faktor Sommer 2022
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www.mehralseinmagazin.de<br />
18. Jahrgang <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> 8 Euro<br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
› DAS ENTSCHEIDER-MAGAZIN FÜR DIE REGION GÖTTINGEN<br />
erfolgsgeschichte Birgitt Witter-Wirsam hat HolzLand-Hasselbach neu erfunden und fit gemacht für die fünfte Generation 90
Unsere Steuerberaterinnen stehen für Frauenpower<br />
Das beste Mittel gegen Standardlösungen sind viele verschiedene<br />
Sichtweisen. Und die größten Erfolge für unsere Mandanten erzielen<br />
wir oft, wenn wir in gemischten Teams aus Frauen und Männern arbeiten.<br />
Deshalb verfolgt Quattek & Partner das Ziel, mehr Frauen in<br />
verantwortliche Positionen zu bringen.<br />
Dass wir uns dafür als Unternehmen verändern und weiterentwickeln<br />
müssen, liegt auf der Hand. Homeoffice und zahlreiche Teilzeitmodelle<br />
sind heute schon Standard.<br />
Wir arbeiten daran, das Selbstverständliche zu ermöglichen. So gehört<br />
es bei Quattek & Partner zur täglichen Praxis, Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern die gleichen Chancen zu bieten. Nicht um eine Quote<br />
zu erfüllen. Sondern um Potenziale auszuschöpfen. Und im Ergebnis<br />
noch besser zu werden.<br />
Jürgen Hollstein Dipl.-Kfm.<br />
Steuerberater<br />
Roland Haever Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Fritz Güntzler Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Johann-Karl Vietor Dipl.-Kfm.<br />
Steuerberater<br />
Thorsten Kumpe Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Miriam Engel Dipl.-Kffr.<br />
Steuerberaterin<br />
Lutz Becker<br />
Rechtsanwalt<br />
Jan Förster<br />
Steuerberater<br />
In Kooperation mit<br />
Quattek & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB · Nikolausberger Weg 49 · 37073 Göttingen · Tel. (05 51) 49 70 1-0 · www.quattek.de
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editorial<br />
UNSER NEUER<br />
BÜROBEDARF<br />
KATALOG<br />
»Braucht es diese Ausgabe<br />
wirklich?«<br />
FOTO COVER: ALCIRO THEODORO DA SILVA / FOTO EDITORIAL: LUKA GORJUP<br />
Seit unserem Top-Frauen-Schwerpunkt vor einem Jahr haben wir uns wiederholt<br />
der kritischen Frage stellen müssen: Ist es wirklich nötig, einen gesonderten Fokus<br />
auf erfolgreiche Entscheiderinnen zu setzen? Sollten sie nicht vielmehr ein ganz<br />
normaler, ebenbürtiger Bestandteil im <strong>faktor</strong> sein, 50 Prozent einer jeden Ausgabe für<br />
Top-Entscheider füllen?<br />
Selbstverständlich gibt es viele von ihnen in Südniedersachsen: Top-Frauen. Doch wer sich<br />
die Arbeitswelt und insbesondere die Führungsriege anschaut, wird schnell feststellen, dass<br />
hier bis heute eben keine Ausgewogenheit herrscht. Die Wahrheit ist, dass Frauen noch<br />
immer – aller noch so guten Ansätze und Bemühungen zum Trotz – im Berufsleben einen<br />
schwereren Stand haben als Männer. Und solange Frauen nicht überall die gleichen Chancen<br />
und Gehälter bekommen, so lange ist es wichtig, ja, sogar notwendig, Vorbilder ins<br />
Scheinwerfer licht zu stellen. Das machen wir – und zwar voller Überzeugung!<br />
So lernen Sie bespielweise unsere Coverfrau Birgitt Witter-Wirsam kennen. Die IHK-Vizepräsidentin<br />
berichtet uns, wie sie als Inhaberin eines traditions reichen Familienunternehmens<br />
mit zahlreichen Rückschlägen umgegangen ist und wie sie ihren Sohn fit für die Nachfolge<br />
macht. Uni-Biologin Maite Aguado erzählt von ihrer spannenden Forschung auf dem Grund<br />
der Weltmeere und davon, wie sie als Leiterin des geplanten Biodiversitätsmuseums neue<br />
Blickwinkel eröffnen möchte. Merle Homeier – aktuell eine der talentiertesten deutschen<br />
Weitspringerinnen – setzt für die Leichtathletikgemeinschaft Göttingen zum großen Sprung<br />
an, und Unternehmerin Julia Schwarz verrät, wie sie mit ihrem deutschlandweit einzigartigen<br />
Konzept von fairer Hochzeitsmode tagtäglich für nachhaltige Momente sorgt.<br />
Apropos nachhaltige Momente. Sie hat uns wieder! Endlich, nach langer Durststecke, ist sie<br />
mit voller Wucht zurück: unsere Kultur. Bildgewaltig wie eh und je sind die Höhepunkte der<br />
Region in dieser Ausgabe zu finden. Genießen Sie wunderbare visuelle Eindrücke – von der<br />
documenta über die Gandersheimer Domfestspiele und Göttinger Händel-Festspiele bis<br />
hin zum neuen Forum Wissen. Und natürlich sind auch wieder die einen oder anderen<br />
erfolgreichen Männer in diesem Heft zu finden ;-) Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre<br />
viel Vergnügen, und kommen Sie entspannt durch den <strong>Sommer</strong>.<br />
Ihre Elena Schrader<br />
Chefredakteurin<br />
schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
www.mehralseinmagazin.de<br />
P<br />
Direkt<br />
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Katalog<br />
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DER BLICK AUF<br />
DIE PREISE:<br />
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Wir denken Büro neu.<br />
an unserem Ausstellungszentrum stehen<br />
ausreichend kostenlose Parkplätze zur Verfügung.<br />
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2 |<strong>2022</strong> 3
inhalt<br />
Schwerpunkt im Magazin:<br />
Top-Frauen der Region im Profil<br />
ab Seite 107<br />
148 Voller Einsatz<br />
Am Start. Merle Homeier von der<br />
LG Göttingen zählt zu den besten<br />
Weitspringerinnen Deutschlands.<br />
Das wissen alle. Nur sie selbst<br />
manchmal noch nicht.<br />
unternehmen<br />
24 Unter Volldampf<br />
Technologieführer Piller Blowers &<br />
Compressors aus Moringen setzt auf<br />
konsequente Digitalisierung<br />
42 Erfolg verpflichtet<br />
Der Renovierungs-Discounter tedox<br />
spendet, anstatt zu feiern<br />
46 Die ewige Klassenfahrt<br />
Warum sowohl Schüler als auch<br />
die Region von Südniedersachsens<br />
Internaten profitieren<br />
wissen<br />
62 „Der Zweifel ist eine Stärke“<br />
Der neue Forum-Wissen-Chef<br />
Christoph Bleidorn im Interview<br />
68 Die facettenreiche Welt<br />
des Wissens<br />
Ein Blick in das neue Museum<br />
am Göttinger Bahnhof<br />
80 Die Wurmforscherin<br />
Biologin Maite Aguado über<br />
Godzillas Erzfeind und das geplante<br />
Biodiversitätsmuseum<br />
86 Auf dem richtigen Weg<br />
Was Göttinger Ärzte schon<br />
lange über Brüste wussten<br />
mensch<br />
90 Geht nicht, gibt’s nicht.<br />
Birgitt Witter-Wirsam hat alle<br />
Hindernisse aus dem Weg geräumt<br />
und HolzLand Hasselbach neu<br />
erfunden<br />
98 Dr. Code<br />
Der Mediziner Farshid Noorani und<br />
sein Weg in die IT-Branche<br />
102 Geburtsstunde auf Social Media<br />
Hebammen geben digital ihr<br />
Wissen weiter und sind Vorbild<br />
für den Nachwuchs<br />
107 Top-Frauen der Region<br />
präsentieren sich<br />
leben<br />
124 Mehr Diskussionen um die<br />
documenta, bitte<br />
Was die documenta wirklich<br />
möchte und wo ihre Chancen<br />
und Risiken liegen<br />
144 Ein weißer Traum aus Müll<br />
Mit fairer Hochzeitsmode sorgt<br />
Julia Schwarz für nachhaltige Momente<br />
148 Auf dem Sprung<br />
Wie Merle Homeier von der<br />
LG Göttingen an der Spitze der<br />
deutschen Weitsprungelite landet<br />
service<br />
3 Editorial<br />
8 Momentaufnahmen<br />
Besondere Augenblicke<br />
vergangener Tage<br />
16 Aktuelles<br />
Neues aus der´Redaktion<br />
20 Wenn’s passt, dann passt’s<br />
<strong>faktor</strong>-Profil bringt Menschen<br />
erfolgreich zusammen<br />
153 Impressum<br />
154 Wissensbissen<br />
New Work – Folge 4:<br />
Was sind Future Skills?<br />
gezeichnet von Tanja Wehr<br />
4 2 |<strong>2022</strong>
FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
24 Mehr als heiße Luft<br />
Hidden Champion. Um seinen Spitzenplatz als weltweiter Technologieführer in Sachen<br />
Hochleistungsgebläse und Kompressoren auszubauen, setzt Piller in Moringen neben<br />
präziser Handarbeit vor allem auf die konsequente Digitalisierung.<br />
62 Forum-Wissen-Chef<br />
» Von manchen wird<br />
Selbstzweifel als Schwäche<br />
angesehen, der wissenschaftliche<br />
Autorität untergräbt. Er ist aber<br />
eigentlich eine Stärke – weil man<br />
immer wieder neu prüft und so<br />
die beste Erklärung sucht.«<br />
FOTO: MARCO BÜHL<br />
68 Die facettenreiche Welt des Wissens<br />
Neues entdecken. Wie entsteht Wissen? Welche Menschen und Dinge sind daran beteiligt?<br />
Welche Methoden kommen zum Einsatz? Das neue Forum Wissen lädt dazu ein, diesen<br />
Fragen auf den Grund zu gehen.<br />
80 Die Wurmforscherin<br />
Aufgetaucht. Biologin Maite Aguado erzählt<br />
von ihrer Forschung auf dem Grund der<br />
Weltmeere und darüber, wie sie als Leiterin<br />
des geplanten Biodiversitätsmuseums der<br />
Uni neue Blickwinkel eröffnen möchte.<br />
2 |<strong>2022</strong> 5
Unsere exklusiven Marken:<br />
RAUMÜBERGREIFENDES KONZEPT, INTERNATIONALES DESIGN: WIE AUS EINEM GUSS WIRKT DAS INTERIOR, WENN DIE GRIFFLOSE<br />
KÜCHE MIT ANGRENZENDEN SCHRÄNKEN IM WOHN- UND ESSZIMMER KOMBINIERT WIRD, DIE EBENFALLS MIT FRONTEN AUS<br />
WALNUSSHOLZ GESTALTET SIND.<br />
DIE ELEGANZ DES HOLZES<br />
Sie ist ein architektonisches Statement: die Küche Bossa von LEICHT. Die grifflosen<br />
Fronten in edlem Walnussfurnier sind geprägt von markanten, schmalen<br />
und vertikal gestalteten Stäbchen. Die Küchenmöbel muten ausgesprochen<br />
wohnlich an und spiegeln damit einen der wichtigsten aktuellen Wohntrends<br />
wider, bei dem die Küche nahtlos in das Esszimmer und das Wohnzimmer übergeht.<br />
Dabei wird die Küche zum stilprägenden Raum und das Interior wirkt,<br />
wenn gewünscht, wie aus einem Guss.<br />
Küche vereint Modernität und Midcentury-Stil<br />
Die feine Linierung gibt dem Programm des schwäbischen Herstellers seinen<br />
Namen – denn Bossa kommt aus dem Portugiesischen und bedeutet Höcker.<br />
OB AUSZUG ODER SCHUBLADE: DAS INNENLEBEN DER<br />
SCHRÄNKE IST IN DER NEUEN FARBE CARBONGRAU<br />
GESTALTET.<br />
Die Küche vereint eine sehr klare und moderne Wirkung und zeitlose Formensprache<br />
mit einem angesagten Midcentury-Stil. Damit steht die Bossa ebenso<br />
wie die Küchenmarke LEICHT für minimalistisches und zeitloses internationales<br />
Design. Die Marke gilt als richtungsweisend für anspruchsvolle und<br />
moderne Küchenarchitektur „Made in Germany“. Möbel Hesse präsentiert im<br />
Markenstudio des Küchencenter No1 in Garbsen die größte Schau von LEICHT<br />
in Norddeutschland.
Die schönsten und exklusivsten Küchen unter einem Dach erleben – diese außergewöhnliche Möglichkeit bietet sich Ihnen bei<br />
Möbel Hesse: Im Markenstudio, zu finden direkt im Küchencenter No1, präsentieren wir Ihnen ein erweitertes Programm an<br />
hochwertigen Markenküchen. Es wird Sie beeindrucken, wie auch Ihre neue Küche zum wahren Schatz des Hauses wird!<br />
TELEFONISCHE TERMINVEREINBARUNG ZUR BERATUNG UNTER 0511 27978-3700<br />
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* Wert Holzteile ab 15.000,-.<br />
Nicht kombinierbar mit anderen<br />
Aktionen oder bestehenden Aufträgen.<br />
Gültig bis 31.8.<strong>2022</strong><br />
BLACK LINE<br />
Bei der black line Küche trifft die kühle Eleganz schwarzer Flächen auf die natürliche Schönheit und Wärme edlen Naturholzes. Der großzügige Anbautisch und die<br />
offene Gestaltung schenken dieser Küche eine wohnliche Atmosphäre.<br />
V-ZUG<br />
Puristisches Design, perfekt bis in Detail: Dafür stehen die Backöfen und<br />
Steamer der Marke V-ZUG aus der Schweiz. Die Spiegelglasfronten in<br />
Schwarz und Platinum integrieren sich nahtlos im Zusammenspiel mit den<br />
Möbeln. Bedient werden die Geräte mit einem Circle Slider, der in der Mitte<br />
des hochauflösenden Touch-Displays ins Glas geschliffen ist. Das Display<br />
zeigt alle Einstellungen in einer App an – für ein Höchstmaß an Komfort.<br />
REVOLUTIONÄR BESSER<br />
Das BORA Professional ist die Kombination aus dem hochwertigen<br />
Kochfeldabzug und leistungsfähigen, übertiefen Kochfeldern. Klassische<br />
Bedienknebel und Touch-Oberflächen mit LED-Anzeige garantieren eine<br />
einfache und intuitive Nutzung. Durch die übertiefen Kochfelder mit 54 cm<br />
bleibt noch mehr Platz zum Kochen. Auch zwei große Töpfe finden so leicht<br />
hintereinander Platz.<br />
MARKENSTUDIO IM KÜCHENCENTER No1<br />
Möbel Hesse GmbH, Robert-Hesse-Straße 3, 30827 Garbsen/Hannover, Tel. 0511 27978-3700, info@moebel-hesse.de, www.moebel-hesse.de
momentaufnahmen<br />
8 2 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
Momentaufnahmen<br />
<strong>faktor</strong> lässt besondere Ereignisse in der Region mit ausgewählten Impressionen Revue passieren.<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA & STEFAN KIMMEL<br />
Gesamtkunstwerk<br />
Einigen gilt sie als die beste der 42 Opern von Georg Friedrich Händel:<br />
,Giulio Cesare in Egitto‘. Und so gingen am 22. Mai auch die diesjährigen<br />
Internationalen Händel-Festspiele Göttingen unter der künstlerischen Leitung<br />
von George Petrou mit einem fulminanten Knall zu Ende. Petrou brachte in<br />
seiner Doppelrolle als Regisseur und Dirigent das Meisterwerk zurück an den<br />
Ort, wo die Händel-Renaissance in den 1920er-Jahren begann.<br />
In der rund viereinhalb Stunden langen Aufführung erlebten die Zuschauer im<br />
Deutschen Theater – in Zusammenarbeit mit dem rund 30-köpfigen Göttinger<br />
Festspielorchester und der Nederlands Reisopera – eine beeindruckende<br />
musikalische Darbietung. Gemeinsam erzählten sie die listige Rachegeschichte<br />
um den Anspruch Cleopatras auf den ägyptischen Thron und ihre Verführung<br />
des römischen Herrschers Caesar. Ebenso überzeugen konnte das Bühnenbild,<br />
das von archäologischen Funden des frühen 20. Jahrhunderts aus Ägypten<br />
inspiriert wurde. FOTO: STEFAN KIMMEL<br />
2 |<strong>2022</strong> 9
momentaufnahmen<br />
Episches Schauspiel-Spektakel<br />
Mitte Juni starteten die 63. Gandersheimer Domfestspiele – unter anderem<br />
mit der Premiere der atemberaubenden Krimigeschichte ‚Der Name der Rose‘<br />
von Umberto Eco über die Abgründe einer Klostergemeinschaft im Jahr 1327.<br />
Die Geschichte erzählt von einem brisanten Geheimnis hinter dicken Klostermauern,<br />
das wiederholt zu Todesfällen führt. Inszeniert von Marco Luca<br />
Castelli mit überwältigenden Bildern und bewegender Livemusik von<br />
Ferdinand von Seebach unter Beteiligung des Extra- Ensembles kam das<br />
Publikum nach coronabedingter Zwangspause endlich wieder in den Genuss<br />
der einzigartigen Freilichtbühnen atmosphäre vor der Bad Gandersheimer<br />
Stiftskirche. Die Festspiele laufen noch bis zum 21. August.<br />
10 2 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
2 |<strong>2022</strong> 11
momentaufnahmen<br />
Läuft wieder!<br />
Die Stimmung der über 5.000 begeisterten Zuschauer<br />
am Wegesrand und auch auf den Rennstrecken selbst konnte<br />
kaum ausgelassener sein. Denn am 24. April war es endlich<br />
so weit: Nach zwei Jahren Pause konnte das traditionelle<br />
Göttinger Radrennen Tour d’Energie (TDE) wieder starten.<br />
Rund 3.000 Fahrer traten auf den beiden 45 und 100<br />
Kilometer umfassenden Rennstrecken hoch motiviert<br />
in die Pedale. Neben Teilnehmern aus ganz Deutschland<br />
gingen in diesem Jahr auch wieder rund 15 Schul- und<br />
Firmenmannschaften an den Start und ließen<br />
sich von der Menge tragen.<br />
12 2 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
2 |<strong>2022</strong> 13
momentaufnahmen<br />
Ein Haus, das Zukunftsmusik spielt<br />
Inmitten von Kunstquartier und Innenstadt öffnete Anfang<br />
Mai das neue Göttinger Literaturhaus, das die Arbeit des<br />
Literarischen Zentrums und des Göttinger Literaturherbstes<br />
unter einem Dach vereint. Auf drei Etagen<br />
soll hier geplant, organisiert, veranstaltet, gelesen und<br />
diskutiert werden und so ein Ort der Begegnung<br />
entstehen. Bereits am Eröffnungswochenende überzeugte<br />
das Konzept die ersten Besucher – mit Musik, Lesungen<br />
von Doris Dörrie und Matthias Brandt sowie inspirierenden<br />
Reden, unter anderem des deutsch-bosnischen Autors<br />
Saša Stanišić (Foto).<br />
Der Festvortrag des Buchpreisträger 2019 war ein<br />
literarischer Text und eine Weiterdichtung seines Romans<br />
,Herkunft‘. Er sprach von persönlichen Erlebnissen in<br />
Ex-Jugoslawien – geprägt von mächtigen Bildern und<br />
glänzenden Zusammenführungen und von den in seinen<br />
Erinnerungen existierenden musizierenden Häusern.<br />
Dem Anlass angemessen, brachte er intelligent und<br />
unterhaltsam auf den Punkt, was das Literaturhaus<br />
Göttingen in Zukunft sein soll: „Es soll alle Tonleitern<br />
von Dur bis Moll und genreübergreifend spielen.<br />
Es sollte ausdrücken, was sein könnte, wie wir leben<br />
könnten. Ein Haus, das Zukunftsmusik spielt.“<br />
14 2 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
2 |<strong>2022</strong> 15
aktuelles<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Ab in die Zukunft<br />
<strong>faktor</strong> geht auf Zeitreise<br />
Eine besondere Ehre wurde dem <strong>faktor</strong> Ende März zuteil. Hier legten die<br />
Projekt- und Quartiersentwickler EBR und das Life-Science-Unternehmen<br />
amedes gemeinsam den Grundstein für ihr Projekt ‚InnovationsQuartier<br />
Herbert-Quandt-Straße‘. Das dreiteilige Gebäudeensemble soll als<br />
Kompetenzzentrum für den international tätigen medizinischen und Labor-<br />
Dienstleister dienen und bereits 2024 auf dem fast 20.000 Quadratmeter<br />
großen Grundstück fertiggestellt werden.<br />
Zur Grundsteinlegung wurde eine Zeitkapsel mit zeitgenössischen<br />
Dokumenten in die Erde gelassen – mit in der Röhre: die <strong>faktor</strong>-Ausgabe<br />
aus dem Frühjahr 2018, dessen Cover amedes-Gründer Helmut Wagner<br />
(Foto) ziert. Darin erzählte <strong>faktor</strong> zum damaligen 70. Geburtstag des<br />
Laborarzts dessen ganze Erfolgs geschichte, sprach mit ihm über Gott<br />
und darüber, warum man gerade als ‚alter‘ Marxist ein guter<br />
Unternehmer ist. Diese Erkenntnis wird nun – dank <strong>faktor</strong> in der<br />
Zeitkapsel – auch an künftige Generationen überliefert.<br />
Den Artikel über Helmut Wagner zum Nachlesen finden Sie unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/ora-et-labora<br />
Sind Sie dabei?<br />
Der <strong>faktor</strong>Azubi geht wieder an den Start<br />
Die nächste Ausgabe <strong>faktor</strong>Azubi erscheint Ende August! Sie gibt einen Überblick<br />
über die zehn beliebtesten Ausbildungsberufe Deutschlands und zeigt, mit<br />
welchen Jobs die kommende Generation auf dem Arbeitsmarkt die Welt<br />
verändern kann. Azubis und Studierende aus Südniedersachsen stellen eine<br />
bunte Mischung von spannenden Ausbildungen und dualen Studiengängen<br />
aus der Region vor und geben persönliche Einblicke in ihren Arbeitsalltag.<br />
Dazu gibt es wieder hilfreiche Unterstützung für die erfolgreiche Bewerbung<br />
sowie zahlreiche Tipps für die aktive Freizeitgestaltung – vom Forum Wissen<br />
über die documenta bis hin zu den Lieblingspodcasts aus der <strong>faktor</strong>-Redaktion.<br />
Möchten auch Sie sich den Schülern der Region als Arbeitgeber präsentieren und die<br />
Arbeitnehmer von morgen für sich gewinnen? Dann melden sie sich gern bei<br />
Nicole Benseler unter: Tel. 0551 30983922 oder benseler@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
16 2 |<strong>2022</strong>
aktuelles<br />
©UNIVERSITÄT GÖTTINGEN/JAN VETTER<br />
Die Mischung machtʼs<br />
Was haben James Bond, Fußball und die Natur<br />
gemein? Sie sind Teil der <strong>faktor</strong>-Events <strong>2022</strong>.<br />
In Sachen Veranstaltungen erwartet die Besucher in der zweiten<br />
Jahreshälfte ein Themencocktail, der es in sich hat.<br />
Zunächst steht am 25. August ein ganz besonders exklusiver Abend<br />
auf dem Programm: Uni-Präsident und Physik professor Metin Tolan<br />
(Foto) persönlich wird auf der nächsten <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />
als Speaker auf der Bühne stehen und seinen Vortrag ,Geschüttelt,<br />
nicht gerührt: James Bond im Visier der Physik‘ halten. Um das Event<br />
angemessen abzurunden, dürfen sich die Gäste auf das eine oder andere<br />
Bond-Highlight im Rahmenprogramm freuen.<br />
Auch das zweite Event des Jahres am 6. Oktober wird ein wenig aus dem Rahmen<br />
fallen. Gemeinsam mit den Coaches von nevo wird es eine Premiere geben: die aller erste<br />
<strong>faktor</strong>-Outdoor-Lounge. Der interaktive Vortrag von nevo ,Netzwerken in Bewegung‘<br />
findet im Wieterwald Northeim statt.<br />
Last but not least: Nachdem die im Juni geplante <strong>faktor</strong>-Business-Lounge mit Ex-Fußballnationalspieler<br />
Marco Bode coronabedingt abgesagt werden musste, steht nun fest, dass es<br />
passend zur Fußball-WM <strong>2022</strong> im November einen Nachholtermin geben wird – mit dem<br />
Titel ,Matchplan – was Fußball und Unternehmen voneinander lernen können‘.<br />
Sie möchten keines der Events verpassen? Dann tragen Sie sich einfach in unseren<br />
kostenlosen <strong>faktor</strong>-Newsletter ein oder informieren Sie sich unter: <strong>faktor</strong>events.de/fbl<br />
<strong>faktor</strong>-Wein<br />
Ein ganz besonderes Tröpfchen<br />
Der <strong>faktor</strong>-Wein ist da! Unter dem Namen ‚Lesefreude‘ nennt<br />
<strong>faktor</strong> nun – in Kooperation mit der Weinhandlung Bremer<br />
aus Göttingen – einen ausgesuchten Wein sein Eigen.<br />
Den hochwertigen Riesling vom Pfälzer Weingut Studier –<br />
der in der Regel nur Gästen in der Redaktion und Kunden<br />
vorbehalten ist – gibt es für aufmerksame <strong>faktor</strong>-Leser ab<br />
und an auf unserem Instagram-Account zu gewinnen:<br />
@<strong>faktor</strong>magazin.<br />
Reinschauen lohnt sich!<br />
2 |<strong>2022</strong> 17
aktuelles<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
<strong>faktor</strong>-Mittagsclub<br />
Häppchenweise Inspiration<br />
Einmal im Monat bietet der <strong>faktor</strong>-Mittagsclub Gelegenheit, sich in<br />
exklusiver Runde von einem kurzen Impulsvortrag inspirieren zu lassen<br />
und sich beim anschließenden Mittagessen im Amavi mit den anderen<br />
Teilnehmern auszutauschen. Ziel ist es, Unternehmen persönliche<br />
Ein blicke hinter sonst verschlossene Türen zu ermöglichen und frische<br />
Ideen aus neuen Businessmodellen zu vermitteln.<br />
Mittagsclub im Fellini mit Anthony Ioan (2. v. l.) und<br />
Gerald Spahiu (2. v. r.) von Koiotech<br />
Zu Gast im April war Haberland-Inhaberin Romina Weis. Im Alter<br />
von 27 Jahren übernahm sie das Göttinger Umzugsunternehmen. Die<br />
gelernte Kauffrau für Versicherung und Finanzen berichtete, wie die<br />
Unternehmensnachfolge bei Haberland gelaufen ist und wie sie sich in<br />
der Männerdomäne erfolgreich behauptet.<br />
Im Mai waren CEO Anthony Ioan und Gerald Spahiu von Koiotech (Foto)<br />
mit von der Partie – dieses Mal ausnahmsweise in fremder Location.<br />
Die Gewinner des Gründungswettbewerbs ‚Lift-Off‘ der Uni Göttingen<br />
2021 entwickelten eine voll automatisierte Assistenz für die Vermessung<br />
von Kartoffeln. Im Mittagsclub im Restaurant Fellini erzählen die Gründer<br />
von ihrer Idee und den damit verbundenen Herausforderungen.<br />
<strong>faktor</strong>-Newsletter<br />
Ab sofort gibt <strong>faktor</strong>-Herausgeber Marco Böhme einen<br />
wöchent lichen Überblick über das, was ihn und die Region bewegt.<br />
In ,Marco Böhmes <strong>faktor</strong>-Woche‘ berichtet der 47-Jährige über aktuelle<br />
Neuigkeiten und Events wie Eröffnungen und Empfänge in Süd nie dersachsen,<br />
über den <strong>faktor</strong>-Mittagsclub und die <strong>faktor</strong>-Business-Lounge.<br />
Mit seinen Erfahrungen als erfolgreicher Unternehmer gibt er persönliche<br />
Tipps für eine hochwertige Sichtbarkeit für Firmen der Region und lässt<br />
seine Leser mit exklusiven Einblicke in die Redaktion und ersten<br />
Eindrücken aus der nächsten Ausgabe am <strong>faktor</strong>-Alltag teilhaben.<br />
Interessiert?<br />
Dann melden Sie sich direkt an unter:<br />
www.mehralseinmagazin.de<br />
18 2 |<strong>2022</strong>
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Guter Rat<br />
ist die Wurzel<br />
Ihres Erfolges<br />
dr. Bodenburg<br />
Zilian<br />
Werk<br />
Rechtsanwalts- und Notariatskanzlei in Göttingen<br />
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Seit Generationen erste Anlaufstelle für Unternehmen und private Mandanten<br />
in allen juristischen Angelegenheiten<br />
dr. Bodenburg<br />
Zilian<br />
Werk<br />
Rechtsanwalts- Rechtsanwalts- und und Notariatskanzlei Notarkanzlei in Göttingen<br />
Rechtsgebiete<br />
Arbeitsrecht<br />
Bank-, Kapital-, Gesellschaftsrecht<br />
Erbrecht<br />
Versicherungsrecht<br />
Compliance<br />
Medizinrecht<br />
Energierecht<br />
Immobilien-, Bau-, Mietrecht<br />
Familienrecht<br />
Straf- & Verkehrsrecht<br />
Notariat<br />
Seit Generationen erste Anlaufstelle für Unternehmen und private Mandanten<br />
Vertrags- & Zivilrecht<br />
in allen juristischen Angelegenheiten<br />
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Rechtsgebiete<br />
SBZW Rechtsanwalts- und Notarkanzlei in Göttingen<br />
Arbeitsrecht<br />
Dr. Reinhard Bodenburg (Notar a. D.), Michael Bank-, Kapital-, Zilian Gesellschaftsrecht<br />
(Notar), Hasso Werk<br />
Berliner Straße 10, 37073 Göttingen · T Erbrecht elefon 0551 497070<br />
www.sbzw.de
18.06.21 12:46<br />
erfolgsgeschichte<br />
Wenn’s passt,<br />
dann passt’s!<br />
<strong>faktor</strong> bringt zusammen, was zusammengehört:<br />
Durch ein Firmenprofil im Magazin wurde Vertriebsspezialist Michael Paetzold auf die Coaches<br />
von nevo aufmerksam – und so begann eine Zusammenarbeit, von der heute alle profitieren.<br />
TEXT TOBIAS KINTZEL FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
N<br />
Eine Karte der Persönlichkeit<br />
Transformation mit Herz, Hirn und Hand – mit Coaches von nevo auf der Reise zu sich selbst<br />
in externes Coaching gehört mittlerweile<br />
zu den Grundprinzipien moderner<br />
Unternehmensführung. Auf dem Markt<br />
es jede Menge Ansätze und Strategien.<br />
innovativen und neuen Weg bieten<br />
Liebermann und Dr. Florian Besch mit<br />
rma nevo: MapsTell, ein CoachingTool,<br />
den Niederlanden stammt und auf<br />
sönlichkeitstest DISG basiert, kann<br />
personen, Teams oder ganze Unterngesetzt<br />
werden, um Führungsverammenarbeit<br />
und auch Firmenzuentwickeln.<br />
UND BESCH sind zwei von<br />
n Coaches in Deutschland, die<br />
den. Es handelt sich um eine<br />
tive und professionelle Art,<br />
en und die eigene Wirkung<br />
u begreifen, aber auch das<br />
nschen und Kolleg*innen<br />
en. Auf Basis eines Pereine<br />
individuelle Land<br />
, erstellt. Erläuterungen<br />
rch den Coach helfen<br />
warum man entspreuniziert.<br />
Die Vier-Zonen-Strategie<br />
„Wenn ich die Landkarte des anderen kenne,<br />
ist das ein Schlüssel zur guten Zusammenarbeit”,<br />
erklärt Liebermann. MapsTell verortet<br />
das Verhalten von Menschen in einem der<br />
vier Bereiche Dominanz, Initiative, Stetigkeit<br />
und Gewissenhaftigkeit, die sich dann weiter<br />
in insgesamt 16 verschiedene Verhaltensstile<br />
aufschlüsseln. Auf der PersonalMap zeigt sich<br />
die Landschaft des eigenen Verhaltens, in<br />
der Eigenschaften wie effektiv, überwältigend,<br />
bahnbrechend, aber auch geschwätzig oder<br />
moderierend Städten, Bergen, Flüssen und<br />
Gebieten zugeordnet sind. „Natürlich können<br />
diese Karten nicht 100 Prozent unseres Verhaltens<br />
abbilden, aber 60 bis 80 Prozent des<br />
Tests passen“, sagt Besch. „Es ist eine Reise<br />
zu sich selbst.“<br />
GERADE IN ZEITEN VON pandemiebedingtem<br />
Homeoffice werden die unterschiedlichen<br />
Präferenzen und Bedürfnisse von Teammitgliedern<br />
noch mehr zur Herausforderung.<br />
MapsTell und das Coaching ermöglichen, dass<br />
sich Teammitglieder in ihrer Unterschiedlichkeit<br />
begegnen können und den gemeinsamen<br />
Nutzen erkennen. Nicht umsonst heißt die<br />
KONTAKT<br />
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Manchmal braucht es – wenn der Zeitpunkt der<br />
richtige ist – nur einen kleinen Anstoß, um<br />
Dinge in Gang zu bringen. Für Michael<br />
Paetzold war dies ein Beitrag in der <strong>faktor</strong>-<strong>Sommer</strong>ausgabe<br />
im vergangenen Jahr. Das Unternehmensprofil<br />
mit dem Titel ‚Eine Karte der Persönlichkeit‘ stellte ein<br />
neues Coaching-Tool vor, das Daniel Liebermann und<br />
Florian Besch mit ihrer Göttinger Beratungsfirma nevo<br />
seit einiger Zeit anbieten: ,MapsTell‘ – ein<br />
aus den Niederlanden stammendes<br />
Coaching-Konzept, das für Einzelpersonen,<br />
Teams oder ganze Unternehmen<br />
eingesetzt wird, um Führungsverhalten,<br />
Zusammenarbeit und<br />
auch die Firmenkultur weiterzuentwickeln.<br />
„Ich fand diese Idee sofort spannend,<br />
aus einem Verhaltensscan eine individuelle<br />
Landkarte zu machen“, erzählt Paetzold<br />
Spielerisch, kreativ und professionell<br />
Dr. Florian Besch (l.) und Daniel Liebermann<br />
haben mit dem CoachingTool ,MapsTell‘ den<br />
Schlüssel für gute Zusammenarbeit.<br />
PersonalMap auch ,die Welt der Unterschiede‘.<br />
„Es ist gut zu wissen, wo Konflikte und<br />
Spannungsfelder liegen, um diese ausräumen<br />
zu können“, sagt Liebermann. Denn immer<br />
wieder entdecken Coachees auch eigene blinde<br />
Flecken und können mit der Erkenntnis<br />
wachsen.<br />
TEXT: CAROLIN SCHÄUFELE<br />
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PROFIL<br />
rückblickend. „Visuelles packt mich immer<br />
sehr direkt.“ Zum damaligen Zeitpunkt befand<br />
sich der heute 59-Jährige gerade in einer<br />
Weiterbildung zum Erlebnispädagogen und<br />
Outdoortrainer, nachdem er zuvor 20 Jahre im<br />
Geschäftskundenvertrieb bei der Telekom gearbeitet<br />
hatte. „Mit dieser Weiterbildung wollte ich<br />
mich dem nähern, was ich immer schon gern getan<br />
hätte: meine vertriebliche Erfahrung als Coach weiterzugeben.<br />
Das war schon lange ein Traum von mir.“<br />
Und so fragte sich Paetzold noch während er den Artikel<br />
las, wie er sich wohl bei nevo einbringen könne.<br />
DA ER FÜR DIE WEITERBILDUNG ohnehin ein Praktikum<br />
absolvieren musste, machte Paetzold kurz entschlossen<br />
das, was er in seinem vorherigen Job jahrelang perfektioniert<br />
hatte: Er griff zum Hörer. Ein Telefonat, das Liebermann<br />
noch heute in sehr guter Erinnerung hat: „Ich<br />
habe sofort gemerkt, dass Michael richtig Lust auf das<br />
Thema Coaching hat und sich weiterentwickeln wollte.“<br />
So verabredeten sie sich für ein erstes persönliches Kennenlernen<br />
in den Büroräumen im Göttinger Leineviertel.<br />
„Als ich bei nevo ankam, ist mir als Erstes ein Schild<br />
aufgefallen, auf dem ‚Auf Augenhöhe‘ steht“, erzählt<br />
Paetzold. „So lief tatsächlich auch unser Gespräch ab:<br />
ein klasse Austausch voller Wertschätzung.“ Und bereits<br />
bei diesem ersten Aufeinandertreffen stellte sich heraus,<br />
dass es sich anbot, über mehr als einen Praktikumsplatz zu<br />
reden. „Schnell wurde klar, dass Michael Ahnung von Vertrieb<br />
hat – besonders vom Telefonvertrieb mit Geschäftskunden.<br />
Genau diese Kenntnisse haben uns damals noch<br />
gefehlt“, berichtet Besch, der nevo vor zehn Jahren zusammen<br />
mit Liebermann gegründet hat. Inzwischen ist<br />
das Team bereits auf fünf feste und zwölf freie Coaches<br />
angewachsen.<br />
20 2 | <strong>2022</strong>
erfolgsgeschichte<br />
Win-win Dank <strong>faktor</strong> nehmen die nevo-Gründer Daniel Liebermann (r.) und Florian Besch (M.) mit Michael Paetzold (l.) im Team weiter Fahrt auf.<br />
NEVO WAR ZU DIESEM ZEITPUNKT gerade ‚MapsTell‘-<br />
Ambassador für Deutschland geworden und wollte sowohl<br />
andere Coaches für Zertifizierungslehrgänge als<br />
auch Unternehmen als Kunden für das neue Coaching-<br />
Angebot gewinnen. „Ehrlich gesagt: Die erste Kontaktaufnahme<br />
über das Telefon können wir, Florian und ich,<br />
nicht besonders gut“, gesteht Liebermann. „Michael hat<br />
da unheimlich Erfahrung mitgebracht.“ Und da die<br />
Chemie stimmte, legten sie sofort los: Liebermann nahm<br />
Paetzold zunächst zum Hospitieren zu zwei Veranstaltungen<br />
mit – eine davon waren die <strong>faktor</strong>-Teamtage.<br />
„Das war super“, sagt Paetzold. „Ich bin schon lange ein<br />
Fan des Magazins und habe mich immer gefreut, wenn<br />
ich eine Ausgabe in die Hand bekommen habe. So nah<br />
dran zu sein, war ein unerwarteter, spannender Blick<br />
hinter die Kulissen.“<br />
IN DER VORBEREITUNG auf die angedachte Unterstützung<br />
in der Telefonakquise bildeten Liebermann und<br />
sein Kollege Besch den Neueinsteiger auch als<br />
‚MapsTell‘-Guide aus und zertifizierten ihn bereits im<br />
Januar dieses Jahres. Das sei als Grundlage für erfolgreiche<br />
Telefonate unheimlich wichtig gewesen, betont<br />
Michael Paetzold. „Das ist ein komplexes Thema, dessen<br />
Einzigartigkeit nur schwer über eine Webseite herausgestellt<br />
werden kann. Aber wenn Leute am Telefon zuhören,<br />
dann kann ich ihr Interesse schnell wecken und<br />
einen Austausch in Gang bringen“, so der Vetriebsspezialist.<br />
„Michael macht heute den ersten Anruf, bricht für uns<br />
das Eis und stellt den Kontakt her“, erklärt Liebermann<br />
das gemeinsame Vorgehen. „Wir machen bei Interesse<br />
den zweiten Call.“ Gemeinsam seien sie deutlich professioneller<br />
geworden – und hätten schon erfolgreich neue<br />
Kunden gewinnen können. „Er geht auch potenzielle<br />
Kunden an, die wir gar nicht auf dem Schirm haben. Das<br />
eröffnet uns tolle Möglichkeiten. Der Nutzen für uns ist<br />
unheimlich groß.“<br />
AUCH FÜR SICH SIEHT MICHAEL PAETZOLD einen<br />
großen Nutzen: „Ich kann mich mit meiner Erfahrung<br />
optimal einbringen. Das macht mir Freude.“ Und er<br />
bekomme auch heute, nachdem er seine Weiter bildung<br />
als Outdoortrainer und Erlebnispädagoge beendet habe,<br />
immer wieder mal die Gelegenheit, Daniel Liebermann<br />
und Florian Besch zu Coachings zu begleiten. „Es ist<br />
ein Geben und Nehmen auf Augenhöhe. Es passt einfach.“<br />
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24 2 |<strong>2022</strong>
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Unter Volldampf<br />
Piller Blowers & Compressors ist ein Hidden Champion, der als<br />
weltweiter Technologieführer Hochleistungsgebläse und Kompressoren baut.<br />
Um diesen Spitzenplatz auszubauen, arbeiten die Moringer daran, den<br />
Kundennutzen mit konsequenter Digitalisierung noch weiter zu steigern.<br />
TEXT TOBIAS KINTZEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
2 |<strong>2022</strong> 25
unternehmen<br />
LESEZEIT: 10 MINUTEN<br />
Bei der Herstellung vieler, scheinbar simpler<br />
Produkte, die täglich durch unsere<br />
Hände gehen, sind viele Schritte notwendig.<br />
Bei einigen – eher unerwarteten<br />
– hat ein Unternehmen aus Südniedersachsen<br />
seine Finger im Spiel: Wenn<br />
es zum Beispiel um Tomatenmark, Papier,<br />
Kaffeepulver, das Feierabendbier oder das Salz in der<br />
Suppe geht, werden in der Produktion Maschinen von<br />
Piller Blowers & Compressors genutzt. Aber auch im<br />
Reinigungsprozess unseres Abwassers kommen sie zum<br />
Einsatz. Kurz gesagt: Die Hochleistungsgebläse und<br />
Kompressoren aus Moringen werden in verschiedenen<br />
Branchen gebraucht, wenn es darum geht, feste und flüssige<br />
Stoffe zu trennen oder zu trocknen – also zum<br />
Beispiel Milch in Milchpulver verwandelt wird. Dabei<br />
gilt es, den im Herstellungsprozess genutzten heißen<br />
Dampf rückzugewinnen, mit den Gebläsen und Kompressoren<br />
zu verdichten, wieder auf eine höhere Temperatur<br />
zu bringen und ihn letztlich erneut im Prozess verfügbar<br />
zu machen. „Wir fertigen keine Standardprodukte,<br />
sondern Einzelstücke, die speziell in die Produktionsanlagen<br />
unserer Kunden eingepasst werden“, erklärt<br />
Christoph Böhnisch die Erfolgsformel des Unternehmens,<br />
das er seit drei Jahren zusammen mit Stephan<br />
Merkel führt. Mit dieser Technologie wurde Piller zum<br />
Marktführer – weltweit. Rund um den Globus gibt es<br />
kaum ein Land, das noch nicht beliefert wurde. Die<br />
Exportquote liegt bei mehr als 85 Prozent.<br />
SEINE MASCHINEN HAT PILLER über Jahre hinweg stetig<br />
verbessert: Bemerkbar macht sich das in einer deutlichen<br />
Steigerung der Energieeffizienz, bei gleichzeitig<br />
minimierter Abnutzung des Materials. Was zunächst für<br />
Laien wenig spannend klingt, entpuppt sich als Technologie<br />
mit spektakulären Effekten für die Kunden: Die<br />
Maschinen von Piller sorgen für stabile Bedingungen im<br />
Produktionsprozess und damit eine gleichbleibende Qualität<br />
bei den Endprodukten. Aber vor allem reduzieren sie<br />
den Energieeinsatz im Produk tionsprozess zum Teil drastisch.<br />
Ist Piller gleich Piller?<br />
Die Piller Blowers & Compressors GmbH aus Moringen<br />
und die Piller Group GmbH in Osterode haben gemeinsame<br />
Wurzeln, sind heute aber voneinander unabhängige<br />
Unternehmen. Hervorgegangen sind sie aus einer<br />
Maschinenfabrik, die 1909 von Anton Piller gegründet<br />
wurde. Während sich das Werk in Osterode auf Elektromotoren<br />
und Generatoren spezialisierte, wurde die<br />
Fertigung der Ventilatoren nach Moringen verlegt.<br />
Nach dem Verkauf der Firma an den Konzern RWE<br />
entstanden aus den Geschäfts bereichen zwei eigenständige<br />
Unternehmen – in Moringen die Piller<br />
Industrieventilatoren GmbH.<br />
Im Jahr 2001 erwarben Bernd Klostermann und<br />
Nils Englund als gemeinsame Gesellschafter die<br />
Ventilatorensparte von RWE – und machten sie zu<br />
einem Global Player im Bereich Hochleistungsgebläse<br />
und Kompressoren. 2013 wurde das Unternehmen in<br />
Piller Blowers & Compressors GmbH umbenannt.<br />
Seit drei Jahren leiten die heutigen Geschäftsführer<br />
Christoph Böhnisch (l.) und Stephan Merkel (r.) die<br />
Geschicke des Unternehmens, das inzwischen<br />
vollständig im Besitz der Familie Klostermann ist.<br />
26 2 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
2 |<strong>2022</strong> 27
unternehmen<br />
» Die aktuell größte Herausforderung<br />
im Maschinenbau ist es, digitale Services<br />
und Lösungen zu entwickeln. «<br />
CHRISTOPH BÖHNISCH<br />
Denn um den noch warmen Dampf wieder aufzubereiten<br />
und aufzuheizen, muss weniger Energie eingesetzt<br />
werden als für die Neuproduktion derselben Menge.<br />
„Obwohl natürlich auch unsere Maschinen Energie verbrauchen,<br />
können Kunden die eingesetzte Energie im<br />
Gesamtprozess um das Sechs- bis Achtfache senken“,<br />
sagt Böhnisch. Bei einem Bio ethanolhersteller habe<br />
Piller beispielsweise 14 Maschinen installiert. „Bereits<br />
nach etwas über einem Jahr hatten sich die Investitionskosten<br />
von mehr als zehn Millionen Euro über die eingesparte<br />
Energie von etwa 35 Megawatt amortisiert“,<br />
erläutert der 53-Jährige, in dessen Verantwortung Forschung<br />
und Entwicklung, Produk tion, Vertrieb und<br />
Marketing liegen.<br />
DOCH DIE SÜDNIEDERSACHSEN sorgen nicht nur für<br />
enorme Kostensenkung bei ihren Kunden, sondern ermöglichen<br />
ihnen auch große Schritte auf dem Weg zur<br />
CO 2-Neutralität. „Steigende Energiepreise sind immer<br />
ein Argument für unsere Maschinen“, erläutert Stephan<br />
Merkel. „Auch wenn sie das Thema CO 2-Neutralität bereits<br />
ernst nehmen – wenn es um die Einhaltung von gesetzlichen<br />
Vorgaben oder Verbote bestimmter Energieträger<br />
wie Kohle geht –, melden sich Kunden bei uns.“<br />
Piller bekomme dabei nicht nur Greenfield-Aufträge,<br />
also die Beteiligung am völligen Neubau einer Produktionsstätte<br />
auf der grünen Wiese, auch Brownfield-Aufträge,<br />
die Nachrüstung bestehender Werke, würden gewonnen.<br />
„Im vergangenen Jahr haben wir ein Auftragsplus<br />
von 30 Prozent verzeichnet, mit 20 Prozent mehr rechnen<br />
wir in diesem Jahr“, sagt Böhnisch.<br />
Es läuft also offensichtlich gut für die Moringer – die<br />
sich allerdings nicht beruhigt zurücklehnen, sondern bereits<br />
an neuen Ideen arbeiten. „Die aktuell größte Herausforderung<br />
im Maschinenbau ist es, digitale Services<br />
und Lösungen zu entwickeln“, erläutert Böhnisch. Es<br />
gehe darum, zusätzliche Dienstleistungen rund um die<br />
Themen Betreiben, Steuern und Optimieren der Prozesse<br />
der Kunden anzubieten. „Die Digitalisierung darf kein<br />
Selbstzweck sein. Wir richten das an den sich verändernden<br />
Erwartungen unserer Kunden aus“, sagt er zur wei-<br />
28 2 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Fokussiert bei der Sache Bei jedem Produktionsschritt führen Mitarbeiter immer wieder unterschiedlichste Kontrollen durch – sowohl per<br />
Hand mit entsprechenden Schablonen (o.) als auch mithilfe von Maschinen (l.) –, damit alle Einzelteile später auch ihre Aufgaben erfüllen.<br />
teren Erklärung. Immer mehr junge Entscheider seien es<br />
heute gewohnt, Prozesse über Apps zu steuern und jederzeit<br />
Einblicke in geschäftskritische Vorgänge zu erhalten.<br />
„Diese Anforderungen müssen wir zukünftig als Maschinenbauer<br />
erfüllen“, sagt Stephan Merkel ergänzend.<br />
Der 47-Jährige ist seit sechs Jahren im Unternehmen und<br />
kümmert sich in der Geschäftsführung um die Bereiche<br />
IT, Finanzen und Personal – und wahrt als Schwiegersohn<br />
des Eigentümers Bernd Klostermann die Interessen<br />
der Inhaberfamilie. Gemeinsam mit Christoph Böhnisch<br />
hatte er den Staffelstab in der Geschäftsführung im Jahr<br />
2019 von Nils Englund übernommen.<br />
IN DER MASCHINENBAUBRANCHE – in der Piller zu<br />
Hause ist und die in weiten Teilen als nicht besonders<br />
agil, sondern eher behäbig wahrgenommen wird – könnten<br />
die Ausgangsvoraussetzungen für den dafür nötigen<br />
Digitalisierungsschub unterschiedlicher nicht sein: Einige<br />
Mittelständler setzen weiterhin ausschließlich auf<br />
ihre traditionellen Stärken wie etwa ein hohes Fertigungs-<br />
Know-how und überdurchschnittliche Produktqualität.<br />
Andere haben vorausschauend erkannt, dass sie den<br />
Kundennutzen mit digital erbrachten Dienstleistungen<br />
enorm steigern und sich selbst neue Umsatzquellen erschließen<br />
können – und müssen, wenn sie auch in Zukunft<br />
ein relevanter Anbieter bleiben wollen. Dazu zählen<br />
die Moringer. „Wir sind halbwegs früh dran“, sagt<br />
der aus Bayern stammende Böhnisch mit beinahe norddeutsch<br />
anmutender Zurückhaltung.<br />
Blickt man genauer hin, sieht die Ausgangssituation<br />
bei Piller Blowers & Compressors vielversprechend aus:<br />
Seit einigen Jahren wurde die Digitalisierung der eigenen<br />
Geschäftsprozesse vorangetrieben, Software hat bereits<br />
einen festen Platz in der alltäglichen Arbeit vieler Abteilungen<br />
gefunden. So kommen in der eigenen Forschungsund<br />
Entwicklungsabteilung seit Jahren modernste Softund<br />
Hardware zum Einsatz, mit denen die Gebläse und<br />
Kompressoren schon ab einem frühen Stadium der Entwicklung<br />
immer wieder genau analysiert werden. Dadurch<br />
gelingt es, jedes Einzelstück Schritt für Schritt zu<br />
verbessern und den Wirkungsgrad voll auszuschöpfen.<br />
Damit ist bei Piller zudem eine wichtige Grundlage<br />
gelegt, die kein Unternehmen bei geplanten Digitalisierungsvor<br />
haben unterschätzen sollte: Die handelnden<br />
Mitarbeiter haben verstanden, dass die digitale Transformation<br />
kein Weg von A nach B, sondern als kontinuierliche<br />
Optimierung der Prozesse auf Basis erhobener Daten<br />
zu sehen ist.<br />
2 |<strong>2022</strong> 29
unternehmen<br />
Handarbeit Beim Schweißen der Gebläse geht es an manch schwer zugänglichen Stellen nicht ohne das Fingerspitzengefühl von Spezialisten.<br />
Doch nicht nur in der Abteilung Forschung und Entwicklung<br />
ist die Digitalisierung weit vorangeschritten.<br />
Im Jahr 2018 hatte Piller damit begonnen, ein ERP-System,<br />
also eine Software zur Steuerung aller Unternehmensprozesse,<br />
einzuführen. „In unserer Größe waren<br />
wir in unserer Branche eine Art Pilotkunde“, sagt Merkel<br />
in der Rückschau. Zuerst habe man den Bereich Finanzen<br />
umgesetzt, im Jahr 2020 dann alle anderen Unternehmensbereiche<br />
nachgezogen. Auch diese schrittweise<br />
Umsetzung ist ein sinnvolles Vorgehen, um Digitalisierung<br />
erfolgreich zu machen: Immer mehr Mitarbeiter<br />
lernen den Umgang mit dem System, ohne die Gefahr,<br />
dass im Unternehmen nichts mehr funktioniert.<br />
HEUTE NUTZT PILLER EIN SEHR MODERNES System.<br />
„Ich habe zum Beispiel unsere Verkaufspipeline mit aktuellen<br />
Infos immer im Blick“, erzählt Böhnisch begeistert.<br />
„So weiß ich jederzeit, welche Aufträge unterschrieben<br />
sind, welche neuen Verkaufschancen sich gerade erst ergeben<br />
haben.“<br />
Auch mobiles Arbeiten gehört bei Piller in einigen Bereichen<br />
zur Normalität: Das weltweite Vertriebsteam ist<br />
mit iPads zu Terminen bei den Kunden unterwegs, und<br />
die IT-Abteilung konnte schon am Anfang der Pandemie<br />
Mitarbeitern aus infrage kommenden Abteilungen die<br />
Arbeit aus dem heimischen Büro ermöglichen. Anders<br />
als bei vielen mittelständischen Maschinenbauern, die<br />
für Homeoffice-Arbeitsplätze weder die technische Ausstattung<br />
noch die entsprechende Erfahrung hatten. Auch<br />
Stephan Merkel nutzt diese Möglichkeit, arbeitet immer<br />
wieder tageweise aus seiner Heimatstadt Bochum, während<br />
sein Kollege überwiegend vor Ort in Moringen zu<br />
finden ist.<br />
Ob bei der Anbindung der iPads an die Firmen-IT oder<br />
für den Betrieb des ERP-Systems: Piller setzt auf einen<br />
Cloud-Ansatz, nicht auf den Betrieb der Systeme in einem<br />
eigenen Rechenzentrum. „Der Betrieb in der Cloud<br />
und in den Händen von Experten ist aus unserer Sicht<br />
viel sicherer und zuverlässiger, als wir das selbst hinbekommen<br />
könnten“, erklärt Merkel.<br />
30 2 |<strong>2022</strong>
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32 2 |<strong>2022</strong>
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2 |<strong>2022</strong> 33
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Echte Schwergewichte In der Endmontagehalle werden die einzelnen Komponenten der Gebläse und Kompressoren, die bis zu 40 Tonnen wiegen,<br />
34 2 |<strong>2022</strong>
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zu fertigen Maschinen montiert und final geprüft.<br />
2 |<strong>2022</strong> 35
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Standortbekenntnis Im Jahr 2016 wurde das neue Piller-Verwaltungsgebäude am Hauptsitz in Moringen eröffnet.<br />
DIESE SEHR GUTE STARTPOSITION im Digitalisierungsrennen<br />
wird zusätzlich durch einen weiteren Faktor<br />
deutlich verbessert: die Produkte von Piller. „Unsere<br />
Maschinen sind grundsätzlich mit Sensortechnik ausgestattet“,<br />
erläutert Böhnisch. Die Sensoren liefern im<br />
laufenden Betrieb Informationen – zum Beispiel über<br />
die Einhaltung voreingestellter Grenzwerte – an die Produktionsleitzentralen<br />
der Kunden. Und genau diese Sensorinformationen<br />
können zukünftig zur Grund lage zusätzlicher<br />
digitaler Dienstleistungen gemacht werden. Ein<br />
interdisziplinäres Team hat in Workshops damit begonnen,<br />
diese digitalen Services genauer zu umreißen.<br />
Zum einen plant Piller, diese Daten über das Internet<br />
verfügbar zu machen, auszuwerten und für kontinuierliche<br />
Optimierungen der eingesetzten Maschinen zu<br />
nutzen. „Natürlich wollen Kunden nicht, dass ihre Prozesse<br />
von uns überwacht werden“, sagt Geschäftsführer<br />
Merkel. „Wir würden unseren Kunden Maßnahmen<br />
empfehlen, noch mehr Energie und damit Geld in ihrer<br />
Produktion zu sparen.“ Zum anderen steht das Thema<br />
,Predictive Maintenance‘ auf der Liste. Hierbei geht es<br />
darum, auf Basis der gesammelten Leistungs- und Abnutzungsdaten<br />
vorausschauende, geplante Wartungen<br />
oder Reparaturen durchzuführen, bevor es zu einem ungeplanten<br />
und deutlich kostspieligeren Stillstand der<br />
Maschinen kommt.<br />
Auf jeden Fall ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass<br />
die Moringer mit der Aussicht auf noch größere Einsparungsmöglichkeiten<br />
und noch kürzere Stillstandzeiten<br />
bei ihren Kunden offene Türen einrennen.<br />
GIBT ES IN DIESER ERFOLGSGESCHICHTE DENN so<br />
gar keinen Wermutstropfen? Doch. Zumindest einen<br />
kleinen: Den durch die zahlreichen neuen Aufträge ausgelösten<br />
Personalbedarf kann das Familienunternehmen<br />
nicht so einfach decken. „Es gelingt uns zwar immer<br />
wieder, hoch qualifizierte Mitarbeiter für uns zu gewinnen,<br />
allerdings bräuchten wir deutlich mehr“, sagt Merkel<br />
unumwunden. „Wir sind vor allem bei Menschen<br />
erfolgreich, die Verbindungen in die Region haben und<br />
sich zurück zu ihren Wurzeln bewegen – und wenn die<br />
Leute erstmal bei uns sind, bleiben sie“, ergänzt Böhnisch<br />
überzeugt. Kein Wunder: Sie arbeiten dann bei einem<br />
gesunden, stark wachsenden Technologieführer, bei<br />
dem die Zeichen – trotz aller, auch digitaler Herausforderungen<br />
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den man sich nicht –<br />
wie häufig üblich – erst einmal<br />
erarbeiten muss, entstehen oft<br />
kreative Ideen und Lösungen.“<br />
SARAH PETERS<br />
Seit mehr als drei Jahren ist der IT-Dienstleister<br />
Arineo nun im Herzen Göttingens beheimatet.<br />
In der Zwischenzeit ist das Unternehmen<br />
von einem kleinen Start-up zu einer<br />
mittelständischen Firma mit über 300 Mitarbeitenden<br />
und 15 Standorten in Deutschland,<br />
Österreich, Dänemark und China angewachsen<br />
und ist weiterhin auf Wachstumskurs.<br />
In diesem Jahr ist das Unternehmen bei der<br />
TopJob-Unternehmensbefragung zum Arbeitgeber<br />
des Jahres gekürt worden.<br />
Hallo Frau Peters, Glückwunsch zur Auszeichnung<br />
als bester Arbeitgeber <strong>2022</strong> bei<br />
TopJob! Zum ersten Mal dabei und direkt<br />
gewonnen. Wie fühlt sich das an?<br />
Sehr gut, auch wenn ich in dem Augenblick,<br />
als ich von diesem tollen Erfolg zum ersten<br />
Mal hörte, einen Moment gebraucht habe, um<br />
zu realisieren, dass wir Gewinner in unserer<br />
Kategorie sind. Wir sind ein besonderes Unternehmen<br />
mit einer tollen Kultur. Ich hätte<br />
tatsächlich nicht damit gerechnet, gleich bei<br />
der ersten Teilnahme zu gewinnen. Das bestätigt<br />
mich darin, auf dem richtigen Weg zu sein<br />
und diese Auszeichnung als Ansporn zu sehen,<br />
erfolgreich an unserer Unternehmenskultur,<br />
unserer besonderen Inhaberstruktur und<br />
der selbst entwickelten Organisationsstruktur<br />
weiterzuarbeiten.<br />
Wie kann man sich die TopJob-Mitarbeitendenbefragung<br />
vorstellen?<br />
Es handelt sich um eine, durch die Universität<br />
St. Gallen begleitete, wissenschaftliche Mitarbeiterbefragung<br />
in sechs Kategorien: Führung<br />
und Vision, Motivation und Dynamik, Kultur<br />
und Kommunikation, Mitarbeiterentwicklung<br />
und -perspektive, Familienorientierung und<br />
Demografie sowie Internes Unternehmertum.<br />
Die Befragung erfolgt online, ist anonym und<br />
so schlank gehalten, dass sie in 15 Minuten<br />
erledigt ist.<br />
Bei welchen Kriterien hat Arineo besonders<br />
gut abgeschnitten?<br />
Grundsätzlich haben wir in allen sechs Kriterien<br />
überdurchschnittlich gute Werte erzielt.<br />
Herausragend sind die Bereiche Kultur und<br />
Kommunikation, Mitarbeitendenentwicklung<br />
und Perspektive sowie Familienorientierung<br />
und Demografie.<br />
Was war die Motivation hinter der TopJob-<br />
Teilnahme von Arineo?<br />
Uns ging es in erster Linie darum, zu sehen,<br />
wo wir aktuell stehen und in welchen Bereichen<br />
wir uns verbessern können – und natürlich<br />
ging es auch darum, Arineo als attraktiven<br />
Arbeitgeber mit hervorragenden Zukunftsaussichten<br />
zu etablieren.<br />
Feedback aus der Belegschaft ist viel wert.<br />
Was macht für Sie persönlich Arineo zu<br />
einem besonderen Arbeitgeber?<br />
Für mich persönlich ist eine gewisse Freiheit<br />
und Autonomie bei der Arbeit sehr wichtig.<br />
Hier habe ich beides. Dadurch, dass wir allen
PROFIL<br />
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Preisvergabe des<br />
TopJob-Awards<br />
mit Sigmar Gabriel,<br />
Dr. Marko Weinrich und<br />
Martin Renker (v.l.)<br />
Kolleg:innen mit einem großen Vertrauensvorschuss<br />
entgegenkommen, den man sich<br />
nicht – wie häufig üblich – erst einmal erarbeiten<br />
muss, entstehen oft kreative Ideen und<br />
Lösungen. Ein weiterer Punkt, den ich besonders<br />
wichtig finde, ist der Mut, einfach Dinge<br />
auszuprobieren und daraus zu lernen. Auch<br />
das ist in der Arbeitswelt eher unüblich.<br />
Arineo ist seit seiner Gründung auf inzwischen<br />
über 300 Mitarbeiter:innen gewachsen.<br />
Ist Arineo weiterhin auf Wachstumskurs?<br />
Unser Ziel ist ein jährliches Wachstum von<br />
10 %. Dieses Ziel haben wir für das Kalenderjahr<br />
<strong>2022</strong> bereits erreicht. Das hält uns allerdings<br />
nicht davon ab, unseren Wachstumskurs<br />
in diesem Jahr fortzusetzen.<br />
Sie suchen also Unterstützung für das<br />
Arineo-Team. Suchen Sie nur in der Region<br />
Göttingen?<br />
Nein. Auch wenn in Göttingen unsere Zentra le<br />
ist, suchen wir deutschlandweit sowie in Österreich<br />
und Dänemark neue tolle Kolleg:innen.<br />
Wir haben 15 Arineo-Standorte, an denen gearbeitet<br />
werden kann. Auch das mobile Arbeiten<br />
ist bei uns gelebte Normalität. Wir haben viele<br />
Kolleg:innen, die nicht primär an einem unserer<br />
Standorte tätig sind, sondern überwiegend<br />
aus dem Homeoffice arbeiten und dann zu<br />
Workshops, Events oder einfach, um sich mit<br />
Kolleg:innen persönlich auszutauschen, an<br />
einen unserer Standorte reisen. Das ist bei<br />
uns kein Problem, sondern sehr erwünscht.<br />
Was für ein Arbeitsumfeld erwartet neue<br />
Kolleg:innen bei Ihnen?<br />
Ein sehr dynamisches Arbeitsumfeld mit vielen<br />
Möglichkeiten der Gestaltung. Das kann<br />
die Weiterentwicklung des Unternehmens<br />
oder der Organisationsstruktur betreffen, aber<br />
auch einzelne Prozesse innerhalb des Unternehmens<br />
oder die Option, sich mit neuen<br />
Technologien und der Marktentwicklung zu<br />
beschäftigen. Auch Menschen, die Lust dazu<br />
haben, junge Menschen zu begleiten und<br />
auszubilden, erhalten bei uns viele Möglichkeiten.<br />
Was sollten Kandidat:innen mitbringen, die<br />
bei Ihnen anfangen wollen?<br />
Wichtig ist, dass sie eine gute Haltung haben<br />
und sich mit dem, was wir tun, identifizieren.<br />
Uns ist auch wichtig, dass unsere Kolleg:innen<br />
in der Lage sind, sich zu strukturieren, und<br />
Lust mitbringen, etwas zu bewegen. Das ist<br />
neben den fachlichen Anforderungen die halbe<br />
Miete.<br />
Das klingt alles nach einem vielseitigen<br />
Arbeitgeber mit einer spannenden Unternehmenskultur.<br />
Vielen Dank für das Interview<br />
und viel Erfolg für die Zukunft!<br />
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zu sichten und zu analysieren: welche Art von<br />
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Archivierung und Digitalisierung zu beachten<br />
sind, gehört selbstverständlich dazu.<br />
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Umfeld spielt die Rechts sicherheit<br />
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AUTOREN: CLAUDIA KLAFT & KERSTIN DUDLEY
unternehmen<br />
Erfolg<br />
verpflichtet<br />
Der Renovierungs-Discounter tedox aus Harste wollte<br />
dieses Jahr sein 50-jähriges Firmenjubiläum bundesweit groß<br />
feiern. Doch den meisten Mitarbeitern in den 120 Filialen<br />
stand der Sinn nicht nach Partys. Stattdessen wurde<br />
daraus – auch dank Geschäftsführer Eckart Pottebaum –<br />
eine 200.000-Euro-Spende für die Ukraine.<br />
INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 5 MINUTEN<br />
Der Kriegsausbruch in der Ukraine hat bei vielen Menschen und<br />
Unternehmen in Südniedersachsen eine enorme Spenden- und<br />
Hilfsbereitschaft geweckt: großzügige Geldspenden, Hilfs güter,<br />
die mit betriebseigenen LKW von Göttingen in die ukrainisch-polnische<br />
Grenzregion gefahren wurden, offene Haustüren<br />
für Geflüchtete. Ein besonders markantes Beispiel kommt<br />
aus Harste – hier hat der Renovierungs- Discounter tedox seine<br />
geplanten Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum komplett abgesagt<br />
und den dafür vorgesehenen Betrag gespendet. Eine beachtliche<br />
Entscheidung, wenn man bedenkt, dass tedox bundesweit 120<br />
Filialen zählt und derzeit etwa 3.000 Mitarbeiter beschäftigt,<br />
die zur großen Feier geladen waren.<br />
Eckart Pottebaum hat gemeinsam mit den anderen Mitgliedern<br />
der Geschäftsleitung die Entscheidung zur Spende wesentlich<br />
mit vorangebracht. Der Diplom-Agraringenieur arbeitet bereits<br />
seit 1994 bei tedox – seit 2006 als Geschäftsführer im Bereich<br />
Verkauf, seit 2015 als Sprecher der Geschäftsführung – und<br />
weiß sehr wohl um die gesellschaftliche Verpflichtung eines<br />
Unternehmens mit rund 500 Millionen Euro Jahresumsatz.<br />
Verantwortung tragen tedox-Geschäftsführer<br />
Eckart Pottebaum steht hinter der Entscheidung<br />
seiner Mitarbeiter und verzichtet gern auf das<br />
obligatorische Glas Sekt zum großen Jubiläum.<br />
42 2 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
2 |<strong>2022</strong> 43
unternehmen<br />
Herr Pottebaum, würden Sie sagen, es gibt so etwas wie<br />
eine ,Spendentradition‘ bei tedox?<br />
Natürlich gibt es die regelmäßigen Spenden für Vereine<br />
in der Region unseres Stammsitzes Harste und auch mal<br />
Naturalspenden wie etwa Bastelmaterial für Kindergärten.<br />
Spendentradition – das hört sich für mich jedoch zu<br />
groß an.<br />
Aber es gibt bei uns durchaus ein Bewusstsein dafür,<br />
wie es ist, direkt vom Unglück getroffen zu werden:<br />
2013 zum Beispiel sind wir selbst Flutopfer geworden,<br />
als wir an der Elbe im Ort Fischbeck in der Nähe von<br />
Stendal eine komplette Filiale im Hochwasser verloren<br />
haben. Auch unsere Mitarbeiter, die dort ihr Zuhause haben,<br />
waren betroffen – dies auch im Nachgang, weil wir<br />
die Filiale mittelfristig nicht mehr weiterbetreiben konnten.<br />
Hier gab es eine große Spendenaktion der anderen<br />
Kollegen. 2021 haben wir dann gemeinsam für die Flutopfer<br />
in Nordrhein-Westfalen gespendet: das Unternehmen<br />
20.000 Euro, die Inhaberfamilie Rehkopf denselben<br />
Betrag. Auch hier haben viele Filialen auf ihr alljährliches<br />
<strong>Sommer</strong>fest verzichtet oder ihre Trinkgeldkassen<br />
aufgelöst, um die Beiträge zu spenden: am Ende waren<br />
es mehr als 60.000 Euro.<br />
Insgesamt sind wir uns unserer Verpflichtung zu Unterstützung<br />
und Hilfeleistung also durchaus bewusst<br />
und prüfen jeweils im konkreten Bedarfsfall unsere<br />
Möglichkeiten.<br />
Wie kam es dann konkret zu der Idee, die geplante<br />
Jubiläumsfeier in diesem Jahr sausen zu lassen?<br />
Begonnen hatte alles Anfang März, kurz nach Ausbruch<br />
des Krieges, als wir eine Sachspende für die Ukraine geliefert<br />
und das intern kommuniziert hatten. In diesen<br />
Tagen begannen auch die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten<br />
zu unserem 50. Jubiläum, die für den Juni<br />
zeitgleich in allen Filialen vorgesehen waren. Dafür<br />
wollten wir einen bestimmten Betrag pro Person zur<br />
Verfügung stellen und haben die Mitarbeiter gebeten,<br />
eine entsprechende Planung für die regionalen Feiern<br />
vorzunehmen. Unmittelbar darauf kamen in der Verkaufsleitung<br />
bereits die ersten Anfragen einzelner Filialen<br />
an, ob sie das Geld unter Verzicht auf die Feier auch<br />
spenden dürften. Es hat sich dann schnell gezeigt, dass<br />
sehr viele Mit arbeiter eine Spende unterstützen möchten.<br />
Meine Geschäftsführerkollegen Gregor Sperfeld in<br />
der Verwaltung und Volker Hornberg im Einkauf haben<br />
in ihren Bereichen denselben Eindruck gewonnen.<br />
Viele Mitarbeiter werden sich auch auf das gemeinsame<br />
Event gefreut haben. Gab es über den Vorschlag<br />
kontroverse Diskussionen?<br />
Wir haben in der Geschäftsleitung zunächst über die<br />
Initiative unserer Mitarbeiter diskutiert, und auch bei<br />
mir haben dabei zwei Herzen in der Brust geschlagen.<br />
Einerseits ist ein halbes Jahrhundert Unternehmensgeschichte<br />
ein ganz toller Anlass zu feiern. Andererseits<br />
haben wir selbstverständlich den großen Bedarf an Unterstützung<br />
für die Menschen in der Ukraine gesehen.<br />
Am Ende sind wir schnell übereingekommen, dass wir<br />
die Anregung unserer Mitarbeiter geschlossen unterstützen<br />
wollen. Das ist letztlich auch Teil unserer Unternehmenskultur:<br />
deren Interessen mit einzubinden. Mitarbeitern<br />
gut zuzuhören, hat uns noch nie geschadet.<br />
So haben wir beschlossen, die Feierlichkeiten komplett<br />
abzusagen. Die Familie Rehkopf, als Inhaberin des<br />
Unternehmens, hat diese Entscheidung vollumfänglich<br />
unterstützt und den Betrag selbst noch einmal deutlich<br />
aufgestockt. So sind wir auf insgesamt 200.000 Euro<br />
gekommen, die wir noch im März gespendet haben. Darüber<br />
hinaus gibt es aktuell viele Einzelinitiativen zur Unterstützung<br />
von Kollegen, die selbst aus der Ukraine stammen<br />
und derzeit auf verschiedenen Ebenen im Einsatz<br />
sind.<br />
Bei Spenden gibt es ja immer die Unsicherheit, dass man<br />
nicht genau weiß, ob sie ankommen. Wie haben Sie sich für<br />
eine Spendenart entschieden?<br />
Das ist tatsächlich nicht ganz einfach, zur Auswahl stehen<br />
in der Regel ganz kleine Organisationen bis hin zu<br />
ganz großen, von unbekannten bis namhaften. Wir wollten<br />
von vornherein auf ein Bündnis von namhaften Organisationen<br />
setzen, denen wir zutrauen, dass sie die<br />
Mittel gut und vor allem breit gefächert, aber gezielt in<br />
der humanitären Hilfe einsetzen – sodass möglichst viele<br />
Menschen schnell davon profitieren. Deswegen ist unsere<br />
Spende an das ,Aktionsbündnis Katastrophenhilfe‘<br />
gegangen, dem Caritas International, Deutsches Rotes<br />
Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF<br />
Deutschland angehören. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind<br />
Hilfe für Kinder, Bereitstellung von Unterkünften, medizinische<br />
Versorgung und Nahrungsversorgung – alles,<br />
was sofort bei den Menschen ankommt.<br />
Werden die 50 Jahre tedox dennoch auf andere Weise oder<br />
zu einem anderen Zeitpunkt gewürdigt?<br />
Natürlich wird das Jubiläum ausreichend gewürdigt: Ein<br />
halbes Jahrhundert ist ein großer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte!<br />
Aber wir haben uns zugunsten<br />
der Spende verpflichtet, keine Jubiläumsfeier zu machen<br />
– und das heißt auch keine Feier. Wir treffen uns nicht<br />
mit der Geschäftsleitung, um heimlich zu feiern. Das<br />
steht uns nicht an, und ich fände es auch eher beschämend.<br />
Es wird hoffentlich in den kommenden Jahren<br />
wieder Anlässe geben, die wir gemeinsam mit unseren<br />
Mitarbeitern feiern können. Darauf freue ich mich.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
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präsentiert die großen und kleinen Gesten der Menschen und<br />
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44 2 | <strong>2022</strong>
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46 2 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Die ewige<br />
Klassenfahrt<br />
Im Holzmindener Internat Solling wurden Teile eines<br />
,Tatort‘ gedreht, der die üblichen Vorurteile bedient.<br />
Doch gemeinsam mit dem Pädagogium Bad Sachsa zeigen<br />
die beiden Internate Südniedersachsens, dass der Alltag dort<br />
ein ganz anderer ist und wie sowohl die Schüler<br />
als auch die Region von ihnen profitieren.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE MARCO BÜHL<br />
2 |<strong>2022</strong> 47
unternehmen<br />
Ein großes Ganzes Im Internat Solling leben Schüler mit ihren Lehrern und Erziehern unter einem Dach. Das schafft Nähe und kurze Wege,<br />
wenn es darum geht, bei Problemen zu helfen.<br />
LESEZEIT: 8 MINUTEN<br />
Ende März lief der Tatort ,Tyrannenmord‘,<br />
gedreht unter anderem im Internat Solling.<br />
Es geht um einen internationalen Diplomatensohn,<br />
der aus einem Internat verschwindet.<br />
Das Internat selbst wird nicht namentlich<br />
erwähnt, und das ist vielleicht auch nicht das<br />
Schlechteste. „Wir wurden als Location für den Dreh<br />
angefragt, weil wir ein wunderbares Gelände haben“,<br />
sagt Helga Volger, Schulleiterin des Internats Solling,<br />
das gleichzeitig staatlich anerkanntes Gymnasium ist.<br />
Gebäude und Areal wurden schon 1909 als Schule und<br />
Internat für das Leben und Lernen unter einem Dach<br />
konzipiert. „Der Dreh war ein echtes Highlight – es haben<br />
auch relativ viele Mitarbeitende sowie Schülerinnen<br />
und Schüler von uns als Statisten mitgewirkt“, erzählt<br />
Volger. „Und wir waren uns durchaus bewusst, dass<br />
wieder die alten Vorurteile bedient werden.“<br />
DAS HARTNÄCKIGE KLISCHEE, das Internaten in<br />
Deutschland anhaftet, stellt sich so dar: Es ist ein Ort für<br />
mehr oder weniger dumme oder leistungsschwache<br />
Schüler aus reichem Elternhaus, die an anderen Schulen<br />
nicht klarkommen oder mit denen die Eltern Schwierigkeiten<br />
haben und die deswegen ins Internat abgeschoben<br />
werden. Ganz anders als in Großbritannien, wo es als<br />
Auszeichnung gilt, auf ein Internat zu dürfen, schwingt<br />
in Deutschland immer noch ein Strafaspekt mit. Auch<br />
die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule<br />
haben Spuren hinterlassen.<br />
DER ,TATORT‘ PASST HIER VOLL INS BILD, und es scheint<br />
eine normale Medienerfahrung zu sein, die an Internaten<br />
gemacht wird. „Auch wir sind bereits einmal als<br />
Drehort angefragt worden“, berichtet Torsten Schwark,<br />
Schul- und Internatsleiter des Pädagogiums Bad Sachsa,<br />
das unter seinem Dach ebenfalls ein staatlich anerkanntes<br />
Gymnasium mit einem Internat vereint. „Wir haben<br />
uns aber zunächst bei anderen Internaten umgehört, was<br />
für Erfahrungen sie gemacht haben – und sie haben uns<br />
allesamt abgeraten.“ Es komme vor, dass das Fernsehteam<br />
etwa die Schüler mit einem Kasten Bier in einen<br />
Park setzt, um sie dort zu interviewen. „Man sieht sein<br />
48 2 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
»Ein Schüler hat einmal gesagt: Internat ist wie Klassenfahrt. Man steht<br />
morgens zusammen auf, macht tagsüber etwas zusammen, und abends<br />
geht man gleichzeitig ins Bett.« TORSTEN SCHWARK<br />
Internat damit gemütlich im Klischee: Die Schüler kapseln<br />
sich ab, konsumieren Alkohol, keiner hat was im<br />
Griff“, so Schwark. Deswegen nahm das Pädagogium<br />
auch Abstand vom Dreh.<br />
„Ich würde mir insgesamt wirklich mehr Berichterstattung<br />
wünschen, die realistisch ist“, sagt Schulleiterin<br />
Volger. „Natürlich sind die hohen Kosten der Knackpunkt<br />
– das können sich nur wenige leisten, und das<br />
kann man nicht wegdiskutieren.“ Aber es gäbe auch verschiedene<br />
Stipendiensysteme. „Und von den Kosten abgesehen,<br />
sind viele Internate hervorragende Schulen.“<br />
DIE GRÜNDE, WARUM SCHÜLER auf ein Internat gehen,<br />
sind ausgesprochen vielfältig. Ganz vorne stehen Kinder,<br />
deren Eltern selbst auf einem Internat waren und die ihren<br />
Kindern dieselben Erfahrungen gönnen wollen.<br />
Dann sind da die Eltern, die beruflich alle paar Jahre den<br />
Ort wechseln und das ihren Kindern nicht zumuten<br />
möchten. Die klassischen Fälle von Halb- oder Vollwaisen<br />
gibt es ebenfalls. Aber natürlich es gibt auch sie: die<br />
schwierigeren Fälle. Sei es, dass die Geschwisterkons-<br />
Traditionell sportlich Das Internat Solling wurde bereits 1909 gegründet<br />
und verfügt über ein weitläufiges Areal mit großen Sportanlagen – darunter<br />
Tennisplatz, Reitstall und Golfrasen.<br />
2 |<strong>2022</strong> 49
unternehmen<br />
Enorme Strahlkraft Sowohl Torsten Schwark, Schul- und Internatsleiter des Pädagogiums Bad Sachsa, als auch Helga Volger, Schulleiterin<br />
des Internats Solling, wissen um die nachhaltige Wirkung von Internaten – auf Schüler, Ehemalige, aber auch auf die Region.<br />
tellation ungünstig ist, weil etwa ein Kind behindert ist<br />
oder Zwillinge einen dauerhaften Konkurrenzkampf<br />
austragen. Oder Kinder, die im öffentlichen Schulsystem<br />
nicht klarkommen, weil sie mehr Struktur brauchen.<br />
Aufgrund der sehr guten Betreuungsrelation – hier sprechen<br />
die Internate gern von Familiarität – kann auf die<br />
Schüler anders eingegangen und auf Probleme schnell<br />
reagiert werden. In Holzminden stehen den rund 200<br />
Internatsschülern und rund 50 externen Schülern um die<br />
50 Lehrkräfte gegenüber. Zudem gibt es auch noch die<br />
Spezialförderung an Sport-, Musik- und Hochbegabteninternaten.<br />
„WIR HATTEN VOR 20 JAHREN EINMAL einen Internatsschüler<br />
aus Taiwan“, erzählt Torsten Schwark. Dieser<br />
sollte eigentlich nach Schloss Salem gehen. „Nach einem<br />
halben Jahr ist er jedoch wieder zu uns zurückgekommen,<br />
weil es, wie er berichtete, dort wirklich klischeehaft<br />
zuging – etwa, Zigaretten mit einem 100-Mark-Schein<br />
anzuzünden. Das gibt es offensichtlich schon, wenn<br />
Geld keine Rolle spielt.“ Aber eigentlich ist das Internatsleben<br />
bodenständiger und durch anderes gekennzeichnet,<br />
vor allem durch den großen Zusammenhalt der<br />
Schüler untereinander, auch über die Jahrgangsgrenzen<br />
hinweg. „Ein Schüler hat einmal gesagt: Internat ist wie<br />
Klassenfahrt. Man steht morgens zusammen auf, macht<br />
tagsüber etwas zusammen, und abends geht man gleichzeitig<br />
ins Bett.“<br />
DIESE ENGE VERBUNDENHEIT, nicht nur der Schüler<br />
untereinander, sondern auch zur Schule, merkt man in<br />
Bad Sachsa jedes Jahr zu Pfingsten, wenn der Alumniverein<br />
K. V. Absolvia – mit über 700 Mitgliedern einer<br />
der größten in Europa – zum Alumnitreffen lädt. Dann<br />
brummt die Stadt vor Gästen. In Holzminden dasselbe:<br />
jedes Jahr im Oktober, wenn das Altschülertreffen stattfindet.<br />
„Dann ist es sehr, sehr schwierig, in Holzminden<br />
noch ein Hotelzimmer zu bekommen“, sagt Anna Schütz,<br />
die am Internat Solling neben dem Bereich Fundraising<br />
auch das Alumni-Netzwerk betreut.<br />
50 2 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
ES WAR DIE SCHÖNSTE ZEIT MEINES LEBENS – dieser<br />
Satz stellt die Quintessenz des Internatserlebens sehr vieler<br />
Altschüler dar und begegnet einem immer wieder, gesprochen<br />
und gelebt in Form von Stiftungen: Das Päda go gium<br />
etwa erhielt von einem ehemaligen Schüler, der dort auch<br />
seine spätere Frau kennengelernt hatte, nach dessen Tod<br />
eine so große Schenkung, dass davon nun Stipendien für<br />
den Internatsbesuch ausgelobt werden können. Die Entwicklung<br />
von Internaten hat ihre Aufs und Abs, von den<br />
hohen Schülerzahlen in den 1960er- und 1970er-Jahren,<br />
in denen die Schüler in Sechs-Personen-Zimmern untergebracht<br />
waren, ist man dieser Tage weit entfernt, Einer- und<br />
Zweierzimmer sind heute die Norm. In den vergangenen<br />
Jahren waren die Schülerzahlen zudem stabil, und auch<br />
die Zukunftsperspektiven werden als sehr gut eingeschätzt.<br />
Die monatlichen Kosten für einen Internatsplatz sind<br />
sehr unterschiedlich – sie beginnen bei 300 bis 500 Euro<br />
für staatliche oder kirchliche Internate, bewegen sich mit<br />
1.500 bis 3.000 Euro bei Privatschulen im Normalbereich,<br />
können aber auch darüber liegen. Doch das<br />
Selektionsprinzip nach Wohlstand greift nur bedingt – es<br />
gibt zahlreiche Stipendienmodelle, die etwa für sehr<br />
begabte Schüler vergeben werden. Doch beobachtet<br />
Schütz, die beim Internat Solling auch den Stipendienbereich<br />
betreut, dass es vergleichsweise wenig Bewerber<br />
darauf gibt.<br />
MIT 200 SCHÜLERN HAT DAS INTERNAT Solling eine<br />
mittlere Größe, das Pädagogium Bad Sachsa mit 40 Internatsschülern<br />
gehört zu den kleineren. Bemerkenswert<br />
ist auch die Nachfrage aus dem Ausland. In Holzminden<br />
liegt der Schüleranteil aus dem Ausland bei<br />
rund 17 Prozent, viele davon kommen aufgrund von<br />
Mundpropaganda aus Südamerika. Das Pädagogium<br />
dürfte in Sachen internationale Schülerschaft zu den<br />
Spitzenreitern gehören – zwischen 50 und 60 Prozent<br />
der Schüler kommen aus dem Ausland, die meisten davon<br />
aus China, Taiwan, Korea, Russland und Norwegen.<br />
Nach China gibt es inzwischen sogar eine enge<br />
institutionalisierte Verbindung.<br />
2 |<strong>2022</strong> 51
unternehmen<br />
Zeitlos verbunden<br />
Wie alle Internate zeichnet auch das<br />
Pädagogium Bad Sachsa eine sehr enge<br />
Beziehung der Schüler untereinander aus<br />
– auch über Jahrgangsgrenzen hinweg.<br />
Die enge Verbundenheit zu diesem Haus<br />
und der dort verbrachten Zeit lässt<br />
sich auch daran erkennen, dass die<br />
Ehemaligenvereinigung K. V. Absolvia<br />
eine der größten in Europa ist.<br />
UND WAS BRINGT DAS DER REGION? Ganz wesentlich<br />
sind die Internate natürlich Schulen und damit Arbeitgeber<br />
und Millionen-Euro-Wirtschaftsbetriebe. Holzminden<br />
wird zwar von den Leuchttürmen Symrise und<br />
Stiebel Eltron geprägt, doch daneben ist das Internat<br />
Solling einer der größeren Arbeitgeber. Ebenso in Bad<br />
Sachsa. Für die kleine Stadt mit rund 7.500 Einwohnern<br />
ist das Pädagogium aber auch insofern noch ein Alleinstellungsmerkmal,<br />
als dass hier untypischerweise die<br />
gesamte Schullaufbahn bis zum Gymnasium besucht<br />
werden kann.<br />
Doch die Region profitiert noch in anderer Hinsicht<br />
von den Internaten. Das Schlagwort heißt: Soft Power.<br />
„Viele der Absolventen haben es bis zu Führungspositionen<br />
in großen deutschen Unternehmen oder DAX-Konzernen<br />
geschafft“, erzählt Daniel Quade, Bürgermeister<br />
von Bad Sachsa und selbst ehemaliger Pädagogium-<br />
Schüler. „Der Sohn von Dirk Rossmann war hier, der<br />
Autor von TKKG – die Liste der renommierten Ehemaligen<br />
ist lang.“ Und jedes Jahr trifft man sich wieder in<br />
Bad Sachsa. Für die Schüler bringt das wertvolle Kontaktmöglichkeiten,<br />
die Stadt ist damit mehr als nur ein<br />
kleiner Fleck auf der Landkarte. „In wichtigen Kreisen<br />
kennt man den Ort“, sagt Quade zufrieden. „Keine<br />
PR-Kampagne kann diese Form der Vernetzung schaffen.“<br />
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Internat Solling<br />
Einbecker Straße 1<br />
37603 Holzminden<br />
Tel. 05531 1287-0<br />
info@internatsolling.de<br />
www.internatsolling.de<br />
Internatsgymnasium Pädagogium Bad Sachsa<br />
Ostertal 1-5<br />
37441 Bad Sachsa<br />
Tel. 05523 3001-0<br />
info@internats-gymnasium.de<br />
www.internats-gymnasium.de<br />
52 2 | <strong>2022</strong>
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Open-Air-Ausstellung ,Alternative Antriebe‘ auf<br />
dem Außengelände des GVZ Göttingen<br />
FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Das Tagungs-Team:<br />
(v. l.) Jan Fragel (Moderator), Tobias Frerichs<br />
(VDI Zentrum Ressourceneffizienz), Raimund Nowak,<br />
Klaus Rüffel (GWG), Christine Kroß (GWG/LMC),<br />
Michael Bukowski (THIMM Consulting),<br />
Marcel Agena (KWS SAAT), Daniela Rafie Elizei<br />
(EBR Projektentwicklung)<br />
LogistikTAGUNG Göttingen <strong>2022</strong><br />
Impulse, Ideen und praktische Umsetzungen zur ganzheitlichen Transformation von Unternehmen<br />
Clustermanagerin Christine Kroß vom<br />
L|MC Logistik und MobilitätsCluster<br />
Göttingen | Südniedersachsen, einem<br />
Branchennetzwerk unter dem Dach der GWG<br />
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und<br />
Stadtentwicklung Göttingen mbH, lud am<br />
24. Mai <strong>2022</strong> zum Sartorius Campus nach<br />
Göttingen. Thema der 7. LogistikTAGUNG war<br />
das komplexe Thema ,Ressourceneffizienz‘ insbesondere<br />
mit den Schwerpunkten Transport-,<br />
Immobilien- und Verpackungsmanagement. Die<br />
Teilnehmenden kamen aus dem ge samten Bundesgebiet,<br />
um vielfältige Exper ten vorträge zu<br />
hören sowie Impulse aus der Praxis und einen<br />
Blick über den Tellerrand hinaus zu erhalten.<br />
Zum Einstieg gewährte Tobias Frerichs als<br />
Spezialist vom VDI Zentrum Ressourceneffizienz<br />
eine Übersicht zur bedarfsgerechten Aufbereitung<br />
von technischem Know-how und<br />
der betrieblichen Praxis für kleine und mittlere<br />
Unternehmen. Anschließend stellte Daniela<br />
Rafie Elizei (EBR Projektmanagement GmbH)<br />
im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für<br />
Nachhaltiges Bauen sehr anschaulich praxisnahe<br />
Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten<br />
für Neu- oder Umbauten vor. Nachhaltigkeit<br />
spielt im Immobilienmanagement eine entscheidende<br />
Rolle.<br />
Mit der provokanten Frage ,Kommt mit der<br />
Zeitenwende auch die Antriebs- und Verkehrswende?‘<br />
leitete Raimund Nowak seinen Impulsvortrag<br />
ein. Dabei wurden verschiedene<br />
Antriebsarten und die mögliche Infrastruktur<br />
vorgestellt. Spannende Branchenkenntnisse<br />
teilte Michael Bukowski von THIMM Consulting<br />
mit seinem Beitrag über nachhaltige Lösungen<br />
für Verpackungen und die Distribution<br />
von Waren. ,Stellschraube‘ ist auch immer der<br />
effiziente Umgang mit Ressourcen wie Energie,<br />
Wasser, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie<br />
der Einsatz umweltfreundlicher Materialien.<br />
Die Vortragsreihe beendete Marcel Agena mit<br />
den hochgesteckten Zielen der KWS SAAT.<br />
Bis 2030 soll die Nachhaltigkeitsinitiative mit<br />
dem besonderen Fokus auf ,Produkt Impact<br />
und Corporate Responsibility‘ global umgesetzt<br />
werden.<br />
Moderiert durch Jan Fragel entstanden anregende<br />
Diskussionen, die bei der Open-Air-<br />
Ausstellung ,Alternative Antriebe‘ am GVZ<br />
Göt tingen fortgesetzt wurden. Zu sehen waren<br />
ein GöVB-Elektrobus, Mercedes-Benz-Modelle<br />
vom Autohaus Emil Frey, ein Gas-LKW von<br />
Naturkost Elkershausen sowie ein ,Elektrofrosch‘<br />
der E-Bike-Family.<br />
Die GWG fördert mit diesen Veranstaltungsformaten<br />
den direkten Erfahrungsaustausch<br />
der Unternehmen und wird zukünftig weitere<br />
Angebote zu diesen und anderen Themen<br />
anbieten. Gemeinsam im Dialog für den Wirtschaftsstandort<br />
Göttingen.<br />
KONTAKT<br />
GWG Gesellschaft für Wirtschaftsförderung<br />
und Stadtentwicklung Göttingen mbH<br />
L|MC Logistik und MobilitätsCluster<br />
Göttingen | Südniedersachsen<br />
Bahnhofsallee 1b, 37081 Göttingen<br />
Christine Kroß<br />
Tel. 0551 5474316<br />
Christine.Kross@lmc-goettingen.de<br />
www.gwg-online.de, www.lmc-goettingen.de
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Wir bewegen Nachhaltigkeit<br />
Bis 2028 will der Logistikdienstleister ZUFALL CO₂-neutral sein. Ein ambitioniertes Ziel, das<br />
der geschäftsführende Gesellschafter Peter Müller-Kronberg ausgerufen hat. Den Weg dorthin<br />
bezeichnen der Firmenchef und die Mitarbeiter als ,Reise in eine nachhaltige Zukunft der Logistik‘.<br />
„Was wir heute nachhaltig<br />
nennen, wird morgen das neue<br />
Normal sein“.<br />
PETER MÜLLER-KRONBERG,<br />
CEO ZUFALL LOGISTICS GROUP<br />
Wie wichtig die Logistik für unsere<br />
Wirtschaft und unser Konsumverhalten<br />
ist, ist mit der Corona-Pandemie<br />
deutlich geworden. Ein Stottern der Lieferketten<br />
führt unausweichlich zu einer Schwächung<br />
der gesamten Wirtschaft. Doch gerade, weil<br />
die Branche wächst und ihre Bedeutung an<br />
Sichtbarkeit gewinnt, müssen die Akteure vermehrt<br />
Kritik einstecken: wegen mangelhafter<br />
Arbeitsbedingungen beispielsweise oder wegen<br />
ihres negativen Impacts auf die Umwelt.<br />
Während Konsumenten immer mehr Wert<br />
auf fair produzierte Produkte oder recycelte<br />
Materialien legen und dafür höhere Preise in<br />
Kauf nehmen, kommt von der Zahlungsbereitschaft<br />
bisher wenig für einen klimaschonenden<br />
Transport oder bessere Arbeitsbedingungen<br />
bei den Logistikdienstleistern an.<br />
„Wie jeder Logistiker stehen wir vor der Herausforderung,<br />
eine immer größer werdende<br />
Menge an Gütern umzuschlagen und dabei<br />
zeitgleich Emissionen zu reduzieren“,<br />
sagt Fir men inhaber und Geschäftsführer<br />
Peter Müller- Kronberg zusammenfassend.<br />
Trotzdem hat sich die ZUFALL logistics group<br />
das Thema Nachhaltigkeit ganz groß auf die<br />
Fahne geschrieben. Ein Weg, der für Müller-<br />
Kronberg alternativlos ist: „Was wir heute<br />
nach haltig nennen, wird morgen das neue<br />
Normal sein.“<br />
Nachhaltigkeit im Leitbild<br />
Der vor ungefähr zwei Jahren gestartete<br />
Transformationsprozess trägt den Namen<br />
ZUFALL100. Damit nimmt Müller-Kronberg<br />
das 100-jährige Firmenjubiläum seines Unternehmens<br />
in den Blick: Bis zum runden<br />
Geburtstag im Jahr 2028 soll die ganze Unternehmensgruppe<br />
CO₂-neutral sein. Seitdem<br />
arbeiten alle daran, ihre Entscheidungen und<br />
ihr Handeln mehr und mehr auf Nachhaltigkeit<br />
auszurichten. „Dabei betrachten wir<br />
Nachhaltigkeit nicht nur als einen schonenden<br />
Umgang mit ökologischen Ressourcen,<br />
sondern als Dreiklang zwischen Wirtschaft,<br />
Umwelt und Menschen. Alles, was wir in Sachen<br />
Nachhaltigkeit erreichen wollen, können<br />
wir nur dann tun, wenn wir ein finanziell<br />
gesundes Unternehmen sind“, so Müller-Kronberg.<br />
Der Nachhaltigkeitsanspruch bei ZUFALL<br />
geht also über die Klimaneutralität hinaus und<br />
ist auch im Unternehmensleitbild fest verankert.<br />
„Wir nutzen unsere Kraft, Logistik nachhaltig<br />
achtsam zu gestalten“, heißt es dort.<br />
Doch was bedeutet es für ein Familienunternehmen<br />
mit rund 2.250 Mitarbeitern und<br />
zehn Standorten eigentlich, Logistik nachhaltig<br />
und achtsam zu gestalten? Um das erfahrbar<br />
zu machen, fand Mitte Mai im Göttinger<br />
zufall.lab, der firmeneigenen Innovations- und<br />
Ideenschmiede (siehe Kasten), eine dreitägi-
PROFIL<br />
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Wer die Zukunft der Logistik nachhaltig gestalten will, braucht Menschen,<br />
die sich gemeinsam auf diese Reise begeben.<br />
„Wir brauchen Mut, neu zu denken“,<br />
sagt Peter Müller-Kronberg. Als Ort dafür hat er<br />
2019 das zufall.lab gegründet, die Innovationsund<br />
Ideenschmiede von ZUFALL.<br />
ge Zukunftsmesse für alle Mitarbeiter statt.<br />
Die verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen<br />
bei ZUFALL sichtbar und erlebbar zu machen,<br />
war Ziel des sogenannten TagZ[ukunft].<br />
„Wir möchten möglichst viele Menschen<br />
auf unserem Weg mitnehmen und sie<br />
teilhaben lassen – und zwar über alle<br />
Hie rarchieebenen hinweg“, betont der<br />
Firmen inhaber. Dafür sei der gemeinsame<br />
Austausch über Ideen, Fragen, Wünsche<br />
und Bedürfnisse essenziell. Über 350 Mitarbeiter<br />
aus ganz Deutschland, darunter auch<br />
viele Azubis, waren der Einladung gefolgt<br />
und haben die Gelegenheit genutzt, an den<br />
verschiedenen Stationen, in Workshops und<br />
bei Vorträgen zu erfahren, wie sich die<br />
Logistik bereits heute nachhaltig verändert.<br />
Päckchen packen für Influencer<br />
Ein gelungenes Beispiel für aktive Veränderung<br />
ist das Logistik-Start-up LOGIMATE –<br />
eine Gründung von ZUFALL und der Göttinger<br />
Online-Marketing-Agentur Lookfamed, die<br />
auf Logistikdienstleistungen und -beratung<br />
für Influencer spezialisiert ist. Bereits heute<br />
wird bei LOGIMATE Nachhaltigkeit gelebt: Es<br />
kommen Verpackungsmaterialien aus recycelten<br />
oder nachwachsenden sowie ökologisch<br />
abbaubaren Rohstoffen zum Einsatz, und<br />
die Löhne der Mitarbeiter liegen über dem<br />
marktüblichen Niveau. Darüber hinaus bietet<br />
LOGIMATE auch den Beschäftigten auf der<br />
Halle flexible Arbeitszeiten, was die Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf verbessert.<br />
Erfolgs<strong>faktor</strong> Digitalisierung<br />
Ein unerlässlicher Begleiter in die nachhaltige<br />
Zukunft der Logistik ist die Digitalisierung:<br />
Durch die Einführung digitaler Tools und<br />
Prozesse möchte ZUFALL Raum für Nachhaltigkeit<br />
schaffen. Verschiedene Initiativen zur<br />
Digitalisierung bei ZUFALL wurden auf der<br />
Zukunftsmesse im zufall.lab vorgestellt. Bereits<br />
heute im Einsatz ist beispielsweise eine<br />
Plattform, mit der sich jeder Mitarbeiter selbst<br />
Apps bauen kann, um so wiederkehrende Aufgaben<br />
im eigenen Arbeitsalltag zu vereinfachen<br />
oder gar zu automatisieren. Ein zweites<br />
Beispiel ist der digitale Zwilling des Umschlaglagers<br />
in Göttingen. Das daten basierte Abbild<br />
wird aktuell entwickelt und soll in Zukunft<br />
helfen, die Belegung der Lagerplätze besser<br />
zu überwachen. In einer späteren Ausbaustufe<br />
sollen damit sogar kritische Auslastungen<br />
vorhergesagt werden, um beispielsweise eine<br />
bessere Personalplanung für diese Phasen zu<br />
ermöglichen.<br />
Emissionen senken – vor allem im Transport<br />
Mit Blick auf die ökologische Nachhaltigkeit<br />
ging es auf dem TagZ[ukunft] auch um den<br />
zufall.lab<br />
Wo die Zukunft schon heute sichtbar wird<br />
Als eine Art Basiscamp für die Reise wurde<br />
2019 das zufall.lab gegründet. In den<br />
Räumlichkeiten einer ehemaligen Göttinger<br />
Spedition befindet sich heute die Innovations-<br />
und Ideenschmiede von ZUFALL.<br />
„Hier können wir ganz neue Ideen entwickeln,<br />
experimentieren und erstmal ausprobieren,<br />
was gut geht und was man vielleicht besser<br />
lassen sollte“, berichtet Steffen Obermann,<br />
der das zufall.lab leitet.<br />
Dem Unternehmen und der Logistikbranche<br />
unkompliziert und doch gezielt Impulse für<br />
die Zukunft zu geben – das ist die Aufgabe<br />
von Obermann und seinen Mitarbeitern.<br />
„Wir brauchen Mut, neu zu denken“, ist Peter<br />
Müller-Kronberg, geschäftsführender Gesellschafter<br />
von ZUFALL, überzeugt. Weil das<br />
im Tagesgeschäft oft zu kurz kommt, hat er<br />
die Zukunftswerkstatt ins Leben gerufen.<br />
Im zufall.lab wird nicht nur intern gearbeitet.<br />
„Wir vernetzen mit der gesamten Welt und<br />
suchen neue Partner, um mit ihnen an der<br />
Logistik der Zukunft zu arbeiten“, so<br />
Obermann. Das Netzwerk umfasst<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen,<br />
etablierte Logistiker und Start-ups.
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Digitalisierung ist ein unerlässlicher Begleiter auf der Reise in die Zukunft. Auf dem TagZ[ukunft]<br />
konnten die Mitarbeiter beispielsweise eigene Apps bauen, um zu erfahren, wie einfach es sein kann,<br />
wiederkehrende Aufgaben aus dem eigenen Arbeitsalltag zu vereinfachen oder gar zu automatisieren.<br />
Päckchen packen beim Logistik-Start-up<br />
LOGIMATE, dem nachhaltigen Logistikdienstleister<br />
für Influencer<br />
„Nachhaltigkeit, wie wir sie<br />
verstehen, ist ein achtsamer<br />
Umgang mit unseren begrenzten<br />
Ressourcen als Menschen und<br />
ein rücksichtsvoller Blick auf<br />
die Generationen, die nach<br />
uns kommen.“<br />
JULIA WIELAND, HUMAN RELATIONS<br />
Carbon Footprint von ZUFALL. Schon heute<br />
bezieht das Logistikunternehmen seinen<br />
Strom vollständig aus erneuerbaren Energien,<br />
und es gibt verschiedene Projekte, um<br />
den Verbrauch zu reduzieren. Beispielsweise<br />
werden Photovoltaikanlagen installiert und<br />
alle Logistikcenter der Gruppe auf energieeffiziente<br />
LED-Beleuchtung umgestellt – ein<br />
Vorhaben, das demnächst abgeschlossen sein<br />
wird. Beim Neubau eigener Immobilien setzt<br />
ZUFALL zudem auf hohe Gebäudestandards<br />
zur Energieeffizienz.<br />
Trotzdem ist man bei ZUFALL kritisch –<br />
besonders mit Blick auf den Verkehr. „Leider<br />
geht es bei der Dekarbonisierung des<br />
Transports viel zu langsam voran“, berichtet<br />
Gun nar Heunisch, zuständig für ökologische<br />
Nachhaltigkeit bei ZUFALL. Das Unternehmen<br />
hat bereits einige Biogas-LKW in seiner<br />
Flotte und bereitet sich aktuell mit einem<br />
Pilot projekt auf den Einsatz von E-LKW im<br />
Nahverkehr vor. „Aktuell gibt es noch zu<br />
wenig serienreife Alternativen zum LKW mit<br />
Verbrennungs motor“, so Heunisch. Diese<br />
Herausforderung beschäftige nicht nur<br />
ZUFALL, sondern auch viele andere Logistiker.<br />
„Wir beteiligen uns daher aktiv an verschiedenen<br />
Initiativen, die die Entwicklung<br />
alternativer Antriebe und der erforderlichen<br />
Infrastrukturen vorantreiben – zum Beispiel<br />
für wasserstoffgetriebene Fahrzeuge“, berichtet<br />
der Nachhaltigkeitsexperte.<br />
Kulturwandel: lernen, verändern,<br />
mitbestimmen<br />
Wie bei anderen Unternehmen, so gibt es<br />
aber auch im Traditionsunternehmen ZUFALL<br />
immer noch etablierte Strukturen. Deswegen<br />
ist die Transformation auch ein Kulturwandel:<br />
„Nachhaltigkeit, wie wir sie verstehen, ist ein<br />
achtsamer Umgang mit unseren begrenzten<br />
Ressourcen als Menschen und ein rücksichtsvoller<br />
Blick auf die Generationen, die nach<br />
uns kommen. In diesem Sinne übernehmen<br />
wir Verantwortung nicht nur für uns selbst,<br />
sondern auch für andere – beispielsweise<br />
für unsere Kollegen und Kunden, Dienstleister<br />
und Subunternehmer oder unsere<br />
Familien“, erläutert Julia Wieland, die den<br />
Bereich Human Relations bei ZUFALL leitet.<br />
„Damit uns das gelingt, müssen wir lernen,
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Nachhaltigkeit erleben am<br />
TagZ[ukunft] – zum Video:<br />
PROFIL<br />
Mit ZUFALL100 nimmt Müller-Kronberg das 100-jährige Firmenjubiläum des Unternehmens in den Blick: Bis zum<br />
runden Geburtstag im Jahr 2028 soll die ganze Unternehmensgruppe klimaneutral sein.<br />
gemeinschaftlich den Weg in eine nachhaltige<br />
Zukunft zu gehen. Wir setzen deshalb auf<br />
eine Kultur des Zuhörens, des Vertrauens und<br />
des Mitbestimmens“, berichtet Wieland. Es<br />
geht auch darum, bisheriges Hierarchiedenken<br />
zu weiten, Offenheit für Neues zu fördern<br />
und lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Die<br />
Nachhaltigkeitsdimension Mensch fängt also<br />
bei den eigenen Mitarbeitern an.<br />
Weil Mitbestimmung wichtig ist, ist der Grundsatz<br />
,Unternehmer*in darf hier jede*r‘ im Unternehmensleitbild<br />
verankert. Das soll dazu<br />
anregen, Verantwortung zu übernehmen – im<br />
eigenen Arbeitsbereich und darüber hinaus.<br />
Das Prinzip trägt Früchte, wie zwei Beispiele<br />
zeigen: In der Community der ,ZUFALL100-<br />
Mitgestalter‘ vernetzen sich Mitarbeiter aller<br />
Standorte und aller Bereiche unabhängig von<br />
ihrer Position, um gemeinschaftlich Ideen zuentwickeln.<br />
Und die ,Collabo-Gang‘, eine Gemeinschaft<br />
von Freiwilligen verschiedens ter<br />
Unternehmensbereiche, hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, die digitale Zusammenarbeit<br />
(engl. collaboration) zu fördern. Sie bieten beispielsweise<br />
Sprechstunden oder Schulungen<br />
zur Arbeit mit verschiedenen Softwaretools<br />
an. „Es ist toll, dass wir bei ZUFALL Menschen<br />
mit intrinsischer Motivation haben, etwas zu<br />
verändern. Genau dem möchten wir Raum<br />
geben“, betont Müller-Kronberg bei einer Podiumsdiskussion<br />
auf dem TagZ[ukunft].<br />
Reise mit klarem Ziel – aber auf neuen Wegen<br />
Um die Transformation nach innen zu kommunizieren,<br />
nutzt ZUFALL das Bild einer<br />
Reise. Deren Ziel ist kein Ort, sondern ein<br />
Zustand: die nachhaltige Zukunft der Logistik.<br />
Teil der Reisegruppe sein, das kann bei<br />
ZUFALL jeder. Und wie sieht die Reiseroute<br />
aus? „Wie der Weg verläuft, das wissen wir in<br />
manchen Bereichen heute schon besser als in<br />
anderen. Die Erfahrungen aus den vergangenen<br />
beiden Jahren helfen uns auf jeden Fall,<br />
die Route immer genauer abzustecken“, sagt<br />
Müller-Kronberg überzeugt. Sein Fazit lautet<br />
deshalb: „Die Zukunft findet bereits jetzt statt.<br />
Vor unserer Haustür – nicht irgendwo.“<br />
TEXT: JULIA OCKENGA | BILDER: CHRISTIAN WOLTER<br />
KONTAKT<br />
Friedrich Zufall GmbH & Co. KG<br />
Internationale Spedition<br />
Robert-Bosch-Breite 11<br />
37079 Göttingen<br />
Tel. 0551 607-0<br />
goettingen@zufall.de<br />
www.zufall.de
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Gelebte Nachhaltigkeit<br />
Excelitas hat in Göttingen hohe Investitionen getätigt, um seine technologische Spitzenposition im<br />
Halbleitermarkt zu sichern. Aber das Engagement des Konzerns am Standort umfasst weit mehr.<br />
Excelitas ist nun endgültig in Göttingen<br />
angekommen: Das Excelitas-Logo ziert<br />
jetzt sowohl den Hauptsitz des Unternehmens<br />
in der Königsallee als auch den Neubau<br />
im Science Park, der vor einem Jahr eröffnet<br />
wurde und eine der größten Investitionen<br />
der Konzerngeschichte darstellt. Mit den dort<br />
geschaffenen großen Reinraumkapazitäten hat<br />
sich das Unternehmen für den stark wachsenden<br />
Halbleitermarkt nachhaltig aufgestellt.<br />
EXCELITAS ist eine global agierende Hightech-Firmengruppe<br />
mit 21 Standorten und<br />
rund 7.500 Mitarbeitern in Nordamerika, Europa<br />
und Asien. Die Qioptiq-Gruppe wurde<br />
2013 übernommen, der Standort Göttingen<br />
mit seinen inzwischen rund 430 Mitarbeitern<br />
ist unter anderem das Zentrum für das immer<br />
wichtiger werdende Halbleitergeschäft, für das<br />
komplexe Belichtungsmodule für die Computerchipherstellung<br />
entwickelt und gebaut werden.<br />
Seit der Übernahme ist der Umsatz um<br />
das Vier- bis Fünffache gestiegen – entsprechend<br />
positiv sind die Zukunftsperspektiven<br />
des Standorts.<br />
Excelitas hat jedoch nicht nur eine technologische<br />
Spitzenstellung, sondern will auch in<br />
Sachen Nachhaltigkeit neue Maßstäbe setzen,<br />
die im eigenen Haus konsequent gelebt werden.<br />
SEINE QIOPTIQ-STANDORTE in Deutschland<br />
hat sich Excelitas im Jahr 2021 als klimaneutrales<br />
Unternehmen zertifizieren lassen.<br />
Es wurden Maßnahmen zur weitgehenden<br />
Reduzierung der eigenen CO 2 -Emissionen<br />
beschlossen und Projekte zum Ausgleich<br />
der verbleibenden Treibhausgasemissionen<br />
unterstützt. Die Projekte engagierten sich für<br />
Wiederaufforstung in Uruguay sowie für Waldschutz<br />
und Wasserkraft in Brasilien.<br />
Der Maßnahmenkatalog im eigenen Haus<br />
ist lang: Solarpaneele auf den Dachflächen,<br />
E-Ladestationen für Firmen- und Mitarbeiterwagen,<br />
zudem wird auf die Anschaffung ener-<br />
gieeffizienter Maschinen und Anlagen geachtet<br />
sowie auf den Einsatz energiesparender LEDs.<br />
Der Katalog an Maßnahmen soll kontinuierlich<br />
überprüft und ergänzt werden.<br />
Auch den eigentlichen Produktionsprozess<br />
nimmt man kritisch unter die Lupe: Auf der<br />
einen Seite heißt das, den Einsatz giftiger<br />
Schadstoffe zu reduzieren und die hochkomplexen<br />
Reinraumverpackungen nicht nur einmal<br />
zu verwenden. Zum anderen betrifft das<br />
auch die Langlebigkeit der eigenen Produkte:<br />
Die Möglichkeiten zur Reparatur sollen in Zukunft<br />
deutlich erweitert werden.<br />
BEI DEN EIGENEN MITARBEITERINNEN<br />
UND MITARBEITERN stößt das soziale Engagement<br />
des Unternehmens auf sehr positive<br />
Resonanz. „Wir merken zunehmend, dass<br />
das bei neuen Fachkräften auch ein Kriterium<br />
bei der Wahl des Arbeitgebers ist“, so Frank<br />
Stiebert, Standortleiter Göttingen.<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />
KONTAKT<br />
Qioptiq Photonics GmbH & Co. KG<br />
Königsallee 23<br />
37081 Göttingen<br />
www.excelitas.com<br />
FOTO: EXCELITAS<br />
Das neue Produktionsgebäude<br />
im Science Park Göttingen
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FOTO: CHRISTOPH MISCHKE<br />
Friderike Göring (l.) bei der Excelitas-Aufforstungsaktion im März <strong>2022</strong> – rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pflanzten in ihrer Freizeit 1.150 Bäume.<br />
FOTO: KRÖSING MEDIA<br />
Friderike Göring,<br />
seit Oktober 2021 im Unternehmen<br />
„Als Physikerin interessiere ich mich für<br />
komplexe optische Zusammenhänge. Ich<br />
habe vorher in Hamburg gearbeitet – aber<br />
Excelitas hat mich angesprochen, weil sie in<br />
Göttingen viele optische Module und Komponenten<br />
für die Halbleiterherstellung entwickeln<br />
und bauen, die sehr komplexe Anforderungen<br />
erfüllen müssen. Das fand ich<br />
spannend.<br />
Ich bin ja noch nicht lange hier, aber mir<br />
ist sehr schnell aufgefallen, dass es unter<br />
den Mitarbeitern eine ausgeprägte Kollegialität<br />
gibt: Egal, welche Fragen auftauchen oder<br />
an wen man sich wendet, die Hilfsbereitschaft<br />
ist sehr hoch. Viele meiner Kollegen treffen<br />
sich auch privat.<br />
Ich habe auch das Gefühl, dass man sehr<br />
an Impulsen der Mitarbeiter interessiert ist.<br />
Ein gutes Beispiel war die Baumpflanz aktion<br />
im März dieses Jahres – den Vorschlag hat<br />
eine Kollegin eingebracht. Die Standort leitung<br />
fand die Idee gut und hat dazu ein Event organisiert.<br />
Wir sind dann mit rund 40 Kollegen<br />
in den Wald gefahren und haben einen Hektar<br />
Fläche aufgeforstet. Ich persönlich finde diese<br />
Berücksichtigung von Ideen und von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
sehr gut – ich bin selbst Mitglied<br />
im Nabu.“<br />
Thomas Thöniß R&D-Leiter Göttingen<br />
Thomas Thöniß,<br />
seit 1996 im Unternehmen<br />
„Als ich 1996 angefangen habe, war der Standort<br />
Göttingen gerade auf der Suche nach einem<br />
neuen Profil. Wir haben dieses im Halbleitermarkt<br />
gefunden. Das mitzugestalten,<br />
war für mich als junger Ingenieur fantastisch.<br />
Inzwischen leite ich seit über zehn Jahren die<br />
Entwicklungsabteilung und bin immer noch<br />
davon begeistert, dass wir die Entwicklung<br />
in einem Markt entscheidend mitprägen, der<br />
sich sehr dynamisch entwickelt.<br />
Diese besondere und wichtige Rolle von<br />
Göttingen als hoch spezialisiertem Standort<br />
für den Halbleitermarkt wird von der Konzernleitung<br />
bei Excelitas sehr deutlich kommuniziert,<br />
und wir werden als Speerspitze in einem<br />
Hightech-Umfeld wertgeschätzt. Man denkt<br />
vielleicht ,großer anonymer US-Konzern‘, aber<br />
das Gegenteil ist der Fall.<br />
In der Branche haben wir alle dasselbe Problem:<br />
Jeder sucht nach Spezialisten. Ein modernes<br />
Unternehmen muss heutzutage viel<br />
tun, um attraktiv zu sein – von flexiblen Arbeitszeiten<br />
bis hin zur Gesundheitsförderung.<br />
Für mich stimmt hier das Gesamtpaket: Ein<br />
Unternehmen, in dem ich nicht das Gefühl<br />
habe, anonym zu sein, in dem man viel mitbestimmen<br />
kann und das in einem wahnsinnig<br />
spannenden Markt tätig ist.“
wissen<br />
62 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
„Der Zweifel<br />
ist eine Stärke“<br />
Das kürzlich eröffnete Forum Wissen hat einen neuen Chef: Christoph Bleidorn.<br />
Der Zoologe spricht im Interview darüber, wie er von Ringelwürmern zum Museum fand,<br />
warum wissenschaftliche Erkenntnisse nicht in Stein gemeißelt sind und wie er das<br />
Gesamtensemble am Göttinger Bahnhof mit Leben füllen will.<br />
INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 10 MINUTEN<br />
Der frühlingsgrüne, sonnendurchflutete Botanische<br />
Garten der Universität Göttingen liegt gleich<br />
um die Ecke von Christoph Bleidorns Büro. Es ist<br />
der ideale Platz für ein entspanntes Interview. Die<br />
Bänke waren alle besetzt, aber die Stammteile eines<br />
abgesägten Baumes boten gemütlich Platz für<br />
ein Gespräch über die Herausforderung, die vor<br />
dem Zoologieprofessor liegt: Als neuer Leiter des<br />
Gesamtensembles Forum Wissen am Bahnhof<br />
wird es seine Aufgabe sein, das Museums- und Veranstaltungshaus<br />
lokal und national bekannt zu<br />
machen und zu profilieren. Einfach wird das sicher<br />
nicht, aber der 47-Jährige strahlt die nötige Ruhe,<br />
vor allem aber auch den Enthusiasmus aus, das<br />
neue Wissensmuseum – das deutschlandweit erste<br />
seiner Art – zu führen.<br />
Herr Bleidorn, nach rund zehn Jahren Planung, Kritik,<br />
Hoffnungen und Erwartungen war es nun endlich so weit:<br />
Am ersten Juni-Wochenende hat das Forum Wissen, das<br />
ursprünglich bereits 2019 starten sollte, seine Türen<br />
geöffnet. Wie hat sich dieser Moment für Sie angefühlt?<br />
Spannungsgeladen! In diesem Moment habe ich die<br />
Tragweite meiner neuen Aufgabe erst wirklich begriffen.<br />
Knapp 500 Gäste haben der Eröffnung entgegengefiebert.<br />
Und es war fantastisch, ihre strahlenden Gesichter<br />
beim ersten Besuch des Gebäudes zu sehen. Alle Beteiligten,<br />
allen voran Marie Luisa Allemeyer und ihr Team der<br />
Zentralen Kustodie, haben wirklich hervorragende Arbeit<br />
geleistet.<br />
Sie sind eigentlich Zoologe, forschen unter anderem<br />
zur Evolution von Ringelwürmern – wie wird man da<br />
Museumsleiter?<br />
An der Fakultät für Biologie und Psychologie machen<br />
wir uns seit rund vier Jahren über ein neues Biodiversitätsmuseum<br />
Gedanken. Dabei war eine der Kernfragen,<br />
wie das Museum mit dem Forum Wissen zusammen-<br />
2 |<strong>2022</strong> 63
wissen<br />
FOTO: UNIVERSITÄT GÖTTINGEN/MARTIN LIEBETRUTH<br />
Die kurze Geschichte des Forum Wissen<br />
Der Plan, mit dem Forum Wissen in Göttingen ein<br />
Wissensmuseum neuen Typs zu schaffen, hatte 2012 mit<br />
dem Antrag der Universität für die Exzellenzinitiative<br />
konkrete Form angenommen. Die Uni scheiterte jedoch<br />
mit ihrer Bewerbung, und es fehlte das Geld für das<br />
Großprojekt, das von den Juroren aber explizit als herausragende<br />
Idee gewürdigt wurde. Es ist zu einem hohen<br />
Maße dem verstorbenen SPD-Bundestagsabgeordneten<br />
Thomas Oppermann zu verdanken, der sich mehrfach für<br />
verschiedene Finanzierungszusagen des Bundes einsetzte.<br />
Rund 25 Millionen Euro wurden so im Laufe der Jahre<br />
vom Bund für die Sanierung der alten Zoologie am<br />
Bahnhof sowie für den Aufbau und den Betrieb des<br />
Forum Wissen, aber auch des geplanten Thomas-<br />
Oppermann- Kulturforums (voraussichtlich 2025) in<br />
demselben Gebäude bereitgestellt – sie stellen den<br />
absoluten Löwenanteil der Gesamtkosten dar. Als dritter<br />
Bestandteil des Gesamtensembles wird, voraussichtlich<br />
ebenfalls 2025, das Biodiversitätsmuseum eröffnen.<br />
64 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
arbeiten wird – die zoologische Sammlung ist ja eine von<br />
70 Teilsammlungen an der Universität, auf die das Forum<br />
Wissen zurückgreift. Als ich dann angefragt wurde,<br />
die Leitung des Forum Wissen zu übernehmen, war es<br />
für mich nicht schwer, Entwicklungsmöglichkeiten zu<br />
skizzieren. Ich war zudem bereits zwei Jahre als Wissenschaftler<br />
am spanischen Zentralmuseum für die Naturwissenschaften<br />
tätig, wo ich eine Museumsatmosphäre<br />
erlebt habe und viele Impulse für die Planung eigener<br />
Museumsprojekte bekommen habe.<br />
Auch wenn jetzt zunächst ,nur‘ das Forum Wissen als<br />
Wissensmuseum eröffnet hat, soll das Gesamtensemble<br />
in der alten Zoologie ab 2025 auch noch das Biodiversitätsmuseum<br />
sowie das Thomas-Oppermann-Kulturforum<br />
umfassen. Wie verstehen Sie als Leiter dieses Ensembles<br />
Ihre zukünftige Rolle?<br />
Wir werden dieses Gesamtensemble in Zukunft als Forum<br />
Wissen bezeichnen, und ich bin der wissenschaftliche<br />
Leiter dieses Ensembles. Unter dessen Dach sind<br />
die drei genannten Institutionen zu Hause, die jeweils<br />
ihre eigene Leitung haben. Sie sind in ihrem Verantwortungsbereich<br />
unabhängig, während ich versuchen werde,<br />
die drei Einheiten und damit das Forum Wissen in Gänze<br />
zusammenzuführen und zu vertreten. Ich habe schon<br />
sehr früh gemerkt, dass einer der wichtigsten Aspekte<br />
meiner Rolle die Kommunikation des Forum Wissen ist<br />
– und zwar nach außen in Richtung Gesellschaft, aber<br />
auch nach innen in Richtung Universität.<br />
Wo sehen Sie die Herausforderungen in der<br />
universitätsinternen Kommunikation?<br />
Im Alltag diskutieren wir überall an der Universität über<br />
Geld und Räume. Als das Gebäude der alten Zoologie<br />
am Bahnhof für das Forum Wissen eingeplant wurde,<br />
hat das natürlich auch zu Unmut geführt. Ein weiteres<br />
Problem war, dass das Forum Wissen lange Zeit nur als<br />
Power-Point-Präsentation und Excel-Tabelle existierte<br />
und wenig gegenständlich war. Jetzt ist es viel einfacher,<br />
Akzeptanz zu schaffen.<br />
Wir können beispielsweise Angebote für Empfänge<br />
oder Veranstaltungen machen, vor allem, wenn das Kulturforum<br />
öffnet. Wir können Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftlern aufzeigen, dass das Forum Wissen ein<br />
exzellenter Ort ist, um Forschung zu präsentieren. Hier<br />
kommt auch die Interdisziplinarität ins Spiel, da sich<br />
Geistes- und Naturwissenschaften im Forum viel besser<br />
treffen können als im universitären Alltag. Im Grunde<br />
erhoffe ich mir, dass wir viele Gruppen auf dem Campus<br />
erreichen – insbesondere denke ich auch an die Studierenden.<br />
Das Forum hat riesiges Potenzial, in die Lehre<br />
eingebunden zu werden, indem man beispielsweise Kurse<br />
für Wissenschaftskommunikation anbietet.<br />
Wie werden Sie das Forum Wissen nach außen<br />
kommunizieren? Universitätsmuseum oder auch<br />
Wissensmuseum klingt mitunter etwas altbacken – und<br />
ist nicht auf den ersten Blick selbsterklärend.<br />
Das gesamte Forum Wissen ist ,ein aktiver Ort der Begegnung‘.<br />
Genau das sind ja Museen. Es wird gern unterschätzt,<br />
wie sehr sich Museen inzwischen neu erfunden<br />
haben. Es sind moderne Orte, wo sich Gesellschaft<br />
und Wissenschaft treffen können – viele Orte gibt es<br />
dafür nicht. Deswegen müssen wir deutlich machen,<br />
dass es nicht nur darum geht, Objekte auszustellen und<br />
Dinge zu erklären, sondern auch um Interaktion. Wir<br />
wollen den Besucherinnen und Besuchern Fragen stellen,<br />
wir wollen Austausch zwischen den Gestaltern hinter<br />
den Kulissen und dem Publikum – das können wir an<br />
der Universität hervorragend gebrauchen.<br />
Welche Zielgruppen haben Sie im Sinn, an die sich das<br />
Forum Wissen richten soll?<br />
Zum einen wollen wir natürlich die Göttinger Bürgerinnen<br />
und Bürger ansprechen und darunter insbesondere<br />
diejenigen, die bildungsferner sind. Dafür werden wir<br />
spezielle Programme entwickeln müssen, wofür wir uns<br />
eng mit der Stadt abstimmen werden. Eine weitere<br />
Gruppe sind Menschen mit Migrationshintergrund, bei<br />
denen wir vermutlich über die Sprache gehen müssen –<br />
also reden wir über Programme auf Türkisch oder Arabisch.<br />
Wir wollen explizit nicht nur diejenigen ansprechen,<br />
die ohnehin schon offen für Museumsbesuche sind,<br />
sondern auch aktiv die Gruppen, die normalerweise<br />
nicht ins Museum gehen. Und dann dürfen wir natürlich<br />
auch die Universitätsangehörigen nicht vergessen, unsere<br />
Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.<br />
Die wiederum haben Verwandte und Freunde,<br />
die zu Besuch kommen und für die sich die Frage stellt,<br />
wie man einen Tag in Göttingen gestaltet. Diese Zielgruppe<br />
können wir vergleichsweise leicht erreichen.<br />
Das Wissensmuseum in Gent, das wie das Forum Wissen<br />
arbeitet, hat gute Erfahrungen mit der Zusammenarbeit<br />
mit Künstlern gemacht. Ein Konzept mit Zukunft?<br />
Gent hat ein fantastisches Konzept mit dem Museum of<br />
Doubt und seiner Verbindung zur Kunst. Diesen Ansatz<br />
werden wir definitiv auch für das Forum weiter verfolgen.<br />
Ein schönes Beispiel wäre der Stammbaum des Lebens,<br />
der sich immer feiner in die Arten verzweigt. Das erinnert<br />
sehr an ein Mobile. Wir könnten ein solches Mobile von<br />
Künstlern anfertigen lassen. Oft betrachten wir wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse als in Stein gemeißelt, dabei<br />
schreiben wir die Lehrbücher immer wieder um. Teile des<br />
Mobiles könnten entsprechend immer wieder umgehängt<br />
werden und so die Veränderung des Wissens zeigen. Dass<br />
Wissenschaft nicht immer geradlinig ist, werden wir auch<br />
wunderbar im Forum Wissen zeigen können. Von manchen<br />
wird dieser Selbstzweifel als Schwäche angesehen,<br />
der wissenschaftliche Autorität untergräbt. Der Zweifel<br />
ist aber eigentlich eine Stärke – weil man immer wieder<br />
neu prüft und so die beste Erklärung sucht.<br />
2 |<strong>2022</strong> 65
wissen<br />
Diese Frage, wie transparent die Wissenschaft sich präsentieren<br />
soll und damit sich der Kritik stellen, ist eine<br />
Grundsatzfrage. Wie stehen Sie dazu?<br />
In der Wissenschaft wird Transparenz immer wichtiger.<br />
Früher haben wir sehr oft nur die Ergebnisse publiziert,<br />
doch inzwischen wird mehr und mehr darauf geachtet,<br />
dass alle Daten, die man erhoben hat, öffentlich zugänglich<br />
sind. Dadurch können sie von anderen Forschungsgruppen<br />
reanalysiert und angezweifelt werden. Das<br />
heißt, wir müssen unsere Interpretationen zunehmend<br />
dem Zweifel anderer stellen.<br />
Es wird auch zunehmend gefragt, was wir mit den Daten<br />
machen. Wir haben einen Sonderforschungsbereich<br />
zum Palmölanbau in Indonesien. Darin geht es um Biodiversität,<br />
aber auch um sozioökonomische Aspekte –<br />
teils werden Lebensbedingungen durch den Anbau verbessert,<br />
teils aber auch nicht, eventuell werden die Böden<br />
ausgelaugt. Wie interpretiert man das für politische<br />
Handlungen? Vom Schwarz-Weiß eindeutiger Informationen<br />
sind wir inzwischen weit weg. Das soll als Kerngegenstand<br />
des Forum Wissen erhalten bleiben.<br />
Die Zentrale Kustodie, die in den letzten zehn Jahren das<br />
Forum Wissen konzipiert hat und es wissenschaftlich<br />
leiten soll, war lange Zeit unabhängig. Nun ist sie in die<br />
SUB, die Uni-Bibliothek, eingegliedert worden. Wie viel<br />
gestalterische Unabhängigkeit wird die Museumsleitung<br />
künftig noch haben?<br />
Was heißt denn unabhängig? Die Zentrale Kustodie unterstand<br />
bislang dem Präsidenten oder der Präsidentin,<br />
und ihre Aufgabe war immer ein Spagat. Zum einen war<br />
sie für die Belange der einzelnen Uni-Sammlungen zuständig,<br />
zum anderen für Aufbau und Betrieb des Forum<br />
Wissen, das auf den Sammlungen aufbaut. Durch die<br />
Eingliederung in die SUB soll die Kustodie in der Betreuung<br />
der Sammlungen unterstützt werden. Gerade im Bereich<br />
der Digitalisierung von Exponaten hat die SUB<br />
wertvolle Kompetenzen. Für den eigentlichen Betrieb<br />
und die Konzeption des Forum Wissen hat die Zentrale<br />
Kustodie aber freie Hand.<br />
Das Gesamtensemble Forum Wissen untersteht wiederum<br />
formal dem Präsidium der Universität, aber es wird<br />
von ihm losgekoppelt arbeiten. Wir werden auch einen<br />
neuen externen Beirat einrichten, der das kritisch begleiten<br />
wird.<br />
Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für das<br />
Forum Wissen?<br />
Mein Blick geht erstmal bis Anfang 2025, wenn wir<br />
hoffentlich wie geplant das Biodiversitätsmuseum und<br />
das Thomas-Oppermann-Kulturforum eröffnen werden.<br />
Das Ziel ist, dass das Forum Wissen dann mit seinen drei<br />
Einheiten als ein Haus wahrgenommen wird. Ganz<br />
wichtig wird es sein, dass hier immer viel Leben ist –<br />
Sonderausstellungen, Vortragsreihen, Workshops, Bürger-<br />
Wissenschaftsinitiativen. Und wir müssen natürlich auch<br />
über Göttingen hinausdenken. Dazu entwickeln wir<br />
zum Beispiel Programme für Schülerinnen und Schüler.<br />
Wir werden auch Synergien mit den übrigen Sammlungen<br />
der Universität herstellen, indem wir Besucher an sie<br />
weiterleiten.<br />
Wir lassen zudem gerade eine Machbarkeitsstudie mit<br />
Blick auf Tourismus erstellen. Die Lage Göttingens in<br />
der Mitte Deutschlands ist fantastisch, und das Forum<br />
Wissen liegt direkt am Bahnhof. Können wir also zum<br />
Beispiel auch Bahnreisende ansprechen? Warum nicht<br />
für zwei Stunden Pause im Forum Wissen machen und<br />
dann weiterfahren? Allein aufgrund der Lage kann man<br />
verschiedenste Konzepte entwickeln, um unterschiedliche<br />
Publika anzusprechen.<br />
Die Leitung des Forum Wissen wird vermutlich<br />
ein Vollzeitjob werden – wie wird sich das auf Ihre<br />
wissenschaftliche Tätigkeit auswirken, und worauf<br />
freuen Sie sich dabei am meisten?<br />
Während ich meine Vorlesungen weiter bestreite, werde<br />
ich wahrscheinlich nur wenig Zeit für Forschung finden.<br />
Aber hier habe ich ja zum Glück meine Arbeitsgruppe,<br />
welche natürlich unsere Projekte weiterhin vorantreiben<br />
wird. Im Rahmen meiner neuen Aufgabe habe ich<br />
bereits viele interessante Menschen aus den verschiedensten<br />
Bereichen der Wissenschaft, der Kultur, aber<br />
auch aus anderen Bereichen der Gesellschaft kennengelernt<br />
– und darauf freue ich mich auch in der Zukunft.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Zur Person<br />
Der neue Leiter des Forum Wissen, Christoph Bleidorn,<br />
kam 1974 in Bad Oeynhausen zur Welt. Er studierte von<br />
1995 bis 2001 Biologie an der Universität Bielefeld und<br />
promovierte 2004 an der Freien Universität Berlin. Über<br />
mehrere akademische Stationen hinweg habilitierte er<br />
sich 2015 an der Zoologie der Universität Leipzig.<br />
Anschließend ging Bleidorn als Gastwissenschaftler für<br />
zwei Jahre an das spanische Nationalmuseum für Naturwissenschaften<br />
in Madrid. Seinen Ruf an die Universität<br />
Göttingen auf die Professur Evolution und Biodiversität<br />
der Tiere erhielt er 2017.<br />
2018 übernahm Bleidorn die Direktion des damaligen<br />
Zoologischen Museums der Georg-August-Universität,<br />
das zurzeit überarbeitet und voraussichtlich 2025 als<br />
Biodiversitätsmuseum wiedereröffnet wird – unter der<br />
Leitung von Bleidorns Ehefrau, der Uni-Professorin und<br />
wissenschaftlichen Kuratorin Maria Teresa Aguado Molina.<br />
Mehr zu ihr lesen Sie übrigens ab Seite 80.<br />
66 2 |<strong>2022</strong>
Katja Keul<br />
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wissen<br />
Die facettenreiche<br />
WELT des WISSENS<br />
Wie entsteht Wissen? Welche Menschen<br />
und Dinge sind daran beteiligt?<br />
Welche Methoden kommen zum Einsatz?<br />
Um diese und viele weitere Fragen geht es<br />
im gerade eröffneten Forum Wissen am<br />
Göttinger Bahnhof. Neues entdecken,<br />
begreifen und unterschiedliche Perspektiven<br />
einnehmen – ein Blick in das Museum,<br />
das einlädt zum Dialog von Gesellschaft<br />
und Wissenschaft.<br />
TEXT MARGARETA VOGEL<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
68 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
2 |<strong>2022</strong> 69
wissen<br />
Büste einer Frau im Sonnenblumenkelch Grundlage der über 1.500 Ausstellungsstücke entlang der zwölf Räume des Wissens sind die über<br />
70 akademischen Sammlungen der Uni – wie beispielsweise die der Gipsabgüsse antiker Skulpturen.<br />
DAS PRINZIP DES MUSEUMS ist leicht zu überschauen.<br />
Die Basisausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke<br />
und eine Fläche von 1.400 Quadratmetern – sie führt<br />
durch zwölf Wissensräume sowie drei Prologräume.<br />
Jeder dieser zwölf ,Räume des Wissens‘, deren Hauptteil<br />
sich im Obergeschoss befindet, wird mit eigenen Fragen,<br />
Themen und Wissenspraktiken verbunden. Sie reichen<br />
von historischen Debatten über innovative Ideen und<br />
jüngste Entdeckungen bis hin zu aktuellen Forschungsprojekten.<br />
Die Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisgewinn regt dazu an, Dinge aus<br />
unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, Positionen<br />
zu überdenken und sich in gesellschaftliche Diskussionen<br />
einzubringen.<br />
Aus Alt mach Neu<br />
Für das neue Wissensmuseum wurde das 1877 fertig gestellte Gebäude<br />
der ehemaligen Zoologie komplett umgestaltet – mit einer Ausnahme:<br />
Für das imposante Entree wurde das alte Treppenhaus im<br />
ursprüng lichen Zustand wieder hergestellt.<br />
70 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
2 |<strong>2022</strong> 71
wissen<br />
Die drei Prologräume im Erdgeschoss greifen drei Themen<br />
auf: Der Raum Perspektiven sensibilisiert für die<br />
Bedeutung von Standpunkten und Sichtweisen, von denen<br />
– in der Wissenschaft wie in der Ausstellung – jede<br />
Erkenntnis abhängt. Praktiken lenkt mit einer raumfüllenden<br />
Film collage den Blick auf die vielen kleinen, oft<br />
unscheinbaren Schritte, durch die Wissen geschaffen<br />
wird. Verknüpfungen führt in die geopolitische Dimension<br />
des Wissenschaffens ein und verortet Göttingen im<br />
globalen Kontext.<br />
Neben den kulturhistorischen Exponaten spielen im<br />
Forum Wissen mediale Formate eine tragende Rolle.<br />
Eine durchgehende Spur produzierter Filme stellt über<br />
Monitore und raumprägende Projektionen Praktiken<br />
der Forschung und Lehre vor. Kurze Audio-Statements<br />
einer Vielzahl von Akteuren inner- und außerhalb der<br />
Universität werfen unter schiedliche Perspektiven auf<br />
Dinge und Themen. An interaktiven Objektstationen<br />
können Exponate digital ,eingesammelt‘, spielerisch untersucht<br />
und bearbeitet werden.<br />
Die Basisausstellung zeichnet sich durch ihre besondere<br />
Dynamik aus: Auf Freiflächen, die sich über die gesamte<br />
Ausstellung verteilen, werden im stetigen Wechsel aktuelle<br />
Themen aus Wissenschaft und Forschung vorgestellt.<br />
Künstlerische Interventionen finden hier einen Raum.<br />
Flankierend finden dazu temporäre Ausstellungen statt.<br />
FORUM WISSEN<br />
Berliner Straße 28<br />
37073 Göttingen<br />
Öffnungszeiten<br />
Di. bis So. von 10 bis 18 Uhr<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
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19. Juni bis 25. September<br />
,saujana membumi‘ – Nachhaltigkeit erkunden<br />
13. Juli bis 14. Oktober<br />
Tiny unpredictable material objects<br />
7. August bis 16. Oktober<br />
Medicine & Ethics go Viral<br />
26. Oktober bis 15. Januar 2023<br />
Vestibül Moving Things.<br />
Zur Materialität von Flucht und Migration<br />
Wissen türmen<br />
Der Raum ,Bibiliothek‘ thematisiert anhand konkreter Beispiele die Bedeutung<br />
von Bibliotheken für die Produktion von Wissen in den Wissenschaften.<br />
Im Mittelpunkt ein Bücherturm, der das Streben nach Universalität und Vollständigkeit<br />
und zugleich das notwendige Scheitern dieses Strebens symbolisieren soll.<br />
Er ist zugleich Vitrine und Ort der Beteiligung, denn im Inneren sind Besucher<br />
dazu eingeladen, an der ,Bibliothek des Forum Wissen‘ mitzuschreiben.<br />
72 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
Breit gefächert<br />
Der Großteil der Exponate der Basisausstellung stammt aus dem enormen Fundus der Uni Göttingen –<br />
wie der Pferdekopf aus dem Ostgiebel des Parthenon (o.) aus der Sammlung der Gipsabgüsse antiker<br />
Skulpturen oder ein von Carl Friedrich Gauß entwickeltes Vizeheliotrop (u.) zum Sichtbarmachen weit<br />
entfernter Vermessungspunkte aus dem ,Physicalischen Cabinet‘.<br />
2 |<strong>2022</strong> 73
wissen<br />
74 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
Acht Stühle, viele Meinungen<br />
Der Raum ,Salon‘ mit seinen acht schwingenden Bubble-Chairs lädt zum<br />
Verweilen ein – und zum Diskutieren. Die Besucher können hier<br />
über Lautsprecher Stimmen zu vier aktuellen wissenschaftlichen<br />
Themenkomplexen aus Wissenschaft, Politik oder Aktivismus lauschen<br />
und so jeweils eine bestimmte Perspektive einnehmen.<br />
2 |<strong>2022</strong> 75
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einem ausgerichteten Vertical bei der Bits &<br />
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auch deutschlandweit erstmalig Life- Science-<br />
Start-ups von dem regionalen Ökosystem<br />
profitieren.<br />
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typgeprüfte Fahrzeuge existieren die offiziellen Angaben nur noch nach WLTP. Weitere Informationen zu den Messverfahren<br />
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Göttinger Start-up Koiotech macht die<br />
industrielle Produktvermessung genauer.<br />
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In vielen Bereichen der Agrar- und Produktionsindustrie<br />
sowie im Dienstleistungssektor erfolgt<br />
die Abrechnung eines Produkts nach seiner<br />
geometrischen Form. Da bislang nicht jedes Produkt<br />
einzeln manuell vermessen werden kann,<br />
ist die Industrie gezwungen, die Entnahme veraltet<br />
durch Stichproben per Hand durchzuführen.<br />
Dies führt zu einer großen Ungenauigkeit<br />
bei der Hochrechnung auf die Gesamtmarge,<br />
die sich auf die Bepreisung der Ware auswirkt –<br />
zum großen Nachteil der Industrie.<br />
DAS GÖTTINGER START-UP KOIOTECH hat es<br />
sich zur Aufgabe gemacht, die industrielle Produktvermessung<br />
nicht nur einfacher, sondern<br />
auch genauer zu machen. Koiotech ersetzt dafür<br />
die manuelle Stichprobenentnahme durch modernste<br />
Sensoren, die die Größenvermessung<br />
mit einer auf künstlicher Intelligenz basierenden<br />
Software automatisiert und digitalisiert. Die Technologie<br />
kann problemlos in bereits bestehende<br />
Prozesse integriert werden – somit können alle<br />
Produkte genauestens vermessen werden.<br />
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europäische Fördermaßnahme EIP AGRI und<br />
den Hightech-Inkubator Digital GreenTech der<br />
TU-Clausthal.<br />
Das Team Dr. Lino Gerlach, Anthony Ioan,<br />
Massoud Koshan, Gerald Spahiu (v. l.)<br />
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Gebäudes ist von funktionalen,<br />
optischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
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zualler erst sicher gegen Fremdzugriff und den<br />
eigenen Bedürfnissen gemäß stabil funktionieren.<br />
Gleichzeitig steigt der Anspruch an die<br />
Qualität und die Unterhaltskosten des Schließsystems.<br />
Maximale Flexibilität, hohe Sicherheit<br />
und minimierte Unterhaltskosten zeichnen ein<br />
gutes Schließsystem aus. Zur Erfüllung dieser<br />
Ansprüche ist die Auswahl von namhaften und<br />
erfahrenen Herstellern und die Umsetzung in<br />
der Projektierung durch einen versierten Partner<br />
aus der Region eine Grundvoraussetzung.<br />
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von der ersten Beratung über die Projektierung<br />
und gegebenenfalls die Inbetriebnahme<br />
begleitet. Auch die Integrierung der Briefkastenanlage<br />
oder vorhandener Fremdanwendungen<br />
– wie zum Beispiel die Kopiererabrechnung<br />
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wissen<br />
AGUADO MT ET AL, “RAMISYLLIS KINGGHIDORAHI N. SP., A NEW BRANCHING ANNELID FROM JAPAN.” ORGANISMS DIVERSITY & EVOLUTION, <strong>2022</strong>. DOI: 10.1007/S13127-021-00538-4<br />
80 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
Die Wurm-<br />
forscherin<br />
TEXT TOBIAS KINTZEL<br />
FOTOGRAFIE MARCO BÜHL<br />
Biologin Maite Aguado<br />
über ihre Forschung auf dem<br />
Grund der Weltmeere,<br />
ihre Begegnung mit dem<br />
Erzfeind von Godzilla und<br />
darüber, wie sie als Leiterin<br />
des geplanten Biodiversitätsmuseums<br />
der Uni Göttingen<br />
neue Blickwinkel eröffnen<br />
möchte<br />
2 |<strong>2022</strong> 81
wissen<br />
» Ich interessiere mich unheimlich für diese kleinen Lebewesen,<br />
die aus meiner Sicht zu lange ein Schatten dasein geführt und zu<br />
wenig Aufmerksamkeit bekommen haben. «<br />
LESEZEIT: 8 MINUTEN<br />
Maria Teresa Aguado Molina ist<br />
eine wissenschaftliche Weltenbummlerin:<br />
Ihre Forschung hat<br />
die in Madrid geborene Biologin<br />
unter anderem nach New York,<br />
Sidney, London, Paris und<br />
Amsterdam geführt – und auf den Grund des Meeres.<br />
Doch die ganze Zeit war die spanische Hauptstadt ihr<br />
Fixpunkt, ihre Heimatbasis. „Ich habe dort meine Wurzeln<br />
– unser Leben dort war wunderbar eingerichtet“,<br />
erzählt Maria Teresa Aguado Molina, genannt Maite<br />
Aguado, rückblickend. „An der Universidad Autónoma<br />
de Madrid hatte ich eine dauerhafte Position als Professorin,<br />
in der ich meine Leidenschaften für die Lehre und<br />
die Forschung kombinieren konnte.“<br />
IHR MANN, CHRISTOPH BLEIDORN, arbeitete in der<br />
spanischen Hauptstadt als Wissenschaftler am Nationalmuseum<br />
für Naturwissenschaften, dem Museo Nacional<br />
de Ciencias Naturales. Dann erhielt Bleidorn vor fünf<br />
Jahren seinen Ruf auf die Professur für Evolution und<br />
Biodiversität der Tiere an die Georg-August-Universität –<br />
und sie berieten gemeinsam, wie es weitergehen sollte.<br />
„Es war nicht einfach, sich damals mit einem zwei Jahre<br />
alten Kind und ohne nennenswerte Deutschkenntnisse für<br />
diesen Schritt zu entscheiden“, sagt sie, während sie sich<br />
zurückerinnert. Zudem habe sie damals nicht allzu viel<br />
über Deutschland, geschweige denn Göttingen, gewusst.<br />
Sie entschieden sich dennoch für den Umzug in die<br />
Stadt an der Leine und sind jetzt bereits seit dreieinhalb<br />
Jahren hier. „Ich bereue die Entscheidung überhaupt<br />
nicht.“ Obwohl Göttingen natürlich ein großer Unterschied<br />
zu den Metropolen sei, in denen sie vorher gelebt<br />
und bei Forschungsreisen gearbeitet hat, böte die Stadt<br />
eine Menge. „In vielerlei Hinsicht fühlt sich Göttingen<br />
größer an, als es ist. Es ist eine lebhafte, internatio nal<br />
wirkende Universitätsstadt mit einer wirklich schönen<br />
Umgebung für Biologen und Menschen, die gerne in der<br />
Natur unterwegs sind“, sagt sie voller Überzeugung.<br />
„Der Harz ist für Exkursionen ideal.“ Dorthin unternimmt<br />
sie mit ihrem Mann und ihren mittlerweile zwei<br />
Kindern am Wochenende immer wieder kleine Ausflüge.<br />
Das sei eine willkommene Abwechslung zu ihrem herausfordernden<br />
Beruf. „Weniger fordernd sind die Wochenenden<br />
allerdings nicht“, gibt sie zu. „Wir haben<br />
sehr aktive Kinder, die mit nie endender Energie durch<br />
die Gegend laufen, singen, tanzen und Fragen stellen.“<br />
DIESEM HERAUSFORDERNDEN BERUF geht die habilitierte<br />
Wissenschaftlerin heute in Göttingen nach. Am<br />
Johann-Friedrich-Blumenbach Institut für Zoologie &<br />
Anthropologie arbeitet sie als Dozentin für Biodiversität<br />
und wirbellose Meerestiere sowie als Kuratorin der<br />
Zoologischen Sammlung und setzt auch ihre Forschung<br />
in diesem Bereich fort. Außerdem hat sich für sie und<br />
ihren Mann eine Möglichkeit der Zusammenarbeit ergeben:<br />
Das Zoologische Museum der Universität Göttingen<br />
soll im Jahr 2025 als Biodiversitätsmuseum wiedereröffnet<br />
werden – in den Räumlichkeiten des Forum<br />
Wissens in der Nähe des Bahnhofs und mit Maite Aguado<br />
als Direktorin. Die Geschicke des Forum Wissens<br />
wiederum leitet seit dem 1. Juni dieses Jahres ihr Mann.<br />
„Es ist beruflich und als Paar eine wunderbare Herausforderung,<br />
einen Ort der Wissensvermittlung, ein neues<br />
Museum mitzugestalten und gemeinsam aufzubauen“,<br />
erklärt die 45-Jährige mit einem strahlenden Lächeln im<br />
Gesicht. Für sie ist das eine besondere Freude, da sie<br />
damit auch ihre dritte Leidenschaft ausleben kann: die<br />
Beschäftigung mit wissenschaftlichen Sammlungen und<br />
die Zusammenstellung einer Ausstellung als Kuratorin.<br />
82 2 |<strong>2022</strong>
wissen<br />
Zur Person<br />
Maria Teresa ,Maite‘ Aguado Molina wird 1976 in<br />
Madrid geboren. Nach ihrem Biologiestudium an der<br />
Universidad Autónoma de Madrid arbeitet sie fünf Jahre<br />
als Biologie lehrerin und absolviert währenddessen weitere<br />
Uni abschlüsse in Erziehungswissenschaften sowie<br />
Evolutions biologie und Biodiversität. Danach widmet sie<br />
sich ihrer Dissertation, die sich mit dem Thema beschäftigt,<br />
das ihre wissenschaftliche Karriere bis heute bestimmt:<br />
wirbellose Meerestiere, genauer Würmer.<br />
Nach einer Anstellung als Assistenzprofessorin und<br />
zwischenzeitlichen Forschungsaufenthalten in den USA<br />
wird sie 2014 zur ordentlichen Professorin an der Uni in<br />
Madrid im Bereich Biologie und Zoologie berufen.<br />
2019 zieht sie nach Göttingen, wird Kuratorin, dann<br />
2021 Professorin und <strong>2022</strong> designierte Direktorin des<br />
Biodiversitätsmuseums der Uni und arbeitet als<br />
Dozentin für Evolution und Biodiversität am Johann-<br />
Friedrich-Blumenbach Institut für Zoologie & Anthropologie.<br />
Maite Aguado lebt mit ihrem Mann Christoph Bleidorn,<br />
dem Leiter des neuen Forum Wissen, und ihren zwei<br />
Töchtern in Göttingen.<br />
Übrigens: Mehr über Christoph Bleidorn und das neue<br />
Forum Wissen lesen Sie ab Seite 62.<br />
„ES WAR SCHON FRÜH MEIN TRAUM, Lehrerin oder<br />
Wissenschaftlerin zu werden“, erzählt Maite Aguado.<br />
Nach ihrem Biologiestudium arbeitete sie dann auch zunächst<br />
für fünf Jahre als Biologielehrerin an einem Gymnasium.<br />
Sie habe es in diesen Jahren allerdings vermisst,<br />
Zeit für Forschung zu haben. Sie verließ die Schule,<br />
wandte sich ihrer Doktorarbeit zu. Seit damals beschäftigt<br />
sie sich insbesondere mit Würmern, die im Meer leben.<br />
„Ich interessiere mich unheimlich für diese kleinen<br />
Lebewesen, die aus meiner Sicht zu lange ein Schattendasein<br />
geführt und zu wenig Aufmerksamkeit bekommen<br />
haben“, erklärt sie ihre Beweggründe. Es sei wahnsinnig<br />
spannend und immer wieder überraschend, wie<br />
anpassungs- und überlebensfähig sie seien.<br />
Um die Würmer zu finden, die sie erforscht, muss sie<br />
auf den Grund der Weltmeere. Davon zeugt ein buntes<br />
Kinderbild, das in einem Regal in ihrem Büro steht. „Ich<br />
habe meiner Tochter von einer Tiefsee-Exkursion erzählt“,<br />
berichtet Maite Aguado. „Sie hat mich in einem<br />
gelben Unterseeboot beim Probennehmen gemalt, wie<br />
sich das eine Sechsjährige in ihrer Fantasie vorstellt.“<br />
Natürlich habe es ein gelbes U-Boot sein müssen, fügt sie<br />
mit einem Augenzwinkern hinzu. „Sie kennt und mag<br />
das Lied von den Beatles.“<br />
BEI IHREN EXKURSIONEN ZUM MEERESBODEN hat<br />
Maite Aguado nicht nur Dinge beobachtet, die an<br />
Science-Fiction-Filme erinnern, wie zum Beispiel Würmer,<br />
die ihren eigenen Körper für die Fortpflanzung<br />
zerteilen. Sie hat auch in der Nähe der japanischen<br />
Insel Sado eine völlig neue Spezies entdeckt: einen<br />
Meeres wurm, der in Schwämmen lebt und dessen Körper<br />
sich immer weiter in mehrere hintere Enden verzweigt.<br />
Als Entdeckerin durfte sie, wie in der Wissenschaftswelt<br />
üblich, den Namen für diese neue Art festlegen.<br />
Inspiriert von den Godzilla-Filmen entschied sie<br />
sich für Ramisyllis kingghidorahi. Benannt hat sie den<br />
Wurm nach King Ghidorah, dem dreiköpfigen, zweischwänzigen<br />
Erzfeind von Godzilla, dem aus vielen Filmen<br />
bekannten Monster. „King Ghidorah ist ein sich<br />
verzweigendes Tier, das seine verlorenen Enden regenerieren<br />
kann. Ich fand das sehr passend“, sagt Aguado<br />
stolz. „Meine japanischen Kollegen waren sofort hellauf<br />
begeistert.“<br />
2 |<strong>2022</strong> 83
wissen<br />
Gefragt, woher sie sonst noch Inspiration bekommt,<br />
also abgesehen von japanischen Monsterfilmen, antwortet<br />
sie, ohne zu überlegen: „Museen begeistern mich, beruflich<br />
und privat. Sie sind Orte, die die Fantasie anregen<br />
und Einblicke in Bereiche des Lebens bieten können,<br />
die einem sonst vielleicht verschlossen bleiben.“ Besonders<br />
das American Museum of Natural History in New<br />
York hat sie beeindruckt. In einem der größten Naturkundemuseen<br />
der Welt hatte sie bei einem Forschungsaufenthalt<br />
die Chance, mit der, wie sie sagt, wundervollen<br />
Sammlung zu arbeiten. „Das war ein Meilenstein in<br />
meiner Karriere.“ Genau wie das Naturkundemuseum<br />
in London sei es immer einen Besuch wert. Aber auch in<br />
deutschen Museen habe sie schon besondere Inspiration<br />
mitgenommen. Im Humboldt-Forum in Berlin bekommen<br />
Besucher zum Beispiel ein Armband, das dafür<br />
sorgt, dass sie Informationen in ihrer Muttersprache erhalten,<br />
sobald sie sich Ausstellungsstücken nähern.<br />
„Das ist ein starker Weg, Menschen einzubeziehen“,<br />
sagt Maite Aguado voller Begeisterung. „Sie können besser<br />
die Details verstehen und haben das Gefühl, dass bei<br />
der Konzeption an sie gedacht worden ist.“ An dieser<br />
Art der Einbeziehung wolle sie auch mit ihrem Team für<br />
das Biodiversitätsmuseum in Göttingen arbeiten. Es soll<br />
nicht das Ziel sein, Informationen passiv zu konsumieren.<br />
„Wir wollen auf einer emotionale Reise durch die<br />
Wunder der Natur die ganze Vielfalt des Lebens auf unserem<br />
Planeten zeigen. Dazu nutzen wir die zoologische<br />
Sammlung der Universität, aber auch Multimediainstallationen“,<br />
beschreibt die Wissenschaftlerin. „Es soll klar<br />
werden, wie viele verschiedene Lebensräume uns Menschen<br />
umgeben und welchen Einfluss wir auf sie haben.“<br />
Besucher können eine aktive Rolle im Lernprozess einnehmen,<br />
Dinge ausprobieren und Exponate anfassen.<br />
BESONDEREN SPASS machen ihr die Tage, an denen es<br />
ihr gelingt, ihre Studenten oder das Museumsteam für<br />
zukünftige Projekte oder Ideen zu begeistern. „Wenn sie<br />
sich einbringen und Verantwortung übernehmen, weil<br />
sie sich identifizieren. Das sind die Augenblicke, die sich<br />
großartig anfühlen.“ Auch wenn Studenten in ihren eigenen<br />
Experimenten zu spannenden oder unerwarteten<br />
Ergebnissen kämen, sind das Momente, die solche Tage<br />
für die Professorin Maite Aguado erfolgreich und schön<br />
machen. Wenn es um Museen, die Lehre oder ihre Forschungsgegenstände,<br />
die Würmer, geht, spricht die Wissenschaftlerin<br />
unheimlich schnell. Sie ist sich dessen bewusst.<br />
„Kollegen oder Teammitglieder machen schon<br />
Späße über mich, dass ich viele Informationen in recht<br />
kurze Präsentationen packen könne“, sagt sie lachend.<br />
„Seien Sie froh, dass wir das Interview auf Englisch führen.<br />
In meiner Muttersprache bin ich noch schneller unterwegs.“<br />
Englisch, die Sprache der weltweit vernetzten<br />
Forschungsgemeinschaft, nutzt Maite Aguado häufig.<br />
„Auch meine Studenten finden es gut, wenn ich Englisch<br />
mit ihnen spreche. Das ist eine gute Übung für sie“, berichtet<br />
sie aus ihrem Alltag.<br />
Das Biodiversitätsmuseum<br />
Das geplante Biodiversitätsmuseum wird voraussichtlich<br />
ab 2025 den größten Teil des zweiten<br />
Stockwerks im Gebäude des neuen Forum Wissen<br />
einnehmen. Es soll veranschaulichen, was<br />
Biodiversität ist, und sich auf drei übergeordnete<br />
Themen konzentrieren: Biodiversität und<br />
Evolution, Biodiversität und Ökosysteme sowie<br />
Bio diversität und der Einfluss des Menschen.<br />
Es wird einen Teil der umfassenden biologischen<br />
Sammlungen der Universität präsentieren.<br />
Diese umfassen mehr als 100.000 Exemplare,<br />
die einen wissenschaftlichen sowie kulturellen<br />
und historischen Wert haben – von Plattwürmern<br />
über ausgestorbene Vögel bis hin<br />
zum vollständigen Skelett eines Pottwals.<br />
www.biodivmuseum.de<br />
Leider sei das, vor allem außerhalb der Universität,<br />
nicht immer möglich. Die deutsche Sprache ist auch<br />
nach dreieinhalb Jahren immer wieder eine Herausforderung<br />
für sie. Wahrscheinlich ist das auch einer der<br />
Gründe, warum ihr administrative Aufgaben wenig zusagen.<br />
„Ich verbrauche zu viel Zeit dabei, komplizierte<br />
Dokumente auszufüllen. Das ist nicht meine liebste<br />
Beschäftigung.“ Aber sie verbessere sich jeden Tag, so<br />
Aguado weiter. Eine neue Sprache zu lernen, bietet aus<br />
ihrer Sicht die Chance, über Probleme ganz neu nachzudenken<br />
und sich in andere hineinzuversetzen. „Deshalb<br />
wollen wir auch, dass unsere Kinder dreisprachig aufwachsen<br />
und Deutsch, Spanisch und Englisch lernen“,<br />
betont Maite Aguado. „Davon werden sie ihr Leben<br />
lang profitieren, und es wird ihnen neue Blickwinkel auf<br />
Dinge ermöglichen.“<br />
SIE ERHOFFT SICH, solche neuen Blickwinkel auch für<br />
die Besucher des Biodiversitätsmuseums zu ermöglichen,<br />
wenn es im Jahr 2025 seine Türen öffnet: „Ich möchte<br />
dort einen Ort schaffen, der Forscher und ihre Projekte<br />
mit dem Publikum verbindet, indem ein Dialog entsteht“,<br />
sagt die Wissenschaftlerin voller Leidenschaft.<br />
„Vielleicht wird der Besuch ja sogar bei einigen zu einer<br />
Art Initialzündung, ebenfalls eine wissenschaftliche Karriere<br />
einzuschlagen.“ ƒ<br />
84 2 |<strong>2022</strong>
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Auf dem richtigen Weg<br />
Europäisches Gremium für Brustdiagnostik zeigt nun die Grenzen der Röntgenmammographie auf.<br />
TEXT MARGARETA VOGEL FOTOGRAFIE MARCO BÜHL<br />
Seit fast 20 Jahren bemühen sich die Ärzte im Diagnostischen<br />
Brustzentrum am Göttinger Bahnhof<br />
um die Früherkennung von Brustkrebs. Hierbei<br />
verfolgten sie schon immer ein Konzept der individuellen<br />
und risikoadaptierten Diagnostik. Dies bedeutet,<br />
dass die Wahl der eingesetzten Untersuchungsverfahren<br />
nicht bei allen Frauen gleich ist. Die Zusammensetzung<br />
der weiblichen Brust und das persönliche Risiko für die<br />
Entstehung von Brustkrebs spielen hierbei eine wichtige<br />
Rolle. So reicht bei einer Frau mit sehr wenig Drüsengewebe<br />
die alleinige Mammographie, während bei einer<br />
anderen Frau mit sehr dichter, brustdrüsenreicher Brust<br />
eine Mammographie nicht ausreichend ist und bevorzugt<br />
eine MRT der Brust erfolgen sollte.<br />
Aufgrund der Studiendaten der letzten zehn Jahre wird<br />
dies jetzt auch von der Europäischen Gesellschaft für<br />
Brustdiagnostik, kurz EUSOBI, so gesehen. Im März publizierten<br />
21 renommierte Brustexperten aus verschiedenen<br />
Ländern Europas ihre Forderungen, dass Frauen innerhalb<br />
von Früherkennungsprogrammen darüber informiert<br />
werden müssen, dass sie dichte Bruststrukturen<br />
haben und die Mammographie bei ihnen nicht ausreichend<br />
ist. Sie verweisen darauf, dass Frauen mit sehr<br />
hoher Gewebedichte ein erhöhtes Risiko für die Entstehung<br />
von Brustkrebs aufweisen. Zudem führt die<br />
limitierte Aussagekraft der Mammographie bei diesen<br />
Frauen dazu, dass Brustkrebs erst später als möglich erkannt<br />
wird. Ihr Fazit: Frauen mit dichten Brüsten sind<br />
mit der alleinigen Mammographie unterversorgt.<br />
WAS ALSO TUN? Die EUSOBI verweist darauf, dass mit<br />
der Mamma-MRT ein Verfahren zur Verfügung steht,<br />
dass die besagten Limitationen für den Nachweis von<br />
Brustkrebs bei Frauen mit sehr dichten Brüsten nicht<br />
aufweist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die<br />
MRT in einer hochwertigen Qualität angefertigt wird.<br />
Und die EUSOBI geht noch weiter: Die Gesellschaft verweist<br />
darauf, dass die Mamma-MRT auch ohne ergänzende<br />
Mammographie im Sinne einer sogenannten<br />
Stand-alone- Technik bei Frauen mit sehr dichten Brüsten<br />
zwischen 50 und 70 eingesetzt werden kann.<br />
DIE ÄRZTE IM BRUSTZENTRUM GÖTTINGEN gehen<br />
diesen Weg schon seit vielen Jahren. Dies begann bereits<br />
2003 mit dem Konzept des sogenannten Göttinger Optipacks,<br />
also der Kombination aus Mamma-MRT und einer<br />
einzigen ergänzenden Mammographie pro Brust.<br />
Damit konnte die Anzahl der Mammographien bei<br />
Frauen mit dichten Brüsten halbiert werden. Inzwischen<br />
wird die MRT im Brustzentrum bei vielen Frauen oftmals<br />
nur noch alle drei bis fünf Jahre durch eine einzelne<br />
Mammographie ergänzt.<br />
86 2 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
Brust-Experten (v.l.) Nadja Meiser, Uwe Fischer, Katharina Marten-Engelke, Friedemann Baum, Ivonne Beyer und Susanne Luftner-Nagel (nicht im Bild).<br />
QUELLE: HTTPS://PUBMED.NCBI.NLM.NIH.GOV/35258677/<br />
Auf die Frage, wie er die Empfehlungen der EUSOBI<br />
national und international einschätzt, äußert sich Friedemann<br />
Baum – einer der beiden Gründer des Brustzentrums<br />
Göttingen – sehr positiv: „Es ist der richtige Weg,<br />
der nun hoffentlich für alle Frauen mit sehr dichten Drüsenstrukturen<br />
beschritten wird. Die Mammographie wird<br />
dadurch erwartungsgemäß in noch stärkerem Maße für<br />
Frauen mit dichten Brüsten in den Hintergrund treten.“<br />
FÜR FRAUEN MIT DEFINIERTEM HOCHRISIKOPROFIL<br />
werden diese Erkenntnisse schon seit vielen Jahren<br />
umgesetzt. Stichwort ist hier Angelina Jolie, über die vor<br />
Jahren in den Medien ausführlich berichtet wurde. Für<br />
Hochrisikofrauen stellt die Mamma-MRT das zentrale<br />
Untersuchungsverfahren dar, das bereits ab dem 25. Lebensjahr<br />
leitliniengemäß zum Einsatz kommt, während<br />
auf die Mammographie weitgehend verzichtet werden<br />
kann.<br />
Uwe Fischer, der andere Begründer des Brustzentrums<br />
Göttingen, berichtet über die Erfahrungen mit der<br />
Mamma-MRT bei Frauen mit sehr dichten Drüsenstrukturen:<br />
„Wir finden etwa 95 Prozent aller Mamma-Karzinome<br />
in der qualitätsgesicherten Mamma-MRT, die<br />
restlichen fünf Prozent werden in der ergänzenden<br />
Mammographie nachgewiesen. Entscheidend ist, dass<br />
die ausschließlich in der MRT nachgewiesenen Karzinome<br />
durchschnittlich sehr klein sind, sodass sie mit einer<br />
exzellenten Langzeitprognose einhergehen.“ Und Fischer<br />
wagt das Resumee: „Der regelmäßige Einsatz der MRT<br />
im Rahmen der Früherkennung in Intervallen von ein<br />
bis zwei Jahren wird zu einer drastischen Reduktion der<br />
Sterblichkeit an Brustkrebs in einer Größenordnung unter<br />
fünf Prozent führen.“<br />
BLEIBT ABZUWARTEN, in welcher Form die Empfehlung<br />
der EUSOBI in der flächendeckenden Versorgung der<br />
Frauen in diesem Land umgesetzt wird. Ein erster wichtiger<br />
Schritt hierbei ist sicherlich die Forderung, die Frauen<br />
über ihren individuellen Dichtetyp zu informieren. Kurzum,<br />
sie zu dieser Thematik schlauzumachen. ƒ<br />
Für weitere Informationen stehen die Ärztinnen und Ärzte<br />
des Diagnostischen Brustzentrums Göttingen<br />
(nach Terminvereinbarung) zur Verfügung:<br />
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2 |<strong>2022</strong> 87
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oder stehen vor weiteren digitalen<br />
Herausforderungen in Ihrem Unternehmen?<br />
Sprechen Sie uns gerne an, wir freuen<br />
uns auf Ihre Kontaktaufnahme.<br />
Alexander Schneider<br />
Tel. 0551 / 30 98 39 25<br />
Fax: 0551/309839-11<br />
schneider@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
Nicole Benseler<br />
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PROFIL<br />
ANZEIGE<br />
Dr. Martina Städtler-Schumann<br />
Lust auf Zukunft<br />
25 Jahre SCHUMANN: Wie ein echtes Familienunternehmen Wachstum und<br />
Nachhaltigkeit erfolgreich verbindet.<br />
Im Februar 1997 wurde mit der notariellen<br />
Unterschrift der Grundstein für ein sich<br />
stetig entwickelndes Unternehmen gelegt,<br />
das heute als Marktführer für Credit-Management-Software<br />
in verschiedenen Branchen gilt.<br />
„Angefangen haben wir mit mir als Geschäftsführerin<br />
und zwei weiteren Mitarbeitern.<br />
Heute beschäftigen wir rund 200 Mitarbeiter<br />
– Tendenz steigend – in Göttingen, Leipzig,<br />
London und Porto und bedienen weltweit Unternehmen<br />
aus Industrie, Handel, der Finanzdienstleistungs-<br />
sowie der Versicherungsbranche“,<br />
erklärt Geschäftsführerin Dr. Martina<br />
Städtler-Schumann zum 25-jährigen Firmenjubiläum.<br />
Ein echtes Familienunternehmen<br />
„Ein Familienunternehmen basiert auf verbindenden<br />
Werten. Bei uns sind das Eigenverantwortung,<br />
Wertschätzung und Kritikfähigkeit<br />
– sie bilden bei SCHUMANN die Grundlage<br />
für Zusammenarbeit und Erfolg“, berichtet<br />
Städtler-Schumann. Dank dieser Unternehmenskultur<br />
von gegenseitigem Respekt und<br />
Kommunikation auf Augenhöhe sind die<br />
Mitarbeiter*innen dem Unternehmen eng<br />
verbunden. Für die Weiterentwicklung des Unternehmens<br />
habe die langfristige Sicht schon<br />
immer die höchste Priorität gehabt. „Wir haben<br />
immer schon mit Weitblick entschieden:<br />
Es geht uns nicht um kurzfristige Gewinne,<br />
sondern um nachhaltigen Erfolg.“<br />
Klimaneutrale Software-Herstellung<br />
Nachhaltigkeit ist dem Unternehmen wichtig.<br />
Am Standort Göttingen wird seit diesem<br />
Jahr klimaneutral Software entwickelt: SCHU-<br />
MANN arbeitet mit einem externen Partner<br />
zusammen und kompensiert alle nicht weiter<br />
reduzier- oder vermeidbaren Emissionen.<br />
Anlässlich des Firmenjubiläums werden<br />
Mitarbeiter*innen von SCHUMANN im<br />
Herbst 2500 Bäume pflanzen, zusammen<br />
mit der regio nalen Initiative „Goepflanzt“.<br />
Dadurch sollen die kollabierten Fichtenbestände<br />
im südniedersächsischen Solling<br />
durch Laubbäume wieder aufgeforstet werden.<br />
Städtler- Schumann sagt dazu: „Seit 25 Jahren<br />
stehen wir für nachhaltiges Wachstum – bei<br />
uns und unseren Kunden. Auch im nächsten<br />
Vierteljahrhundert werden wir als innovatives<br />
und treibendes Unternehmen der Branche<br />
Verantwortung übernehmen. Auch für kommende<br />
Generationen.“<br />
Hoher Personalbedarf<br />
Der Personalbedarf des Unternehmens ist<br />
hoch – derzeit sind über 30 Stellen vakant. Seinen<br />
Mitarbeiter*innen bietet SCHUMANN u. a.<br />
flexible Arbeitszeitmodelle für eine gute Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf, dazu die Möglichkeit<br />
für Remote Work und vielfältige Sportangebote.<br />
In dem im Jahr 2021 neu bezogenen<br />
Bürogebäude im Urbanen Quartier am GVZ<br />
Göttingen stehen 3.200 qm zur Verfügung.<br />
„Es bleibt spannend: Wir haben uns für die<br />
kommenden Jahre viel vorgenommen, denn eines<br />
ist uns über die 25 Jahre geblieben: die Lust<br />
auf Zukunft“, freut sich Städtler-Schumann.<br />
KONTAKT<br />
Prof. Schumann GmbH<br />
Weender Landstraße 23<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 383150<br />
info@prof-schumann.de<br />
www.prof-schumann.de
mensch<br />
Geht nicht,<br />
gibt’s nicht.<br />
Birgitt Witter-Wirsam hat alle Hindernisse aus dem Weg<br />
geräumt und mit HolzLand Hasselbach ein Traditionsunternehmen<br />
neu erfunden. Mit <strong>faktor</strong> sprach die 66-Jährige darüber, wie sie<br />
das Lebenswerk ihres Vaters für den Neustart vernichtete,<br />
sich nach 17 Jahren ihr Traumauto leistete und nun den Betrieb<br />
voller Zuversicht an die fünfte Generation übergibt.<br />
TEXT TOBIAS KINTZEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
90 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
2 |<strong>2022</strong> 91
mensch<br />
E LESEZEIT:<br />
8 MINUTEN<br />
twa in der Mitte des Gesprächs blickt Birgitt Witter-<br />
Wirsam kurz in die Ferne, legt beinahe verwundert ihre<br />
Stirn in Falten und schüttelt den Kopf. Sie lacht kurz auf<br />
und sagt: „Wenn ich so zurückblicke, kann ich manchmal<br />
selbst kaum glauben, was in den letzten 30, 40 Jahren<br />
alles passiert ist.“ Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt<br />
beginnen sich deutlich Eigenschaften abzuzeichnen, die<br />
sich wie ein roter Faden durch das Arbeitsleben der heute<br />
66-jährigen Unternehmerin ziehen: eine messerscharfe<br />
Klarheit in ihren Vorstellungen, eine beeindruckende<br />
Hartnäckigkeit bei der Verfolgung ihrer Ziele und ausgeprägter<br />
Mut als Ausgangspunkt ihrer vielen Projekte.<br />
Nicht zu verwechseln ist dieser Wagemut dabei allerdings<br />
mit Draufgängertum: „Ich bin ein Mensch, der<br />
Dinge gerne durchplant – und ich habe immer einen<br />
Plan B“, sagt Witter-Wirsam. „Mit meiner Erfahrung<br />
kann ich natürlich auch spontan sein und sehr gut einschätzen,<br />
welche Entscheidungen ich aus dem Bauch<br />
heraus treffen kann.“<br />
ALL DIESE EIGENSCHAFTEN ZEIGEN SICH besonders<br />
deutlich an einem Projekt, das sie selbst ihr ‚Meisterstück‘<br />
nennt: den heutigen Sitz der Carl Hasselbach<br />
GmbH & Co. KG am Flüthedamm in Rosdorf. Dort hat<br />
sie den traditionsreichen Betrieb, dessen Geschäfte sie<br />
heute mit ihrem Sohn Michael Wirsam gemeinsam führt,<br />
komplett neu aufgebaut und als spezia lisierten Fachhändler<br />
für Holz und Baustoffe, der sowohl Geschäftsals<br />
auch Privatkunden bedient, nachhaltig etabliert.<br />
Wenn man die Unternehmerpersönlichkeit Birgitt Witter-<br />
Wirsam verstehen will, macht es Sinn, genauer hinzuschauen.<br />
„Wir hatten in der Woche vor der Neueröffnung für<br />
den finalen Umzug vom Rischenweg an den Flüthedamm<br />
nur drei Tage geschlossen. Mein Vater hatte das<br />
alte Gelände 1967 gekauft“, erzählt Witter-Wirsam,<br />
während sie sich an die bewegten Zeiten zurückerinnert.<br />
„Wir haben damals alles mitgenommen, was wir noch<br />
gebrauchen konnten.“ Auch das große Tor vor dem heutigen<br />
Freilager mit den Hochregalen sei ein Überbleibsel<br />
vom angestammten Grundstück. „Wir waren sparsam<br />
unterwegs, um die große Investition zu stemmen.“<br />
Begonnen hatten die Bauarbeiten im April 2009, sie<br />
dauerten bis in den Dezember. „Das war ein kalter Winter“,<br />
berichtet Witter-Wirsam. „Wir sind am 20. Dezember<br />
bei – 20 Grad und 20 Zentimeter Schnee umgezogen –<br />
uns waren sogar die Hebebühnen eingefroren.“ Aufgehalten<br />
auf dem Weg zur Neueröffnung im darauffolgenden<br />
Januar haben sie diese widrigen Umstände nicht,<br />
denn sie hatte bereits intensive Vorarbeit geleistet und<br />
war angetreten, um ihren Traum zu verwirklichen: das<br />
im Jahr 1885 gegründete Traditionsunternehmen neu zu<br />
erfinden und für die nächste Generation und Zukunft<br />
sicher aufzustellen.<br />
ERSTMALS AUFGEKOMMEN WAR DIESER TRAUM,<br />
nachdem sie die Geschäftsführung von ihrem Vater<br />
Klaus Witter im Jahr 1989 übernommen hatte. Dabei<br />
hätte es anders kommen können, sogar sollen: „Eigentlich<br />
war es für meinen Vater immer klar, das ich mit<br />
meinem Bruder seine Nachfolge antrete. 1999 ist mein<br />
Bruder dann aber aus der Firma ausgestiegen, um sich<br />
neuen Aufgaben zu widmen. Dass es eine Frau, oder vielmehr<br />
seine Tochter, alleine macht, war für ihn zunächst<br />
gar nicht vorstellbar. Es war eine andere Zeit“, erzählt die<br />
Unternehmerin gedankenverloren. „Ich musste sogar darum<br />
kämpfen, studieren zu dürfen.“ Als sie dann viele Jahre<br />
später, mittlerweile in der Verantwortung für das<br />
Unternehmen und die Mitarbeiter, ihre Idee vom Neustart<br />
äußerte, war ihr die Unterstützung ihres Vaters sicher. „Er<br />
hat diese Entscheidung mitgetragen, auch wenn das nicht<br />
leicht für ihn war“, sagt Witter-Wirsam. „Denn im Grunde<br />
genommen habe ich sein Lebenswerk am Rischenweg<br />
für den Neustart vernichtet.“<br />
Klaus Witter wusste damals bereits, wie zielstrebig<br />
seine Tochter war, und er hatte in den Anfängen miterlebt,<br />
wie sie sukzessive ihre Spuren in den Gremien der<br />
HolzLand GmbH hinterließ. Der größten Einkaufs- und<br />
Marketingkooperation des deutschen Holzhandels war<br />
das Rosdorfer Unternehmen Hasselbach im Jahr 1986<br />
beigetreten. „Ich habe unsere Interessen vertreten und<br />
war die erste und einzige Frau in der Runde. Meinen<br />
92 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
Platz musste ich mir dort erst erarbeiten“, sagt sie rückblickend.<br />
„Da ich jedoch immer meine Standpunkte vertreten<br />
habe und mit meiner Zuverlässigkeit punkten<br />
konnte, bin ich nie untergegangen.“ Eine spezielle Erkenntnis<br />
habe sie dabei relativ schnell gewonnen, die sie<br />
auch als Rat an andere Frauen weitergeben möchte, die<br />
auf dem Weg in Führungspositionen sind: „Es ist wichtig,<br />
den Mut zu haben, Dinge kritisch zu hinterfragen –<br />
gerade als Frau in großen, von Männern dominierten<br />
Runden. Es kann nichts passieren“, sagt sie mit einem<br />
Schulterzucken. „Ich habe schnell gemerkt: Wenn ich es<br />
nicht verstehe, haben es die anderen auch nicht verstanden.“<br />
Und offenbar hat sie die richtigen Fragen gestellt:<br />
Insgesamt 20 Jahre war Birgitt Witter-Wirsam im Holz-<br />
Land-Vorstand, zwei Amts perioden lang übernahm sie<br />
als erste Frau den Aufsichtsratsvorsitz, den sie im Jahr<br />
2017 abgab.<br />
DOCH ZURÜCK ZU IHREM ‚MEISTERSTÜCK‘. Vor dem<br />
ersten Spatenstich hatte die Unternehmerin drei Jahre<br />
gebraucht, die Idee mit Leben zu füllen. „Ich habe viel<br />
ge netzwerkt, Leute getroffen, immer wieder von meinen<br />
Plänen erzählt“, berichtet sie. Entstanden ist am Ende<br />
ein Konzept für einen Gewerbekomplex, den sich ihr<br />
Unternehmen mit Mietern teilen sollte. „Ich wollte das<br />
Risiko verteilen.“<br />
Zur Person<br />
Birgitt Witter-Wirsam wird im Jahr 1956 in Göttingen<br />
geboren. 1989 übernimmt sie von ihrem Vater Klaus Witter<br />
die Geschäftsführung der Carl Hasselbach GmbH & Co. KG.<br />
In den folgenden Jahren baut sie die Firma kontinuierlich<br />
aus und erschließt zusätzliche geschäftliche Standbeine<br />
für die Familie: 2005 kauft sie insgesamt sechs Kasernenblöcke<br />
auf den Göttinger Zietenterrassen, gründet mit der<br />
Göttinger Tischlerei & Holzbau GmbH im Jahr 2013 eine<br />
eigene Tischlerei und übernimmt in demselben Jahr ein<br />
insolventes Unternehmen aus der HolzLand-Guppe in<br />
der Nähe von München.<br />
Neben ihrer unternehmerischen Tätigkeit bekleidet sie<br />
immer wieder verschiedene Ehrenämter: Insgesamt 20<br />
Jahre war sie als erste Frau im HolzLand-Vorstand, zwei<br />
Amtsperioden lang übernahm sie ebenfalls als erste Frau<br />
den Aufsichtsratsvorsitz, den sie im Jahr 2017 abgab.<br />
Noch bis zum Jahr 2024 leitet sie als Präsidentin die<br />
Geschicke des AGV, des Arbeitgeberverbandes Mitte, und<br />
ist darüber hinaus Vizepräsidentin der IHK Hannover.<br />
2 |<strong>2022</strong> 93
mensch<br />
»Spätestens in diesen Monaten hat mein<br />
Team gelernt, dass ein ‚Geht nicht‘ für mich<br />
keine akzeptable Antwort ist. «<br />
Um das Grundstück am Flüthe damm in Rosdorf erwerben<br />
zu können, verkaufte Witter-Wirsam mit dem Segen<br />
ihres Vaters das Altgelände und die dort angesiedelten<br />
Gebäude. Mit einem Teil des Erlöses zahlte sie ihren Bruder<br />
als Gesellschafter aus. „Er hatte sich schon 1999 aus<br />
dem operativen Geschäft komplett zurückgezogen“, erzählt<br />
Witter-Wirsam. „Im Nachhinein hat sich das als<br />
genau richtig herausgestellt. So hatte ich die Unabhängigkeit<br />
und den unternehmerischen Handlungs- und<br />
Entscheidungsfreiraum, der mir bis heute wichtig ist.“<br />
Der Rest war ihr Kapital für den Neustart, der sich auf<br />
jede erdenkliche Art als sehr herausfordernd erwies.<br />
„2009 WAR NICHT NUR DAS JAHR, in dem mein Vater<br />
starb, es war auch das Jahr der Wirtschaftskrise“, sagt<br />
sie und offenbart die Gedanken, die sie damals umtrieben.<br />
„Ich hätte mich zur Ruhe setzen, Privatier werden<br />
können. Denn ich hatte den Erlös vom Altgrundstück<br />
schon auf dem Bankkonto. Ich wollte aber meine<br />
Mit arbeiter nicht im Stich lassen, nur weil mir der Mut<br />
und der Elan fehlen.“ So übernahm sie die Verantwortung<br />
– für die Zukunft des Unternehmens, der Mitarbeiter<br />
und ihrer Familien. Sie kaufte den lang anvisierten<br />
Bauplatz von sechs verschiedenen Vorbesitzern zusammen,<br />
erhielt nach einigem Hin und Her die Baugenehmigung<br />
und startete mit der Umsetzung ihres Konzepts.<br />
„Ich warf alles, was ich mir bisher erarbeitet hatte, in<br />
einen Topf. Die Bank wollte zusätzliche Bürgschaften<br />
sehen“, sagt sie, erneut in Erinnerungen versunken.<br />
„Das unterscheidet uns selbstständige Unternehmer von<br />
angestellten Vorständen. Wir gehen auch privat ins volle<br />
Risiko.“<br />
Sie habe über den Zeitraum vieler Monate einfach<br />
funktioniert: Dinge abzuarbeiten, Nächte zum Tag zu<br />
machen und immer wieder auf neue Einfluss<strong>faktor</strong>en zu<br />
reagieren, war Normalität. „Spätestens in diesen Monaten<br />
hat mein Team gelernt, dass ein ‚Geht nicht‘ für mich<br />
keine akzeptable Antwort ist“, sagt Birgitt Witter-Wirsam<br />
mit einem selbstbewussten Lächeln. „Ich frage dann immer,<br />
ob wir es denn schon versucht haben.“ Denn sie<br />
selbst habe die Erfahrung gemacht, dass 90 Prozent aller<br />
Dinge, die als nicht machbar im Raum stehen, am Ende<br />
doch machbar sind. ‚Geht nicht – gibt es nicht‘ wurde zu<br />
ihrem Lebensmotto.<br />
IHREN MUT UND DIE FÄHIGKEIT, sich bietende Gelegenheiten<br />
beim Schopf zu packen, bewies die umtriebige<br />
Geschäftsfrau bereits im Jahr 2005 beim Kauf von insgesamt<br />
sechs Kasernenblöcken auf den Zietenterrassen.<br />
Mit dem Plan angetreten, eine einzelne Wohnung zu<br />
kaufen, saß sie gemeinsam mit ihrem Sohn Marcus bei<br />
der Versteigerung auf der Bieterbank. Der Rest ist schnell<br />
zusammengefasst: Als die Blöcke nur zusammen zur Versteigerung<br />
kommen sollten, nutzte sie die Pause für ein<br />
Telefonat mit der Sparkasse, an dessen Ende das gemeinsame<br />
Geschäft stand: Sie und ihr Sohn kauften die kompletten<br />
Blöcke. Als Fehler bezeichnet sie heute, dass sie<br />
relativ bald vier der sechs Gebäude an eine Baugruppe<br />
weiterverkauft habe. Um die Verwaltung und Vermietung<br />
der verbliebenen Wohnungen kümmert sich heute<br />
ihr Sohn Marcus.<br />
Nachdem sie dieses zweite Standbein aufgebaut und<br />
den Umzug auf das neue Betriebsgelände durchgezogen<br />
hatte, war Birgitt Witter-Wirsam mit dem Umbau des<br />
Familienunternehmens allerdings noch immer nicht<br />
fertig. Sie gründete vor zehn Jahren zusätzlich eine<br />
Tischlerei. „Nicht alle unsere gewerblichen Kunden waren<br />
von diesem Schritt begeistert “, sagt sie. „Aber ohne<br />
diese Dienstleistung wären wir heute nicht so gut aufgestellt.<br />
Auch die Handwerksmeister der Region konnten<br />
sich letztlich mit der neuen Situation arrangieren. Da wir<br />
uns nicht an Ausschreibungen beteiligten, gab es auch<br />
keinen Wettbewerb.“<br />
RÜCKBLICKEND SEI SIE FROH, den dornenreichen Weg<br />
gewählt zu haben. „Ich bin immer in schwierige Situationen<br />
mittenrein“, sagt Witter-Wirsam. „Meinem Wirtschafsprüfer,<br />
der mich seit über 40 Jahren bei meinen<br />
Unternehmungen begleitet, bin ich besonders dankbar,<br />
94 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
Wahr geworden 17 Jahre stand das kleine Modellauto in ihrem Regal – bis Birgitt Witter-Wirsam ihren Traum vor einiger Zeit Realität werden ließ.<br />
dass er mich genau darin bestärkt hat.“ Er habe ihr den<br />
Rat gegeben, nicht vor Problemen wegzulaufen, sondern<br />
sie konsequent und sofort anzugehen. „Man muss sich<br />
um schwierige Angelegenheiten schnell kümmern, sonst<br />
wachsen sie einem über den Kopf.“ Für sie gehöre dazu<br />
auch, zeitnah aktiv zu werden, wenn Kunden in die<br />
Insolvenz müssen. „Ich bin in solchen Fällen selber losgefahren,<br />
um Ware wieder abzuholen oder eine andere<br />
Sicherheit zu organisieren, bevor die Banken kamen“,<br />
erzählt die Hasselbach-Chefin. Ihr sei es immer darum<br />
gegangen, die Interessen ihres Betriebs zu wahren, aber<br />
der anderen Seite trotzdem die Luft zum Atmen zu lassen,<br />
ihre Handlungsfähigkeit zu behalten. „So kam es<br />
auch dazu, dass ich einmal innerhalb weniger Minuten<br />
zur Besitzerin eines Pferdes wurde.“<br />
NACH EINEM SO BEWEGTEN LEBEN als Voll blutunternehmerin<br />
und 40 Jahren in verantwortlichen Positionen<br />
möchte Witter-Wirsam jetzt loslassen, den Übergang<br />
in die Zeit nach dem Arbeitsleben Stück für<br />
Stück vollziehen. Sie habe das Unternehmen neu aufgestellt,<br />
zusätzliche Standbeine geschaffen, die neue<br />
Generation in Stellung gebracht. „Ich bin überglücklich,<br />
wie gut und erfolgreich meine Söhne unterwegs<br />
sind. Jetzt möchte ich endlich nicht mehr sechs Tage<br />
in der Woche arbeiten“, sagt sie offen.<br />
An ihren Sohn Michael hat sie die Hasselbach-Führung<br />
fast vollständig übergeben. Seine unternehmerischen<br />
Sporen hatte er sich zunächst in München verdient,<br />
wo er ein Unternehmen führte, das Witter-Wirsam<br />
im Jahr 2013 gekauft hatte. „Das war eine Firma aus<br />
der HolzLand- Gruppe, die in Schieflage geraten war.<br />
Wir haben das Gebäude und das Grundstück aus der<br />
Insolvenz gekauft.“ Sie könne heute von allem die Finger<br />
lassen, was gut läuft. „Ich weiß, dass er Dinge anders<br />
machen wird als ich. Das ist auch gut so. Genau<br />
wie ich damals muss er heute den Mut haben, das Unternehmen<br />
weiterzuentwickeln und unsere Familientradition<br />
nicht als Bürde zu empfinden.“<br />
AUF DIE FRAGE, WAS SIE IN ALL DEN JAHREN nur für<br />
sich allein gemacht habe, hat die 66-Jährige eine erstaunliche<br />
Antwort: „Ich habe mir einen Traum erfüllt<br />
und mir ein Jaguar-Cabrio gekauft.“ Und auch hier hat<br />
sie einen langen Atem bewiesen: 17 Jahre stand ihr<br />
Traum als kleines Modellauto in ihrem Regal.<br />
2 |<strong>2022</strong> 95
mensch<br />
„Was Männer über 50 können, können wir Frauen<br />
auch“, sagt sie dazu und lächelt spitzbübisch. Für ein<br />
echtes Hobby sei keine Zeit gewesen. Erholung habe sie<br />
vor allem in langen Wochenenden auf ‚ihrer Insel‘ Sylt,<br />
beim Skifahren oder in ihrem Garten gefunden. „Heute<br />
ge nieße ich meinen festen Oma-Nachmittag mit meiner<br />
Enkeltochter Charlotte unheimlich“, sagt sie nicht ohne<br />
Stolz, und es kommt ein bisschen Wehmut in ihrer Stimme<br />
auf, denn für ihren ersten Enkel Timur, der heute<br />
zwölf Jahre alt ist, hatte sie damals leider gar keine Zeit.<br />
Ganz zurückziehen kann und will sie sich jetzt aber<br />
noch nicht: Vorher möchte sie noch die Geschicke des<br />
AGV, des Arbeitgeberverbandes Mitte, neu gestalten<br />
und ihre Amtszeit im Jahr 2024 beenden. Auch ihr Amt<br />
als IHK-Vizepräsidentin wird sie bis zum Ende ihrer<br />
Amtsperiode 2023 noch ausführen. Deren Vorsitz hatte<br />
sie übernommen, nachdem sie ihre Tätigkeit bei der<br />
HolzLand-Gruppe beendet hatte. Alle Ämter habe sie<br />
ehrenamtlich ausgeübt. Es sei ihr immer eine Ehre gewesen.<br />
„Ich sehe uns Unternehmer in der Pflicht, uns zu<br />
engagieren, Veränderungen aktiv zu ermöglichen und<br />
nicht nur zu kritisieren. Sich hinter mangelnder Zeit zu<br />
verstecken zählt nicht.“<br />
UND DANN IST DA JA AUCH NOCH das neueste Projekt:<br />
Gemeinsam mit ihrem Sohn Michael hat Birgitt Witter-<br />
Wirsam das Gelände, den ehemaligen Schlachthof, neben<br />
dem aktuellen Firmensitz ihres ‚Meisterstücks‘ gekauft.<br />
„Die Projektierung und die Suche nach attraktiven Mietinteressenten<br />
mache ich noch mit. Dann ist aber wirklich<br />
Schluss“, sagt sie und lächelt. Ob es wirklich ihr<br />
letztes Werk wird, bleibt abzuwarten. ƒ<br />
Zum Unternehmen<br />
Im Jahr 1885 gründet Carl Steltzner in der Lange-Geismar-<br />
Straße den Göttinger Kohlen- und Baumaterialhandel.<br />
1906 erwirbt dann Carl Hasselbach die Firma, die bis heute<br />
seinen Namen trägt, und verlagert sie in die Jüdenstraße.<br />
1945 steigt Walter Witter bei Hasselbach ein. Sein Sohn<br />
Klaus wird 1961 Komplementär, kauft 1967 das Unternehmen<br />
ganz und verlegt den Betrieb aus der Innenstadt nach<br />
Rosdorf. 1986 erfolgt der Beitritt zur HolzLand Holzhandels<br />
GmbH, der größten Einkaufs- und Marketingkooperation<br />
des deutschen Holzhandels. Seither tritt das Unternehmen<br />
am Markt als HolzLand Hasselbach auf.<br />
1989 übernimmt Klaus Witters Tochter Birgitt Witter-<br />
Wirsam die Geschäftsführung, und Ende des Jahres 2009<br />
erfolgt der Umzug der Firma auf das 25.000 Quadratmeter<br />
große Grundstück am Ortseingang von Rosdorf (Am<br />
Flüthedamm 2). HEUTE wird die Carl Hasselbach GmbH<br />
& Co. KG gemeinsam von Birgitt Witter-Wirsam und<br />
ihrem Sohn Michael Wirsam geführt.<br />
Sie möchten Birgitt Witter-Wirsam noch<br />
besser kennenlernen? Einen ganz persönlichen<br />
Eindruck von der Hasselbach-Chefin<br />
gewinnen Sie in unserem Interview unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-video<br />
96 2 |<strong>2022</strong>
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mensch<br />
Dr. Code<br />
Aus schierer Ungeduld gründete der promovierte Mediziner Farshid Noorani<br />
vor 20 Jahren in Göttingen die Softwarefirma M.I.T. – mit einem klaren Ziel vor Augen:<br />
seine Software für den Mittelstand als die beste am Markt zu etablieren. Mission erfüllt.<br />
TEXT TOBIAS KINTZEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 4 MINUTEN<br />
Dass ihn große Hürden und schwierige<br />
Situationen nicht aufhalten, sondern zusätzlich<br />
motivieren, muss an seinem ungewöhnlichen<br />
Lebensweg liegen: Farshid<br />
Noorani wurde 1972 in Teheran, der<br />
Hauptstadt des Iran, geboren. Als knapp Siebenjähriger<br />
erlebte er die Revolutionsbewegung, die 1979 zur Absetzung<br />
von Schah Mohammad Reza Pahlavi und zur Beendigung<br />
der Monarchie in seinem Geburtsland führte.<br />
Nur wenig später brach der Krieg zwischen dem Irak<br />
und Iran aus. „Auch wenn es in Teheran vergleichsweise<br />
sicher war – meine Geschwister und ich mussten uns als<br />
Kinder mit Krieg auseinandersetzen“, erzählt der heute<br />
50-Jährige rückblickend. Noorani hat drei jüngere Geschwister<br />
und einen älteren Bruder, den die Eltern kurz<br />
vor dessen 15. Geburtstag in die USA geschickt hatten,<br />
um ihn vor dem Militärdienst zu schützen.<br />
Diese Herausforderung stand wenig später auch<br />
Farshid Noorani bevor. „Da Jungen nach ihrem 15. Geburtstag<br />
nicht mehr ausreisen durften, musste auch ich<br />
den Iran rechtzeitig verlassen“, sagt der Unternehmer<br />
heute. „Da ich kein Visum für Amerika bekommen<br />
konnte, besuchte ich ab der 8. Klasse ein Internat in<br />
Deutschland.“ In Königsfeld, in der Nähe von Villingen-<br />
Schwenningen. Seine Familie blieb im Iran. „Die folgenden<br />
Jahre haben mich wahnsinnig geprägt“, sagt er heute<br />
überzeugt. „Es war nicht leicht, die neue Sprache zu<br />
lernen und mit einer anderen Kultur umzugehen.“ Auf<br />
sich alleine gestellt, entwickelte der 13-Jährige schon in<br />
diesen jungen Jahren die Fähigkeit, sich intensiv mit Problemen<br />
auseinanderzusetzen, Lösungen zu finden und<br />
auf dem Weg dorthin zu lernen. Eine Fähigkeit, die ihn<br />
zu dem machte, was er heute ist: erfolgreicher geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Softwareentwicklungsfirma<br />
M.I.T. in Göttingen, die inzwischen auf erfolgreiche<br />
20 Jahre zurückblicken kann.<br />
DABEI WAR DIESER WEG ALLES ANDERE als vorgezeichnet.<br />
Denn bis zum Abitur war in Noorani der Wunsch<br />
gereift, Medizin zu studieren. Er wollte Arzt werden, um<br />
anderen zu helfen. Und die ZVS, die Zentralstelle zur Vergabe<br />
von Studienplätzen, schickte ihn nach Göttingen.<br />
Dass er hier schließlich nach dem absolvierten Medizinstudium<br />
die M.I.T. Maxx Software GmbH gründete und<br />
nicht als Arzt arbeitete, war nichts anderes als ein Ergebnis<br />
der deutschen Bürokratie und seiner Ungeduld. „Ich<br />
konnte nicht direkt als Arzt arbeiten“, erzählt Noorani.<br />
„Eine Aufenthaltsgenehmigung sowie eine Arbeitserlaubnis<br />
hatte ich zwar. Es war 1998 jedoch schwierig,<br />
ohne deutschen Pass eine Approbation zu erlangen.“<br />
98 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
2 |<strong>2022</strong> 99
mensch<br />
»Wenn es Spaß macht, kommt die<br />
Energie von alleine.«<br />
UND SO ENTSCHLOSS SICH DER FRISCH gebackene<br />
Mediziner, in der Wartezeit kurzerhand zu promovieren<br />
und obendrein noch parallel Betriebswirtschaftslehre<br />
und Wirtschaftsinformatik zu studieren. „Ich bin tatsächlich<br />
etwas ungeduldig“, sagt er fast entschuldigend.<br />
„Dinge müssen vorangehen. Ich kann nicht einfach abwarten<br />
und alles auf mich zukommen lassen.“<br />
Die zusätzlichen Studiengänge seien interessant gewesen<br />
und hätten ihm Spaß gemacht. Er fand schnell Gefallen<br />
daran, Unternehmensprozesse zu analysieren und in<br />
Software zu überführen. „Ich habe damals schnell bemerkt,<br />
dass ich auch als Nichtmediziner ganz gut unterwegs<br />
war“, berichtet Farshid Noorani. Den Schritt in die<br />
Selbstständigkeit mit eigener Softwarefirma bereut er bis<br />
heute nicht, obwohl er zwischenzeitlich – am Ende<br />
schließlich promoviert – auch als Arzt gearbeitet hat.<br />
„Ich bin auch heute immer noch Mitglied der Ärztekammer“,<br />
sagt er etwas überraschend. Zwar sei Medizin das<br />
schönste Studium überhaupt, aber er habe letztlich die<br />
Abwechslung der Routine vorgezogen. „Die Tätigkeit<br />
als Arzt ist in der täglichen Arbeit doch weitaus routinierter,<br />
als viele Menschen annehmen. Immer wiederkehrende<br />
Aufgaben, Krankheitsbilder und Diagnosen<br />
sind die Regel.“<br />
IN SEINEM HEUTIGEN JOB überwiege die Abwechslung:<br />
Immer wieder aufs Neue müsse er zusammen mit seinem<br />
Team andere Probleme für Kunden lösen. Über die Jahre<br />
ist so die von ihm ersonnene, modular aufgebaute Maxx-<br />
Softwarereihe entstanden, mit der sich alle Unternehmensprozesse<br />
steuern lassen. Zum Beispiel können<br />
Warenein- und -ausgänge verfolgt, Liefertouren geplant,<br />
die Stunden der Mitarbeiter erfasst oder Kundendaten<br />
verwaltet werden. Firmen können die Bausteine einzeln<br />
oder zusammen einsetzen. „Ich habe schon immer versucht,<br />
mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen, seine<br />
Beweggründe und vielleicht Nöte zu verstehen. Also Verständnis<br />
aufzubringen“, erzählt Noorani von den Parallelen<br />
zum Arztberuf. „Das hilft mir beruflich, aber auch<br />
privat.“<br />
Obwohl er mittlerweile mehr in der Betreuung und<br />
Beratung der Kunden arbeite, zöge es ihn immer wieder<br />
auch zum Programmieren. „Ich schaue schon noch regelmäßig<br />
in den Code, also die Software, wenn meine Mitarbeiter<br />
Bugs, also Fehler im Code, zeitnah nicht finden.“<br />
Und damit möchte er, wenn es nach ihm geht, auch<br />
noch 15 oder 20 Jahre weitermachen. Pläne hat er genug:<br />
Die Maxx-Softwarereihe möchte er zur besten Lösung<br />
für mittelständische Unternehmen machen. Außerdem<br />
plane er, die Firma zu vergrößern und die Basis zu<br />
schaffen, dass sie sicher für die Zukunft aufgestellt ist,<br />
„wenn ich irgendwann dann doch ausscheide“.<br />
MIT DEM ANSATZ, SICH IN SEINE KUNDEN hineinzuversetzen,<br />
ist Noorani mit seinen aktuell 20 Mitarbeitern<br />
offensichtlich auf dem richtigen Weg. „Im Bereich<br />
des Lebensmittel- und Naturkostgroßhandels sind wir<br />
heute einer der führenden Anbieter“, sagt er nicht ohne<br />
Stolz. Er habe Kunden hier in Göttingen – zum Beispiel<br />
Naturkost Elkershausen –, aber auch in ganz Deutschland.<br />
Für die Umsetzung seiner Wachstumspläne hat der<br />
findige Softwareunternehmer Noorani vor ein paar Jahren<br />
bereits einen Zukunftsmarkt ausgemacht. Weltweit<br />
stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Produkte<br />
oder benötigten Teile so zu verschicken, dass der<br />
Platz in den Containern oder LKW bestmöglich genutzt<br />
wird. Zur Lösung genau dieser Aufgabe hat Noorani<br />
eine Software entwickelt – in englischer Sprache für die<br />
Nutzung rund um den Globus. Einige große Kunden,<br />
wie beispielsweise der bekannte Kinderfahrradhersteller<br />
Puky, planen bereits ihre Transporte damit.<br />
AUF SEIN ARBEITSPENSUM ANGESPROCHEN, macht<br />
der Unternehmer noch einmal deutlich, dass er bei der<br />
Bewältigung immer neuer Herausforderungen keinen<br />
Stress empfinde. „Wenn es Spaß macht, kommt die Energie<br />
von alleine“, sagt er dazu. „Ich habe außerdem schon<br />
so viel erlebt und gesehen in meinem Leben, dass mich<br />
heute nichts mehr schockieren oder aus der Ruhe bringen<br />
kann.“ Und solange die Arbeit keine Energie von<br />
anderen Lebensbereichen abziehe, sei das für ihn völlig<br />
in Ordnung – und er rate jedem, genau darauf zu achten.<br />
„Für mich ist ein Tag erfüllend und erfolgreich, wenn ich<br />
Zeit mit der Familie verbracht und die Bedürfnisse von<br />
Kunden und Mitarbeitern unter einen Hut gebracht<br />
habe.“ In Göttingen lebt Farshid Noorani mit seiner<br />
Frau und seinen 12 und 13 Jahre alten Töchtern im<br />
schönen Ostviertel. „Das überschaubare Göttingen ist<br />
genau richtig für uns. Die Nähe zu den Schillerwiesen,<br />
zum Wald, der große Erholungswert.“<br />
Kann er sich vorstellen, dass seine Töchter seine Firma<br />
übernehmen? „Es wäre optimal“, gibt er unumwunden<br />
zu. „Aber sie sollen machen, worin sie ihre Berufung sehen.<br />
Es darf alles sein.“ Sich in das gemachte Nest zu<br />
setzen, wäre möglicherweise der einfachste Weg. Aber<br />
wenn seine Töchter nach ihm kommen, ist ihnen der<br />
vielleicht nicht herausfordernd genug. Aber das ist Zukunftsmusik:<br />
Der programmierende Mediziner Noorani<br />
hat selbst noch viel mit seinem Unternehmen vor. ƒ<br />
100 2 |<strong>2022</strong>
19. JUNI – 21. AUGUST <strong>2022</strong><br />
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mensch<br />
Geburtsstunde<br />
auf Social Media<br />
Die Hebammen Jasmin Czech und Julia Brömsen erreichen über ihren Instagram-Kanal @momallie<br />
rund 40.000 Menschen, geben digital ihr Wissen weiter und sind Vorbild für den Nachwuchs.<br />
TEXT CHRISTIAN VOGELBEIN FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 4 MINUTEN<br />
Es ist ein früher <strong>Sommer</strong>morgen, ein paar letzte<br />
Dunstwolken ziehen über die blühenden Felder<br />
rund um die kleine Göttinger Gemeinde Gleichen.<br />
In einem idyllischen Wohnhaus am Hang treffen<br />
wir auf Julia Brömsen und Jasmin Czech. Die beiden<br />
Hebammen arbeiten bereits seit vielen Jahren zusammen,<br />
haben sich im Kreißsaal der Klinik kennengelernt. Neben<br />
den werden den Müttern vor Ort kümmern sie sich heute<br />
tagtäglich um knapp 40.000 weitere Frauen, die ihnen<br />
auf Instagram folgen und die Website von Momallie besuchen.<br />
IN DEUTSCHLAND GIBT ES Stand 2019 rund 26.000<br />
angemeldete Hebammen und Geburtenhelfer. De facto<br />
viel zu wenige – denn allein im Jahr 2020 erblicken hier<br />
rund 770.000 Babys das Licht der Welt. „Im Laufe unseres<br />
Arbeitslebens sind uns immer wieder Frauen begegnet,<br />
die aufgrund dieses Mangels einfach keine Hebamme<br />
finden konnten, die sie durch die Schwangerschaft, die<br />
Geburt und das Wochenbett begleitet“, erzählt Dreifach-<br />
Mama Brömsen.<br />
„Diese wenden sich dann mit ihren Fragen an Dr. Google<br />
und bekommen die schrägsten Antworten. In den seltensten<br />
Fällen hilft es ihnen aber wirklich weiter“, ergänzt<br />
Czech. „Und auch Frauen, die Hebammen haben,<br />
bemühen allzu oft das Internet, wenn sie sich die eine<br />
oder andere Frage nicht zu fragen trauen.“ Diese Problematik<br />
habe sich durch Corona noch einmal verstärkt,<br />
so die 28-Jährige. „Wir wollten aber, dass alle Frauen<br />
sicher durch die Schwangerschaft gehen. Das liegt uns<br />
persönlich am Herzen“, erklärt Brömsen – und so kam<br />
ihnen vor zwei Jahren dann auch die zündende Idee, einen<br />
Blog zu erstellen und dort der breiten Masse ihr<br />
Wissen zu unterschiedlichen Themen zur Verfügung zu<br />
stellen. Wie der Zufall es wollte, kam nur wenig später<br />
über eine werdende Mutter auch noch der Kontakt zu<br />
Lookfamed zustande, einer jungen Göttinger Agentur,<br />
die sich mit der Vermarktung von Influencern bestens<br />
auskennt.<br />
Schnell wurde aus dem Blog ein eigenes Start-up –<br />
inklusive Instagram-Kanal, der die beiden Hebammen in<br />
ihrem Alltag zeigt. Momallie war geboren: eine Mischung<br />
aus ,mom‘ und ,normally‘.<br />
„AM ANFANG WAR ES FÜR UNS jedoch alles andere<br />
als normal, uns vor der Kamera zu präsentieren“, sagt<br />
Brömsen. „Hebamme war, ist und bleibt unser Hauptberuf.<br />
Momallie noch nebenbei zu betreiben und sich mit<br />
dem ganzen Equipment vertraut zu machen – da waren wir<br />
schon froh, die Agentur an unserer Seite zu haben.“ Denn<br />
hinter Momallie stecke noch viel mehr, als ein paar kurze<br />
Clips mit dem Handy zu drehen, so die 44-Jährige.<br />
102 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
Findiges Start-Up Julia Brömsen (l.) und Jasmin Czech sind die Gesichter hinter Momallie und teilen im Netz ihre Hebammen-Erfahrung.<br />
2|<strong>2022</strong> 103
mensch<br />
FOTOS: MOMALLIE_OFFICIAL<br />
Worin die beiden Hebammen die größten<br />
Herausforderungen bei ihrer Präsentation auf<br />
Social Media sehen und warum sie sich selbst<br />
noch nicht als Influencerinnen bezeichnen –<br />
das erfahren Sie in unserem Interview unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-video<br />
104 2 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
IHRE KANÄLE NUTZEN SIE, um digitale Pakete und Programme<br />
zu verkaufen: Kurse zur Schwangerschafts- und<br />
Geburtsvorbereitung, zu Babys erstem Jahr und zum<br />
Wochenbett bis hin zum Rückbildungskurs inklusive<br />
Videos zu postnatalen Yoga-Übungen. So begleiten sie<br />
die werdenden Mütter und Familien mit Ratschlägen,<br />
Tipps und Tricks durch die Schwangerschaft – und auch<br />
danach. „Wir wollen die Frauen dort abholen, wo sie gerade<br />
stehen“, erklärt Czech. Insbesondere bei Instagram<br />
beantworten sie deshalb allwöchentlich am ,Midwife<br />
Monday‘ anonyme Alltagsfragen. „Wir merken hier oft,<br />
dass sich viele Frauen sehr wenig zutrauen“, erzählt<br />
Brömsen. „Wir wollen sie ermutigen, auf ihr Bauchgefühl<br />
zu hören, sich nicht verunsichern zu lassen.“ Das<br />
beginnt bei einfachen Fragen zu Hilfsmitteln gegen Übelkeit<br />
oder der Frage, was zur Geburt mit in den Kreißsaal<br />
mitgebracht werden darf und sollte. „Wir kommen<br />
manchmal mit dem Beantworten gar nicht hinterher, weil<br />
es so viele sind“, sagt Czech.<br />
Dass sie mit ihrer Arbeit eine wichtige Lücke füllen,<br />
haben sie schnell gemerkt. „Wir haben erwartet, in den<br />
ersten Jahren vielleicht ein paar hundert Follower zu haben.<br />
Jetzt sind es bereits bald 40.000!“, erzählt Brömsen<br />
begeistert. Auch bei ihrer Arbeit im Kreißsaal werden sie<br />
inzwischen schon erkannt. „Viele freuen sich dann, weil<br />
sie uns auf eine Art und Weise ja schon kennen – und das<br />
ist schön.“<br />
INZWISCHEN SIND DIE HEBAMMEN in ihre neue Rolle<br />
hineingewachsen und schaffen die Doppelbelastung problemlos.<br />
Dank Lookfamed haben sie eine Art Redaktionsplan<br />
mit verschiedenen Themen und produzieren die<br />
Videos, Bilder und Beiträge in den Räumen der Agentur<br />
regelmäßig vor. Als Influencerinnen im wirtschaftlichen<br />
Sinne würden sie sich selbst jedoch noch nicht beschreiben.<br />
Zwar nehmen sie mit ihrer Arbeit auch auf das<br />
Kaufverhalten ihrer Zielgruppe Einfluss, und es sei gut<br />
möglich, dass der eine oder andere Anbieter von entsprechenden<br />
Produkten bald auf die Reichweite der Hebammen<br />
aufmerksam wird – bezahlte Partnerschaften kamen<br />
bislang allerdings nur sehr vereinzelt zustande. „Wenn<br />
wir über ein Produkt reden, dann nutzen wir es auch<br />
selbst und stehen zu 100 Prozent dahinter“, erklärt<br />
Czech entschieden. „Diese Authentizität müssen und<br />
wollen wir uns auch bewahren.“<br />
DOCH NICHT NUR FÜR WERDENDE MÜTTER sind die<br />
beiden Hebammen interessant, sondern auch für werdende<br />
Hebammen. Denn nur für wenige junge Menschen<br />
ist dieser Ausbildungsweg im Jahr <strong>2022</strong> tatsächlich<br />
attraktiv. Klar, das Wunder der Natur zu erleben, sei<br />
ein ständiger unbezahlter Bonus, doch das Gehalt an<br />
» Wenn wir in der näheren Zukunft<br />
nicht nur 40.000 Frauen erreichen,<br />
sondern 140.000 Menschen zur Seite<br />
stehen können, dann haben wir<br />
unser Ziel erreicht. «<br />
sich sei kaum ein ausschlaggebender Faktor, so Czech.<br />
„Wir Hebammen sind schon ein spezieller Typ Mensch.“<br />
Unregelmäßige Arbeitszeiten, häufig in ständiger Bereitschaft,<br />
abends und auch am Wochenende – und zudem<br />
müssen Hebammen seit <strong>2022</strong> auch noch ein Studium<br />
absolvieren. Über all dies informieren Czech und Brömsen<br />
nun auf Social Media und brechen dabei absichtlich<br />
mit Stereotypen und dem überholten Bild von Hebammen,<br />
das sich hartnäckig in der Öffentlichkeit hält: mit<br />
Öko-Haarschnitt, Ledertasche und Klappfahrrad.<br />
„Auch für uns ist es wichtig, mit der Zeit zu gehen“,<br />
erklärt Brömsen. Und dieser Schritt zahlt sich aus. „Uns<br />
haben schon viele junge Frauen geschrieben, dass sie<br />
nun Hebammen werden wollen. Dass wir auch die erreichen,<br />
ist natürlich großartig.“<br />
APROPOS ZEIT: Für die Zukunft wollen die beiden mit<br />
ihrem ,Baby‘ zusammen weiterwachsen, um noch mehr<br />
Mütter – und auch Väter – zu erreichen. Insbe sondere<br />
das Online-Kursangebot soll erweitert werden. „Wenn<br />
wir in der näheren Zukunft nicht nur 40.000 Frauen<br />
erreichen, sondern 140.000 Menschen zur Seite stehen<br />
können, dann haben wir unser Ziel erreicht“, sagt<br />
Czech und lächelt optimistisch. „Ich glaube, Hebamme<br />
ist eben nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Das<br />
muss man auch ein Stück weit leben“, sagt Brömsen.<br />
Genau das tun sie und schaffen so mit Momallie neue<br />
Chancen – sowohl für sich als auch für werdende Eltern.<br />
Eben eine nachhaltige Herzensangelegenheit. ƒ<br />
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2|<strong>2022</strong> 105
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PROFIL<br />
TOP-FRAUEN<br />
Gabriella Honti, Director Non-Metal Procurement beim<br />
Aluminiumunternehmen Novelis.<br />
Am Standort Göttingen veredelt und behandelt Novelis<br />
Aluminium für z.B. die Lebensmittel- und Baubranche.<br />
Familienmensch & Führungskraft<br />
Gabriella Honti leitet bei Novelis Europa den Einkauf und findet neben der Zeit für<br />
ihr Team genug für die Familie und sich selbst.<br />
108 2 |<strong>2022</strong><br />
Seit April 2021 ist Gabriella Honti bei<br />
Novelis Europa, dem führenden Hersteller<br />
von flachgewalztem Aluminium<br />
und weltweit größten Recycler von Aluminium,<br />
am Standort Göttingen als Director Non-<br />
Metal Procurement angestellt und Mitglied<br />
des Europäischen Managementteams. Gemeinsam<br />
mit ihrer Abteilung stellt sie sicher,<br />
dass Waren und Dienstleistungen pünktlich<br />
und zuverlässig eintreffen. Neben der Leitung<br />
des rund 50-köpfigen Teams geht sie ihren europaweit<br />
anfallenden Aufgaben im Managementteam<br />
nach – ein Fulltime-Job.<br />
Dennoch kommen bei diesem Pensum die<br />
Familie, der Hund und auch die Zeit für sie<br />
selbst nicht zu kurz: „Novelis hat mir die Möglichkeit<br />
gegeben, meinen Beruf, dem ich mit<br />
Herzblut nachgehe, mit meiner Familie und<br />
ihren Bedürfnissen zu vereinen, und mir die<br />
nötigen Freiheiten eingeräumt, die man dafür<br />
braucht. So kann ich beidem bestmöglich gerecht<br />
werden – das ist großartig.“ Damit sie<br />
ihre Aufgaben stets gut gelaunt und konzentriert<br />
ausführen kann, steht privat auch regelmäßig<br />
Sport im Kalender. „Der Sport hilft<br />
mir nach einem Arbeitstag, den Kopf freizubekommen<br />
und mich zu entspannen. Meine<br />
Familie braucht eine glückliche Mama und<br />
Ehefrau, mein Arbeitgeber beste Ergebnisse.“<br />
Gelebte Nachhaltigkeit von der Ausbildung<br />
bis zum Produktportfolio<br />
Bei Novelis, das zur familiengeführten Aditya<br />
Birla Group gehört, steht Nachhaltigkeit im<br />
Fokus: In den letzten zehn Jahren hat Novelis<br />
über 700 Mio. USD in Recyclingkapazitäten<br />
investiert. Das Werk in Göttingen ist auf die<br />
Oberflächenveredelung und -behandlung von<br />
Aluminium spezialisiert und führend bei der<br />
Lieferung von gewalztem Aluminium mit hohem<br />
Recyclinganteil für die Architektur- und<br />
Baubranche und für Verpackungslösungen in<br />
der Lebensmittelindustrie. Neben der Produktion<br />
weist der Standort eine Vielzahl an funktio<br />
nalen Rollen für Novelis weltweit auf.<br />
Auch Lehren und Lernen stehen beim Branchenführer<br />
im Mittelpunkt: Neben Praktika<br />
werden diverse Traineeprogramme, Ausbil-<br />
dungen und duale Studiengänge angeboten.<br />
„Was bei Novelis zählt, ist, was du kannst<br />
– und nicht, wo du herkommst, wie du aussiehst<br />
oder welches Geschlecht du hast,“ betont<br />
Gabriella Honti. „In einem Team ist jedes<br />
einzelne Mitglied wichtig, egal, auf welcher<br />
Ebene man angesiedelt oder wie lange man<br />
schon dabei ist.“ Auf jedem individuellen Berufsweg<br />
komme es darauf an, dass man Vertrauen<br />
in die eigenen Fähigkeiten hat, um<br />
selbst gesteckte Ziele zu erreichen, und dass<br />
man sich manchmal einfach trauen müsse,<br />
einen neuen Weg einzuschlagen.<br />
KONTAKT<br />
Novelis Deutschland GmbH<br />
Hannoversche Str. 1<br />
D-37002 Göttingen<br />
Tel. 0551 3040<br />
https://de.novelis.com/
PROFIL<br />
Die beiden Physikexpertinnen Prof. Dr. Andrea Koch<br />
und Josephine Neumann am Photonenelektronenspektroskop<br />
mit dem man mittels Röntgenstrahlung<br />
die Oberflächenzusammensetzung von Proben<br />
untersuchen kann<br />
FOTO: HAWK<br />
Gegen den Strom? Frauen in der MINT-Branche<br />
Die Physikerin Andrea Koch, Dekanin der HAWK-Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit, sowie<br />
Josephine Neumann, Doktorandin des HAWK-Studiengangs Laser- und Plasmatechnik, im Interview<br />
Frau Koch, Frau Neumann, was genau hat für<br />
Sie den Ausschlag gegeben, eine MINT-Laufbahn<br />
einzuschlagen?<br />
Andrea Koch: Ich habe nach der Grundschule<br />
ein Mädchengymnasium besucht, wurde dort<br />
sehr in Mathe und Physik gefördert, später belegte<br />
ich diese Fächer im Leistungskurs. In Physik<br />
war ich übrigens die einzige Frau. So hat sich<br />
Schritt für Schritt der Weg ins Studium ergeben.<br />
Josephine Neumann: Ich konnte in der Schule<br />
in den MINT-Fächern mit wenig Aufwand viel<br />
erreichen, denn wenn man ein Prinzip einmal<br />
verstanden hat, kann man es in vielen verschiedenen<br />
Zusammenhängen anwenden. Das hat<br />
mir Spaß gemacht und in mir den Wunsch<br />
geweckt, im MINT-Bereich zu arbeiten. Außerdem<br />
gibt es, anders als z.B. in Deutsch oder<br />
Geschichte, wenig Diskussionsspielraum. Das<br />
hat mir das Gefühl vermittelt, meinen Standpunkt<br />
sicher vertreten zu können.<br />
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?<br />
Neumann: Ich habe ungeahnt viele Möglichkeiten,<br />
mein Wissen in verschiedenen Richtungen<br />
zu vertiefen und mich weiterzuentwickeln. Gerade<br />
das fasziniert mich.<br />
Koch: Ich fand es schon bei meiner Doktorarbeit<br />
interessant, physikalische Grundlagen und naturwissenschaftliche<br />
Forschung mit aktuellen<br />
technischen Herausforderungen zu verbinden,<br />
damals auf dem Gebiet der Umweltmesstechnik,<br />
heute im Optical Engineering.<br />
Sehen Sie auch Nachteile darin, als Frau eine<br />
Karriere im MINT-Bereich einzuschlagen?<br />
Koch: Mit Kindern im Beruf weiter voranzukommen<br />
erfordert immer einen gewissen Einsatz<br />
und Ehrgeiz. Dies ist also keine Besonderheit<br />
der MINT-Berufe. Die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf in einem Industrieunternehmen stellte<br />
sich im weiteren Verlauf für mich einfacher<br />
heraus als vorgestellt.<br />
Neumann: Manchmal fühlt man sich gerade<br />
von älteren Vorgesetzten, die noch die klassischen<br />
Muster im Kopf haben, weniger ernst<br />
genommen, als das bei Kollegen meines Alters<br />
mit gleicher Qualifikation der Fall ist. Ich habe<br />
an der HAWK ein duales Studium absolviert,<br />
und währenddessen musste ich genau das gerade<br />
im Beruf immer wieder beobachten, an der<br />
Hochschule weniger. Meist geht das nach der<br />
ersten Zusammen arbeit vorüber. Die fachliche<br />
Expertise überzeugt dann doch.<br />
Welche Tipps würden Sie Frauen geben, die<br />
überlegen, sich in Richtung MINT zu orientieren?<br />
Koch: Ganz wichtig – in Studium und Beruf mit<br />
Frauen vernetzen. Das kann man bei uns, unsere<br />
Female Networking-Stammtische werden<br />
sehr gut angenommen.<br />
Neumann: Sich nicht von Klischees abschrecken<br />
lassen, seinen eigenen Weg gehen. Die<br />
Karrierechancen sind definitiv da! Man hat<br />
sehr gute Verdienstmöglichkeiten und kann so<br />
sehr unabhängig leben. Außerdem arbeiten gemischte<br />
Teams produktiver. Frauen bereichern<br />
einfach die MINT-Berufe.<br />
KONTAKT<br />
HAWK Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaft und Kunst<br />
Fakultät Ingenieurwissenschaften und<br />
Gesundheit<br />
Von-Ossietzky-Straße 99<br />
37085 Göttingen<br />
kontakt.fi@hawk.de<br />
www.hawk.de/i<br />
Instagram: @hawk_ingenieurwiss_gesundheit<br />
2 |<strong>2022</strong> 109
PROFIL<br />
Digitale Fachveranstaltung<br />
30 Jahre Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft<br />
TOP-FRAUEN<br />
Vorbilder, Vorbilder, Vorbilder<br />
Die Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft feierte jüngst ihr 30-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum wurde nicht nur<br />
zurückgeblickt, sondern ein neues Arbeitsprogramm für die Zukunft entworfen.<br />
Als die Koordinierungsstelle Frauen &<br />
Wirtschaft 1991 gegründet wurde, hatte<br />
sie den Auftrag, Berufsrückkehrerinnen<br />
nach der Familienphase beim Wiedereinstieg<br />
in den Arbeitsmarkt zu unterstützen.<br />
Das ursprüngliche Tätigkeitsfeld ist allerdings<br />
über die Jahre deutlich gewachsen,<br />
heute berät die Koordinierungsstelle Frauen<br />
zur beruflichen Neu- oder Umorien tierung,<br />
Existenzgründer*innen und fördert zudem<br />
Wei terbildungen. Hinzugekommen sind weitere<br />
inhalt liche Themen wie Vereinbarkeit von<br />
Familie und Beruf sowie Frauen in Führung.<br />
DAS FAZIT 30 JAHRE NACH GRÜNDUNG:<br />
„Es gab viel zu tun, es gibt viel zu tun – die<br />
Problemstellungen, an denen wir arbeiten, sie<br />
sind immer noch da“, sagt Natalia Hefele, die<br />
seit drei Jahren die Koordinierungsstelle leitet.<br />
Deswegen wurde die Jubiläumsfeier im Februar<br />
<strong>2022</strong> genutzt, um gemeinsam mit Netzwerk-<br />
und Kooperationspartner*innen eine<br />
Bestandsaufnahme zu machen und darauf aufbauend<br />
ein Arbeitsprogramm für die nächsten<br />
Jahre zu entwerfen.<br />
110 2 |<strong>2022</strong><br />
In fünf Fachforen wurden zu den Themen<br />
Frauen in Führung, Wiedereinstieg nach längerer<br />
Erwerbsunterbrechung, Frauen und Unternehmensgründung,<br />
Berufsrückkehr nach der<br />
Elternzeit sowie Arbeitsmarktintegration von<br />
Migrantinnen Lösungsvorschlä ge erarbeitet.<br />
Wenn man beispielsweise Frauen zur beruflichen<br />
Rückkehr ermutigt, sollte die ganze<br />
Familie mit eingebunden werden. Bei den<br />
Elternzeitler*innen sollte man Arbeitgeber*innen<br />
verstärkt ansprechen und ihnen Tipps geben,<br />
wie sie Elternzeitler*innen vor, während<br />
und nach der Elternzeit anbinden können. Zu<br />
diesem Thema bietet die Koordinierungsstelle<br />
schon in diesem Jahr Workshops an. Ferner<br />
sollte dazu beigetragen werden, immer noch<br />
bestehende Vorurteile und Ängste gegenüber<br />
der Beschäftigung von Migrantinnen abzubauen.<br />
ZUM THEMA FRAUEN IN FÜHRUNG haben<br />
die Koordinierungsstelle und der überbetriebliche<br />
Verbund ,Frau & Betrieb‘ e. V. ein Netzwerk<br />
für den Erfahrungsaustausch ins Leben gerufen.<br />
Ein ganz wesentliches Ergebnis war in allen<br />
Fachforen jedoch dasselbe, nämlich, „dass wir<br />
für jede Zielgruppe unbedingt Vorbilder und<br />
gute positive Beispiele aus der Region brauchen“,<br />
so Hefele. „Das wird eine große Aufgabe<br />
für die nächste Jahre sein. Der Anfang ist<br />
gemacht: Mit einer Broschüre und der gleichnamigen<br />
Ausstellung ,Frauen im Handwerk<br />
von hier!‘.<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />
KONTAKT<br />
Koordinierungsstelle ,Frauen & Wirtschaft‘ /<br />
Verbund ,Frau & Betrieb‘ e. V.<br />
Stadt Göttingen<br />
Dr. Natalia Hefele<br />
Hiroshimaplatz 1–4<br />
37083 Göttingen<br />
Tel. 0551 400 2860<br />
kostelle@goettingen.de<br />
www.frauen-wirtschaft.de
PROFIL<br />
Ein starkes Team Simone Klare, Laureen Albers,<br />
Nicole Bockler (v.l.)<br />
FOTO: BMICHAEL MEHLE<br />
Frauen an die Macht!<br />
Wo andere noch über Quoten diskutieren, sind die Karrieremöglichkeiten für Frauen in der<br />
Steuerberatungskanzlei HSP STEUER Göttingen ganz real.<br />
Als Laureen Albers im Jahr 2013 ihr<br />
BWL-Studium abschloss und als Prüfungsassistentin<br />
in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
den Berufseinstieg vollzog,<br />
hätte sie sich nicht träumen lassen, dass sie<br />
keine zehn Jahre später in leitender Position in<br />
einer Steuerkanzlei arbeiten würde. 2016 stieß<br />
sie auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber<br />
auf HSP STEUER Göttingen. Neben vielen<br />
anderen Faktoren, wie zum Beispiel der fortschrittlichen<br />
Ausrichtung und einer branchenführenden<br />
Rolle in der Digitalisierung, gefiel<br />
ihr hier besonders das Versprechen, dass sich<br />
Einsatz bezahlt machen soll. Ein Versprechen,<br />
das von der Kanzlei gehalten wurde. Nicht nur,<br />
dass Laureen Albers dort bei der Erlangung ihres<br />
Titels als Steuerberaterin 2019 nach Kräften<br />
unterstützt wurde – seit Ende 2021 ist sie<br />
nun auch zur Prokuristin bestellt und in die<br />
Führungsetage aufgerückt.<br />
LAUREEN ALBERS ist bei HSP STEUER Göttingen<br />
kein Einzelfall. Auch Simone Klare wurde<br />
Ende 2021 zur Prokuristin bestellt und für ihren<br />
Einsatz für die Mandanten belohnt. Simone<br />
Klare ist ihren Weg zur Steuerberaterin über<br />
die Ausbildung zur Steuerfachangestellten gegangen<br />
und seit 2013 bei HSP STEUER Göttingen<br />
beschäftigt. Für sie war besonders wichtig,<br />
dass die Karriere und ihr umfangreicher<br />
Arbeitseinsatz nicht zulasten des Privatlebens<br />
gehen. Dies entspricht der Kanzleiphilosophie,<br />
dass nur glückliche Mitarbeitende auch maximale<br />
Leistung für die Mandanten erbringen<br />
können. Und für dieses Glück wird eine Menge<br />
getan.<br />
DIE PERSPEKTIVEN von Simone Klare und<br />
Laureen Albers sind damit aber nicht am Ende:<br />
Partnerschaft nicht ausgeschlossen. Dies zeigen<br />
die Steuerberaterin Andrea Hungerland<br />
und die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin<br />
Christina Höch, die ebenfalls als normale<br />
Angestellte bei HSP STEUER Göttingen angefangen<br />
haben und nun neben den beiden Gründern,<br />
Dr. Marco Scheuchzer und Mario Renneberg,<br />
Geschäftsführerinnen sind.<br />
DASS DIE VEREINBARKEIT von Beruf und<br />
Karriere bei HSP STEUER Göttingen real gelebt<br />
wird, bestätigt sich auch am Beispiel von<br />
Nicole Bockler. Ihren Job als Kanzleimanagerin<br />
kann sie als dreifache Mutter nicht deshalb erfolgreich<br />
bestreiten, weil ihr Mann etwa Vollzeit-<br />
Hausmann ist – der ist nämlich ebenfalls voll<br />
berufstätig –, sondern weil sie die Flexibilität<br />
hat, eigenständig die verantwortungsvollen<br />
Aufgaben in der Kanzlei mit der wertvollen Zeit<br />
für die Familie zu synchronisieren.<br />
DAS SIND NUR DREI BEISPIELE, die zeigen,<br />
wie modernes Arbeitsleben aussehen kann<br />
und dass sich berufliche Karriere und privates<br />
Glück nicht ausschließen müssen. Und bevor<br />
ein falsches Bild entsteht: Bei HSP STEUER<br />
Göttingen haben Männer natürlich die gleichen<br />
Chancen wie Frauen.<br />
KONTAKT<br />
HSP STEUER Göttingen GmbH<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
Stresemannstraße 28C<br />
37079 Göttingen<br />
Tel. 0551 8208070<br />
goettingen@hsp-steuer.de<br />
www.hsp-steuer.de/goettingen<br />
2 |<strong>2022</strong> 111
PROFIL<br />
FOTO: HEISLER WERBESTUDIOS<br />
TOP-FRAUEN<br />
Qualifizierte und freundliche Mitarbeiterinnen<br />
freuen sich darauf, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.<br />
Ein besonders emphatischer Umgang mit Patienten<br />
und kompetente Beratung, liegen uns genauso am<br />
Herzen, wie ein kollegiales und freundliches<br />
Arbeitsklima.<br />
Daniela Schroth-Papenhagen im Beratungsgespräch<br />
mit Gregor Motzer<br />
Strahlendes Vorbild<br />
Zahnärztin Daniela Schroth-Papenhagen hat gerade ihre eigene Praxis eröffnet:<br />
Mit ihrem Konzept, basierend auf Nachhaltigkeit, und dem Fokus auf ihre Patienten hofft sie nicht nur<br />
auf Wachstum, sondern möchte auch für andere Frauen in ihrem Beruf Vorbild sein.<br />
Die Zahnarztpraxis Mundecht wirkt<br />
gleich beim Eintreten hell und freundlich<br />
– Fenster lassen Licht in alle Räume.<br />
Weiße Wände, Holzfußboden und grüne,<br />
florale Akzente verstärken den einladenden<br />
Eindruck. Vom Wartezimmer führt eine bodentiefe<br />
Tür direkt auf eine Veranda, auf der Patienten<br />
auf ihre Behandlung warten können.<br />
Man merkt, dass die Zahnärztin Daniela<br />
Schroth-Papenhagen ein Jahr intensive Planung<br />
in ihre Praxis gesteckt hat, die sie am 1.<br />
Mai am Klosterpark in Weende eröffnet hat.<br />
Zuvor hatte sie seit ihrer Approbation im Jahr<br />
2013, also seit der Zulassung als Ärztin, bereits<br />
insgesamt acht Jahre in ihrem Beruf gearbeitet:<br />
fünf als angestellte Zahnärztin, drei als Mitgesellschafterin<br />
in einem zahnmedizinischen Versorgungszentrum<br />
in Hann. Münden.<br />
„SCHON ALS ANGESTELLTE wollte ich mich<br />
weiterentwickeln“, sagt die 41-Jährige rückblickend.<br />
„Ich habe damals das Glück gehabt,<br />
einen Kollegen zu treffen, der ein zahnmedizinisches<br />
Versorgungszentrum gründen wollte.“<br />
Sie habe den Schritt in die Selbstständigkeit<br />
dann ganz bewusst gemacht. Bereut hat sie die<br />
112 2 |<strong>2022</strong><br />
Entscheidung nie, da sie als Mitgesellschafterin<br />
viel über Unternehmertum lernen konnte.<br />
„Ich habe dabei so viele Ideen entwickelt, dass<br />
ich am Ende keine Wahl mehr hatte und alleine<br />
etwas auf die Beine stellen musste“, erzählt<br />
Schroth-Papenhagen mit einem strahlenden<br />
Lächeln. „Die Planungen und die Vorlaufzeit<br />
habe ich nicht als Belastung, sondern als unheimlich<br />
motivierend empfunden.“<br />
IHRE IDEEN HAT SIE NICHT NUR in der<br />
Gestaltung der Räume umgesetzt. Sie legt<br />
großen Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit:<br />
Die Praxis nutzt Ökostrom,<br />
Patienten bekommen Stoffservietten für die<br />
Behandlung, Plastikbecher sucht man vergeblich.<br />
Zudem fördert sie Hilfsprojekte wie<br />
Viva con Aqua, um gesellschaftliche Verantwortung<br />
zu übernehmen.<br />
Wenn ihre Pläne aufgehen, soll zu den aktuell<br />
vier Angestellten ein Zahntechniker hinzukommen,<br />
der im eigenen Labor arbeiten wird.<br />
Vor allem möchte sie als Vorbild dienen und<br />
dazu beitragen, den Beruf für die nachkommende<br />
Generation von Zahnärztinnen und<br />
zahnmedizinischen Fachangestellten interes-<br />
santer zu machen. „Es liegt an uns Chefs, den<br />
jungen Kolleginnen mit spannenden, herausfordernden<br />
Aufgaben die Chance zu geben, zu<br />
wachsen.“<br />
Vorbild soll auch ihre Lernbereitschaft sein:<br />
„Ich will mit meinem Team Patienten mit modernen<br />
Methoden immer so schonend und<br />
verträglich behandeln können, wie ich mir das<br />
für mich selber auch wünsche. Ohne regelmäßige<br />
Fortbildung geht das nicht.“<br />
KONTAKT<br />
MUNDECHT<br />
ZAHNMEDIZIN AM KLOSTERPARK<br />
Daniela Schroth-Papenhagen<br />
Weendebogen 2<br />
37077 Göttingen<br />
Tel. 0551 89754-54<br />
praxis@mundecht.de<br />
www.mundecht.de
PROFIL<br />
Bei ZEISS in Göttingen arbeiten aktuell<br />
ca. 350 Mitarbeitende und davon sind gut<br />
dreiviertel Männer – eigentlich recht klassisch für<br />
ein Produktionsbetrieb. Aus zahlreichen Studien<br />
weiß man, dass sich erfolgreiche Unternehmen<br />
u.a. auch durch Diversität auszeichnen und dazu<br />
gehört es auch mehr Frauen in Führungsfunktionen<br />
zu etablieren. Dieses Vorhaben stellt<br />
Unternehmen und Mitarbeitende vor neue<br />
Herausforderungen, die es zu überwinden gilt.<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Flexibilität ist eine Frage der Gewöhnung<br />
Teilzeitmodelle für Führungspositionen, um Frauen mehr Anreize für den beruflichen Aufstieg zu<br />
ermöglichen? ZEISS zeigt, dass das geht. So entstehen wichtige Vorbilder für andere Frauen.<br />
Frauke Hartkens ist bei ZEISS in Göttingen<br />
als Personalleitung tätig – als sie dort im<br />
Herbst 2020 anfing, war sie auf dieser<br />
Führungsebene am Standort die einzige Frau.<br />
Das Besondere: Sie arbeitet in Teilzeit, 80 Prozent.<br />
In der Unternehmenswelt ist das gleich<br />
in doppelter Hinsicht noch eher eine Ausnahme:<br />
„Es ist immer noch sehr selten, dass man<br />
in Führungs positionen Teilzeitmodelle findet.<br />
Gleichzeitig ist der Frauenanteil in Personalund<br />
Marketing abteilungen zwar klassischerweise<br />
hoch, aber die Leitung ist dennoch oft<br />
Männersache“, so Hartkens Erfahrung. Zudem<br />
seien Ausschreibungen, in denen auf Teilzeitmöglichkeiten<br />
hingewiesen wird, oft trotzdem<br />
nicht teilzeitgeeignet, weil der Stellenzuschnitt<br />
nicht dafür ausgelegt sei. Teilzeit bleibt oft nur<br />
eine Floskel.<br />
ZEISS hat sich bewusst für einen anderen<br />
Weg entschieden. Denn auch der Arbeitnehmermarkt<br />
hat sich verändert, bei der Stellengestaltung<br />
wird zunehmend mehr Flexibilität wichtig.<br />
„Ich bin nicht die typische Karrierefrau – mir ist<br />
meine Familie sehr wichtig“, so Hartkens. Dieser<br />
Wunsch nach Teilzeit komme aber nicht nur<br />
von Frauen, die sich mehr um die Familie kümmern<br />
wollen, sondern zunehmend auch von<br />
Männern oder Berufseinsteigern. In der Praxis<br />
allerdings gibt es einige Hürden, denn Teilzeit<br />
heißt dann in der Regel, vormittags zu arbeiten<br />
und Urlaub in den Schulferienzeiten nehmen<br />
zu wollen. In Führungspositionen wird hingegen<br />
oft noch eine andere Präsenz erwartet – in<br />
der Produktion werden Maschinen zudem im<br />
Schichtmodell gefahren. Da ist es erfahrungsgemäß<br />
sehr schwer, einen weiteren Teilzeitmitarbeiter<br />
für den Nachmittag zu finden.<br />
DOCH WO EIN WILLE SEI, gibt es auch einen<br />
Weg – davon ist Frauke Hartkens überzeugt –,<br />
auch wenn er mit Mehraufwand und der Veränderung<br />
von alten Gewohnheiten einhergeht.<br />
Die Pandemie hat so bereits den Weg hin zu<br />
mehr Homeoffice geebnet. Ein Aspekt, der die<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Verwaltungsbereiche<br />
um einiges erleichtert. In der<br />
Produktion hingegen kann das etwa heißen,<br />
mehr Maschinen aufzustellen, in der Führung<br />
ist es eher eine Frage der Planung und Akzeptanz.<br />
„Wenn Meetings länger dauern, dann<br />
weiß man inzwischen, dass man aus Rücksicht<br />
auf die Teilzeitler eben nicht nach einem Termin<br />
ab 14 Uhr sucht“, erklärt Hartkens. „Das<br />
ist eine Kulturfrage und Gewöhnung. Mir ist<br />
wichtig, dass man den Versuch wagt und so<br />
positive Beispiele schafft.“<br />
DER ALLTAG ZEIGT, dass es klappt. Doofe<br />
Sprüche bekommt Frauke Hartkens keine zu<br />
hören, wenn sie früher nach Hause geht. Erreichbar<br />
ist sie trotzdem. „Die Frage ist auch:<br />
Wie wird geführt. Ich gebe viel Vertrauen rein,<br />
und meine Erfahrung ist, je mehr ich reingebe,<br />
desto mehr bekomme ich zurück.“<br />
KONTAKT<br />
Carl Zeiss Göttingen<br />
Frauke Hartkens<br />
Königsallee 9<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 5060 160<br />
frauke.hartkens@zeiss.com<br />
www.zeiss.de<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />
2 |<strong>2022</strong> 113
Göttingen<br />
Natürlich arbeiten<br />
bei uns Top-Frauen<br />
und Super-Männer.<br />
herzzentrum.umg.eu/pflege
PROFIL<br />
Vanessa von Hören<br />
FOTO: JAN HINKEL<br />
Terrastone Classico<br />
im Olivia Restaurant in Norwegen<br />
Gestaltung von Wohlfühlräumen<br />
Vanessa von Hören, stellvertretende Geschäftsführerin von Stone Esthetic, beschreibt die Verbindung von<br />
hochwertigen und natürlichen Materialien und deren vielfältige Einsatzmöglichkeiten.<br />
Ein Faible für Außergewöhnliches hatte<br />
ich wohl schon immer. Fasziniert von<br />
unterschiedlichen Schwingungen und<br />
unserer Resonanz darauf, beschäftigte ich<br />
mich im Studium zur Farbdesignerin mit dem<br />
HPM-color ® -Farbresonanztest. Wie der Einzelne<br />
als Individuum auf etwas reagiert, begeistert<br />
mich nach wie vor und finde ich wichtiger, als<br />
im Mainstream mitzuschwimmen. Wir sollten<br />
uns öfter von etwas berühren lassen und unseren<br />
Funken dadurch nähren.<br />
Während der Schulzeit zog mich ein Material<br />
in seinen Bann: ein Steinputz, dessen changierende<br />
Farbpigmente eine besondere Tiefe<br />
erzeugen und Natürlichkeit ausstrahlen – was<br />
mich bis heute fasziniert. Oberflächen werden<br />
lebendig und schaffen wie von selbst eine<br />
stimmungsvolle Atmosphäre. Die eigenwilligen<br />
Strukturen und Schattierungen berühren<br />
die Sinne, das Farbspiel der Flächen stimmt<br />
das Gemüt positiv und wirkt inspirierend.<br />
Dieses Material – Terrastone ® – hat Seele sowie<br />
300 Jahre Tradition und wird seit 1996 über<br />
die Stone Esthetic GmbH vertrieben. Es kann<br />
für alle möglichen Beschichtungen genutzt werden<br />
und ist zudem feuchtigkeitsregulierend, diffusionsoffen,<br />
atmungsaktiv und gibt den Räumen<br />
ein ganz besonderes Ambiente. Fugenfreie<br />
Gestaltung mit rein natürlichen Materialien, die<br />
ein gesundes Raumklima erzeugen und dabei<br />
einen enormen Wohlfühlcharakter verleihen:<br />
Oberflächen, die berühren …<br />
Wir sind ein kleines Unternehmen mit Manufakturcharakter.<br />
Seit vergangenem Jahr bin ich<br />
stellvertretende Geschäftsführerin der Stone<br />
Esthetic GmbH und arbeite nebenberuflich als<br />
selbstständige Farbdesignerin und Prananadi ® -<br />
Anwenderin. Die Gestaltung von Räumen zum<br />
Wohlfühlen – im weitesten Sinne – ist meine<br />
Passion. Prananadi ist eine tibetische Methode<br />
zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte und<br />
kann dafür genutzt werden, mehr Wohlgefühl<br />
im ,eigenen Raum‘ zu finden.<br />
Die Ausbildung zur Aromatherapeu tin und<br />
die Nutzung der hochwertigen ätherischen<br />
Öle von dōTERRA ® runden mein Spektrum<br />
ab. Ätherische Öle sind aromatische, hochpotente<br />
natürliche Bestandteile aus Pflanzen.<br />
In ihnen steckt die pure und volle Kraft der Natur.<br />
dōTERRA heißt übersetzt ,ein Geschenk<br />
der Erde‘, und das sind die Öle tatsächlich. Sie<br />
verhelfen uns auf körper licher, emotionaler und<br />
feinstofflicher Ebene zu mehr Wohlbefinden.<br />
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von<br />
hochwertigen und natürlichen Materialien,<br />
deren Nachhaltigkeit und die Gestaltung von<br />
Wohlfühlräumen finden sich in allen meinen<br />
Einsatzgebieten wieder.<br />
KONTAKT<br />
Stone Esthetic GmbH<br />
Vanessa von Hören<br />
Hinterdorfstraße 2<br />
37434 Rollshausen<br />
Tel. 05528 205410<br />
VanessavonHoeren@stoneesthetic.de<br />
www.terrastone.de<br />
2 |<strong>2022</strong> 115
PROFIL<br />
TOP-FRAUEN<br />
Innovatives Konzept:<br />
interprofessionelle Medizin<br />
Statt Kassenzulassung nun Selbstzahlerkonzept in ganzheitlicher Medizin<br />
für Körper, Geist und Seele in Kooperation mit anderen Professionen<br />
Zum Juli '22 gebe ich meine Kassenzulassung<br />
zurück, da mir ca. zehn Minuten Zeit<br />
pro Patient zu wenig sind, um meinen Patienten<br />
genau zuzuhören, sie zu untersuchen und eine<br />
Planung aufzustellen. Ich werde ab Oktober mit<br />
einem innovativen Konzept für Sie da sein.<br />
Das bedeutet mehr Zeit für Sie, da ich Medizin<br />
ganzheitlich verstehe. Ich möchte mit<br />
Ihnen gemeinsam Ihren Beschwerden auf<br />
den Grund gehen und diese dann mit Ihnen<br />
behandeln. Zudem werde ich die Zusammenarbeit<br />
auch mit anderen Berufsgruppen stärken.<br />
Besonders Physio-, Ergo- und Psychotherapeuten<br />
& Seelsorger sollten sich angesprochen fühlen,<br />
denn ohne sie funktioniert so vieles nicht.<br />
Leider sind sie aber von diversen Bedingungen<br />
abhängig. Es lohnt sich, dies zu verändern. Ich<br />
habe Lust dazu, Sie auch?<br />
VOR ALLEM FREUE ICH mich über<br />
Patien ten mit Beckenbodenbeschwerden,<br />
Schmerzpatien ten, die einer Abklärung zwischen<br />
psychischer und physischer Ursache<br />
bedürfen, gangunsichere und sturzgefährdete<br />
Patienten. Die schönsten Momente für mich<br />
jedoch sind die, in denen es gelingt, Patienten<br />
in der Seele zu berühren, den Geist zu erfassen,<br />
den Körper zu heilen!<br />
Dr. med. Silke von der Heide Fachärztin für<br />
Physikalische und Rehabilitative Medizin &<br />
Physiotherapeutin, psychosom. Therapie<br />
KONTAKT<br />
Sie finden mich in den gewohnten Praxisräumen<br />
Kasseler Landstr. 25b (Gebäude Promotio)<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 999 0 444<br />
www.prm-praxis.de<br />
mail@prm-praxis.de<br />
Einfach anders. Einfach besser.<br />
Es gibt Immobilienmakler …<br />
und es gibt Baum Beyer Immobilien.<br />
116 2 |<strong>2022</strong><br />
Durch positive Erfahrungen und Mundpropaganda<br />
hat sich in Göttingen<br />
und Umgebung verbreitet, dass<br />
Gesa Baum-Beyer auf dem Immobiliensektor<br />
einen außergewöhnlichen, sehr persönlichen<br />
und individuellen Rundum- Wohlfühlservice<br />
anbietet. Jetzt, in ungewöhnlichen Zeiten, in<br />
einem sich stets verändernden Immobilienmarkt,<br />
zahlt es sich für die Kunden aus, eine<br />
erfahrene, etwas andere Maklerin an ihrer Seite<br />
zu wissen. Denn seit über 17 Jahren lebt Gesa<br />
Baum-Beyer eine ,menschliche Immobilienkompetenz‘.<br />
Fürsorge, Humor, Vertrauen, Seriosität,<br />
Verlässlichkeit, Freude, Verschwiegenheit<br />
und eine freundlich-offene Persönlichkeit<br />
sind Charaktereigenschaften und Werte, auf<br />
denen der Erfolg dieser Immobilienmaklerin<br />
aufbaut. Sie ist das vermittelnde Bindeglied<br />
zwischen Käufer und Verkäufer oder Mieter<br />
und Vermieter. Ihr besonderes Netzwerk abseits<br />
vom Mainstream und ihre individuelle<br />
Professionalität mit Herz und Sachverstand<br />
machen sie zur Garantin für den Immobilienerfolg<br />
ihrer Auftraggeber.<br />
Gesa Baum-Beyer<br />
KONTAKT<br />
Kauf • Verkauf • Miete • Vermietung • Wertermittlung<br />
Baum Beyer Immobilien<br />
Tel. 0551 205 25 75<br />
www.baum-beyer.de<br />
Immobilienvermittlung und Immobilienbewertung<br />
DEKRA-zertifizierte Sachverständige für Immobilienbewertung D1 plus
PROFIL<br />
Ganz oder gar nicht – also ganz!<br />
Antje Böttner sorgt mit Hands-on-Mentalität für echte Frauenpower im<br />
Immobilienzentrum der Sparkasse Göttingen.<br />
Antje Böttner ist stellvertretende Abteilungsleiterin<br />
im Immobilienzentrum<br />
der Sparkasse Göttingen, in welchem<br />
sie bereits seit über 20 Jahren tätig ist. Ihr beruflicher<br />
Werdegang begann im Jahr 1985 mit<br />
der Ausbildung bei der Sparkasse.<br />
ZU IHREN STÄRKEN ZÄHLEN ihr umfangreiches<br />
Fachwissen, ihre Erfahrung, ihr exzellentes<br />
Netzwerk sowie ihre große Menschenkenntnis<br />
und Empathie. Durch diese Eigenschaften<br />
konnte Böttner die Großprojekte Rohnsterrassen,<br />
Kiesseekarree, Zietenterrassen und Anna-<br />
Quartier erfolgreich mit abschließen und für<br />
zahlreiche Gewerbeobjekte neue Eigen tümer<br />
finden.<br />
Derzeit steht die Immobilienberaterin allerdings<br />
vor großen Herausforderungen. „Neben<br />
der Pandemie und der Kriegssituation in der<br />
Ukraine müssen wir eine Vielzahl weiterer Herausforderungen<br />
bewältigen. Hierzu zählen<br />
Handwerkerengpässe, gestrichene staatliche<br />
Förderungen, der Inflationsanstieg und nicht<br />
zuletzt die rasant ansteigenden Finanzierungskonditionen.<br />
Aber um den Wünschen meiner<br />
Kunden und meinen eigenen Ansprüchen gerecht<br />
zu werden, stelle ich mich diesen Aufgaben<br />
immer wieder gern – gestern, heute und<br />
morgen. Denn aus meiner langjährigen Erfahrung<br />
heraus weiß ich, dass Immobilienberatung<br />
nur ganz oder gar nicht funktioniert – ich<br />
habe mich für ganz entschieden!“<br />
Antje Böttner ist stellvertretende Abteilungsleiterin im<br />
Immobilienzentrum der Sparkasse Göttingen.<br />
KONTAKT<br />
Sparkasse Göttingen<br />
Immobilienzentrum<br />
Groner-Tor-Str. 32<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 4054712<br />
antje.boettner@spk-goettingen.de<br />
Gemeinsam stark<br />
Mareike Bremer über ihre Entscheidung, Geschäftsführerin<br />
der traditionsreichen Weinhandlung Bremer in Göttingen zu sein<br />
In der 236-jährigen Geschichte der Weinhandlung<br />
Bremer gab es immer ,Top-Frauen‘, die<br />
begleitend mit Sohn oder Bruder oder vorübergehend<br />
alleine die Geschicke der Firma geleitet<br />
haben. Vielleicht ist das ein Geheimnis, warum<br />
diese Familienfirma so lange Bestand hat?<br />
Auf jeden Fall haben mein Mann Philipp und<br />
ich vor fünf Jahren ganz bewusst entschieden,<br />
die Geschäftsführung gemeinsam zu übernehmen.<br />
Wir denken, dass es eine besondere Chance<br />
ist, wenn dem Unternehmen beide Sichtweisen<br />
und Fähig keiten zur Verfügung stehen.<br />
IN MEINEN AUFGABEN als Zuständige für<br />
Personal, Marketing und Veranstaltungen sind<br />
Empathie, Kommunikation und Organisationsvermögen<br />
gefragt – alle(s) im Blick haben, Menschen<br />
verbinden, den Rahmen halten, Versorgung<br />
im weitesten Sinne sicherstellen. So kann<br />
mein Mann nach außen aktiv sein, neue Ideen<br />
entwickeln, fokussiert unsere Ziele ansteuern.<br />
Natürlich diskutieren wir auch – und am Ende<br />
stellen wir immer fest: Die besten Ergebnisse<br />
erzielen wir, wenn wir beide Standpunkte wertschätzen,<br />
verbinden und nutzen.<br />
DIE VON UNS ETABLIERTE Führungsebene<br />
in unserer Firma weist übrigens ebenso ein<br />
ausgeglichenes Verhältnis zwischen männlich<br />
und weiblich auf. Wir kooperieren, nutzen die<br />
jeweiligen Stärken, haben Spaß und möchten<br />
damit auch in einer Zeit, in der es zu oft darum<br />
geht, wer „es besser kann“, ein Zeichen setzen.<br />
Vielfalt im Team, im Angebot, im Sortiment!<br />
Mit Stil und Geschmack Geschäftsführerin Mareike Bremer<br />
KONTAKT<br />
Fr. Bremer Weinhandlung GmbH<br />
Barfüßerstraße 10<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 54017<br />
email@weinhandlung-bremer.de<br />
www.weinhandlung-bremer.de<br />
2 |<strong>2022</strong> 117
PROFIL<br />
TOP-FRAUEN<br />
Menschen in Balance bringen<br />
Entspannende, therapeutische Handarbeit – mit einem rundum<br />
ganzheitlichen Ansatz in der Göttinger Osteopathie-Praxis Griffpunkt<br />
Katrin Greunig ist passionierte Handarbeiterin.<br />
„Mit meinen Händen erfühle ich<br />
Spannungen und Bewegungseinschränkungen<br />
– und versuche dann, wieder ein Gleichgewicht<br />
herzustellen.“<br />
Die Physiotherapeutin und Heilpraktikerin<br />
ist seit 2020 Inhaberin der Osteopathie-Praxis<br />
Griffpunkt in Göttingen. „Die Osteopathie betrachtet<br />
den Menschen als Einheit aus Körper,<br />
Geist und Seele“, erklärt sie den ganzheitlichen<br />
Ansatz. Alles sei miteinander verbunden und<br />
habe Einfluss aufeinander – zumal die innere<br />
Balance von der äußeren beeinflusst werde.<br />
MIT DIESEM WISSEN hat die gebürtige Göttingerin<br />
ihre Berufung gefunden, zumal sie<br />
die Arbeit mit Menschen liebt. Und schon früh<br />
wusste, wohin „die Reise geht – denn bereits<br />
als Kind habe ich beim Tanzen erkannt, wie<br />
wichtig die Körperwahrnehmung ist.“ Wenn<br />
Spannungen, Schmerz oder Stress den Körper<br />
ihrer Patienten belasten oder gar dessen Funktionen<br />
einschränken, kommt die erfahrene<br />
Handarbeit von Katrin Greunig ins Spiel – nach<br />
einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung<br />
sowie Zeit für Nachfragen und Tipps.<br />
Alles für ein spannungsfreies Gleichgewicht.<br />
Katrin Greunig<br />
KONTAKT<br />
GRIFFPUNKT<br />
Bahnhofsallee 1E<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 25028723<br />
osteopathie@griffpunkt.de<br />
www.griffpunkt.de<br />
Die Nr. 1 bei Praxisbekleidung<br />
aus den USA<br />
Ines Worlitz bringt mit exklusiver Praxisbekleidung Glamour und Farbe<br />
in Praxen und medizinische Einrichtungen in ganz Deutschland.<br />
Praxisbekleidung kann nicht pfiffig oder auch<br />
sexy sein? Ines Worlitz lächelt angesichts<br />
dieses Vorurteils nur milde. Klar, seit nunmehr<br />
fast 20 Jahren bringt sie höchst erfolgreich mit<br />
ihren Produkten einen Hauch Glamour in Praxen<br />
und Kliniken. „Früher musste ich in der Tat<br />
auf amerikanische Arztserien wie Emergency<br />
Room und Grey‘s Anatomy verweisen – mittlerweile<br />
sprechen unser Ruf und nicht zuletzt<br />
unsere Produkte längst für sich“, berichtet die<br />
47-Jährige. Vom Wegbereiter zum Marktführer<br />
– so könnte man die Erfolgsgeschichte von The<br />
Working People und Ines Worlitz betiteln.<br />
118 2 |<strong>2022</strong><br />
„Wir sind die Nummer 1 bei Praxisbekleidung aus<br />
den USA und bieten ein komplettes Sortiment<br />
schicker Praxisbekleidung in mehr als 40 Farben<br />
und zahlreichen Schnitten. Auch unser<br />
OP-Hauben-Sortiment mit über 300 Designs<br />
ist einzigartig. Auf Wunsch besticken wir die<br />
Bekleidung mit Logo und Namen“, berichtet<br />
die Geschäftsfrau aus Bovenden, die sich in<br />
ihrer Freizeit auch für die Brustkrebs-<br />
Präventions initiative PinkRibbon engagiert.<br />
Interessierte Praxen können auf Wunsch bei<br />
Ines Worlitz ein Musterpaket bestellen und alle<br />
Looks in Ruhe anprobieren.<br />
Ines Worlitz<br />
KONTAKT<br />
The Working People GbR<br />
Graseweg 24<br />
37120 Bovenden<br />
Tel. 05593 95196<br />
info@working-people.de<br />
www.working-people.de
PROFIL<br />
Wir gemeinsam für die Region –<br />
goetel GmbH<br />
Noch immer ist die Breitbandversorgung<br />
in vielen Teilen Deutschlands so gut wie<br />
nicht existent. Als regionales Unternehmen<br />
haben wir uns zum Ziel gesetzt, den flächendeckenden<br />
Glasfaserausbau auch in unterversorgten<br />
Gebieten in unserer Region Südniedersachsen<br />
und Nordhessen voran zutreiben.<br />
Doch dafür braucht es nicht nur Kabel, Bagger<br />
und Computer, sondern vor allem motivierte<br />
und engagierte Mitarbeiter.<br />
DESWEGEN WÜRDE SICH bei der goetel<br />
ohne Kristin Jurgeleit nichts tun. In ihrer Funktion<br />
als Leiterin für die Bereiche Personal und<br />
Ausbildung kümmert sie sich seit fünf Jahren<br />
unter anderem darum, dass wir immer genau<br />
die richtigen Menschen für die jeweiligen Aufgaben<br />
im Unternehmen finden. Der Erfolg der<br />
goetel gibt Kristin recht. Unsere Mitarbeiterzahl<br />
wächst stetig an, und unsere Azubi-Übernahmerate<br />
liegt bei 100 Prozent.<br />
EIN FREUNDLICHES UND KOLLEGIALES<br />
Miteinander stärkt das Betriebsklima und führt<br />
zu einer guten Zusammenarbeit. Die Grundlage<br />
dafür bildet die sorgfältige Bewerberauswahl<br />
durch die Personalabteilung. Kristin Jurgeleit<br />
prägt die Firma goetel wie keine Zweite.<br />
Personal- und Ausbildungsleiterin Kristin Jurgeleit<br />
hat immer ein offenes Ohr für alle Mitarbeiter<br />
KONTAKT<br />
goetel GmbH<br />
Tuchmacherweg 8<br />
37079 Göttingen<br />
Tel. 0551 384-55555<br />
info@goetel.de<br />
www.goetel.de<br />
Carina Hermann möchte das<br />
Direktmandat in Göttingen<br />
Die CDU-Chefin und Volljuristin kandidiert für den Niedersächsischen<br />
Landtag, damit Göttingen wieder eine starke Stimme in Hannover hat.<br />
FOTO: MIRKO PLHA<br />
Ich wurde 1984 in Kassel geboren und bin<br />
seit meinem Studium der Rechtswissenschaften<br />
an der Georg-August-Universität fest<br />
mit unserer Stadt verwurzelt.<br />
ALS EHEMALIGE RICHTERIN und Staatsanwäl<br />
tin am Göttinger Amts- und Landgericht<br />
sowie in der Staatsanwaltschaft kenne ich die<br />
Probleme und Herausforderungen der Menschen<br />
unserer Stadt. Diese Erfahrungen lasse<br />
ich seither in meine politische Arbeit einfließen.<br />
Ich gehöre seit 2016 dem Göttinger Stadtrat<br />
an. In meiner Funktion als Vorsitzende des<br />
Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Digitalisierung<br />
gestalte ich die Wirtschaftspolitik<br />
unserer Stadt aktiv mit.<br />
GÖTTINGEN ist ein vitaler Unternehmensstandort,<br />
dennoch gibt es noch viel größeres<br />
Potenzial, welches wir ausschöpfen müssen!<br />
Bei der kommenden Landtagswahl am<br />
09. Oktober kandidiere ich nun für den Niedersächsischen<br />
Landtag. Ich möchte die Interessen<br />
unserer Stadt in Hannover durchsetzen<br />
und für ein starkes Göttingen kämpfen. Dabei<br />
liegen eine gesunde Wirtschaft, die den Klimaschutz<br />
im Visier hat, und ein starker Mix aus<br />
Weltkonzernen und Mittelständlern besonders<br />
in meinem Fokus. Zudem möchte ich in Verbindung<br />
mit den Göttinger Universitäten Ausgründungen<br />
junger Unternehmen fördern und<br />
so die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft<br />
vorantreiben.<br />
Mit Carina Hermann schickt die CDU eine junge und<br />
erfahrene Frau ins Rennen um das Landtagsmandat.<br />
KONTAKT<br />
Carina Hermann<br />
Reinhäuser Landstraße 5<br />
37083 Göttingen<br />
Tel. 0551 79747296<br />
www.carina-hermann.de<br />
info@carina-hermann.de<br />
2 |<strong>2022</strong> 119
<strong>2022</strong><br />
› BUSINESS LOUNGE<br />
Bekommen Sie Impulse &<br />
lernen Sie interessante Kontakte kennen<br />
FPTP METIN TOLAN: UNIVERSITÄT GÖTTINGEN/JAN VETTER FOTO MARCO BODE: NORDPHOTO<br />
36. fBL<br />
Uni-Präsident Metin Tolan:<br />
„Geschüttelt, nicht<br />
gerührt: James Bond im<br />
Visier der Physik“<br />
25.8.<br />
19 - 23 Uhr<br />
Universität Göttingen<br />
Melden Sie sich jetzt an!<br />
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Outdoor-Training mit nevo:<br />
„Netzwerken in Bewegung“<br />
6.10.<br />
16.30 - 20:30 Uhr<br />
Wieterwald Northeim<br />
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Marco Bode:<br />
„Matchplan -<br />
Was Fußball und Unternehmen<br />
voneinander<br />
lernen können“<br />
November (zur Fußball-WM)<br />
19 - 23 Uhr<br />
Fun Golf Bovenden<br />
<strong>faktor</strong>events.de/fbl
PROFIL<br />
Auf den TRICK kommt es an<br />
Fakt ist: Die Welt steht niemals still und die Zeit kann niemand stoppen.<br />
Doch wer AUSGEFUCHST ist, ist der Zukunft immer einen Schritt voraus!<br />
Es scheint unausweichlich, dass Unternehmer<br />
täglich mit enormen Herausforderungen<br />
und zugleich mit echten Chancen konfrontiert<br />
werden.<br />
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ist unaufhaltsam<br />
und der Fachkräftemangel, der durch<br />
die Corona-Pandemie nochmals verstärkt wurde,<br />
ist überall zu spüren. Ein Wandel hat sich<br />
vollzogen, und neue Wege der Mitarbeitergewinnung<br />
müssen gefunden werden.<br />
Seit 2010 entwickle ich als Gründerin und Geschäftsführerin<br />
der Göttinger inhabergeführten<br />
FULLSERVICE- WERBEAGENTUR FUCHSTRICK<br />
gemeinsam mit meinem kreativen und technisch<br />
hoch qualifizierten Team die passende<br />
Werbestrategie für jedes Unternehmen.<br />
WIR SIND SPEZIALISTEN für effektive Strategien<br />
mit Stil, innovative Web- und Shopentwicklung,<br />
clevere Suchmaschinenoptimierung,<br />
beeindruckende Videoproduktionen und exzellente<br />
Fotografie sowie für verlockende Werbetexte<br />
und gerissene Kampagnen.<br />
Wir helfen Ihnen, die Herausforderungen der<br />
Zukunft zu bändigen.<br />
Denn im Rudel geht’s leichter!<br />
Nadine Gumball, Gründerin und Geschäftsführerin<br />
KONTAKT<br />
WERBEAGENTUR FUCHSTRICK<br />
Emil-Nolde-Weg 6<br />
37085 Göttingen<br />
Tel. 0551 29176250<br />
mail@fuchstrick.com<br />
www.fuchstrick.com<br />
Leicht erreicht am neuen Standort<br />
Die Privatpraxis für HNO-Heilkunde von Dr. Ariane Julia Lüthje ist seit<br />
September 2020 in der Herzberger Landstraße zu finden.<br />
Mitten in der Pandemie ist die Privatpraxis<br />
für HNO-Heilkunde von Dr. Ariane Julia<br />
Lüthje umgezogen. Der Grund: „Wir sind jetzt<br />
barrierefrei“, so Dr. Lüthje. Ariane Julia Lüthje,<br />
Fachärztin für HNO sowie für Stimm-,<br />
Sprach- und kindliche Hörstörungen, hat die<br />
Praxis von ihrem Vater, Dr. Michael Zimmer,<br />
übernommen. Als ausgewiesener Tinnitusexper<br />
te bietet er nach wie vor umfangreiche Beratungsgespräche<br />
in der Tinnitusdiagnostik an,<br />
die diverse Therapieansätze nach sich ziehen.<br />
AUSSER KLASSISCHER HNO macht die<br />
Aller gologie einen großen Anteil des Praxisgeschehens<br />
aus – gearbeitet wird sowohl mit<br />
konventioneller Therapie wie auch mit Neuraltherapie<br />
und naturheilkundlichen Ansätzen.<br />
Auch kleine operative Eingriffe werden in der<br />
Praxis durchgeführt.<br />
EINE BESONDERHEIT ist die Ausrichtung auf<br />
Phoniatrie, der Diagnose von Sprech- und Hörstörungen,<br />
vor allem bei Kindern. Nur rund<br />
300 Fachärzte gibt es dafür in Deutschland.<br />
Hier kommt auch der Vorteil voll zum Tragen,<br />
dass es eine Privatpraxis ist: Die Warte zeiten<br />
sind kurz. Dr. Lüthje ist auch 24/7 für HNOund<br />
allergologische Notfälle da. Und noch<br />
eine Besonderheit gibt es: Sie macht auch<br />
Hausbesuche.<br />
Dr. Ariane Julia Lüthje und Dr. Michael Zimmer<br />
KONTAKT<br />
Privatpraxis HNO am Hainberg<br />
Dr. Ariane Julia Lüthje<br />
Herzberger Landstr. 43<br />
37085 Göttingen<br />
Tel. 0551 484091<br />
info@hno-am-hainberg.de<br />
www.hno-am-hainberg.de<br />
2 |<strong>2022</strong> 121
IMMOBILIEN<br />
Mit Kompetenz und Kommunikationsstärke<br />
Marie Kristin Köberlein unterstützt Geschäftsstellenleiter Christian Merz<br />
bei VON POLL IMMOBILIEN Göttingen<br />
Die Vermittlung einer Immobilie ist ein sehr komplexer<br />
und vor allem vielschichtiger Prozess. Eine professionelle<br />
Immobilienmaklerin sollte daher über zahlreiche Fähigkeiten<br />
und spezifisches Fachwissen aus verschiedensten<br />
Bereichen verfügen. Genau das macht diesen Beruf<br />
laut Marie Kristin Köberlein, ihrerseits selbstständige<br />
Immobilienberaterin bei VON POLL IMMOBILIEN am<br />
Standort Göttingen, so besonders: „Das Berufsbild einer<br />
Immobilien maklerin ist sehr vielseitig. Hierbei spielt nicht<br />
nur der direkte Kontakt zu den Kunden, sondern auch die<br />
organisatorische Abwicklung der einzelnen Vermittlungsschritte<br />
eine essenzielle Rolle. Es ist ein dynamisches und<br />
spannendes Arbeitsumfeld, bei dem sowohl wirtschaftliche<br />
als auch zwischenmenschliche Aspekte zum Tragen<br />
kommen und in Kombination den Grundstein für einen<br />
erfolgreichen Vertragsabschluss bilden.“<br />
www.von-poll.com/goettingen
IMMOBILIEN<br />
Soziale Kernkompetenzen wie Empathie und eine klare<br />
Kommunikationsstärke, gepaart mit einem Talent für<br />
Organisation sowie gutes Verhandlungsgeschick, gehören<br />
zu den elementaren Fähigkeiten, die eine erfolgreiche<br />
Immobilienmaklerin auszeichnen. Immer mit dem Ziel<br />
vor Augen, das Interesse und die Zufriedenheit aller beteiligten<br />
Parteien zusammenzubringen und das bestmögliche<br />
Ergebnis für beide Seiten zu gewährleisten.<br />
All das bringt Marie Kristin Köberlein für ihre tägliche<br />
Arbeit im VON POLL IMMOBILIEN Shop in Göttingen<br />
mit. Die Immobilienberaterin absolvierte 2013 erfolgreich<br />
ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der<br />
Georg-August -Universität in Göttingen. Der Schwerpunkt<br />
ihres Studiums lag dabei auf den Gebieten Vertrieb und<br />
Marketing. Danach intensivierte sie über die Jahre hinweg<br />
ihre Kenntnisse in den Bereichen Brand Management,<br />
Key Account Management, Öffentlichkeitsarbeit, sowie<br />
Kunden beratung. Seit März dieses Jahres unterstützt<br />
sie Christian Merz, Geschäftsstellenleiter bei VON POLL<br />
IMMOBILIEN Göttingen, bei der Betreuung und Beratung<br />
von Immobilieneigentümern und Kaufinteressenten. „Ich<br />
freue mich sehr, mit Marie Kristin Köberlein eine so kompetente<br />
und starke Frau für unseren Shop gewonnen zu<br />
haben“, ergänzt Merz.<br />
Warum sich Marie Kristin Köberlein für eine Karriere in<br />
der Immobilienbranche entschieden hat? „Die Dynamik<br />
innerhalb der Immobilienbranche hat mich schon immer<br />
fasziniert. Mein Interesse gilt in erster Linie dem Menschen<br />
selbst, also der Vernetzung der diversen Bedürfnisse<br />
und Wünsche von Käufern, Eigentümern, Architekten,<br />
Baufachleuten, Notaren, Banken und Behörden und wie<br />
ich diese zu einem optimalen Resultat zusammenführen<br />
kann. Diese Vielschichtigkeit lässt mich das während<br />
meiner bisherigen beruflichen Laufbahn erworbene Fachwissen<br />
gekonnt und zielführend vereinen.“ Und auch im<br />
privaten Bereich hält die Arbeit als selbstständige Immobilienmaklerin<br />
einige Vorteile bereit. Denn der Berufsalltag<br />
lässt sich ebenfalls sehr gut mit dem Familienleben<br />
vereinbaren, da Kundentermine und Bürozeiten flexibel<br />
gestaltet werden können. „Das war mir natürlich äußerst<br />
wichtig, um auch meinem Anspruch als Mutter gerecht<br />
zu werden, da ich neben der Freude am Beruf auch ein<br />
totaler Familienmensch bin“, erklärt die Mutter einer<br />
Tochter im Grundschulalter.<br />
Durch ihre Begeisterung für den Beruf der Immobilienmaklerin<br />
hat Marie Kristin Köberlein das große Glück,<br />
Leidenschaft, Freude und Erfolg im Job miteinander<br />
verbinden zu können. Besonders reizvoll ist, dass jeder<br />
Arbeitstag anders abläuft. Täglich kommen neue Anfragen<br />
über die unterschiedlichsten Kanäle – sei es persönlich<br />
im Göttinger VON POLL IMMOBILIEN Shop, via EMail,<br />
Telefon oder auch Social Media, denn dort vermarkten<br />
der geprüfte Immobilienfachwirt (IHK) Christian Merz und<br />
Marie Kristin Köberlein die Immobilien zusätzlich neben<br />
der Website und den gängigen Immobilienportalen. Des<br />
Weiteren gestalten Vor-Ort-Termine beim Kunden, Wertermittlungen<br />
neuer Immobilien bei einem Eigentümer,<br />
Beratungsgespräche mit Interessenten in der Filiale oder<br />
aber auch Notartermine den Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich.<br />
Allem voran natürlich die vielen verschiedenen<br />
Charaktere und Persönlichkeiten, auf die es sich immer<br />
wieder einzustellen gilt.<br />
Sind auch Sie auf der Suche nach einem neuen Zuhause<br />
oder einer geeigneten Immobilie als Anlageobjekt? Dann<br />
sind Sie bei Geschäftsstellenleiter Christian Merz und<br />
Marie Kristin Köberlein in den besten Händen. Die beiden<br />
beraten Sie gerne und stehen Ihnen mit ihrem Know-how<br />
bis hin zum erfolgreichen Vertragsabschluss zur Seite.<br />
Sie wollen Ihre Immobilie verkaufen? Auch in diesem Fall<br />
sind die VON POLL IMMOBILIEN Experten in Göttingen<br />
die richtigen Ansprechpartner für Sie. Die geprüften<br />
freien Sachverständigen für Immobilienbewertung<br />
(PersCert®, WertCert®) bieten außerdem eine kostenfreie,<br />
unverbindliche Marktpreiseinschätzung inklusive<br />
anschließender Ergebnisbesprechung an.<br />
Erfahren Sie mehr bei VON POLL IMMOBILIEN Göttingen.<br />
Christian Merz und Marie Kristin Köberlein freuen sich über<br />
Ihre Kontaktaufnahme unter der Telefonnummer 0551-<br />
49 97 471 0 beziehungsweise goettingen@von-poll.com<br />
oder Sie besuchen direkt den Shop in der Theaterstraße 22<br />
in Göttingen.<br />
VON POLL IMMOBILIEN Shop Göttingen | Theaterstraße 22 | 37073 Göttingen | T.: 0551 - 49 97 471 0
leben<br />
Im Fokus der Schau<br />
Das Fridericianum ist stets das Herzstück der<br />
documenta. In diesem Jahr hat der rumänische<br />
Künstler Dan Perjovschi die Säulen des Museums<br />
mit sozialen und politischen Botschaften gestaltet.<br />
124 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
Mehr Diskussionen um die<br />
documenta, bitte !<br />
Seit dem 18. Juni läuft die documenta fifteen in Kassel, eine der weltweit<br />
bedeutendsten Schauen zeitgenössischer Kunst. <strong>faktor</strong>-Autorin Stefanie Waske<br />
beleuchtet, was die documenta wirklich möchte und wo ihre Chancen<br />
und Risiken liegen.<br />
TEXT STEFANIE WASKE FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
2 |<strong>2022</strong> 125
leben<br />
Eigentlich stände an dieser Stelle ein Interview mit der Geschäftsführerin der<br />
documenta fifteen, Sabine Schormann, über die Frage, wie politische Themen<br />
überhaupt zu Kunst werden und warum Gemeinschaft das zentrale Thema<br />
der diesjährigen Kunstausstellung ist. Das Gespräch führte <strong>faktor</strong> bereits<br />
Ende Mai – Wochen vor der Eröffnung der Schau, die alle fünf Jahre 100 Tage<br />
lang in Kassel das Stadtbild prägt und als eine der weltweit bedeutendsten für zeitgenössische<br />
Kunst gilt. Doch die Dinge haben sich geändert.<br />
Schon immer war die documenta ein Synonym für kontroverse Meinungen. Doch dieses<br />
Mal schlagen die Wellen höher. Daher hat sich <strong>faktor</strong> nicht nur wegen der erbitterten<br />
Diskussion über Anti semitismus entschieden, den Inhalt auf diesen Seiten kurzfristig zu<br />
ändern – um zu beleuchten, was diese documenta wirklich möchte und wo ihre Chancen<br />
und Risiken liegen.<br />
Das ursprüngliche Interview mit Sabine Schormann lesen Sie unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/documenta-fifteen-interview-mit-sabine-schormann<br />
126 2 |<strong>2022</strong>
LESEZEIT: 8 MINUTEN<br />
PROVOKANT, eine ganz neue Perspektive<br />
auf die Welt der Kunst – all das verspricht die documenta,<br />
seitdem sie im Juli 1955 erstmals im Museum Fridericianum<br />
öffnete. Damals waren die Spuren des Zweiten<br />
Weltkrieges im stark zerstörten Kassel noch überall<br />
sichtbar, auch im Ausstellungshaus, das mit viel Mühe<br />
provisorisch wieder hergerichtet worden war. Mehrfach<br />
rüttelte seitdem stürmischer Protest an den Säulen der<br />
Kunstausstellung, teils stand sie auf der Kippe: mal<br />
fehlte Geld, mal formierte sich Widerstand bei Künstlern<br />
– es sei an die kleine Gegendocumenta 1968 erinnert –,<br />
mal sorgten Skulpturen in der Stadt für Diskussionen.<br />
MODERNE KUNST WAR UND IST IMMER ein umstrittenes<br />
Feld. Doch kaum ist der Streit je so eskaliert wie bei<br />
der fünfzehnten Ausgabe der Kunstschau, die seit dem<br />
18. Juni läuft. Debattiert wird bisher kaum über die Frage,<br />
was Kunst ist, sondern mehr, was Kunst zeigen darf.<br />
Was als Freiheit der Kunst zu gelten hat und was nicht<br />
zu sehen sein sollte, in einem Land, das den Holocaust<br />
als Verantwortung für die Zukunft begreift. Bei einer<br />
Schau, deren Gründer Arnold Bode einst dazu angetreten<br />
war, die von den Nationalsozialisten als entartet<br />
diffamierten Künstler bekannter zu machen. Bei einer<br />
Ausstellung, die durch Millionen Euro Steuergelder ermöglicht<br />
wird.<br />
Auslöser war, dass mehrere documenta-Künstler den<br />
Boykott gegen Israel unterstützen. Eine Gegenposition<br />
aus Israel fehlt hingegen. Dazu kam ein Bild aus Palästina,<br />
das den Gaza-Konflikt mit dem Angriff der nationalsozialistischen<br />
Legion Condor auf Guernica 1937<br />
gleichstellt. Und schließlich die Zeichnung eines Juden<br />
mit dicker Zigarre im Mund, Raffzähnen, Schläfenlocken<br />
und SS-Runen auf seinem Hut aus Indonesien.<br />
Die indonesische Kuratoren-Gruppe der documenta,<br />
ruangrupa, sah sich mehrfach von den Kritikern missverstanden.<br />
Fand keine Antwort, die die antisemitischen<br />
Vorwürfe verstummen ließ, wies sie zurück, entschuldigte<br />
sich öffentlich.<br />
ALL DIES ÜBERRASCHT – und überrascht auch nicht.<br />
Dass antijüdische Stereotype ein weltweites Phänomen<br />
sind, dürfte bekannt sein. Dass politische Künstlerinnen<br />
und Künstler aus Palästina Werke gegen Israel zeigen<br />
könnten, war erwartbar. Überraschend ist, dass all dies<br />
im Vorhinein keine kuratorische Antwort fand. Da die<br />
umstrittenen Werke plakativ sind, verschärfen sie die<br />
Diskussion. In einer Zeit, in der Dialoge oftmals enden,<br />
bevor sie beginnen – als cancle culture bezeichnet –, hätte<br />
die documenta gewappnet sein können.<br />
leben<br />
Das Leitmotiv der<br />
documenta fifteen ist<br />
unter dem schönen<br />
Begriff lumbung<br />
zusammengefasst –<br />
das Konzept setzt<br />
auf Zusammenarbeit,<br />
Ressourcenteilung,<br />
Solidarität und auf<br />
Nachhaltigkeit im Sinne<br />
von ökologisch,<br />
ökonomisch, sozial.<br />
Zur documenta fifteen<br />
Die documenta fifteen findet vom 18. Juni bis 25. September<br />
statt und erstreckt sich über das Kasseler Stadtgebiet.<br />
Zentrale Orte sind das Museum Fridericianum, die<br />
documenta-Halle und das ruruHaus, der Begegnungsort<br />
für das documenta-Motto lumbung. Tickets lassen sich<br />
vorab im Online-Shop bestellen, das Tagesticket mit<br />
Nutzung des ÖPNV kostet 27 Euro, 19 Euro ermäßigt.<br />
Die regulären Öffnungszeiten sind von 10 bis 20 Uhr.<br />
Weitere Infos unter: documenta-fifteen.de<br />
2 |<strong>2022</strong> 127
leben<br />
Im Blickpunkt der Kritik<br />
Wayang kardus – Indonesisch für lebensgroße<br />
Puppen aus recyceltem Karton – waren Teil<br />
der Präsentation der indonesischen Gruppe<br />
Taring Padi auf dem Friedrichsplatz. Ihr dreigeteiltes<br />
Kunstwerk ,People’s Justiz‘ geriet<br />
in die Kritik, da es antisemitische Stereotype<br />
benutzt, und wurde abgehängt. Taring Padi<br />
entschuldigte sich.<br />
In Indonesien werden solche Puppen für<br />
Demonstrationen eingesetzt. Ein Teil der etwa<br />
1.000 Figuren in Kassel entstanden in<br />
Workshops in Deutschland, Indonesien,<br />
den Niederlanden und Australien.<br />
128 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
2 |<strong>2022</strong> 129
leben<br />
Missstände aufzeigen<br />
Im Hessischen Landesmuseum zeigt das Kollektiv<br />
FAFSWAG Installationen, Screenings und eine digitale Skulptur –<br />
dazu gehört auch ein Videospiel. Das Kollektiv gründete sich<br />
2013 in Neuseeland und engagiert sich für dessen indigene<br />
Bevölkerung sowie für bessere Akzeptanz von Queeren.<br />
130 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
Stark durch Kunst Das Wajukuu Art Project setzt sich für Kinder und Jugendliche in einem Teil des kenianischen Mukuru-Slums ein.<br />
In der von Fabriken und Müllhalden geprägten Gegend will die Gruppe Kinder und Jugendliche ermutigen – mit Kunstunterricht.<br />
Diese Installation in der documenta-Halle gehört zu den Werken von Künstlern, die dem Projekt verbunden sind.<br />
2 |<strong>2022</strong> 131
leben<br />
In Erinnerung bewahren<br />
Im Fridericianum präsentieren sich künstlerische<br />
Archive aus Algerien, Asien und den Niederlanden.<br />
Diese versuchen, Geschichte zu dokumentieren,<br />
die sonst oftmals nicht überliefert wird, wie<br />
Protestkultur, Engagement für Frauenrechte oder<br />
schwarze Emanzipationsbewegungen.<br />
132 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
Unbekannte Gesichter<br />
Wenig bekannte regierungskritische Künstler aus Kuba zu präsentieren, ist eines der Anliegen des Instituto de Activismo Hannah Arendt<br />
aus Havanna. Gesichter solcher Künstler sind als Masken in der documenta-Halle zu sehen. In mehreren Ausstellungen plant die<br />
Gruppe, kaum gezeigte Werke aus Kuba vorzustellen und so eine Leerstelle in der Kunstgeschichte des Landes zu schließen.<br />
DIE KÜNSTLERISCHE LEITUNG ruangrupa setzt vor allem auf eine große<br />
Hoffnung: Das diesjährige kuratorische Konzept heißt auf Indonesisch<br />
lumbung. Es nimmt historische Reisscheunen zum Vorbild, in denen überschüssige<br />
Ernte lagert, die später die Gemeinschaft gerecht verteilt. In diesem<br />
Geiste sollen Künstlerinnen und Künstler Werke schaffen, mit dem Ziel, die<br />
Welt in einen besseren Ort zu verwandeln – mit weniger Ausbeutung der<br />
Natur und des Menschen, fair gegenüber jedem Geschlecht, jeder Identität.<br />
Das Kollektiv ruangrupa lud Gruppen ein, die ihre Philosophie teilen, sei es<br />
in Thailand, Hongkong, Afrika, Australien, Palästina und vielen weiteren<br />
Orten der Welt. Zusammen binden sie mit sozialen, künstlerischen und ökologischen<br />
Projekten Menschen in ihren Heimatländern ein, in Kassel oder<br />
wo immer sie wirken. In einer Welt der Krisen, ob Klimakrise oder Corona-<br />
Pandemie, sind die Erwartungen an die Kunst übergroß. So fragte die Kunstzeitschrift<br />
Weltkunst kürzlich: Kann Kunst die Welt retten? Und schrieb:<br />
„Nein, das kann sie nicht. Und doch hat die Kunst stets Türen zu neuen<br />
Möglichkeiten aufgestoßen.“<br />
2 |<strong>2022</strong> 133
leben<br />
134 2 |<strong>2022</strong>
Nutzen ausdrücklich erwünscht Die Gruppe Baan Noorg Collaborative Arts and Culture aus der thailändischen Provinz<br />
Ratchaburi stellt der Kasseler Skate-Szene eine Halfpipe zur Verfügung. Das Bild im Hintergrund gehört zu den Arbeiten des<br />
Kollektivs Britto Arts Trust, die sich mit den sozialen und politischen Veränderungen in Bangladesch beschäftigen.<br />
leben<br />
2 |<strong>2022</strong> 135
leben<br />
Plakative Kunst<br />
Im Hallenbad Ost zeigt das indonesische Kulturinstitut Taring Padi über 100 Kunstwerke aus den<br />
vergangenen 22 Jahren. Die Gruppe entstand 1998 nach dem Sturz des Diktators Suharto und<br />
thematisiert in ihrer Protestkunst die sozialen und politischen Verhältnisse in Indonesien.<br />
136 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
2 |<strong>2022</strong> 137
leben<br />
Medialer Zauber<br />
In der Kirche St. Kunigundis setzt sich die Gruppe<br />
Atis Rezistans / Ghetto Biennale aus Haiti mit Vodoo<br />
auseinander. Die multimedialen Skulpturen spiegeln<br />
auch die Gewalt in dem von Krisen gebeutelten<br />
Karibikstaat wider – die Skelette sind teils ,bewaffnet‘.<br />
UNBEKANNTE TÜREN ÖFFNET DIE DOCUMENTA<br />
ZWEIFELLOS. Bei einem Spaziergang durch den Stadtpark<br />
Karlsaue fallen begrünte kleine weiße Kunststoffwannen<br />
auf. Sie sind Werke der slowakischen Künstlerin<br />
Ilona Németh. In ihrem Zukunftsgarten auf dem Wasser<br />
wachsen Pflanzen, die die Erde von Giften reinigen können,<br />
und solche, die sich bereits an den Klimawandel<br />
angepasst haben. Wenige Meter weiter setzt sich die<br />
taiwanesische Künstlerin Chang En-Man mit Riesenschnecken<br />
auseinander. Die bis zu 30 Zentimeter großen<br />
Kriechtiere kamen während der japanischen Besetzung<br />
Taiwans ins Land. Sie richteten immensen Schaden an,<br />
veränderten das Leben des indigenen Volkes Paiwan,<br />
von der die Künstlerin mütterlicherseits abstammt – jedoch<br />
nicht nur zum Schlechten, sondern sie wurden<br />
auch zu einer kulinarischen Bereicherung.<br />
WENIGE SCHRITTE WEITER schiebt sich bildmächtig die<br />
oft aufgeblendete Seite des Recyclings in den Weg: Vor<br />
der barocken Orangerie hat die Gruppe The Nest Collective<br />
aus Nairobi aus Altstoffen und Elektroschrott<br />
begehbare Kuben errichtet. Sie zeigen, was aus westlichen<br />
abgetragenen Modeartikeln wird: Sie landen in riesigen<br />
Mengen in Afrika, sorgen dort für ökologische<br />
Probleme. Aber auch für kulturelle: Wie fühlt es sich an,<br />
stets abgelegte Kleidung anderer zu tragen, weil sie so<br />
billig sind? Neben solche Fragen treten politische wie<br />
die des Künstlerkollektivs Instituto de Artivismo Hannah<br />
Arendt, das sich seit 2015 für Redefreiheit und Bürgerrechte<br />
nicht nur in Kuba einsetzt und in der documenta-Halle<br />
zu finden ist. Eins ihrer Werke formt aus<br />
scharfen Messern ein Herz. Viele solch prägender Eindrücke<br />
lassen sich auf der documenta fifteen finden.<br />
138 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
2 |<strong>2022</strong> 139
leben<br />
documenta fifteen in Göttingen<br />
– bis zum 25. September<br />
,printing futures‘<br />
Im Kern der aktuellen Ausstellung im Göttinger<br />
Kunsthaus stehen Kunstwerke aus und mit Papier.<br />
Ziel von ,printing futures‘ ist es – ähnlich wie in<br />
Kassel – künstlerische Prozesse gemeinsam zu<br />
erproben und nach außen zu tragen.<br />
www.kunsthaus-goettingen.de/printing-futures<br />
,saujana membumi‘<br />
In der Sonderausstellung ,saujana membumi‘ im<br />
Forum Wissen der Uni Göttingen erkunden Wissenschaft,<br />
Kunst und Gesellschaft gemeinsam neue Wege<br />
der Nachhaltigkeit. Die zentrale Frage: Wie können<br />
Umweltschutz, wirtschaftliche Erträge und Bedürfnisse<br />
der lokalen Bevölkerung so miteinander verbunden<br />
werden, dass sie Nachhaltigkeit fördern?<br />
www.forum-wissen.de/ausstellungen/sonderausstellungen<br />
Bei genauem Hinsehen sind dies bereits bekannte<br />
Themen der Kunstschau – Globalisierung, Umwelt verschmutzung<br />
oder Kolonialismus sind keineswegs neu.<br />
Auch Künstlerkollektiven räumte schon die documenta<br />
11 Platz ein. Der Unterschied zur gegenwärtigen<br />
Schau ist, dass es dieses Mal fast ausschließlich Kollektive<br />
sind, und europäische Künstler wenig vertreten sind.<br />
Und, dass alle sich dem Motto Lumbung verpflichten.<br />
IN DIESER KONZENTRATION kann die Chance eines<br />
roten Fadens liegen, aber auch die Gefahr, dass abweichende<br />
Positionen verschwinden. Es lohnt jedoch<br />
genauer hinzublicken, worüber in Sachen documenta<br />
debattiert wird. Oder noch diskutiert werden sollte: Wie<br />
viel Weltrettung ist der Kunst zuzumuten? Was ist mit<br />
Minderheitsmeinungen bei künstlerischen Kollektiven?<br />
Warum sind antisemitische Stereotype aus Europa selbst<br />
in Kulturen wie in Indonesien präsent? Über Fragen<br />
wie diese zu sprechen, könnte die documenta fifteen<br />
bereichern und Anstöße liefern für die Zukunft – eine<br />
documenta 16. ƒ<br />
Zur Geschichte der documenta<br />
Umweltschutz oder soziale Gerechtigkeit – die Themen<br />
der documenta fifteen sind auf der Kunstausstellung<br />
keine Neulinge. Schon 1972 stand ein Schild vor dem<br />
Museum Fridericianum mit „die Bäume, das Gras, die Insekten,<br />
Menschen“. Zehn Jahre später pflanzte an dieser Stelle<br />
Joseph Beuys eine seiner 7.000 Eichen. Alles hatte mit der<br />
ersten documenta 1955 im noch von Kriegsspuren gezeichneten<br />
Fridericianum begonnen – organisiert von Künstler<br />
Arnold Bode, der die Kunst der Moderne präsentieren<br />
wollte. Die documenta erfand sich mehrfach neu, wurde<br />
internationaler, erweiterte den Kunstbegriff – Protest und<br />
Unverständnis inbegriffen. Einige der Kunstwerke blieben<br />
in Kassel, manche in Erinnerung: So brachte Christo<br />
seinen 80 Meter langen Ballon im vierten Anlauf über der<br />
Karlsaue zum Stehen. Überraschen, unterhalten, zum<br />
Nachdenken anregen – all das will die documenta alle<br />
fünf Jahre bis heute. Mehr zur Geschichte unter:<br />
www.documenta-archiv.de<br />
140 2 |<strong>2022</strong>
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Sie gucken bestimmt eh nur auf die Bilder und vielleicht das Zitat.<br />
Wieso sind wir Menschen eigentlich so auf Bilder fixiert?<br />
Oliver Becker Geschäftsführer<br />
„Videos mit eindrücklichem<br />
Storytelling werden einfach<br />
gerne geschaut, sichern<br />
Aufmerksamkeit und überzeugen<br />
letztendlich Kunden.“<br />
Verstehen Sie uns nicht falsch: Natürlich<br />
kann auch das geschriebene Wort<br />
uns in seinen Bann ziehen. Mit Bildern<br />
machen wir es uns aber so viel leichter. Zwei<br />
Fotos auf dieser Doppelseite sind ein guter<br />
Anfang, aber warum nicht gleich 25 Bilder – in<br />
einer einzigen Sekunde? Zugegeben: Wir sind<br />
nicht gerade neutral. Wir lieben Film und können<br />
nicht anders, als uns diesen Einstieg als<br />
Bewegtbild vorzustellen.<br />
[SZENE 1: INTRO, LONGTAKE] Fabian, einer<br />
der Gründer von weTellmedia (sieht noch etwas<br />
mehr aus wie ein typischer Filmemacher<br />
als Mitgründer Olli) steht in unserem hippen<br />
Büro. Im Hintergrund steht viel zu viel Kamerakram.<br />
Das Licht fällt genau richtig in den<br />
Raum, und feiner Staub wabert darin. Irgendwo<br />
steht ein schickes Fahrrad – Retrostyle –<br />
und ein flimmernder Beamer wirft einen Film<br />
auf die Leinwand in der Ecke.<br />
Die Kamera gleitet langsam auf Fabian zu.<br />
Weitwinkelobjektiv, um den jungen Filmemacher<br />
mit Zopf und Schirmkappe als Teil der<br />
Szenerie zu zeigen und den Raum größer wirken<br />
zu lassen, als er wirklich ist.<br />
Eine zweite Person kommt auf Fabian zu<br />
und drückt ihm ein Stativ in die Hand. Aus<br />
dem Nichts reicht eine weitere Hand eine Kamera.<br />
Wir sind mittlerweile recht nah an Fabian<br />
und blicken ihm direkt in die Augen.<br />
831 UNSERER KOSTBAREN 5.100 ZEICHEN,<br />
um das zu beschreiben. Im Video hätte das<br />
vier Sekunden gedauert. Und ich habe Ihnen<br />
noch nicht einmal wirklich zeigen können, wie<br />
Fabian genau aussieht, wie er Sie anblickt. Sie<br />
können noch gar nicht einschätzen, ob er Ihnen<br />
nun sympathisch ist oder nicht.<br />
SEHEN SIE? Film transportiert so viele Informationen<br />
in kürzester Zeit. Fabian steht einfach<br />
da im Büro – macht gar nicht viel –, aber<br />
Ihr Blick wandert direkt umher, während Sie<br />
die ersten Sekunden des Videos sehen. Ohne,<br />
dass es Ihnen jemand erzählt, erkennen Sie,<br />
dass es sich um das Büro einer Videoagentur<br />
handelt, da Kameras sowie Lichter im Hintergrund<br />
liegen und der Beamer läuft. Zugegeben:<br />
Das hätte man auch in einem Satz<br />
schreiben können. Sie entdecken aber auch<br />
vermeintlich zufällig verteilte kleine Details<br />
(hatten wir natürlich bewusst positioniert).<br />
AN DER WAND hängen fein säuberlich sortierte<br />
Sticky Notes – in dieser Agentur scheint<br />
sorgfältige Drehplanung großgeschrieben zu<br />
werden. Die Möbel passen nicht perfekt zusammen<br />
– bisschen unprofessionell vielleicht,<br />
aber irgendwie auch ganz sympathisch. In der<br />
Mitte des Raumes steht ein großes Sofa mit<br />
Laptop darauf – ist das diese New Work? Und<br />
natürlich das Fahrrad – sieht so richtig nach<br />
Start-up aus, wenn der dreckige Drahtesel mit<br />
ins Büro darf. Nicht zuletzt Fabians Schirmmütze<br />
– so richtig alternativ und kreativ sieht<br />
der gleich aus.<br />
DA IST ALSO DIE FÜLLE DER INFOS auf<br />
der einen Seite, aber auf der anderen Seite<br />
ist etwas noch viel Wichtigeres. Film ermöglicht,<br />
was Texte gar nicht leisten können: Sie
PROFIL<br />
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FOTO: LUKAS CAMPEN<br />
lesen Gestik und Mimik und können sich den<br />
berühmten ersten Eindruck verschaffen. Am<br />
Anfang wirkt Fabians Lächeln noch etwas unsicher.<br />
Vermutlich ist er auch nervös vor der<br />
Kamera. Kaum hat er die Kamera in der Hand,<br />
wird er aber sicherer. Dieser Mann scheint<br />
plötzlich einfach in seinem Element. Die Kamera<br />
fasst er an, als wäre jeder Handgriff mit<br />
dem Arbeitsgerät tausendmal geübt. Ob sie<br />
wollen oder nicht: An dieser Stelle wissen Sie<br />
eigentlich schon, ob Sie mit weTellmedia gut<br />
zusammenarbeiten könnten oder nicht. Alle<br />
Fakten sind nur Beiwerk.<br />
HOFFENTLICH BEHALTEN SIE DIESEN<br />
TEXT lange im Kopf. Statistisch gesehen sind<br />
unsere Chancen aber eher schlecht. Visuelle<br />
Informationen können Menschen einfach so<br />
viel besser in der Erinnerung behalten – ungefähr<br />
viermal so gut, schätzt man. Reißen<br />
Sie sich also bitte nochmal zusammen und lesen<br />
Sie die letzten paar Zeilen dieses Artikels<br />
trotzdem aufmerksam.<br />
DAS FORMAT VIDEO kann Ihnen unvergleichlich<br />
viel Aufmerksamkeit verschaffen<br />
und Ihre Nachricht oder Ihre Marke tief in<br />
den Köpfen potenzieller Kund*innen verankern.<br />
Alles, was Sie dafür unbedingt brauchen,<br />
haben Sie in der Hosentasche. Jedes neuere<br />
Smartphone kann fantastische Videos aufnehmen<br />
– technisch gesehen.<br />
VIDEOERSTELLUNG IST ZIEMLICH KOM-<br />
PLEX, und echte Experten können das volle<br />
Potenzial ausschöpfen. Bei weTellmedia fängt<br />
diese Expertise weit vor dem Drücken des Auslösers<br />
an. Als preisgekrönte Dokumentarfilmer<br />
nehmen wir die Fakten, die Sie präsentieren<br />
möchten, und verpacken sie in eine Geschichte.<br />
Dokumentarisch zu erzählen, verleiht dem,<br />
was sie sagen, echte Glaubwürdigkeit.<br />
NATÜRLICH HABEN WIR AUCH sündhaft teure<br />
Kameras und verbringen ganz nerdig viele<br />
Nächte im Keller mit dem Schnitt von Videos.<br />
Alles, damit Sie sich sicher sein können, mit<br />
einem Recruiting-Video perfekte Angestellte zu<br />
finden, mit einer Customer Journey Kund*innen<br />
davon zu überzeugen, dass Sie genau der Richtige<br />
sind, oder mit einer Brand-Awareness-Kampagne<br />
Ihre Marke nachhaltig zu stärken.<br />
DIESER TYP (ODER NATÜRLICH AUCH DIESE<br />
FRAU) IM INTRO, DAS KÖNNTEN SIE SEIN.<br />
Das könnte einer Ihrer charismatischsten<br />
Mitarbeiter sein oder ein Kunde, der von Ihrer<br />
Arbeit begeistert ist. Wenden Sie sich an uns,<br />
und wir entwerfen gemeinsam Ihre ganz eigene<br />
Introszene.<br />
Stets fokussiert Fabian Fess – Geschäftsführer<br />
von weTellmedia – hat den Fokus der Kamera fest<br />
im Blick, um jedes Bild stilvoll zu komponieren.<br />
weTellmedia<br />
KONTAKT<br />
weTellmedia<br />
(Oliver Becker & Fabian Fess GbR)<br />
Schillerstraße 14<br />
37083 Göttingen<br />
Tel. 0177 873 47 65<br />
info@wetellmedia.de<br />
www.wetellmedia.de
leben<br />
Ein weißer<br />
Traum aus<br />
Müll<br />
Mit ihrem einzigartigen Konzept<br />
von fairer Hochzeitsmode sorgt Julia Schwarz<br />
in ihrer ,Boutique LIEBE‘ auf Burg Scharfenstein<br />
für nachhaltige Momente – und schafft es<br />
damit in ein beliebtes TV-Format.<br />
TEXT RUPERT FABIG FOTOGRAFIE LUCA GORJUP<br />
144 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
2 |<strong>2022</strong> 145
leben<br />
LESEZEIT: 6 MINUTEN<br />
A<br />
n der Wand des großen, lichtdurchfluteten<br />
Saals auf der Burg Scharfenstein<br />
oberhalb von Beuren im tiefsten Eichsfeld<br />
hängt ein Bild, das optisch so gar<br />
nicht in das Ambiente aus Romantik,<br />
Mittelalter und Gefühlswelt passt. Es<br />
ist ein Selbstporträt von Udo Lindenberg, unterzeichnet<br />
vom Panikrocker selbst mit seinem markanten ,Ich<br />
mach’ mein Ding‘. Inhaltlich wiederum trifft es voll ins<br />
Schwarze. Denn diejenige, bei der es nur ums Weiße geht,<br />
macht genau das: ihr Ding.<br />
JULIA SCHWARZ IST HEUTE EIN UNIKAT in der Modebranche.<br />
Speziell: in der Hochzeitsmodenbranche, in der<br />
sie seit 2017 tätig ist. Denn in ihrer ,Boutique LIEBE‘<br />
verkauft sie ausschließlich nachhaltige Bekleidung für<br />
den womöglich schönsten Tag im Leben. Ein Konzept,<br />
das so in Deutschland bislang einzigartig ist.<br />
Es war ein Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit im<br />
Privatleben, der die Katlenburgerin vor zwei Jahren zu<br />
diesem entscheidenden Punkt brachte. „Ich war da lange<br />
genug im Geschäft, um beurteilen zu können, dass ich<br />
mich mit der Art und Weise nicht identifizieren kann,<br />
wie dort gearbeitet wird“, erzählt Schwarz voller Überzeugung.<br />
„Es lässt sich mit meinen Werten nicht vereinbaren,<br />
wie konventionelle Brautmode produziert, verarbeitet<br />
und vertrieben wird.“<br />
Und so entschloss sich Schwarz, die zuvor bereits ein<br />
Architekturstudium in Kassel sowie eine Lehre zur Bankkauffrau<br />
in Osterode absolviert hatte, zu dem mutigen<br />
Schritt in die Selbstständigkeit. Ihr verwegener Plan: das<br />
Handwerk vor Ort zu stärken, indem sämt liche, aber<br />
auch wirklich sämtliche Kleidung lokal hergestellt wird.<br />
Und Material zu beschaffen, das zu 100 Prozent organisch<br />
und mitunter sogar recycelt ist – selbst die Bügel<br />
sind aus gepresstem Gras mit wiederverwer tetem Kunststoff.<br />
Um ihre Kunden zu binden, setzte die Unternehmerin<br />
zudem auf persönliche Nähe.<br />
ES IST IM ÜBRIGEN IHR MANN, der, so klischeehaft und<br />
kitschig das klingen mag, für das wohlige Gefühl sorgt,<br />
in der LIEBE das zu finden, was außen draufsteht. Die<br />
beiden 33-Jährigen sind seit 20 Jahren ein Paar, seit zwei<br />
Jahren verheiratet. Und wenngleich Matthias Schwarz betont,<br />
mit der Boutique nichts zu tun zu haben, und diese<br />
ausschließlich in den Händen seiner „wunderbaren<br />
Frau“ liege, ist er häufig zugegen. Und dann strahlt er,<br />
wenn seine Julia von der Verwirklichung ihres Traums<br />
spricht, herzt sie voller Zärtlichkeit. Ohne jegliche Ironie:<br />
Die beiden beweisen jedem Brautpaar in spe, dass<br />
wahre Liebe nicht illusorisch ist.<br />
GENUG GESCHMACHTET, LIEBER GEWERKELT. Denn<br />
eben dies stand bald auf dem Plan, nachdem das Ehepaar<br />
sich damals auf der Panorama-Terrasse der Burg<br />
Scharfenstein das Ja-Wort gab. Dort fanden sie heraus,<br />
dass die Räumlichkeiten in den alten Gemäuern, in der<br />
sich die LIEBE heute befindet, bis dato weitgehend ungenutzt<br />
waren. Schnell war die Idee geboren.<br />
Zusammen mit den inzwischen befreundeten Hoteliers<br />
Martin Henning und Lisa Bonda, die das Burghotel seit<br />
2019 führen, sowie tatkräftiger Unterstützung von Familie<br />
und Freunden machten sich die Frischvermählten<br />
sogleich an die Arbeit, um das Hochzeitsatelier weitgehend<br />
in Eigenregie herzurichten.<br />
Bereits wenige Wochen später, im Oktober 2020, eröffnete<br />
Julia Schwarz ihre Traumfabrik. Fast so schnell,<br />
wie ihre Kleider hergestellt werden. Da ausschließlich in<br />
Deutschland produziert wird, dauert es nur gut acht Wochen,<br />
bis die Braut in ihrem Kleid steckt. Die konventionelle<br />
Industrie benötigt sechs bis zwölf Monate dafür.<br />
Nichts wird auf Vorrat geschneidert, jedes Werk ist ein<br />
Einzelstück, bei dem die Maße berücksichtigt werden.<br />
Die Wiedertragbarkeit der Hochzeitsmode ist der Gründerin<br />
eine Herzensangelegenheit. „Die schönen Stücke<br />
sind einfach zu schade, um sie nach dem großen Tag im<br />
Schrank verstauben zu lassen“, sagt Schwarz mit Nach-<br />
146 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
In der Traumfabrik Die ausschließlich nachhaltig produzierten Hochzeitskleider der Boutique LIEBE finden in den<br />
alten Gemäuern auf Burg Scharfenstein ein edles und angemessenes Ambiente.<br />
druck. „Darum stehe ich auch gern noch nach der Hochzeit<br />
mit Rat und Tat zur Seite, wie Braut und Bräutigam<br />
ihre Outfits alltagstauglich machen können.“ Die Kleider<br />
könnten beispielsweise als Zweiteiler zu anderen Anlässen<br />
weitergetragen werden.<br />
DIE KREATIONEN sind so attraktiv wie ausgefallen. Da<br />
wäre ein Rock, der aus recycelten PET-Flaschen und zertifizierter<br />
Baumwolle gefertigt ist. Oder Stoffe, die aus einem<br />
Garn sind, das wiederum aus Müll besteht, der aus<br />
dem Meer gefischt wurde. „Ein besonders schönes Kleid<br />
war in seinem früheren Leben drei Kilo Meeresmüll“, erzählt<br />
Schwarz, die eng mit einer Schneiderin aus Hannover<br />
zusammenarbeitet. Was die Kosten betrifft, räumt die<br />
Chefin zudem einen Mythos beiseite. „Dass nachhaltige,<br />
in Deutschland hergestellte Mode teurer ist, stimmt<br />
schlicht nicht.“ 1.400 bis 1.800 Euro kostet im Schnitt<br />
ein Kleid in der LIEBE, 1.500 bis 1.700 Euro anderswo.<br />
Dabei verkommt der Kauf keineswegs zur One-Woman-<br />
Show. Der Bräutigam kann sich in die nachhaltige Linie<br />
des Herrenausstatters Wilvorst hüllen, die bis zum vergangenen<br />
Jahr noch in Northeim produziert wurde.<br />
Mittlerweile befindet sich die Fabrik in Bulgarien.<br />
Schwarz hat sich vor Ort darüber informiert, dass auch<br />
dort nach vertretbaren Richtlinien gefertigt wird. Noch<br />
viel spannender für den künftigen Ringträger dürften allerdings<br />
die Accessoires sein, die auf der Burg präsentiert<br />
werden. Und wen wundert es, dass auch hier die Wege<br />
wieder kurz sind?<br />
AUS ALTEN WHISKEY-FÄSSERN, in denen der edle, auf<br />
dem Scharfenstein gebrannte ,Nine Springs‘-Tropfen<br />
lagerte, werden in Scharzfeld im Harz Ketten, Fliegen,<br />
Manschettenknöpfe und Gürtel gemacht. Wer auf dem<br />
Scharfenstein heiratet – und das machen viele der Kunden<br />
–, kann dies also mit einem eigenen Stück Burg tun.<br />
Sich für die Hochzeit einzudecken, ist bei Schwarz ein<br />
echtes Happening. Zum Termin wird die Tür verschlossen,<br />
einzig die Liebsten dürfen anwesend sein. Mit einer<br />
Ausnahme: Denn, wenn wir schon bei den kurzen Wegen<br />
sind, das Restaurant des Burghotels bringt auf Wunsch<br />
Canapés für ein Picknick vorbei. Der nette Vorteil für die<br />
Kunden, die aus ganz Deutschland kommen, liegt darin,<br />
dass sie gleich das ganze Wochenende auf der idyllischen<br />
Burg verbringen können. Und auch dem Alter sind keine<br />
Grenzen gesetzt. „Kürzlich hatte ich eine 75-jährige<br />
Dame zu Besuch, die sich zur Goldenen Hochzeit einkleiden<br />
wollte“, erzählt die Geschäftsfrau und lächelt<br />
versonnen. „Das war sehr rührend.“<br />
Nach erfolgreichem Abschluss endet der Tag in der<br />
Boutique LIEBE dann stets mit einem Glas Champagner<br />
und atmosphärischer Musik. Auf Wunsch sicher auch<br />
von Udo Lindenberg.<br />
Der spezielle Ansatz von Julia Schwarz ist übrigens<br />
schon längst kein Geheimtipp mehr – inzwischen ist sie<br />
auch einem breiteren Publikum bekannt: Die VOX-Serie<br />
,Zwischen Tüll und Tränen‘ hat sie bereits in mehreren<br />
Folgen bei ihrer einfühlsamen Arbeit begleitet – zu sehen<br />
beim Streaming dienst von RTL+ Premium. ƒ<br />
Mehr über die Burg Scharfenstein und das Burghotel<br />
lesen Sie in unserem Beitrag ,Ein Hauch von Schicksal‘<br />
unter: www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<br />
ein-hauch-von-schicksal-auf-der-burg-scharfenstein<br />
2 |<strong>2022</strong> 147
leben<br />
Auf dem<br />
148 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
Merle Homeier von der LG Göttingen zählt zu<br />
den besten Weitspringerinnen Deutschlands.<br />
Das wissen alle. Nur sie selbst manchmal<br />
noch nicht. Über eine, die dabei ist, den Glauben<br />
an sich selbst zu entwickeln<br />
TEXT RUPERT FABIG<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 4 MINUTEN<br />
In ihrem Element fühlt sich Merle Homeier überhaupt<br />
nicht wohl. „Es nervt wirklich, das Zeug<br />
andauernd in den Schuhen zu haben. Selbst am<br />
Strand laufe ich mittlerweile nur noch mit spitzen<br />
Füßen herum.“ Verdammter Sand! Und was soll<br />
die Mama erst sagen? „Damit habe ich früher immer<br />
das Parkett zerkratzt.“ Es ist eben nicht immer alles<br />
einfach im Leben einer Weitspringerin. Da muss schon alles<br />
zusammenkommen: Anlauf, Timing, Absprung, Schnelligkeit,<br />
Sprungkraft. Und der Kopf. Noch dazu, wenn<br />
man sich – wie Homeier – als „Kopf athletin“ bezeichnet.<br />
Was auch wieder seine Schwierigkeiten mit sich bringt.<br />
Sprung<br />
DENN, WENN MAN DIE LEICHTATHLETIN der LG Göttingen<br />
von ihrer Passion sprechen hört, liegt die Vermutung<br />
nahe, sie sei allenfalls eine durchschnittliche Weit springerin.<br />
Die nächste anstehende Schwelle? 6,79 Meter, die Qualifikationsnorm<br />
für die Heim-Europameisterschaft Mitte<br />
August in München. „Wenn alles passt, könnte ich die<br />
eventuell schaffen“, sagt die 22-Jährige bescheiden – was<br />
jedoch ein ziemlicher Unfug ist. Denn Homeier ist bei<br />
Weitem keine durchschnitt liche Athletin, sondern eine der<br />
besten Deutschlands.<br />
Genau genommen: die zweitbeste. Unter Beweis gestellt<br />
bei der Deutschen Hallenmeisterschaft im Februar<br />
in Leipzig, mit 6,66 Metern. Lediglich die derzeit schier<br />
unbezwingbare Olympiasiegerin Malaika Mihambo war<br />
besser. Bedenkt man nun, dass die persönliche Freiluftbestweite<br />
von Homeier bei 6,69 Metern, aufgestellt bei<br />
der U-23-EM im vergangenen Jahr, liegt und angesichts<br />
ihres zarten Alters eine Progression der Leistung zu erwarten<br />
ist, sollte auch die nächste Schwelle keine allzu<br />
große Hürde darstellen.<br />
2 |<strong>2022</strong> 149
leben<br />
ZUR PERSON<br />
Merle Homeier ist aktuell eine der talentiertesten<br />
deutschen Weitspringerinnen. Im Februar dieses<br />
Jahres war bei der Deutschen Hallenmeisterschaft<br />
lediglich Superstar Malaika Mihambo zu stark für die<br />
22-Jährige, die für die Leichtathletikgemeinschaft<br />
Göttingen startet. Nicht die erste Silbermedaille der<br />
gebürtigen Bückeburgerin, die derzeit Allgemeine<br />
Verwaltung am Niedersächsischen Studieninstitut für<br />
kommunale Bildung studiert. Bereits ihr bislang<br />
größter Erfolg, Platz zwei bei der U-23-Europameisterschaft,<br />
wurde versilbert. Ihr nächstes großes Ziel:<br />
die Olympischen Spiele 2024 in Paris.<br />
150 2 |<strong>2022</strong>
leben<br />
„Ich neige dazu, mich etwas zu unterschätzen, und mache<br />
mir zu sehr einen Kopf, obwohl ich weiß, was ich<br />
kann“, sagt die gebürtige Bückeburgerin. Doch bislang<br />
ist sie gut damit gefahren. Neben Silber in Leipzig nennt<br />
sie auch die U-18- und U-20-Meistertitel die ihren sowie<br />
Silber bei der U-23-EM in Tallinn. „Das war bislang der<br />
beste Moment meiner Karriere: international etwas zu<br />
gewinnen“, erzählt Homeier. Und einmal Blut an kontinentalen<br />
Wettkämpfen geleckt, gibt sie in einem Anflug<br />
von Selbstbewusstsein preis: „Paris ist das Ziel.“<br />
PARIS, AUSTRAGUNGSORT DER OLYMPISCHEN SPIELE<br />
2024. Dem ordnet die 1,81 Meter große Leistungssportlerin<br />
alles unter. Alles? „Der Sport hat schon einen ziemlich<br />
hohen Stellenwert. Steht mindestens auf einem Level<br />
mit meinem Studium, da ich weiß, dass meine Karriere<br />
begrenzt ist. Um zu arbeiten, habe ich dagegen Zeit, bis<br />
ich 65 bin.“ Es ist eine entbehrungsreiche Zeit, die die<br />
Studentin dafür in Kauf nimmt. Über ihr Studium der<br />
Allgemeinen Verwaltung am Niedersächsischen Studieninstitut<br />
für kommunale Bildung, das sie auf eine Laufbahn<br />
in kommunalen Behörden und Unternehmen vorbereiten<br />
soll, sagt Homeier lachend: „Dafür muss ich<br />
mir definitiv noch einen cooleren Namen ausdenken. Er<br />
ist nicht so trocken, wie es sich anhört.“<br />
Sechs Trainingseinheiten pro Woche in der Aufbauphase,<br />
zwei täglich während der Trainingslager. Dazu oft monotones<br />
Krafttraining und Laufeinheiten. Ein Eis an einem<br />
heißen <strong>Sommer</strong>tag? Träum weiter. Das Leben einer<br />
Weitspringerin ist, wie gesagt, nicht immer ein einfaches.<br />
UND ALLE STRAPAZEN IN DER HOFFNUNG auf Medaillen<br />
und im Vertrauen in Frank Reinhardt – ihren erfahrenen<br />
Trainer von der LG Göttingen, der seinen<br />
Schützling dreimal wöchentlich in Hannover besucht,<br />
um intensives Techniktraining durchzuführen. Der Umstieg<br />
vom Hang- in den Laufsprung steht gerade auf<br />
dem Plan. „Die ganze Weltelite springt diesen Stil, also<br />
muss ich mich umstellen.“ Im Training funktioniert es<br />
schon ganz gut, im Wettkampf will es noch nicht so<br />
recht klappen. „Ich denke da an so viele Sachen, da habe<br />
ich kaum Konzentration für die Technik. Es muss irgendwann<br />
einfach in Fleisch und Blut übergegangen<br />
sein.“ Die Kopfathletin eben.<br />
Die Methoden von Reinhardt hinterfragt sie nicht.<br />
Sein Erfolg spricht für sich, hat er doch bereits mehrere<br />
Topathleten herausgebracht wie unter anderem die erfolgreiche<br />
Göttinger Dreispringerin Neele Eckhardt-<br />
Noack. Er ist auch der Grund, weswegen die Studentin<br />
bei der LG Göttingen gemeldet ist, obwohl sie in Hannover<br />
lebt. „Und seine entspannte Art ist sehr viel wert“,<br />
sagt Homeier. „Ich bin immer so aufgeregt, da ist eine<br />
ruhige Seele an meiner Seite wichtig.“<br />
»Ich neige dazu, mich etwas zu<br />
unterschätzen, und mache mir zu sehr<br />
einen Kopf, obwohl ich weiß,<br />
was ich kann.«<br />
DIE GUTE SEELE WIEDERUM, die sie zur Leichtathletik<br />
verführt hat, war ihre Mutter, die früher die gleiche<br />
Sportart, wenngleich auf deutlich niedrigerem Niveau,<br />
ausgeübt hat. Und die gemeinsam mit ihrem Vater die<br />
Konstante im Sportlerleben von Homeier ist. „Meine Eltern<br />
sind bei fast jedem Wettkampf dabei. Daher wäre<br />
Paris auch so nett, weil es für Familie und Freunde vergleichsweise<br />
naheliegend ist.“<br />
Doch bis dahin sind drei Saisons zu absolvieren.<br />
Kräftezehrende, entbehrungsreiche, ab und an von Enttäuschungen<br />
begleitete Saisons. Die Vergütung ist auch<br />
überschaubar. Sponsoringverträge? Homeier muss lachen.<br />
Adidas stellt ihr die Kleidung, ihr Studium wird<br />
bezahlt, bei einigen Meetings gibt es solide Antrittsgagen,<br />
und sie kann kostenlos in einer Sportler-WG im<br />
Gebäude direkt neben ihrer Trainingsstätte, dem Erika-<br />
Fisch-Stadion, wohnen. Aber darüber hinaus? „Ich habe<br />
mir eben selbst ausgesucht, nicht Fußball zu spielen“,<br />
sagt sie.<br />
DOCH ALL DIE ANSTRENGUNGEN sind es wert. „Durch<br />
meinen Sport habe ich Erfahrungen gesammelt, die mir<br />
sonst verwehrt geblieben wären. Allein, wie viele Länder<br />
ich bereits kennengelernt habe“, erzählt die Studentin.<br />
Fast ihr kompletter Freundeskreis komme aus der<br />
Leichtathletik. Dazu habe sich ihr Selbstvertrauen enorm<br />
entwickelt. „Früher war ich sehr schüchtern. Der Mix<br />
aus all dessen ist viel bedeutender als jede Party, die ich<br />
deswegen verpasse.“<br />
Zunächst einmal möchte Homeier aber auf den Partys<br />
tanzen, deren Parkett ihr die Welt bedeutet: die Tartanbahn.<br />
Für den ganz weiten Sprung fehle ihr das nötige<br />
Selbstvertrauen, der Glaube an die Trainingsergebnisse,<br />
und die – Achtung, schönes Wort – Brettsicherheit. Doch<br />
dann, sagt sie ganz selbstbewusst, sei der Durchbruch in<br />
die Weltspitze nicht unrealistisch. Da sollte der Sand<br />
doch der geringste Gegner sein. ƒ<br />
2 |<strong>2022</strong> 151
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Marco Böhme (V.i.S.d.P.)<br />
(boehme@<strong>faktor</strong>-magazin.de)<br />
Chefredaktion<br />
Elena Schrader<br />
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Autoren<br />
Rupert Fabig, Sven Grünewald, Tobias Kintzel,<br />
Lea Montag, Margareta Vogel, Christian Vogelbein,<br />
Stefanie Waske,<br />
Art-Direktion & Layout<br />
Julia Braun<br />
Fotografie<br />
Alciro Theodoro da Silva, Marco Bühl,<br />
Luka Gorjup<br />
Lektorat<br />
CoLibris - Lektoratsbüro<br />
Dr. Barbara Welzel<br />
Anzeigen<br />
Akis Parasidis, Nicole Benseler,<br />
Alexander Schneider (Leitung Digitalvertrieb)<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Marco Böhme<br />
Auflage<br />
11.000<br />
Druckerei<br />
Silber Druck oHG, Kassel<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss der nächsten Ausgabe<br />
ist der 15. August <strong>2022</strong>.<br />
Wenn Sie den <strong>faktor</strong> zukünftig nicht mehr kostenfrei erhalten<br />
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Redaktionsbeirat<br />
Dr. Friedemann Baum, Prof. Dr. Uwe Fischer, Rainer Giese,<br />
Fritz Güntzler, Ines Dietze, Dr. Klaus Heinemann,<br />
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Claudia Trepte, Dr. Marko Weinrich, Prof. Dr. Winfried Weber,<br />
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