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vision KULTUR JOKER 37
Neuenburg und die Kunst
Elvira Bach am Fluss / Herbert Maier im Wald
Die Landesgartenschau in
Neuenburg birgt einige Überraschungen.
Uns interessiert
die Kunst vor Ort. Zu solchen
Veranstaltungen gehören
Kunst-Setzungen fast schon
traditionell hinzu – man erinnere
sich an Freiburg, wo das
Ereignis 1986 stattfand und
Impulse setzte: Im Zentrum
stand zwar die Anlage des
Seeparks rund um den Flückiger
See als Naherholungsgebiet
für die Stadtbevölkerung,
Kunst konnte auch realisiert
werden. Dem Berufsverband
Bildender Künstler
(BBK) Südbaden war’s nicht
genug: man protestierte beim
Stadtplaner Klaus Humpert,
der die Leitung innehatte. Der
innewohnende Konflikt der
Interessen zwischen Stadtund
Landschaftsplanung, Architektur
und Bildender Kunst
zeigte sich damals und bleibt
ein struktureller.
Lahr 2018, die letzte LGS
in der Region, lieferte ein in
künstlerischer Hinsicht reichlich
enttäuschendes Resultat.
Diesmal ist es anders: Mehrfach
abgestufte Ausschreibungen
und Wettbewerbe
ermöglichten veritable Kunst
vor Ort. Zu dem positiven
Gesamteindruck, dies vorab,
trägt bei, dass das Konzept
der Neuenburger Schau ohnedies
schlüssig erscheint: die
Stadt an den Rhein zu bringen,
wieder, muss man sagen. Denn
Distanz und Risse schufen erst
das Hochwasser von 1525, das
die mittelalterliche Reichsstadt
mit ihrem auf erhabenem Plateau
gelegenen und einst weithin
sichtbaren Münster zu
großen Teilen zerstörte, später
dann die Rheinbegradigung,
die der Ingenieur Johann Gottfried
Tulla ab 1817 im Auftrag
der Markgrafen vornahm und
die die Stadt noch weiter vom
Fluss entfernte. Ein schönes
und schlüssiges Thema, die so
entstandene Kluft wieder ein
Stück weit zu reparieren. Übrigens,
die seit Jahren andauernden
Erdarbeiten brachten
einiges Erstaunliche zum Vorschein:
eine historische Hafenanlage
am Altrhein, Reste
der Westwall-Bunker aus dem
Zweiten Weltkrieg.
Engagierte Ausschreibungen
Arbeiten von insgesamt 14
arrivierten Künstler:innen
werden auf dem Areal gezeigt.
Im Zentrum stand der Wettbewerb
„Kunsträume“ (34 beteiligte,
7 ausgewählte), den die
Stiftung der Sparkasse Markgräflerland
zur Förderung von
Kunst und Kultur auslobte, gemeinsam
mit dem Sparkassen-
Verband Baden-Württemberg
und der Oberrheinkonferenz.
Eine weitere Ausschreibung
betraf zwei bislang missliche
und hässliche Fußgänger- und
Fahrrad-Unterführungen unter
der Westtangente und der
A 5 – beides ebenfalls Störriegel
zwischen der Stadt und
‚ihrem‘ Fluss. Hinzu treten
eine Kooperation mit dem
Freiburger Morat-Institut für
Kunst und Kunstwissenschaft
– und zwei Bürgerprojekte.
Beim Gang zum höchsten
Punkt im Gelände strandet
man am Café mit dem vielsagenden
Namen „Panzerplatte“:
ein ebenfalls historischer
Ort. Dort hat die Breisacher
Arton Galerie (dahinter steht
die Firma Birkenmeier Stein
& Design in Niederrimsingen)
mehrere Steinguss- Skulpturen
der Berlinerin Elvira
Bach aufgebaut. Schrill-bunt,
wie es sich für die (nicht mehr
ganz) Junge Wilde gehört;
thematisch: Frauen, Badenixen
– also passend zum
Wasser. Auflagen und Entstehungsdaten
werden leider
nicht mitgeteilt.
Belchen-Symbolik
Doch nur wenige Meter unterhalb,
mit Blick schon aufs
Wasser, begegnet wirklich
Erhabenes: eine wunderbare
Installation der Basler Künstlerin
Barbara Schnetzler mit
dem Titel „Belchen-Dreieck“.
Der Begriff ist keltischen Ursprungs
und bedeutet Sonnen-
oder Himmelsstein.
Schnetzler hat die Belchen-
Berge – Ballon d’Alsace, den
Schwarzwälder Belchen und
die Belchenfluh im Jura – als
Symbole für das Dreiländereck
genommen und jeweils
einen originalen Felsblock
platziert, zweimal Granit und
den Kalk vom Jura. Sie stehen
im Dreieck und ruhen im Goldenen
Schnitt. Die Freiburger
Kunsthistorikerin Heike
Piehler, die den Wettbewerb
„Kunsträume“ kuratierte,
sagte in ihrer Eröffnungsrede
mit Begeisterung: „Für
uns steht dieses Werk auch
symbolisch für die – natürliche
– Zusammengehörigkeit
dreier Länder.“ Die Beiträge
zu „Kunsträume“ sind also
„Land Art“ im klassischen
Sinne.
Maier, Schön, von Rothen,
Bürger
Der Freiburger Herbert
Maier durfte an mehreren
Stellen der LGS großformatige
Banner, Reproduktionen
von Arbeiten aus den letzten
Jahren, zeigen. Erweiterungen
seiner „Visuellen Bibliothek“,
Barbara Schnetzler, Belchen-Dreieck
Bürgerprojekt „Stelenwald“
Foto: Flashar
die mehrfach schon zu sehen
waren. Stimmig wirkt hier
eine Präsentation im Gehölz
am Rheinarm: das Konterfei
eines Käfers.
Die Eisengüsse von Dietrich
Schön kommen auf dem mit
Split aus Carrara-Marmor gegründeten
Hof am Morat-Institut
deutlich besser zur Wirkung
als jetzt auf dem weniger
kontrastierenden Schotter im
schattigen kleinen Stadtpark
„Wuhrloch“, der der LGS angeschlossen
ist.
Überzeugend und wirklich
frisch gerieten die beiden
Tunnel-Gestaltungen in Acryl
der Schweizerin Léonie von
Rothen, wohnhaft in Sulzburg.
Besonders Grundwasser
ist hier das Thema, imaginäre
Tiere schwimmen im fantastischen
Blau der gedachten
Höhlen.
Von den beiden Bürgerprojekten,
partizipativ: so soll
es sein, sticht „Stelenwald“
hervor: von 60 Menschen mit
Acryl bemalte Holzplatten,
wie Totems in Reihe aufgestellt,
ganz poetisch den Wiesenrand
umspielend.
Das Fazit: In den Sommerferien
mag Neuenburg ein geeigneter
Kunst-Ausflug in der
Region sein.
Weitere Infos: www.neuenburg2022.de/gartenschau/
kunst
Martin Flashar
Elvira Bach,Steinguss-Nixe
Foto: Fabry-Flashar
Léonie von Rothen, Unterführung, Detail
Foto: Fabry-Flashar
Premiumhändler
Südbaden
Konviktstr. 21 - 23
79098 Freiburg
Tel. 0761 37536
www.culinara-freiburg.de
Foto: Fabry-Flashar
Unikat von Stephan Rambaud, Meilleur Ouvrier de France