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flip-Joker_2022-07-8

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MIXTApe KULTUR JOKER 39

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Politik und Style

Ein Interview mit Hengameh Yaghoobifarah, Autor*in und Journalist*in

Mit dem Buch „Ministerium

der Träume“ hat Hengameh

Yaghoobifarah einen

Bestseller gelandet. Bekannt

oder vielmehr berüchtigt

war Hengameh schon vorher,

denn Hengamehs Kolumnen

für die taz haben schon die

eine oder andere Kontroverse

ausgelöst. Am 2. Juli hätte

Hengameh im Rahmen des

Literaturfestivals „Aller Anfang

ist Yeah“ in Freiburg

gelesen. Leider entfällt der

Auftritt – dafür hat Fabian

Lutz mit Hengameh ein Interview

geführt – und über

Crocs, Gender-Outlaws und

den Aldi-Style gesprochen.

Kultur Joker: Du hast in Freiburg

Medienkulturwissenschaft

und Skandinavistik studiert.

Welche drei Dinge sind dir von

der Stadt im Kopf geblieben?

Hengameh Yaghoobifarah:

Ich erinnere mich an sehr viel

Sonne, fragwürdige Mode und

gute Fahrradwege.

Kultur Joker: Ich habe dein

Portrait in der „Vogue“ gelesen.

Dort bezeichnest du dich

als „Gender-Outlaw“. Was

heißt das?

Hengameh Yaghoobifarah:

Den Begriff hat Kate Bornstein

geprägt. Damit bezeichnet sie

Menschen, die aus der Zweigeschlechtlichkeit

herausfallen

und sich nicht mit hegemonialen

Genderrollen identifizieren.

Kultur Joker: „Outlaw“ klingt

noch dazu verbrecherisch und

ein bisschen nach Knalleffekt.

Hengameh Yaghoobifarah:

„Gender-Outlaws“ erleiden wie

Verbrecher Sanktionen, wenn

sie mit den Normen brechen.

Ich bin aber nicht nonbinär, weil

ich provozieren oder edgy sein

will, sondern weil ich mich weder

als männlich noch als weiblich

identifiziere.

Kultur Joker: Deine taz-Kolumne

heißt „Habibitus“, wo

du Fashion und Haltung zum

System forderst. Wie geht das

zusammen? Fashion klingt für

mich nach Kommerz, Haltung

zum System nicht.

Hengameh Yaghoobifarah

Hengameh Yaghoobifarah:

Fashion ist für mich nicht das,

was ich kaufe oder das, was

trendet. Kleidung und Ästhetik

sind für mich eine Möglichkeit

des Ausdrucks. Und Ausdruck

kann immer auch politisch

sein. Ich will nicht sagen, dass

diese oder jene Art von Mode

politisch ist oder nicht, sondern

fragen, welche Art von

Ästhetik eine bestimmte Haltung

transportiert. Das ist ein

kulturwissenschaftlicher Blick

Foto: Tarek Mohamed Mawad

auf Mode. Es geht darum, sich

Trends wie Uggs oder Crocs

anzuschauen und zu überlegen,

was da noch drin steckt und für

was das steht.

Kultur Joker: Mit Fashion

oder der Selbstbezeichnung

als „Gender-Outlaw“ willst du

nicht provozieren – viele Leute

fühlen sich trotzdem provoziert.

Kommst du mit dieser Diskrepanz

klar?

Hengameh Yaghoobifarah:

Ich kann nicht kontrollieren,

wie mich Leute wahrnehmen.

Das ist dann deren Ding. Nachvollziehen

kann ich das nicht

immer. Ich bin eben jemand,

der Dinge sagt, die andere Leute

eher aufregen. Auch, weil ich

Sachen nicht durch die Blume

ausdrücke, sondern sehr direkt

und ehrlich bin. Ich finde

nicht, dass man andere vor der

Wahrheit beschützen muss oder

Missstände nur euphemistisch

ansprechen soll, damit sich niemand

vor den Kopf gestoßen

fühlt.

Kultur Joker: Im Namen der

Kolumne verbindest du den

arabischen Begriff „Habibi“

(„mein Liebling“) mit dem deutschen

Begriff „Habitus“. Ist dir

die Vermengung verschiedener

Sprachen wichtig?

Hengameh Yaghoobifarah:

Was heißt wichtig? So rede ich

eben, das ist mein Vibe. Den

Titel „Habibitus“ hat mir Fatma

Aydemir (Anm.: Schriftstellerin

und Journalistin)vorgeschlagen,

die Mischung fand ich

richtig nice. Einerseits steckt

da Lifestyle, andererseits Soziologie

drin.

Kultur Joker: Themen, die bei

dir zusammenkommen.

Hengameh Yaghoobifarah:

Ich interessiere mich für Popkultur,

aber auch für Gesellschaft

und Politik. Das zu

trennen finde ich ziemlich realitätsfern.

Alle Menschen haben

doch irgendein Interesse an Politik,

genauso an Lifestyle. Ich

finde es schade, dass Dinge,

die Spaß machen, wie Mode

oder Pop, gleich als apolitisch

oder als kommerziell gelten. Es

geht ja nicht immer darum, sich

kapitalistisch an Trends zu beteiligen,

sondern um Spaß, auch

um Spaß an der Politik.

Kultur Joker: Apropos Mode:

Auf deinem Fashion-Blog

„Queer Vanity“ präsentierst du

die Aldi-Aesthetics. Wie gehen

Aldi und Ästhetik zusammen?

Hengameh Yaghoobifarah:

Das war ziemlich random. Ich

hatte einen blauschwarzweißen

Pulli, also irgendwie im Aldi-

Nord-Look. Zufällig war dann

auch ein Aldi im Hintergrund,

dann habe ich das eben kombiniert.

Manches, was ich mache,

passiert auf einem Shitposting-

Level. Da lege ich nicht alles

auf die Goldwaage, sondern

mache die Sachen spontan.

Kultur Joker: Im Mittelpunkt

von „Ministerium der Träume“

steht die Beziehung zweier Geschwister.

Eine ist tot, die andere

versucht, eine Verbindung

zu der Toten aufzubauen, auch

über die gemeinsame Herkunft,

die Migration nach Deutschland.

Ist eine gemeinsame Herkunft,

eine gemeinsame Familiengeschichte

etwas, das vor

Hass schützen kann?

Hengameh Yaghoobifarah:

Ich denke nicht, dass eine Herkunftsfamilie

unbedingt Schutz

bietet. Viele queere Menschen

zum Beispiel müssen sich gerade

vor ihrer Herkunftsfamilie

schützen. Mir geht es eher um

Wahlfamilien, eine Gemeinschaft,

die nicht unbedingt nach

der Logik der Heterokleinfamilie

geht. Ich finde es wichtig,

sich ein Leben mit Handlungsmacht,

Selbstbestimmtheit und

Freude zu schaffen.

Kultur Joker: Klassische Abschlussfrage:

Was kommt als

nächstes? Ich habe auf Instagram

von einer Verfilmung deines

Romans gelesen. Stimmt

das? Magst du etwas darüber

verraten?

Hengameh Yaghoobifarah:

Wahrscheinlich wird sogar

eine Serie daraus. Bis die Serie

oder Verfilmung erscheint

wird es aber wohl noch dauern.

Die beiden Produktionsfirmen

Jünglinge und Komplizen Film

arbeiten aber daran.

Kultur Joker: Liebe Hengameh,

wir sind gespannt auf deine

zukünftigen Projekte! Herzlichen

Dank für das Gespräch.

Hengameh Yaghoobifarah:

„Ministerium der Träume“,

Aufbau Verlag 2021.

Eintritt frei Eintritt EUR 18.-

SOMMER-

PROGRAMM `22

SO | 03. juli | 11-16:30 uHR

tRüffEltAG

regionaler trüffelverKaUf

& verKostUng

umfangreiches begleitprogramm

rund um den trüffel

dO | 14. juli | 19:30 uHR

jess jochimsen

„abschlussball“

lesunG, kabarett, sonGs

SA | 23. juli | 16:30 uHR

familienproGramm

Geschichten

am bach

andREas RatkE liest aus

“das Grosse buch von frosch

und kröte“

mit picknick am bach

fR | 05. AuG | 19:00 uHR

mit martina meuth,

bernd neuner-duttenhofer

und Wolfgang abel

„HUNGRIG AUF DEN

SCHWARZWALD“

Unsere ÖffnUngszeiten:

Di-sa 9:30-18:30 Uhr | so 11:30-18:30

79199 Kirchzarten-BUrg | hÖllentalstrasse 96

tel. 07661-9880921 | www.BUchlaDen-rainhof.De

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