werden.<br />
Nikotinspray: Wird in den Mund gesprüht und lindert akutes<br />
Rauchverlangen.<br />
Nikotin-Inhaler: Ein sogenannter Nikotin-Inhaler ist vor<br />
allem für Raucher geeignet, denen es schwerfällt, ihre Rauchgewohnheiten,<br />
wie das „Hand-zum-Mund-Führen”, aufzugeben.<br />
Zudem entfallen die unzähligen Schadstoffe aus der<br />
Zigarette, da lediglich das verdunstete Nikotin inhaliert wird.<br />
Nikotin Lutschtabletten: Sie setzen schon nach kurzer Zeit<br />
Nikotin frei, das über die Mundschleimhaut aufgenommen wird.<br />
Auch eine Kombination der unterschiedlichen Darreichungsformen<br />
und Produkte ist möglich. Nikotinpflaster als Basis in<br />
Verbindung mit Akuthilfe eignet sich zum Beispiel für starke<br />
Raucher, die mit dem Rauchstop bisher erfolglos waren.<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
RAUCHENTWÖHNUNG IN DER ZAHNARZTPRAXIS<br />
33<br />
Ein Rauchstopp lohnt sich in jedem Fall und die Gesundheit<br />
verbessert sich bereits nach kurzer Zeit. Die neuen PA-Richtlinien<br />
bieten uns Raum für Motivation und Unterstützung zum<br />
Thema Rauchentwöhnung.<br />
Wir dokumentieren die Veränderung der oralen Situation in<br />
allen Phasen durch intraorale Aufnahmen. Wir informieren<br />
über die Vorteile des Rauchstopps. Ich versuche mit guten<br />
Argumenten der American Cancer Society den Patienten zu<br />
erreichen. Oft reichen zwei bis drei, um ihn wenigstens zum<br />
Nachdenken zu motivieren.<br />
Von ZDF heute gibt es eine<br />
anschauliche Doku im Netz,<br />
wie sich der Körper nach<br />
dem Rauchstop erholt.<br />
Scannen Sie zum Anschauen<br />
den QR-Code.<br />
Grafik: © ikatod - freepik.com<br />
… sich schon 8 Stunden<br />
nach der letzten Zigarette<br />
das Kohlenmonoxid in den<br />
Blutbahnen verflüchtigt<br />
und dem Sauerstoff Platz<br />
gemacht hat?<br />
Wussten Sie, dass…<br />
… sich schon 20 Minuten<br />
nach der letzten Zigarette<br />
die Herzfrequenz und die<br />
Körpertemperatur derjenigen<br />
des Nichtrauchers<br />
angleicht?<br />
… sich schon 3 Monate nach<br />
dem Rauchstopp die Blutzirkulation<br />
wieder verbessert<br />
und sich die Lungenkapazität<br />
in dieser Zeit bis zu<br />
30 Prozent erhöhen kann?<br />
… sich schon 3 Tage<br />
nach dem Rauchstopp<br />
die Atmung merklich<br />
verbessert?<br />
… schon 2 Jahre nach dem<br />
Rauchstopp das Herzinfarktrisiko<br />
auf fast normale Werte<br />
absinken kann?<br />
… schon 1 Jahr nach dem<br />
Rauchstopp das Risiko von<br />
Erkrankungen der Herzgefässe<br />
halb so gross wird?<br />
Quelle: American Cancer Society<br />
… sich schon 2 Tage nach<br />
dem Rauchstopp der<br />
Geruch- und Geschmackssinn<br />
verfeinert?<br />
… schon 9 Monate nach dem<br />
Rauchstopp das Ende des<br />
Raucherhustens erwartet<br />
werden kann?<br />
… schon 5 Jahre nach dem<br />
Rauchstopp das Risiko von<br />
Mundhöhlenkrebs auf die<br />
Hälfte reduziert ist?<br />
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist der kosmetische.<br />
Viele Patienten erwägen nach der PZR – wenn auch oft nur<br />
kurz zu diesem Zeitpunkt – mit dem Rauchen aufzuhören oder<br />
es zumindest zu reduzieren. Auch hier kann man ansetzen…<br />
Es gibt viele Wege – Nutzen wir die Chancen, unseren Patienten<br />
durch ausführliche Information diese Wege zu zeigen.<br />
Annette Brockmann<br />
Dentalhygienikerin<br />
—<br />
Praxis Dr. Uwe Runge<br />
Rheinstr. 27 · 64283 Darmstadt<br />
sowie<br />
Praxis Fritsch, Fleischer & Kollegen<br />
Kiesstr. 62 · 64283 Darmstadt<br />
E-Mail: an.brockmann@<strong>web</strong>.de<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
34<br />
KOMMUNIKATION<br />
9<br />
Bildunterschrift<br />
Denkfehler und Scheinargumente Teil 2<br />
Im ersten Teil seiner Artikelreihe zu Denkfehlern und Scheinargumenten in der zahnärztlichen Praxis<br />
beschrieb Dr. Dr. Bert L. Karl „typische“ Denkfehler und gab Tipps, wie man es trainieren kann, dass man<br />
diese vermeidet. Im nun vorliegenden zweiten und letzten Teil beschreibt er „allgemeine“ Denkfehler<br />
und zeigt klassische Scheinargumente, welche Ihnen sicher auch häufiger in der Praxis begegnen.<br />
Text Dr. Dr. Bert L. Karl Grafiken slidesgo - de.freepik.com<br />
2. ALLGEMEINE DENKFEHLER<br />
Grundlegende psychologische Theorien liefern die Erklärung<br />
für zwei ganz allgemeine und umfassende Fehleinschätzungen<br />
bzw. Verzerrungen:<br />
2.1. Attributionsfehler<br />
Attributionstheorien 3 erklären, wie unser Gehirn ständig,<br />
automatisch und unbewusst sowohl dem eigenen wie auch<br />
dem fremden Verhalten Ursachen zuschreibt; es attribuiert:<br />
entweder extern (ursächlich sind äußere Umstände) oder<br />
intern (Ursache liegt im Wesen, in der Persönlichkeit des<br />
Betreffenden). Typischerweise werden für die eigene Person<br />
Missgeschicke extern und Erfolge intern attribuiert, eine<br />
selbstwertdienliche Attributionsverzerrung.<br />
Eine Wurzelbehandlung misslingt – der Zahnarzt denkt unwillkürlich:<br />
na klar, die Mundöffnung war stark eingeschränkt,<br />
die Kanäle extrem gekrümmt, der Patient ungeduldig, die Zeit<br />
nicht ausreichend usw. – Bei einer erfolgreichen Behandlung<br />
klopft er sich hingegen selbst auf die Schulter: Er ist eben<br />
ein Genie, er hat es immer gewusst. Ich gehe mit meinem<br />
Nachbarn die Treppe hinunter, auf den ersten Stufen stolpert<br />
er („Er wird eben langsam alt und tatterig“). Ein paar Stufen<br />
weiter unten stolpere ich selbst („Der Bodenbelag ist kriminell<br />
rutschig“).<br />
Praktische Anwendung: man spiele je nach Bedarf mit interner<br />
und externer Attribution. Der Patient hat kerngesunde<br />
Zähne (also lobe ihn, denn er ist gesundheitsbewusst und hat<br />
toll geputzt) – der Patient hat viele kariöse Zähne (dafür kann<br />
er nichts, die Eltern haben ihn mit Süßwaren gefüttert). – Die<br />
Azubine hat die Prüfung bestanden (sie ist eben ganz toll). Sie<br />
ist leider durchgefallen (es war unverschämt schwer, und die<br />
Lehrer können sie nicht leiden). – Allgemein erhöhen Attributionsfehler<br />
also das Selbstwertgefühl. Auch in Gutachten<br />
habe ich manchmal versucht, ein Hintertürchen für externe<br />
Attribution offenzulassen: Natürlich gab es Hygienedefizite,<br />
aber die Tasche ist im distalen Seitenzahnbereich und<br />
erschwert zugänglich… Wenn jemand ein Problem hat, dann<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
KOMMUNIKATION<br />
35<br />
sollte man ihm nicht unbedingt vermitteln, dass er auch noch<br />
ganz allein selbst schuld daran ist – wenn man gut mit ihm<br />
auskommen will.<br />
2.2. Kognitive Dissonanz<br />
Die Erklärung für unverständliches Verhalten liegt oft in der<br />
„Theorie der kognitiven Dissonanz“ 3 , welche für die Sozialpsychologie<br />
grundlegend ist. Menschen verspüren immer<br />
dann – unbewusst! - kognitive Dissonanz (ein sehr unangenehmes<br />
Gefühl), wenn sie etwas tun, was sie eigentlich nicht<br />
tun sollten. Ich rauche, obwohl ich eigentlich weiß, wie ungesund<br />
das ist. Das Gehirn reduziert nun ganz unbewusst diese<br />
Dissonanz, indem die Kognition verändert wird, in typischer<br />
Weise: durch Umdeuten/Bagatellisieren der dissonanten Kognitionen<br />
– Rauchen ist gar nicht so schlimm, da wird viel übertrieben<br />
und die Gefahr gilt vielleicht für andere (aber nicht<br />
für mich). Durch Hinzufügen konsonanter Kognitionen: Das<br />
Rauchen nützt sogar meiner Gesundheit, weil ich dadurch<br />
entspanne. Durch gezielte Bevorzugung bestätigender Informationen,<br />
siehe „Confirmation Bias“ und/oder durch anekdotische<br />
Evidenz: „Altkanzler Schmidt hat geraucht wie ein<br />
Schlot und ist uralt geworden.“<br />
Solche Kognitionsänderungen wirken oft ausgesprochen<br />
seltsam: Eigentlich ganz vernünftige Menschen geben abenteuerliche<br />
Begründungen für ihre Corona-Impfverweigerung.<br />
Anfangs hatten sie – nachvollziehbar – Vorbehalte gegen die<br />
Impfung. Wenn sie sich jetzt doch impfen lassen, würden sie<br />
implizit zugeben, damals einen Fehler gemacht zu haben –<br />
das bedeutet Dissonanz. So bleiben Menschen sehr gerne bei<br />
ihren Anfangsentscheidungen, auch wenn sich diese zunehmend<br />
als grob fehlerhaft herausstellen. Man denke an Personal-<br />
oder Investitionsentscheidungen in der Zahnarztpraxis,<br />
an Partnerbeziehungen usw. Und diese Leute reagieren<br />
gereizt bis aggressiv, wenn Mitmenschen kopfschüttelnd die<br />
haarsträubenden Begründungen anzweifeln.<br />
Kognitionsänderungen beobachtet man besonders häufig,<br />
wenn Menschen erhebliche Anstrengungen unternommen<br />
haben. Die Kursteilnehmer beurteilen Seminare besonders<br />
positiv, wenn die Anfahrt sehr weit war. Wenn sie viel<br />
Mühe und Kosten für eine Fortbildung investiert haben und<br />
hinterher das Seminar eigentlich für nutzlos ansehen würden<br />
– dann entstünde Dissonanz (der ganze Aufwand wäre<br />
umsonst gewesen). Also suggeriert ihnen ihr eigenes Gehirn<br />
unbewusst: Es war ganz toll.<br />
Zwecks Dissonanzreduktion wird sozusagen die Kausalität<br />
umgekehrt: Eigentlich soll ich es tun, weil ich es für gut halte.<br />
Jetzt aber halte ich es für gut, weil ich es getan habe. Hat man<br />
den Mechanismus einmal begriffen, werden die oft eigenartigen<br />
Begründungen unserer Mitmenschen für deren Tun auf<br />
einmal erklärlich.<br />
Und jetzt analysieren wir einmal unser eigenes Denken: Wie<br />
und wo haben wir uns seltsame Kognitionen zwecks Dissonanzreduktion<br />
gebastelt?<br />
3. SCHEINARGUMENTE<br />
„Eristische Dialektik“ (keine Angst vor dem sperrigen Titel) –<br />
so lautet die Überschrift eines sehr lesenswerten Traktats des<br />
berühmten Philosophen Schopenhauer 19 und im Untertitel<br />
wird es gleich erklärt: die Kunst, Recht zu behalten.<br />
Nur theoretisch erfolgt Überzeugung durch Vorbringen lupenreiner<br />
logischer Sachargumente – das ist viel zu kompliziert »<br />
durimplant_drittelQ_Recall_april2018.pdf 1 13.04.2018 10:48:30<br />
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36 KOMMUNIKATION<br />
(welcher Laie versteht schon zahnmedizinische Fach-Aussagen?),<br />
viel zu zeitraubend und schon Julius Caesar schrieb:<br />
Die Menschen wollen nicht nachdenken, sondern glauben.<br />
Also gebraucht man − wie in jeder Fernseh-Diskussionsrunde<br />
erkennbar – vielfach sogenannte „Schein-Argumente“:<br />
Diese sind streng genommen nicht logisch, aber kurz und<br />
psychologisch wirksam. Es gibt viele Scheinargumente, die<br />
seit der Antike bekannt sind − Aristoteles 2 − und daher lateinische<br />
Namen haben – hier sei nur eine kleine Auswahl aufgelistet:<br />
Ignoratio elenchi: wörtlich „Unkenntnis der Widerlegung“.<br />
Man beantwortet nicht die Frage, sondern spricht<br />
(gut getarnt) über etwas ganz anderes: „Wie weit sind Sie<br />
mit dem Behandlungsplan für Frau X?“ – „Der HKP X ist in<br />
Arbeit. Aber Probleme gibt es mit dem HKP Y, bitte sehen Sie<br />
sich das einmal an: Die Regelversorgung ist hier wohl ganz<br />
anders, und außerdem…“ Am besten folgt jetzt ein Wortschwall<br />
und die Mitarbeiterin hat gute Chancen, dass der<br />
gestrenge Herr Doktor seine Ausgangsfrage inzwischen vergessen<br />
hat und nur noch über Y nachdenkt.<br />
Argumentum ad antiquitatem: Das sehr beliebte Traditionsargument<br />
9 . „Das haben wir schon immer so gemacht.“<br />
Damit ist weder bewiesen, dass es bisher wirklich zwingende<br />
Gründe dafür gab – und erst recht nicht, dass es nicht mittlerweile<br />
bessere Lösungen geben könnte. Dieses Totschlagargument<br />
wird oft getarnt in etwas anderen Formulierungen:<br />
„Sicherheit statt Risiko“ – „Beim Bewährten bleiben“. So werden<br />
Teammitglieder – und nicht selten auch Praxisinhaber – oft<br />
„argumentieren“, wenn Neuerungen zur Diskussion stehen.<br />
Argumentum ad verecundiam: Der Appell an die Ehrfurcht.<br />
Häufig führt man seinen „Beweis“ unter Berufung auf<br />
irgendeine hochgeehrte Autorität: „Das hat Goethe/Einstein/<br />
Mutter Theresa gesagt.“ Was natürlich gar nichts beweist.<br />
Aber sehr wirksam ist. Oft besteht die Autorität auch aus<br />
einem allgemeinen positiven Begriff: „Folgen wir meinem<br />
Vorschlag, denn das wäre demokratisch.“ Das funktioniert<br />
fast noch besser im negativen Sinne – die gegnerische These<br />
wird mit einem einzigen rasiermesserscharfen Wort vernichtet:<br />
„Das ist Kommunismus!“ Oder: Faschismus, Sexismus,<br />
Rassismus etc.<br />
Warum komplizierte zahnmedizinische Erläuterungen, die<br />
der Laie sowieso nicht versteht? „Die zahnärztliche Wissenschaft<br />
hat bewiesen, dass…“ – so ist es einfacher, und es<br />
geht schneller.<br />
Petitio principii: Der Zirkelschluss - Behauptung und Begründung<br />
sind gleich. In plumper Form 9 fällt der Fehler auf: „Ethik<br />
ist das, was ethisch ist.“ Geschickter ist es, bei der Begründung<br />
etwas andere, aber gleich bedeutende Worte (Synonyme)<br />
zu gebrauchen: „Vollkeramikkronen sind sehr gut, weil<br />
sie hochwertig sind.“ Man achte einmal darauf, wie selten<br />
Politiker ordentliche Begründungen liefern und wie oft sie nur<br />
mit anderen Worten ihre These wiederholen: „Sie können mir<br />
vertrauen, denn ich bin zuverlässig.“ Und beim Zahnarzt zum<br />
Beispiel: „Implantate sind sehr empfehlenswert, weil Implantate<br />
eigentlich keine Nachteile haben.“ Die einfachste Petitio<br />
principii ist das Totschlagargument „Isso“, also: „Es ist so,<br />
weil es so ist.“<br />
Concessio: eigentlich ein rhetorisches Stilmittel. Der gegnerische<br />
Einwand wird akzeptiert, aber im selben Atemzug durch<br />
ein angeblich noch stärkeres eigenes Argument entkräftet.<br />
„Zugegeben, eine Vollkeramik-Krone ist teuer – aber dafür<br />
bekommen Sie eine sehr hochwertige Versorgung.“ Das Eingehen<br />
auf Gegenargumente wirkt unparteiisch und objektiv 9 .<br />
Argumentum ad iudicium: die sogenannte Evidenz-Technik<br />
mit Appell an den vermeintlichen gesunden Menschenverstand:<br />
„Zweifellos/ganz offensichtlich/selbstverständlich<br />
ist eine Keramikkrone besser.“ Eine nähere Begründung ist<br />
also angeblich ganz überflüssig. „Jedes Kind/jeder vernünftige<br />
Mensch sieht sofort, dass…“<br />
Argumentum ab utili: was für den Zuhörer nützlich ist.<br />
Das wirksamste Scheinargument. Es geht nicht um richtig/<br />
falsch, sondern um Profit – zeige dem anderen, dass dein<br />
Vorschlag seinen Interessen entspricht. „Wenn wir den Zahn<br />
jetzt überkronen, sparen Sie langfristig viel Geld.“ Erkläre den<br />
Leuten, dass bei konsequenter Klimaschutz-Politik das Leben<br />
wesentlich teurer wird – und schon ist ihre Begeisterung für<br />
Klimaschutz stark reduziert. Der Geldbeutel besiegt allemal<br />
die Wahrheit.<br />
Argumentum ab exemplo: Ein Beispiel (oder Gegenbeispiel)<br />
wird verallgemeinert. „Zucker kann nicht so schädlich<br />
sein: Mein Mann isst haufenweise Schokolade und hat ausgezeichnete<br />
Zähne.“ – „Die alte Krone links oben hat sich doch<br />
prima bewährt, also überkronen wir jetzt auch den rechten<br />
unteren Eckzahn.“ – „Der Bäckermeister X hat auch kein Abitur<br />
und ist doch steinreich geworden.“ Wenn man nur etwas<br />
nachdenkt, findet man für alles irgendein unbestreitbares<br />
Beispiel, und kann also alles „beweisen“.<br />
Falsches Dilemma 21 : sehr häufig in Verkaufsgesprächen.<br />
Das Schema lautet: Es gibt die Möglichkeiten A oder B. A<br />
ist nachteilig, also muss B gelten. „Entweder Prothese oder<br />
Implantate. Eine Prothese ist nicht komfortabel, also machen<br />
wir Implantate.“ Verschwiegen wird dabei, dass es keineswegs<br />
nur die Alternative „A oder B“ geben muss, es könnte<br />
auch C oder D möglich sein. Also eventuell weder Prothese<br />
noch Implantate, sondern vielleicht Freiendbrücke oder gar<br />
kein Zahnersatz (weil zunächst Vorbehandlung). Das „falsche<br />
Dilemma“ ist beliebt und wirksam, weil hier scheinbar mehrere<br />
Möglichkeiten unvoreingenommen sachlich gegeneinander<br />
abgewogen werden.<br />
Logische Fehler: Falsche logische Schlüsse 20a sind sehr weit<br />
verbreitet und oft schwer erkennbar – als Beispiel sei das „Ja<br />
zum Consequens“ beschrieben:<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
KOMMUNIKATION<br />
37<br />
Vollgusskronen sind haltbar.<br />
Eine gute Versorgung ist haltbar.<br />
Also sind Vollgusskronen eine gute Versorgung.<br />
Dieser Schlussfolgerung werden viele Menschen zustimmen,<br />
obwohl sie natürlich falsch ist – wie man an einem gleichartigen<br />
anderen Beispiel sofort sieht:<br />
Esel sind Lebewesen.<br />
Sokrates ist ein Lebewesen.<br />
Also ist Sokrates ein Esel.<br />
Schon Aristoteles 2 hat sich sehr verdient gemacht, indem er<br />
systematisch richtige und falsche logische Schlüsse analysierte.<br />
Aber das ist ein weites Feld – wer sich näher damit<br />
beschäftigen will, braucht viel Geduld und Bereitschaft zu<br />
intensiv-komplexen Denkvorgängen.<br />
Das genannte Beispiel betrifft (falsche) deduktive Schlussfolgerungen.<br />
Daneben gibt es auch induktive Schlüsse: Die<br />
gesamte Medizin ist eine induktive Wissenschaft, man schließt<br />
vom besonderen Einzelfall auf ein allgemeines Gesetz.<br />
Das Problem dabei: induktive Schlüsse sind niemals logisch<br />
zwingend – man kann dabei hereinfallen, das ist dann der<br />
sogenannte Induktionsfehler: Gestern ist mir eine sehr komplizierte<br />
Wurzelbehandlung gut gelungen. Also wird es dieses<br />
Mal wieder funktionieren…<br />
Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden.<br />
Dr. med. Dr. med. dent.<br />
Bert L. Karl<br />
Nach Studium der Medizin und Zahnmedizin<br />
war er 30 Jahre hauptberuflich in eigener<br />
Zahnarztpraxis tätig, mit Schwerpunkt<br />
Zahnersatz. Nebenberuflich betrieb er eine<br />
allgemeinärztliche Privatpraxis. Zuletzt<br />
war er mehrere Jahre zahnärztlicher Leiter<br />
einer großen zahnärztlichen Tagesklinik.<br />
Von 1997 bis 2020 Tätigkeit als KZV-Gutachter für Zahnersatz<br />
und PAR. Seit 2002 leitet er als Dozent vielfältige zahnärztliche<br />
Fortbildungsseminare, hauptsächlich zu Themen der wirtschaftlichen<br />
Praxisführung und zum Generalthema „Psychologie in<br />
der Zahnarztpraxis“: unter anderem Patientenüberzeugung, Die<br />
zahnärztliche Führungsperson, Angstpatienten, Konflikte im<br />
Praxisteam, Aggression in der Zahnarztpraxis, Kommunikation<br />
und Körpersprache.<br />
—<br />
E-Mail: drbkarl@t-online.de<br />
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38<br />
FIRMENPORTRAIT<br />
Die Alternative zu Arsen: TOXAVIT-Flaschen<br />
aus den 50er und 60er Jahren<br />
Die Firmenzentrale in Dettenhausen<br />
(bei Stuttgart) mit 287 Solarmodulen<br />
75 Jahre Problemlösungskompetenz<br />
der Zahn-/Mundgesundheit<br />
Erfolgsrezepte sind meist streng gehütet – nicht so bei lege artis Pharma. Bei dem<br />
familiengeführten Arzneimittelhersteller aus Dettenhausen geht man offen mit der erfolgreichen<br />
Unternehmensgeschichte um. Das Erfolgsrezept lautet seit 1947 wie folgt:<br />
„Man muss den Menschen hinter dem Patienten und behandelnden Zahnarzt sehen. Mit diesem<br />
Fokus gelingen auch hochwirksame und zugleich unbedenkliche Dentalprodukte.“<br />
Text Moritz Tzschenscher Bilder lege artis Pharma<br />
Arzneimittelspezialitäten „nach den<br />
Regeln der Kunst“ – seit 1947<br />
Ganz so einfach war es für den Firmengründer Johann Pfandl<br />
vermutlich nicht, aus dieser Philosophie das erste arsenfreie<br />
Devitalisationsmittel TOXAVIT zu entwickeln. Doch mit viel<br />
Fleiß und einer Flasche Rotwein, wie im Film Feuerzangenbowle,<br />
gelang dem Österreicher aus Pinswang (Tirol) die<br />
Weltneuheit, mit der erstmals die Pulpa arsenfrei devitalisiert<br />
werden konnte.<br />
Auch die zweite Generation griff das Mantra „Lösungen für<br />
Zahnärzte zu finden“ auf, die Behandlern und Patienten helfen.<br />
Der Sohn des Firmengründers Kurt Pfandl entwickelte in<br />
den 60er und 70er Jahren zahlreiche weitere Arzneimittelspezialitäten<br />
für die Zahn- und Mundgesundheit: FOKALMIN,<br />
PULPOVITAL, HISTOLITH NaOCI, CALCINASE EDTA-Lösung<br />
und vieles mehr. Nachdem noch unter seinem Vater der<br />
Umzug von Innsbruck nach Stuttgart erfolgte, suchte und<br />
fand der tüftelnde Nachfolger in Dettenhausen die heutige<br />
Firmen- und Produktionsstätte.<br />
Die neue Heimat Dettenhausen besitzt mit der Nähe zur Universitätsstadt<br />
Tübingen auch heute noch viele strategische<br />
Vorteile. Neue strategische Impulse setzte auch Dr. Brigitte<br />
Bartelt, die seit 1997 die Geschäftsführung innehat. Mit dem<br />
Knowhow aus Pharmaziestudium und mehrjähriger Tätigkeit<br />
in der pharmazeutischen Industrie führte sie erfolgreich Produkte<br />
im Bereich Endodontie, Prophylaxe und Prothetik ein.<br />
Zu diesen Innovationen gehören unter anderem:<br />
• Das Implantat-Pflegegel durimplant, welches sich ideal für<br />
Risikopatienten mit geschwächtem Allgemeinzustand eignet,<br />
wie beispielsweise Diabetes, Krebstherapie, Raucher,<br />
Rheuma oder Schwangerschaft.<br />
• Das patentierte ESD-Entnahmesystem, das in jeder Flasche<br />
integriert ist: Mittels Luer-/Luer-Lock-Spritzen können<br />
Lösungen einfach, sicher und direkt entnommen werden.<br />
Flecken, Produktverluste und Hygieneprobleme gehören<br />
damit der Vergangenheit an.<br />
Auch im 75-jährigen Firmenjubiläumsjahr ist ein neues Produkt<br />
geplant. Noch hält sich Geschäftsführerin Dr. Brigitte<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
FIRMENPORTRAIT 39<br />
Von links nach rechts: Mag. pharm. Kurt Pfandl (2. Generation), Firmengründer<br />
Ing. Johann Pfandl und Ehefrau Anna Pfandl (1. Generation)<br />
Von links nach rechts: Sabrina Rother und Nadine Rother (4. Generation), Geschäftsführerin<br />
Dr. Brigitte Bartelt (3. Generation)<br />
Die Firmen-Logos über die<br />
verschiedenen Jahre: 1974<br />
und 2000<br />
Die lege artis Prophylaxe-<br />
Produkte, auch für Menschen<br />
mit geschwächtem Allgemeinzustand<br />
Das patentierte ESD-Entnahme-System: Eingeführt in 2013<br />
Bartelt bedeckt, nur so viel: „Es ist ein weiteres Produkt für<br />
unsere Kernkompetenz, den Bereich Endodontie“.<br />
Neben dem Anspruch stets Qualitätsprodukte höchster Güte<br />
und Produkte „state oft the art“ herzustellen, hat lege artis<br />
auch im Bereich Umweltschutz schon lange hochgesteckte<br />
Ziele: Seit 2012 erzeugen 287 Solarmodule auf dem Flachdach<br />
im Jahresdurchschnitt 650.000 kWh Ökostrom. Insgesamt<br />
konnten dadurch bis dato über 455 Tonnen Kohlendioxid<br />
(CO 2<br />
) -Emissionen vermieden werden. Auch der Fuhrpark<br />
des Unternehmens wird nach und nach auf Elektrofahrzeuge<br />
umgestellt.<br />
Großen Wert legt das Traditionsunternehmen auch auf<br />
das Thema Kunstförderung. Seit 2021 ist lege artis Fördermitglied<br />
der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine<br />
(ADKV), zu der über 300 Kunstvereine zählen. „Mit der<br />
ADKV-Fördermitgliedschaft möchten wir einen Beitrag dazu<br />
leisten, Menschen für Kunst und Kultur zu begeistern“, so<br />
Dr. Brigitte Bartelt.<br />
Leidenschaftlich sind auch die Nichten von Frau Dr. Bartelt,<br />
die als vierte Generation schon lange in das Familienunternehmen<br />
integriert sind: Sabrina Rother ist bereits seit 2006<br />
− Nadine Rother seit 2009 − im Betrieb. Damit ist lege artis<br />
− ganz nach dem Firmenmotto „Nach den Regeln der Kunst“<br />
− gut für die Zukunft aufgestellt.<br />
lege artis Pharma GmbH + Co. KG<br />
Breitwasenring 1<br />
72135 Dettenhausen<br />
Tel.: +49 7157 56450<br />
E-Mail: info@legeartis.de<br />
www.legeartis.de<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
40<br />
STEUERN<br />
Ampel für Elektromobilität steht bei<br />
der Umsatzsteuer auf Rot<br />
Die Ampelregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, die erneuerbaren Energien massiv<br />
auszubauen. Die Weichen hierfür wurden allerdings bereits durch die Vorgänger-Regierung auf „Grün“ gestellt.<br />
Genauer gesagt gehen die ertragsteuerlichen Erleichterungen für Elektro- und Hybridfahrzeuge bereits zurück<br />
auf das Jahr 2013.<br />
Text Janine Peine, Steuerberaterin Grafik rawpixel.com - de.freepik.com<br />
Für die Berechnung der Privatnutzung wurden zunächst<br />
Batterieabschläge von 500 Euro je Kilowattstunde (maximal<br />
10.000 Euro) eingeführt, die jährlich gestaffelt in 50 Euro-<br />
Schritten bei Anschaffung bis zum Jahr 2023 auf null abgeschmolzen<br />
werden. Diese Abschläge minderten den – für<br />
die 1-Prozent-Methode wichtigen – Bruttolistenpreis. Bei<br />
der sogenannten Kostendeckelung (zur Vermeidung einer<br />
Besteuerung über die eigentlichen Kosten des Fahrzeugs hinaus)<br />
und bei der Fahrtenbuchmethode mindert dieser Batterieabschlag<br />
die Anschaffungskosten und damit die Höhe der<br />
Abschreibung beim Privatanteil.<br />
Für reine Elektrofahrzeuge wurde bei Anschaffung im Jahr<br />
2019 dann eine noch bessere Vergünstigung eingeführt: Bis<br />
zu einem Bruttolistenpreis von 40.000 Euro (bei Anschaffung<br />
ab 2020: 60.000 Euro) ist der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs<br />
nur zur Hälfte (bei Anschaffung ab 2020 nur zu einem Viertel)<br />
hinsichtlich der Privatnutzung anzusetzen.<br />
Für extern aufladbare Hybridfahrzeuge ist der Bruttolistenpreis<br />
bei Anschaffung ab dem Jahr 2019 nur zur Hälfte anzusetzen,<br />
wenn das Fahrzeug entweder nur CO2-Emissionen<br />
von bis zu 50 g je gefahrenen Kilometer produziert oder mit<br />
rein elektrischem Antrieb zumindest eine Entfernung von 40<br />
Kilometern schafft (bei Anschaffung in den Jahren 20<strong>22</strong> bis<br />
2024: 60 Kilometer bzw. bei Anschaffung in den Jahren 2025<br />
bis 2030: 80 Kilometer). Bei der Fahrtenbuchmethode und<br />
bei der Kostendeckelung sind die Anschaffungskosten jeweils<br />
entsprechend zu mindern.<br />
Für die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrrads muss im<br />
Übrigen überhaupt keine Privatnutzung angesetzt werden –<br />
weder beim Arbeitnehmer noch beim Unternehmer! Außerdem<br />
gibt es für die Überlassung beziehungsweise Übereignung<br />
von Ladeeinrichtungen an Arbeitnehmer oder für das<br />
Laden des Fahrzeugs weitere steuerliche Vergünstigungen,<br />
die hier ein wenig den Rahmen sprengen würden. Alles also<br />
ganz schön kompliziert, aber auch eine echte Steuererleichterung<br />
für Unternehmer und Angestellte, die Dienst- oder Firmenwagen<br />
auch privat nutzen können.<br />
Batterieabschlag spielt bei<br />
Umsatzbesteuerung keine Rolle<br />
Umsatzsteuerlich steht die Ampel bei dieser Vergünstigung aber<br />
auf „Rot“, das heißt, bei einer Privatnutzung durch den Unternehmer<br />
oder dessen Angestellten entsteht in voller Höhe<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
STEUERN<br />
41<br />
Umsatzsteuer! Hintergrund: Ein Unternehmer kann im Regelfall<br />
für dem Unternehmen zugeordnete Gegenstände die<br />
ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend<br />
machen. Daher muss auch die Privatnutzung zwingend<br />
umsatzbesteuert werden. Der Verzicht auf die Umsatzbesteuerung<br />
der Privatnutzung wäre im Grunde eine unzulässige<br />
Förderung und es gäbe aufgrund der EU-weiten Harmonisierung<br />
der Umsatzsteuer andernfalls Ärger aus Brüssel<br />
beziehungsweise vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in<br />
Luxemburg.<br />
Daher sind für die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Leistung<br />
der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer oder der<br />
sogenannten unentgeltlichen Wertabgabe beim Unternehmer<br />
immer der ungeminderte Bruttolistenpreis beziehungsweise<br />
bei der Fahrtenbuchmethode und bei der Kostendeckelung<br />
die vollen Anschaffungskosten anzusetzen. Dies hat<br />
das Bundesfinanzministerium im Februar dieses Jahres noch<br />
einmal klargestellt.<br />
Bei Unternehmen im Gesundheitsbereich, die aufgrund ihrer<br />
Leistungen grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt<br />
sind, ergeben sich hierbei einige Besonderheiten.<br />
Die Umsatzbesteuerung der Privatnutzung eines Unternehmers<br />
im Gesundheitsbereich ist grundsätzlich nicht erforderlich,<br />
sofern der Vorsteuerabzug von vornherein ausgeschlossen<br />
ist und insoweit keine Umsatzbesteuerung durch<br />
unentgeltliche Wertabgabe anzusetzen ist. Anders wäre dies<br />
bei teilweisem Vorsteuerabzug (oder bei Leistungen ohne<br />
Verordnung).<br />
Nach aktueller deutscher Rechtslage ist die Überlassung eines<br />
Fahrzeugs an einen Arbeitnehmer zur Privatnutzung hingegen<br />
als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen<br />
(sogenannter tauschähnlicher Umsatz). Sofern die Kleinunternehmerregelung<br />
nicht anwendbar ist (mehr als <strong>22</strong>.000<br />
Euro steuerpflichtige Umsätze im Vorjahr oder voraussichtlich<br />
mehr als 50.000 Euro im aktuellen Jahr), entsteht also auch<br />
Umsatzsteuer (Regelbesteuerung).<br />
Zur Ermittlung der Umsatzsteuer kann dabei zur Vereinfachung<br />
auf die 1-Prozent-Methode oder die Fahrtenbuchmethode<br />
(jedoch ohne die oben genannten ertragsteuerlichen<br />
Erleichterungen) zurückgegriffen werden. Bei überlassenen<br />
Fahrrädern und E-Bikes muss aufgrund der Lohnsteuerfreiheit<br />
allerdings eine separate Umsatzsteuerberechnung angestellt<br />
oder geschätzt werden. Beträgt der Wert des Fahrrads oder<br />
E-Bikes allerdings nicht mehr als 500 Euro, ist aufgrund einer<br />
Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung keine Umsatzbesteuerung<br />
erforderlich.<br />
Anteiliger Vorsteuerabzug möglich<br />
Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung und den laufenden<br />
Kosten ist im Fall der privaten Nutzungsüberlassung aber<br />
auch im Gesundheitsbereich zumindest anteilig möglich. Dies<br />
ist der Fall, wenn der Zahnarzt kein umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer<br />
ist oder zur Regelbesteuerung optiert hat.<br />
Hier stellt sich die Frage, wie der anteilige Vorsteuerabzug zu<br />
ermitteln ist. Grundsätzlich wird dabei auf das Verhältnis der<br />
zu erwarteten Fahrten abgestellt. Je höher die erwartete Privatnutzung<br />
des Arbeitnehmers ist, desto höher ist dann auch<br />
der mögliche Vorsteuerabzug. Doch Vorsicht: Ändern sich die<br />
Verhältnisse, kann dies auch zu einer Vorsteuerberichtigung<br />
führen, sodass die zu viel geltend gemachte Vorsteuer wieder<br />
an den Fiskus zurückgezahlt werden muss. Ob gegebenenfalls<br />
ein anderer Aufteilungsschlüssel (beispielsweise nach<br />
den erwarteten Umsätzen aus dem Betrieb im Gesundheitsbereich<br />
und dem anzusetzenden Wert in der Lohnabrechnung)<br />
möglich und sinnvoll ist, kommt auf den Einzelfall an.<br />
Ausblick<br />
Wichtig zu wissen ist dabei noch, dass der EuGH bei der<br />
Überlassung eines Fahrzeugs an Arbeitnehmer den Ansatz<br />
einer sonstigen Leistung nach deutschem Umsatzsteuerrecht<br />
im Jahr 2021 infrage gestellt hatte. Sofern der Bundesfinanzhof<br />
dies bestätigen sollte, könnte die Umsatzbesteuerung der<br />
Privatnutzung im Gesundheitsbereich in diesen Fällen gegebenenfalls<br />
vollständig entfallen, andererseits hätte der Unternehmer<br />
dann aber auch keinen Vorsteueranspruch aus dem<br />
Kauf des Fahrzeugs und den laufenden Kosten. Da in diesem<br />
Fall ein Vorsteuerabzug gegebenenfalls auch rückwirkend<br />
entfallen würde, sollte hier zunächst die weitere Entwicklung<br />
abgewartet werden.<br />
Janine Peine<br />
Steuerberaterin im ETL ADVISION-Verbund<br />
aus Berlin, Fachberaterin für Gesundheitswesen<br />
(IBG/HS Bremerhaven), spezialisiert<br />
auf die Beratung von Zahnärzten<br />
—<br />
ETL Systeme AG - ETL ADVISION -<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
Tel: +49 30 <strong>22</strong>641248<br />
E-Mail: etl-advision@etl.de<br />
www.etl-advision.de<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
42 ZAHNZUSATZVERSICHERUNG<br />
Stiftung Warentest: Testsieger ist<br />
nicht gleich Testsieger<br />
Wie in jedem Jahr hat Stiftung Warentest erneut Zahnzusatzversicherungen geprüft und die<br />
Testergebnisse in der Ausgabe 06/20<strong>22</strong> von Finanztest veröffentlicht. Was dabei herauskommt,<br />
wenn man moderne, leistungsstarke Zahntarife nach alten Kriterien bewertet, lesen Sie hier.<br />
Text Gabriele Bengel, Alexander Mint<br />
So viele Testsieger wie noch nie<br />
Dieses Mal prüfte Stiftung Warentest 267 Zahntarife. 111<br />
Tarife wurden als „sehr gut“ bewertet. 26 davon bekamen<br />
sogar die Bestnote 0,5 und wurden zum Testsieger gekürt.<br />
Doch wie kann es sein, dass ein Zahntarif, in dessen Bedingungen<br />
steht, dass die Erstversorgung von bei Antragstellung<br />
erkrankten Zähnen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen<br />
ist, ebenso die Bestnote bekommt wie andere, die nur die<br />
konkret angeratenen oder geplanten Behandlungen von der<br />
Erstattung ausschließen? Und wie kann es sein, dass ein Tarif,<br />
der bei Zahnersatzmaßnahmen funktionsanalytische Maßnahmen<br />
nur erstattet, wenn mindestens fünf Zähne gleichzeitig<br />
mit Zahnersatz versorgt werden, genauso Testsieger wird<br />
wie andere, die diese Kosten bei jedem Zahnersatz erstatten?<br />
Die Antwort ist einfach: Stiftung Warentest bewertet nur die<br />
Höhe der Erstattung bei Zahnersatz, unterteilt in Regelversorgung,<br />
Inlays, Kronen und Implantate. Darüber hinaus prüft<br />
sie die jährliche Summenbegrenzungen, wobei die Ansprüche<br />
gering sind: Tarife, die in den ersten sechs Jahren ihre Erstattung<br />
auf bis zu 1.000 Euro pro Jahr begrenzen, bekommen<br />
die volle Bewertung. So kommt es, dass unter den Testsiegern<br />
Tarife sind, die nur drei Jahre lang Erstattungsgrenzen haben<br />
(Gothaer), Tarife die vier Jahre lang bis insgesamt 6.000 Euro<br />
Leistung bieten (unter anderem Barmenia) und Tarife, die in<br />
den ersten fünf Jahren maximal 5.000 Euro bieten (HUK). Für<br />
Patienten, die bei Antragstellung einige alte Kronen oder Brücken<br />
haben, ist das ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.<br />
Im Fokus: Kostenerstattung für Zahnersatz<br />
Fachleute bemängeln schon seit Jahren, dass sich die Prüfung<br />
von Stiftung Warentest fast ausschließlich auf die Höhe der<br />
Erstattung bei Zahnersatz beschränkt. Böse Zungen behaupten<br />
gar, die Versicherer würden 100 Prozent Tarife nur deshalb<br />
auf den Markt bringen, damit sie mit dem Siegel „Testsieger“<br />
werben können. Auf einigen Webseiten von Versicherern steht<br />
explizit, dass der am häufigsten gewählte Tarif die 90 Prozent<br />
Variante ist. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man auf<br />
die Beiträge schaut. Häufig kostet für den 51-Jährigen die 100<br />
Prozent Tarifvariante zwischen 13 und 15 Euro monatlich mehr.<br />
Irritierend ist auch die Gewichtung der Versorgungsformen. Für<br />
Patienten sind Inlays und Implantate die teuerste Versorgung.<br />
Beide werden aber nur mit je 20 Prozent gewichtet, während<br />
die Kronenversorgung mit 40 Prozent gewichtet wird.<br />
Leistungen, die nichts mit Zahnersatz zu<br />
tun haben, werden nicht bewertet<br />
Zahnarztpraxen können heutzutage viel tun, um natürliche<br />
Zähne zu erhalten. Dazu gehören zum Beispiel Füllungen,<br />
für die gesetzlich Versicherte – von wenigen Ausnahmen<br />
abgesehen – weiterhin nur Anspruch auf eine Amalgamfüllung<br />
haben. Für zahnfarbene Füllungen fällt ein Eigenanteil<br />
an. Auch durch hochwertige Wurzelbehandlungen können<br />
Zähne gerettet werden. Doch dazu müssen Patienten oft<br />
zwischen 900 Euro und 1.200 Euro selbst bezahlen. All diese<br />
Kosten werden von guten Zahnzusatzversicherungen erstattet.<br />
Bewertet werden sie bei Stiftung Warentest nicht, was die<br />
Bedeutung der Testergebnisse relativiert.<br />
Fazit<br />
An einer Zahnzusatzversicherung interessierte finden auf<br />
www.test.de eine lange Liste von getesteten Tarifen und insgesamt<br />
30 Fußnoten zur Erläuterung von Einzelheiten. Selbst bei<br />
gleicher Bewertung gibt es große Leistungsunterschiede zwischen<br />
den Tarifen, die aber nur Fachleute erkennen können.<br />
Diese finden dann auch für individuelle Zahnprobleme den<br />
wirklich besten Tarif, während Gesetzlich Versicherte auf ihrer<br />
Suche in diesem Tarifdschungel zum Scheitern verurteilt sind.<br />
Gabriele Bengel & Alexander Mint<br />
to:dent.ta GmbH<br />
—<br />
Dornierstr. 30 ∙ 73730 Esslingen<br />
Tel.: +49 711 69 306 435<br />
www.todentta.de<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
CHAMPIONS (R)Evolution ®<br />
Qualität, Präzision & Innovation<br />
Shuttle<br />
Studien<br />
Das Champions (R)Evolution weist<br />
einen bakteriendichten Mikrospalt<br />
auf (Zipprich Studie).<br />
Die vier Funktionen des Shuttles:<br />
1. Insertionstool<br />
2. Verschlussschraube<br />
3. Gingivaformer<br />
4. Abformungstool<br />
10-Jahresstudie mit 96,5 %<br />
Erfolgs rate (auf Anfrage).<br />
Oberfläche:<br />
Titan Grad 4<br />
Gestrahlt und<br />
dreifach geätzt<br />
Längen und Durchmesser<br />
Das Champions (R)Evolution<br />
ist erhältlich in den Längen<br />
6,5 - 8,0 - 10 - 12 - 14 - 16 mm<br />
und in den Durchmessern<br />
3,5 - 4,0 - 4,5 - 5,5 mm<br />
Augezeichnet<br />
Das Champions (R)Evolution-Implantat wurde<br />
für eine Insertion nach dem MIMI-Insertionsprotokoll<br />
optimiert, kann aber auch klassisch<br />
inseriert werden.<br />
Das Insertionsprotokoll wurde 2013<br />
mit dem SENSES Innovation Award<br />
ausgezeichnet als „Beste Innovation<br />
in der Medizin“.<br />
Service-Telefon:<br />
+49 (0)6734 91 40 80<br />
champions-implants.com
44<br />
VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN<br />
Das Titelbild zeigt ein minimalinvasiv inseriertes Zahnimplantat<br />
(Champions (R)Evolution), unmittelbar post OP.<br />
VIP-ZM e. V.<br />
Verein innovativ-praktizierender<br />
Zahnmediziner/-innen e.V.<br />
25 Jahre MIMI ®<br />
versus zwölf „veraltete Dogmen“<br />
MIMI beschreibt als „minimalinvasive Methodik der Implantation“ ein implantologisches und implantatprothetisches<br />
Prozedere und wurde von Dr. Nedjat zwischen 1995 und 1997 in Deutschland entwickelt.<br />
Dieses Insertionsprotokoll hat die dentale Implantologie sowohl für das Behandlerteam als auch für Patienten<br />
revolutionär und nachhaltig verändert. Das MIMI ® -Verfahren mit dem deutschen Unternehmen Champions-<br />
Implants GmbH, das gezielt dafür seine Produkte entwickelte und ausrichtete, gewann den SENSES Award<br />
als „Best Innovation in Medicine“ 2013 in Dubai und wurde 2017 auch als solches unter die ersten drei<br />
beim „German Medical Award“ gewählt. Verschiedene Vorgehensweisen, veraltete Dogmen, Vorurteile und<br />
Ausblicke sowie die technischen Voraussetzungen werden in diesem Artikel zusammengefasst beschrieben.<br />
Text / Bilder Dr. Armin Nedjat | Präsident VIP-ZM e. V.<br />
Dogma 1: Man muss den Knochen sehen, um darin gesichert<br />
ein Implantat inserieren zu können. Deshalb muss man Mukoperiostlappen<br />
bilden, um den Knochen darzustellen.<br />
Dieses Dogma ist falsch! Man kann zwar Lappenbildungen<br />
in Verbindung mit Periostablösungen durchführen, doch der<br />
Preis dafür ist hoch: So wird in der wissenschaftlichen Literatur<br />
darüber diskutiert, ob nicht als erster Grund für eine<br />
Periimplantitis die iatrogene Periostablösung während dieser<br />
„klassischen Vorgehensweise“ zu nennen sei. Die Grundlage<br />
hierfür ist jedem klar: Die Knochenhaut alleine ernährt den<br />
Kieferknochen; löst man das Periost nur einmal ab, gefährdet<br />
man die „Ernährungspumpe“ des Knochens. Quasi als<br />
Schutzmechanismus baut sich der periimplantäre Knochen im<br />
Laufe der Jahre ab, mit der Folge, dass Tür und Tor für weitere<br />
Infektionen im Hart- und Weichge<strong>web</strong>e offen stehen und ein<br />
Teufelskreis beginnt (Abb. 1).<br />
Insofern man – wie in der Vergangenheit – mit 400 bis<br />
1.500 U/min die Implantatkavität aufbereitet, muss auch weiterhin<br />
umfangreich die Schleimhaut aufgeklappt werden.<br />
Verfolgt man jedoch das erste Prinzip von MIMI, so erhält<br />
man quasi kostenlos eine sichere anatomische Knochennavigation<br />
– „CNIP“.<br />
CNIP, die „Cortical-navigated implantation procedure“, ist nur<br />
möglich, wenn man zwar die befestigte Gingiva und krestale<br />
Kortikalis mit maximal 250 U / min beziehungsweise einem<br />
Diamanten mit Turbine (und Kühlung) penetriert, jedoch in<br />
der Spongiosa auf 30 bis 70 U / min reduziert. Die kortikalen<br />
Platten buccal und oral leiten und halten lange, konische<br />
Dreikantbohrer und Knochen-Condenser immer in der<br />
Spongiosa. Diesen Vorgang kennen wir beispielsweise aus<br />
der Endodontie: Mittels Diamanten bereiten wir so weit die<br />
Zähne auf, bis wir die Kanaleingänge darstellen. Danach kann<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN<br />
45<br />
Abb. 1: Die Ernährung des Knochens kann<br />
durch Periostablösung eingeschränkt werden.<br />
Auch das Infektionsrisiko der Wunde durch die<br />
erfolgte Lappenbildung ist um ein Vielfaches<br />
erhöht.<br />
1<br />
eine Hedström- Reamer in „Low-Speed“ – oder gar nur mit der<br />
Hand betrieben – keine Wurzel perforieren. Genauso verhält<br />
es sich mit Bohrern und Condensern, die in der Spongiosa mit<br />
„Low-Speed“ oder manuell nicht die kortikalen Platten durchbrechen<br />
können. Die allerletzte Verifizierung bei MIMI ist<br />
stets die Knochen-Kavitäten-Kontrolle mittels langer, flexibler<br />
Metallsonde. Hierbei überprüft man, dass alle Knochenwände<br />
von apikal bis krestal nicht perforiert sind. Bei MIMI arbeiten<br />
wir deshalb niemals im „Knochen-Blindflug“ (Abb. 3).<br />
Auf Grundlage von MIMI 0 und MIMI I entwickelte Dr. Ernst<br />
Fuchs-Schaller zur horizontalen Distraktion von schmalen<br />
Kieferknochen ohne Bildungen von Mukoperiostlappen das<br />
geniale MIMI II-Verfahren. Der schmale Kiefer wird durch<br />
einen intern augmentierten „Bio-Container“ mit intaktem<br />
Periost in allen Dimensionen von etwa 2,5 mm auf durchaus<br />
das Dreifache seiner Breite erweitert (Abb. 3).<br />
»<br />
Animation einer<br />
MIMI-Implantation<br />
Animation einer<br />
CNIP-Navigation<br />
Für eine Kieferdistraktion nach dem MIMI II-Verfahren verwenden wir<br />
Fallbeispiel<br />
Fallbeispiel<br />
Chirurgie<br />
Prothetik<br />
2 3<br />
rein manuell spezielle Winkelmodulatoren, die in wenigen Minuten die<br />
drei Schichten (bukkale Wand, intaktes Periost samt befestigter Gingiva)<br />
nach vestibulär mobilisieren.<br />
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46<br />
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4<br />
IDS, erklärt von Dr. Nedjat MIMI II Fälle<br />
Abb. 4: Beim MIMI VI-Verfahren (interner, direkter Sinuslift (IDS) nach Nedjat) und einer Restknochenhöhe ab 3 mm geht man ähnlich vor: Rein manuell oder mit maximal 30 U/min<br />
arbeitet man sich bis zur Gegenkortikalis voran, penetriert dann mit Hilfe von Condensern (diese müssen abgerundete Arbeitsenden aufweisen) mit circa 60 Ncm diese dünne, härtere<br />
Knochenschicht und hebt damit gezielt die Schneidersche Membran um bis zu 5 mm an, um in der Regel ein Implantat mit 8 mm Arbeitslänge und ø 4,5 mm mit einer Primärstabilität<br />
von 40 bis 60 Ncm auf Bone-Level-Niveau zu inserieren.<br />
Dogma 2: Beim transgingivalen Bohren und Aufbereiten<br />
bewirken, in die Knochenkavität eingebrachte Epithelzellen,<br />
eine bindege<strong>web</strong>ige Einheilung der Implantate.<br />
Genauso wenig wie bei einer Extraktion oder Osteotomie<br />
auch, verhindern (nicht mehr ernährte) Epithelzellen die<br />
Ossifikation / Ankylosierung, Osseointegration, Biointegration<br />
von Implantaten.<br />
Dogma 3: Steriles Arbeitsumfeld ist bei jeder Implantation<br />
zwingend erforderlich.<br />
1999 veröffentlichte Prof. Dr. Jean-Pierre Bernard (Universität<br />
Genf) eine wissenschaftliche Studie, die belegte, dass<br />
es für den Implantationserfolg irrelevant ist, ob Implantate<br />
unter nicht sterilen Bedingungen oder in einer sterilen<br />
Umgebung inseriert wurden. Wir lernen aus dieser Studie,<br />
dass Implantologie keiner besonderen Aufrüstung bedarf,<br />
weder einer „Astronauten bekleidung“ noch besonderen<br />
OP-Bestecks. Ein Implantat kann demnach ohne besondere<br />
Vorbereitung inseriert werden. Prof. Bernard ist übrigens<br />
Entwickler und Konzeptgeber des praxisorientierten Curriculums<br />
„CIPC“ (Curriculum Implantologie & Implantatprothetik).<br />
Dogma 4: Eine Bohrerkühlung zur Knochenkavitäten-Aufbereitung<br />
ist zwingend notwendig.<br />
Nein! Auch hier dienen uns wissenschaftliche Studien und<br />
die klinischen / radiologischen Erfahrungen, dass Bohrer<br />
und Condenser im „Low-Speed“ (auch an einer gewöhnlichen<br />
Zahnarzteinheit am Stuhl) den Knochen nicht<br />
erhitzen und zu keinerlei Nekrosen führen. Die Sicht auf<br />
das Operationsgebiet ist beim langsamen Arbeiten ohne<br />
Kühlung natürlich ebenfalls verbessert und unser taktiles<br />
Gefühl umso höher.<br />
Dogma 5: Wenn „Flapless“, dann muss mit DVT und einer<br />
„Full-Guided“ Schablonentechnik gearbeitet werden.<br />
Dieses Dogma ist eindeutig von der Industrie gesteuert und<br />
falsch. Wer mit einer Schablone inserieren will, muss beachten,<br />
dass die Gingiva nicht mehr als 2 mm dick ist, sonst<br />
kann keine DVT-basierte Schablone exakt positioniert werden.<br />
Das stärkste Gegenargument zur Forderung von prä<br />
OP-DVTs und Bohrschablonen ist CNIP. Alle Implantologen,<br />
selbst Anfänger, verstehen sofort, dass Implantologie durch<br />
MIMI „einfach“ zu erlernen und in unseren Praxisalltag leicht<br />
zu integrieren ist, wenn man den MIMI-Prinzipien folgt. Ein<br />
DVT ist nur im Ausnahmefall und bei begründeter Indikation<br />
– aufgrund der erhöhten Strahlenbelastung des DVTs<br />
gegenüber Einzelbild- oder OPTG-Aufnahmen – auch nach<br />
neuesten Leitlinien indiziert. Forensisch gesehen passieren<br />
bei einer Schablonennavigation weitaus mehr Komplikationen<br />
und Fehlbehandlungen als bei CNIP-MIMI-Operationen.<br />
DVT-basierte Längenmessungen (Höhe des Knochens<br />
bis zum Nervkanal) sind übrigens sehr gefährlich aufgrund<br />
mancher Fehlpositionierungen des Patienten während der<br />
Aufnahme. Einzig OPTG (mit fixem Vergrößerungsfaktor)<br />
sind hierfür geeignet. Bei Sofort- und Spätimplantationen<br />
können natürlich auch kleine Einzelaufnahmen verwendet<br />
werden, da man über einen simplen Dreisatz die Wurzeln<br />
zunächst im Röntgen und dann nach der Extraktion extraoral<br />
vermessen kann.<br />
Dogma 6: MIMI-Implantate sind durchmesserreduziert.<br />
Es gibt zwar einteilige Champions Kugelkopf-Implantate<br />
mit ø 2,5 mm zur Fixierung von herausnehmbaren, vornehmlich<br />
unteren Prothesen, aber die zweiteiligen MIMI-<br />
Implantate „Champions (R)Evolution“ haben „normale“<br />
Durchmesser. Erstes Ziel im harten D1- und D2-Knochen<br />
ist die Insertion eines Implantats von ø 3,5 mm, bei Einzel-<br />
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47<br />
molaren ø 4,0 mm. Im weichen Knochen erfolgt zunächst<br />
eine „Ossäre Metamorphose“ (OMM) mithilfe von Condensern.<br />
Im weichen Knochen entscheidet somit intraoperativ<br />
der Condenserdurchmesser von ø 3,3 / ø 3,8 / ø 4,3 / ø 4.8<br />
und ø 5,3 mm (jeweils 0,2 mm unterdimensioniert als das<br />
jeweilige Implantat) über den optimalen Durchmesser des<br />
Implantats. Auch die optimale Länge des Implantats (idealerweise<br />
1 bis 2 mm subkrestal inseriert) kann man mit Condensern<br />
leicht ermitteln. Es sollte eine Primärstabilität von<br />
20 bis 60 Ncm erreicht werden. Im seitlichen Oberkiefer<br />
werden somit vor allem eher Implantate mit ø 4,5 oder gar<br />
ø 5,5 mm Durchmesser inseriert als ø 3,5 mm Implantate.<br />
Nach VIP-ZM-Studien erwirtschaftet eine MIMI-orientierte<br />
Praxis das Dreifache in der gleichen Zeit, da man bei Spätimplantationen<br />
anstatt fünf Terminen lediglich zwei, bei<br />
Sofortimplantationen und MIMI II-Fällen nur drei anstelle<br />
von sieben Patientensitzungen benötigt. Die neue GOZ<br />
spielt dem MIMI-Verfahren sogar in die Karten, da nicht<br />
mehr jeder Handgriff gewürdigt wird, sondern oftmals die<br />
Leistung an und für sich. Zudem ist der Workflow bei den<br />
Champions unschlagbar (ob analog oder digital): So dauert<br />
eine analoge, geschlossene Abformung ohne Anästhesie<br />
und Aus- und Einschrauben von Zubehörteilen oder die<br />
digitale Scanbody-Abformung des PEEK-Transfers lediglich<br />
fünf Minuten!<br />
6<br />
Abformung mit dem<br />
PEEK Transferpfosten.<br />
Dogma 9: Die Ästhetik beziehungsweise das „Emergence<br />
Profile“ ist beim MIMI-Verfahren nicht gut steuerbar.<br />
5<br />
Condenser in verschiedenen Durchmessern<br />
Dogma 7: Es gibt keine wissenschaftlichen Studien über<br />
das MIMI-Verfahren.<br />
Auch dieses Dogma ist falsch. Doch sollte nicht der Fehler<br />
gemacht werden, „lappenlos“ beziehungsweise „flapless“<br />
mit MIMI gleichzusetzen, da bei MIMI die prothetische<br />
Freilegung und ein vielfaches Aus- und Wiedereinbringen<br />
von Schrauben entfällt, die wiederum – nach wissenschaftlichen<br />
Studien – zu Knochenabbau führen. Die bisher vorliegenden<br />
Ergebnisse der 10-Jahresstudie des Champions<br />
(R)Evolution-Systems mit 13.834 Implantaten sprechen<br />
zudem, mit ihren 96,5-prozentigen Erfolg, eine deutliche<br />
Sprache.<br />
Die aktuelle MIMI-Literaturliste<br />
Dogma 8: Wirtschaftlich schneidet man mit MIMI schlechter<br />
ab.<br />
Gerade das Weichge<strong>web</strong>e-Management ist exzellent mit dem<br />
für das MIMI-Verfahren perfekt abgestimmten Champions (R)<br />
Evolution oder durch die Zirkon-Prep-Caps bei den Einteiligen<br />
sehr einfach und ästhetisch und optimal zu bewerkstelligen.<br />
Nach „Einheilung“ können fakultativ sogenannte Gingiva-Clix<br />
(aus PEEK) über den Shuttle geklippt oder konventionell metallische<br />
Gingivaformer anstelle des Shuttles angebracht werden.<br />
Die ästhetischen Möglichkeiten oder Versorgungsmöglichkeiten<br />
auch mit den sogenannten ICA (Individual Connecting<br />
Abutment) auf einer Titanbasis oder Multi-Unit-Abutments<br />
sind fast grenzenlos (Abb. 7 bis 9).<br />
Dogma 10: Sofortimplantationen sind – wenn überhaupt –<br />
etwas für Experten.<br />
Nein, von den über 26 Tausend in meiner Praxis inserierten<br />
und erfolgreich prothetisch versorgten Implantaten<br />
sind fast ein Drittel der Fälle Sofortimplantate, in der MIMI-<br />
Nomenklatur „MIMI 0“ („0“, da null Minuten Wartezeit<br />
nach Extraktion). Implantate, die nach diesem Verfahren<br />
inseriert werden, erreichen mit 96,5 Prozent – nach statistisch<br />
verifizierbarer Datenlage – praktisch die gleiche<br />
Osseointegrationsquote wie Spätimplantationen – auf 10<br />
Jahre gesehen. Sofortimplantationen weisen einige Vorteile<br />
gegenüber Spätimplantationen auf. So gibt es keinen<br />
Druck auf den krestalen Knochen und die Stabilität kommt<br />
ausschließlich von der Spongiosa. Die Kavität blutet immer<br />
und der Knochen beziehungsweise die Bi- und Trifurkationen<br />
im Seitenzahnbereich sind gut sichtbar. Und zu guter<br />
Letzt ist ein Sofortimplantat in wenigen Minuten gesetzt.<br />
Man benötigt zur Aufbereitung lediglich die beiden ersten<br />
konischen Champions Dreikantbohrer (gelb und weiß) und<br />
kondensiert mit den Condensern eine neue Alveole in der<br />
alten. Selbst bei seitlichen Unterkiefermolaren ist es nicht<br />
schwer, die schmale Bifurkation so aufzubereiten, dass ein<br />
Implantat mit dem Durchmesser 4,0 mm inseriert werden<br />
kann. Im Anschluss an die Sofortimplantation fülle ich die<br />
Restalveole mit Knochenersatzmaterial auf, das ich nach<br />
dem Smart Grinder-Verfahren aus dem extrahierten und<br />
gereinigten Zahn des Patienten gewonnen habe. In dieser<br />
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48<br />
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Sofortimplantation<br />
10<br />
7<br />
Zahnmaterial matrix befinden sich übrigens mehr Knochenwachstumsfaktoren<br />
als im Knochen selbst (Abb. 10).<br />
Dogma 11: Sofortimplantationen in granulomatöse, apikale<br />
Zysten sind ein „No-Go“.<br />
Wenn der Infektionsherd (sprich die Ursache der bakteriellen<br />
Entzündung, also der Zahn) entfernt wird, kommt – nach Eliminierung<br />
der anaeroben Bakterienkultur mittels lokaler Antibiotikumtropfen<br />
– ein immunologisch gesunder Patientenknochen<br />
mit dem aktuellen Geschehen völlig klar. Das leicht subkrestal<br />
inserierte Implantat mit ausreichender Primärstabilität wird<br />
regulär genauso osseointegrieren wie bei einem Spätimplantat<br />
auch. Vier Monate post OP kann der Zahnersatz eingegliedert<br />
werden (Abb. 11 bis 12).<br />
Dogma 12: Bei Implantationen nach dem MIMI-Protokoll ist<br />
der Workflow aufwendig und das Investment hoch.<br />
8<br />
9<br />
Das Gegenteil ist der Fall: Für Implantationen nach dem MIMI-<br />
Verfahren benötigt man weder DVT, noch ein Piezo, überflüssig<br />
ist der Umbau des Eingriffraums und eine „Astronautenverkleidung“<br />
entfällt. Man benötigt lediglich ein grünes, untersetztes<br />
Winkelstück „mit Durchzugsmöglichkeit“ (40 Ncm). Mehr<br />
Inves tition ist nicht nötig. Man sollte aber über ein kleines<br />
Lager von Champions (R)Evolution-Implantaten verfügen,<br />
um beispielsweise auch eine Sofortimplantation nach einem<br />
Unfalltrauma umsetzen zu können. Am häufigsten werden<br />
sicher die 8er und 10er Längen in den Durchmessern 3,5 / 4,0 /<br />
4,5 mm inseriert, aber auch jeweils ein ø 5,5 mm sollte sich im<br />
Lager befinden.<br />
Fazit<br />
Das MIMI-Insertionsprotokoll ist ein etabliertes, nachhaltigerfolgreiches<br />
Operations- und Prothetikverfahren – ohne<br />
„aktive“ Wiedereröffnung der Gingiva. Das 25 Jahre alte Verfahren<br />
in Verbindung mit Champions-Implantaten konnte seit<br />
2006 auch durch wissenschaftliche Studien etliche Vorurteile<br />
und Dogmen entkräften. MIMI begeistert über 4.500 Anwender<br />
in Deutschland, inzwischen auch in über 60 weiteren Län-<br />
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VIP-ZM MITGLIEDERSEITEN<br />
49<br />
11<br />
12<br />
dern weltweit. Unbestritten ist der fantastische Workflow, die<br />
zeitsparende und sichere Anwendung mit spartanisch gehaltenem<br />
Instrumentarium, bei gleichem zahnärztlichen Honorar<br />
wie beim „klassischen Prozedere“ mit Mukoperiostlappen<br />
und Nähten. Somit können auch Implantologie-Einsteiger das<br />
MIMI-Verfahren leicht in ihren Praxisalltag integrieren. Durch<br />
CNIP, der anatomischen Navigation, erfolgt die Aufbereitung<br />
und Implantatinsertion immer zwischen den kortikalen Knochenplatten.<br />
Wir arbeiten deshalb nie im „Knochen-Blindflug“.<br />
Unsere Patienten danken es uns: Keine Schmerzen während<br />
und nach den „sanften“, fast blutungsfreien Eingriffen, keine<br />
Wunddehiszenzen, keine Schwellungen. Unsere Patienten kennen<br />
Stent-Eingriffe am Herzen, bei denen ihnen der Brustkorb<br />
nicht eröffnet und wieder verschlossen wird. Auch die orthopädische<br />
Chirurgie arbeitet vornehmlich minimalinvasiv. Eine<br />
Sofortimplantation ist längst kein Hexenwerk mehr und wird<br />
zukünftig die Regel in unseren Praxen sein, egal ob mit Titan<br />
oder mit Zirkon-/ Keramikimplantaten von Champions.<br />
Dr. Armin Nedjat<br />
Präsident VIP-ZM e. V.<br />
—<br />
Kontakt über:<br />
VIP-ZM e. V.<br />
Silvaner Straße 13 a<br />
55129 Mainz<br />
E-Mail: info@vip-zm.de<br />
vip-zm.de<br />
13<br />
Abb. 13: 2013 gewann das MIMI-Verfahren in Dubai den SENSES Award als „Beste<br />
Innovation in der Medizin“ und wurde 2017 auch beim German Medical Award als „Beste<br />
Innovation“ nominiert.<br />
Implantologie<br />
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future-dental-academy.com<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 3 I 20<strong>22</strong>
50<br />
VORSCHAU/IMPRESSUM<br />
Die nächste Ausgabe erscheint am<br />
8. September 20<strong>22</strong> mit folgenden Themen *<br />
© DGZMK<br />
© Racool_Studio / freepik<br />
© ©pikselstock - stock.adobe.com<br />
Dossier – Endodontie & Zahnerhaltung<br />
Endodontie − was heute schon möglich ist und<br />
was morgen möglich sein wird<br />
Rauchentwöhnung in der Zahnarztpraxis<br />
Abschluss der Artikelreihe<br />
Klinische Erprobung<br />
Erfahrungsbericht zum universellen Adhäsivsystem<br />
„Universal Bond II“ von Tokuyama Dental<br />
... und viele weitere interessante Beiträge der Zahnmedizin<br />
*Die Redaktion behält sich Änderungen der Themen und Termine vor.<br />
HERAUSGEBER / VERLAG<br />
Barometer Verlagsgesellschaft mbH<br />
Brahestraße 16 · D-04347 Leipzig<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
Uwe Bräutigam<br />
JURISTISCHE BERATUNG<br />
RA Jens Mauchnik (Leipzig)<br />
ZAHNMEDIZINISCHE BERATUNG<br />
Dr. med. dent. Rasmus Sperber,<br />
M.Sc. (Leipzig)<br />
HRB (LEIPZIG) <strong>22</strong>482<br />
ISSN 1863 – 2858<br />
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Das Dental Barometer erscheint 20<strong>22</strong> mit 6 Ausgaben<br />
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Nr. 17 vom 01.01.20<strong>22</strong>. Es gelten die allgemeinen<br />
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mbH.<br />
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BEILAGEN DIESER AUSGABE<br />
Dentaurum GmbH Flyer<br />
(Teilbeilage in den PLZ-Gebieten 0____)<br />
MITGLIED DER<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 1 I 2020
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