Ausgabe 203
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
Trilaterales Präsidententreffen<br />
Bundespräsident Alexander Van der Bellen traf seine Amtskollegen aus<br />
Kroatien und Slowenien – sie fordern EU-Kandidatenstatus für Bosnien<br />
7<br />
Foto: Carina Karlovits / HBF<br />
v.l.: Borut Pahor (Slowenien), Zoran Milanović (Kroatien) und Alexander Van der Bellen bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Kroatien<br />
Der Krieg in der Ukraine und die europäische<br />
Perspektive der Westbalkanländer sung des Konflikts zu finden. Zumindest weniens. „Bosnien-Herzegowina könnte<br />
keit, einen Weg für eine diplomatische Lö - Glauben“ machen, sagte der Präsident Slo-<br />
standen am 3. Juni im Mittelpunkt des Treffens<br />
der Staatsoberhäupter Österreichs, Kroa -<br />
tiens und Sloweniens auf den Brioni-Inseln<br />
in Kroatien. Die Staatschefs demonstrierten<br />
Einigkeit in der Verurteilung der russischen<br />
Aggression gegen die Ukraine, aber zugleich<br />
auch Machtlosigkeit, Lösungen für eine baldige<br />
Beendigung des Krieges zu finden.<br />
„Der Krieg wütet heute seit 100 Tagen und<br />
wir hoffen alle, daß es keine 100 Tage wei -<br />
tergeht. Wir wissen aber nicht, wie wir das<br />
beschleunigen können“, sagte Bundespräsident<br />
Alexander Van der Bellen bei einer ge -<br />
meinsamen Pressekonferenz mit seinen beiden<br />
Amtskollegen, Borut Pahor und Zoran<br />
Milanović. Die drei Präsidenten hätten die<br />
Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der<br />
Ukraine und Sanktionen gegen Rußland<br />
besprochen, sagte Van der Bellen und fügte<br />
hinzu, daß die EU-Staaten bisher bei den<br />
Sanktionen „bemerkenswerte Einigkeit“ ge -<br />
zeigt hätten. „Es ist wichtig, auch gegenüber<br />
dem Aggressor, daß wir uns in dieser Situation<br />
nicht auseinanderdividieren lassen in<br />
der Europäischen Union“, betonte er.<br />
„Wir verurteilen die russische Aggression,<br />
aber alles andere ist nicht in unseren<br />
Händen“, sagte der Gastgeber des heurigen<br />
Jahrestreffens, Kroatiens Präsident Milano -<br />
vić. „Wir können nichts verändern, nur hoffen,<br />
daß der Krieg so bald wie möglich en -<br />
den wird“, sagte er. Sein slowenischer Amtskollege<br />
nicht in diesem Moment“, sagte Pahor.<br />
In der Kriegssituation in der Ukraine dür -<br />
fe man die Länder des Westbalkans nicht aus<br />
den Augen verlieren, mahnte Bundespräsident<br />
Van der Bellen. Die EU-Beitrittsprozesse<br />
dieser Länder, die sich laut dem Bundespräsidenten<br />
zu lange hinziehen, müsse man auf<br />
eine neue Basis stellen und die EU-Er wei -<br />
terungspolitik am Westbalkan neu gestalten.<br />
In Bezug auf den schleppenden Beitrittsprozeß<br />
der Westbalkan-Länder sagte er, daß<br />
man in der EU „zu sehr im Klein-Klein“ verharre.<br />
„Alle sechs Länder des Westbalkans<br />
gehören in die Europäische Union“, unterstrich<br />
der Bundespräsident.<br />
Sloweniens Präsident betonte, daß er seit<br />
Jahren darauf hinweist, daß die EU-Erweiterung<br />
des Westbalkans eine geopolitische Fra -<br />
ge sei. Das habe sich jetzt auch mit dem<br />
Krieg in der Ukraine gezeigt, sagte Pahor<br />
mit Blick darauf, daß die EU-Mitgliedschaft<br />
der Ukraine bis zum Krieg nicht wirklich im<br />
Fokus stand. „Eine europäische Perspektive<br />
ist die einzige dauerhafte Zusicherung für<br />
Frieden und Sicherheit auf dem Westbalkan“,<br />
betonte er und mahnte, daß Verzögerungen<br />
bei der Erweiterung den Weg für<br />
nationalistische Politik freimachen könnte.<br />
In Bezug auf Bosnien-Herzegowina setzt<br />
sich Pahor dafür ein, daß das Land sofort<br />
einen Kandidatenstatus bekommen sollte und<br />
den erforderlichen Bedingungen später nach -<br />
sich somit aus dem Teufelskreis ohne jeglichen<br />
Fortschritt und ohne Status lösen“,<br />
zeigte sich Pahor überzeugt. Van der Bellen<br />
begrüßte Pahors Initiative: „Wir müssen auf<br />
neue Ideen kommen, wie wir die Annäherung<br />
an die EU beschleunigen, sonst greift<br />
dort Frustration nicht nur bei den Politikern,<br />
sondern auch bei der betroffenen Bevölkerung<br />
um sich. Das dann wieder zu korrigieren,<br />
wird noch schwerer sein“, mahnte er.<br />
„Ich spreche seit Jahren darüber – der<br />
Westbalkan, insbesondere aber Bosnien-<br />
Herzegowina, gerät aus dem Fokus“, betonte<br />
auch der kroatische Präsident und kritisierte,<br />
daß die Mehrheit der EU-Staats- und Regierungschefs<br />
„keine Ahnung“ über die Region<br />
habe. Die Aufgabe der kroatischen Diplomatie<br />
liege darin, auf die Probleme hinzuweisen,<br />
sagte Milanović.<br />
In diesem Zusammenhang verteidigte er<br />
seine Position, mit der er immer wieder für<br />
Aufsehen sorgt, etwa mit seiner Forderung<br />
nach einer Blockade des NATO-Beitritts von<br />
Schweden und Finnland, bis das Problem mit<br />
der Wahlreform in Bosnien gelöst ist. „Alles,<br />
was ich mache, hat ein klares Ziel. Nicht je -<br />
mandem zu trotzen, zum Beispiel Schweden<br />
und Finnland, sondern jenen zu helfen, die<br />
auf keine andere Weise Hilfe bekommen<br />
können“, sagte er. „Unwissenheit und mangelndes<br />
Interesse bei denjenigen, die einen<br />
Unterschied machen können, schmerzen<br />
Pahor sieht derzeit „keine Möglich-<br />
kommen könne. Die EU sollte das „im guten mich“, so Milanović.<br />
n<br />
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