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MutundLiebe 432022 Zurück auf Los

Zum 1. März erschien unsere letzte Mut&Liebe Ausgabe mit dem Thema 'Wurzeln'. Niemals hätten wir gedacht, dass wir mit den Geschichten von Migranten und die Auswirkungen von dem Verlust von Heimat bis in die 2. oder 3. Generation plötzlich einen aktuellen Bezug herstellen. Schon die weltweite Pandemie war für uns Europäer*innen, die jahrzehntelang in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben konnten, eine noch nie dagewesene Herausforderung. Die Vorstellung eines Krieges in unserer direkten Nachbarschaft, mit Tod, Zerstörung und dem Ende aller zivilisierten Konfliktlösungsstrukturen, war völlig undenkbar.

Zum 1. März erschien unsere letzte Mut&Liebe Ausgabe mit dem Thema 'Wurzeln'. Niemals hätten wir gedacht, dass wir mit den Geschichten von Migranten und die Auswirkungen von dem Verlust von Heimat bis in die 2. oder 3. Generation plötzlich einen aktuellen Bezug herstellen. Schon die weltweite Pandemie war für uns Europäer*innen, die jahrzehntelang in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben konnten, eine noch nie dagewesene Herausforderung. Die Vorstellung eines Krieges in unserer direkten Nachbarschaft, mit Tod, Zerstörung und dem Ende aller zivilisierten Konfliktlösungsstrukturen, war völlig undenkbar.

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MUT&LIEBE / ORIGINAL OFFENBACH /<br />

reicher Florist. Er baut den Familienbetrieb <strong>auf</strong> und<br />

aus. Der ehemalige väterliche Großbetrieb am Stadteingang<br />

wird heute von Johannes‘ Bruder betrieben.<br />

Dass die Zweigstelle Mühlheimer Straße ihren Fokus<br />

ausdrücklich nicht <strong>auf</strong> Schnittblumen, sondern <strong>auf</strong><br />

Pflanz- und Beetkultur ausrichtet, ist übrigens kein<br />

Zufall. „Wir mögen uns und das soll auch so bleiben!<br />

Deshalb macht jeder seins. Das klappt seit vielen Jahren<br />

wunderbar.“, erklärt Johannes.<br />

Dem Vater ist es wichtig, seine Leidenschaft für Natur<br />

und Pflanzen an seine Kinder weiterzugeben, ihnen<br />

ein Bewusstsein zu verschaffen für deren Schönheit,<br />

ihre Einzigartigkeit. So bindet er beispielsweise zu<br />

jedem Geburtstag der vier Nachkommen ein speziell<br />

<strong>auf</strong> das jeweilige Geburtstagskind zugeschnittenes<br />

Gesteck: Jedes Jahr vier kleine Kunstwerke. Sorte,<br />

Farbe, Anordnung der Blumen bestmöglich <strong>auf</strong> den<br />

zu Beschenkenden gemünzt. Diese Liebe zum Detail<br />

in Kopplung zu den Möglichkeiten floraler Handwerkskunst<br />

prägt Johannes Kitzinger früh. Sie überdauert<br />

die Kindheitstage. Schon früh weiß er, was er<br />

will: in die Fußstapfen des Vaters treten, Florist werden<br />

– und dennoch ganz eigene Wege gehen.<br />

Und so beginnt seine Vision vom eigenen Blumenladen<br />

1994 mit nichts als einem kleinen Tisch, den<br />

er in den kleinen Räumen der Kaiserstraße <strong>auf</strong>baut.<br />

Zwei Jahre und eine Menge handfeste wie konzeptionelle<br />

Arbeit später übernimmt er das urige Ladengeschäft<br />

aus den erfahrenen Händen des Vaters<br />

gänzlich. „Ich wollte von Beginn an, dass es ein ganz<br />

altmodischer Blumenladen wird, in ganz ursprünglichem<br />

Sinne. Etwas mit Charakter. Ein Ort, an dem Menschen<br />

sich wohl fühlen.“, erinnert sich Kitzinger. Sein<br />

Konzept unterscheidet sich deshalb auch grundsätzlich<br />

von damaligem wie heutigem Mainstream:<br />

Während einer Parisreise entwickelt er, inspiriert<br />

durch die Arbeiten des französischen Star-Floristen<br />

Christian Tortu, die Idee eines, zur damaligen Zeit<br />

gänzlich neuartigen Naturpackpapiers mit Bastanteil.<br />

Das, noch heute Label gebende Emblem des<br />

Blumenladens entwirft seinerzeit keine Geringere,<br />

als die Gattin des Offenbacher Kreativkopfes und<br />

Typografen Karl Georg Höfer. Auch Auf- und Umbau<br />

seiner Räumlichkeiten, seines Sortiments plant der<br />

Floristmeister bestmöglich aus dem Blickwinkel,<br />

dem Eink<strong>auf</strong>sgefühl seiner Kunden heraus. Stück<br />

um Stück macht er die ursprüngliche Architektur der<br />

Räume wieder sichtbar, vom urigen Galerie-Einzug<br />

über den Ausstellungsraum bis hin zum offenen Arbeitsbereich:<br />

Kitzinger errichtet sich sein ganz persönliches<br />

Blumenparadies. Es besteht inzwischen<br />

seit fast 30 Jahren nahezu unverändert fort! Drei<br />

Jahrzehnte, in denen der Erfolg wenig Zweifel daran<br />

<strong>auf</strong>kommen lässt, dass die Offenbacher ihren Kitzinger<br />

lieben – und Kitzinger liebt seine Offenbacher!<br />

Immer geht und ging es ihm bei seiner Arbeit auch<br />

um Nachhaltigkeit – die der Produkte, des Mitarbeiterstamms,<br />

der Kundenbindung und natürlich auch<br />

der Geschäftsbeziehungen. Denn der, im Zuge der<br />

Klimaproblematik allerorts immer lauter werdende<br />

Ruf nach lokaler Eink<strong>auf</strong>smentalität, nach Unterstützung<br />

ortsansässiger Produktion gehört in der<br />

Kaiserstraße von Beginn an zum Programm: Neben<br />

Johannes und Gattin Brigitte Kitzinger, die beide<br />

auch heute noch tagtäglich selbst hinter der Ladentheke<br />

stehen, begleitet eine Mitarbeiterin das Traditionshaus<br />

von Beginn, die andere inzwischen volle<br />

elf Jahre lang. Vier vollausgebildete Floristen also,<br />

die eigespielter kaum sein könnten. Langjährige Geschäftsbeziehungen,<br />

die Vernetzung lokaler Produktion<br />

mit ortsansässigen Auftragsgebern – wie beispielsweise<br />

der Gärtnerei Conrad im benachbarten<br />

Rumpenheim – werden sorgsam gepflegt. Die heutige<br />

Stammkundschaft umfasst große Namen, wie<br />

Kempinski oder Gerbermühle, versorgt aber auch<br />

seit vielen Jahren Markthäuschen und Rathaus mit<br />

Blumenglück. Gewerblich wie privat scheint es eben<br />

gerade diese Kundentreue, die das Kitzingersche<br />

Erfolgskonzept ausmacht. Selbst, oder vor allem in<br />

48 JUNI / JULI / AUGUST 2022

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