flip-Joker_2022-07-8
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VERanstaltungen KULTUR JOKER 49
„Vorhang auf, Manege frei!“
Der Circus Harlekin kommt auf den Münsterplatz. Ein Interview
mit der Leiterin Silvia Cassel
Artistik auf dem Münsterplatz
Foto: Marc Doradzillo
Im Juli ist der Cirkus Harlekin
wieder auf dem Münsterplatz
zu sehen. Das Projekt im
Rahmen des Jugendbildungswerks
richtet sich an Kinder
und Jugendliche. Neben dem
Erlernen der Zirkuskunst
steht auch Teambuildung auf
dem Programm. Fabian Lutz
hat mit der Leiterin des Circus
Harlekin, Silvia Cassel,
über Geschichte und Profil des
Erfolgsprojekts gesprochen.
Kultur Joker: Der Circus
Harlekin gilt als echte Freiburger
Institution. Wie hat
das Ganze angefangen?
Silvia Cassel
Foto: Jugendbildungswerk
Silvia Cassel: 1989 haben wir
den Circus Harlekin als Projekt
für Kinder und Jugendliche von
8-18 Jahren gestartet. Mit unserer
Idee, ein Zirkusprogramm
zu entwickeln und öffentlich
aufzuführen, sind wir beim Jugendbildungswerk
gelandet. Das
Ganze wurde schnell größer.
Früher haben wir einmal die Woche
geprobt, mittlerweile übt das
ganze Ensemble mehrmals die
Woche und zusätzlich an einem
Wochenende im Monat. Aktuell
machen 35 Artist*innen bei uns
mit. Auch haben wir große Aufführungen,
etwa die im Juli auf
dem Münsterplatz, im Herbst im
Haus der Jugend oder als Benefizveranstaltung
im März 2023 im
Theater Freiburg.
Kultur Joker: Angeregt wurde
der Circus Harlekin vom
französischen Cirque Noveau.
Wo sehen Sie die Einflüsse?
Silvia Cassel: Recht früh hatte
der Circus Harlekin Kontakt
zu einem Zirkus in Besançon –
dem Cirque Plume. Zirkus hat in
Frankreich einen anderen Stand
als in Deutschland. Der professionelle
Zirkus wird dort staatlich
unterstützt. Auch gibt es sehr
viele Zirkusschulen und Zirkusinitiativen.
Im Zirkus werden in
Frankreich oft richtige kleine Geschichten
erzählt. Das ist mehr als
eine Nummernrevue mit einem
Direktor dazwischen. Es geht
weniger um Höchstleistungen als
um Kreativität.
Kultur Joker: Dieser wenig leistungsorientierte
Zugang passt sicher
gut zu einem Programm wie
dem des Circus Harlekin, der sich
auch an Kinder richtet.
Silvia Cassel: Auf jeden Fall. Im
Kinder- und Jugendzirkus muss
man immer Grenzen setzen. Wobei
wir auch immer schauen, wo
die Kinder und Jugendlichen stehen.
Einige möchten auch gefordert
werden und mit ihren Techniken
weiterkommen.
Kultur Joker: Haben die
Kinder und Jugendlichen
schon Zirkuserfahrung,
wenn sie zu Ihnen kommen?
Silvia Cassel: Die meisten sind
Amateur*innen. Meist ist es einfach
Freude an der Bewegung,
die die Kinder und Jugendlichen
mitbringen. Wir legen Wert darauf,
dass alle mitmachen können,
die Lust auf Zirkus haben.
Kultur Joker: Inwiefern ist der
Circus Harlekin ein pädagogisches
Angebot?
Silvia Cassel: Wir legen sehr viel
Wert auf Gemeinschaft, Rücksichtnahme
und Verantwortung.
Auch regen wir die Kinder und
Jugendlichen dazu an, eigene
Ideen einzubringen. Durch die
Vielstimmigkeit in der Gruppe
entsteht von selbst oft sehr viel.
Wir versuchen auch, die Älteren
in der Gruppe zu motivieren, die
Jüngeren zu unterstützen und
mitzunehmen. Das ist gerade bei
Pubertierenden nicht immer ganz
einfach. (lacht)
Kultur Joker: Der Circus Harlekin
wird von der Circus Harlekin
Band begleitet. Wie kamen Sie zur
eigenen Haus- und Hofband?
Silvia Cassel: Die Band geht auf
unsere Kooperationen mit dem
Schülerjazzorchester zurück. Die
Mitglieder*innen unserer aktuellen
Band sind auch nicht mehr
so ganz jugendlich. (lacht) Die
musizieren schon länger für uns
und sind wirklich gut eingespielt.
Kultur Joker: Die Vorstellungen,
gerade auf dem Münsterplatz,
ziehen ein großes Publikum an.
Auch im digitalen Zeitalter ist
Zirkus also nicht tot.
Silvia Cassel: Viele kennen uns
längst und sind jedes Jahr auf
das neue Programm gespannt.
Ich glaube, die Vielfalt, die wir
zeigen, macht es aus. Jede Show
ist anders. Die Techniken können
sich ähneln, aber die Ideen und
Geschichten dahinter sind immer
andere.
Kultur Joker: Ohne die Überraschung
nehmen zu wollen,
aber wollen Sie uns ganz exklusiv
verraten, was die Besuchenden
dieses Jahr auf
dem Münsterplatz erwartet?
Silvia Cassel: Wir hatten aufgrund
der Pandemie drei Jahre
Pause, deshalb wird es dieses Jahr
sehr anders. Weil wir während der
Pandemie nicht trainieren konnten,
sind viele der Älteren gegangen.
Insgesamt haben wir deshalb
ein eher junges Ensemble. Damit
gerade die Jüngeren gut in das
Programm reinkommen, wird es
etwas traditioneller werden. Früher
waren die Auftritte teils auch
kompliziert. Ganz klassisch wird
es aber nicht, wir machen das immer
auch mit einem zwinkernden
Auge.
Kultur Joker: Auf was für Darbietungen
darf man sich freuen?
Artistik auf dem Münsterplatz
Foto: Marc Doradzillo
Silvia Cassel: Da gibt es sehr viel.
Wir zeigen zum Beispiel Jonglage
mit Keulen, Bällen, Diabolos,
den Chinesischen Mast, auf dem
akrobatische Übungen gezeigt
werden. Einrad und Kunsträder
sind dabei, auch Seillauf. Comedy
und Clownerie gehören dazu,
ebenso poetische Nummern. Jede
Darbietung erzählt eine kleine
Geschichte. Unsere Show wird
unterhaltsam, überraschend und
humorvoll sein.
„Vorhang auf, Manege frei!
Der Circus Harlekin ist wieder
dabei!“ Aufführungen auf dem
Münsterplatz: 7./8. Juli, jew. 20
Uhr; 9. Juli, 16./20 Uhr; 10. Juli,
17 Uhr; 13. Juli, 20 Uhr.
Weitere Infos: www.jbw.de