Ausgabe 203
Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: ab 2022 vier Mal jährlich mit bis zu 170 Seiten Österreich.
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>203</strong> / 04. 07. 2022<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
103<br />
einer Lösung des Konflikts beitragen zu wol -<br />
len. Der Botschafter der Ukraine, Vasyl Khymynets,<br />
verlas eine Grußbotschaft der Gattin<br />
des ukrainischen Präsidenten, Olena Zelenska,<br />
die ihren Dank für diese Form einer symbolischen<br />
Unterstützung der Ukraine aus Ös -<br />
terreich zum Ausdruck brachte.<br />
Im Hauptteil des Abends wurden Gedichte<br />
von Lina Kostenko in deutscher Sprache<br />
vom Übersetzer, Prof. Alois Woldan, aber<br />
auch in der ukrainischen Originalfassung, vor -<br />
getragen von Kammersängerin Zoryana Kush -<br />
pler, gelesen, Gedichte, die nicht unmittelbar<br />
mit dem Krieg zu tun haben, deren menschliche<br />
und existentielle Botschaft aber auf dem<br />
Hintergrund der tragischen Situation einen<br />
neuen Beiklang bekam. Zur besonderen Stim -<br />
mung dieses Abends trug zweifellos auch<br />
dessen musikalische Rahmung bei, besorgt<br />
von der ukrainischen Geigerin Vira Zhuk, die<br />
ein spezifisch ukrainisches Programm ausgewählt<br />
hatte, und einmal mehr von der Sängerin<br />
Zoryana Kushpler, die von der Rezitation<br />
der Texte unmittelbar zum acapella-Vortrag<br />
ukrainischer Volkslieder wechselte.<br />
Besonderen Eindruck hinterließ zweifellos<br />
eine Grußbotschaft der Dichterin, in einer<br />
Videopräsentation vorgetragen von ihrer En -<br />
kelin Jaroslava, in der die Dichterin sich aus<br />
dem von Krieg und Bomben gezeichneten<br />
Kyjiw an ein Publikum in Wien wandte und<br />
sowohl an die Brückenfunktion der Dichtung,<br />
aber auch an die Verantwortung aller, die an<br />
diesem Dialog der Kunst partizipieren, er -<br />
innerte.<br />
Ukrainische Literatur in der<br />
Österreichischen Nationalbibliothek<br />
Umfang und Reichhaltigkeit dieser<br />
Sammlung gehen auf die fast 150 Jahre währende<br />
Periode zurück, in der Galizien, Lo -<br />
domerien und die Bukowina zum habsburgischen<br />
Vielvölkerstaat gehörten. Rund 400<br />
ausgewählte Publikationen sollen zur Aus -<br />
einandersetzung mit diesem kulturellen Erbe<br />
anregen. Dabei reicht der thematische und<br />
zeitliche Horizont auch über die heutige<br />
Westukraine und das Jahr 1918 hinaus. Die<br />
Werke stehen allen BenutzerInnen in einem<br />
allgemein zugänglichen Lesesaal der Österreichischen<br />
Nationalbibliothek am Heldenplatz<br />
zur Verfügung.<br />
Ein Teil dieser in den Depots lagernden<br />
Bücher und Zeitschriften erlangt somit<br />
Sichtbarkeit und kann direkt aus den frei zu -<br />
gänglichen Regalen entnommen werden. Für<br />
alle anderen Titel besteht wie schon bisher<br />
die Möglichkeit, sie nach Vorbestellung vor<br />
Ort zu lesen oder als Teil der umfangreichen<br />
Foto: BMEIA / Gruber<br />
Foto: Österreichische Nationalbibliothek<br />
Univ.Prof. Alois Woldan, Präsident der Östereichisch-Ukrainischen Gesellschaft PaN, gab im<br />
Gespräch mit Mezzosopranistin Zoryana Kushpler (im Bild) und der ORF-Literaturexpertin<br />
Katja Grasser eine Einführung in Lina Kostenkos Leben und Werk.<br />
digitalen Bibliothek am Bildschirm einzusehen.<br />
Für vertriebene UkrainerInnen können<br />
die se Regale ein Stück Heimat mitten in<br />
Wien bedeuten, für uns alle sind sie ein An -<br />
stoß, sich mit einem jenseits des Krieges<br />
immer noch weitgehend unbekannten Land<br />
auseinander zu setzen. Bei einem Besuch in<br />
der Österreichischen Nationalbibliothek wur -<br />
de dem ukrainischen Botschafter in Österreich,<br />
S.E. Vasyl Khymynets, dieses Projekt<br />
vorgestellt, das auf seine Initiative hin umgesetzt<br />
wurde.<br />
Ein wichtiger Grund für die besonders<br />
gute Dokumentation ukrainischer Kultur und<br />
Sprache an der Österreichischen Nationalbibliothek<br />
ist eine Verordnung, die im Jahr 1808<br />
in Kraft trat: Nach der Eingliederung der östlichen<br />
Territorien in den Verbund der k.k.<br />
»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />
Monarchie wurden auch die neuen Provinzen<br />
zu einer Pflichtablieferung für Druck -<br />
erzeugnisse verpflichtet. Als Folge verzeichnete<br />
die ehemalige Hofbibliothek besonders<br />
aus Galizien steigende Zugänge. Ein aktueller,<br />
auf der Website der Österreichischen Na -<br />
tionalbibliothek veröffentlichter Blogbeitrag<br />
verfolgt die Spuren dieser Geschichte.<br />
Heute finden sich in den Beständen der<br />
Österreichischen Nationalbibliothek ukrainische<br />
Titel vom 19. bis ins 21. Jahrhundert, zu<br />
den Themen Geschichte, Sprache, Wirtschaft,<br />
Kultur, Gesellschaft, Politik und Literatur;<br />
darunter auch Bücher österreichischer<br />
AutorInnen von Weltrang wie Stefan Zweig,<br />
Franz Kafka und Arthur Schnitzler auf<br />
Ukrainisch.<br />
n<br />
https://www.bmeia.gv.at/<br />
https://www.onb.ac.at/<br />
Der ukrainische Botschafter in Österreich, S.E. Dr. Vasyl Khymynets gemeinsam mit Generaldirektorin<br />
Johanna Rachinger bei der Präsentation des neuen Projekts.