28.06.2022 Aufrufe

VdK-Zeitung - Ausgabe Juli/August

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4 <strong>Zeitung</strong> <strong>Juli</strong>/<strong>August</strong> 2022<br />

Politik<br />

Was Sie über die geplante Klage wissen sollten<br />

Der <strong>VdK</strong> will gegen die Ungleichbehandlung vieler Menschen bei der 300-Euro-Pauschale klagen<br />

Wer 2022 kein Einkommen aus Erwerbsarbeit<br />

hat, erhält keine Energiepreispauschale.<br />

Das will der <strong>VdK</strong><br />

juristisch anfechten (siehe Seite 1).<br />

Hier beantworten wir Fragen dazu:<br />

Kann ich mich der Sammelklage<br />

anschließen?<br />

Nein. Die Pauschale ist im Steuerentlastungsgesetz<br />

verankert. Im<br />

Steuerrecht gibt es jedoch keine<br />

Sammelklagen. Daher will der <strong>VdK</strong><br />

ein Musterstreitverfahren führen.<br />

Was ist ein Musterstreitverfahren?<br />

Das ist ein Verfahren, das der <strong>VdK</strong><br />

mit Musterklägerinnen und -klägern<br />

im Fall von ungeklärten juristischen<br />

Fragen führt, die eine<br />

Vielzahl unserer Mitglieder betreffen.<br />

Von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

können auch<br />

alle anderen bei ähnlich gelagerten<br />

Fällen profitieren.<br />

In diesem Fall ist nun die ungeklärte<br />

Rechtsfrage, ob es gegen den<br />

Gleichheitsgrundsatz (Art. 3, Abs. 1<br />

Grundgesetz) verstößt, wenn bestimmte<br />

Personengruppen von der<br />

Auszahlung der Energiepreispauschale<br />

ausgeschlossen sind. Da<br />

nur eine natürliche Person eine Verfassungsbeschwerde<br />

erheben kann,<br />

begleitet der <strong>VdK</strong> seine Musterklägerinnen<br />

und -kläger juristisch bis<br />

zum Bundesverfassungsgericht.<br />

Wer kommt als Musterklägerin und<br />

-kläger in Frage?<br />

Passende Klägerinnen und Kläger<br />

sind Rentnerinnen und Rentner,<br />

Der Weg zur 300-Euro-Pauschale ist für viele Rentnerinnen und Rentner eine Sackgasse – sie gehen leer aus.<br />

die weder auf Minijob-Basis arbeiten<br />

noch anderweitige Einkünfte<br />

haben. Auch Erwerbsminderungsrentnerinnen<br />

und -rentner kommen<br />

infrage, ebenso wie Menschen,<br />

die das gesamte Jahr 2022<br />

Kranken-, Übergangs- oder Elterngeld<br />

bezogen haben und deshalb<br />

keine 300 Euro Energiepreispauschale<br />

bekommen. Außerdem sind<br />

Menschen geeignet, die kein eigenes<br />

Einkommen beziehen, zum<br />

Beispiel als Hausfrau und Mutter<br />

oder pflegende Angehörige. Bitte<br />

beachten Sie: Das Pflegegeld zählt<br />

zum Einkommen des Pflegebedürftigen,<br />

auch wenn Sie es weitergereicht<br />

bekommen.<br />

Wie genau wird diese Klage ablaufen?<br />

Der <strong>VdK</strong> Deutschland muss zunächst<br />

ein behördliches Vorverfahren<br />

und die folgenden gerichtlichen<br />

Instanzen durchlaufen, um<br />

dann eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht<br />

einreichen<br />

zu können. Das heißt, Musterklägerinnen<br />

und -kläger müssen Einspruch<br />

gegen ihren Steuerbescheid<br />

des Jahres 2022 beim zuständigen<br />

Finanzamt einlegen mit der Begründung,<br />

dass ihnen keine 300<br />

Euro gewährt wurden. Das Finanzamt<br />

wird einen Einspruchsbescheid<br />

erteilen, gegen den dann<br />

der <strong>VdK</strong> vor dem Finanzgericht<br />

klagt. Wird diese Klage zurückgewiesen<br />

oder negativ entschieden,<br />

kann der <strong>VdK</strong> dagegen vor dem<br />

Bundesfinanzhof in Revision gehen.<br />

Wird auch dort die Klage abgewiesen<br />

oder negativ entschieden,<br />

kann der <strong>VdK</strong> dagegen Beschwerde<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht<br />

einreichen.<br />

Sucht der <strong>VdK</strong> noch Musterklägerinnen<br />

und -kläger?<br />

Nein. Die Bundesgeschäftsstelle<br />

hat schon jetzt viele Anrufe und<br />

Mitteilungen von Mitgliedern erreicht,<br />

die als potenzielle Klägerinnen<br />

und Kläger infrage kommen.<br />

Wir werden diese Verfahren für<br />

Foto: dpa/Christian Ohde<br />

15 bis 20 Mitglieder, stellvertretend<br />

für andere, die von dieser<br />

Ungleichbehandlung betroffen<br />

sind, verfolgen.<br />

Was bedeutet es, wenn ich keine<br />

Musterklägerin, kein Musterkläger<br />

bin? Kann ich dann auch von der<br />

Klage profitieren?<br />

Ja, im Erfolgsfall profitieren alle,<br />

die bislang keine 300 Euro erhalten.<br />

Was kann oder muss ich jetzt tun?<br />

Nichts. Der <strong>VdK</strong> informiert rechtzeitig<br />

im kommenden Jahr über den<br />

Stand der Musterklage und eventuelle<br />

Schritte, die Sie tun müssen.<br />

Was ist mit Pensionärinnen, Arbeitslosen,<br />

Grundsicherungsempfängern?<br />

Auch diese bekommen im Erfolgsfall<br />

die 300-Euro-Pauschale. Bei<br />

den Musterklägerinnen und -klägern<br />

konzentriert der <strong>VdK</strong> sich aber<br />

bewusst auf Menschen mit wenig<br />

Geld, die nicht von anderen Leistungen<br />

der Entlastungspakete profitieren.<br />

Wann bekomme ich im Erfolgsfall<br />

die 300 Euro?<br />

Da der Steuerbescheid für das Jahr<br />

2022 vorliegen muss, um gegen<br />

diesen Einspruch erheben zu können,<br />

wird ein Musterstreitverfahren<br />

frühestens im Sommer 2023<br />

beginnen können. Bis ein Urteil<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

vorliegt, können mehrere Jahre<br />

vergehen. Heike Vowinkel<br />

Rentenerhöhung führt zu Fehlbetrag<br />

Grundsicherungsempfänger haben im <strong>Juli</strong> weniger Geld<br />

Verhandlung statt Krieg<br />

Friedensforscher im Gespräch mit Verena Bentele<br />

Für die meisten Rentnerinnen und<br />

Rentner ist die kräftige Rentenerhöhung<br />

zum 1. <strong>Juli</strong> ein Grund zur<br />

Freude. Wer jedoch zusätzlich<br />

Grundsicherung bezieht, muss im<br />

<strong>Juli</strong> mit weniger Geld auskommen<br />

als in anderen Monaten.<br />

Zur Jahresmitte steigen die Renten<br />

im Westen um 5,35 Prozent<br />

und im Osten um 6,12 Prozent. Für<br />

Rentnerinnen und Rentner, die<br />

ihre Bezüge mit Grundsicherung<br />

aufstocken müssen, ist der <strong>Juli</strong> jedoch<br />

ein Sparmonat. Grund dafür<br />

sind die unterschiedlichen Auszahlungsmodi.<br />

Während die<br />

Grundsicherung bereits am Anfang<br />

eines Monats überwiesen<br />

wird, kommt die Rente erst am<br />

Monatsende auf das Konto. Die<br />

Einnahmen werden jedoch nach<br />

dem Zuflussprinzip grundsätzlich<br />

in dem Monat angerechnet, in dem<br />

sie auch ausbezahlt werden.<br />

Dadurch kommt es zu folgender<br />

Situation: Die anstehende Rentenerhöhung<br />

wird bereits Anfang <strong>Juli</strong><br />

von der Grundsicherung abgezogen,<br />

während es die höhere Rente<br />

erst Ende <strong>Juli</strong> gibt. Es entsteht also<br />

ein Fehlbetrag, der im Laufe des<br />

Jahres nicht mehr ausgeglichen<br />

wird. Das bedeutet: Rentnerinnen<br />

und Rentner, die Grundsicherung<br />

benötigen, müssen im <strong>Juli</strong> mit weniger<br />

Geld auskommen.<br />

Betroffen sind alle Personen, die<br />

erstmals nach dem 1. April 2004<br />

ihre Rentenzahlungen erhalten<br />

haben. Rentnerinnen und Rentner,<br />

die bereits zuvor im Ruhestand<br />

waren, bekommen ihre<br />

Rente zu Monatsbeginn überwiesen.<br />

Bei ihnen kommt es aufgrund<br />

der zeitgleichen Auszahlung der<br />

Grundsicherung nicht zu einem<br />

Fehlbetrag.<br />

Ein fiktives Beispiel: Rentnerin<br />

Erika Meier erhält 700 Euro Altersrente<br />

und 114 Euro Grundsicherung.<br />

Zum 1. <strong>Juli</strong> steigt ihre Rente<br />

um 37,45 Euro. Anfang <strong>Juli</strong> werden<br />

ihr nur noch 76,55 Euro Grundsicherung<br />

überwiesen, Ende <strong>Juli</strong><br />

737,45 Euro Rente. Auf den gesamten<br />

<strong>Juli</strong> gerechnet hat sie statt 814<br />

nur 776,55 Euro (700 Euro Altersrente<br />

Ende Juni plus 76,55 Euro<br />

Grundsicherung) zur Verfügung.<br />

Bis zum 1. Januar 2016 galt eine<br />

Sonderregelung, nach der Änderungen,<br />

die zum Nachteil von<br />

leistungsberechtigten Personen<br />

führen, erst ab dem Folgemonat<br />

greifen. Diese wurde gestrichen.<br />

Härten vermeiden<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert eine Wiedereinführung<br />

dieser Regelung. „Bei<br />

den Empfängerinnen und Empfängern<br />

von Grundsicherung im<br />

Alter und bei Erwerbsminderung<br />

handelt es sich um eine stark von<br />

Armut betroffene Gruppe, die<br />

ihre Lage auch nicht mehr durch<br />

Erwerbstätigkeit verbessern<br />

kann“, betont <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele. Darum sollen<br />

besondere Härten für diese Personengruppen<br />

vermieden werden. <br />

<br />

Annette Liebmann<br />

Nicht alle Rentnerinnen und Rentner haben im <strong>Juli</strong> mehr Geld im Portemonnaie.<br />

Wer Grundsicherung bezieht, muss mit weniger auskommen.<br />

Foto: picture alliance/PantherMedia/Andriy Popov<br />

Seit dem 24. Februar erschüttert<br />

der Ukraine-Krieg Europa. Über<br />

diesen Konflikt spricht <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele in ihrem<br />

Podcast „In guter Gesellschaft“<br />

mit Professor Ulrich Schneckener.<br />

Er ist Friedens- und Konfliktforscher<br />

an der Universität Osnabrück<br />

und Vorstandsvorsitzender<br />

der Deutschen Stiftung für Friedensforschung.<br />

Professor Schneckener beschäftigt<br />

sich aus wissenschaftlicher<br />

Sicht mit der Frage, wie sich Frieden<br />

erhalten lässt und wie Konflikte<br />

konstruktiv gelöst werden können.<br />

Er hat unter anderem Bücher<br />

zur Konfliktregelung bei Bürgerkriegen,<br />

zu Terrorismus und Milizen<br />

sowie zu Ressourcenkonflikten<br />

geschrieben oder herausgegeben.<br />

Der Ukraine-Krieg hat inzwischen<br />

viele Opfer gefordert. Besonders<br />

die Zivilisten dort leiden unter<br />

den Folgen. Tote und Verletzte,<br />

Zerstörung und Flucht gehören<br />

seit über vier Monaten zu ihrem<br />

Alltag. Die Auswirkungen sind bis<br />

in die Mitte Europas zu spüren.<br />

Im <strong>VdK</strong>-Podcast geht Professor<br />

Schneckener davon aus, dass der<br />

Krieg noch länger andauern wird.<br />

Für eine Verhandlungslösung sieht<br />

Ulrich Schneckener<br />

Foto: KHK/GCR21<br />

er derzeit kaum eine Perspektive.<br />

Seiner Ansicht nach müssten besetzte<br />

Gebiete von Russland wieder<br />

aufgegeben werden, damit die<br />

Ukraine Verhandlungen aufnehmen<br />

kann. Weder Waffen noch<br />

wirtschaftliche Sanktionen allein<br />

könnten einen Durchbruch bringen.<br />

Nach dem Krieg könnten<br />

Frankreich und Deutschland ein<br />

Beispiel dafür sein, wie aus einer<br />

langjährigen Feindschaft ein stabiler<br />

Frieden werden kann.<br />

Den <strong>VdK</strong>-Podcast „In guter Gesellschaft“<br />

mit Ulrich Schneckener<br />

können Sie ab 20. Juni hören unter:<br />

www.vdk.de/podcast ken<br />

4 RHPfalz<br />

Allgemein

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!