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MutundLiebe 432022 Zurück auf Los

Zum 1. März erschien unsere letzte Mut&Liebe Ausgabe mit dem Thema 'Wurzeln'. Niemals hätten wir gedacht, dass wir mit den Geschichten von Migranten und die Auswirkungen von dem Verlust von Heimat bis in die 2. oder 3. Generation plötzlich einen aktuellen Bezug herstellen. Schon die weltweite Pandemie war für uns Europäer*innen, die jahrzehntelang in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben konnten, eine noch nie dagewesene Herausforderung. Die Vorstellung eines Krieges in unserer direkten Nachbarschaft, mit Tod, Zerstörung und dem Ende aller zivilisierten Konfliktlösungsstrukturen, war völlig undenkbar.

Zum 1. März erschien unsere letzte Mut&Liebe Ausgabe mit dem Thema 'Wurzeln'. Niemals hätten wir gedacht, dass wir mit den Geschichten von Migranten und die Auswirkungen von dem Verlust von Heimat bis in die 2. oder 3. Generation plötzlich einen aktuellen Bezug herstellen. Schon die weltweite Pandemie war für uns Europäer*innen, die jahrzehntelang in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben konnten, eine noch nie dagewesene Herausforderung. Die Vorstellung eines Krieges in unserer direkten Nachbarschaft, mit Tod, Zerstörung und dem Ende aller zivilisierten Konfliktlösungsstrukturen, war völlig undenkbar.

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© wal_172619 Pixabay<br />

MUT&LIEBE / UKRAINE /<br />

Hilfe brauche. Offenbach sagte die Behandlung zu<br />

und so ging es über Zakarpttia, Ungarn, Österreich<br />

nach Offenbach.<br />

Und so sitzen wir jetzt einige Zeit später bei Theda<br />

und reden darüber, wie schwer das zu ertragen ist,<br />

drei Wochen nichts von Eltern, Schwester und Freunden<br />

zu hören. „Zivilisten in Borodyanka und Butscha<br />

haben keine Heizung, kein Wasser keinen Strom. Handys<br />

können nicht geladen werden, das Internet funktioniert<br />

nur für das Militär (auch das von Elon Musk)“,<br />

sagt Igor. Aus der Presse zu erfahren, dass der Bahnhof<br />

von Irpin beschossen wurde, später zu erfahren,<br />

dass Verwandte in einem Kellern überlebt haben bei<br />

-20 Grad, ohne warme Kleidung, ohne Toilette, einem<br />

Keller, der in unmittelbarer Nähe zu den Massengräbern<br />

liegt. Theda erzählt, dass sie am Tag, an dem<br />

die ersten Kontakte wieder möglich wurden, unterwegs<br />

war und im Radio die Berichte hörte, dass so<br />

viele Menschen in Butscha umgebracht worden sind,<br />

sie voll Sorge nach Hause kommt und ihr Olena ein<br />

Bild der Mutter zeigt, wie sie sich gemeinsam gefreut<br />

hätten.<br />

Ein wenig haben sie sich eingelebt in Thedas Haus,<br />

das, wenn auch temporär, jetzt ihr Zuhause ist. Sie<br />

kochen zusammen, essen gemeinsam, spielen mit<br />

Yeva, auch wenn die Kommunikation manchmal etwas<br />

schwierig ist, da muss Google dann helfen. (Igor<br />

und Olena sprechen Ukrainisch und Russisch und<br />

verstehen ein wenig Englisch.)<br />

JUNI / JULI / AUGUST 2022<br />

Offenbach gefällt ihnen, es ist so anders als Kiew<br />

oder Irpin, viel mehr Grünflächen, Olena lacht, „Bei<br />

uns gibt es mehr Parkplätze“. Die multikulturelle Gesellschaft<br />

in Offenbach beeindruckt sie sehr und<br />

dass der Umgang miteinander so selbstverständlich<br />

ist. Sicher, es gibt in der Ukraine auch Russen, Polen,<br />

Moldawier, aber insgesamt ist das homogen, das<br />

sieht man nicht. Dass von den Ämtern Post kommt,<br />

ist ungewöhnlich, in der Ukraine muss man alles abholen<br />

und bringen. Yeva freut sich, zum Briefkasten<br />

zu l<strong>auf</strong>en, wenn der Postbote durchgeradelt ist. Die<br />

Behörden sind hilfsbereit und freundlich. Viele Dinge<br />

gehen einfach, schnell und unkompliziert (würden<br />

wir das auch so sehen?). Eugen spricht russisch<br />

und hilft, wo er kann beim Übersetzen und Ausfüllen<br />

der Formulare. Da hat sich einiges getan in den letzten<br />

Jahren, meint Theda, die sich noch erinnert, wie<br />

schwierig das damals für die Bürgerkriegsflüchtlinge<br />

aus Jugoslawien war.<br />

Ob sie in Deutschland bleiben wollen? Vehement<br />

verneinen Olena und Igor. „Warum? Wir sind ja nicht<br />

weggegangen, weil es uns schlecht ging - ja - es ging<br />

um mein Leben, aber wenn der Krieg zu Ende ist, wollen<br />

wir zurück zur Familie und den Freunden (lacht) – nach<br />

Hause.“ Yeva guckt etwas schräg. Olena sagt: „Sie findet<br />

das Essen „American Style“ cool: Spaghetti, Hamburger,<br />

Pizza. In der Ukraine gibt es ein Regierungsprogramm<br />

„Gesundes Essen für Kinder“ und dazu gehören<br />

Hamburger und Co. bestimmt nicht."<br />

Wir sitzen noch lange zusammen, reden durcheinander,<br />

Veronika übersetzt fleissig, wir lachen zusammen<br />

(da gibt es keine Sprachbarrieren). Es ist schön<br />

zu sehen, dass eine ganz normale Familie ein wenig<br />

Normalität wiedergefunden hat. Olena und Igor sind<br />

sich sehr bewusst ob des Privilegs gegenüber anderen<br />

Flüchtlingen auch denen, die in den Lagern <strong>auf</strong><br />

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