Blogtexte2022_1-Halbjahr

22.06.2022 Aufrufe

Ich habe meinen Bart leicht gestutzt, undmeine Frau schimpft weniger. „Gut siehst duaus, Großer!“, grüßt mich fröhlich NachbarPavlos.„Der verarscht dich bloß“, heißt esabfällig, als ich zu Hause davonberichte.# Ich lass’ nichts an mich ranKein Arzt, kein Frisör: Ich gehenicht zum Impfen, mache einenBogen um die Testzentren. Bloßnicht hingehen, wo die Idioten sichtummeln, ist meine Devise. Auchzu Hause, jeder hat sein Zimmer,und ich male im Atelier. Ich gehekaum vor die Tür: „Spaziergänge“genieße ich allein. Ich schreibenie Mails, ich bekomme keine. Ichhabe Freunde. Mit Hilfe von Oomke,Bernd und Heike wurde die Jolle wiederrichtig herum gedreht, nachdem ich den Bodenmalte und die Außenhaut lackierte. Routinewie in jedem Jahr. Weihnachten hatNiels angerufen! Es gelang, mit Susannezu klönen.# Ein Russe schert sich nicht darum, wasmorgen istManche leben übermorgen noch, anderenicht. Von den Flüchtlingen, die Lukaschenkoals Pfand nützten, ist nicht mehr die Rede?Es ist Winter geworden. In Polen findet dernoch statt. Es sollte dort ungemütlicher seinals Anfang Dezember. Eigentlich war das einhumanitäres Thema auf dem Spitzenplatz. ImInternet findet man wenig, aber im Wald ander Grenze gibt es noch Probleme, glaube ich.Oder die Lage hat sich entspannt? Da habeich was nicht mitbekommen: Wahrscheinlichhat Olaf die Armen einfach (heimlich) zu sichnach Hause genommen und irgendwem Geldgegeben, damit nicht noch mehr kommen?Man merkelt weiter. So regelt sich alles, undbald ist ja auch Frühling!Ach ja: „Pushback“ ist das Unwort des Jahres2021.Alles geregelt.:(Ich habe Karten bekommen, wenige verschickt,mailte Montse ein Foto: „… failedto send the card.“Und dto. kam die Antwort ausTerrassa.Weihnachten ist erledigt!Ich bin nirgends im Netzwerkund schon gar nicht verschworenquer. Ich freue mich über jedeChaosnachricht im Fernsehen.Unruhen in Kasachstan gelten alsfurchtbar, den Sturm auf das Kapitolhabe Trump verschuldet, heißtes zum Jahrestag. Biden sei dergute Präsident und bessere Gutmensch,meint er von sich selbst,und die hiesigen Demos wärenvon rechts unterlaufen, sagen die,die es wissen müssen.Bald ist Frühling!Jan 10, 2022Bald ist Frühling, ich freue mich darauf! Meinetwegenkann dieser Winter gern ausfallen;man hat sich daran gewöhnt, dass es nichtsmehr ist mit Schnee, zugefrorener Elbe, Alster.Wie früher Schlittschuhlaufen möchte ichmit meinem lädierten Knie ohnehin nicht.Passt schon, diese Klimakatastrophe. Omikronnervt, wirkt aber überschaubar, und dass dieImpfpflicht beschlossen wird, ist nur bedingtwahrscheinlich. Der Kanzler:in ist klug wiedie alte und sagt schnell nichts, Respekt!So hat jeder seine Propaganda.Bei uns gelten die Demonstranten als verrücktund gewaltbereit, das sei gefährlich.Die Kasachen wären Helden und würdenerschossen, meint man im Fernsehen. DieKrim wurde von den Russen annektiert. DieUkraine von der Nato?Das ist die Polentorteder Gegenwart. KunstfreundWladi malt roteLinien. Immer was losin Asien. In Deutschlandsorgen sich allewegen der Zukunft.Jetzt müssten nur noch einige Wochen überstandenwerden, und dann kommt das Bootzu Wasser. Natürlich, ich könnte mich infizieren.In meinem Alter steht eine schlechtePrognose wie’s verläuft im Raum. In einemGeschäft, das ich regelmäßig aufsuche, hatsich die gesamte Belegschaft angesteckt.Zwei Wochen lang fehlte das Stammpersonal.Auf Nachfrage, was mit den anderen sei,meinte die Aushilfe: „Corona.“ Inzwischensind alle zurück: „Wie Erkältung“, untertriebenklingt das nicht.Jan 10, 2022 - Bald ist Frühling! 4 [Seite 4 bis 4 ]

Neue Variante entdecktJan 16, 2022# Der „Präsident des BundesverfassungsschutzesHaldenwang sieht bei den Corona-Demos eine neue Szene von Staatsfeinden.Diese hätten keine gemeinsame Ideologie,sondern würden den Rechtsstaat als solchenund dessen Repräsentanten grundlegendablehnen, so Haldenwang in der FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung“, berichtetModeratorin Jana Pareigis in der Heute-Sendung um 19 Uhr.Das war gestern, am 15. Januar, und heute istSonntag. Man kann die Sendung in der Mediathekabrufen, das habe ich getan. In derÜberschrift, die vor dem Gesicht von ThomasHaldenwang eingeblendet ist, steht derBegriff „Staatsfeinde“, aber nicht, dass es sichum Feinde des Rechtsstaates handelt. Bürgerund Bürgerinnen haben ein Problem mitdem Staat? Niemand hat etwas gegen dasRecht, solange der einzelne glaubt, seinesbekommen zu können. Wir – und für uns dasscharfe Auge von Thomas Haldenwang – erkennenalso Menschen, denen das Vertrauenin den Staat abhanden gekommen ist.Recht bekommen möchten alle. Die deutscheDemokratie ist nach dem Zweiten Weltkriegauf ein stabiles Fundament gestellt worden,nachdem es in der Weimarer Republik nichtso gut funktionierte. Jede neue Generationübernimmt von der vorherigen die Aufgabe,den Staat gemeinsam zu bilden. Wir kennendie Not des Krieges im eigenen Land nichtmehr. Das macht schwieriger, zu begreifen,dass unser Recht nicht einfach so existiert,wie wir an Gut und Böse glauben. Das Rechtist nicht mit dem Gutsein gleichzusetzen,wie Unrecht nicht einfach Verbrechenbedeutet. Wir benötigten die vier verschiedenenBegriffe nicht, wenn wir kein Problemdamit hätten. Wir wissen nämlich gar nicht,was gut und was böse ist; das ist eine Einzelfallentscheidung.Wir wissen, dass der Schlag auf den Kopfweh tut, töten kann. Uns ist das Gebotbekannt, Gewalt zu vermeiden. Eine Weltohne schmerzhafte Attacken ist aber nichtvorstellbar. Verbale Gewalt tut ebenfalls weh,und jedes Gesetz schränkt an irgendeinerStelle Bürger ein. Das ist staatliche Gewalt.Wir akzeptieren den Rahmen, wie bei rotdas Auto zum Stillstand zu bringen oder denMüll korrekt zu entsorgen. Menschen, dieHerr Haldenwang entdeckt haben will wieeine neue Variante der Zersetzung, züchtetsich die Gesellschaft selbst heran. EineWechselwirkung des Mehrheitsempfindens,die sich durch Medien und Reaktionen derPolitik hochschaukelt, bringt Tempoin die Reglementierungen, wie wirdas vor Corona nicht kannten. Undwenn sich eine starke Mehrheitbildet, die schnell Recht bekommt,formt sich genauso schnell eineMinderheit, die das Ganze alsUnrecht begreift. Wenn dieseMinderheit nicht verschwindendklein ist, wird es problematisch. DerRechtsstaat wird nur so lange einersein, wie er die neuen Feinde – wieHaldenwang sie nennt – integrierenkann. Die Alternative ist derNährboden für einen Bürgerkrieg.Es gibt keine Feinde des Rechtsstaates, wohlaber gibt es weltweit Widerstand gegenstaatliche Gewalt. Es ist die Aufgabe derGesellschaft, einen Rechtsstaat zu erhaltenoder einen zu schaffen, wo noch keiner ist.Wir brandmarken andere Länder, erhebenuns über Diktaturen und die gelenkten Demokratiender Bösen: Die Behauptung vomPräsidenten des Bundesverfassungsschutzes,Deutschland wäre ein Rechtsstaat undinnerhalb der Gesellschaft befänden sichFeinde der staatlichen Struktur, gehtdavon aus, dass der Staat wüsste, was(ihm) Recht bedeutet. Das beinhaltetdie Erkenntnis und einzugestehen,dass sich ein erkennbarer Anteil derGesellschaft davon abgekoppelt siehtund somit das Wort vom Recht nichtmehr als die Staatsmeinung plus derBürgermehrheit darstellt. Darin liegteine mindestens genauso große Gefahr,wie im Vorhandensein der latentGewaltbereiten. Das Recht muss dieMitte abbilden, und diese Mitte mussso breit sein wie es nur geht.Es heißt, Deutschland sei als dasLand typisch zu verstehen, welchessich für Minderheiten einbringe. EinBauer, den das einzelne Windradnahe seiner Wiese (des zu errichtendenParks mit hundert Stück) stört,bekäme das Recht, die Anlage zu verhindern.Die Dänen bauten längst am Tunnel,während hier noch Verfahren gegen dieBeltquerung liefen und nicht zuletzt Coronazeige, dass eine Minderheit gefährdeterSenioren das Land in die Pflicht nähme, meinenwelche. Jetzt fordert eine gewaltbereiteSzene Freiheit vom Rechtsstaat, eine weitereMinderheit, die wir integrieren müssten? Ichdenke, ja.Es ist schwer einzusehen, dass Gerichte vorallem das Recht der Täter wahren. Hättenwir Lynchjustiz, gäbe es kein Pardon fürböse Menschen. Dass wir uns so viel Mühegeben, der Verteidigung Raum geben, istdas Kennzeichen der Zivilisation. Ein Gesetz,das schließlich zu aufwendig wäre, möchteniemand. Wir haben das bereits?Das Argument, wir sollten solidarischmit den Krankenhäusern und der Not derSchwachen sein, uns deswegen impfen lassen,verfängt bei so vielen nicht, dass dieseMinderheit groß ist. Viele der Geimpften entscheidensich nicht aus einer solidarischenHaltung heraus. Sie möchten weiter amgewohnten Leben teilhaben, oder müssensich impfen lassen, um arbeiten zu können.In der Folge reden sie sich die Lage in ihremSinne positiv. Das verbindet die Trotzigenum so mehr. Wenn sie Möglichkeiten finden,ungeimpft weiterzumachen, werden sie diesenutzen. Es gibt noch zahlreiche Argumentegegen eine allgemeine Impfpflicht: Diesewerden zurückgewiesen werden, ist meinePrognose.# Aber …… schon immer haben Menschen Regelngebrochen, keinen Gurt im Auto angelegt,das Handy am Steuer genutzt, ihren Müllachtlos irgendwohin geworfen. Eine lebhafteSzene rund um gefälschte Impfpässe istbereits erwachsen, und der Anteil der neuenVerdrossenen ist nicht klein. Schauen wirmal, was Deutschland aushält.:)Jan 16, 2022 - Neue Variante entdeckt 5 [Seite 5 bis 5 ]

Ich habe meinen Bart leicht gestutzt, und

meine Frau schimpft weniger. „Gut siehst du

aus, Großer!“, grüßt mich fröhlich Nachbar

Pavlos.

„Der verarscht dich bloß“, heißt es

abfällig, als ich zu Hause davon

berichte.

# Ich lass’ nichts an mich ran

Kein Arzt, kein Frisör: Ich gehe

nicht zum Impfen, mache einen

Bogen um die Testzentren. Bloß

nicht hingehen, wo die Idioten sich

tummeln, ist meine Devise. Auch

zu Hause, jeder hat sein Zimmer,

und ich male im Atelier. Ich gehe

kaum vor die Tür: „Spaziergänge“

genieße ich allein. Ich schreibe

nie Mails, ich bekomme keine. Ich

habe Freunde. Mit Hilfe von Oomke,

Bernd und Heike wurde die Jolle wieder

richtig herum gedreht, nachdem ich den Boden

malte und die Außenhaut lackierte. Routine

wie in jedem Jahr. Weihnachten hat

Niels angerufen! Es gelang, mit Susanne

zu klönen.

# Ein Russe schert sich nicht darum, was

morgen ist

Manche leben übermorgen noch, andere

nicht. Von den Flüchtlingen, die Lukaschenko

als Pfand nützten, ist nicht mehr die Rede?

Es ist Winter geworden. In Polen findet der

noch statt. Es sollte dort ungemütlicher sein

als Anfang Dezember. Eigentlich war das ein

humanitäres Thema auf dem Spitzenplatz. Im

Internet findet man wenig, aber im Wald an

der Grenze gibt es noch Probleme, glaube ich.

Oder die Lage hat sich entspannt? Da habe

ich was nicht mitbekommen: Wahrscheinlich

hat Olaf die Armen einfach (heimlich) zu sich

nach Hause genommen und irgendwem Geld

gegeben, damit nicht noch mehr kommen?

Man merkelt weiter. So regelt sich alles, und

bald ist ja auch Frühling!

Ach ja: „Pushback“ ist das Unwort des Jahres

2021.

Alles geregelt.

:(

Ich habe Karten bekommen, wenige verschickt,

mailte Montse ein Foto: „… failed

to send the card.“

Und dto. kam die Antwort aus

Terrassa.

Weihnachten ist erledigt!

Ich bin nirgends im Netzwerk

und schon gar nicht verschworen

quer. Ich freue mich über jede

Chaosnachricht im Fernsehen.

Unruhen in Kasachstan gelten als

furchtbar, den Sturm auf das Kapitol

habe Trump verschuldet, heißt

es zum Jahrestag. Biden sei der

gute Präsident und bessere Gutmensch,

meint er von sich selbst,

und die hiesigen Demos wären

von rechts unterlaufen, sagen die,

die es wissen müssen.

Bald ist Frühling!

Jan 10, 2022

Bald ist Frühling, ich freue mich darauf! Meinetwegen

kann dieser Winter gern ausfallen;

man hat sich daran gewöhnt, dass es nichts

mehr ist mit Schnee, zugefrorener Elbe, Alster.

Wie früher Schlittschuhlaufen möchte ich

mit meinem lädierten Knie ohnehin nicht.

Passt schon, diese Klimakatastrophe. Omikron

nervt, wirkt aber überschaubar, und dass die

Impfpflicht beschlossen wird, ist nur bedingt

wahrscheinlich. Der Kanzler:in ist klug wie

die alte und sagt schnell nichts, Respekt!

So hat jeder seine Propaganda.

Bei uns gelten die Demonstranten als verrückt

und gewaltbereit, das sei gefährlich.

Die Kasachen wären Helden und würden

erschossen, meint man im Fernsehen. Die

Krim wurde von den Russen annektiert. Die

Ukraine von der Nato?

Das ist die Polentorte

der Gegenwart. Kunstfreund

Wladi malt rote

Linien. Immer was los

in Asien. In Deutschland

sorgen sich alle

wegen der Zukunft.

Jetzt müssten nur noch einige Wochen überstanden

werden, und dann kommt das Boot

zu Wasser. Natürlich, ich könnte mich infizieren.

In meinem Alter steht eine schlechte

Prognose wie’s verläuft im Raum. In einem

Geschäft, das ich regelmäßig aufsuche, hat

sich die gesamte Belegschaft angesteckt.

Zwei Wochen lang fehlte das Stammpersonal.

Auf Nachfrage, was mit den anderen sei,

meinte die Aushilfe: „Corona.“ Inzwischen

sind alle zurück: „Wie Erkältung“, untertrieben

klingt das nicht.

Jan 10, 2022 - Bald ist Frühling! 4 [Seite 4 bis 4 ]

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