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LERNEN MIT ZUKUNFT Juni 22

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information & gesellschaft<br />

Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!<br />

Dann mach‘ doch, was du willst!<br />

WIEVIEL MAN JEMANDEN BEDEUTET, ERKENNT MAN VOR ALLEM AN DER ART<br />

UND WEISE SEINES BEISTANDES UND TROSTES, WENN MAN DURCH SCHWERE<br />

ZEITEN GEHT (Esragül Schönast)<br />

Wenn die Unvernunft der<br />

Jugendlichen mit einer guten<br />

Portion Provokation und<br />

Sturheit einhergeht und sie<br />

auf keinen guten Rat mehr hören wollen,<br />

wissen Eltern oft nur noch eins darauf zu<br />

antworten: „Dann mach‘ doch, was du<br />

willst!“ Scheinbar entlässt dieser Satz in<br />

die Freiheit. In Wirklichkeit enthält er ein<br />

Ultimatum, setzt unter Druck. Jahrelange,<br />

bemühte Erziehungsarbeit endet<br />

mit einem „Götz-Zitat“ – Das war’s!<br />

Die Türen fallen zu, man hat einander<br />

nichts mehr zu sagen. Ihre Mühe bleibt<br />

unbedankt oder der Dank wird auf den<br />

Pflichtanteil reduziert.<br />

„Dann mach‘ doch, was du willst!“ Bei<br />

diesem Satz kann folgendes zwischen<br />

den Zeilen durchschwingen: Enttäuschung<br />

(Sie meinen es gut, doch man<br />

hört nicht auf Sie), gekränkte Eitelkeit<br />

(Man stellt Ihre Kompetenz in Frage),<br />

Wut („Das tut sie/er nur, um mich zu<br />

ärgern!“), Verzweiflung („Ich weiß mir<br />

nicht mehr anders zu helfen!“), Erpressung<br />

(„Entweder du richtest dich nach<br />

meinen Vorstellungen oder du wirst<br />

sehen, wie du zurechtkommst!“). Durch<br />

den Widerstand Ihres Kindes fühlen Sie<br />

sich persönlich abgelehnt und reagieren<br />

– verzeihen Sie! – genauso pubertär wie<br />

dieses.<br />

momentan auf Sie macht.) Dann senden Sie<br />

eine Ich-Botschaft ohne Machtwort, Vorwurf:<br />

„Mir ist es wichtig, dass du weißt, wie ich<br />

darüber denke... Vor allem möchte ich, dass<br />

du weißt, was du mir bedeutest und dass ich<br />

mir wünsche, dass du den richtigen Weg für<br />

dich findest.“ Wenn Sie solchermaßen loslassen,<br />

dann bleiben Sie Ihrem Kind Stütze und<br />

Orientierungshilfe und geben ihm vor allem<br />

die emotionale Sicherheit. Ins rechte Lot wird<br />

Ihr Sohn/Ihre Tochter dann aus eigener Kraft<br />

finden.<br />

Wir können unsere Kinder nicht vor allem<br />

bewahren und manchmal müssen sie anscheinend<br />

auch schlechte Erfahrungen machen,<br />

aber wir können und sollen die Türen offenhalten.<br />

Wenn sie dann klein und angeschlagen<br />

wiederkommen, ist es wichtig, dass<br />

Sie ihm die Wiedereingliederung ohne<br />

Gesichtsverlust ermöglichen. Kein<br />

belehrendes, süffisantes „Ich hab’s<br />

ja gleich gewusst!“, sondern ehrlich:<br />

„Ich freue mich, dass du wieder da<br />

bist“, „...dass du das einsiehst!“ Eine<br />

ehrliche Aussprache muss in Ruhe erfolgen.<br />

Jugendliche wissen diese Haltung<br />

zu schätzen, wenn sie es auch nicht immer<br />

gleich zugeben. Aber so kann er/sie<br />

aus Fehlern lernen und Ihre Beziehung<br />

wird immer mehr zu einer tragfähigen<br />

Basis für die Zukunft.<br />

Mag. a Maria Neuberger-<br />

Schmidt<br />

Autorin und Gründerin<br />

Verein Elternwerkstatt<br />

Foto: Ingrid Perger<br />

Elternwerkstatt<br />

KLARHEIT OHNE GESICHTSVERLUST<br />

Stattdessen könnte es in etwa so<br />

lauten: „Ich sehe, dass du momentan<br />

nicht bereit bist, auf mich zu hören!“<br />

(Sie sagen, welchen Eindruck Ihr Kind<br />

Foto: © Nicole Miranda | pixabay.com<br />

5 | JUNI 20<strong>22</strong>

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