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VdK-Zeitung - Ausgabe Juli/August

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6 <strong>Zeitung</strong> <strong>Juli</strong>/<strong>August</strong> 2022 Pflege<br />

Es muss nicht immer der Pflegedienst sein<br />

Wer keine Pflege, sondern nur Unterstützung im Alltag braucht, kann auch Alltagsbegleiter oder Betreuungsdienste beauftragen<br />

Pflegebedürftige haben nicht nur<br />

Anspruch auf Pflegeleistungen,<br />

sondern auch auf Unterstützung im<br />

Alltag. Seit 2019 dürfen neben ambulanten<br />

Pflegediensten auch<br />

Betreuungsdienste und Alltagsbegleiterinnen<br />

und -begleiter diese<br />

Leistungen mit den Pflegekassen<br />

abrechnen. Sie sind meist wesentlich<br />

günstiger und bieten beispielsweise<br />

an, jemanden zu einer<br />

Behörde zu begleiten, ihr oder ihm<br />

beim Ausfüllen von Anträgen zu<br />

helfen oder Gesellschaft zu leisten.<br />

Betreuungsdienste sind ambulante<br />

Dienstleistungsunternehmen,<br />

die Pflegebedürftige im Haushalt<br />

sowie im täglichen Leben unterstützen.<br />

Um von den Pflegekassen<br />

anerkannt zu werden, ist es notwendig,<br />

dass sie von einer Fachkraft<br />

geleitet werden oder mit einer<br />

solchen kooperieren. Diese muss,<br />

ebenso wie die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, nicht aus der Pflege<br />

sein. Alltagsbegleiterinnen und<br />

-begleiter sowie Betreuungsassistentinnen<br />

und -assistenten betreuen<br />

Pflegebedürftige als Einzelpersonen<br />

und können ebenfalls mit<br />

den Kassen abrechnen.<br />

Ziel der Alltagsbegleitung ist es,<br />

die Betroffenen so zu unterstützen,<br />

dass sie weitestgehend unabhängig<br />

in ihrem Zuhause wohnen und am<br />

gesellschaftlichen Leben teilhaben<br />

können. Die Betreuerinnen und<br />

Betreuer helfen Pflegebedürftigen<br />

beispielsweise beim Kochen, Einkaufen<br />

oder Putzen, aber auch<br />

dabei, ihre behördlichen und finanziellen<br />

Angelegenheiten zu<br />

regeln.<br />

In einigen Regionen Deutschlands<br />

sind Betreuungsdienste vielleicht<br />

nicht verfügbar. Im <strong>August</strong><br />

2020 verzeichnete das Bundesgesundheitsministerium<br />

46 zugelassene<br />

Anbieter, weitere 70 warteten<br />

auf ihre Zulassung. Ob es einen<br />

Betreuungsdienst vor Ort gibt,<br />

erfahren Interessierte in den Pflegestützpunkten<br />

sowie im Internet,<br />

etwa über den „Pflegelotsen“ der<br />

Pflegeversicherung.<br />

„Viele Menschen kennen diese<br />

Angebote noch nicht oder wissen<br />

nicht, was ihnen zusteht“, sagt<br />

Stefan Heyde aus Nieder-Olm. Der<br />

gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger<br />

bietet derzeit als Einzelperson<br />

eine Alltagsbegleitung und<br />

Betreuung insbesondere für Parkin<br />

son patienten und Demenzkranke<br />

an und wartet darauf, dass<br />

er diese erweitern kann. Dann will<br />

er Fachkräfte einstellen, denn die<br />

Nachfrage steigt.<br />

Zu Beginn einer Betreuung bietet<br />

er ein Erstgespräch an, um sich<br />

kennenzulernen und den Betreuungsbedarf<br />

zu erfahren. Vier bis<br />

acht Wochen dauere es, bis sich die<br />

oder der Pflegebedürftige an die<br />

neue Person gewöhnt hat, sagt er.<br />

„Vertrauen ist wichtig, vor allem im<br />

Umgang mit Demenzkranken“,<br />

betont Heyde.<br />

Im Schnitt kostet eine Stunde<br />

Betreuung etwa 24 Euro für haushaltsnahe<br />

Dienstleistungen und 34<br />

Euro für Betreuung und Begleitung.<br />

Vorsicht ist geboten, wenn<br />

Die meisten Älteren wollen selbstständig leben und brauchen nur kleine<br />

Hilfen, etwa beim Einkaufen. <br />

Foto: imago images/Michael Gstettenbauer<br />

Anbieter ihre Preise nicht offenlegen,<br />

denn manche Dienstleister<br />

verlangen einen weitaus höheren<br />

Stundensatz. Hinzu kommen die<br />

Fahrtkosten, die das oft knappe<br />

Budget zusätzlich schmälern.<br />

Wer etwa Pflegegrad 1 hat, kann<br />

lediglich den Entlastungsbetrag in<br />

Höhe von 125 Euro dafür in Anspruch<br />

nehmen. Damit lassen sich<br />

monatlich zwischen drei und vier<br />

Stunden Hilfe finanzieren. Braucht<br />

man mehr Unterstützung, muss<br />

man die Differenz aus eigener Tasche<br />

bezahlen.<br />

Die Leistungen des Betreuungsdiensts<br />

können aber auch über die<br />

Verhinderungspflege oder die Pflegesachleistung<br />

abgerechnet werden.<br />

Beides erhalten Pflegebedürftige<br />

erst ab Pflegegrad 2. Für Verhinderungspflege<br />

zahlt die<br />

Pflegekasse 1612 Euro pro Jahr. Die<br />

Pflegesachleistung kann bis zu<br />

40 Prozent auch für Betreuungsleistungen<br />

verwendet werden. Sie beträgt<br />

724 Euro bei Pflegegrad 2 und<br />

2095 Euro bei Pflegegrad 5. Wer<br />

zusätzlich Pflegegeld bezieht (Kombinationsleistung),<br />

muss warten, bis<br />

der ambulante Betreuungsdienst<br />

mit der Pflegekasse abgerechnet<br />

hat, und bekommt das Pflegegeld<br />

dann im Folgemonat überwiesen.<br />

<strong>VdK</strong> fordert Budget<br />

Das ginge sicher auch einfacher:<br />

Seit Jahren fordert der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong>, alle Entlastungsangebote<br />

wie Entlastungsbetrag, Verhinderungs-<br />

und Kurzzeitpflege zu<br />

einem gemeinsamen Budget zusammenzufassen.<br />

Damit würde<br />

das Abrechnungsverfahren vereinfacht,<br />

und Pflegebedürftige beziehungsweise<br />

deren Angehörige<br />

könnten unkompliziert und unbürokratisch<br />

die für sie passenden<br />

Leistungen auswählen.<br />

Ähnlich sieht das auch Heyde:<br />

„Es wäre viel einfacher, wenn es<br />

nur einen Topf gäbe und sich jeder<br />

die Hilfe so zusammenstellen<br />

könnte, wie sie benötigt wird.“<br />

Optimal wäre seiner Ansicht nach<br />

ein Jahresbudget, denn wenn pflegende<br />

Angehörige Urlaub machen,<br />

kommt es kurzfristig zu höheren<br />

Betreuungskosten, die in anderen<br />

Monaten wieder eingespart werden<br />

können. Annette Liebmann<br />

Pflegebett und Bettschutzeinlage<br />

Bei den Pflegehilfsmitteln gibt es Unterschiede<br />

Pflegehilfsmittel dienen dazu, die<br />

Beschwerden von Betroffenen zu<br />

lindern, ihnen ein eigenständiges<br />

Leben zu ermöglichen und die<br />

Pflege zu erleichtern. Unterschieden<br />

wird in technische Pflegehilfsmittel<br />

und Pflegehilfsmittel zum<br />

Verbrauch.<br />

Hausnotruf systeme, höhenverstellbare<br />

Pflegebetten, mobile Patientenlifter<br />

oder Sitzhilfen zählen<br />

zu den technischen Pflegehilfsmitteln.<br />

Diese werden meist leihweise<br />

zur Verfügung gestellt und sind<br />

nicht zu verwechseln mit fest eingebauten<br />

Geräten, die als Maßnahmen<br />

zur Wohnraumanpassung<br />

gelten. Zum Verbrauch bestimmte<br />

Pflegehilfsmittel sind beispielsweise<br />

saugfähige Bettschutzeinlagen,<br />

Fingerlinge und Einmalhandschuhe,<br />

Mundschutz, Desinfektionsmittel<br />

sowie Schutzschürzen und<br />

Einmallätzchen. Kostenträgerin ist<br />

die Pflegekasse. Bei ihr müssen<br />

alle Pflegehilfsmittel im Vorfeld<br />

beantragt werden.<br />

Ab Pflegegrad 1<br />

Anspruch auf Pflegehilfsmittel<br />

haben alle Menschen, die einen<br />

Pflegegrad haben und sich selbst<br />

versorgen oder ambulant gepflegt<br />

werden. Ein ärztliches Rezept ist<br />

nicht notwendig. Der Bedarf wird<br />

vom Medizinischen Dienst geprüft.<br />

Für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch<br />

stehen monatlich 40 Euro<br />

zur Verfügung. Pflegebedürftige<br />

haben die Möglichkeit, ein Abo<br />

beispielsweise bei einer Apotheke<br />

oder einem Lieferservice abzuschließen<br />

und sich die Ware nach<br />

Hause bringen zu lassen. Ein weiterer<br />

Vorteil ist, dass der Dienstleister<br />

direkt mit der Kasse abrechnet.<br />

Alternativ ist es möglich, die<br />

Pflegehilfsmittel zum Verbrauch<br />

selbst zu besorgen und die Rechnungen<br />

bei der Pflegekasse einzureichen.<br />

Allerdings erkennt nicht<br />

jede Kasse dieses Verfahren an.<br />

Die Zuzahlung bei den technischen<br />

Pflegehilfsmitteln beträgt<br />

zehn Prozent, maximal 25 Euro.<br />

Bei den zum Verbrauch bestimmten<br />

Pflegehilfsmitteln übernimmt<br />

die Pflegekasse maximal 40 Euro<br />

pro Monat. Um Härten zu vermeiden,<br />

werden Menschen mit geringem<br />

Einkommen teilweise oder<br />

ganz von Zuzahlungen befreit.<br />

Die Pflegekassen übernehmen<br />

nicht nur die Kosten für das Hilfsmittel,<br />

sondern auch für notwendige<br />

Änderungen, Instandsetzungen,<br />

Ersatzbeschaffungen sowie für die<br />

Einweisung in den Gebrauch. Auch<br />

hier gilt: Wer ein teureres Hilfsmittel<br />

wählt als von der Kasse vorgesehen,<br />

muss die Mehrkosten aus<br />

eigener Tasche bezahlen.<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> hilft<br />

seinen Mitgliedern gerne bei der<br />

Antragstellung für Hilfsmittel und<br />

Pflegehilfsmittel. Fragen Sie einfach<br />

in Ihrer nächstgelegenen<br />

<strong>VdK</strong>-Geschäftsstelle nach. ali<br />

Das Trinken<br />

nicht vergessen<br />

Wasser ist lebensnotwendig. Erwachsene<br />

sollten mindestens eineinhalb<br />

Liter pro Tag trinken, an<br />

heißen Tagen mehr. Doch ältere<br />

Menschen empfinden oft weniger<br />

Durst. Deshalb ist es als Pflegeperson<br />

wichtig, dafür zu sorgen,<br />

dass die oder der Pflegebedürftige<br />

genug Flüssigkeit zu sich nimmt.<br />

Nicht nur das mangelnde Durstempfinden,<br />

sondern auch entwässernde<br />

Medikamente oder Durchfall<br />

können zu einem Flüssigkeitsmangel<br />

führen. Dieser macht sich<br />

durch starke Müdigkeit, Schwindel,<br />

Schwäche, Kopfschmerzen,<br />

Verwirrtheit und Vergesslichkeit<br />

bemerkbar.<br />

Angehörige können Pflegebedürftige<br />

unterstützen, indem sie im Tagesverlauf<br />

verschiedene Getränke<br />

anbieten, etwa Wasser, Tees, Säfte<br />

oder Saftschorlen. Die oder der Pflegebedürftige<br />

sollte immer ein volles<br />

Trinkgefäß in Griffweite haben, das<br />

nach dem Austrinken wieder aufgefüllt<br />

wird. Auch Getränkeflaschen,<br />

die gut erreichbar aufgestellt werden,<br />

regen zu häufigerem Trinken<br />

an. Für Menschen mit motorischen<br />

Einschränkungen gibt es spezielle<br />

Becher, mit denen nichts verschüttet<br />

werden kann. Darüber hinaus können<br />

wasserreiche Lebensmittel wie<br />

Melone oder Gurke helfen, die benötigte<br />

Flüssigkeitsmenge zu erreichen.<br />

Bei Herz- oder Nierenerkrankungen<br />

sollte natürlich die ärztlich<br />

verordnete Flüssigkeitsmenge eingehalten<br />

werden.<br />

ali<br />

6 RHPfalz<br />

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