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Ausgabe 203

Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

66<br />

Daher ist dies auch ein Fest der Dankbarkeit.<br />

Wir danken allen, die damals den<br />

Grundstein dafür gelegt haben, daß wir in<br />

Österreich seit Jahrzehnten in diesem Frieden<br />

leben können.<br />

Wir danken den Alliierten, die gemeinsam<br />

Hitler entgegengetreten sind, und wir danken<br />

den Widerstandskämpferinnen und Wi -<br />

derstandskämpfern, von denen viele für<br />

ihren Mut einen hohen Preis bezahlt haben.<br />

Vor wenigen Tagen erst, am 5. Mai, dem<br />

Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen,<br />

haben wir den „Gedenktag gegen<br />

Gewalt und Rassismus“ begangen – im<br />

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.<br />

Trauer und Freude liegen oft sehr nah<br />

beieinander. Und auch in die Freude dieses<br />

Festes mischt sich ein Gefühl der Trauer.<br />

Denn während wir hier stehen und den da mals<br />

errungenen Frieden feiern, herrscht anderswo<br />

in Europa wieder Krieg. Nicht weit weg:<br />

Von Wien zur ukrainischen Grenze rund 600<br />

km. das ist weniger als nach Bregenz.<br />

Die Menschen in der Ukraine – Männer,<br />

Frauen, Kinder – erleben seit dem 24. Fe -<br />

bruar kaum vorstellbare Grausamkeit und<br />

alptraumhaften Schrecken. Hier ist es unser<br />

aller Menschenpflicht, die Augen nicht zu<br />

verschließen, sondern zu helfen: Zu helfen<br />

heißt etwa, den nach Österreich vor dem<br />

Krieg Geflüchteten eine Unterkunft zu ge -<br />

ben, ihnen Arbeit zu verschaffen und die<br />

Kin der zu unterrichten. Was auch geschieht.<br />

Und dafür bedanke ich mit ausdrücklich<br />

bei allen!<br />

Meine Damen und Herren!<br />

Wenn Freiheit und Frieden bedroht sind,<br />

braucht es Entschlossenheit und Mut,<br />

braucht es Widerstand. „Politischer Widerstand“<br />

ist der thematische Schwerpunkt, un -<br />

ter dem das diesjährige Fest der Freude steht.<br />

Politischer Widerstand war nicht nur zur<br />

Zeit des Nationalsozialismus wichtig. Politischer<br />

Widerstand muß überall dort ansetzen,<br />

wo damit begonnen wird, Freiheit und liberale<br />

Demokratien zu unterminieren, zu mißbrauchen<br />

und zu schwächen. Es heißt nicht<br />

umsonst „Wehret den Anfängen“.<br />

Diese Worte müssen wir ernstnehmen und<br />

sie heute leben. Es ist ein klarer Auftrag an<br />

uns alle und besonders an die Politikerinnen<br />

und Politiker: Wir sind verantwortlich, den<br />

so schwer errungenen Frieden zu schützen<br />

und zu bewahren, oder auch wiederherzustel -<br />

len, und das gemeinsame europäische Wohl<br />

vor alle individuellen nationalen Interessen<br />

zu stellen.<br />

Foto: Peter Lechner / HBF<br />

Foto: Peter Lechner / HBF<br />

Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen anläßlich des „Fests der Freude“<br />

Das ist etwas, das wir hoffentlich aus der<br />

Geschichte des Nationalsozialismus gelernt<br />

haben.<br />

Meine Damen und Herren!<br />

Eine Zeitzeugin, Erika Freeman, ist heute<br />

hier, sie wird gleich zu uns sprechen. Sehr<br />

geehrte, liebe Frau Freeman! Ich darf Sie<br />

herzlich begrüßen, und ich möchte Ihnen<br />

dafür danken, daß Sie aus New York nach<br />

Wien gekommen sind und dieses Fest mit uns<br />

gemeinsam feiern. Das Österreich, in das Sie<br />

kommen, ist ein anderes als das, aus dem Sie<br />

damals als Kind vertrieben wurden.<br />

Auch wenn es lange gedauert hat, die<br />

Verantwortung für die NS-Vergangenheit an -<br />

zunehmen: Österreich ist heute ein Land, das<br />

die damals Vertriebenen und ihre Nachkommen<br />

willkommen heißt.<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

So ist seit fast zwei Jahren eine Novelle<br />

des Staatsbürgerschaftsgesetzes in Kraft, die<br />

den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft<br />

für Opfer des Nationalsozialismus<br />

und deren Nachkommen erleichtert und dazu<br />

beiträgt, zerrissene Bande neu zu knüpfen.<br />

Meine Damen und Herren!<br />

Heute vor 77 Jahren wurde das Fundament<br />

gelegt für viele Jahrzehnte Frieden und<br />

Demokratie in Österreich.<br />

Nehmen wir das Fest der Freude als Er -<br />

innerung und Auftrag, diesen Frieden und<br />

damit verbundene grundlegende Werte wie<br />

Menschenwürde und Solidarität bewußt wert -<br />

zuschätzen und zu stärken. Jede und jeder<br />

Einzelne kann etwas dazu beitragen.<br />

In diesem Sinne wünsche ich uns allen<br />

einen schönen Abend.<br />

Bundespräsident Alexander Van der Bellen begrüßt die geborene Wienerin und Zeitzeugin<br />

Erika Freeman – links im Bild Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich

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