02_22_Nutzen_NW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
NUTZEN<br />
RECHT<br />
Arbeitgeberpflicht und<br />
Formulierungskunst<br />
Arbeitgebern sind Zeugnisse manchmal lästig, Beschäftigte fürchten<br />
versteckte Botschaften zu ihrem Nachteil. Wir bieten einen Überblick<br />
über die Spielregeln der Zeugniserstellung.<br />
Beschäftigte können Zeugnisse aus verschiedenen<br />
Anlässen fordern – Arbeitszeugnisse zum<br />
Ende eines Arbeitsverhältnisses, Ausbildungszeugnisse<br />
oder Zwischenzeugnisse. Die Zeugnispflicht<br />
eines Arbeitgebers dient in erster Linie der<br />
Förderung des beruflichen Weiterkommens der Beschäftigten.<br />
Bei Arbeitgebern gibt es häufig Unsicherheiten<br />
bei konkreten Formulierungen. Streitigkeiten<br />
vor den Arbeitsgerichten im Zusammenhang mit der<br />
Zeugniserteilung bzw. berichtigung sind für beide Arbeitsvertragsparteien<br />
– meistens ehemalige – unerfreulich<br />
und zeitintensiv. Aus diesem Grund ist es wichtig,<br />
die Grundregeln eines zeitgemäßen Arbeitszeugnisses<br />
auch bei der Erstellung zu beachten, um unnötige Korrekturen<br />
und Streitigkeiten zu verhindern.<br />
Grundregeln beachten – unnötige Streitigkeiten<br />
verhindern<br />
Jedes Zeugnis muss auf einem Firmenbogen ausgestellt<br />
werden und den Ausstellungsort und das Ausstellungsdatum<br />
enthalten. Für ein Schlusszeugnis ist es üblich,<br />
als Ausstellungsdatum – unabhängig von der tatsächlichen<br />
Ausstellung – das Datum des letzten Tages des<br />
Arbeits oder Ausbildungsverhältnisses zu verwenden.<br />
Außerdem ist ein Zeugnis selbstverständlich frei von<br />
Rechtschreibfehlern zu erstellen.<br />
Ein sogenanntes Zwischenzeugnis ist ein Arbeitszeugnis,<br />
das während eines laufenden Arbeitsverhältnisses<br />
ausgestellt wird. Es kann verlangt werden, wenn<br />
hierfür ein berechtigter Anlass besteht, z.B. Vorgesetztenwechsel,<br />
Änderung der Tätigkeit oder nach Ausspruch<br />
einer Arbeitgeberkündigung mit langer Kündigungsfrist.<br />
Die Zeugnissprache des Zwischenzeugnisses<br />
ist die Gegenwart.<br />
Es gibt einfache und qualifizierte Arbeitszeugnisse.<br />
Einfache Arbeitszeugnisse werden nach einer sehr kurzen<br />
Betriebszugehörigkeit ausgestellt, z.B. Trennung in<br />
der Probezeit, und enthalten nur die Eckdaten eines<br />
Beschäftigungsverhältnisses und eine kurze Tätigkeitsbeschreibung.<br />
Üblich sind qualifizierte Arbeitszeugnisse,<br />
die sich zusätzlich auf Informationen zu Leistung<br />
und Verhalten der Beschäftigten im Arbeitsverhältnis<br />
erstrecken. Die Zeugnissprache eines Schlusszeugnisses<br />
ist die Vergangenheit.<br />
Informationen zu Leistung, Tätigkeiten und<br />
Verhalten<br />
Jeder Beschäftigte hat Anspruch auf die Angabe der<br />
Personendaten sowie über Art und Dauer der Beschäftigung.<br />
Dabei sind Vor und Nachnamen sowie der konkrete<br />
Beruf aufzuführen. Angaben zu Anschrift, Geburtsdatum<br />
oder Geburtsort sind nur auf ausdrückliches<br />
Verlangen der Beschäftigten aufzunehmen und sind<br />
kein zeitgemäßer Standard mehr. Zum guten Ton eines<br />
Zeugnisses gehört auch eine kurze Darstellung des ausstellenden<br />
Unternehmens.<br />
Die ausgeübten Tätigkeiten müssen so vollständig<br />
und genau beschrieben werden, dass sich künftige<br />
Arbeitgeber ein klares Bild darüber machen können.<br />
Wurden wechselnde Tätigkeiten ausgeübt, sind alle<br />
Tätigkeiten von zeitlichem Gewicht nach Art und Dauer<br />
zu benennen. Auch die Teilnahme an relevanten<br />
Fortbildungen ist im Zeugnis zu erwähnen. Die Dauer<br />
des Beschäftigungsverhältnisses muss korrekt angegeben<br />
werden. Unterbrechungen, wie z.B. krankheitsbedingte<br />
Fehlzeiten, dürfen nicht erwähnt werden.<br />
Im qualifizierten Arbeitszeugnis ist eine Bewertung<br />
der Leistung des Arbeitnehmers vorzunehmen. Es sind<br />
alle wesentlichen Tatsachen aufzuführen, die eine<br />
wahrheitsgemäße und sachliche Gesamtbeurteilung<br />
des Arbeitnehmers ermöglichen und für einen zukünftigen<br />
Arbeitgeber von Interesse sind. Ist dies nicht der<br />
Fall, entsteht die Wirkung des sogenannten „beredten<br />
Schweigens“, bei dem zum Nachteil des Arbeitnehmers<br />
das Nichtvorliegen der nicht aufgeführten Eigenschaften<br />
gefolgert wird. Es sind Faktoren wie Leistungsbewertung<br />
(Können, Wissen, Fertigkeiten usw.), Leistungsbereitschaft<br />
und berufliches Engagement sowie<br />
40 // <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>2