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Ausgabe 203

Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022 70<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

„Ich möchte den heute hier versammelten<br />

Vertreterinnen und Vertretern der Opferverbände<br />

zusichern: Österreich wird alles tun,<br />

damit dieser Ort zu einem angemessenen Ort<br />

des Gedenkens, zu einem Ort des Lernens, zu<br />

einem Ort der Begegnung umgestaltet wird,<br />

der dem Andenken aller Opfer würdig ist“,<br />

schloß der Bundespräsident seine Rede.<br />

Sobotka: im Handeln liegt<br />

unsere Verantwortung<br />

… wenn Zeitzeugen fehlten und Geschichtsrevisionismus<br />

um sich greife. Vor allem gel -<br />

te es zu vermeiden, daß sie zu „gedankenlosen,<br />

sinnentleerten, erstarrten Ritualen werden“,<br />

mahnte Nationalratspräsident Wolfgang<br />

Sobotka. Gedenken habe stets eine Dimension,<br />

die in die Zukunft weise, und müsse<br />

einem wertorientierten Denken und Handeln<br />

in der Gegenwart Halt geben. Ein nur der<br />

Vergangenheit verhaftetes Erinnern drohe<br />

hingegen, zur formelhaften Pflichtübung zu<br />

werden.<br />

Die Republik Österreich bekenne sich<br />

heute, nach einem langen und teilweise<br />

ignoranten Weg der Verdrängung und Leugnung,<br />

zur Verantwortung gegenüber der ei -<br />

genen Geschichte. Deren Aufarbeitung sei<br />

aber längst nicht abgeschlossen und Ignoranz<br />

gegenüber der eigenen Geschichte<br />

längst nicht durchgehend beendet. Das Mindeste,<br />

was man heute tun könne, sei es, zur<br />

Geschichte der Zweiten Republik, zur Ge -<br />

schichte der Länder, Städte und Gemeinden<br />

zu stehen.<br />

Zudem müsse auch der Blick auf die blinden<br />

Flecken der Zeit nach 1945 gerichtet<br />

werden, forderte Sobotka. Diese seien etwa<br />

die Nachkriegsjustiz oder die Frage, warum<br />

eine Entschuldigung Österreichs und eines<br />

Angebots an vertriebene Jüdinnen und Juden<br />

gefehlt hätten. Blinde Flecken seien auch die<br />

Nazis, die im Dienste der Zweiten Republik<br />

standen, und der Umgang mit verschiedenen<br />

Opfergruppen, wie Roma und Sinti, Homosexuellen<br />

und Zeugen Jehovas. Auch rechtliche<br />

Fragen gelte es zu thematisieren, wie<br />

den Umgang mit enteigneten Stiftungen oder<br />

wie weit die Restitution von gestohlenem Be -<br />

sitz abgeschlossen sei. Gefragt sei aber nicht<br />

nur das Reden, sondern das Handeln, denn<br />

„im Handeln liegt unsere Verantwortung“,<br />

schloß Sobotka. Mit dem an Ankauf von<br />

Grundstücken auf dem Gelände des ehemaligen<br />

KZ Gusen habe die Republik Österreich<br />

gezeigt, daß sie handle und bereit sei,<br />

ihre Geschichte aufzuarbeiten.<br />

Nehammer: Österreich<br />

trägt Verantwortung…<br />

„Mehr als 40 Jahre hat es gedauert, bis<br />

das offizielle Österreich anerkannt hat, im<br />

Na tionalsozialismus nicht nur Opfer, sondern<br />

auch Täter gewesen zu sein. Dieses Ein -<br />

geständnis war enorm wichtig, um die Verbrechen<br />

des NS-Regimes aufzuarbeiten. Was<br />

wir heute als selbstverständlich betrachten,<br />

war ein langer und mühsamer Prozeß“, sagte<br />

Bundeskanzler Karl Nehammer anläßlich des<br />

Gedenkaktes der Staatsspitze am Areal des<br />

früheren Konzentrationslagers Gusen in<br />

Oberösterreich. Der Bundeskanzler betonte,<br />

daß es „nicht nur politisch, sondern auch<br />

gesellschaftlich“ ein langer Weg gewesen sei,<br />

bis Österreich seiner Verantwortung nachkam:<br />

„Die ehemaligen Konzentrationslager<br />

Mauthausen und Gusen spielten dabei eine<br />

maßgebliche Rolle. Heute sind sie nicht nur<br />

Gedenkstätten, sondern wichtige Mahnmäler.<br />

Denn als Republik Österreich haben wir<br />

nicht nur gegenüber den Opfern und ihren<br />

Nachfahren, sondern auch gegenüber uns<br />

selbst die Verantwortung, uns die Gräueltaten<br />

der Nationalsozialisten immer wieder vor<br />

Augen zu halten und so dafür zu sorgen, daß<br />

wir sie niemals vergessen.“<br />

Kogler: Verpflichtung, der Opfer<br />

des NS-Terrors zu gedenken<br />

„Es erfüllt mich mit Demut, daß ich heute<br />

hier stehen darf. Das ehemalige Konzentrationslager,<br />

an dem wir uns heute zum Ge -<br />

denken einfinden, ist einer jener traurigen<br />

Orte in Österreich, an denen die nationalsozialistische<br />

Vernichtungsmaschinerie gewütet<br />

hat und von dem viele geglaubt haben, es<br />

werde schon das Gras des Vergessens drüber<br />

wachsen“, sagte Vizekanzler Werner Kogler.<br />

„Bald aber haben Überlebende begonnen,<br />

sich gegen dieses Vergessen zu wehren: zu<br />

tief die Wunden, zu groß die Trauer über das<br />

Erlittene. Lassen Sie mich heute und hier<br />

sagen: Wir werden es nicht zulassen, daß je<br />

Gras darüber wächst.“<br />

Foto: BKA / Dragan Tatic<br />

Karner: In Gusen einen<br />

würdigen Gedenkort schaffen<br />

„Die Gedenkstätte Mauthausen ist der<br />

zentrale Ort der Erinnerung an die NS-Verbrechen<br />

in Österreich. Mit Unterstützung des<br />

Innenministeriums wurden hier in den verasd

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