Ausgabe 203
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
Österreich – Brasilien:<br />
200 Jahre Beziehungsgeschichten<br />
Im Mittelpunkt der Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien steht die<br />
faszinierende Vielfalt Brasiliens aus der Perspektive der jahrhundertelangen<br />
gemeinsamen Geschichte der beiden Länder mit ihren globalen Wechselwirkungen.<br />
Die intensiven Beziehungen zwischen<br />
Österreich und Brasilien reichen in die<br />
Zeit der Habsburger-Monarchie zurück: Die<br />
Vermählung von Erzherzogin Maria Leopoldine<br />
von Österreich, der vierten Tochter von<br />
Kaiser Franz II./I. und dessen Ehefrau Maria<br />
Theresia von Neapel-Sizilien, mit dem portu -<br />
giesischen Thronfolger Dom Pedro im Jahr<br />
1817 hatte nicht nur politische, sondern auch<br />
weitreichende wissenschaftliche Folgen. Die<br />
Ausstellung im Naturhistorischen Museum<br />
Wien (NHM Wien) vermittelt einen Eindruck<br />
von der großangelegten Expedition, die<br />
anläßlich der Hochzeit unter der obersten<br />
Lei tung des österreichischen Staatskanzlers<br />
Metternich initiiert wurde. Ein Stab von an -<br />
gesehenen Wissenschaftlern sammelte und<br />
dokumentierte vier Jahre lang unter enormen<br />
Strapazen die exotische Fauna und Flora,<br />
aber auch Mineralien und ethnologische<br />
Kostbarkeiten. Der Präparator und Naturforscher<br />
Jo hann Natterer blieb sogar 18 Jahre<br />
lang in den Regenwäldern Südamerikas und<br />
sandte zigtausende Objekte und Präparate<br />
nach Wien. Eine kleine Auswahl aus seinen<br />
Sammlungen, heute im NHM Wien und im<br />
Weltmuseum aufbewahrt, wird in der Ausstellung<br />
ebenso gezeigt wie einige der<br />
unzähligen Herbarbögen, die dem Botaniker<br />
Johann Pohl zu verdanken sind.<br />
Aber auch die problematische Seite der<br />
Brasilien-Beziehungen wird aufgezeigt –<br />
einige der vielen Facetten wie Sklavenhandel<br />
und Kolonialismus haben massive Auswirkungen<br />
bis in die Gegenwart. Dazu zählen<br />
rücksichtsloses, oft brutales Verhalten ge -<br />
genüber der indigenen Bevölkerung ebenso<br />
wie die radikale Ausbeutung der begehrten<br />
Natur- und Bodenschätze, zu der unser eigenes<br />
Konsumverhalten wesentlich beiträgt. Im<br />
Kontrast dazu werden die Möglichkeiten und<br />
Grenzen der Wissenschaft, aber auch der in -<br />
digenen Wissens- und Erfahrungsschätze, die<br />
*) Das Frontispiz oder der Bildertitel ist eine dekorative<br />
oder informative Abbildung, die sich auf der zwei ten,<br />
dem Titelblatt gegenüberliegenden Seite befindet. Er<br />
ist in der Regel also auf die Rückseite des Schmutztitels<br />
gedruckt. © https://de.wikipedia.org/<br />
© NHM Wien, Alice Schumacher<br />
Frontispiz *) des Buchs „Aroidae Maximilianae“ von Johann Peyritsch, in dem er nach Aufzeichnungen<br />
von Heinrich Schott (1879) jene Arongewächse beschrieb, die Kaiser Maximilian I.<br />
auf seiner Reise nach Brasilien gesammelt hatte. Dieses Bild stammt von einem der Reise -<br />
begleiter des Kaisers, dem Wiener Maler Joseph Selleny (es ist oben etwas angeschnitten…)<br />
sich in globalem Interesse um Lösungsansätze<br />
bemühen, beispielhaft aufgezeigt.<br />
Der größte Teil der bis 23. April 2023 zu<br />
besichtigenden Ausstellung ist den einzigartigen<br />
Naturräumen Brasiliens ge widmet –<br />
dem immergrünen Regenwald Amazoniens,<br />
dem tausende Kilometer langen küstennahen<br />
»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />
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Bereich des Atlantiks, der dichten Wildnis<br />
des Atlantischen Waldes, der bleichen Vegetation<br />
des „Weißen Waldes“ in der Caatinga,<br />
den tropischen Sumpfgebieten des Pantanals,<br />
den hochspezialisier ten Gräsern der Pampa<br />
und den verschlossenen Savannen des Cerrado.<br />
Die gigantische Vielfalt und zumindest