Ausgabe 203
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
105<br />
Einen Höhepunkt erreichte<br />
die Geschichte…<br />
von Halytsch und Wolodymyr unter Danylo<br />
(1201-1264), der als einziger ostslawischer<br />
Fürst vom Papst mit der Königskrone<br />
bedacht wurde (der Titel „Rex Russiae“ meint<br />
nicht das spätere Rußland mit der Hauptstadt<br />
in Moskau, sondern die Rusʼ mit der Hauptstadt<br />
Kiew). Danlyo, der enge Beziehungen<br />
zu seinen westlichen Nachbarn Ungarn und<br />
Polen unterhielt, gründete mehrere Städte,<br />
die wichtigste davon ist zweifellos „Leopolis“<br />
(ukr. Lwiw, poln. Lwów, dt. Lemberg),<br />
die nach Danylos Sohn Leo/Lew benannt<br />
wurde. In diese neu gegründeten Städte wurden<br />
sehr bald auch deutsche Kolonisten<br />
berufen, sie wurden mit dem Magdeburger<br />
Stadtrecht ausgestattet, das eine bürgerliche<br />
Selbstverwaltung vorsah – ein typisch europäisches<br />
Charakteristikum, das den Städten<br />
des Großfürstentums Moskau fehlte.<br />
Unter Danylo kommt es auch zu einem<br />
ersten österreichisch-ukrainischen Kontakt,<br />
als dieser 1252 auf der Seite der ungarischen<br />
Königs Bela IV. in den Kampf um das Ba -<br />
benbergische Erbe gegen Přemysl Otokar II.<br />
eingreift. Wenig später kam es sogar zu einer<br />
Eheschließung zwischen Danylos Sohn Ro -<br />
man und der Nichte des letzten Babenbergers,<br />
Gertrude – es ist allerdings nicht überliefert,<br />
ob dieses Paar jemals in die heimatliche<br />
Ukraine zurückkehrte und somit verlieren<br />
sich die Spuren dieser ersten direkten<br />
Be ziehung. Das ukrainische Erbe der Fürstentümer<br />
Halytsch und Wolodymyr hat sich<br />
allerdings über die Jahrhunderte bis ins<br />
österreichische Galizien erhalten.<br />
© Wikipedia / / CC-BY 4.0 /<br />
Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer<br />
Die Sprachgruppen Österreich-Ungarns im Jahr 1910 (basierend auf dem Geschichtsatlas<br />
von William R. Shepherd, 1911)<br />
Wien aus der höchst bedrohlichen<br />
zweiten Türkenbelagerung befreit<br />
In späteren Jahrhunderten finden sich<br />
ukrainisch-österreichische Beziehungen oft in<br />
anderen Beziehungen eingeschlossen, wie et -<br />
wa den österreichisch-polnischen – kein<br />
Wunder, gehörte doch der größten Teil der<br />
heutigen Ukraine über Jahrhunderte zum<br />
polnischen Staat. Als König Jan Sobieski am<br />
13. September 1683 mit seinem Angriff vom<br />
Kahlenberg die Stadt Wien aus der höchst<br />
bedrohlichen zweiten Türkenbelagerung be -<br />
freite, kämpften auch zahlreiche Ukrainer in<br />
seinen Reihen. Sobieski selbst, aus dem Os -<br />
ten Polens, der heutigen Westukraine stammend,<br />
hatte einen Teil seines Heeres in dieser<br />
Gegend rekrutiert; dazu kamen Kosakenregimenter<br />
aus der rechtsufrigen, polnischen<br />
Ukraine, die eine willkommene Ergänzung<br />
zur polnischen Kavallerie darstellten. Heute<br />
erinnert das Kosaken-Denkmal im Türkenschanz-Park<br />
an die Mithilfe ukrainische<br />
Kämpfer beim Einsatz von Wien 1683. Auch<br />
der berühmte Kundschafter Kolschitzky, der<br />
die Verbindung zwischen der eingeschlossenen<br />
Stadt und dem Entsatzheer herstellte, war<br />
ein gebürtige Ukrainer, Jurij Kultschyzkyj,<br />
der aufgrund seiner polnischen Staatsbürgerschaft<br />
zumeist als Pole gilt.<br />
Echter Bürgerkrieg im<br />
polnisch-litauischen Staat<br />
Das polnisch-ukrainische Verhältnis spitz -<br />
te sich im Lauf der Zeit immer mehr zu,<br />
1648 kam es im Aufstand unter Bohdan<br />
Chmelnyzkyj, einem enorm wichtigen Da -<br />
Das Kosaken-Denkmal im Wiener Türkenschanz-Park<br />
»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />
tum im ukrainischen nationalen Gedächtnis,<br />
zu einem echten Bürgerkrieg im polnischlitauischen<br />
Staat, der aus der „polnischen“<br />
Ukraine einen großen Teil herauslöst und<br />
dem russischen Zaren unterstellt. Das hatte<br />
eine Zweiteilung des Landes zur Folge, die<br />
Gebiete westlich des Dnipro bleiben bei Po -<br />
len, die östlich des Flusses gelangen unter<br />
rus sische Oberherrschaft. Am Ende dieser<br />
Zeit steht ein Versuch, nicht nur diese beiden<br />
Teile wieder zu vereinigen, sondern auch die<br />
Ukraine aus der russischen Vorherrschaft, die<br />
in der Regierungszeit des Zaren Peter immer<br />
belastender wurde, zu befreien. Hetman Iwan<br />
Mazepa (1639-1709), langjähriger treuer Va -